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Privatpersonen können unter bestimmten Voraussetzungen eine Restschuldbefreiung erfahren. Seit 01.10.2020 können Sie in drei Jahren von Ihren Schulden befreit sein.
Schritt für Schritt erklärt der Ratgeber Verbraucherinsolvenz: Erfolgreiche Schuldbefreiung die richtige Vorgehensweise:
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Seitenzahl: 220
Veröffentlichungsjahr: 2021
8. Auflage
© WALHALLA Fachverlag, Regensburg
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Privatpersonen können unter bestimmten Voraussetzungen eine Restschuldbefreiung erfahren. Seit 01.10.2020 können Sie in drei Jahren von Ihren Schulden befreit sein.
Schritt für Schritt erklärt der Ratgeber Verbraucherinsolvenz: Erfolgreiche Schuldbefreiung die richtige Vorgehensweise:
Den außergerichtlichen Einigungsversuch ohne fremde Hilfe durchführenVerbraucherinsolvenzverfahren richtig einleitenUnseriöse Helfer erkennenVoraussetzungen für eine Verfahrenskostenstundung erfüllenSteuerschulden aufteilenDas Pfändungsschutzkonto (P-Konto) richtig nutzenMöglichkeiten der vorzeitigen Restschuldbefreiung Alternative: Insolvenzplanverfahren – teurer, aber schnellerDie aktuelle PfändungstabelleJörg Wilde, Diplom-Finanzwirt, war mehrere Jahre als Koordinator für Vollstreckung in der Finanzverwaltung tätig und hat zahlreich Verfahren auf dem Weg zur Restschuldbefreiung begleitet. Erfolgreicher Fachautor.
Vorwort
1. Wichtiges vorab
2. Außergerichtlicher Einigungsversuch
3. Gerichtliches Einigungsverfahren
4. Insolvenzverfahren
5. Wohlverhaltensphase
6. Am Ziel: Restschuldbefreiung
7. Insolvenzplanverfahren
8. Hilfreiche Adressen
9. Musterbriefe und Pfändungstabelle
Auszüge aus referenzierten Vorschriften
Ausweg aus dem Schuldenkreislauf – in nur drei Jahren
Abkürzungen
Laut Statista sind heute in Deutschland mehr als 6,85 Millionen Bürgerinnen und Bürger so hoch verschuldet, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Schulden mit ihrem Einkommen zu decken. Die Ursachen dafür sind vielschichtig, etwa der plötzliche Verlust der Arbeitsstelle, die Corona-Pandemie oder auch nur das einfache Erliegen der Verlockungen des Konsums. Schnell verliert man den Überblick über Soll und Haben und gerät in einen Schuldenkreislauf, aus dem es auf dem normalen Weg kein Entkommen mehr gibt.
Seit 1999 gibt es eine Lösung für überschuldete Privathaushalte. Es handelt sich um das Verbraucherinsolvenzverfahren, umgangssprachlich auch Privatinsolvenz genannt.
Die Regelungen zur Verbraucherinsolvenz sollen diesen Haushalten helfen, einen neuen schuldenfreien Anfang zu finden. Dabei werden Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen dazu gebracht, entweder freiwillig oder per Beschluss des Amtsgerichts auf einen Teil ihrer Forderungen gegenüber dem Schuldner für immer zu verzichten.
Zuletzt gab es eine Änderung zum 01.01.2021, die am Ende das Verbraucherinsolvenzverfahren auf drei Jahre verkürzt.
Dieser Fachratgeber zeigt Ihnen Möglichkeiten auf, um spätestens in drei Jahren schuldenfrei zu sein.
Jörg Wilde
Zwei Möglichkeiten, um die Schulden loszuwerden
Wer die Verbraucherinsolvenz nutzen kann
So funktioniert das Verbraucherinsolvenzverfahren
Stundung der Verfahrenskosten
Was man vorher wissen sollte
Das Pfändungsschutzkonto (P-Konto)
Wichtige Fachbegriffe
Die Insolvenzordnung bietet zwei Möglichkeiten der Schuldbefreiung:
Welches Verfahren man wählt, hängt im Wesentlichen von den Verfahrenskosten ab. Ein Insolvenzplanverfahren (vgl. Seite 131) ist eine teure Variante. Es lohnt sich nur, wenn der Schuldner den Gläubigern einen Vergleichsbetrag anbieten kann, der nicht aus dem insolvenzbelasteten Vermögen kommt.
Doris Klein hat 100.000 EUR an Schulden, die sie nicht mehr begleichen kann. Die Eltern von Frau Klein haben ihrer Tochter Hilfe zugesagt und würden sie mit 10.000 EUR unterstützen. Diese Summe kann Frau Klein im Insolvenzplanverfahren als Vergleichssumme den Gläubigern anbieten.
Mit dem Verbraucherinsolvenzverfahren hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, die dafür Sorge tragen soll, dass überschuldete Haushalte in der Bundesrepublik eine zweite Chance, in Form einer schuldenfreien Zukunft, erhalten können. Ziel des Verfahrens ist, dass sich Schuldner und Gläubiger zusammenfinden und eine sinnvolle Lösung erarbeiten. Der Lösungszeitraum ist durch den Gesetzgeber auf maximal sechs Jahre begrenzt (sog. Wohlverhaltensphase).
Wer allerdings nach dem 01.10.2020 einen Antrag stellt, für den gilt, dass er nach drei Jahren schuldenfrei ist. Bis zum 30.09.2020 konnte man nur dann nach drei Jahren eine Schuldbefreiung erfragen, wenn 35 Prozent der Schulden durch den Schuldner beglichen wurden. Diese Chance sollten Sie nun nutzen – 36 Monate vergehen schnell.
Ist die Wohlverhaltensphase abgelaufen, soll der Schuldner, sofern er sich an alle Forderungen gehalten hat, eine Restschuldbefreiung erhalten. Das heißt, dass alle an diesem Verfahren teilnehmenden Gläubiger auf einen nicht unerheblichen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen.
Nun kann man berechtigt sagen, dass doch keiner freiwillig auf seine Ansprüche verzichten wird. Schließlich geht es um Geld. Allerdings zwingt der Gesetzgeber spätestens im gerichtlichen Verfahren zum Verzicht. Ausnahmen von diesem „Zwang“ sind nur gegeben, wenn einer der Gläubiger nachweisen kann, dass der Verzicht nicht rechtmäßig wäre.
Wer kann von dem Verfahren profitieren?
Von den Regelungen zur Verbraucherinsolvenz können alle natürlichen Personen profitieren. Gemeint sind hier beispielsweise folgende Personen:
Arbeitnehmer
Arbeitslose
Alleinerziehende
Ledige
Verheiratete
ehemalige Unternehmer
Grundsätzlich dürfen die Personen, die ein Verbraucherinsolvenzverfahren anstreben, keinen laufenden Gewerbebetrieb haben oder selbstständig tätig sein. Für Unternehmer und selbstständig Tätige gilt das sogenannte Regelinsolvenzverfahren.
Unternehmen besteht noch
Frank Meier hat ein Uhrengeschäft. Seit einiger Zeit gehen die Geschäfte nicht mehr so gut, so dass Herr Meier beschließt, ein Insolvenzverfahren einzuleiten. Im Zeitpunkt der Antragstellung hat Herr Meier keine Arbeitnehmer und vier Gläubiger.
Herr Meier kann nur das Regelinsolvenzverfahren in Anspruch nehmen, da seine selbstständige Tätigkeit noch nicht beendet ist.
Wie in der obigen Aufzählung erkennbar, können auch ehemalige Unternehmer das Verbraucherinsolvenzverfahren durchführen. Allerdings wird hier verlangt, dass die Vermögensverhältnisse oder besser gesagt die Gläubigerverhältnisse, überschaubar sind. Eine solche Überschaubarkeit liegt nur vor, wenn der Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung weniger als 20 Gläubiger hat. Des Weiteren darf es sich bei den Schulden nicht um Forderungen gegen ihn aus Arbeitsverhältnissen handeln.
Unternehmen besteht nicht mehr, Löhne wurden nicht gezahlt
Peter Müller hatte eine Konditorei, die er aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten im Jahr 2020 schließen musste. In der Konditorei beschäftigte er damals vier Arbeitnehmer, denen er heute noch Löhne schuldet. Aus seinen Geschäftsverbindungen haben noch zehn Gläubiger Forderungen gegen Herrn Müller.
Obwohl der Gewerbebetrieb nicht mehr besteht, kann das Verbraucherinsolvenzverfahren nicht in Anspruch genommen werden. Grund sind die Lohnforderungen der vier Arbeitnehmer.
Der Terminus „Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen“ ist weit zu fassen.
Zu den Verbindlichkeiten gehören nach der Gesetzesbegründung folgende Ansprüche:
Forderungen des Arbeitnehmers
Forderungen des Finanzamts aus nicht abgeführter Lohnsteuer der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber
Sozialversicherungsbeiträge (z. B. Forderungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 187 SGB III)
Erfüllt der ehemalige Unternehmer die oben genannten Voraussetzungen nicht, bleibt ihm nur die Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren besteht aus fünf unterschiedlichen Stufen, die grundsätzlich aufeinander aufbauen. Das heißt, dass die nächste Stufe nur dann erreicht werden kann, wenn die vorherige Stufe abgeschlossen ist.
Das Verfahren beginnt immer mit einem außergerichtlichen Einigungsversuch (vgl. Abbildung auf Seite 17). Hier soll der Schuldner zunächst versuchen, sich mit seinen Gläubigern außergerichtlich über eine Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines eigens erstellten Schuldenbereinigungsplans zu einigen. Von dieser Methode kann jedoch abgesehen werden, wenn voraussichtlich keine Aussicht auf eine außergerichtliche Einigung besteht. Der Gesetzgeber hat diese Fälle aus den bisherigen Erfahrungen erkannt, dass ein außergerichtlicher Einigungsversuch fast regelmäßig scheitert, wenn der Schuldner eine größere Anzahl von Gläubigern hat. Unter welchen Voraussetzungen auf einen außergerichtlichen Einigungsversuch verzichtet werden kann, wird in Kapitel 2 genauer beschrieben.
Liegt ein vollständiger Antrag vor, wird das Verfahren mit einem gerichtlichen Einigungsversuch fortgesetzt. Hier wird nochmals vonseiten des Gerichts versucht, die Einigung mit den Gläubigern zu schaffen. Scheitert auch dieser Versuch, leitet das Gericht in das Insolvenzverfahren über. Hier kommt es unter Einsatz eines Insolvenzverwalters zur Erstellung eines Insolvenzplans.
Gelingt der außergerichtliche Einigungsversuch nicht oder wurde von ihm abgesehen, kann der Schuldner nun einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht stellen.
Nachdem die Vermögenswerte veräußert, die Abtretungen erstellt und die Forderungen festgestellt worden sind, beginnt die nächste Stufe. Hierbei handelt es sich um die sogenannte Wohlverhaltensphase.
Die Wohlverhaltensphase dauert längstens drei Jahre für Verfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt wurden. Zuvor waren dies drei oder fünf Jahre. Während der Wohlverhaltensphase, deren Lauf mit dem Eröffnungsantrag beginnt, muss sich der Schuldner bemühen, seine Obliegenheitspflichten (siehe Seite 41) zu erfüllen. Erfüllt er sie und lässt er sich sonst nichts zu Schulden kommen, kann er die letzte Stufe erreichen – die Restschuldbefreiung.
Über die Restschuldbefreiung wird grundsätzlich nach Ablauf der Wohlverhaltensphase entschieden – es sei denn, dass gleich zu Beginn des Verfahrens festgestellt wird, dass der Schuldner aufgrund vorheriger Verfehlungen keine Restschuldbefreiung erfahren wird. Liegen alle Befreiungsvoraussetzungen vor, wird der Schuldner von den Resten seiner Verbindlichkeiten befreit. Allerdings gibt es hierzu eine Einschränkung, nämlich Gläubigerforderungen (siehe Seite 127), die von einer Restschuldbefreiung ausgenommen sein können.
Um das Verfahren zu beschleunigen, sollte der Schuldner selbst aktiv werden. Doch was kann er aktiv beitragen?
Aktive Beteiligung des SchuldnersAußergerichtlicher EinigungsversuchDer Einigungsversuch kann vom Schuldner selbst ohne fremde Hilfe durchgeführt werden.Soll fremde Hilfe genutzt werden, kann der Schuldner sich aktiv an der Beschaffung der notwendigen Informationen beteiligen. Dies gilt z. B. für:Zusammenstellung der Gläubiger und deren Anschriften
Heraussuchen von Verträgen
Auflistung von Einkommen und Vermögen
Gerichtlicher EinigungsversuchTerminvereinbarung bei einer geeigneten Stelle
Erstellung des Eröffnungsantrags oder Mitwirkung bei der Erstellung
Beschaffung von Unterlagen für den Antrag, sofern nicht schon bei außergerichtlichem Einigungsversuch beschafft
InsolvenzverfahrenTeilnahme an den Versammlungen und dem Schlusstermin
Mitwirkung bei Fragen und Auskünften
WohlverhaltensphaseMitwirkung bei Fragen und Auskünften
Einhaltung oder Erfüllung der Obliegenheiten
Meldungen an den Treuhänder und/oder an das Insolvenzgericht bei Veränderungen
Einhaltung des Insolvenzplans
RestschuldbefreiungMitwirkung bei Fragen und AuskünftenAus den bisherigen Erfahrungen mit der Verbraucherinsolvenzregelung hat der Gesetzgeber festgestellt, dass die Fallzahlen seit der Einführung zum 01.01.1999 weit hinter den Erwartungen und Prognosen zurückgeblieben sind. Mitverantwortlich dafür, dass die Erwartungen sich nicht erfüllt haben, sind die Verfahrenskosten. Das Problem ist hier schnell ausgemacht. Den bereits überschuldeten Haushalten können bei der meist geringen Kapitaldecke bzw. Einkommenssituation Verfahrenskosten von 1.500 EUR und mehr nicht in einer Summe abverlangt werden. Dazu kommt, dass die Einkommen zumeist schon mit Pfändungen belastet sind und somit das verfügbare Einkommen noch erheblich verringern. Schuldner haben in der Regel eben keine Sparbücher mit hohen Rücklagen.
Der Ehepartner muss nicht für die Schulden seines Ehepartners aufkommen. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt für die Verfahrenskosten. Ob der unverschuldete Ehepartner nur für die Begleichung der Verfahrenskosten herangezogen wird, hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Schulden des Ehepartners entstanden sind. Man kann sich hier quasi an zwei Punkten orientieren:
Sind die Schulden des Ehepartners vor der Eheschließung entstanden, braucht der andere Ehegatte die Verfahrenskosten nicht zu tragen.
Sind die Schulden während der Ehe entstanden, wird der unverschuldete Ehegatte, sofern dieser über eigenes Einkommen verfügt, zur Begleichung herangezogen.
Der Grund für die Heranziehung findet sich in der auch wirtschaftlichen Beziehung der Ehegatten zueinander. Dies gilt nicht nur für die positiven Einkünfte, sondern auch für die Schulden, die während der Ehe entstanden sind.
Petra und Peter Petersen sind seit Jahren verheiratet. Während Peter Petersen als Angestellter abhängig beschäftigt ist, versuchte sich Petra Petersen mit einem Restaurant selbstständig zu machen. Ihr Restaurant lief anfangs sehr gut, die Investitionskredite konnten regelmäßig bedient werden. Dann kam die Pandemie und damit das Aus im Juni 2020. Im Jahr 2021 leitet Frau Petersen ein Verbraucherinsolvenzverfahren ein. Bevor eine Stundung der Verfahrenskosten ausgesprochen wird, prüft das Insolvenzgericht zuerst, ob die Verfahrenskosten von Peter Petersen bestritten werden müssen.
Der Gesetzgeber hat mit seiner Änderung der Insolvenzordnung zum 01.12.2001 versucht, das Problem zu lösen. Dem bedürftigen Schuldner soll im Weg einer Stundung der Verfahrenskosten die Durchführung des gerichtlichen Teils des Verbraucherinsolvenzverfahrens ermöglicht werden. Der Begriff Stundung deutet darauf hin, dass die Verfahrenskosten nicht erlassen, sondern zu einem späteren Zeitpunkt beglichen werden müssen. Wann die Rückzahlung zu erfolgen hat, hängt dabei im Wesentlichen vom Einkommen ab. Aber zunächst zu den Stundungsvoraussetzungen.
Um in den Genuss einer Stundung kommen zu können, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
Der Stundungsbedürftige muss eine natürliche Person sein (siehe Seite 13).
Es muss ein Antrag auf Restschuldbefreiung vorliegen.
Es muss ein Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten vorliegen.
Es darf kein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegen.
Das vorhandene Einkommen bzw. Vermögen darf nicht zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichen.
Versagungsgründe nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO liegen vor, wenn der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach einem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c StGB rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist.
Bei den Straftaten nach den §§ 283 bis 283c StGB handelt es sich um:
Bankrott
besonders schwerer Fall des Bankrotts
Verletzung der Buchführungspflicht
Gläubigerbegünstigung
Grundsätzlich soll nur der Antragsteller eine Stundung erhalten, der auch bedürftig ist. Bedürftig ist derjenige, dessen Vermögen oder auch Einkommen nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Geht man von der Begründung zum Gesetzesentwurf aus, handelt es sich hierbei um die Fälle, die entsprechend der Regelung des § 26 Abs. 1 InsO mangels Masse abgewiesen werden würden – sprich, die Fälle, bei denen der Schuldner die Verfahrenskosten nicht tragen kann.
Das Gericht wird demnach prüfen, ob das sogenannte Schuldnervermögen zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichend sein wird. Aus dem Blickwinkel, die Verwaltung nur so wenig wie möglich zu belasten, wird vorrangig das Schuldnervermögen zur Kostendeckung herangezogen. Dies gilt auch für die pfändbaren Beträge des Einkommens nach Eröffnung des Verfahrens.
Nicht selten haben sich auch karitative Einrichtungen bereit erklärt, die Verfahrenskosten im Rahmen eines Darlehens zu übernehmen. Liegt ein solcher Fall vor, haben andere Dritte die Verfahrenskosten übernommen oder würden diese übernehmen, tritt die Stundung immer in den Hintergrund. Sie scheidet prinzipiell aus.
Darlehen, die zur Finanzierung der Verfahrenskosten dienen sollen, sind von der Restschuldbefreiung selbstverständlich nicht erfasst. Man nennt solche Darlehen auch Förderdarlehen zur Verfahrenseröffnung.
Liegen die Voraussetzungen für eine Stundung vor, werden die im Zusammenhang mit dem Verfahren entstehenden Kosten gestundet. Hierzu gehören insbesondere folgende Kosten:
Gerichtskosten für das Verfahren (nach Gerichtskostengesetz)
Vergütungen und Auslagen des Treuhänders und Insolvenzverwalters
Vergütungen an Sachverständige
Die Stundung umfasst dabei bereits entstandene sowie die zukünftigen Kosten. Entsprechend werden Auslagenvorschüsse nach § 68 GKG ebenfalls nicht erhoben.
Werden die Verfahrenskosten gestundet, kann das Gericht dem Antragsteller einen Rechtsanwalt beiordnen, wenn es von der Sache her notwendig ist. Dies wird in der Regel immer dann der Fall sein, wenn die Sach- oder Rechtslage schwierig ist. Gemeint sind hier insbesondere Sachverhalte, bei denen der Antragsteller gegen Versagungsgründe der Restschuldbefreiung (§ 290 InsO) oder den Vorwurf des Verstoßes gegen die Obliegenheitsverpflichtungen (§ 296 InsO) kämpft.
Hat das Gericht einen Rechtsanwalt beigeordnet, werden die Kosten für diesen Rechtsanwalt ebenfalls gestundet.
Grundsätzlich gilt die Stundung an dem Zeitpunkt, ab dem sie ausgesprochen worden ist. Dies wäre aber für den Antragsteller eine sehr unbefriedigende Lösung, da die Gerichte natürlich eine gewisse Prüfungs- und Bearbeitungszeit beanspruchen können und müssen. Damit der Antragsteller rechtzeitig von der Stundung profitieren und das Verfahren ohne größere Verzögerung seinen Fortgang nehmen kann, gilt die Stundung einstweilig ab Antragstellung. Wird die Stundung später versagt, müssen die bereits gestundeten Kosten an die jeweiligen Stellen gezahlt werden. Sollte die Bundes- oder Landeskasse bereits eingetreten sein, sind die nicht gestundeten Beträge entsprechend an sie abzuführen.
Über die Stundung der Verfahrenskosten wird für jeden Verfahrensabschnitt eine gesonderte Anspruchsprüfung durchgeführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers gilt dies für den gerichtlichen Einigungsversuch, für das Insolvenz- und für das Restschuldbefreiungsverfahren. Liegen die Voraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vor, kann die Stundung ganz oder für den geprüften Verfahrensabschnitt versagt werden.
Wie bereits beschrieben, müssen die gestundeten Beträge an die entsprechenden Kassen zurückgezahlt werden. Die Stundung endet grundsätzlich mit der Erteilung der Restschuldbefreiung, im Prinzip nach Ablauf der Wohlverhaltensphase. Liegt kein weiterer Antrag vor, werden die gestundeten Beträge in einer Summe fällig. Nun hat der Gesetzgeber schon erkannt, dass die Leistungsfähigkeit eines Schuldners nach der Wohlverhaltensphase immer noch ziemlich erschöpft sein wird. Entsprechend ist es nicht sinnvoll, die betroffenen Personen durch eine sofortige Fälligkeitsstellung der gesamten Kosten in ein neues Schuldenloch bzw. in einen neuen Schuldenkreislauf zu stürzen. Zudem ist zu bezweifeln, dass eine Person, die gerade eine Restschuldbefreiung erhalten hat, als besonders kreditwürdig gilt.
Damit auch hier eine Lösung gefunden wird, hat der Gesetzgeber eine weitere Stundung der Kosten ermöglicht. Allerdings hat diese Stundung nur ein Ziel: die Rückführung der gesamten Kosten. Demzufolge kann das Gericht eine Ratenzahlung gestatten. Während dieses Ratenzahlungszeitraums verzichten die entsprechenden Kassen auf eine Zwangsvollstreckung.
Um eine schnelle Rückführung zu gewährleisten, muss der Schuldner sein Einkommen und sein Vermögen einbringen, um die gestundeten Beiträge zurückzuführen. Dazu gehören auch die Erbschaftsanteile, die nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht an den Insolvenzverwalter oder Treuhänder abgeführt werden mussten. Sind nach der Verwertung des eventuellen Vermögens noch nicht alle gestundeten Beträge zurückgeführt worden, müssen die restlichen Beträge oder auch alle Beträge aus dem Einkommen finanziert werden.
Bezüglich der Höhe der Raten verweist die Insolvenzordnung auf § 115 Abs. 1 und 2 ZPO. Bemessungsgrundlage für die monatliche Ratenhöhe ist das Einkommen. Als Einkommen gelten alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von dem ermittelten Einkommen können nach den Regelungen des § 115 Abs. 1 ZPO unterschiedliche Aufwendungen abgezogen werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um Unterhaltspflichten, Miete, Heizung und andere Beträge, soweit sie mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen sind.
Ist das monatliche Einkommen festgestellt, ist dieses auf volle Euro zu runden. Entsprechend der Regelungen des § 115 ZPO sind die Stundungsbeträge auf maximal 48 Raten aufzuteilen. Auf die Zahl der Rechtszüge kommt es nicht an.
Seit 2014 werden die Stundungsraten nicht mehr nach einer Tabelle berechnet, sondern nach dem Nettoeinkommen abzüglich Freibeträgen, Wohnkosten und besonderen Belastungen. Der sich hieraus ergebende Betrag bildet das anrechenbare Einkommen. Von dem anrechenbaren Einkommen werden grundsätzlich 50 Prozent herangezogen. Ab einem anrechenbaren Einkommen von 600 EUR beträgt die monatliche Rate 300 EUR zuzüglich aller weiteren 600 EUR übersteigenden Einkommen.
Berechnung der Stundungsrate
Peter Müller hat ein monatliches Nettoeinkommen von 2.200 EUR. Er ist verheiratet und hat ein Kind.
Berechnung:
Nettoeinkommen2.200 EURFreibeträge– Erwerbsfreibetrag (§ 115 Abs. 1 Nr. 1b ZPO)201 EUR– Freibetrag der Partei (§ 115 Abs. 1 Nr. 2a ZPO) 442 EUR– Freibetrag Ehegatte/Lebenspartner442 EUR– Freibetrag Kind257 EURWohnkosten– anrechenbare Wohnkosten450 EURErgebnisanrechenbares Einkommen408 EURRate50 % des anrechenbaren Einkommens204 EURDie Regelungen der §§ 88 und 90 SGB XII finden bei der Ermittlung der Raten entsprechende Anwendung.
Wird eine Ratenzahlung bewilligt, ist der Schuldner verpflichtet, Änderungen der Einkommens- und Vermögensverhältnisse umgehend dem Gericht anzuzeigen. Wird die Änderung, im Besonderen die positive Änderung, dem Gericht nicht angezeigt, kann dies dazu führen, dass das Gericht die Stundung nachträglich aufhebt (siehe unten). Einkommens- oder Vermögensänderungen können sich insbesondere aus folgenden Gründen ergeben:
Lohn- und Gehaltserhöhungen
Schenkungen
Erbschaften
zusätzliche Arbeitseinkommen
Anhand der neuen Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist das Gericht berechtigt, die Raten neu zu berechnen oder die Stundung insgesamt aufzuheben.
Dem Gericht sollte jede Veränderung in den Einkommens- oder Vermögensverhältnissen gemeldet werden. Besser eine Meldung zu viel als eine Meldung zu wenig.
Tritt eine Änderung der Verhältnisse beispielsweise schon während des gerichtlichen Einigungsversuchs ein und sind hier bereits Kosten gestundet, sind die Veränderungen ebenfalls dem Gericht mitzuteilen.
Das Gericht kann Änderungen nicht mehr zum Nachteil des Schuldners aussprechen, wenn seit der Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.
Eine bereits befürwortete Stundung kann auch wieder zurückgenommen werden. Allerdings setzt dies voraus, dass der Schuldner schon erheblich zur Aufhebung beiträgt. Der Gesetzgeber sieht es für ausreichend an, um eine bereits gewährte Stundung aufzuheben, wenn einer der folgenden Gründe (§ 4c InsO) gegeben ist:
Der Schuldner hat vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben über Umstände gemacht, die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Stundung maßgebend sind.
Der Schuldner hat die vom Gericht verlangten Erklärungen über seine Einkommens- oder Vermögensverhältnisse nicht abgegeben.
Die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Stundung haben nicht vorgelegen (Aufhebung nur innerhalb der vierjährigen Frist möglich; siehe oben).
Der Schuldner ist länger als drei Monate mit der Zahlung der Monatsraten oder der Zahlung eines sonstigen Betrags in Rückstand.
Der Schuldner übt keine angemessene Erwerbstätigkeit aus und bemüht sich nicht um eine solche oder lehnt eine solche ab, wodurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird (auf ein Verschulden des Schuldners kommt es nicht an).
Der Schuldner ist ohne Beschäftigung, bemüht sich nicht um eine solche oder schlägt eine zumutbare Tätigkeit aus, wodurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird (auf ein Verschulden des Schuldners kommt es nicht an).
Die Restschuldbefreiung wird versagt oder widerrufen.
Sollten sich Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse während der Ratenzahlung verschlechtern, sollten Sie sich umgehend an das Gericht wenden. Das Gericht kann dann prüfen, ob die Ratenhöhe noch angemessen ist, und passt diese den neuen Gegebenheiten an. Rückstände sollten möglichst vermieden werden.
Der Schuldner hat das Recht zur sofortigen Beschwerde, wenn die Stundung abgelehnt oder aufgehoben wird. Weiterhin kann eine sofortige Beschwerde erfolgen, wenn das Gericht die Beiordnung eines Rechtsanwalts ablehnt.
Bevor auf den nächsten Seiten das Verfahren näher erklärt wird, sind grundsätzliche Vorüberlegungen hilfreich.
Heute sind mehr als 6,85 Millionen Haushalte in Deutschland überschuldet. Dieses Wissen hilft im Moment zwar nicht weiter, soll aber zeigen, dass man sich nicht unbedingt für seine Schulden schämen muss. Leider macht es die Wirtschaft den Verbrauchern auch sehr leicht, in die Schuldenfalle zu tappen. Viele Unternehmen locken mit großzügigen Zahlungsangeboten. Ohne größere Prüfung der Liquidität wird mit Kleinkrediten nur so um sich geworfen. Hier ein paar bekannte Beispiele:
„Heute kaufen, in sechs Monaten zahlen!“
„Günstige Finanzierung ab 20 EUR monatlich.“
„Wir zahlen Höchstpreise für Ihren Gebrauchten.“
Die verlockenden offenen Angebote können schnell dafür sorgen, den Überblick zu verlieren. Darüber hinaus wartet aber auch das tägliche Leben mit kleinen Fallen. Ganz weit oben steht das Smartphone, vor allem Jugendliche sind hier besonders gefährdet.
Erste Gedanken über ein Schuldenbereinigungsverfahren sollte man sich dann machen, wenn das Einkommen nicht mehr ausreicht, um die normalen Lebenshaltungskosten und die Schulden vollständig zu decken. In den meisten Fällen verpasst man diesen Zeitpunkt. Meist will man es nicht wahrhaben, dass das Einkommen nicht mehr reicht. Aber auch die Scham, sich vor einer fremden Person als Überschuldeter zu offenbaren, verhindert eine rechtzeitige Gegenmaßnahme. Spätestens wenn die ersten Pfändungen vorliegen, sollte man sich um eine Schuldbefreiung bemühen.
Leider tummeln sich auf dem Markt der Helfer auch unseriöse Helfer. Hier lassen sich zwei Gruppen unterscheiden. Bei der einen Gruppe handelt es sich um Kreditvermittler. Wie aus der Tagespresse bekannt, bieten hier viele Kreditvermittler schnelle und unkomplizierte Bargeldzahlungen an. Dabei wird insbesondere darauf hingewiesen, dass
keine SCHUFA-Auskunft verlangt wird
die Kredite auch an Arbeitslose vergeben werden
keine Bürgen und Sicherheiten verlangt werden
Bargeld ohne vorheriges Gespräch vergeben wird
Diese Kreditangebote sollte man gleich dahin befördern, wo sie eigentlich hingehören – in den Papierkorb. Hintergrund solcher Angebote ist in der Regel nicht der Wille, mit einem Kredit zu helfen, sondern die Notlage der Schuldner auszunutzen. Das Prinzip, dass sich Schuldner an jeden Strohhalm klammern, der sie aus der Schuldnerfalle ziehen könnte, wird sich hier zunutze gemacht.
Bei solchen Kreditgeschäften geht es dem Kreditgeber nicht darum, dem Schuldner Geld zu verschaffen, sondern für seine Angebote zumeist überzogene Gebühren zu verlangen. Beispielsweise wird bereits für die Übersendung des Kreditantrags eine Gebühr verlangt. Nach der Zahlung von weiteren Gebühren, meist als Aufwendungen getarnt, wird das Kreditangebot mit fadenscheinigen Gründen zurückgenommen.
Wenn man mal genau darüber nachdenkt, kann es auch nicht anders sein. Ein Kreditinstitut wäre naiv, wenn es ohne eigene Prüfung einer Person Geld gibt, die kurz vor einer Insolvenz steht. Das Ausfallrisiko des Kredits wäre viel zu hoch.
Einen betrügerischen Kreditvermittler erkennt man nicht an seinem Aussehen. Solche Leute spielen immer den seriösen Kaufmann und versuchen so das Vertrauen zu erwerben. Unseriöse Angebote erkennen Sie insbesondere an folgenden Merkmalen:
Für Leistungen werden Vorauszahlungen verlangt.
Vor Abschluss des eigentlichen Kreditvertrags wird vorab eine Gebührenrechnung (meist pauschale Kosten) ausgestellt.
Der Kunde soll einen Beratervertrag abschließen.
Kreditgeber ist fast immer ein ausländisches Unternehmen.
Der Kreditvermittler kann zumeist nur über Handy oder teure Sondernummern erreicht werden.
Häufig behaupten die Kreditvermittler, dass die Bonität aufgebessert werden kann, indem man zusätzliche Spar- oder Versicherungsverträge abschließt. Auch hier geht es dem Vermittler nicht um das Wohl des Schuldners, sondern um die Vermittlungsprovisionen bei den entsprechenden Vertragspartnern. Selbst wenn das Angebot noch so verlockend ist: Finger weg von solchen Krediten!
Lassen Sie sich nicht auf die guten Finanzierungsvorschläge von dubiosen Kreditvermittlern ein. Spätestens, wenn es um das Thema Vorkasse geht, sollten Sie den Vermittler zur Tür bitten.
Bei der anderen Gruppe handelt es sich um die unseriösen Berater. Hier versucht man, dem Schuldner durch Beratungsangebote und vermeintliche Hilfestellungen das noch übrige Geld aus der Tasche zu ziehen. Der unseriöse Berater verlangt vom Schuldner für seine angebliche Beratungsleistung horrende Gebühren. Dabei wird dem Schuldner vorgegaukelt, dass tatsächlich etwas getan wird. Auch hier sollte man sich nicht täuschen lassen.
Eine seriöse Beratung bzw. ein seriöser Berater zeichnet sich insbesondere durch folgende Punkte aus: