Verdammt noch mal ich bring dich um - Michael Tosch - E-Book

Verdammt noch mal ich bring dich um E-Book

Michael Tosch

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Beschreibung

Ein Geldtransporter wird von fünf Männern überfallen und ausgeraubt. Bei der Fahndung nach den Räubern kommt ein Polizist ums Leben, ein Gangster wird erschossen, drei werden verhaftet und später verurteilt. Einer entkommt mit der Beute und versucht, sich eine neue Identität zu verschaffen. Er lebt zunächst in Frankfurt am Main. Nachdem er eine Frau kennenlernt und sich verliebt, zieht er mit ihr nach Rüdesheim am Rhein. Der Versuch, sich eine neue, bürgerliche Existenz aufzubauen, wird infrage gestellt, als ein aus dem Gefängnis ausgebrochener Ex-Kumpan und die Mafia sich auf die Suche nach dem geraubten Geld machen. Kriminalhauptkommissar Björn Beckmann und Kriminalkommissarin Sonja Krautmann vom K11 des Polizeipräsidiums Westhessen in Wiesbaden werden mit dem Fall betraut, als in Rüdesheim zwei Menschen ermordet werden.

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Seitenzahl: 213

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Michael Tosch

Verdammt noch mal, ich bring dich um

Rüdesheim Krimi

RheinWeinFeder ist eine Gemeinschaft, die das kreative Schaffen von Autorinnen und Autoren entlang des malerischen Rheins von Mainz/Wiesbaden bis Koblenz in den Fokus rückt. Ihr Ziel ist es, eine Plattform zu schaffen, auf der Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die außerhalb und innerhalb traditioneller Verlagsstrukturen publizieren, ihre Werke präsentieren und gemeinsam vermarkten können.

Das Netzwerk RheinWeinFeder soll literarische Vielfalt, Qualität und Besonderheit in der Region zeigen und zugleich Autoren unterstützen, fördern und verbinden. Die Initiative steht für Kreativität, Gemeinschaft und Liebe zur Literatur, eingebettet in die inspirierende Kulisse von Rheingau und Mittelrheintal.

Kontakt: www.RheinWeinFeder.de

Michael Tosch

Verdammt noch mal,

ich bring dich um

Rüdesheim Krimi

Die Personen und die Handlung des Romans sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

Impressum

Auflage

1 / 24

Texte: © 2022 Copyright by Michael Tosch

Umschlag:© 2022 Copyright by Michael Tosch

Umschlagfotos© 2020 Ruth Hermann

Verantwortlich

für den Inhalt:Michael Tosch

Gerichtsstraße 23a

65385 Rüdesheim am Rhein

[email protected]

Druck:epubli - ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Uwe, Emi. Peter und Bianka

Danke für Eure positive Unterstützung und

Starthilfe bei der Entstehung dieses Buches

April 2014 - Wie alles begann

Walter Großmann stieg in sein Fahrzeug. Es war sein dritter Arbeitstag bei topsecur als Fahrer eines Geldtransporters. Zuvor arbeitete er in dem Unternehmen bereits im Security-Bereich und gehörte über längere Zeit zur Besatzung von Geldtransportern. Er besaß inzwischen alle nötigen Zertifikate und hatte die entsprechenden Sicherheitsausbildungen erfolgreich absolviert.

Er fühlte sich sicher, mit seiner Waffe an der Hüfte, aber wirkliche Sicherheit gaben ihm seine zwei Kollegen, die mit ihm fuhren. Peter Solms saß neben ihm und im Tresorraum des Geldtransportes hockte Matthias Kroll, ‚die Gurke‘, wie er von allen, aufgrund seiner riesigen Nase genannt wurde.

Alle hatten während eines Transportes ihre speziellen Aufgaben. Wenn Geld ein- oder ausgeladen wurde, blieb Walter, als Fahrer, immer im Auto und damit auch im Funkkontakt zur Zentrale. Matthias, die Gurke, transportierte die Geldkisten und Peters Aufgabe war es, das Ganze abzusichern.

Heute hatten sie eine größere Geldsumme an Bord, mehrere Kaufhäuser im Norden des Ruhrgebietes mussten wieder mit Bargeld ausgestattet werden, welches sie über das Wochenende in Banken sicher deponiert hatten.

Die Fahrtstrecke wurde ihnen von der Zentrale in Essen vorgegeben, die aus Sicherheitsgründen die Routen auch immer wieder änderte. Heute war das Konzept so, dass sie zunächst kleinere Orte ansteuern sollten und gegen Ende erst in die größeren Orte des Ruhrgebietes fuhren.

Sie befanden sich auf einer schmalen Landstraße zwischen Gelsenkirchen und Herten und fuhren durch ein kleines Waldstück. Walter konnte nicht schnell fahren, da die Straße einige Kurven aufzuweisen hatte. Zumal bremste die Ampel einer Straßenbaustelle seinen Vorwärtsdrang. Er stoppte an der roten Ampel und sah, dass die Straße vor ihm offensichtlich einspurig wurde. Als die Ampel auf Grün schaltete, bemerkte er einen Streifenwagen der Polizei, der hinter ihm fuhr, allerdings noch 200 bis 300 Meter entfernt war. Beruhigt lenkte Walter seinen Geldtransporter durch die Baustelle, als er plötzlich ein riesiges Müllfahrzeug bemerkte, das ihm in der einspurigen Baustelle entgegenkam.

»Verdammter Idiot, fahr zurück, du bist bei Rot gefahren!«

Walter trat auf die Bremse und informierte die Zentrale topsecur über den Zwischenfall. Er bekam den Ratschlag sehr vorsichtig zu sein, doch er konnte melden, dass direkt hinter ihm die Polizei fahren würde.

Walter musste den Geldtransporter endgültig stoppen, als der entgegenkommende Müllwagen noch ungefähr 30 Meter entfernt war. Er drückte auf die Hupe und bedeutete dem Fahrer, dass der zurückfahren müsse, doch der machte keine Anstalten. Dafür sprangen plötzlich zwei maskierte Männer aus dem Führerhaus und richteten eine Maschinenpistole auf den Geldtransporter. Der zweite Gangster hatte eine Pistole in der Hand und feuerte auf die Windschutzscheibe des Transporters.

Das war es, was ich immer befürchtet hatte, dachte Walter. Der Schreck war ihm mächtig in die Glieder gefahren.

Doch er wusste, dass seine Windschutzscheibe standhalten würde und da er die Polizei hinter sich vermutete, beruhigte er sich langsam.

Er sah im Seitenspiegel, dass zwei uniformierte Polizisten aus dem Streifenwagen stiegen und mit gezogenen Waffen nach vorn gerannt kamen.

Walter wollte gerade die Sprechtaste seines Mikros drücken, um die topsecur-Zentrale über den Zwischenfall zu informieren, als Peter Solms neben ihm seine Pistole zog und sie auf Walter richtete.

»Wenn du auf die Taste drückst, bist du tot.«

Walter versagte die Stimme.

»Was, was, was machst du«, stammelte er, »bist du bescheuert?«

»Gib mir sofort deine Waffe, mit zwei Fingern. Los mach schon!«

Walter beugte sich der Gewalt und als er wahrnahm, dass die Polizisten inzwischen auch ihre Waffen auf den Geldtransporter richteten und Peter Solms kommandierte: »Mach sofort die Tür auf!«, gab er endgültig auf. Auch Matthias, die Gurke, hatte sich inzwischen die Waffe abnehmen lassen und die Seitentür zum Tresor geöffnet.

Die Gangster zwangen Walter und Matthias, den Geldtransporter zu verlassen und dirigierten sie zu dem Müllwagen. Nachdem sie die beiden auf die Vordersitze gesetzt hatten, wurden Walter und Matthias mit Klebeband an Händen und Füßen gefesselt. Peter klebte den beiden zum Abschluss jeweils einen breiten Klebestreifen über den Mund.

Inzwischen hatten die anderen drei Gangster die Kisten mit dem Geld in den Streifenwagen geladen. Peter Solms lief mit seinem Kollegen dorthin und die fünf Gangster stiegen in das Polizeifahrzeug, wendeten das Auto auf der Baustellenstraße und verschafften sich mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn den Platz zwischen drei Autos, die mittlerweile dort angekommen waren. Der Überfall hatte lediglich acht Minuten gedauert.

Einer der Autofahrer schöpfte Verdacht und verständigte mit seinem Handy die Polizei.

Im Großraum Gelsenkirchen/Recklinghausen wurde ein Großalarm der Polizei ausgelöst.

Die Gangster hatten inzwischen das Blaulicht und das Martinshorn ausgeschaltet und das Polizeifahrzeug auf einen Parkplatz in der Nähe des Schlossparks Herten gelenkt. Schnell holten sie aus einem dort abgestellten VW-Transporter mehrere große Stoffsäcke. Peter Solms, besaß sowohl die Kenntnisse, als auch die Mittel um die Geldkisten zu öffnen, ohne die Farbbomben zu zünden, die aus Sicherheitsgründen in den Kisten angebracht waren.

Sie füllten die Scheine in die Säcke und luden sie in den Transporter. Die beiden verkleideten Polizisten zogen die Uniformen aus. Es war vorher genau verabredet, was nach dem Überfall passieren sollte. Alle hielten sich an die Abmachungen. Bevor sie abfuhren, überschütteten sie den Polizeiwagen mit Benzin und zündeten ihn an.

Kalle und Martin stiegen in einen dort abgestellten Opel Ascona. Volker saß allein in einem BMW und Baxter, der eigentlich Bernd hieß, setzte sich zu Peter in den Transporter. Dann fuhren alle davon. Es war verabredet, dass Volker dem VW-Transporter in das Parkhaus Marktgarage folgen sollte. Dort wollte man das Fahrzeug für eine Nacht abstellen und Peter und Baxter sollten dann mit Volker gemeinsam wegfahren. Als Treffpunkt würde am selben Abend um 19 Uhr die Kneipe ‚Bei Günni‘, in Gelsenkirchen sein, ihre Stammkneipe.

Kalle saß am Lenkrad des Opel Ascona. Er wollte mit Martin bei Recklinghausen auf die A43 fahren. An der Auffahrt war die Polizei gerade mit einem Streifenwagen und Blaulicht angekommen. Als Kalle die Polizei bemerkte, reagierte er panisch und wendete mit quietschenden Reifen sein Fahrzeug. Das erregte sofort die Aufmerksamkeit der Polizei und eine Verfolgungsjagd startete. Nach ca. 5 Kilometern, kurz hinter der Zeche Schlägel & Eisen, wurde der Opel-Ascona gestellt. Kalle zog augenblicklich seine Pistole und feuerte auf die Polizisten, die das Feuer erwiderten. Einer der Polizisten wurde von einer Kugel getroffen, fiel auf die Straße und starb noch vor Ort. Als Kalle aus dem Auto springen wollte, wurde er von einer Kugel in die Brust getroffen. Kalle erlitt eine schwere Verletzung und verstarb später im Krankenhaus. Martin ergab sich den Polizisten und wurde von ihnen entwaffnet und verhaftet.

Peter fuhr den Transporter in Richtung Parkhaus Marktgarage. Im Rückspiegel konnte er sehen, wie Volker an einer Ampel, durch die er gerade noch bei Grün fahren konnte, stehen bleiben musste. Im Vertrauen darauf, dass Volker das Parkhaus kennen würde, fuhr Peter weiter.

Als Peter sich dem Parkhaus näherten, entdeckte er einen Streifenwagen der Polizei. Die Polizisten stellten ihr Fahrzeug vor die Zufahrt zum Parkhaus, so, dass sie die einfahrenden Autos beobachten konnten. Geistesgegenwärtig fuhr er am Parkhaus vorbei. Jetzt musste schnell eine andere Lösung gefunden werden.

Peter rief zu dem neben ihm sitzenden Baxter:

»Wir ändern den Plan, es ist jetzt zu gefährlich zu zweit oder zu mehreren unterwegs zu sein, geh allein zurück, fahr mit der Straßenbahn nach Gelsenkirchen. Der Treffpunkt heute Abend bei ‚Günni‘ bleibt. Ich komme natürlich dahin und verstecke unseren Transporter inzwischen irgendwo. Beeil dich, lass dich nicht von den Bullen erwischen!«

Baxter stieg aus dem Transporter und ging zu Fuß zurück. Da entdeckte er, dass Volker auf der anderen Straßenseite zur Parkhauseinfahrt stand und nicht genau wusste, was er jetzt machen solle.

Im selben Moment sah Volker den Baxter, der auf ihn zuging. Volker, der nicht ahnte, dass Baxter ihn bereits entdeckt hatte, betätigte die Hupe des BMWs und winkte. Die Polizei wurde sofort auf sein Fahrzeug aufmerksam.

Als Baxter den BMW von Volker erreichte, waren sie beide plötzlich von mehreren Beamten umringt. Baxter zog seine Waffe, doch bevor er auch nur einen Schuss abfeuern konnte, traf ihn der Schuss eines der Polizisten. Baxter brach zusammen und wurde letztlich von einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Volker wurde verhaftet.

Schon am Nachmittag konnte Peter in den Nachrichten von den Ereignissen hören. Er erfuhr, dass ein Polizist und einer der Täter erschossen, ein zweiter Mann mit einer schweren Schussverletzung im Krankenhaus liegen würde und zwei andere von der Polizei verhaftet und verhört wurden. Ein fünfter Mann sei auf der Flucht, werde noch gesucht und die Beute des Überfalls habe man noch nicht gefunden.

Wer von seinen Kumpanen jetzt tot, verletzt oder verhaftet war, erfuhr er in den Nachrichten nicht. Wer der fünfte Mann und wo die verschwundene Beute war, das wusste er nur zu gut.

Wenn er bei Günni auftauchen würde, wäre er dort ganz allein. Peter beschloss, jetzt nicht mehr in seine Wohnung zu fahren. Er hatte alle wichtigen Ausweise bei sich, genügend Geld besaß er auch und in einer Beziehung lebte er nicht. Da er befürchtete, dass einer der Verhafteten seine Klappe nicht halten würde, wäre das Beste, einfach davonzufahren. Zuvor wollte er sich allerdings ein anderes Fahrzeug beschaffen.

Peter fuhr auf den Parkplatz eines Einkaufszentrums. Er holte sein Handy aus der Tasche und rief einen alten Kumpel an.

»Hallo Stange, hier ist Peter. Ich benötige deine Hilfe.«

»Was kann ich für dich tun? Du hast ja bei mir noch einen gut.«

»Du hast doch immer ein paar Autos an der Hand. Ich benötige einen fahrbaren Untersatz, kann ruhig eine alte Schleuder sein. Hauptsache, die Karre hält noch ein paar Monate. Fällt dir dazu etwas ein?«

»Das könnte gut sein, dass das klappt. Ich denke, ich kann dir helfen. Ich muss nur noch ein paar Telefonate führen. Wie kann ich dich erreichen?«

»Nein, wir machen das so, ich gehe jetzt eine Kleinigkeit essen und rufe dich in einer Stunde an, hast du bis dahin die Sache geklärt?«

»Da bin ich sicher, ruf mich an. Ich bin da.«

Er wusste genau, auf Stange konnte er sich verlassen. Langsam entspannte sich Peter. Er spürte, dass er wieder halbwegs klar denken konnte.

Peter lenkte sein Fahrzeug auf die A2, die später in die A3 überging und erreichte nach einer Stunde Köln. Köln war eine seiner Lieblingsstädte. Weniger von der architektonischen Seite. Köln ist eine hässliche Stadt mit Dom. Das, was er an Köln liebte, waren die Menschen, die Lieder über Köln und die entsprechenden Musikgruppen. Er war überzeugt, dass man Köln am besten in einer der unzähligen Kölschkneipen kennenlernen kann. Und das hatte er schon als junger Mann ausgiebig ausprobiert, denn wenn er Bier trank, dann eben Kölsch.

Von unterwegs hatte er sich ein Hotelzimmer gebucht. Im Mercure Hotel Severinshof Koeln City fuhr er in das Parkhaus, holte sich an der Rezeption den Zimmerschlüssel und ging auf das Zimmer.

Von dort aus rief er erneut bei Stange an und sagte:

»Sorry, mein Freund, es ist ein wenig später geworden. Wie sieht es aus? Hast du etwas für mich?«

»Ich denke, ich habe eine gute Lösung für dich. Ich habe einen Volkswagen Passat Kombi, Baujahr 2008 für dich. Er steht für dich bereit.«

»Wie hast du das gemacht?«

»Reiner Zufall, ich wusste, dass meine Schwägerin die Absicht hat, ihr Auto zu verkaufen. Sie hat geplant, sich ein neues Auto zuzulegen, ein BMW-Cabrio. Der Passat hat noch zwei Jahre TÜV.«

»Was soll er denn kosten?«

»Sie will noch 12.000 für ihn.«

»Ich bin unter folgender Bedingung einverstanden. Das Auto bleibt noch für sechs Monate auf deine Schwägerin zugelassen und versichert.«

»Einverstanden Peter, wenn du das zusagst, verlasse ich mich darauf.«

»Kann ich das Auto heute noch bekommen?«

»Ja, klar, ich sagte doch, der Wagen steht für dich bereit.«

»Ich bin in einer halben Stunde bei dir und hole das Auto ab. O. K.?«

»Alles klar. Komm her.«

Peter ging rüber ins Parkhaus und kletterte auf die Ladefläche. Aus einem der Geldsäcke nahm er 15.000 Euro heraus, verschloss das Fahrzeug wieder und fuhr mit einer Taxe nach Köln-Nippes.

Ungefähr 500 Meter vor Stanges Wohnung stieg er aus der Taxe und ging das letzte Stück zu Fuß.

Der Handel mit Stange war schnell abgeschlossen. Als Peter seinem Kumpel 15.000 Euro in die Hand drückte, fragte der:

»Wieso gibst du mir 15.000?«

»Weil du mein Kumpel bist und mir geholfen hast, ohne groß zu fragen.«

»Ich frage jetzt nicht, aber ich ahne was.«

»Was ahnst du denn?«, wollte Peter wissen.

»Ich habe vorhin in den Nachrichten von dem Überfall auf eine Geldkutsche im Ruhrgebiet gehört. Warst du das?«

»Ich? Überfall auf einen Geldtransporter? Nein, war ich nicht, außerdem komme ich gerade aus Aachen.«

Peter verabschiedete sich von Stange, der sich nochmals für das Geld bedankte. Dann setzte er sich in sein neu erworbenes Auto und fuhr zurück in das Parkhaus seines Hotels und parkte neben dem VW-Transporter. Er musste einen Augenblick warten, weil mehrere Personen im Parkhaus standen und neben ihren Autos quatschten. Als die Luft rein war, lud er die Geldsäcke in den Passat und versteckte sie unter der Abdeckung der Ladefläche. Als er fertig war, verschloss er den Transporter, nachdem er seine Fingerabdrücke auf dem Lenkrad und im Führerhaus abgewischt hatte. Dann fuhr er seinen Passat zwei Etagen tiefer und parkte ihn mit der Hecktür an der Wand des Parkhauses. Er verließ das Parkhaus und schlenderte in Richtung Rheinufer. Er ging ein Stück am Rhein spazieren und in einem unbeobachteten Moment warf er den Schlüssel des Transporters in den Rhein.

Fast täglich grübelte Peter Solms darüber nach, wie er sich eine neue Identität beschaffen könne. Um nicht entdeckt zu werden, kaufte er sich unmittelbar nach dem Raub des Geldes ein neues Mobiltelefon, ein iPhone 4 sowie eine Prepaid-SIM-Karte. Jetzt konnte er unentdeckt telefonieren.

Ihm war klar, dass er in einer Großstadt besser unerkannt bleiben würde, als in einem kleinen Kaff, wo jeder jeden kennt. Also fuhr er in Richtung Frankfurt am Main und nistete sich in einem Hotel ein. Er trug sich dort unter falschem Namen ein und gab an, Verkaufsleiter einer Pharmafirma zu sein. Die Unterkunft wechselte er alle zwei bis drei Wochen, um nicht aufzufallen und suchte sich immer Hotels mit eigener Tiefgarage oder Parkhaus. Hier, glaubte er, könne er seinen Passat relativ sicher abstellen, denn auf der Ladefläche hielt er immer noch die drei Geldsäcke versteckt. Er traute sich nicht, das Geld auf ein Bankkonto zu deponieren, denn er war sich nicht sicher, ob die Scheine vorher registriert worden waren.

Er las täglich eine regionale Tageszeitung und studierte die Wohnungsanzeigen. Vier Wohnungen hatte er schon besichtigt, aber sie gefielen ihm nicht. Schließlich fand er ein Angebot in der Straße ‚Kleiner Hirschgraben‘, mitten in der Innenstadt. Es war eine Zweizimmerwohnung, die von einer älteren Dame vermietet wurde. Sein Auto konnte er im Hof des Gebäudes parken und da er auch einen abschließbaren Keller besaß, war es ihm möglich, die Geldsäcke endlich aus dem Auto zu holen und im zu Keller verstecken.

Als Nächstes besorgte er sich über das Darknet einen neuen Personalausweis. Das kostete nur 500 Euro. Er prüfte den Ausweis und konnte keinen Fehler entdecken.

Mit den neuen Papieren ausgerüstet, kaufte er sich bei einem Händler einen gebrauchten Audi A4 und gab sein altes Auto in Zahlung. Wie versprochen, meldete er den Volkswagen Passat bei der Versicherung und bei der Zulassungsstelle ab.

Er fühlte sich immer sicherer, zumal er jetzt zum ersten Mal in Ruhe seine Beute zählen konnte. 4.885.000 Euro. Das konnte er nicht begreifen, da die Zeitungen immer nur von 1,5 Millionen berichteten. Warum wurde nicht die richtige Geldsumme genannt? War das eine polizeiliche Taktik? Hatte die Firma topsecur falsche Angaben gemacht?

Im Laufe der Zeit wurden die Berichte über den Überfall auf den Geldtransporter immer spärlicher. Nur die BILD-Zeitung spekulierte immer mal wieder und schob zuletzt den Raub der Bader-Meinhof-Bande in die Schuhe. Peter Solms konnte das alles nur recht sein.

Einen Teil seiner Beute, 100.000 Euro, hatte er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Luxemburg gebracht, dort übernachtet und am nächsten Morgen ein Konto eröffnet. Die Einzahlung stellte kein Problem dar, da die Banken im Fürstentum offensichtlich mit Transaktionen dieser Größenordnung vertraut schienen.

Jetzt konnte er auch mit der Kreditkarte, die er dort erhielt, problemlos einkaufen und die monatliche Überweisung seiner Miete, war jetzt auch möglich.

Peter Solms fühlte sich allerdings immer noch etwas unsicher mit seinem gefälschten Personalausweis. Falls dieser mal von der Polizei verlangt würde, so befürchtete er, könnte die Fälschung eventuell entdeckt werden.

Er beschloss, weiter sehr vorsichtig zu sein. Nur so könnte er unentdeckt bleiben.

Oktober 2015 - Eine neue Identität

Vor dem Landgericht Essen fand der Prozess gegen die drei Männer statt, die den Geldtransporter in der Nähe von Herten in NRW verübt hatten. Nach mehrwöchiger Verhandlung wurden im Oktober die Urteile gesprochen. Bernd Willem, genannt Baxter, der durch einen Schuss aus der Pistole eines Polizisten schwer verletzt wurde und dem als Folge das rechte Bein steif blieb, wurde zu acht Jahren und sechs Monaten Haft wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Er wurde als einer der Planer des Überfalls am härtesten bestraft. Seine Kollegen Volker Schumann und Martin Elbers bekamen jeweils sieben Jahren Haft. Das Gericht bewertete besonders, dass alle drei bewaffnet waren und ein Polizist getötet wurde.

Martin Elbers hatte sich in der Untersuchungshaft eine Viruserkrankung zugezogen und war an vielen Verhandlungstagen nicht anwesend. Ein Jahr später verstarb Elbers an seiner Krankheit.

Peter konnte sich immer noch nicht erklären, warum, auch im Prozess, die geraubte Summe mit 1,5 Millionen Euro beziffert wurde. Tatsächlich hatte, auch mehrmaliges Nachzählen, den Betrag von ca. 5 Millionen Euro ergeben. Was war wohl der Grund für diese Diskrepanz?

Peter Solms erfuhr auch, dass nach ihm gefahndet wurde, daher dachte er ständig darüber nach, wie er sich eine neue Identität beschaffen könnte. Sein falscher Personalausweis war ihm nicht sicher genug.

In der Nähe seiner Wohnung, an der Kleinmarkthalle in Frankfurt am Main entdeckte er einen Obdachlosen, der ihm in Größe und Statur ziemlich ähnlich war. Auch das Alter des Mannes entsprach vermutlich seinem eigenen Alter. Er sprach ihn an und lud ihn zu einem Bier ein. Der Mann ließ sich nicht zweimal bitten und sie kamen ins Gespräch. Er fragte ihn nach seinem Namen. Der Mann antwortete:

»Ich werde von allen ‚Hölle‘ genannt.«

»Hölle ist aber ein seltsamer Name, heißt du wirklich so?«

»Nein, wer heißt schon so. Das ist mein Spitzname. Der kommt daher, weil ich ein großer Fan von dem Sänger Wolfgang Petry bin. Der hat doch den Song ‚Wahnsinn‘, und den habe ich schon immer gern gesungen. Dann haben mich meine Kumpels halt sogenannt.«

»Und wie heißt du wirklich?«

»Ich heiße Hölle, also eigentlich Norbert, aber so nennt mich kein Mensch. Aber sag mal, ich habe Hunger, kannst du mir eine Bratwurst kaufen?«

»Komm mit«, sagte Peter und ging mit ihm in die Kleinmarkthalle hinein. Das Angebot an Essen und Trinken ist gewaltig dort. In der ersten Etage gab es sogar ein Restaurant, in dem die beiden Platz nahmen und Hölle bestellte sich nicht die gewünschte Bratwurst. Als er die Speisenauswahl sah, entschied er sich für eine Schweinshaxe mit Kartoffelpüree und Sauerkraut. Auch ein Bier ließ er sich schmecken. Peters Plan schien aufzugehen, Hölle hatte Vertrauen zu ihm gefasst.

Peter schlug vor:

»Wenn du Lust hast, können wir das morgen Mittag wiederholen. Möchtest du?«

Hölle stimmte zu, bedankte sich und sie verabredeten sich für den Folgetag.

Am nächsten Tag wartete Hölle schon vor dem Eingang der Kleinmarkthalle und sagte zu Peter:

»Das war gestern doch zu viel. Mir war nach der Riesenportion ziemlich übel. Heute würde ich gern etwas weniger essen.«

»Das ist doch kein Problem, schau mal da vorn.«

Peter zeigte auf einen Verkaufsstand einer Metzgerei.

»Komm, such dir bitte etwas aus.«

Hölle bestellte sich eine Frikadelle mit Frankfurter grüner Soße und Bratkartoffeln. Natürlich auch noch ein Bier. Peter begnügte sich mit einer Rindswurst und beobachtete seinen Gast. Als der sein Mahl beendete und sich den Mund abwischte, sprach Peter ihn an:

»Komm bitte mal mit, ich möchte mit dir etwas bereden.«

Sie gingen in eine Ecke der Kleinmarkthalle, in der sich nur wenige Kunden aufhielten.

»Sag mal Hölle, wir beide haben ein Problem. Du brauchst Geld und ich einen neuen Personalausweis. Wenn wir uns zusammentun, haben wir beide unsere Probleme gelöst. Was hältst du davon?«

Hölle schaute etwas irritiert und fragte:

»Wie meinst du das? Ich weiß nicht, was du willst.«

»Ganz einfach. Verkauf mir deinen Personalausweis. Ich kann den gebrauchen und du bekommst Geld und kannst dir selbst was zum Essen kaufen, was hältst du von meinem Vorschlag?«

Hölle überlegte ein paar Sekunden und sagte dann:

»Das wird aber teuer für dich.«

»Was willst du haben?«

»Das kostet dich einen Riesen, also einen Tausender.«

»Was hältst du davon, wenn ich dir sogar eintausendfünfhundert gebe?«

Hölle fiel aus allen Wolken:

»Damit habe ich nicht gerechnet. Na klar mache ich das.«

»Komm mit«, sagte Peter, »den Deal machen wir draußen, nicht hier vor so vielen Augen.«

Die beiden verließen die Kleinmarkthalle und setzten sich auf eine Bank.

Hölle zog seine Papiere aus der Hosentasche. Er hatte sie in einer Plastikhülle geschützt, sodass der Personalausweis in einem sehr guten Zustand war.

Peter schaute sich den Ausweis genau an. Hölle hieß mit vollem Namen Norbert Struwe und war am 12.06.1979 geboren. Peter war begeistert, der Altersunterschied betrug gerade mal acht Monate, er selbst war am 20.02.1980 geboren. Auf dem Passfoto trug Hölle einen Vollbart. Peter war zwar glattrasiert, aber er beschloss, sich ab sofort einen Bart wachsen zu lassen, der Unterschied zum Passbild wäre dann nicht mehr so groß.

Peter zog fünfzehn Hundert-Euro-Scheine aus der Tasche und drückte sie Hölle in die Hand. Der war völlig aus dem Häuschen, schaute sich mehrfach um und als er sich unbeobachtet glaubte, verstaute er die Scheine in seiner Hosentasche, die er mit einem Reißverschluss sichern konnte.

Sie verabschiedeten sich und Peter ging in seine Wohnung, um weiter zu planen, denn er wollte mehr.

Die jetzige Situation war für Peter immer noch ein Provisorium. Er besaß jetzt drei Personalausweise. Den Originalen mit seinem richtigen Namen, den gefälschten, den er sich im Darknet besorgt hatte. In dem Ausweis war der Name Frank Kuhlmann eingetragen, aber das Foto stimmte. Der dritte Ausweis war der von Hölle, das war ein echter Ausweis. Ihn beschäftigte der Gedanke, was wohl passieren würde, wenn Hölle von der Polizei kontrolliert würde und die feststellten, dass Hölle keinen Ausweis hat oder der sogar erzählen würde, dass er seinen Personalausweis verkauft hätte.

Eine andere Lösung musste her.

Anfang 2016 - Golden Passport

Peter hatte Geburtstag, heute wurde er 36 Jahre alt. Bei seinen Überlegungen hatte er eine Lösung entdeckt, die ihn zufriedenstellen könnte. Eine fremde Staatsangehörigkeit, wäre ideal. Und er hatte im Internet diverse Anregungen gefunden. Davon hatte Peter noch nie etwas gehört. Es war möglich, gegen Zahlung einer feststehenden Geldsumme, eine fremde Staatsangehörigkeit zu erwerben.

Es war so einfach. Im Internet waren alle Informationen zu bekommen und Peter erfuhr, der kostengünstigste Weg, wäre es, die Staatsbürgerschaft einer Karibikinsel zu erlangen.

Dort in der Karibik gab es eine Insel mit dem Namen St. Lucia. Diese Insel ist Mitglied im Commonwealth of Nations. Die Insel gehört also zu Großbritannien, dachte er. Und mit diesem Pass konnte er in ca. 150 Länder dieser Welt ohne Visum einreisen und sich dort aufhalten.

Er musste nur etwas Geld locker machen. Voraussetzung war eine finanzielle Spende in Höhe von 100.000 US-Dollar, an den dortigen Nationalen Wirtschaftsfonds. Danach bekäme man in kurzer Zeit, nach drei bis vier Monaten, die Staatsangehörigkeit und einen Pass von Saint Lucia. Er beschloss, sich über das Thema, direkt mit der Botschaft von St. Lucia in Berlin zu unterhalten. Er vereinbarte telefonisch einen Termin und flog mit dem Personalausweis von Hölle nach Berlin.

Die Botschaft befand sich in der Wilhelmstraße 70/71. Als er dort ankam, entdeckte er, dass es sich um die Britische Botschaft handelte, die natürlich auch für alle Länder des Commonwealth zuständig war.

In dem Gespräch erfuhr er, dass der ganze Prozess auch von Agenturen übernommen wird. Man musste bei der Agentur die Anträge in englischer Sprache ausfüllen, eine Vorgebühr zahlen und dann bekäme man nach einiger Zeit der Überprüfung, die Aufforderung, 100.000 US-Dollar der Agentur zu überweisen. Die würde dann alles Weitere veranlassen. Für den Pass, den man dann nach Abschluss des Prozesses bekäme, würde noch einmal eine Bearbeitungsgebühr von ungefähr 2.000 USD fällig. Die Agentur verlange dann für das ganze Verfahren eine Gebühr von 30.000 USD. Zum Abschluss gab ihm der Botschaftsmitarbeiter eine Liste von fünf Agenturen mit, an die Peter sich wenden könne.

Peter flog wieder heim und hatte während des Fluges Zeit und Muße, das Ganze zu überdenken.