Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Die Rechtsanwältin Charlotte lernt nach einer gescheiterten Ehe einen neuen Mann kennen. Adrian Wagner ist äußerst charmant und verwöhnt sie sehr. Charlotte verliebt sich in ihn. Der Schlagersänger Lenny Hill bietet jungen Damen Castings und Probeaufnahmen an und verspricht ihnen, sie als Sängerin groß herauszubringen. Zufällig bekommt er Teile eines ominösen Gespräches mit, dass Adrian mit seinem Chauffeur führt. Er versucht daraus Kapital zu schlagen und erzählt Charlotte davon, um ihr näherzukommen. Adrian verkauft in Charlottes Auftrag ihr Haus in Rüdesheim. Als der Käufer das Objekt übernehmen will, entdeckt er darin eine Leiche. Die Kommissare Björn Beckmann und Sonja Krautmann vom K11 aus Wiesbaden übernehmen die Ermittlungen. Welche Rolle spielt dabei Charlottes Freundin Barbara? Warum taucht Adrian nicht zum vereinbarten Termin bei Charlotte auf? Wie tief ist ein Rüdesheimer Gastwirt in den Fall verstrickt? Wer hat versucht, Lenny Hill mit einem Auto anzufahren und zu töten? Am Ende schaffen es Björn und Sonja, die Fragen zu klären und die Schuldigen zu ermitteln.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 180
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Michael Tosch
Der Mörder hat dich schon im Blick
Rüdesheim Krimi
Die Personen und die Handlung des Romans sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Impressum
Auflage
2 / 24
Texte: © 2024 Copyright by Michael Tosch
Umschlag:© 2024 Copyright by Michael Tosch
Umschlagfotos© 2024 Michael Tosch
Rückseite© 2024 Michael Tosch
Verantwortlich
für den Inhalt:Michael Tosch
Gerichtsstraße 23a
65385 Rüdesheim am Rhein
Druck:epubli - ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
Rettet die Erde! Sie ist der einzige Planet mit Wein!
Inhalt
Der Mörder hat dich schon im Blick
Prolog
Lenny Hill
Charlotte Bruns
Sandrock ist krank
Dating mit Erfolg
Lenny meets Charlotte
Die Einladung
Die Überraschung
In der Jakobusklause
Lenny wills wissen
Adrian und sein Chauffeur
Der Kauf der Villa
Trautes Heim, Glück allein
Der Fund
Hotel Rheinblick
Erkenntnisse der Rechtsmedizin und der Ermittler
Das Notaranderkonto
Spaghettieis
Verdachtsmomente
Lenny meldet sich
Charlottes Kampf
Jakobusklause
Charlottes Problem
Mordkommission
Aufgewacht
Charlottes Handy
Im Keller
Wo ist das Handy?
Charlottes Idee
Spur des Entführers
In der NASPA
Absprachen
Mordversuch?
Die Falle
Die Vernehmung
Im Krankenhaus
Personen im Roman
Beate Horch wollte nach Hause. Sie kam aus ihrem Büro in Geisenheim und wohnte in der Oberstraße in Rüdesheim. Während der Arbeit gab es Ärger mit einem Kollegen. Sie dachte über den Streit nach und war ziemlich sauer auf den Idioten. Als sie an der Esso-Tankstelle vorbeifuhr, ärgerte sie sich über die hohen Spritpreise. Unter der Eisenbahnbrücke beschloss sie, ihren Ärger einzustellen und sich lieber auf den Feierabend mit ihrem Mann Klaus zu freuen. Gerade überlegte sie, ob sie ein einfaches Abendessen zubereiten solle, als es fürchterlich krachte. Aus der Kaiserstraße war ein blauer BMW abgebogen und hatte ihr die Vorfahrt genommen. Sie hatte keine Chance auszuweichen und fuhr ihm direkt in die Seitentür.
Ihr Airbag im Auto löste sofort aus und sie wurde in ihre Sicherheitsgurte gedrückt. Der aufgeblasene Airbag versperrte ihr die Sicht und gleichzeitig spürte sie starke Schmerzen im Oberkörper. Sie versuchte, ihren Sicherheitsgurt zu lösen, was ihr nur sehr mühsam gelang. Als sie wieder auf der Straße stand, merkte sie, dass sie zusammensackte und sich kaum auf den Beinen halten konnte. Jetzt erst wurde sie sich der Situation bewusst, tausende Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Sie fing an zu weinen und rief mehrfach den Namen ihres Mannes Klaus.
Innerhalb von Minuten war die Kreuzung voll von Gaffern, doch zwei Männer versuchten Beate, die inzwischen ohnmächtig auf die Straße gesackt war, in eine angenehme Lage zu betten.
Der BMW-Fahrer versuchte sich aus seinem Fahrzeug zu befreien, doch die Fahrertür war durch den Aufprall eingebeult und verzogen. Sie konnte nicht geöffnet werden. Offensichtlich hatte sich auch die Führung seines Sicherheitsgurtes verklemmt, und er konnte den Gurt nicht öffnen. Als er merkte, dass er seinen schwerbeschädigten BMW nicht öffnen konnte und keine Chance hatte, sein Fahrzeug zu verlassen, wurde er wütend. Einen Passanten, der ihm lediglich helfen wollte, brüllte er an.
»Du Blödmann, hau bloß ab. Lass mich in Ruhe.«
Der Passant ließ sich jedoch nicht abschrecken, ging um den BMW herum und versuchte es von der unbeschädigten Beifahrerseite aus.
Irgendjemand aus der Schar der Gaffer hatte die Polizei verständigt und die kam mit Blaulicht und Martinshorn auf die Kreuzung. Die Beamten stiegen aus ihrem Bus aus und sahen Beate am Boden liegen. Beate war inzwischen wieder bei Bewusstsein und versuchte sich aufzurichten, doch die Schmerzen ließen sie stöhnen und sie legte sich zurück auf den Asphalt. Jemand hatte von ihrem Rücksitz ein Kissen genommen und es unter ihren Kopf geschoben.
»Bitte bleiben Sie ganz ruhig liegen, der Arzt wird sofort eintreffen«, der Beamte sprach beruhigend auf die Frau ein, die sichtlich Schmerzen hatte.
In diesem Moment war auch das Signal eines Rettungswagens zu hören. Das Fahrzeug hielt direkt neben dem Bus der Polizei. Zwei Rettungssanitäter stiegen aus und versorgten die am Boden liegende Beate.
Die Polizei hatte sich inzwischen um den BMW-Fahrer gekümmert, der aber versicherte, nicht verletzt zu sein und keine Schmerzen zu haben. Er bekäme nur die Tür seines Autos nicht auf, erklärte er.
»Wir haben die Feuerwehr gerufen, die wird sie aus ihrem Auto befreien«, teilte ihm ein Polizist mit.
»Ist denn wirklich kein starker Mann hier, der die Scheißtür aufmachen kann. Solch eine Scheiße«, brüllte der Mann erneut durch die Gegend.
»Am besten ist es, wenn Sie ganz ruhig bleiben. Wir werden Ihnen sofort helfen«, erklärte der Polizist. Doch der BMW-Fahrer brummelte etwas Unverständliches vor sich hin.
Wenig später war auch der Notarzt eingetroffen, kümmerte sich um die verletzte Frau und unterhielt sich dann mit den Rettungssanitätern.
»Die Frau hat sich offensichtlich ein paar Rippen gebrochen. Wir bringen sie ins Krankenhaus, sie muss geröntgt werden. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie innere Verletzungen hat.«
Die Rettungssanitäter luden Beate auf eine fahrbare Trage und schoben sie dann in den Rettungswagen. Zum Glück war sie mittlerweile voll ansprechbar und hatte sich in ihr Schicksal gefügt.
»Beate, Beate«, rief plötzlich ein Mann, der angerannt kam, »wo ist meine Frau?«
Jemand hatte die Verletzte offensichtlich erkannt und den Ehemann verständigt. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Arzt und den Sanitätern stieg er zu seiner Frau in den RTW, der sich langsam in Richtung Krankenhaus in Bewegung setzte.
»Die Daten der Frau habe ich«, sagte ein Polizist zum anderen, »sie gab mir die Erlaubnis, ihre Papiere aus ihrer Handtasche zu nehmen. Wir schließen jetzt ihren Toyota und lassen ihn abschleppen.«
Als der Abschleppwagen kam und den Toyota auflud, traf auch endlich die Feuerwehr ein.
»Sorry, aber wir hatten noch einen Einsatz in Oestrich, dadurch konnten wir erst jetzt hier sein.«
Einer der Polizisten hatte sich permanent mit dem immer noch festsitzenden BMW-Fahrer unterhalten, der sich inzwischen beruhigt hatte und ganz umgänglich wirkte.
Es dauerte genau 45 Sekunden, bis die Feuerwehr den BMW geöffnet hatte. Der Fahrer kletterte aus seinem Unfallwagen und bewegte prüfend seine Gliedmaßen.
»Alles in Ordnung?«, fragte der Polizist.
Der BMW-Fahrer nickte.
»Kommen Sie bitte mit, wir müssen den Unfall aufnehmen.«
Er ging voran und der BMW-Fahrer folgte ihm zögernd.
»Kommen Sie bitte«, forderte der Polizist auf und beide stiegen in den Bus.
»Mein Name ist Gernot Wollling«, stellte sich der Polizist vor, »ich hätte gern Ihre Papiere. Bitte geben Sie mir Ihren Führerschein und den Fahrzeugschein.«
»Meinen Führerschein habe ich nicht bei mir, tut mir leid.«
»Dann geben Sie mir Ihren Ausweis oder ein anderes Dokument, das Sie bei sich haben.«
»Ich habe gar keine Papiere dabei.«
»Dann geben Sie mir bitte Ihren Namen, ich schreibe Ihre Daten auf.«
»Ich heiße Karl Bronner, Bronner mit zwei N«, sagte der Fahrer des BMWs.
»Ich benötige noch Ihre Adresse, wo wohnen Sie?«
»In der Hugo-Asbach-Str. 112 in Rüdesheim.«
Gernot Wollling hatte sich alles notiert.
»Was ist mit den Fahrzeugpapieren?«
»Die habe ich. Hier ist der Fahrzeugschein«, sagte der Mann und reichte das Dokument dem Polizisten.
»Ist das Ihr Fahrzeug? Ach nein, das kann nicht sein. Hier steht der Name einer Frau. Karin Schuler. Wer ist das?«
»Das ist meine Freundin, die hat mir das Auto geliehen.«
»Ich lese hier die Adresse. Da steht Paulstraße 35 in Rüdesheim. Stimmt die Adresse?«
»Ja, die stimmt, da wohnt meine Freundin.«
»Herr Bronner, Sie haben die Vorfahrt nicht beachtet, Sie sind damit an diesem Unfall schuld. Stimmen Sie mir zu?«
»Ich gebe alles zu. Wie viel muss ich zahlen? Das kann ja nicht so teuer werden. Geben Sie mir den Knollen und gut ist.«
»So einfach ist es nicht. Sie haben einen Unfall verschuldet, bei dem ein Mensch verletzt wurde. Das ist mit einer gebührenpflichtigen Verwarnung nicht abgetan. Wir müssen eine Anzeige erstatten und die Strafe wird von einem Gericht verhängt.«
»Muss das denn sein? Okay, ich habe die Vorfahrt missachtet. Aber kann es nicht sein, dass die Frau viel zu schnell fuhr? Dann hätte die doch Schuld an dem Unfall.«
»Herr Bronner, wir haben Zeugen, die aussagen, dass der Einzige, der zu schnell fuhr, Sie waren. Und das können Sie mir glauben, wenn die Frau, sagen wir, mit mehr als 50 km/h unterwegs gewesen wäre, würde ich mich jetzt mit einer Leiche unterhalten. Sie wären nämlich tot. So wie Ihnen die Frau in die Seite gefahren ist, das hätten Sie nicht überlebt.«
Karl Bronner sah ein, dass er keine Chance hatte, um die Anzeige herumzukommen. Er wollte einfach weg und fragte, ob er jetzt gehen könne. Nachdem der Polizist zugestimmt hatte, verließ er den Bus und konnte gerade noch sehen, wie sein BMW auf einen Transporter verladen wurde.
Karl Bronner war stinksauer, hatte aber nur einen Wunsch, endlich weg.
Die Gaffer hatten inzwischen die Unfallstelle verlassen, es gab nichts mehr zu sehen. Die Feuerwehr hatte die Unfallspuren auf der Kreuzung beseitigt, und die beiden Beamten fuhren zurück zur Polizeistation.
»Ich habe jetzt Feierabend«, sagte der Kollege zu Gernot Wollling, »wünsche dir noch einen ruhigen Dienst.«
Gernot Wolling begrüßte seine Kollegin, die gerade erst ihren Dienst angetreten hatte.
»Hallo Chris, schön dich zu sehen. Alles okay bei dir?«
Christine Reiter war Polizeioberkommissarin und verrichtete jetzt seit zwei Jahren ihren Dienst in Rüdesheim.
»Mir geht es gut, danke der Nachfrage. Hast du noch lange Dienst heute? Eigentlich hättest du doch auch Feierabend. Was hast du jetzt als Nächstes noch zu tun?«
»Ich bin heute erst später gekommen und mache noch drei Stunden Dienst und werde jetzt erst einmal die Daten des Unfalls aufnehmen, von dem ich gerade komme.«
Und Gernot machte sich an die administrativen Aufgaben heran.
»Chris, bitte komm einmal her«, rief er plötzlich zu seiner Kollegin hinüber.
Chris stand auf und lief um drei verwaiste Schreibtische herum zu ihrem Kollegen hinüber.
»Was kann ich für dich tun?«, fragte sie.
»Schau dir das mal an. Der Fahrer des BMWs, dieser Unfallverursacher, hat mir seine Daten angegeben, hatte aber weder Ausweis noch Führerschein bei sich. Ich wollte seine Daten gerade erfassen, da stellt sich heraus, sein Name und die Adresse, die er angab, können nicht stimmen.«
Christine schaute über seine Schulter und las die angegebene Adresse.
»Was stimmt nicht mit der Straße?«, fragte sie.
»In der Hugo-Asbach-Straße gibt es keine Hausnummer 112. So lang ist die Straße gar nicht. Und dann hier der Name Karl Bronner, den gibt es nicht in Rüdesheim. Der Drecksack hat mich gelinkt und ich habe ihm einfach geglaubt. Wahrscheinlich hatte ich Mitleid und war deshalb so gutgläubig. Was machen wir jetzt?«
»Nur die Ruhe«, meinte Chris, »was ist mit den Daten des Fahrzeugscheins?«
»Die scheinen zu stimmen.«
»Komm, wir fahren sofort zu der Besitzerin des Fahrzeugs. Wir sollten uns beeilen, mit dem Kerl scheint etwas nicht zu stimmen.«
Beide fuhren mit dem Streifenwagen zu der Adresse im Fahrzeugschein. Vor der Paulstraße 35 hielten sie an und stiegen aus. Sie standen vor einem vierstöckigen Mehrfamilienhaus. Christine studierte die Klingelschilder.
»Tatsächlich, Karin Schuler«, las sie auf dem Schild in der obersten Etage.
Die Haustür war nicht verschlossen, sodass beide die Treppen bis zur vierten Etage ohne Probleme hinaufsteigen konnten. An der Wohnungstür prangte das Schild ‚Karin Schuler‘ und Gernot drückte auf den Klingelknopf. Die Tür wurde geöffnet und eine junge Frau mit dunklen, langen Haaren stand vor ihnen.
»Ja, bitte?«, fragte sie.
»Sind Sie Frau Schuler, Karin Schuler?«, fragte Chris.
»Ja, das bin ich.«
»Wir sind von der Polizeistation in Rüdesheim, es geht um den Unfall mit Ihrem Auto«, erklärte Chris.
»Kommen Sie herein«, forderte Karin die beiden Uniformierten auf.
Im Wohnzimmer war niemand zu sehen und Gernot sprach die Frau direkt an:
»Frau Schuler, wir benötigen den Namen des Fahrers. Können Sie mir bitte sagen, wer Ihren Wagen fuhr?«
»Das war mein Freund Daniel Sandrock.«
»Wo ist der Herr Sandrock jetzt?«, wollte Gernot wissen.
»Der sitzt auf der Toilette.«
»Wo? Hier bei Ihnen?«
Die Antwort erübrigte sich, denn alle konnten hören, wie jemand die Spülung der Toilette betätigte. Dann nahmen sie wahr, dass sich jemand die Hände wusch und dabei ein Lied sang, das aber nicht klar zu erkennen war. Die Tür der Toilette wurde geöffnet, Daniel Sandrock kam heraus und erschrak, als er die beiden Polizisten entdeckte.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte er in scharfem Ton.
»Wir möchten Sie gern mitnehmen«, erklärte ihm Gernot, »weil Sie mir vorhin bei der Unfallaufnahme einen falschen Namen und eine falsche Adresse genannt haben. Wir nehmen Sie mit, um Ihre Identität festzustellen.«
»Haben Sie nichts Besseres zu tun, als uns deswegen zu belästigen? Mein Gott, machen Sie doch nicht so ein Theater. Ich hatte einen Unfall und war total verwirrt. Da kann doch so was mal probieren. Ich wollte Sie doch nicht belügen. Ich sage Ihnen jetzt meinen Namen und meine Adresse. Meine Freundin kann bezeugen, dass ich die Wahrheit sage.«
»So geht das nicht, Herr Sandrock, bitte kommen Sie mit.«
»Woher haben Sie den Namen Sandrock?«, brüllte er los, drehte sich zu seiner Freundin herum und schrie sie an:
»Hast du blöde Kuh deine Klappe nicht halten können.«
Er kam auf Karin zu und bedrohte sie, doch Christine ging dazwischen und hielt ihn fest.
»Bitte kommen Sie mit.
Daniel Sandrock spürte instinktiv, dass er derzeit keine Chance hatte. Ohne großen Widerstand folgte er den beiden Polizisten, die ihn in die Polizeistation nach Rüdesheim brachten.
»Wir müssen Ihre Daten aufnehmen, da Sie zunächst falsche Angaben gemacht haben. Da Sie schuldhaft einen Unfall verursacht haben und eine Person dabei zu Schaden kam, sind Sie verpflichtet, die richtigen Angaben zu machen.«
Christine befragte ihn nach seinen Daten, doch er schwieg und weigerte sich, seinen Namen zu nennen.
»Dass Sie Sandrock heißen, wissen wir bereits«, erklärte Christine, »da Sie weitere Angaben zu Ihrer Person verweigern, machen wir Sie darauf aufmerksam, dass Sie eine Ordnungswidrigkeit begehen. Das kann Ihnen ein Bußgeld in Höhe von 1.000 Euro einbringen.«
»Ich habe ohnehin keine Kohle. Bei mir ist nichts zu holen.«
»Herr Sandrock, ich habe gerade Ihren Namen ‚Daniel Sandrock‘ in unseren Computer eingegeben«, schaltete sich Gernot in das Gespräch ein, »ich finde hier ein Foto von Ihnen und kann sehen, dass gegen Sie ein Haftbefehl vorliegt. Sie werden wegen diverser Gewalttätigkeiten gesucht. Ich nehme Sie hiermit fest. Kommen Sie mit.«
Daniel Sandrock wurde in die Arrestzelle der Polizeistation gesperrt.
Nachdem diverse Formalitäten erledigt waren, bekamen Christine und Gernot von Manfred Zander, dem Leiter der Polizeistation Rüdesheim am Rhein, den Auftrag, den Verhafteten in die JVA nach Wiesbaden zu bringen.
Bevor Daniel Sandrock aus der Zelle geholt wurde, legte ihm Gernot Handfesseln an. Sie brachten den Verhafteten in den Hof der Polizeistation, dort wartete bereits ein Gefangenentransporter.
»Willst du fahren?«, fragte Gernot.
»Gerne. Die grüne Minna fahre ich gern. Aber meine letzte Fahrt damit ist schon eine Weile her.«
In Wiesbaden angekommen, öffneten sich die Türen der JVA. Sie fuhren mit dem Gefangenentransporter in den Innenhof, holten Daniel Sandrock aus dem Fahrzeug und führten ihn in das Gebäude in einen Vorraum.
Gernot nahm ihm die Handfesseln ab und sagte:
»Ich gehe ins Büro und erledige die Formalitäten.«
Gernot verließ den Raum. Durch das Fenster zum Büro konnte Christine ihren Kollegen beobachten. Sie ging hinter ihm her, um die Tür zu schließen. In diesem Augenblick sprang Daniel von hinten auf die Polizistin zu und riss ihre Pistole aus dem Holster.
»Gernot«, schrie Christine ihrem Kollegen hinterher. Gernot hörte ihren Schrei und wollte zurückkommen. Daniel richtete die Pistole auf das Fenster und drückte ab. Der Schuss hinterließ ein Loch in der Acryl-Fensterscheibe, verfehlte jedoch glücklicherweise den Kollegen.
Daniel Sandrock richtete die Pistole dann auf Christine und brüllte:
»Gib mir dein Funksprechgerät und dann bring mich sofort hier raus.«
Um seine Forderungen zu bekräftigen, richtete Sandrock die Pistole auf die Decke des Raumes und feuerte einen weiteren Schuss ab. Christine zuckte auch beim zweiten Knall erschrocken zusammen, als sie den Knall vernahm.
Durch die Schüsse wurden auch die Justizvollzugsbeamten aufmerksam und bemerkten die Geiselnahme. Der Gangster hielt die Polizistin von hinten umklammert und setzte ihr die Pistole an den Kopf.
Um die Polizistin nicht zu gefährden, öffneten die Beamten die Türen. Der Geiselnehmer verließ mit ihr das Gebäude und drängte sie in Richtung der dort parkenden grünen Minna.
»Du musst fahren«, brüllte er Christine an. Er öffnete die Beifahrertür und schob sie hinein. Direkt hinter ihr stieg er in das Fahrzeug, drängte sie auf den Fahrersitz und verriegelte von innen die Türen.
»Los, fahr endlich«, herrschte er die Polizistin an.
Die Türen der JVA öffneten sich und Christine fuhr die grüne Minna heraus und bog nach links ab.
»Du hättest nach rechts fahren sollen, verdammt noch mal.«
»Du hast mir das nicht gesagt. Wo soll ich denn eigentlich hinfahren?«, fragte Christine.
»Da vorn. Die nächste Straße wieder rechts.«
Inzwischen wurde das SEK verständigt und Gernot versuchte verzweifelt, sich ein Auto zu besorgen, um dem Geiselnehmer und seiner Kollegin zu folgen. Als er endlich ein Fahrzeug bekam und aus der JVA herausfahren konnte, war der Gefangenentransporter nicht mehr zu sehen. Aufs Geratewohl fuhr er los und hielt Funkkontakt zum K11 in Wiesbaden. Inzwischen arbeitete die Polizei mit allen Kräften an der Fahndung nach der grünen Minna.
Daniel Sandrock dirigierte Christine durch die Stadt. In ihrem Kopf kehrte langsam wieder Ruhe ein, und sie versuchte, die Lage zu überblicken. Sie ahnte, dass inzwischen der Polizeiapparat auf Hochtouren arbeitete und ein SEK eingeschaltet wurde. Die Ungewissheit machte ihr Sorgen. Hoffentlich begehen die Kollegen keine Fehler, dachte sie, und fürchtete um ihr Leben.
Im K11 traf die Nachricht ein, dass der Gefangenentransporter in Biebrich gesichtet wurde und in Richtung Mainz-Amöneburg fahren würde.
Im Laufe der Zeit spürte Christine, dass ihre Angst sich langsam verflüchtigte. Sie hoffte, dass die Fahrt bald zu Ende wäre und wünschte sich, dass der Täter endlich ohne sie verschwinden würde. ‚Stockholmsyndrom‘ ging ihr durch den Kopf. Sie wurde immer ruhiger.
Daniel Sandrock befahl Christine vor einem Mehrfamilienhaus in der Bunsenstraße zu halten. Er zwang sie dazu, aus dem Fahrzeug zu steigen und ging mit ihr die Treppe hinauf bis in die dritte Etage. Er öffnete eine Wohnungstür und schob Christine hinein. Christines Unsicherheit kehrte langsam zurück.
Als sie in das Wohnzimmer kamen, sah sie, dass sich dort zwei Frauen aufhielten, die Daniel Sandrock freudig begrüßten. Die Anwesenheit der Frauen gab ihr allerdings wieder Zuversicht.
»Die Frau lasse ich bei euch«, rief Daniel Sandrock den Frauen zu, drehte sich um und verließ das Zimmer. Christine überlegte, was das jetzt zu bedeuten hätte.
Als sie bemerkte, dass die beiden Frauen sie anstarrten, fasste sie sich ein Herz und fragte:
»Kann ich jetzt gehen?«
»Natürlich können Sie gehen? Warum denn nicht?«, antwortete eine der Frauen.
Christine verließ die Wohnung und ging vorsichtig die Treppe wieder hinunter. Sie fürchtete, dass der Gangster, der immer noch im Besitz ihrer Dienstwaffe und des Funkgerätes war, jeden Augenblick wieder auftauchen könnte.
Als sie die Straße erreichte, setzte sie sich sofort in die grüne Mine und nutzte das im Fahrzeug eingebaute Sprechfunkgerät. Sie nahm direkt mit ihrer Dienststelle in Rüdesheim Kontakt auf und sprach mit Manfred Zander, ihrem Vorgesetzten. Der war bereits über die Geiselnahme informiert worden und machte sich große Sorgen um Christine.
»Ich bin total erleichtert, dass alles für dich gut ausgegangen ist. Ich verständige sofort das K11 in Wiesbaden. Unternimm bitte nichts, warte auf das, was die von der Kripo dir sagen.«
Genau zwei Minuten meldete sich die Kripo über Funk.
»Mein Name ist Beckmann, ich bin Kriminalhauptkommissar beim K11 in Wiesbaden. Wo sind Sie jetzt gerade?«
Christine nannte die Straße und die Hausnummer, in der sie in der grünen Minna saß.
»Bitte warten Sie dort auf mich, ich bin sofort bei Ihnen.«
Christine überlegte einen Augenblick und startete dann das Fahrzeug und fuhr los. Sie wollte zurück nach Rüdesheim. Sie wollte einfach zu Menschen, mit denen sie vertraut war. Über Funk verständigte sie ihre Dienststelle, dass sie entgegen der Anweisung nicht gewartet hätte, sondern in einer halben Stunde in der Polizeistation eintreffen würde.
Dort angekommen, wurde sie von Manfred Zander empfangen. Der wollte sofort von ihr wissen:
»Christine, benötigst du psychologische Hilfe?«
Christine hatte auf der Rückfahrt Zeit und Muße, das Erlebte noch einmal zu durchdenken.
»Nein, es ist alles okay. Ich fühle mich gut. Mir hat geholfen, dass ich einfach losgefahren bin und nicht noch auf den Kollegen von der Kripo gewartet habe. Dadurch hatte ich meine Entscheidungsfreiheit wieder gewonnen und das gab mir Kraft.«
Christine verabschiedete sich.
»Ich will nach Hause und bin müde. Ich werde gleich ins Bett gehen. Tschüss.«
Am nächsten Morgen, Christine hatte erstaunlicherweise tief geschlafen und nicht mal von ihrer Geiselnahme geträumt, erschien sie bereits wieder zum Dienst. Sie wurde direkt zum Leiter der Polizeistation gerufen. Christine ging hinüber in dessen Büro. Neben Manfred Zander stand ein Mann.
»Darf ich vorstellen«, ergriff Manfred Zander das Wort, »das hier ist Kriminalhauptkommissar Björn Beckmann vom K11 in Wiesbaden und das ist Christine Reiter, Polizeioberkommissarin. Das bedauernswerte Opfer der Geiselnahme von gestern Abend.«
»Wir kennen uns bereits«, meinte Christine und reichte Björn Beckmann die Hand.
»Ihr kennt euch? Wieso denn das?«, fragte Manfred Zander.
»Wir beide haben telefoniert«, antwortete Björn, »ich bin hierhergekommen, um mit Ihnen zu sprechen. Ich wollte Ihnen sagen, dass ich volles Verständnis dafür habe, dass Sie weggefahren sind. Es ist alles in Ordnung, wir haben den Kerl erwischt. Jetzt sitzt er endlich im Knast. Und hier sind Ihre Pistole und Ihr Sprechfunkgerät zurück. Ich wollte es mir nicht nehmen lassen, Ihnen das persönlich zurückzubringen.«
»Da bin ich aber neugierig, wie und wo haben Sie denn den Kerl erwischt?«, fragte Christine.