Verhängnisvolle Affären - Alexander Stevens - E-Book

Verhängnisvolle Affären E-Book

Alexander Stevens

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Beschreibung

Wenn die Partnersuche vor Gericht endet Millionen von Singles sind im Internet auf der Suche nach Liebe und Erotik. Tinder, Elitepartner und Co. versprechen ihnen unverbindliches Kennenlernen und Abenteuer ohne Risiko. Doch was auf den ersten Blick viel Spaß verspricht, kann böse Folgen haben: Immer häufiger enden Online-Dates anders als erwartet – und das zweite Treffen findet vor Gericht statt. Bestsellerautor Alexander Stevens, Anwalt für Sexualstrafrecht, hat zahlreiche wahre Fälle zusammengetragen. Er erzählt von skurrilen Situationen ebenso wie von unheimlichen Verbrechen – und ihrem juristischen Nachspiel. Spannend und unterhaltsam schildert er, in welch bizarre Abgründe Online-Dating führen kann, und macht deutlich, dass nicht alle Partner »Singles mit Niveau« sind. Mit kriminalistischem Insiderwissen und großem Erzähltalent hat sich Alexander Stevens bereits mehrfach einen Platz auf der SPIEGEL-Bestsellerliste erschrieben. Von ihm erschienen im Piper Verlag ebenfalls  »Aussage gegen Aussage«, »9 1/2 perfekte Morde« und »Der perfekte Mord?«. 

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ISBN 978-3-492-99195-7© Piper Verlag GmbH, München 2018Redaktion: Antje RöttgersCovergestaltung: zero-media.net, MünchenCovermotiv: © Julian Hartwig/NeonBlack und FinePic®, MünchenDatenkonvertierung: Uhl & Massopust GmbH, Aalen

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

Inhalt

Vorwort

Club 24

Ihr letztes Date

Love Supreme

Das sexte Gebot

Der Hausbesuch

Bad Boys

Das perfekte Dinner

Tinderjährig

»Happy Feelings«

Der Mehrzweckraum

Streng geheim

World of Whorecraft

Sugardaddy

Haselnuss-Romantik

Im siebten Himmel

Welpen-Geburtstag

Louis Vuitton

Eine kleine Nachtmusik

Blut

George Clooney

Vorwort

Wer erinnert sich nicht ans erste Date: Das Knistern, die Aufregung, manch Unbeholfenheit?

Erste Dates sind spannend – wie sie enden, weiß man nie: Vielleicht gibt es eine Wiederholung, vielleicht auch nicht. Vielleicht erwächst daraus die große Liebe, vielleicht bleibt es auch »nur« beim One-Night-Stand.

Und vielleicht läuft auch alles ganz entsetzlich schief.

So wie in den folgenden Kapiteln dieses Buchs. Denn Online-Dating ist schnell, hemmungslos und anonym.

»Es gibt nichts, was ich noch nicht gehört habe«, sage ich zu meinen Klienten, wenn sie mich erstmals anwaltlich wegen möglicher Straftaten bei einem missglückten Date konsultieren. Schließlich ist es nicht einfach, einem Wildfremden offen zu berichten, was bei dem Intimsten eines Menschen Schlimmes passiert ist. Es hilft ein wenig, den Mandanten die Hemmung zu nehmen.

Doch eigentlich ist das mit dem »schon alles gehört« gelogen: Denn jedes Mal aufs Neue bin ich überrascht, wo, wie und mit wem so ein Online-Date sein Ende nehmen kann …

Eine Warnung sei vorangestellt:Jede Geschichte in diesem Buch beruht auf echten Fällen.

Mitgewirkt, redigiert und für gut befunden:Philip Müller

Club 24

Es ist ein seltener Anblick, dass gleich eine ganze Familie auf der Anklagebank eines Strafgerichts Platz nehmen muss – aber der Reihe nach.

Gisela hatte ihren Werner noch während der Schulzeit kennengelernt. Beide stammten aus einem kleinen Ort, in dem es außer einer angrenzenden Dorfdisco nicht viel Abwechslung gab. In dieser lernten sie sich dann auch mit fünfzehn Jahren kennen. Nach ein paar eiligst gekippten Glas Bier fasste Werner sich ein Herz und sprach die fesche Gisela an. Kurz darauf tanzten sie auch schon eng umschlungen zu einem schnulzigen Song. Von da an waren sie ein Paar.

Nach dem Realschulabschluss zogen die beiden zusammen in die Stadt, Gisela arbeitete als Floristin in einem großen Kaufhaus und Werner in der Schicht bei einem Automobilkonzern. Ein Jahr später machte Werner seiner Gisela einen Heiratsantrag, welchen sie ohne zu zögern annahm. Wieder ein Jahr später kam Sohn Stephan zur Welt, und die kleine Familie zog an den Stadtrand in eine Doppelhaushälfte.

So gingen die Jahre ins Land, und mit ihnen kam der Alltag. Sex hatten Gisela und Werner schon lange nicht mehr, und wirklich gut verstand man sich auch nicht. Über eine Trennung dachten beide hin und wieder nach, aber keiner sprach das Thema an. Und so blieben sie beieinander – vermutlich Stephan zuliebe, obwohl der schon fast zwanzig Jahre alt war.

In jener Zeit sahen Gisela und Werner einander kaum noch. Er ließ sich der besseren Bezahlung wegen ausschließlich für Nachtschichten einteilen, und in den Urlaub fuhr man immer öfter allein, er meist zusammen mit seinen Stammtischbrüdern und sie mit ihren Freundinnen aus dem Kegelverein.

Gisela machte die ständige Einsamkeit zu schaffen – vor allem nachts, wenn ihr Mann auf Schicht war. Der wöchentliche Kegelabend war anfangs zwar eine willkommene Abwechslung, aber mittlerweile war auch der zur Routine geworden. Und der zweiwöchentliche Italienischkurs an der Volkshochschule war mangels ausreichender Teilnehmerzahl abgesetzt worden. Immer öfter endeten Giselas Feierabende deshalb allein vor dem Fernseher. Und ausgerechnet diese einsamen Fernsehabende sollten Giselas Leben für immer verändern. Regelmäßig flackerte in den Werbepausen des Nachtprogramms nämlich ein Spot auf, der verheißungsvolle Liebesabenteuer versprach, wenn man sich auf der beworbenen Seitensprung-Webseite anmeldete. Zunächst registrierte Gisela den Spot kaum, wie sie auch die nervigen Webcam-Girls kaum wahrnahm, die mal mehr mal weniger lustvoll aus dem Fernsehgerät stöhnten. Doch eines Abends packte sie die Neugier. Vielleicht fühlte sie sich gerade besonders einsam, weil ihr Mann den Hochzeitstag vergessen und seine Nachtschicht ganz selbstverständlich angetreten hatte. Jedenfalls schnappte sie sich den Laptop ihres Sohnes und meldete sich auf der Seitensprung-Webseite aus der Werbung an.

Trotz oder vielleicht auch gerade wegen ihres unbeholfen erstellten Profils dauerte es nicht lange, bis sie von ersten liebeshungrigen Interessenten kontaktiert wurde. Sie hatte ja nicht geahnt, wie einfach es heutzutage war, Männer kennenzulernen – und das auch noch anonym. Natürlich war Gisela durchaus bewusst, dass es hier nicht um die große Liebe, sondern um Sex ging. Dass sie aber binnen einer Woche nach ihrer Anmeldung auf dem Seitensprungportal weit über hundert Nachrichten bekommen hatte, schmeichelte ihr schon irgendwie.

Gisela ging zunächst noch sehr vorsichtig vor, Werner und Stephan durften nichts von ihrer heimlichen Leidenschaft erfahren. Peinlich genau achtete sie darauf, dass man sie auf ihren Profilbildern nicht erkannte, und auf mehr als einen unverfänglichen Chat ließ sie sich nicht ein. Alles Weitere fand nur in ihrer Fantasie statt. Obwohl viele Männer eindeutige Offerten machten, blieb Gisela stets zurückhaltend. Sich tatsächlich mit einem der Männer zu treffen, das schloss sie für sich aus.

Für eine Zeit lang hielt Gisela sich eisern an dieses Prinzip, bis sie eines Tages eine Chat-Nachricht ausgerechnet von einer Frau erhielt. »Ich finde dein Profil sehr ansprechend, wollen wir uns mal treffen?«, hatte »Leonie24« ihr geschrieben. Im Gegensatz zu Giselas vagem Profil – außer ihrer Leidenschaft fürs Kegeln hatte sie kaum etwas angegeben –, schilderte Leonie24 freimütig ihre sexuellen Vorlieben, wozu Sex mit Männern, Frauen und Gruppensex zählten. Auf ihren Bildern gab Leonie24 sich äußerst offenherzig und sah durchaus ansprechend aus.

Gisela wusste nicht recht, ob sie auf die Anfrage antworten sollte, denn auf Frauen stand sie nicht, jedenfalls hatte sie noch nie entsprechende Bedürfnisse verspürt. Andererseits machte sie die Aufmerksamkeit der jungen, hübschen Leonie neugierig. Und gebot es nicht die Höflichkeit wenigstens abzusagen? So hatte sie es mit den Nachrichten der Männer auch immer gehalten. Gisela wartete einige Tage ab, fasste sich dann ein Herz und schrieb Leonie zurück – allerdings mit dem festen Entschluss, ein etwaiges Angebot von Leonie höflich auszuschlagen. Giselas homoerotischen Ängsten zum Trotz erwies sich Leonie jedoch als unaufdringliche und sympathische Chatpartnerin. Dabei unterhielten sie sich von Anfang an nicht groß darüber, was sie auf der Seitensprung-Webseite suchten. Leonie erzählte von ihrem Magisterstudium, ihrem Pferd, und von allerlei Alltagsbegebenheiten. Gisela schüttete Leonie ihr Herz aus, schrieb ihr von ihrem Alltag, der Sorge um ihren Sohn, der noch immer im Hotel Mama wohnte und natürlich von der unglücklichen Beziehung zu ihrem Mann. Die beiden Frauen verstanden sich gut, und bald trafen sie sich auch privat auf einen Kaffee oder auch mal abends zum Essen. Gisela stellte fest, dass sie mit ihrer neuen Freundin über Dinge sprechen konnte, die sie zuvor noch nie mit einem anderen Menschen geteilt hatte. Natürlich sprachen sie irgendwann auch über die Seitensprung-Webseite, über die sie einander kennengelernt hatten, und Leonie machte keinen Hehl daraus, dass sie dort sehr aktiv »unterwegs« war. Obwohl Gisela es anfangs kaum mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte, sich mit einem fremden Mann zu treffen, nahm Leonie ihr mit ihrer aufgeschlossenen Art Stück für Stück die Angst davor, einen Schritt weiter zu gehen.

Seit fünfundzwanzig Jahren hatte Gisela nun kein Date mehr gehabt, so lange lag der Abend in der Dorfdisco nun schon zurück. Sie war völlig unerfahren, und alleine der Gedanke an ein Treffen mit einem anderen Mann verursachte ihr Panik, wenngleich sie auch ein wenig kitzelnde Neugierde verspürte. Leonie schlug ihr deshalb vor, sie mit in den Club 24 zu nehmen. Dort war Leonie schon seit gut zwei Jahren Mitglied, und wie der Name schon anklingen ließ, nahmen an den Clubtreffen stets exakt vierundzwanzig Mitglieder teil: zwölf Frauen und zwölf Männer.

Der Club bot ein sexuelles Erlebnis der besonderen Art: Vor einem schwarzen Vorhang mit Aussparungen auf Höhe des Intimbereichs, stellten sich die zwölf Frauen nebeneinander auf. Auf der anderen Seite des Vorhangs bezogen derweil die zwölf Männer Stellung. Auf ein Zeichen der Clubchefin Sonja hatten die Männer durch die Aussparung des Vorhangs mit den Frauen Sex, wobei sie munter durchwechselten und auch die Frauen ihre Position oder auch die Stellung und die Art des Geschlechtsverkehrs variierten. Verboten war nur, auf die andere Seite des Vorhangs zu wechseln.

Gisela hatte die Lust schon anhand dieser Erzählung schier überwältigt. Allein die Vorstellung, endlich mal wieder ordentlich Sex zu haben, dem fremden Mann dabei aber nicht in die Augen sehen zu müssen – das war ein Gedanke, der sie fortan nicht mehr losließ. Und das Beste daran: Sie müsste das Wagnis noch nicht einmal allein auf sich nehmen. Ihre neue beste Freundin wäre ja auch dabei.

Also begleitete Gisela Leonie zu einem Schnupperabend im besagten Club 24.

Alles war so, wie Leonie es ihr beschrieben hatte. Das unscheinbare Einfamilienhaus, in dem das Treffen stattfand, verfügte über zwei diskrete Eingänge. Der für Männer lag hinten, der für Frauen vorne. Die Einrichtung war gepflegt und geschmackvoll, das Ambiente einladend und sauber. Die Clubleiterin Sonja begrüßte ihren »Schnuppergast« persönlich, führte sie durch die Räumlichkeiten, und erwies sich als ausgesprochen nett und herzlich. In einem kleinen Empfangsraum warteten bereits einige Frauen in Dessous und bedienten sich von den Häppchen eines reichhaltigen Büfetts. Eine Tür weiter befand sich ein Umkleideraum mit Duschen und Toiletten. Hinter einer mit rotem Samt bespannten Tür öffnete sich dann der eigentliche Raum des frivolen Treibens nebst dem sagenumwobenen schwarzen Vorhang, der schwer von der Decke fiel und am Boden festgezurrt war, damit auch ja nichts verrutschte. Vor den Aussparungen im Vorhang sah Gisela kleine Körbe gefüllt mit Gleitgel und Kondomen. An der Seite standen mehrere Massageliegen, die man vor die Aussparung schieben konnte, um auch im Liegen Geschlechtsverkehr zu haben, wenn man nicht alles nur im Knien oder in gebückter Haltung machen wollte. Safer Sex war ein absolutes Muss, und es waren die Frauen, die dafür Sorge tragen mussten, dass ein durch den Vorhang durchgesteckter Penis ordnungsgemäß »verpackt« wurde, ehe es zum Koitus kam.

Gisela war es am Schnupperabend freigestellt, ob sie nur zusehen oder auch mitmachen wollte. Die einladende Stimmung im Club 24 trug jedoch dazu bei, dass Gisela die letzten Hemmungen fallen ließ. Nachdem sie Leonie eine Weile bei deren frivolem Treiben zugesehen hatte, entschloss Gisela sich spontan, einem ermunternden Blick ihrer Freundin zu folgen und selbst mitzuwirken. Sie kniete sich vor das erste Loch ganz links im Vorhang und wartete darauf, dass ein Mann seinen Penis hindurchsteckte. Ihre Hände waren ganz zittrig beim Überstreifen des Kondoms, Leonie musste helfen, was dem Mann sichtlich zu gefallen schien. Dann umschloss sie den erigierten Penis fest mit den Lippen und befriedigte den Mann bis zum Orgasmus.

Von diesem Tag an nahm Gisela an fast jedem der Clubtreffen teil. Nach nur vier Monaten wurde sie Stamm-Mitglied oder auch »Mitglied der Stamm-Zwölf«, wie es unter den Clubmitgliedern hieß. Die Beziehung zu Leonie wurde immer enger. Sie verabredeten sich auch außerhalb der wöchentlichen Clubtreffen nahezu täglich und gingen mal ins Café, mal ins Kino oder trafen sich auf ein paar Drinks. Gisela fühlte sich wie von einer schweren Last befreit, ihre Libido wurde befriedigt, und sie war auf einen Schlag wieder richtig glücklich. Auch das Leben zu Hause wurde wieder erträglich. Es störte sie nicht mehr, dass Werner neben ihr her lebte. Im Gegenteil: Sie kostete die neu gewonnene Freiheit in vollen Zügen aus. Alles war nahezu perfekt, und auch um ihr Nesthäkchen Stephan machte sie sich kaum noch Sorgen. Er verbrachte zwar immer noch viel Zeit zu Hause – vor allem mit dem Computer –, und auch mit Frauen schien bei ihm nicht viel zu laufen, aber sie war sich sicher, dass das bald kommen würde – zumindest hoffte sie das. Vielleicht wäre sogar Leonie etwas für ihn? Gisela dachte darüber nach, die beiden einander vorzustellen. Allerdings verwarf sie den Gedanken gleich wieder. Wie sollte sie die beiden miteinander bekannt machen, ohne ihr Doppelleben preiszugeben? Unter keinen Umständen würde sie ihr neu gewonnenes Lebensglück aufs Spiel setzen.

Nur acht Monate nach dem ersten Schnupperabend im Club 24, kam es zu einem Ereignis, das alles verändern sollte. Auch an jenem Donnerstagabend fand wieder das wöchentliche Clubtreffen statt. Wie immer wartete Gisela mit dem Schminken und Umziehen, bis Ehemann Werner die Wohnung abends für die Nachtschicht verlassen hatte. Sohn Stephan verabredete sich seit einiger Zeit immer donnerstags zum »Computer-Zocken«. Gisela konnte sich also in Ruhe vorbereiten.

Im Club angekommen, unterhielt sie sich wie immer angeregt mit Clubchefin Sonja, Leonie und den anderen Frauen, ehe es in den Raum mit dem schweren, schwarzen Vorhang zur Sache ging. Mittlerweile war Gisela ähnlich routiniert im Ausleben ihrer Fantasien wie ihre Freundin Leonie. Giselas Vorliebe war es, eine der Massageliegen vor den Vorhang zu schieben und sich wahllos von den durchgesteckten Penissen penetrieren zu lassen. Auch dieses Mal legte sie sich auf die Liege, deren Fußteil sich ähnlich wie beim Gynäkologen nach links und rechts wegdrücken ließ, wodurch der Intimbereich so nah wie möglich an der Aussparung im Vorhang lag und man die volle Manneskraft seines Gegenübers genießen konnte. Auf das Signal von Clubchefin Sonja steckte der erste Mann sodann seinen Penis durch die Aussparung im Vorhang. Gisela streifte routiniert ein Kondom darüber, legte sich auf die Liege und führte sich den Penis durch den Vorhang hindurch in die Vagina ein. Sie hatte inzwischen trotz der Anonymität gelernt, bestimmte Männer an ihrem Penis und dem Rhythmus ihrer Bewegungen wiederzuerkennen, und das Stammmitglied, mit dem sie nun Sex hatte, war einer ihrer Favoriten geworden – Leonies übrigens auch, wie sie Gisela unlängst erzählt hatte. In freudiger Erwartung schloss Gisela ihre Augen und gab sich lustvoll den festen Stößen hin.

Doch nur wenige Augenblicke später stellte ihr Sexualpartner den Intimverkehr unvermittelt ein. Ein ohrenbetäubendes Schreien schallte durch den Raum, es waren keineswegs Schreie der Lust.

Hatte da gerade jemand ihren Namen gerufen? Erschreckt schlug Gisela die Augen auf. Der Vorhang war mit brachialer Gewalt heruntergerissen worden. Als sie den Randalierer auf der anderen Seite sah, bestand kein Zweifel mehr. Es war ihr Ehemann. Werner musste ihr gefolgt sein, und das war noch nicht alles. Zum ersten Mal war die Geschlechtertrennung im Club 24 aufgehoben. Ein äußerst peinliches Schweigen machte sich breit, unterbrochen nur von den wütenden Schreien ihres Mannes der von vier gut gebauten, nackten Männern im Schwitzkasten festgehalten wurde. Clubchefin Sonja alarmierte umgehend die Polizei. Niemand sah sich in der Lage, die Situation zu beruhigen oder etwas zu sagen. Zwölf nackte Frauen standen zwölf nackten Männern gegenüber, und mittendrin tobte ein wütender Ehemann. Als ob das alles nicht schon befremdlich genug gewesen wäre, erblickte Gisela unter den Männern, mit denen sie in den letzten Monaten so lustvoll Sex gehabt hatte, einen, der ihr alles andere als fremd war: ihren Sohn Stephan, der – mit beiden Händen seinen Intimbereich bedeckend –, den entsetzten Blick seiner Mutter erwiderte.