Until Us: Noah - Aurora Rose Reynolds - E-Book

Until Us: Noah E-Book

Aurora Rose Reynolds

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Beschreibung

Ein Polizist mit Prioritäten. Eine Bürohilfe in Schwierigkeiten. Zwei Welten, die mit einem Boom kollidieren. Bridgett hat nicht viel Vertrauen in Männer. Dann tritt Noah in ihr Leben, der so völlig anders ist, dass es ihr den Atem raubt. Er ist nicht nur verlässlich, nett und ehrlich, sondern auch viel zu heiß, als gut für ihn wäre. Aber all das spielt keine Rolle, denn Bridgett ist noch immer verheiratet und Noah scheint kein Interesse zu haben. Was kann also schlimmstenfalls passieren, als sie sein Angebot annimmt, vorerst bei ihm zu wohnen, bis sie wieder auf die Beine kommt? Noah weiß, dass er Abstand zu Bridgett halten sollte. Sein Job ist es, sie zu beschützen. Doch was sie betrifft, weiß er nicht, wie er mit den Besitzansprüchen umgehen soll, die ihn immer wieder in ihre Nähe zwingen. Dabei ist er nicht sicher, ob es jemals nah genug sein wird ... Dieses Buch ist Teil der Spin-Off-Serie aus der Welt der Mayson-Familie und dem Boom Factory Verlag von Aurora Rose Reynolds. Noah ist Aidens Freund und bekannt aus Until You: May.

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Seitenzahl: 210

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UNTIL US:NOAH

Aurora Rose Reynolds

© Die Originalausgabe wurde 2023 unter dem

Titel KEEPING YOU von Aurora Rose Reynolds veröffentlicht.

© 2023 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH

8700 Leoben, Austria

Aus dem Amerikanischen von Jennifer Kager

Covergestaltung: © Sturmmöwen

Titelabbildung: © HayDmitriy (depoitphotos)

Redaktion & Korrektorat: Romance Edition

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903413-55-9

ISBN-EPUB:978-3-903413-56-6

www.romance-edition.com

1

Toilettenpapier und Bier

Bridgett

Ich sitze in meinem Auto an der Tankstelle und starre auf mein Handy. Beim Lesen der Nachricht, die ich gerade erhalten habe, schnürt sich mir die Kehle zusammen. Nicht, weil ich traurig bin, sondern aus Frust. Heute vor zwei Monaten habe ich meinen baldigen Ex-Mann Conner verlassen und bin aus unserem Haus ausgezogen. Seitdem scheint er nichts anders im Sinn zu haben, als mir das Leben zur Hölle zu machen.

Jeden Tag bombardiert er mich mit Nachrichten oder Anrufen. Er bittet mich, zu ihm zurückzukommen. Wenn ich nicht antworte, wird er grob. Keine Ahnung, warum er mich überhaupt zurückhaben will. Offensichtlich liebt er mich nicht. Warum sonst hat er seit unserer Heirat ständig mit anderen Frauen geschlafen? Außerdem will er ein Kind, was für mich absolut nicht infrage kommt.

Nicht mit ihm.

Wie jeder andere Mensch auch, habe ich in der Vergangenheit ein paar dumme Dinge getan, aber ich würde niemals eine Familie mit einem Mann gründen, der mich betrügt. So eine instabile Beziehung, wie wir sie hatten, sollte man keinem Kind antun. Deshalb verhütete ich weiterhin. Nachdem er in meinen Sachen gewühlt hatte und die Packung mit der Pille fand, machte er einen Aufstand – als läge die Entscheidung allein bei ihm. Er verlangte die Scheidung, und ich nahm dieses Angebot dankend an.

Natürlich hatte ich in den ersten Wochen nach unserer Trennung Zweifel, ob mein Entschluss richtig war. Meine Mom war sich absolut sicher, dass ich den größten Fehler meines Lebens gemacht hätte. Trotz meiner Angst vor dem, was kommt, bereue ich nicht, Conner verlassen zu haben.

Ich bereue ganz andere Dinge, die nichts mit meinem Auszug oder meinem Termin bei einem Scheidungsanwalt zu tun haben. Inzwischen bin ich mir sicher, dass Conner mir nur mit Scheidung gedroht hat, um zu bekommen, was er will. Er wollte mich – wie so oft – manipulieren.

Wenn ich nicht auf Conners Nachricht antworte, wird er mich pausenlos anrufen. Also atme ich ein paar Mail tief durch und schreibe ihm, was mir mein Anwalt vor ein paar Tagen bestätigt hat: Er kann mir mein Auto nicht wegnehmen, egal, ob es auf seinen Namen läuft, solange ich jeden Monat die Leasingrate und die Versicherung zahle.

Nachdem ich die Nachricht abgeschickt habe, lege ich mein Handy in den Becherhalter und krame nach meinem Portemonnaie. Mit meiner Kreditkarte in der Hand, öffne ich die Autotür und setze vorsichtig meine hohen Absätze auf den Boden. Ein abgebrochener Absatz würde mir jetzt gerade noch fehlen. Ich gehe um meinen Wagen herum, schraube den Tankdeckel ab und schiebe die Kreditkarte in den Schlitz an der Zapfsäule. Dann wähle ich einen maximalen Betrag von fünfzig Dollar aus und warte, bis der Tankvorgang abgeschlossen ist. Mehr als diese Summe kann ich nicht ausgeben, wenn ich mir in dieser Woche noch Lebensmittel leisten will.

In den letzten sechzig Tagen habe ich nicht nur eine Menge über mich selbst gelernt und langsam erkannt, wie mein Leben eigentlich aussehen sollte. Ich musste auch schmerzhaft erfahren, wie viel ein Dollar wert ist und dass ich besser genau auf meine Finanzen achte. Während ich mit Conner zusammen war, musste ich nicht über Geld nachdenken. Es war egal, was das Benzin kostet oder ein Abend beim Nobel-Italiener. Mir war gar nicht bewusst, dass ein Nachmittag im Spa mehr kosten kann, als die meisten Vollzeitangestellten in einem Monat verdienen. Vermutlich brauchte ich diese Erkenntnis, obwohl mir ein eiskalter Schauder über den Rücken läuft, wenn ich daran denke, wofür und wie viel Geld ich in den letzten Jahren ausgegeben habe.

Wenn ich klug gewesen wäre, hätte ich mir nebenbei etwas verdient, anstatt mein Leben ausschließlich mit Reisen und ausgedehnten Shoppingtouren zu verbringen und so zu tun, als wäre ich glücklich, obwohl ich es nicht war. Wenn ich etwas gespart hätte, wäre ich jetzt nicht in dieser blöden finanziellen Situation und hätte Conner schon verlassen können, nachdem er mich zum zweiten Mal betrogen hatte. Denn beim ersten Mal habe ich ihn beim Wort genommen, dass es ein Fehler war und nie wieder passieren würde.

Immerhin habe ich daraus gelernt und mir fest vorgenommen, mich nie wieder in meinem Leben von einem Mann abhängig zu machen.

Genau bei fünfzig Dollar stoppt der Tankvorgang. Als ich die Zapfpistole wieder in die Halterung stecke, höre ich einen Schrei und drehe mich um. Mein Magen krampft sich zusammen, als zwei dunkel gekleidete Männer auf mich zu rennen. Beide tragen Masken über ihrem Gesicht. Einer von ihnen zeigt mit einer Waffe auf mich. Wie durch eine dicke Schicht Watte höre ich die Stimme eines glatzköpfigen älteren Herren. Seiner Kleidung nach zu urteilen, arbeitet er hier. Er ruft den Maskierten zu, dass er die Polizei informieren wird.

»Wo sind deine verdammten Schlüssel?«, bellt mich der Mann an, der mir am nächsten steht, während der andere die Fahrertür meines Wagens öffnet und sich hinter das Lenkrad setzt.

»Komm, steig ein! Die Schlüssel stecken«, schreit der Mann in meinem Auto und startet den Motor meines Benz. Im nächsten Moment werde ich grob zur Seite gestoßen, als der Kerl mit der Waffe die Beifahrertür öffnet und in mein Auto springt. Mit quietschenden Reifen fahren sie davon. Fassungslos starre ich auf die Rücklichter meines Autos und bin mir nicht sicher, ob das alles wirklich passiert ist.

»Geht es Ihnen gut?« Langsam drehe ich mich um und stehe dem Tankwart gegenüber, der die Polizei anrufen wollte. »Ma’am?« Er greift nach meinem Arm und schüttelt mich leicht. »Geht es Ihnen gut?«

»Die haben mein Auto gestohlen«, flüstere ich, den Tränen nahe.

»Die Polizei ist unterwegs.« Er sieht sich um. »Sie haben auch die Kasse ausgeräumt. Immerhin war der Safe geschlossen, sodass sie mich nicht komplett ausgeraubt haben.«

Ich nicke nur, weil mir klar wird, dass sie nicht nur mein Auto haben, sondern auch mein Portemonnaie und mein Telefon. Und bei diesem Gedanken breche ich prompt in Tränen aus.

»Es ist okay.« Er klopft mir unbeholfen auf den Rücken. »Kommen Sie mit rein. Dann warten wir zusammen auf die Polizei.« Am Arm führt er mich in die Tankstelle und deutet mir, mich auf einen Stapel Milchkisten neben der Tür zu setzen. Ich atme tief ein und versuche, mich zu beruhigen. Immerhin hätte es schlimmer ausgehen können. »Hier.« Ich hebe den Kopf, als mir der Mann einen Viererpack Toilettenpapier und eine Dose Bier in den Schoß legt.

»Danke.« Ich versuche zu lächeln. Er scheint sich in meiner Gegenwart unbehaglich zu fühlen und verschwindet, etwas über emotionale Frauen murmelnd. Ich stelle das Bier neben mir ab und öffne die Packung mit dem Klopapier, um mir die Tränen abzutupfen, die mir über die Wangen laufen.

»Die Polizei ist gleich da«, bemerkt der Wärter und blickt aus dem Schaufenster. In der Ferne ist eine Sirene zu hören, die schnell lauter wird. Einen Moment später taucht ein Polizeiwagen mit Blaulicht auf, das von den Wänden und dem Boden reflektiert wird. Ich stehe auf, folge dem Tankwart nach draußen und beobachte, wie das Polizeifahrzeug in der Nähe des Eingangs parkt.

Der Mann in Uniform, der aussteigt, kommt mir bekannt vor. Es ist Noah, der beste Freund von meinem Bruder Aiden. Sie kennen sich, seit sie als Teenager zusammen Fußball gespielt und jede freie Minute miteinander verbracht haben. Auch heute noch sind sie wie Brüder.

Eigentlich ist Aiden mehr Noahs Bruder als meiner. Aiden kümmert sich nur um mich, weil ich ihm leid tue. Und weil seine Freundin May vermutlich der netteste Mensch auf der Welt ist und aus irgendeinem Grund beschlossen hat, meine Freundin sein zu müssen. Diesen Plan hat sie nicht einmal aufgegeben, als ich Aiden auf einer Gala versteigert habe – obwohl sie mit ihm dort war. Das ist eine lange Geschichte, die ich lieber vergessen möchte.

Und Noah ... Bis vor kurzem haben wir kein Wort miteinander gewechselt, obwohl wir uns früher häufig begegnet sind und uns jetzt wieder öfter über den Weg laufen. Wenn wir uns jetzt zufällig sehen, reden wir nur wenig, weil ich in seiner Gegenwart kaum einen zusammenhängenden Satz formulieren kann.

»Babe.« Noahs tiefe Stimme holt mich aus meinen Gedanken, und ich konzentriere mich auf ihn.

Wie konnte er mich so schnell erreichen?

Ich neige meinen Kopf weit nach hinten, um seinem Blick zu begegnen. Selbst mit meinen hohen Absätzen reiche ich ihm kaum bis zu seiner Schulter. Und wie immer fällt mir sofort auf, wie attraktiv er ist. Unter den gegebenen Umständen sollte ich eigentlich andere Gedanken haben.

Er ist nicht klassisch gutaussehend, nicht im Geringsten. Seit Jahren schon rasiert er sich den Kopf und trägt eine sexy aussehende Glatze. Sein Kiefer ist kantig, was durch seinen Bart noch verstärkt wird, und sein Blick ist ausgesprochen intelligent. Und dann ist da noch seine Größe. Er ist viel größer und auch kräftiger gebaut als die meisten Männer. Dadurch sieht er aus, als könnte er jemanden hochheben und mit Leichtigkeit in zwei Hälften teilen.

Vielleicht fühle ich mich deshalb so sehr zu ihm hingezogen. Er ist anders als all die anderen Männer, die ich kenne.

»Was tust du hier?«, fragt er mich. Als ich nicht antworte, betrachtet er meine Hände. Verlegen bemerke ich, dass ich eine Rolle Toilettenpapier und die Bierdose an meine Brust drücke.

»Die Typen haben eine Waffe auf sie gerichtet und ihr Auto gestohlen. Seitdem hat sie kaum ein Wort gesagt«, erklärt der Tankwart, bevor ich etwas sagen kann. Noahs Augen verengen sich.

»Wie bitte?«, fragt er leise.

»Ja, sie haben sie mit einer Waffe bedroht, sind in ihr Auto gestiegen und weggefahren.«

»Sie haben eine Waffe auf dich gerichtet?« Noahs Blick trifft meinen. Leider kann ich seinen Gesichtsausdruck nicht deuten, spüre aber, dass ich sehr bedacht antworten sollte.

»Es war nur ... für eine Sekunde, dann sind sie abgehauen«, sage ich leise.

»Haben sie dir wehgetan?«, will er wissen, und ich beobachte das Zucken seiner Kiefermuskulatur.

»Nein«, versichere ich ihm. Dann erwacht das Walkie-Talkie an seiner Brust zum Leben, und eine Frauenstimme gibt einige Informationen und eine Adresse durch. Noah antwortet und fragt mich nach dem Kennzeichen meines Wagens.

»Scheiße«, stößt Noah mit zusammengebissenem Kiefer hervor. »Ich muss los.« Sein Blick trifft auf meinen. »Hast du dein Handy dabei?«

»Es war in meinem Auto.«

»Ich rufe deinen Bruder an und sage ihm, dass er dich abholen soll.«

Ich schüttle den Kopf. Aiden hatte schon genug mit meinem Scheiß zu tun, nachdem ich Conner verlassen hatte. Er lässt mich in seinem Haus wohnen. Das rechne ich ihm hoch an, obwohl es ohnehin leer stand, seit er mit May zusammengezogen ist. Aber ich finde es unnötig, dass er mich um sieben Uhr abends von einer Tankstelle fünfzehn Minuten von seinem Haus entfernt abholt. »Ich habe noch meine Kreditkarte. Ich kann mir ein Taxi nehmen.«

Noah streicht mir sanft über die Schulter, und mir stockt der Atem. »Ich rufe Aiden an. Leider kann ich dich nicht selbst nach Hause bringen, weil ich die Autodiebe finden muss.« Als er sich umdreht, um zu gehen, gerate ich in Panik und klammere mich an seinen Arm.

»Warte, du willst sie verfolgen?«

»Ja, Babe.« Sein Blick fällt auf meine Hand auf seinem Bizeps, und ich lasse ihn schnell los.

»Sie haben eine Waffe.«

»Ich weiß.« Er schenkt mir ein wunderschönes, aber etwas unheimliches Lächeln. »Warte hier auf Aiden«, fordert er mich auf und lässt mich allein zurück. Als er den Motor des Polizeiwagens startet und die Sirene angeht, zieht sich mein Magen zusammen und ich spüre eine echte, aber unwirkliche Angst durch meine Adern fließen.

»Du musst noch für das Toilettenpapier und das Bier bezahlen«, sagt der Tankwart zu mir. Ich drehe langsam meinen Kopf in seine Richtung. »Es sei denn, du trinkst das Bier nicht.«

»Auf keinen Fall«, murmle ich, woraufhin er in die Tankstelle geht. Da ich keine andere Wahl habe, folge ich ihm und bezahle die Packung Toilettenpapier, die ich nicht brauche, während ich darauf warte, wieder einmal von meinem Bruder gerettet zu werden.

2

Mittel- und hilflos

Bridgett

Im Bademantel und mit einem großen Handtuch um den Kopf gewickelt, sitze ich im Schneidersitz auf meiner Couch. Auf dem Laptop scrolle ich durch die Liste der verfügbaren Wagen bei einem örtlichen Autohaus. Viel Auswahl habe ich nicht, weil ich keine Anzahlung leisten kann und ohnehin kein Geld habe, aber dringend ein Auto brauche.

Gestern Abend hat mich Aiden abgeholt, nachdem Noah ihn, wie versprochen, angerufen hatte. Während der Fahrt meldete sich Noah. Er wusste inzwischen, dass mein Auto einen Totalschaden hat. Die Tankstellenräuber haben sich mit meinem Benz überschlagen, als sie von der Polizei auf einer Landstraße verfolgt wurden. Zum Glück wurde niemand ernsthaft verletzt. Die beiden Typen konnten allerdings nicht mehr flüchten und wurden verhaftet.

Einerseits bin ich froh, dass die Diebe so schnell geschnappt wurden und zur Rechenschaft gezogen werden können, andererseits habe ich nicht damit gerechnet, dass mein Auto nur noch ein Haufen Schrott ist. Blöderweise läuft mein Wagen auf Conners Namen, er ist derjenige, der einen Scheck von der Versicherung erhält, sobald alles polizeilich geregelt ist. Und die Wahrscheinlichkeit, dass er mir das Geld für ein neues Auto gibt, ist ungefähr so groß wie die, dass ich von einem Milliardär entführt werde, der in mich verliebt ist.

Ich klicke auf das Foto eines weißen viertürigen Toyotas, der in gutem Zustand zu sein scheint, scrolle durch die restlichen Bilder und lese die Fahrzeugdetails, ohne genau zu wissen, was mit all den Angaben gemeint ist. Leider kenne ich niemanden, den ich anrufen könnte, um mich zu beraten. Die sogenannten Freunde, die ich hatte, als ich mit Conner zusammen war, haben sich alle von mir abgewandt und damit bewiesen, was ich bereits wusste: dass keinem von ihnen wirklich an mir gelegen war.

Vermutlich hätten sie mir nur sagen können, wie man den Gang einlegt und die Seitenblende runterklappt. Keiner von ihnen hätte mir wirklich behilflich sein können, weil Geld für sie keine Rolle spielt. Und ich weigere mich, meine Eltern um einen kleinen Kredit zu bitten. Dad hat mir bereits einen Job besorgt. Mehr kann ich von ihm nicht erwarten. Und Mom hätte jegliche Unterstützung an aberwitzige Bedingungen geknüpft oder würde mich nach einer Standpauke zu Conner zurückschicken. Sie ist der Meinung, dass man nur heiratet, um soziale und finanzielle Vorteile zu erlangen, und dass mein Leben so viel einfacher wäre, wenn ich Conner um Vergebung bitten und aufhören würde, so stur zu sein.

Mit einem Seufzer stehe ich von der Couch auf und gehe ins Bad. Sobald ich angezogen bin, werde ich mich auf den Weg zum Laden um die Ecke machen, um darum zu bitten, das Telefon benutzen zu dürfen. Falls ich nicht abgewiesen werde, rufe ich mir ein Taxi zur Polizeiwache, wo ich hoffentlich mein Handy und mein Portemonnaie bekomme. Erst danach kann ich mich um ein Auto kümmern.

Auf halbem Weg zu meinem Schlafzimmer klingelt es an der Tür. Ich drehe mich um und ziehe die Brauen zusammen. Es ist erst kurz nach sechs. Bisher kam nie jemand zu Besuch, schon gar nicht so früh. Ich gehe zur Tür und stelle mich auf die Zehenspitzen, um durch den Spion zu schauen. Noah steht in Uniform vor der Tür, und mein Herz klopft schneller. Ich schließe auf und drehe den Türknauf, weil es unhöflich wäre, nicht zu öffnen.

»Hey«, begrüße ich ihn und versuche auszublenden, dass ich nur meinen Bademantel anhabe.

»Hey Babe.« Er kommt auf mich zu und lässt mir keine andere Wahl, als zurückzutreten und ihn einzulassen. Ich schließe die Tür und bin froh, der kalten Luft, die von draußen hereinströmt, zu entkommen. Doch Noah steht so dicht vor mir, dass ich das Gefühl habe, kaum atmen zu können, ohne gegen ihn zu stoßen. Seine Uniform und die kugelsichere Weste lassen ihn noch größer und breiter erscheinen, was ich bei seiner Statur kaum für möglich gehalten hätte. Die derben Stiefel und seine Waffe verleihen ihm zusätzlich etwas Bedrohliches. In seiner vollen Montur nimmt er mehr als dreimal so viel Platz ein, als ich für mich allein bräuchte. »Ich dachte, ich könnte das hier bei dir abgeben, bevor ich nach Hause fahre.« Ich senke den Blick und bemerke meine Handtasche in seinen Händen. »Dein Handy ist auch drin.«

Ich schaue ihn an und spüre, wie sich meine Kehle zusammenzieht, als würde ich weinen müssen.

»Danke.« Ich nehme ihm die Tasche ab. »Du hast mir einen Weg erspart.«

»Sieh mal nach, ob etwas fehlt. Ich glaube nicht, dass sie Zeit hatten, darin rumzuwühlen. Aber man weiß ja nie.«

Mit einem Nicken wende ich mich von Noah ab und gehe mit der Handtasche in die Küche. Nachdem ich sie geöffnet habe, finde ich alles vor, was ich gestern eingepackt habe. »Es ist alles da.« Ich nehme mein Handy heraus und stelle es auf die Ladestation. Von der Kücheninsel aus, die den Wohnbereich von der Küche trennt, kann ich Noah sehen. Er steht immer noch an der Tür, aber sein Blick ist auf die Couch mit dem Laptop gerichtet.

»Suchst du ein Auto?«

»Ja.«

»Sollte dir deine Versicherung nicht einen Leihwagen zur Verfügung stellen, bis dir die Schadenssumme überwiesen wird?«

»Wenn ich mich nicht gerade von meinem Mann getrennt hätte und er nicht so ein Idiot wäre, würde es so funktionieren.« Ich gehe zur Couch und klappe den Deckel des Laptops zu. »Conner droht mir schon seit Wochen damit, mir mein Auto wegzunehmen. Die Situation jetzt kommt ihm sehr gelegen.«

»Er hat dich bedroht?«, fragt Noah. Seine Miene hat den gleichen Ausdruck wie gestern Abend, als er hörte, dass die Diebe eine Waffe auf mich gerichtet hatten.

»Nicht so«, versichere ich ihm. »Er ist wütend und will mich einschüchtern. Ich glaube nicht, dass er mir etwas antun würde.«

»Wie kommt er dazu?« Noah lehnt sich zurück und verschränkt die Arme vor seiner breiten Brust.

»Es ist nichts.« Ich schüttle den Kopf.

»Wieso will er dich einschüchtern?«, hakt er etwas lauter nach und lehnt sich leicht an mich. Instinktiv zucke ich vor seiner Berührung zurück, die mich zu elektrisieren scheint. »Ich würde dir nie etwas antun, Babe.«

Ich lecke mir über die Unterlippe und schaue verlegen auf den Boden. »Ich weiß«, entgegne ich und meine es auch so. Bei seiner Größe im Vergleich zu meiner würde es genügen, wenn er mit dem Finger schnippt, um mir Schaden zuzufügen. Doch das würde Noah nie tun. Im Gegensatz zu Conner. Er hat mich zwar nie geschlagen, war aber oft wütend und hat mich manchmal geschubst oder mir einen Finger so fest ins Gesicht oder auf die Brust gedrückt, dass es wehtat. Gelegentlich hat er mich so derb angefasst, dass ich hinterher blaue Flecken hatte.

»Niemals«, bekräftigt er und sucht meinen Blick.

»Okay.« Ich schlinge meine Arme um meine Taille.

»Und jetzt erzähl mir, warum er dich einschüchtern will.«

»Es war eigentlich nichts. Er lässt mich nur nicht meine Sachen holen und hat gedroht, mir das Auto wegzunehmen.« Ich trete unruhig von einem Fuß auf den anderen.

»Warum hast du deinen Bruder nicht um Hilfe gebeten? Oder deine Kontakte zur Polizei genutzt?«

»Das wäre übertrieben gewesen. Außerdem hat Conner für alles bezahlt, meine Kleider, meinen Schmuck, einfach alles. Und er will, dass ich zu ihm zurückkomme. Warum sollte er mir also meine Sachen geben? Ich würde ohnehin den größten Teil online verkaufen. Eigentlich will ich nur, dass er die Scheidungspapiere unterschreibt und ich ein neues Leben beginnen kann. Stattdessen streiten wir über Handtaschen und Schuhe, die ich eigentlich nicht brauche.«

»Also stimmt er der Scheidung nicht zu?«

Ich schüttle den Kopf. »Noch nicht. Mein Anwalt meint, dass er dreißig Tage Zeit hat, die Papiere zu unterschreiben. Wenn er sich weigert, kann ich bei Gericht einen Scheidungsantrag einreichen. Dann bekomme ich einen Termin und kann nur hoffen, dass der Richter auch ohne Conners Unterschrift einer Scheidung zustimmt.«

»Vielleicht geht es ihm um etwas ganz anderes«, vermutet Noah. Obwohl er es nur gut mit mir meint, macht mich seine Bemerkung wütend. Ich weiß, was die Leute von mir denken, was mein Bruder von mir hält und was er Noah vermutlich erzählt hat. Vielleicht stimmte das sogar, aber jetzt nicht mehr.

»Das glaube ich nicht, denn ich verlange nichts von ihm, nicht einmal Unterhalt, der mir zusteht. Ich will nichts weiter als zu vergessen, dass ich dumm genug war, ihn zu heiraten.«

»Du hast ihn aus einem bestimmten Grund geheiratet.«

»Ja, weil ich dachte, dass ich ihn liebe und er mich. Später habe ich mir eingeredet, dass schöne Dinge zu haben und allein auf Reisen zu gehen, die Tatsache wettmacht, dass er ein aufgeblasener Idiot und ein notorischer Betrüger und Lügner ist.« Ich atme tief durch. »Egal, was du von mir denkst, ich bin lieber pleite als kaputt.« Ich gehe um ihn herum zur Tür und lege meine Hand auf die Klinke. »Ich bin dir wirklich dankbar, dass du mir meine Tasche gebracht hast. Das wäre nicht nötig gewesen.«

»Babe«, sagt er, und seine Gesichtszüge werden sanft.

Ich öffne die Tür und mache ihm klar, dass es Zeit ist, zu gehen. Wenn er jetzt nicht verschwindet, werde ich anfangen zu weinen. »Wie du weißt, habe ich heute noch viel zu erledigen.«

»Wer begleitet dich bei deiner Suche nach einem Auto?«, fragt er und macht keine Anstalten zu gehen.

»Ich schaffe das auch allein«, entgegne ich trotzig und deute auf die offene Haustür. Er murmelt etwas, bevor er meiner Aufforderung nachkommt. Ich schließe die Tür hinter ihm und hole mehrmals tief Luft, bis ich mir sicher bin, nicht mehr zusammenzubrechen oder lauthals schreien zu müssen. Dann löse ich das Handtuch um meinen Kopf und mache mich auf den Weg ins Schlafzimmer. Es klingelt zum zweiten Mal an diesem Morgen an der Tür. Diesmal bin ich mir ziemlich sicher, wer es ist, und mache mir nicht die Mühe, durch den Türspion zu schauen. Stattdessen reiße ich die Tür auf.

»Wa...«

»Ich kann jetzt nicht schlafen. Lass uns frühstücken gehen«, unterbricht mich Noah und geht mit einem Seesack über der Schulter an mir vorbei. Ich blinzle ihm hinterher, unfähig, etwas zu erwidern. »Wo ist die Dusche?«

»Ähm ...« Ich schüttle den Kopf und schließe die Haustür. »Was?«

»Ich habe auf der Wache nicht geduscht.« Er dreht sich zu mir um. »Ich muss mich frisch machen und mich umziehen. Dann können wir frühstücken gehen und später zum Autohaus fahren.«

»Du willst mich begleiten?« Ich reibe mir über die Brust, die sich plötzlich seltsam eng anfühlt.

»Ich lasse dich nicht allein gehen, Babe. Diese Typen werden dir die schlimmste Rostlaube zu einem völlig überhöhten Preis andrehen.«

»Das bezweifle ich«, murmle ich und weiß doch, dass er recht hat.

»Vertrau mir. Also, wo ist die Dusche?«

»Im Gästebad. Aber die hat keinen Duschvorhang. Ich hatte noch keine Zeit, einen zu besorgen.« Ich rümpfe die Nase. »Also geh lieber in das Bad neben dem Schlafzimmer.« Warum erzähle ich ihm das überhaupt? »Du kannst mich nicht begleiten.«

»Warum nicht?«

»Du bist doch gerade erst von der Arbeit gekommen und ganz sicher sehr müde.« Das Argument ist nur vorgeschoben, denn eigentlich macht mich seine Anwesenheit nervös. Ich habe schon wieder das Gefühl, jeden Moment in Tränen auszubrechen. Dann würde ich mich an seine starke Brust werfen und mich von ihm trösten lassen.

»Ich werde es überleben.« Er dreht sich um und geht den Flur entlang in Richtung Schlafzimmer. Ich folge ihm und versperre ihm den Weg, um ihn davon abzuhalten, bei mir zu duschen und mich zu begleiten. »Babe ...«

»Ich muss das alleine machen.« Ich knete meine Hände, während er mein Gesicht betrachtet.

»Du willst das unbedingt allein durchziehen«, stellt er stirnrunzelnd fest.

»Ja, ich muss mir beweisen, dass ich das alleine kann.«

»Warum?« Er verschränkt die Arme vor der Brust.

Oh, er ist unerbittlich. »Weil sich immer andere Leute um mich gekümmert haben, und ich mich endlich um mich selbst kümmern muss.« Und das ist die Wahrheit. Solange ich bei meinen Eltern wohnte, gab es eine Haushälterin und einen Koch. Als ich erwachsen war, habe ich einen Mann geheiratet, der für mich sorgen konnte. Ich musste nie meinen eigenen Weg finden. Seit meiner Trennung muss ich alles allein entscheiden, und das fühlt sich verdammt gut an. Zumal ich Dinge tue, von denen ich nie dachte, dass ich dazu fähig wäre.

»Ich werde dein Auto nicht bezahlen, sondern nur dabei sein. Und wenn du jemanden hast, der dafür sorgt, dass du nicht reingelegt wirst, macht dich das nicht schwach.« Ich blinzle ihn an und stimme ihm insgeheim zu. »Und jetzt zeig mir, wo die Dusche ist.«

Offenbar lässt er sich nicht umstimmen. Ich seufze. »Okay.« Ich wende mich dem Schlafzimmer zu, an dem ich nichts verändert habe, seit mir mein Bruder erlaubt hat, hier zu wohnen. Genau genommen habe ich nichts verändert, seit ich hier eingezogen bin. Das Gästezimmer ist komplett leer, im Wohnzimmer gibt es nur eine große Couch und den Fernseher, und im Schlafzimmer steht lediglich ein Kingsize-Bett. Meine wenigen Klamotten habe ich in einem der begehbaren Schränke im Flur untergebracht. Zum Glück gibt es in der Küche ein wenig Geschirr und die üblichen Haushaltsgeräte.