Underground Kings: Justin - Aurora Rose Reynolds - E-Book

Underground Kings: Justin E-Book

Aurora Rose Reynolds

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Beschreibung

Bei Underground Kings: Justin, dem vierten und letzten Teil der Reihe, handelt es sich um eine süße Kurzgeschichte, die eure Neugierde befriedigen wird. Als Justin die hübsche Blondine zum ersten Mal sieht, ist er sofort fasziniert von ihr. Auch Aubrey fühlt sich augenblicklich zu ihrem neuen Nachbarn hingezogen. Doch obwohl er ein guter Kerl zu sein scheint, fällt es ihr schwer, ihm zu vertrauen. Wird sie sich Justin öffnen und zulassen, dass er die Gespenster ihrer Vergangenheit vertreibt?

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Seitenzahl: 177

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UNDERGROUND KINGS: JUSTIN

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Aurora Rose Reynolds

© Die Originalausgabe wurde 2019 unter dem

Titel Infatuation von Aurora Rose Reynolds veröffentlicht.

© 2022 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH

8700 Leoben, Austria

Aus dem Amerikanischen von Jennifer Kager

Covergestaltung: © Sturmmöwen

Titelabbildung: @ Tverdohlib.com (depositphotots).

Redaktion & Korrektorat: Romance Edition

ISBN-EPUB: 978-3-903413-18-4

www.romance-edition.com

Prolog

Justin

Als ich ein Rattern und quietschende Bremsen höre, unterbreche ich Call of Duty, mein Lieblingsvideospiel, und gehe ans Fenster. Ich ziehe den Vorhang gerade so weit zurück, dass ich nach draußen sehen kann, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.

Es ist bereits dunkel. Das Licht einer Straßenlaterne in der Mitte des Parkplatzes wirft einen blassen Schimmer auf einen rostigen, verbeulten Buick mit schiefer Stoßstange. Eines der hinteren Rücklichter ist mit rotem Klebeband befestigt. Da ich das Auto auch bei Tageslicht gesehen habe, weiß ich, dass es mehr Rost als Farbe hat.

Als sich die Fahrertür öffnet, beginnt mein Herz wie wild gegen meinen Brustkorb zu klopfen, wie jedes Mal, wenn ich einen Blick auf sie erhaschen kann: Meine neue Nachbarin, die süße kleine Blondine, die bei Shelly eingezogen ist und nun direkt in dem Apartment gegenüber wohnt. Ich habe zwar noch nie mit ihr gesprochen, sie aber bereits einige Male beobachtet.

Ich sehe zu, wie sie aus dem Wagen steigt. Als sie versucht, die Tür zu schließen, lächle ich, denn das alte Ding schwingt sofort wieder auf. »Jesus«, fluche ich, als sie einen Schritt zurücktritt und die Tür mit solcher Wucht zuschlägt, dass das Auto schwankt. Das blonde Haar der hübschen Fremden funkelt im Licht, als sie sich eine Strähne aus dem Gesicht bläst. Sie bleibt stehen und berührt mit beiden Händen ihren runden Bauch, der aussieht, als wäre sie mindestens im siebten Monat schwanger. Was vielleicht auch an ihrer zierlichen Statur liegen könnte.

Als sie auf das Gebäude zugeht, frage ich mich zum millionsten Mal, wer sie ist und was sie hierhergeführt hat. Sie wirkt nicht wie die Frauen, mit denen sich Shelly sonst umgibt, und mir erschließt sich nicht, was die beiden verbindet.

Ich habe die Fremde noch nie geschminkt gesehen, und ihre Kleidung ... die viel zu weiten Sachen betonen nicht gerade ihre Figur.

Sie kommt näher, und ich bemerke die dunklen Ringe unter ihren Augen und die Erschöpfung in ihren Zügen. Jedes Mal, wenn ich sie sehe, glaube ich, dass sie entweder von der Arbeit kommt oder auf dem Weg dorthin ist. Ich habe noch nie mit ihr gesprochen, und sie hat keine Ahnung, dass ich existiere.

Sobald sie die Tür ihres Apartments erreicht, hält sie inne und lässt das Kinn auf die Brust sinken. Obwohl ich sie nur im Profil sehe, kann ich einen Anflug von Verärgerung und Enttäuschung auf ihrem Gesicht erkennen. Sie stößt die Tür auf, und laute Musik dringt nach draußen. Als mir klar wird, dass das Apartment voller Menschen ist, balle ich meine Hände zu Fäusten. Der Drang, diese Frau zu beschützen, ihr zu helfen, treibt mich an meinen Computer. Zwanzig Minuten später gehe ich erneut zum Fenster und muss lächeln, als Shelly und zehn andere Gestalten zusammen mit der Polizei das Wohngelände verlassen.

Nachdem ich mich auf meine Weise um meine neue Nachbarin gekümmert habe, setze ich meine Kopfhörer wieder auf und starte erneut Call of Duty.

1. Kapitel

Justin

Als ich am nächsten Morgen auf dem Weg zu meinem Rover bin, höre ich jemanden fluchen, gefolgt von einem dumpfen Geräusch. »Du dummes Stück Schrott. Geh auf! Jetzt, sofort!« Meine Nachbarin rüttelt an ihrer Autotür und versucht, sie aufzuhebeln.

Ich gehe über den Parkplatz auf sie zu, bleibe aber kurz hinter ihr stehen und stecke die Hände in die Taschen meiner Jeans. Sie sieht bezaubernd aus, während sie ihre Rostlaube anschreit, und ich gebe mir Mühe, nicht zu lachen. »Brauchst du Hilfe?«, frage ich schließlich.

Sofort weicht sie zurück und dreht sich sichtlich irritiert zu mir um.

Als ihr Blick auf meinen trifft, halte ich den Atem an. Ich wusste, dass sie aus der Nähe wunderschön sein würde, aber mir war nicht klar, wie umwerfend sie tatsächlich aussieht. Ihr blondes Haar ist zu einer Art Dutt hochgesteckt und lenkt die Aufmerksamkeit auf ihre großen blauen Augen, ihr weiches, feminines Gesicht und ihre vollen Lippen, die man einfach küssen möchte.

»Ähm ... nein. Nein danke. Ich schaffe das schon.« Sie winkt ab, platziert einen Fuß direkt neben der Autotür und zieht fester als zuvor. Vergebens. Ich gehe näher heran und nehme ihre Hand vom Griff. »Lass mich dir helfen«, sage ich sanft.

»Im Ernst, ich habe es fast geschafft.«

Ich ignoriere ihren Protest und schiebe sie aus dem Weg. In der Erwartung, dass sich die Tür öffnet, ziehe ich daran, doch sie rührt sich keinen Millimeter. Mit mehr Kraft als zuvor starte ich einen weiteren Versuch und schüttle den Kopf, als erneut nichts passiert. Wie heftig hat sie das Ding gestern Abend zugetreten? »Sie klemmt«, murmle ich mehr zu mir selbst und entlocke der hübschen Fremden ein Kichern. In dem Moment, als ich mich ganz zu ihr umdrehe, leckt sie sich über die Lippen. Ich unterdrücke ein Stöhnen.

»Vielleicht habe ich sie letzte Nacht etwas zu fest geschlossen«, flüstert sie und neigt leicht den Kopf.

Ich will, dass sie mich wieder ansieht. Ich könnte sie ständig betrachten.

»Wie heißt du?«, frage ich. Ihr Blick fliegt zu mir hoch, und mir wird klar, dass meine Frage wie eine derbe Forderung geklungen haben muss. Nun kann ich jedoch nichts mehr daran ändern.

»Ich?« Sie schaut sich um, als erwarte sie eine weitere Person, die sie vorher nicht bemerkt hat.

»Ja, wie heißt du?« Ich lächle.

»Ich weiß nicht, ob ich es dir das sagen soll.« Sie sieht mich stirnrunzelnd an, wobei sich eine kleine Falte zwischen ihren Brauen bildet.

»Du weißt nicht, ob du mir deinen Namen verraten sollst?«

»Ich kenne dich nicht.«

Amüsiert bewege ich mich auf sie zu und halte inne, als sich ihr Körper sichtlich anspannt und sich ihre Augen mit Angst füllen. Mein Kiefer kribbelt, und ich spüre, wie sich mein Herz bei ihrer Reaktion zusammenzieht. Ich atme durch die Nase ein, um mich zu beruhigen, ehe ich die nächsten Worte ausspreche. »Mein Name ist Justin. Ich wohne in Apartment zweihundertzehn.« Ich deute in Richtung des Gebäudes hinter uns, in der Hoffnung, dass sie sich wohler fühlt, wenn sie weiß, dass ich ihr Nachbar bin.

»Justin.« Ihr Blick wandert von mir zum Wohnkomplex und wieder zurück.

»Justin«, bestätige ich.

Sie leckt sich über die Unterlippe, macht einen kleinen Schritt auf mich zu und bleibt stehen, um die Hand auszustrecken. »Ich bin Aubrey. Ich wohne mit Shelly zusammen.«

»Schön, dich kennenzulernen, Aubrey.« Ich nehme ihre Hand in meine und stelle fest, wie zart und zerbrechlich sie ist. Ihr ganzer Körper ist zierlich und klein, ihr Kopf erreicht kaum die Mitte meiner Brust.

»Freut mich auch.« Sie zieht ihre Finger aus meinen und geht einen Schritt zurück. »Shelly meint, du wärst nett.«

Diese Nachricht überrascht mich. Ich habe nur wenige Male mit Shelly gesprochen, seit sie eingezogen ist. Andererseits denkt sie wahrscheinlich, dass ich nett bin, weil ich nicht jedes Mal die Polizei rufe, wenn sie eine Party feiert, was so ziemlich jede verdammte Nacht der Fall ist.

»Mist, ich komme zu spät zur Arbeit«, sagt Aubrey auf ihr Telefon blickend. Ein Wegwerfhandy für zwanzig Dollar wie ich es benutze, wenn ich an Fällen arbeite und nicht will, dass jemand einen Anruf zu mir zurückverfolgen kann.

»Hast du es schon an den anderen Wagentüren versucht?«, frage ich. Ihre Wangen werden dunkler, als sie die Lippen zusammenpresst und ihr Telefon in die Gesäßtasche steckt. »Deine anderen Türen funktionieren auch nicht«, vermute ich in Anbetracht ihres Gesichtsausdrucks.

»Nein, es lässt sich nur die Fahrertür öffnen. Die anderen wurden zugeschweißt, weil sie sich während der Fahrt immer wieder von selbst geöffnet haben.«

»Jesus.« Ich fahre mir mit der Hand über den Kopf und sehe mir das Auto an. Ich glaube nicht, dass sie damit einverstanden wäre, dass ich die alte Karre auf den Schrottplatz bringe und ihr ein neues kaufe. Zumindest jetzt noch nicht.

»Ich bin sicher, du hast Besseres mit deiner Zeit anzufangen, als hier draußen mit mir herumzustehen. Ich frage einfach Shelly, ob ich ihre Mitgliedskarte vom Automobilklub benutzen kann. Hoffentlich können sie jemanden rausschicken, der mir hilft.«

Sie will sich abwenden, aber ich kann sie nicht gehen lassen. »Ich werde dich bei der Arbeit absetzen.«

Sie betrachtet mich über ihre Schulter hinweg und schenkt mir ein Lächeln, das die Zeit stillstehen lässt. »Das ist wirklich süß, aber ...«

»Babe«, unterbreche ich sie. »Es wird mindestens zwanzig Minuten, wenn nicht länger dauern, bis jemand hier sein wird, und du meintest, dass du bereits spät dran wärst.« Als sie mich und dann ihr Auto ansieht, erkenne ich, dass sie hin- und hergerissen ist. »Ich verspreche dir, dass du bei mir sicher bist.« Ich zeichne mit dem Finger ein X über mein Herz. »Pfadfinderehrenwort.«

Sie dreht sich um und mustert mich. »Warst du ein Pfadfinder?«

»Nein«, erwidere ich wahrheitsgemäß, und ihre Lippen verziehen sich zu einem hinreißenden Lächeln, dann lacht sie. Ihr Lachen trifft mich mitten in die Brust. »Du kannst Shelly sagen, dass ich dich fahre, und ihr ein Foto von meinem Führerschein schicken.«

Sie atmet aus und nickt. »Okay.«

»Okay?«

»Ja, okay, wenn es dir wirklich nichts ausmacht.«

»Keineswegs. Mein Auto ist gleich hier drüben.« Ich führe sie zu meinem Range Rover, der auf der anderen Seite des Parkplatzes steht. Ich helfe ihr beim Einsteigen und vergewissere mich, dass sie bequem sitzt, bevor ich die Tür wieder schließe. Dann laufe ich um den Wagen herum, setze mich hinter das Lenkrad und nehme sofort wahr, wie ich mich in ihrer Gegenwart entspanne.

»Das ist ein schöner Wagen, Justin.«

Ich lächle und drücke den Startknopf. »Es war ein Geschenk von einem Freund«, erkläre ich, und ihre Augen werden groß. »Ein Geschenk?«

»Na ja, eher eine Bestechung«, stelle ich klar. »Mein Freund in Hawaii hat versucht, mich dazu zu bewegen, für ihn zu arbeiten.«

»Du bist in Tennessee«, sagt sie leise und sieht sich im Inneren des Geländewagens um.

»Ich habe nicht behauptet, dass ich die Bestechung angenommen habe.«

»Das Auto gehört dennoch dir?«

»Ja«, stimme ich lächelnd zu und fahre rückwärts aus meiner Parklücke.

»Er hat sich nicht geärgert, dass du es behalten und sein Schmiergeld nicht angenommen hast?«

»Nein, er wusste schon vorher, dass ich meinen Job nicht aufgeben würde.«

»Warum hat er es dann versucht?«, will sie wissen und klingt dabei liebenswert verwirrt.

Ich zucke mit den Schultern und lächle. »Warum tut überhaupt jemand etwas?«

»Gutes Argument.«

»Wo arbeitest du?« Ich bleibe an der Kreuzung stehen, die uns aus dem Wohnkomplex hinausführen wird.

»Ich ...« Sie hält inne. Ich schaue zu ihr hinüber und sehe, wie sie die Unterlippe schürzt. »Weißt du, wo das Dolly’s ist? Auf der Einundzwanzigsten?«, fragt sie leise, und ich zucke innerlich zusammen. Das Dolly’s ist ein Stripclub, einer der größeren in der Stadt. Ich unterdrücke meine plötzlich einsetzende Verärgerung, gepaart mit Eifersucht und Besitzgier, die durch jede Zelle meines Körpers schießt, und hebe mein Kinn. »Ja, ich weiß.«

»Ich ... Das ist mein Arbeitsplatz.«

Damit war die Frage beantwortet, woher sie Shelly kennt, denn Shelly arbeitet in diesem Club und in einigen anderen ebenfalls.

Mein Blick fällt auf Aubreys runden Babybauch. Nicht dass sie nicht schön wäre, manche Männer fahren auf schwangere Frauen ab. Ich kann mir jedoch nur schwer vorstellen, dass sie in so einem Club arbeitet.

»Ich helfe bei der Buchhaltung, und am Wochenende mache ich den Mädchen das Make-up und die Haare, wenn wenig los ist. Johnny ... Johnny, mein Chef, war so nett, mir zu helfen, nachdem mich so viele andere Leute bei der Jobsuche abgelehnt haben«, murmelt sie.

Ihr Kinn zuckt, und ich knirsche mit den Zähnen. »Bitte nicht weinen.«

»Das werde ich nicht.« Sie schüttelt den Kopf. »Ich weine nie.« Ihr Tonfall stimmt mich nervös. Als ich jedoch ihren traurigen Blick sehe, schwöre ich mir im selben Moment, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um sie zu beschützen. Für immer.

Ich greife nach ihrer Hand. Ihr Körper zuckt bei der Berührung zusammen. »Mir geht es gut.« Sie versucht, ihre Hand wegzuziehen, aber ich lasse sie nicht los. Stattdessen streichle ich mit meinem Zeigefinger über ihren.

»Meine Frage war unsensibel.«

»Es ist okay«, flüstert sie und starrt auf unsere Hände.

»Das ist es nicht, aber es ist süß, dass du mir vergibst.« Ich drücke sanft ihre Finger, und lenke ihre Aufmerksamkeit auf mich zurück. »Lass es mich wiedergutmachen. Geh heute Abend mit mir essen.«

Ihre Finger verkrampfen sich um meine. Ihre Augen werden vor Überraschung groß, bevor sie den Blick senkt und aus dem Fenster schaut. »Ich kann nicht.«

»Warum nicht?«

»Ich habe nichts zum Anziehen.« Sie zupft an der Vorderseite ihres viel zu großen Shirts, bevor sie es wieder an seinen Platz fallen lässt. Ich möchte ihr sagen, dass es egal ist, was sie anhat, und dass ich sie dennoch verstehe.

»Ich werde kochen. Wir können bei mir zu Hause zu Abend essen.«

»Du ... du wirst für mich kochen?« Sie wirkt überrascht.

»Na schön, ich werde nicht kochen. Ich werde etwas bestellen.« Ich lächle, und sie lacht.

Ihr Blick fällt auf meinen Mund, und sie beißt sich auf ihre Unterlippe bevor sie ihre Stimme zu einem Flüstern senkt. »Okay.«

»Okay?«, frage ich nur zur Bestätigung.

»Ja, okay.«

Als ich die beiden Worte höre, muss ich grinsen. »Perfekt.« Die gesamte Fahrt über halte ich ihre Hand und überraschenderweise versucht sie nicht, mich daran zu hindern. Als ich den Parkplatz vom Dolly’s erreiche, lenke ich den Wagen hinten herum zum Angestellteneingang.

»Danke fürs Mitnehmen.« Sie lässt mich los, um ihren Sicherheitsgurt zu öffnen.

»Soll ich dich abholen?«

»Nein, ich nehme mir ein Taxi.« Sie lächelt und öffnet die Tür. Bevor sie aussteigen kann, lege ich meine Finger um ihr Handgelenk. Überrascht sieht sie mich an.

»Ich lasse dich kein Taxi nehmen, wenn ich dich fahren kann. Wann hast du Feierabend?«

»Ich komme wirklich klar.«

»Babe, wann hast du Feierabend?« Mein Ton lässt keinen Raum für Diskussionen.

Sie starrt mich ein paar Sekunden lang an, bevor sie hörbar ausatmet. Diese vorwitzige Haarsträhne in ihrem Gesicht schwebt nach oben und fällt leicht wieder herunter. »Normalerweise habe ich um siebzehn Uhr Feierabend, aber an manchen Tagen bin ich schon um halb fünf fertig.«

»Dann bin ich um halb fünf hier.«

Sie steigt aus und mustert mich ein weiteres Mal, bevor sie die Tür schließt. »Danke fürs Mitnehmen.«

Ich hebe mein Kinn, und sie schenkt mir ein weiteres Lächeln. Dann beobachte ich Aubrey, bis sie im Gebäude verschwunden ist. Erst danach lenke ich den Wagen vom Parkplatz, um vor der Arbeit ins Fitnessstudio zu gehen.

2. Kapitel

Justin

Als ich das Wohnzimmer betrete, halte ich inne und betrachte Aubrey, die auf meiner Couch schläft. Ihr Kopf liegt auf der Armlehne, die Füße sind angewinkelt und eine Hand ruht auf ihrem Bauch. Ich atme tief durch, gehe zur Couch und sehe ihr eine Weile beim Schlafen zu.

Als ich sie von der Arbeit abholte, hat sie müde gewirkt, schien aber glücklich, mich zu sehen. Ich wusste, dass sie erschöpft sein musste und bot ihr an, sich bei mir auszuruhen. Währenddessen habe ich unsere Bestellung beim Chinesen aufgegeben und ein paar Anrufe beantwortet. Offenbar habe ich länger gebraucht als gedacht, denn sie schläft tief und fest. Ich ziehe eine Decke von der Rückenlehne der Couch und breite sie über ihr aus, dann schalte ich den Fernseher ein und reduziere die Lautstärke.

Einige Minuten später höre ich sie wimmern, und ich wende mich ihr zu. Wovon auch immer sie träumt, es scheint nichts Gutes zu sein. Ihr Körper windet sich, und ihre Atmung ist schwerfällig und abgehackt.

»Aubrey.« Ich strecke die Hand nach ihr aus und berühre sanft ihre Schulter, woraufhin ihr Fuß ausfährt und mich so heftig in den Magen tritt, dass ich aufstöhne.

»Nein!«, schreit sie, ehe sie mit vor Angst geweiteten Augen von mir zurückweicht, soweit es die Couch zulässt.

»Jesus«, fluche ich leise.

Ihr Blick trifft auf meinen und ihre Hände bedecken ihren Mund. »Ich bin so ... Oh Gott, es tut mir so leid.« Sie senkt ihre Stimme zu einem Flüstern. »Habe ich dir wehgetan?«

»Nein. Geht es dir gut?«, will ich wissen, und ihr Gesicht wird blass, während sie sich noch ein Stück weiter von mir wegbewegt. »Ich würde dir nie wehtun«, verspreche ich und sehe, wie sich ihre Hände zu Fäusten ballen. »Niemals«, wiederhole ich.

Sie springt von der Couch auf. »Ich muss gehen.«

»Babe« Ich will nach ihr greifen, um sie festzuhalten, aber sie weicht aus.

»Es tut mir so leid ... so, so leid.« Sie schnappt sich ihr Sweatshirt. Bevor ich sie aufhalten kann, knallt sie die Tür hinter sich zu und ist weg.

»Scheiße.« Ich reibe mir mit den Händen über das Gesicht, dann lehne ich mich nach vorn und lege meine Handfläche auf den Nacken. Mein Blick fällt auf ihre Turnschuhe vor meiner Couch, als es an der Tür klopft. In der Hoffnung, dass Aubrey es ist, stehe ich auf und öffne. Enttäuschung macht sich in meinem Bauch breit. Es ist nicht Aubrey; es ist unser Abendessen. Ich bezahle und stelle die Tüte in der Küche ab.

Mit Aubreys Schuhen in der Hand klopfe ich an Shellys Wohnungstür. Ich muss nur einen Moment warten, bis sie sich öffnet. Als Aubrey den Kopf herausstreckt, bin ich etwas überrascht.

»Die hast du vergessen«, sage ich leise und halte ihr das Paar entgegen.

»Danke.« Sie nimmt mir die Schuhe ab und lässt sie auf den Boden fallen, dann will sie die Tür schließen.

»Unser Essen ist da«, erkläre ich. »Soll ich es dir bringen? Oder begleitest du mich und wir essen zusammen?«

»Ich ... ich habe keinen Hunger«, wiegelt sie ab und sieht zu mir auf. In diesem Moment knurrt ihr Magen. Fragend ziehe ich eine Braue hoch. »Okay, ich bin hungrig, aber ich ...« Ihre Wangen röten sich. Ich trete einen Schritt näher an sie heran und beobachte, wie sich ihre Augen weiten.

»Das muss dir nicht unangenehm sein. Eines Tages kannst du mir vielleicht erzählen, was passiert ist, aber im Moment würde ich mich freuen, wenn du einfach mit mir zu Abend isst.«

»Bist du sicher? Nach dem, was passiert ist, habe ich ...«

»Denk nicht darüber nach«, unterbreche ich ihren Redeschwall. »Komm einfach mit. Bitte.«

Nickend verlässt sie das Apartment und ich stelle fest, dass sie nun Flip-Flops trägt.

Ich greife nach ihrer Hand und bringe Aubrey zurück zu mir, wo ich sie auf der Couch zurücklasse, um das Essen aus der Küche zu holen. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehre, kann ich förmlich spüren, wie peinlich ihr der Vorfall noch immer ist. Zugleich weiß ich, dass ich im Moment nichts daran ändern kann. Es wird Zeit brauchen, bis sie mir vertraut.

»Erzähl mir ein wenig von dir«, bitte ich und reiche Aubrey das Essen und ein Glas Orangensaft.

Sie zuckt mit den Schultern. »Da gibt es nicht viel zu erzählen.«

»Wie lange bist du schon hier?« Ich lehne mich zurück. Wenn ich entspannen kann, kann sie das vielleicht auch.

»Ein paar Monate«, erwidert sie zwischen zwei Bissen. »Ich war in der neunten Woche schwanger, als ich in die Stadt zog, und jetzt kommt bald das Baby.« Sie streicht mit der Hand über ihren Bauch.

»Wo ist der Vater?«

Sie beißt sich auf die Unterlippe und sieht mich an. »Hoffentlich tot«, flüstert sie und überrascht mich mit der Schärfe dieser Aussage.

»Weiß er von dem Baby?«

Sie schüttelt den Kopf.

Einen Moment lang betrachte ich sie und mir wird klar, dass da noch etwas ist, etwas Hässliches. Es kostet mich einige Überwindung, still sitzen zu bleiben, sie nicht auf meinen Schoß zu ziehen und festzuhalten, während sie mir ihre Geschichte erzählt.

»Iss, Baby«, murmle ich und nicke in Richtung ihres Tellers. »Wir reden ein andermal darüber, wenn du willst.« Ihr Kinn zuckt ganz leicht, als sie zustimmt. Ich drehe den Fernseher lauter und tue so, als würde ich mir die Sendung im Fernsehen ansehen, in Wirklichkeit beobachte ich Aubrey beim Essen.

»Danke. Das war köstlich.« Sie stellt den leeren Teller auf dem Couchtisch ab.

»Meine Mutter hat versucht, mir das Kochen beizubringen. Es hat nie geklappt. Wenn es keinen Bestellservice gäbe, würde ich wahrscheinlich verhungern, denn die einzigen Dinge, die ich zubereiten kann, sind Käsemakkaroni, Hotdogs und Eier. Ansonsten bin ich eine Niete in der Küche«, erkläre ich und sehe dabei zu, wie sie es sich auf der Couch bequem macht.

»Meine Eltern sind Iren«, antwortet Aubrey. »Sie kochen beide gern. Zum Glück haben sie ihr Talent mit mir geteilt.«

»Wo sind sie jetzt?«

»Vegas. Meine ganze Familie lebt dort – meine Mutter und mein Vater, meine Brüder und ein paar Cousins.«

»Du bist allein nach Tennessee gekommen?«, frage ich ungläubig.

»Ja, meine Familie wollte nicht, dass ich mein Baby behalte«, flüstert sie und legt ihre Hände schützend auf ihren Bauch. »Ich hasse ihren Vater, aber sie ist ein Teil von mir und unschuldig. Auch wenn es verrückt klingt, aber als ich erfahren habe, dass ich schwanger bin, wusste ich, dass ich sie mehr als alles andere auf der Welt liebe – egal, wie sie entstanden ist. Und ich werde nie zulassen, dass sie mir jemand wegnimmt.«

»Du sagst immer sie. Bekommst du ein Mädchen?«