Unschuld - Harriet Daimler - E-Book

Unschuld E-Book

Harriet Daimler

4,7

Beschreibung

Unter dem Pseudonym Harriet Daimler veröffentlichte Iris Owens ihre erotischen Erzählungen bei Olympia Press in Paris und New York. Sie sei die einzige gewesen, so wird kolportiert, die den Verleger Girodias zur Mäßigung der zunehmend pornographischen Texte angehalten habe. Als brillante Novellistin wurde sie unter ihrem richtigen Namen 1973 mit "After Claude" bekannt, der im angelsächsischen Feuilleton mit einhelliger, teils euphorischer Zustimmung bedacht wurde. Iris Owens starb im Juni 2008.

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Seitenzahl: 203

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Impressum

Titel der amerikanischen Originalausgabe:Mother Tongue

ISBN eBook 978-3-359-52003-0

ISBN Print 978-3-359-02601-3

1. Auflage dieser Ausgabe

© 2012 Olympia Press, Berlin

Umschlaggestaltung: Verlag, unter Verwendung eines Fotos von Bigstock

Eulenspiegel · Das Neue Berlin Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG

Neue Grünstraße 18, 10179 Berlin

Die Bücher des Verlags Olympia Press erscheinen

in der Eulenspiegel Verlagsgruppe.

www.olympia-press.de

Harriet Daimler

Unschuld

Übersetzt von Horst Stein

OLYMPIA PRESS

Teil 1: Das Mädchen

Kapitel 1

Meine Mutter kam in mein Zimmer. Und da war wieder dieser gequälte Blick; ich glaube fast, er ist ihr angeboren.

»Gute Nacht, Liebes.« Meine Krankheit hatte ihre Stimme immer sanfter, immer leiser werden lassen. »Fühlst du dich gut?« Ich gab ihr keine Antwort, ich lag flach ausgestreckt unter der Decke, mein dünner Leib ein einziger Protest gegen dieses Getue.

»Fühlst du dich gut, Liebes?«, wiederholte sie, und Sorge zitterte in ihrer Stimme.

»Ja«, sagte ich endlich ganz ruhig, das Ja mehr ein Seufzer als ein Wort; in Wirklichkeit war es ein Nein, ein lautes, ärgerliches Nein, so, wie ich es gemeint hatte.

»Schlaf gut«, flehte sie und verließ geräuschlos das Zimmer.

In dieser Nacht wollte ich nicht nachdenken. Manchmal denke ich nach, aber dann entgehen mir die Geräusche in diesem Haus. Ich liege still, ganz still, bis ich ihr demütiges Klopfen an Vaters Tür höre.

»Lieber«, rief sie, »darf ich für einen Moment hineinkommen?« Zuerst gab er keine Antwort, dann antwortete er ebenso kurz wie ich vorhin, und ich wusste, ihre Finger waren jetzt an der Klinke seiner Tür, und das Schlurfen ihrer Hausschuhe meinte, vergib mir mein Eindringen. In ihrer Stimme war Schwermut, dabei war sie einmal ein fröhliches Mädchen gewesen. Ich hörte die tiefe Stimme meines Vaters, und obgleich ich durch die Wand von ihnen getrennt war, hüpfte mein Herz, als ich den Ärger in seiner Stimme bemerkte. Sie blieb nur für eine Minute, ohne Zweifel erzählte sie ihm, mir ginge es gut und ich schliefe bald. Dann konnte ich hören, wie sie die Tür des kleinen angrenzenden Zimmers öffnete, welches vorher einmal ihr Ankleideraum gewesen war.

Vorher … Vorher und nachher; das war der Aspekt, unter dem wir alles betrachteten.

Vorher – das lebensuntüchtige Erbgut meiner Mutter, der faule Kern der Familie zeigte sich in meinem 13. Lebensjahr. Es war ihre Krankheit, und mein Körper sank aufs Bett, ins Grab, und sanft, sanft zog ich sie mit mir.

Als sich das Haus zur Ruhe begeben hatte, überließ ich mich meinen Träumereien, Träumereien voller Unwissenheit, Unschuld sagt man dazu. Von meiner Unschuld reden sie. Ich erinnere mich, es war vor drei Jahren, der Arzt stand an meinem Bett und sagte: »Sie ist ein Engel.« Dabei berührte er mein glattes weißblondes Haar. »Wir werden alles tun, um sie zu retten, Mrs. Ferdinand.«

Meine Mutter, das Gesicht in einer Wolke, sagte:

»Sie ist so jung und immer so hinfällig.« Das war alles, was sie sagte, mein Vater jedoch antwortete dem Arzt mit seiner vollen nachsichtigen Stimme.

»Meine Frau«, sagte er, und ohne die Lippen zu bewegen, kam das Wort Frau wie ein Atemzug von seinem Munde, »Schwester und Mutter«, und jetzt voller Sarkasmus, ja Verachtung, »waren mit dem gleichen Leiden geschlagen.«

»Natürlich«, fügte er hinzu, »sie waren damals erheblich älter, während Adrian sich schon immer als besonders anfällig zeigte.« Ich fühlte seine Hand auf meiner Stirn. »Sie hat kein Fieber.«

»Nein«, der Arzt stimmte ihm zu, »dabei gibt es kaum Fieber. Aber sie muss eine lange Zeit vollkommen ruhig liegen. Wenn wir Glück haben, heilt die Ader. Sollte jedoch ein weiterer Anfall folgen – und ich muss Sie darauf hinweisen, dass dies immer im Bereich des Möglichen liegt – bleibt uns wenig zu tun.«

Meine Mutter verschluckte ihre Tränen, und mein Vater sagte mit milder Stimme:

»Margret, wenn du glaubst, dass dir Tränen Erleichterung verschaffen, dann tu dir keinen Zwang an.« Und damit verließ er das Zimmer.

Mutter saß noch eine lange Zeit an meinem Bett.

Mir schienen es Tage zu sein. Ich schlief gelegentlich ein, und wenn ich erwachte, saß sie noch immer da, bis sich endlich der Schmerz wie ein Krebs auf ihrem Gesicht ausgebreitet und sich in ihren Augen eingenistet hatte.

Kapitel 2

Mein Vater ist schwach. Er ist viel schwächer als meine Mutter, denn er kann keine Schmerzen ertragen. Ich glaube, dies ist neben seiner Bequemlichkeit der andere Grund, warum er sie nicht verlässt. Ihm erscheint ihr Leiden rätselhaft. Ich bin sicher, er fürchtet, dass ein Fluch über unser Haus kommt, wenn sie es verlässt; dabei hat sie doch bereits einen Fluch über ihn gebracht: mich.

Meine Mutter und mein Vater kommen etwa aus gleichen Verhältnissen. Mag er sie auch verachten, so gehört sie doch zu den wenigen Leuten, mit denen er glaubt sprechen zu können, ohne sich gesellschaftlich etwas zu vergeben. Die gleiche Einstellung vertritt er mir gegenüber. Nie gab mir mein Vater die Liebe, mit der Väter ihre Töchter verwöhnen. Dafür gab er mir Anerkennung: die unausgesprochene Versicherung, mich einzuladen, sollten wir ein Essen geben. Auch das Recht auf Bildung gestand er mir zu: Seine Bibliothek gehörte mir.

Interessant ist, wie man mir die Bücher bringt. Es wurde ein kleiner Wagen mit Rädern gebaut und jede Woche mit einem ganzen Regal Bücher aus Vaters Bibliothek beladen. Marie rollte ihn dann an mein Bett. Die Bücher, die ich ständig bei mir haben will, stehen in einem Regal neben meinem Bett. Die Wahl meiner Bücher blieb mir überlassen. Ich glaube, niemand kontrollierte je, was ich las.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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