Verliebt in seinen Freund - Jennifer Lillian - E-Book

Verliebt in seinen Freund E-Book

Jennifer Lillian

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Beschreibung

Bei Sally und Brad zieht langsam der Beziehungsalltag ein. Doch wo ist neben allen guten Seiten wie dem wachsenden Vertrauen und den gemeinsamen Sofaabenden eigentlich das aufregende Kribbeln aus den Anfangszeiten geblieben? Sally plant zur Auffrischung einen gemeinsamen Urlaub direkt am See. Es könnte also wieder aufwärts gehen, wenn da nicht Alex wäre, der ihr zunehmend den Kopf verdreht. Gibt er ihr genau das, was sie bei Brad immer mehr vermisst? Sally muss sich entscheiden …

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Kurzbeschreibung:

Bei Sally und Brad zieht langsam der Beziehungsalltag ein. Doch wo ist neben allen guten Seiten wie dem wachsenden Vertrauen und den gemeinsamen Sofaabenden eigentlich das aufregende Kribbeln aus den Anfangszeiten geblieben? Sally plant zur Auffrischung einen gemeinsamen Urlaub direkt am See. Es könnte also wieder aufwärts gehen, wenn da nicht Alex wäre, der ihr zunehmend den Kopf verdreht. Gibt er ihr genau das, was sie bei Brad immer mehr vermisst? Sally muss sich entscheiden …

Jennifer Lillian

Verliebt in seinen Freund

Roman

Edel Elements

Edel ElementsEin Verlag der Edel Germany GmbH

© 2018 Edel Germany GmbHNeumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Copyright © 2018 by Jennifer Lillian

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Ashera Agentur.

Covergestaltung: Marie Wölk, Wolkenart

Konvertierung: Datagrafix

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-96215-064-8

www.facebook.com/EdelElements/

www.edelelements.de/

Für Alena.

Prolog

Beziehungen entwickeln sich aus den unterschiedlichsten Motiven heraus. Aus einer flüchtigen Begegnung, aus einer Bekanntschaft oder sogar aus einer Freundschaft. Der Beginn einer Beziehung ist bei jedem unterschiedlich. Bei den einen ist er unkompliziert, geradezu einfach. Bei den anderen gestaltet es sich etwas holprig. Mein Bild von Beziehungen war immer gerne mit der Natur verbunden. Schöne Zeiten assoziierte ich mit einer wunderschönen Wiese. Ruhig. Eben. Bunt, aber manchmal auch wild. Andere Beziehungen gleichen eher einem Wald. Etwas beengt und hin und wieder mit kleinen Hindernissen, aber dennoch voller Leben. Leider war meine Beziehung nicht vergleichbar mit einer Wiesenidylle oder einem märchenhaften Wald. Vielmehr passte hier der Vergleich mit einer Klippe, bei der es sehr, sehr tief hinabgeht.

Eins

Der Wecker klingelte in aller Frühe und ich bekam nur mühsam die Augen auf. Ich legte meine Hand auf den Wecker und schaltete das schrille Piepen aus. Durch die Vorhänge blitzten bereits erste Sonnenstrahlen. Der Frühling hatte sich angekündigt und den Winter nun endgültig verdrängt. Auch wenn er sehr milde verlaufen war. Hier in Boulder war es niemals wirklich eiskalt oder brütend heiß. Daher liebte ich diese Gegend. Das Wetter war mehr oder weniger konstant und brachte nur geringfügige Schwankungen mit sich. Im Sommer war es schön warm, im Winter nicht zu kalt. Bei dem Gedanken an den aufkommenden Frühling erhellte sich meine Laune augenblicklich. Ich drehte mich zur Seite und legte meinen Arm um den Körper, der neben mir lag und ebenso viel Wärme ausstrahlte, wie die Sonne vor dem Fenster. Ich presste mich an Brads Rücken und schloss noch für ein paar Minuten die Augen, bis der Mann an meiner Seite sich plötzlich regte und mich wenig vorsichtig beiseite drängelte.

„Hey!“, murrte ich entsetzt. „Wollen wir nicht noch fünf Minuten liegenbleiben? Es ist doch noch relativ früh und du hast auch noch ein bisschen Zeit.“

„Sorry, Schatz“, antwortete Brad und erhob sich aus dem Bett, „ich muss heute ein bisschen früher in der Uni sein und schaffe es sicher nicht rechtzeitig, wenn ich mich jetzt nicht fertigmache und zu dir zurück ins Bett steige.“ Er griff nach einem Shirt, das auf dem Boden lag, zog es sich über und schenkte mir ein müdes Lächeln. „Außerdem weißt du ja, dass ich morgens nicht so der kuschelige Typ bin.“

„Allerdings“, pflichtete ich ihm bei und rieb mir meine Augen. Das war Brad tatsächlich nicht. Am Anfang hatte er das morgendliche Kuscheln alibimäßig mitgemacht, um mich nicht gleich in den ersten Tagen unserer Beziehung abzuschrecken. So sehr ich mich auf eine Schmuseeinheit am Morgen freute, verdeutlichte Brad mir immer wieder, wie muffelig er morgens sein konnte. Das war definitiv etwas, woran ich mich noch gewöhnen musste.

„Dafür habe ich andere Qualitäten“, erklärte er mir lachend.

Seufzend richtete ich mich auf und beobachtete Brad, wie er aus dem Schlafzimmer verschwand. Mit einer Hand versuchte ich meine zotteligen Haare zu bändigen und schwang meine Beine ebenfalls aus dem Bett. Gemütlich spazierte ich zur Kaffeemaschine in die Küche.

Brad war mittlerweile im Bad verschwunden. In der Zeit bereitete ich mir ein kleines Frühstück zu. Da Brad sowieso nicht frühstücken würde, ersparte ich mir die Frage, ob wir dies nicht gemeinsam tun wollten.

Als er aus dem Bad kam, schenkte ich mir gerade eine Tasse Kaffee ein. „Möchtest du auch eine?“, fragte ich ihn.

„Ja, gerne.“

Ich reichte ihm einen Becher und schaute ihn nachdenklich an, während ich den ersten Schluck Koffein des Tages zu mir nahm. „Brad, könnten wir heute vielleicht bei mir übernachten? Ich bräuchte langsam mal wieder neue Klamotten, und Daph immer alleine zu lassen, gefällt mir irgendwie auch nicht so gut. Wer weiß, was sie alles anstellt, wenn ich nicht da bin.“ Ich kicherte bei dem Gedanken, wie Daphne unsere Wohnung komplett auseinandernahm. Es würde jedenfalls gut zu ihr passen. Wenn ich gelegentlich daran dachte, wie unsere wunderschöne kleine Wohnung wohl aussehen würde, wurde mir ganz schwindelig.

Brad stellte seinen Becher auf dem Küchentresen ab und suchte im Wohnzimmer nach seinen Sachen. Ich beobachtete ihn dabei. Seine Wohnung war ja ganz nett, aber dass alles so eng aneinandergereiht war, konnte irgendwann ziemlich erdrückend sein. Die dunklen Möbel und Vorhänge machten die Atmosphäre nicht unbedingt besser. Die Küche, die quasi im Wohnzimmer integriert war, bot kaum genügend Platz zum ausgiebigen Kochen. Sowieso sah es hier immer aus wie bei Hempels unterm Sofa. Von Ordnung verstand Brad irgendwie nicht viel. Früher war mir das gar nicht so aufgefallen, doch jetzt, wo wir mehr Zeit miteinander verbrachten und mehr oder weniger zusammenlebten, fiel mir jede Kleinigkeit, die er liegenließ, direkt auf. Vielleicht genoss er es auch einfach, dass ich ihm sowieso alles hinterherräumte, denn so ein Chaos konnte ich einfach nicht ausstehen.

„Ich bin heute sehr lange in der Uni. Dann erst hierher zu kommen, meine Sachen zu packen und zu dir zu fahren, wäre mehr Stress als alles andere. Dann hätten wir kaum was von dem Abend“, antwortete er und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. „Die Jungs haben außerdem gefragt, ob ich nicht mal wieder Lust hätte, etwas mit ihnen zu unternehmen. So unter Männern, verstehst du? Die treffen sich heute alle um die Ecke im Big Loop. “

„Mal wieder“, pflichtete ich ihm bei. „Wann gehst du mal nicht mit deinen Jungs aus?“ Bei dem Gedanken an das Big Loop wurde mir ganz warm ums Herz. Eigentlich nichts weiter, als eine kleine urige Bar, wo sich die Studenten gerne tummelten und die Wände voll von Bildern verschiedener Freizeitparks aus den unterschiedlichsten Jahren waren. Aber als Brad und ich gerade zusammenkamen, da hatte er mich dort zu unserem ersten offiziellen Date hin eingeladen. Er fand diese Bar romantisch genug für einen solchen Anlass und für mich war es das schönste erste Date, was ich jemals hatte. Ich erinnerte mich daran, wie viel Spaß wir hatten, wie viel wir an dem Abend gelacht hatten. So glücklich wie an diesem Abend war ich lange nicht mehr gewesen, denn es war das Ende einer schlimmen und der Beginn einer neuen guten Zeit.

„Ach komm schon, Schatz, so oft kommt das nun auch nicht vor.“ Brad kam um den Küchentresen herum, stützte die Arme rechts und links von mir auf dem Schrank ab, an dem ich lehnte und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Ich lächelte träge. „Gut, einen Abend mit Daph kann ich mal wieder ganz gut gebrauchen. Über Frauenthemen sprechen und so, von denen ihr Männer ja doch nichts versteht.“

„Das ist mein Mädchen.“ Erneut drückte er mir einen Kuss auf die Stirn und huschte zurück ins Wohnzimmer. „Das mit dem Kuscheln holen wir nach, versprochen. Dann komme ich einfach morgen Abend zu dir“, erklärte er, während er sämtliche Sachen in seinen Rucksack beförderte.

Nickend presste ich meine Lippen aufeinander und quälte ein Lächeln hervor. „Hört sich gut an.“

Dann kam er noch einmal um die Theke rum, küsste mich sanft auf den Mund und verabschiedete sich. „Ich wünsche euch viel Spaß bei eurem Mädelsabend. Grüße an Daph. Wir sehen uns morgen!“

Mit einem Lieb dich verschwand er dann aus der Haustür und ließ mich mit meinem Becher Kaffee in der Hand zurück. Ich wusste selber nicht wirklich, warum meine Stimmung mit einem Mal so getrübt war. Und Hunger hatte ich nun auch nicht mehr. Eine Weile stand ich noch da und sah mir das Chaos an. Überall lagen Klamotten, Zettel und Unterlagen aus der Uni. Alte Teller und Kaffeetassen stapelten sich in der Spüle. Auch wenn ich schon seit ein paar Tagen hier zu Besuch war, versuchte ich immer wieder die Ordnung zu wahren, aber Brad machte es einem nicht leicht, wenn er wieder irgendwo was abstellte, sobald ich saubergemacht hatte. Es nervte mich, dass er nicht gleich alles wegräumen konnte, wenn er etwas benutzte, so wie man es normalerweise tun würde. Bevor mich die einsame Stille in dieser Wohnung zu übermannen drohte, machte ich mich (ich schwor mir, dass es das letzte Mal sein würde) ans Aufräumen.

Zwei

Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen, nachdem ich meine geliebte Wohnung betrat und meine Tasche neben mir zu Boden fallen ließ. Verwundert blickte ich mich um. Es war aufgeräumt. Ich hatte alles erwartet. Umgekippte Möbel, Flecken an den Wänden und heruntergerissene Vorhänge, aber es war komplett alles ordentlich an seinem Platz. Daph kam aus ihrem Zimmer und lächelte, als sie meinen Blick wahrnahm. „Hast du einen Geist gesehen?“

„Ich glaube schon“, antwortete ich und ging auf sie zu. Wir umarmten uns fest und Daph hielt mich wieder um eine Armeslänge von sich entfernt, um mich kurz zu mustern, so wie sie es immer tat. „Gut siehst du aus.“

„Danke.“ Noch einmal sah ich mich um. „Also erzähl: Was hast du ausgefressen?“

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Na, das hier.“ Ich machte eine ausladende Geste mit den Armen. „Es ist so sauber. Das passt nicht in das Bild, das ich erwartet habe.“

„Das ist der eindeutige Beweis dafür, dass mir verdammt langweilig ist ohne dich. Da muss ich schon zu solchen Mitteln greifen und hier aufräumen. Ob du es glaubst oder nicht.“ Sie verschränkte seufzend die Arme vor der Brust.

„Wow, das ist ja mal ein Liebesbeweis.“ Ich staunte und erst jetzt fiel mir auf, dass Daph nichts weiter als ein langes T-Shirt trug. Ihre langen blonden Haare hatte sie zu einem unordentlichen Dutt zusammengeknotet.

„Das ist es wirklich“, bestätigte sie mir und marschierte an mir vorbei in Richtung Küche. „Auch einen Kaffee?“

Ich nickte. „Ja, sehr gerne. Puh, ich dachte schon, ich treffe hier auf die nächste Baustelle.“

Fragend schaute Daph mich an, nachdem sie mir einen Becher mit Kaffee auf den Tresen stellte. „Was meinst du mit nächste Baustelle ?“

„Ach das Chaos bei Brad. Unmöglich! Ich verstehe nicht, wie man so leben kann. Als wäre ich seine Putzfrau, die sowieso alles wegräumt. Deswegen macht er sich kaum die Mühe und sorgt selber für Ordnung.“

„Oh, Ärger im Paradies?“ Daph kicherte leise, während sie sich mit den Armen auf dem Tresen abstützte.

Ich setzte mich auf einen der Barhocker ihr gegenüber. „Mit Ärger hat das nichts zu tun. Es ist vielmehr, dass mich das einfach nur aufregt. Vermutlich bin ich in der Hinsicht einfach anders als er“, stellte ich fest und umschloss meinen Kaffeebecher mit beiden Händen.

„Man könnte sogar sagen, dass du anders bist als der Rest der Welt.“ Sie lachte wieder und trank schnell einen Schluck, als sie meinen Blick bemerkte.

„Gott, wie habe ich dich vermisst.“ Ich lächelte.

„Weiß ich doch. Ist bei euch sonst alles okay?“ Dieses Mal scannte Daph mich mit ihren Augen, als würde sie spüren, dass irgendetwas nicht stimmte.

Ich nickte lediglich.

„Bist du dir sicher? Ich kenne dich, Sally Walters. Und ich merke es, wenn du mir was vormachst. Also, rück schon raus mit der Sprache!“

„Bis auf solche Kleinigkeiten ist alles gut“, gab ich betont locker von mir.

Daph deutete mit dem Kopf auf meine Reisetasche. „Und die Tasche bedeutet, dass du heute Nacht hierbleibst?“

„Genau. Brad unternimmt heute Abend was mit den Jungs.“

„Ah!“ Meine Freundin richtete sich auf und zeigte mit dem Finger auf mich. „Daher weht der Wind. Dir passt es nicht, dass er heute mit den Jungs unterwegs ist.“

Autsch! Daphne und ihr Scharfsinn. Vor dieser Frau konnte ich nichts, aber auch rein gar nichts geheim halten.

„Habe ich recht?“, hakte sie nach und lehnte sich vor, um mir genau in die Augen zu schauen.

Zögerlich nickte ich. „Ja, vielleicht hast du Recht. Es gefällt mir einfach nicht, dass er so oft in letzter Zeit mit den Jungs unterwegs ist.“

„Es gefällt dir nicht, dass Alex dabei ist“, korrigierte Daph mich.

Ich zuckte bei diesem Namen zusammen. „Na ja, immerhin war die Sache mit Alex ein bisschen verzwickt. Du weißt das, denn du warst ja schließlich dabei. Und Brad war so eifersüchtig auf ihn. Aber jetzt ist er ständig dabei, wenn Brad loszieht.“

„Aber da kann er ja nichts für. Mitch nimmt ihn ja immer wieder mit. Außerdem sind Männer da anders als wir Frauen. Die denken vermutlich nicht einmal daran, dass da mal irgendwie was zwischen dir und Alex war. Ich könnte wetten, die haben das komplett vergessen. Während wir auf diesen Dingen herumkauen wie auf einem alten Kaugummi, schlucken die das einfach runter wie ein kühles Bier.“

Ich lachte laut auf. „Das ist ein sehr guter Vergleich. Danke dir für diese bildhafte Darstellung.“

„Zerbrich dir nicht deinen hübschen Kopf darüber“, riet sie mir und trank ihren Becher aus, bevor sie sich nachschenkte.

„Ich bin nur froh, dass ich ihn seitdem nicht mehr gesehen habe“, erklärte ich erleichtert. Bis auf die Tatsache, dass ich einmal mit Alex geschlafen hatte, war damals nicht mehr passiert, da ich mich schnell wieder von ihm gelöst hatte. Zudem bestand das Problem, dass ich mich durch ihn total verändert und wieder zu meinem alten Ich gefunden hatte, was mir gar nicht gefiel. Daraus war der schlimmste Streit mit Brad entstanden. Außerdem hatte ich Alex nur als Vorwand genutzt, um mich von Brad abzulenken, was mir bis heute noch sehr leidtat. Ich war so verzweifelt gewesen, dass ich mir nicht anders zu helfen wusste. Alex war kein schlechter Kerl, und wir hatten eine lustige Zeit miteinander verbracht. Aber eben auch eine schwere Zeit. Nur ungern dachte ich an diese Momente zurück. Die ganze Geschichte zwischen Alex und mir war einfach aus dem Ruder gelaufen. Davon ganz zu schweigen, dass ich mit ihm geschlafen hatte.

„Glaub mir, ihr werdet euch früher wiedersehen, als es dir lieb ist. Irgendwann werdet ihr euch über den Weg laufen. Dafür haben Brad und er einfach zu viele Berührungspunkte. Aber genug jetzt davon. Du solltest der glücklichste Mensch auf Erden sein. Du warst so verknallt in Brad und konntest es kaum glauben, dass ihr endlich zusammen seid. Jetzt sitzt du hier und machst ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter.“

Daphs mahnender Tonfall gefiel mir in diesem Moment gar nicht. „Du hast recht“, pflichtete ich ihr bei. „Ich liebe Brad und bin überglücklich, mit ihm zusammen zu sein.“

„Na siehst du? Geht doch. Und damit dir der Abend nicht so schwerfällt, schlage ich vor, schmeißen wir uns eine DVD an und genießen den Abend in Jogginghosen und einer Menge Süßigkeiten. Was meinst du?“ Daph strahlte aus allen Poren und hielt ihren Becher zum Anstoßen bereit.

„Was würde ich nur ohne dich machen?“, fragte ich lächelnd.

„Vermutlich in einer Ecke sitzen und dir die Augen ausheulen, weil es dir so schlecht geht.“

Ich streckte ihr die Zunge raus und stieß schließlich mit meinem Becher an ihren.

***

Irgendwann war Daph aufgebrochen und machte sich auf den Weg in die Schule. Dass sie irgendwann mal Lehrerin sein sollte, brachte mich immer wieder zum Schmunzeln. Vermutlich würde sie eine draufgängerische Lehrerin werden. Etwa so wie Cameron Diaz in dem Film Bad Teacher . Aber neben ihrer lockeren Art konnte sie zudem eine gute Zuhörerin sein, und ich war froh, dass sie meine beste Freundin war. Besonders nachdem, was damals zwischen ihr und Brad geschehen war. Anfänglich war die Situation zwischen uns dreien noch merkwürdig und ich fühlte mich schuldig ihr gegenüber, weil ich ihr quasi Brad ausgespannt und sie belogen hatte, was meine Gefühle für Brad anging. Aber nach ein paar Wochen hatte Daph sich daran gewöhnt. Sie versicherte mir immer wieder, dass es ihr nichts ausmachen würde. Sie war der Ansicht, dass Brad und sie nicht zusammengepasst haben. Womit hatte ich sie nur verdient, nach allem was ich getan und ihr zudem noch verschwiegen hatte? Nach ihrem guten Zuspruch am Morgen fühlte ich mich tatsächlich ein bisschen besser, und da der Hausputz nicht nötig war, genoss ich ein paar freie Stunden mit einem Buch auf der Couch. Nach einer gewissen Zeit warf ich einen Blick auf mein Smartphone und sah erst dann, dass ich schon vor Stunden eine Nachricht bekommen hatte.

Heute ein Abend unter Schwestern? Deine verschollene Schwester M.a.r.i.a

Ach Mist! Ich hatte Maria in den letzten Tagen kaum gesprochen und dabei gelobte ich doch Besserung, dass ich mich öfter melden würde. Und jetzt, da sie nur ein paar Straßen weiter wohnte, sollte das eigentlich machbar sein. Ich hatte mich in der letzten Zeit tatsächlich nur darauf konzentriert, die Beziehung mit Brad perfekt zu gestalten und alles andere um mich herum vernachlässigt. Jetzt wollte ich sie nicht schon wieder sitzen lassen. Hastig tippte ich auf meinem Smartphone eine Nachricht ein:

Daph und ich sehen uns heute Abend einen Film an und machen einen Frauenabend. Stoß doch gerne in Jogginghosen dazu! Sall

Daph würde sicher nichts dagegen haben. Im Gegenteil, die beiden verstanden sich manchmal etwas zu gut, wenn es darum ging, mich wegen irgendwelcher Sachen aufzuziehen.

Nachdem ich vor einigen Monaten aus Denver zurück hierherkam, brach es Maria erneut das Herz. Denn wir hatten uns in der Zeit bei Mom gerade wieder richtig angenähert, nachdem knapp zwei Jahre Funkstille zwischen uns herrschte. Also hatte sie beschlossen, ihr Psychologiestudium hier in Boulder zu beginnen und sich ganz in der Nähe eine Wohnung zu suchen. Psychologie passte perfekt zu Maria. Es war schön zu wissen, dass sie jetzt nahe bei mir war und wir endlich ein normales Schwesternverhältnis aufbauen konnten. Inzwischen war sie ein fester Bestandteil in unserer Clique geworden.

Ich warf einen Blick auf mein Smartphone.

Suche in diesem Moment nach der bequemsten Hose, die ich habe. Bis später!

Das würde sicherlich ein sehr lustiger Frauenabend werden. Voller Vorfreude sprang ich von der Couch auf und begann mich in der Küche auszutoben, um ein paar Leckereien für den Abend zu zaubern.

***

Daph kam durch die Tür gestolpert und begrüßte mich gutgelaunt. Sie hielt zwei DVDs in die Luft und schwenkte damit wild umher. „Hallo, meine Liebe. Ich habe die besten Filme für einen perfekten Abend rausgesucht. Was möchtest du als erstes schauen?“ Sie legte die DVDs beiseite und schälte sich aus ihrer Jeansjacke, die sie achtlos auf die Couch warf. „Erst Poltergeist und dann Killthe boss , oder lieber erst den lustigen und dann den bösen Film? Ich selber fände es glaube ich besser, erst was Böses zu gucken und danach mit einem freundlichen Film abzuschließen, sonst kann ich vermutlich nicht schlafen.“ Sie kam mit neugierigem Blick um die Küchentheke geeilt, um zu sehen, was ich dort trieb.

„Ich bin auch dafür, den lustigen Film danach zu schauen und uns erst den Poltergeist anzusehen“, stimmte ich ihr zu. „Hey!“, rief ich laut, als Daph sich über die Käsewürfel hermachte, die ich gerade zurechtgeschnitten hatte und schlug ihr auf die Finger. Kichernd verließ sie den Küchenbereich.

„Wir werden heute Abend allerdings nicht alleine sein“, setzte ich an und bedachte sie mit einem mahnenden Blick, als ihre Finger über die Theke hinweg zu den Weintrauben langten.

„Maria hat gefragt, ob ich heute Zeit für sie habe. Ich musste ihr anbieten, auch zu kommen, weil ich schon ein ganz schlechtes Gewissen ihr gegenüber hatte.“

„Nicht nur bei ihr“, fügte Daph hinzu und steckte sich eine Weintraube in ihren vorlauten Mund. „Aber das ist kein Problem. Ich mag deine Schwester“, erklärte sie und ließ sich auf den Barhocker vor dem Tresen nieder.

„Das freut mich.“ Ich lächelte und hielt ihr noch einen Käsewürfel hin, ehe ich sie in den Kühlschrank verfrachtete. „Und ich freue mich auch, dass sie jetzt hier bei mir in der Nähe ist. Das tut uns beiden sehr gut.“

„Schön, dass sich das zwischen euch beiden wieder eingerenkt hat“, pflichtete sie mir bei. „Und wie läuft es bei dir und deiner Mom?“, fragte sie kauend.

„Auch gut. Wir telefonieren regelmäßig. Gerade jetzt, wo Maria hier wohnt, fragt sie natürlich dauernd, ob ich auch ein Auge auf sie habe.“

„Das freut mich für euch“, gab Daph lächelnd von sich und ließ einen kontrollierenden Blick über den Küchenbereich gleiten. „Also, was haben wir alles für heute Abend? Ich habe noch Chips besorgt und zwei Flaschen Wein.“

„Ich habe Käsewürfel, Weintrauben und Cocktailtomaten mit Mozzarella vorbereitet“, erklärte ich stolz. „Maria wird sicherlich auch noch was mitbringen.“

Daph rieb sich erwartungsvoll die Hände. „Dann kann der Mädelsabend ja bald beginnen.“ Und da klingelte es auch schon an der Haustür.

Drei

„Müssen solche Filme eigentlich immer so düster sein?“, jammerte Maria, während der Abspann endlich einsetzte.

„Vor allem gibt es in solchen Filmen grundsätzlich nie Lichtschalter in den Zimmern, wenn es drauf ankommt“, stimmte Daph mit ein und trank einen Schluck aus ihrem Weinglas. „Warum tun wir uns solche Filme eigentlich immer wieder an?“

„Du hast die DVDs doch besorgt, wenn ich dich daran erinnern darf“, gab ich lachend von mir.

Daph nickte, als würde sie sich schweren Herzens daran erinnern.

„Aber danke, dass ich ein Teil eures Mädelsabend sein darf“, gab Maria von sich. Es war komisch, die kleine Schwester mit Alkohol in der Hand zu sehen, vor allem, weil es mir deutlich machte, wie erwachsen sie in der letzten Zeit eigentlich geworden war. Ich hatte Mom natürlich versprechen müssen, dass sie keinen Mist baute. Wenn ich dabei war, dann erlaubte ich ihr jedoch auch hin und wieder mal etwas mit uns mitzutrinken. Was konnte ich ihr schon großartig verbieten, nachdem ich mich lange aus dem Staub gemacht hatte und dann plötzlich wieder blicken ließ. Ich fühlte mich einfach nicht gut dabei, ihr irgendwelche Vorschriften zu machen und versuchte alles so locker wie möglich zu sehen. Gott sei Dank war Maria von Natur aus ein vernünftiger Mensch, die ihre Grenzen ganz klar kannte.

„Du bist hier immer willkommen“, gelobte Daph.

„Wie kommt es eigentlich, dass du heute Abend tatsächlich mal Zeit hast?“, neckte mich meine kleine Schwester mit einem vielsagenden Blick.

Ehe ich antworten konnte, schnitt Daph mir das Wort ab. „Brad macht heute einen Männerabend. Und rate mal, wer dabei ist?“, witzelte Daph.

Ich rutschte genervt auf dem Sessel hin und her, auf dem ich es mir gemütlich gemacht hatte, nachdem sich Maria und Daph fast um die Couch geprügelt hatten.

„Na, da bin ich aber mal gespannt.“ Maria kicherte. Ich war kurz davor, ihr den Alkohol doch wegzunehmen.

„Alex ist auch dabei“, erklärte Daph, als würde sie ein Staatsgeheimnis offenbaren.

Maria verzog überrascht das Gesicht. „Und das ist okay für dich?“, fragte sie dann an mich gewandt.

Ich nickte locker. „Klar, was soll ich schon dagegen haben?“

„Das hörte sich vorhin aber ganz anders an, meine Liebe“, fiel mir Daph ins Wort und zeigte mit dem Finger auf mich.

„Vorhin dachte ich auch noch, dass du meine Freundin wärst“, verteidigte ich mich schnippisch.

„Ach komm schon“, versuchte Daph zu schlichten, doch ließ sie sich ihr Grinsen durchaus noch anmerken, „ich ziehe dich doch nur ein bisschen auf.“

Ich sackte genervt auf dem Sessel zurück und schaute zu meiner Schwester. „Hör dir das nicht so genau an. Daph übertreibt. Es ist nur ein wenig seltsam, wenn du verstehst was ich meine. Das mit Alex war halt merkwürdig und kompliziert und dass er und Brad wieder so viel miteinander zu tun haben, finde ich einfach nicht gut. Vielleicht habe ich mich aber auch nur noch nicht richtig daran gewöhnen können.“

„Also ich glaube, dass es dich nicht zu stören braucht, solange es Brad auch nicht stört. Immerhin muss er ihm in diesem Moment gegenübersitzen und nicht du. Und auch wenn ihr mal aufeinandertreffen solltet, dann werden das sicherlich alle verstehen, wenn es dir unangenehm ist. Außerdem wart ihr beide nicht einmal ein Paar, als du mit Alex geschlafen hast und immerhin war Brad mit Daph auch im Bett. Entschuldige, wenn ich das erwähne.“ Sie räusperte sich schüchtern. „Ich möchte damit ja nur sagen, dass ihr beide euch nicht gegenseitig verletzt habt, weil ihr nicht zusammen wart. Deswegen sollte es Brad auch nicht stören.“

„Gut, dass wir eine angehende Psychologin unter uns haben“, witzelte Daph und stupste mit ihrem Fuß an Marias Bein.

„Vielleicht hast du Recht. Ich meine, ich kann ja nicht wissen, wie es sein wird, wenn wir aufeinandertreffen, bislang denke ich nur, dass es komisch sein wird“, erklärte ich nachdenklich und angelte nach einem Käsewürfel.

„Na also“, pflichtete mir Maria bei. „Male nicht gleich den Teufel an die Wand. Ich glaube, du steigerst dich da zu sehr rein. Lass die Jungs befreundet sein, wenn sie das wollen. Immerhin ist Brad auch noch mit Daph befreundet und du mit ihr. Das ist für alle so ein bisschen verzwickt.“

Ich nickte zustimmend und kaute nachdenklich auf dem Käse, bevor ich noch einen zweiten Würfel hinterherschob.

„Lass es einfach auf dich zukommen.“ Daph lächelte mir zuversichtlich entgegen. „Solange das das einzige ist, was dich stört, ist doch alles gut.“

Wieder nickte ich nur und senkte meinen Blick auf meine Finger.

„Oh, oh“, hörte ich plötzlich Daph sagen. Sie lehnte sich nach vorne und versuchte meinen Blick einzufangen, den ich ihr geschickt entzog. „Rück schon raus mit der Sprache. Was stört dich noch an ihm?“

„Gar nichts!“, gab ich etwas zu schrill von mir und rückte nervös auf meinem Sessel hin und her.

„Und wer soll dir das glauben?“, hakte Maria nach.

Ich druckste herum und kaute nachdenklich auf der Innenseite meiner Wange. Tatsächlich gab es ein paar Dinge, die mir in letzter Zeit negativ aufgefallen waren, nur wollte ich sie nicht so gerne hier in der Runde offenbaren.

„Sally, was ist los?“, sprach Daph fordernd.

Fahrig zuckte ich mit den Achseln. „Nun, vielleicht gibt es ein paar Dinge, die mich stören.“

„Und die wären?“ Maria lehnte sich vorsichtig nach vorne. Mich hätte nicht gewundert, wenn sie bereits einen Zettel auf einem Klemmbrett und einen Stift bereithalten würde.

„Es ist nur, allmählich kommen ein paar Verhaltensweisen von ihm ans Tageslicht, die einfach nicht so sind, wie ich sie erwartet, oder mir vielleicht auch gewünscht hätte“, begann ich leise und griff nach meinem Weinglas, da ich selber merkte, wie egoistisch das klang. „Ich dachte am Anfang, dass er mehr der Kuschel-Typ ist, aber das ist er eben gar nicht. Das fehlt mir manchmal ein bisschen, weil er sich am Anfang noch recht viel Mühe gegeben hat und jetzt eben nicht mehr. Auch nach dem Sex dreht er sich sofort um, anstatt noch eine Weile mit mir zu kuscheln.“

„Ist er denn gut?“, fragte Maria plötzlich.

Fragend schaute ich sie an. „Was meinst du?“

„Na, der Sex. Ist er gut?“

Mir schoss die Röte ins Gesicht und ich öffnete meinen Mund und schloss ihn direkt wieder. Nach langem Zögern nickte ich allerdings ausgiebig. „Ja, also da kann ich wirklich nichts gegen sagen. Aber danach ist alles einfach viel zu schnell vorbei.“ Ich seufzte und schaute kurz zu Daph, die die Arme abwehrend hob.

„Von mir erfährst du nichts. Ich möchte dir nicht sagen, wie unser Sexualleben war. Das geht dann wohl doch etwas zu weit, meine Liebe. Wärst du nicht mit Brad zusammen, dann würde ich aus dem Nähkästchen plaudern, aber die Tatsache, dass ihr zusammen seid, verändert meine Ansicht dahingehend etwas.“

Beschwichtigend hob ich die Hände. „Du hast ja Recht. Ich verstehe das und würde es vermutlich genauso machen und nichts sagen.“

Daph entspannte sich wieder und trank einen Schluck aus ihrem Glas, ohne mich aus den Augen zu lassen. „Ich kann dir nur sagen, dass Brad manchmal etwas anstrengend sein kann. Da gebe ich dir Recht, also was das Aufräumen zum Beispiel angeht. Aber wer ist das nicht? Jeder hat doch seine Macken.“

„Ich weiß. Es ist nur, als wir noch beste Freunde waren, da war er einfach ein bisschen anders. Vielleicht habe ich mich noch nicht ganz daran gewöhnen können, dass wir jetzt ein richtiges Paar sind. Ich hätte mir die Veränderungen nach einer Freundschaft nicht so gravierend vorgestellt“, gestand ich.

„Na ja, von einer besten Freundschaft in eine Beziehung über zu gehen, muss nicht immer einfach sein“, erklärte Maria.

Daph schaute sie von der Seite an. „Woher weißt du eigentlich so viel darüber?“

Maria wurde rot im Gesicht. Sie kam, was das angeht, total nach mir.

„Ich habe eben auch so meine Geschichten und Erfahrungen gemacht“, sagte sie kichernd.

„Darüber werden wir wohl ausgiebig sprechen müssen“, drohte Daph und erhob mahnend den Zeigefinger. „Ich will alles wissen.“ Sie lachte.

„Jetzt ist erst einmal Sally wichtig“, lenkte Maria hastig ab und deutete mit einem Kopfnicken auf mich. „Wie wäre es, wenn du vielleicht einfach einen schönen Abend für euch beide organisierst und ihn überraschst. Mit einem Essen vielleicht oder ihr geht schön aus. Tut einfach so, als ob das euer erstes Date wäre.“

„Wenn man es so nennt, dann könnte es das beinahe sein, denn in letzter Zeit hatten wir keine Dates. Es sei denn, man zählt das Lümmeln auf der Couch und das Hinterherräumen von irgendwelchen Sachen dazu.“ Skeptisch zog ich die Augenbrauen hoch. Himmel, ich musste mich schrecklich verbittert anhören.

„Na also, dann lass doch ein paar schöne Gefühle zwischen euch aufleben. Immerhin seid ihr beide noch nicht so lange zusammen. Lass nicht zu, dass der Alltag über euch hereinbricht, denn irgendwie hört sich das für mich verdammt danach an“, sprach Maria weiter und griff nach einer Weintraube.

Beide sahen mich gespannt an. Ich blickte von Maria zu Daph und wieder zurück. „Vielleicht hast du Recht. Es kommt mir so vor, als ob der Alltag bedrohlich nahe vor unserer Tür steht und kurz davor ist anzuklopfen. Vielleicht wäre ein Date für uns mal wieder das Richtige.“

Allmählich ließ meine Anspannung nach und verwandelte sich immer mehr in Vorfreude. Ein richtiges Date für mich und Brad. Lange hatten wir keinen Abend verbracht, bei dem sich jeder für den anderen schick zurechtmachte und sich bemühte, dem anderen zu gefallen. Viel zu oft kam es in der letzten Zeit vor, dass wir uns in Schlabbersachen und mit Junkfood vor dem Fernseher gemütlich machten, miteinander schliefen und dann jeder für sich auf seiner Seite des Bettes einschlief. Ich sehnte mich nach einem schönen Abend, der das Feuer zwischen uns mal wieder ordentlich zum Brennen brachte.

Vier

Meine Vorlesung am Vormittag verbrachte ich damit, mir einen schönen Abend mit Brad auszumalen: mit einem perfekten Essen und einer leidenschaftlichen Nacht. Nach diesem Abend konnte es nur wieder so werden, wie zu Beginn unserer Beziehung. Da war ich mir absolut sicher. Brad würde sich sicherlich wieder mehr Mühe geben, so dass ich dieses gewohnte Kribbeln im Bauch spüren konnte. Wir hatten bereits heute Morgen besprochen, dass er am Abend zu mir kommen würde. Nach der Uni ging ich in den Supermarkt und kaufte nur die besten Zutaten für ein wunderbares Essen ein. Ich war zwar keine begnadete Köchin, aber ein leckeres Essen brachte ich zustande. In der Gemüseabteilung suchte ich nach frischem Spinat, Zwiebeln und Tomaten. An der Fleischtheke kaufte ich frisches Hackfleisch. Da Brad Spinatlasagne über alles liebte, hatte ich mich für dieses Gericht entschieden. Zum Nachtisch plante ich Schokoladenmousse mit Erdbeeren, allerdings musste ich auf tiefgefrorene Erdbeeren zurückgreifen, denn um diese Jahreszeit gab es natürlich noch keine frischen Früchte. Ruckzuck war mein Einkaufswagen voll und mein Geldbeutel leer, aber das war es definitiv wert.

***

In der Küche hatte ich mich bereits ausgebreitet, als Daph irgendwann aus ihrem Zimmer geschlichen kam und mich neugierig bei meinen Vorbereitungen beobachtete. „Du scheinst das mit dem Abendessen für dich und Brad aber sehr ernst zu nehmen, oder?“ Sie schob sich auf einen der Barhocker vor der Küchentheke und starrte mit großen Augen auf das Chaos.

„Ich glaube einfach, dass es uns guttun wird. So wie mir das Gespräch gestern Abend mit euch gutgetan hat. Nach diesem Essen wird Brad die Welt nicht mehr verstehen“, sagte ich und schwang dabei den Kochlöffel in meiner Hand wild hin und her.

„Solange du auch etwas von dem Zeug hier in den Topf beförderst und nicht an die Küchenwand, glaube ich dir gerne.“ Daph schüttelte lachend den Kopf, als wäre ich irgendein hoffnungslos verliebter Teenager. „Aber warte mal.“ Sie hielt kurz inne und machte ein skeptisches Gesicht. „Wenn ihr heute hier den Abend verbringt, dann heißt das für mich, dass ich mich in meinem Zimmer verschanzen oder das Weite suchen muss.“

Zuckersüß lächelte ich sie an, ohne ein Wort zu sagen. Sie kannte die Antwort schließlich.

„Verstanden“, sagte sie resigniert und schlug leicht mit den flachen Händen auf den Tresen. „In meinem Zimmer will ich nicht bleiben. Dann muss ich eventuell Dinge hören, die nicht für meine Ohren bestimmt sind. Also werde ich mich verziehen.“

„Wegen uns musst du nicht fliehen, aber wegen der Geräusche kann ich für nichts garantieren“, scherzte ich.

„Schon gut. Ich treffe mich heute sowieso noch mit Adrian“, erklärte sie mir und wandte sich zum Gehen.

„Halt, Stopp!“, rief ich laut und deutete mit dem Kochlöffel auf sie, „wer zum Teufel ist Adrian? Ich habe diesen Namen noch nie aus deinem Mund gehört.“

„Adrian arbeitet gemeinsam mit mir an dem Frühlingsfestprojekt für die Schule. Wir beide wurden beauftragt, das Konzept zu gestalten. Es ist also quasi ein Pflichttreffen. Und dabei kann ich diesen Schnösel noch nicht einmal richtig gut leiden“, gab sie seufzend von sich. Ich verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Hört sich schrecklich an.“

„Ist es auch“, pflichtete sie mir bei und rollte mit den Augen. „Der Typ ist ein totaler Spießer. Immer nur lernen, lernen und noch mehr lernen und möglichst nicht aus dem Haus gehen.“

„Also das komplette Gegenteil von dir“, stellte ich lachend fest.

Sie streckte mir amüsiert die Zunge raus, ehe sie im Badezimmer verschwand.

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Nachdem ich die Lasagne in den Ofen geschoben hatte, machte ich mich an die Vorspeise. In einer halben Stunde würde Brad da sein. Ich häufte die Tomatenwürfel auf die Brotscheiben und würzte sie mit Salz und Pfeffer. Anschließend legte ich noch ein paar Blätter Rucola auf die kleinen Scheiben und verschwand schnell im Badezimmer, um mich selber noch hübsch zu machen. Mein Herz hämmerte bereits wie wild in meiner Brust. Meine Haare waren in Ordnung, sodass ich lediglich ein bisschen Make-up und etwas Mascara auftrug. Dann versprühte ich noch eine Portion Parfüm, das Brad so gerne an mir roch und deckte den kleinen Esstisch in unserem Wohnzimmer ein. Das Ganze toppte ich noch mit einer Kerze in der Mitte des Tisches und servierte schon einmal die Vorspeise, sodass Brad sicherlich die Augen ausfallen würden. Alleine der Duft des Essens vernebelte mir bereits die Sinne. Der Blick auf die Uhr sagte mir, dass es fünf Minuten nach sieben war. Daph hatte sich schon vor einer Stunde verabschiedet. Flüchtig warf ich einen Blick auf mein Smartphone und entdeckte eine Nachricht auf dem Bildschirm. Sie war von Brad. Mit einem Ziehen in der Magengegend öffnete ich sie, da ich bereits Schlimmes ahnte.

Verspäte mich etwas, haben noch eine Besprechung in der Uni. Maximal eine halbe Stunde. Liebe dich!

Eine halbe Stunde Verspätung – das brachte meinen ganzen schönen Plan ins Wanken! Ich blickte auf die Bruschetta und war jetzt schon am Boden zerstört, weil abzusehen war, dass der Tomatensaft das Brot aufweichen würde. Außerdem musste ich den Ofen runterstellen, denn sonst würde die Lasagne noch verbrennen.

Ich setzte mich auf meinen Platz an dem gedeckten Tisch und schenkte mir erst einmal ein Glas Wein ein, an dem ich nippte. Eine halbe Stunde früher oder später essen machte den Kohl jetzt auch nicht mehr fett, deshalb versuchte ich meine Laune wieder etwas zu heben. Eine Dreiviertelstunde später hatte ich noch keine Nachricht von Brad, und ich begann ziemlich unruhig zu werden und trank das zweite Glas Wein schon etwas schneller. Es nervte mich, dass mein Plan nicht aufging. Zudem knurrte mein Magen wie wild. Ich hatte den Tag über vor lauter Aufregung kaum etwas gegessen. Nach einer weiteren Viertelstunde begann ich, die Bruschetta zu essen und tippte eine Nachricht in mein Smartphone.

Hattest du vor, heute noch zu kommen, oder habe ich mich im Tag geirrt?

Ich wartete eine Weile, aber es kam keine Antwort. Nichts. Zornig sprang ich von meinem Platz auf, nahm die Lasagne aus dem Ofen, goss mir ein weiteres Glas ein und verspeiste fast die Hälfte des Auflaufs. Ich hatte eigentlich gar keinen Hunger mehr, sondern aß mehr oder weniger aus Frust. Vielleicht wollte ich auch insgeheim, dass Brad nichts mehr von seinem Lieblingsgericht abbekam. Er sollte vor lauter schlechtem Gewissen im Erdboden versinken. Auch die Schokoladenmousse aß ich noch in mich hinein, bis ich beinahe platzte. Nachdem meine Wut etwas nachließ, verwandelten sich meine aufgestauten Emotionen in Traurigkeit. Den ganzen Tag hatte ich mich auf den perfekten Abend, auf das perfekte Essen, auf uns gefreut. Ich war aufgeregt gewesen wie schon lange nicht mehr, hatte mir die größte Mühe gegeben, das alles hier herzurichten, um dann einfach versetzt zu werden. Ich hatte gehofft, der Abend würde etwas retten, was kaputt zu gehen drohte, aber jetzt hatte ich ein sehr ungutes Gefühl in mir. Sobald Brad durch diese Tür kommen würde, konnte ich meine Gefühle, meine Wut nicht zurückhalten, und ich würde ihn meine Enttäuschung spüren lassen. Ich stellte mich auf einen heftigen Streit mit Brad ein.

Fünf

Brad verspätete sich insgesamt eineinhalb Stunden. Ich saß noch immer zusammengesackt am Tisch und starrte auf die halb aufgegessene Lasagne, ein paar lose Tomatenstücke auf meinem Teller und die Schüssel mit der Schokoladenmousse. Irgendwann vernahm ich dann das Geräusch des Schlüssels im Schlüsselloch. Auf dem ersten Blick wirkte Brad müde und kaputt, doch als er mich dort sitzen sah, veränderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. Erst sah er überrascht, dann schuldbewusst aus, nachdem er seinen Blick über den Tisch schweifen ließ. Ich hörte ihn etwas murmeln, während er sich aus der Jacke schälte und dann eilig auf mich zukam. Ich wandte mein Gesicht ab.

„Schatz? Sag bitte, dass es nicht das ist, wonach es aussieht.“ Kleinlaut ging er neben mir in die Hocke und legte seinen Arm um meine Schultern.

„Es ist genau das“, antwortete ich knapp und entzog mich seiner Berührung. Mir stieg der Geruch von Bier in die Nase, und ich ahnte bereits, dass die Besprechung in Biertrinken übergegangen war.

„Hätte ich gewusst, dass du das hier alles zauberst, dann …“

„Was wäre dann passiert? Hättest du dann auf das Biertrinken verzichtet?“, herrschte ich ihn an und sprang sauer vom Stuhl hoch. Brad stand auf und machte einen Schritt rückwärts. Seufzend ließ er den Kopf hängen. Mit angespanntem Körper ging ich in die Mitte des Wohnzimmers, um mehr Platz um mich herum zu haben, wenn ich ihm meine Meinung sagen würde. Ich wollte nicht streiten. Ich hasste Streit, und daher war es das Letzte, was ich wollte. Aber ihm zu sagen, was ich gerade dachte, war mir in diesem Moment sehr wichtig.

„Es tut mir leid. Wir hatten in der Uni noch eine wichtige Besprechung. Ich habe mich doch für das Tutorenprogramm eingeschrieben. Scheinbar hatte ich das vergessen und Alex hat mich daran erinnert.“ Bei dem Namen Alex hielt er kurz inne, um meine Reaktion zu überprüfen. Ich zuckte kaum merklich mit einem Augenlid und versuchte so wenig wie möglich an Emotionen zu zeigen. Vor meiner Brust verschränkte ich abwehrend die Arme. Brad suchte noch nach weiteren Worten, ehe er weitersprach und rieb sich verlegen am Hinterkopf. „Danach wurde für die ganze Truppe noch ein Bier spendiert, und scheinbar habe ich mich da verquatscht. Er machte einen Schritt auf mich zu und legte vorsichtig die Hände auf meine Schultern. „Wenn ich gewusst hätte, dass du kochst, dann hätte ich die Zeit niemals so aus den Augen verloren. Es tut mir unendlich leid.“ Sein Gesicht verriet, dass es ihm wirklich sehr leidtat, aber mir tat es weh, versetzt zu werden, nachdem ich mir so viel Mühe gemacht hatte.

„Und was ist mit deinem Smartphone? Ist das ins Klo gefallen, oder warum konntest du dich nicht melden?“ Ich entzog mich erneut seinem Griff.

Brad seufzte. „Ich habe mich doch gemeldet.“

„Ja, du hast dich für die erste halbe Stunde entschuldigt. Wie erklärst du die restliche Stunde?“ Ich festigte meinen Stand, weil ich wusste, dass ich im Recht war. Er hätte sich schließlich wenigstens melden können.

„Du hast Recht. Ich hätte mich melden müssen. Warum hast du denn nicht gesagt, dass das Essen kalt wird?“ Er wirkte beinahe flehend, als wolle er sagen, dass ich nicht länger sauer sein sollte.

„Weil es eine Überraschung werden sollte. Ich wollte einfach mal wieder einen schönen Abend mit dir verbringen“, erklärte ich etwas ruhiger und wandte mich von ihm ab. Brad fasste mich an den Armen und hielt mich auf. „Aber das kann doch noch immer ein schöner Abend werden. Es ist doch erst halb neun.“

„An einen schönen Abend glaube ich inzwischen nicht mehr. Kannst du dir vorstellen, wie schlecht ich mich fühle? Ich habe den ganzen Nachmittag damit verbracht, einzukaufen und das Essen zu machen. Jetzt habe ich fast alles alleine aufgegessen, damit du von deinem Lieblingsessen nichts mehr abbekommst und mein Magen bedankt sich dafür. Auch den blöden Wein habe ich fast alleine ausgetrunken. Nach einem schönen Abend ist mir jetzt leider nicht mehr.“ Mit geballten Fäusten stapfte ich davon. Genervt stieß ich meine Zimmertür auf und schluckte schwer, als ich die Lichterkette am Kopf meines Bettes sah und den süßlichen Duft einatmete, den ich sorgsam versprüht hatte, um die Atmosphäre aufzulockern. Hinter mir hörte ich wie Brad ins Zimmer trat und erneut seufzte. Das tat ihm jetzt richtig leid. Innerlich triumphierte ich. Sollte er doch an seinem schlechten Gewissen eingehen! Dass Alex mit der Sache zu tun hatte, machte das Ganze nicht unbedingt besser. Immer dieser Alex. Irgendwie brachte er mir nur Ärger. Dass Brad und er sich mittlerweile wieder so gut verstanden, wollte mir einfach nicht in den Kopf gehen.

Brad legte behutsam seine Hände von hinten auf meine Schultern und drehte mich zu sich um. Er schaute bedrückt in meine Augen. „Ich bin ein Idiot.“

„Richtig“, stimmte ich ihm zu und wollte mich wieder aus seinem Griff lösen, doch er hielt mich dieses Mal fester. „Ich kann verstehen, dass du sauer bist. Aber ich kann nicht mehr, als mich zu entschuldigen. Also entweder wir streiten für den Rest des Abends, oder wir versuchen noch das Beste daraus zu machen. Ich habe davon nichts gewusst. Glaub mir, ich wäre sofort gekommen, wenn ich geahnt hätte, was du hier für mich auf die Beine gestellt hast. Ich weiß das sehr zu schätzen.“

Ich presste meine Lippen aufeinander, um nicht antworten zu müssen und wich seinem Dackelblick gekonnt aus. Ich hatte keine Lust auf weiteren Streit und schon gar nicht wollte ich, dass er jetzt noch nach Hause fuhr. Also musste ich zusehen, dass ich meinen Gemütszustand wieder beruhigte.

Brad strich mir mit seinem Daumen über meine Wange und schaute mich noch immer eindringlich an. „Ich verspreche, ich mache das wieder gut. Ich übernehme den Abwasch, in Ordnung?“

Nach längerem Zögern nickte ich schließlich resigniert. Der Knoten in meinem Magen begann sich etwas zu lösen.

„Das Essen ist jetzt zwar kalt, aber die Lichterkette ist immer noch an“, sagte er schmunzelnd und deutete auf das Bett.

„Du glaubst doch nicht, dass ich jetzt noch mit dir ins Bett gehe!“, knurrte ich ihn an, während er mich schon mit einem ganz leichten Druck in Richtung Bett schob. Obwohl ich so sauer auf ihn war, begann es in mir dennoch leicht zu prickeln. Nein, das darf jetzt nicht sein! Ich hasste mich dafür. „Nein Brad, echt nicht. Ich bin sauer auf dich“, jammerte ich und versuchte ihn von mir wegzuschieben. Doch Brad lachte vergnügt und ich sah das Funkeln in seinen Augen. Mein Unterleib begann plötzlich gewaltig zu beben. Jeder Versuch, das zu unterdrücken, war zwecklos. Brad schaffte es immer, mich rumzukriegen. Ich zwang mich jedoch stark zu bleiben. Das Ende vom Lied war: Wir schliefen miteinander und der ganze vermasselte Abend war vergessen.

***

Am nächsten Morgen musste Brad wieder früh los, da in diesem Semester sehr viel auf seinem Programm stand. Er hatte sich alle möglichen Wahlkurse in sein Semester gepackt, anstatt diese auf die folgenden Semester aufzuteilen. Ich hatte zum Glück nicht mehr viel zu tun, da sich die Klausurenphase ankündigte. Schon bald waren Ferien. Nachdem Brad verschwunden war, fühlte ich mich schlecht. Ich wollte eigentlich immer noch sauer auf ihn sein und ihm zeigen, dass er mich enttäuscht hatte. Stattdessen hatte ich mich mal wieder von ihm einlullen lassen. Er und sein verdammter Körper zogen mich einfach magisch an. Brad löste etwas in mir aus, das ich einfach nicht kontrollieren konnte, und so schaffte er es immer wieder, mich zu verführen, obwohl ich doch eigentlich sauer auf ihn war. Natürlich war die Art, sich zu versöhnen, die schönste gewesen, aber das durfte ich nicht jedes Mal durchgehen lassen. Ich nahm mir vor das nächste Mal, standhaft zu bleiben und meinen Standpunkt besser zu vertreten.

An diesem Morgen versuchte ich einfach die negativen Gedanken wegzuwischen und mich auf meine neue Arbeit zu konzentrieren. Neben dem Studium hatte ich gemerkt, dass mein gespartes Geld langsam aufgebraucht war. Auch meiner Mom wollte ich nicht unnötig auf der Tasche liegen. Sie überwies mir monatlich ein bisschen Geld. „Geld zum Leben“, nannte sie es, aber da ich wusste, dass sie schon Maria unterstützte, versuchte ich ohne Moms Geld auszukommen. Es musste also ein Job her. Als Literaturstudentin, die eines Tages in einem Verlag arbeiten wollte, bot es sich natürlich an, auch jetzt schon in dieser Branche zu jobben. Eine Kommilitonin hatte mir den Kontakt eines Jugendbuchverlags gegeben, die auf der Suche nach externen Lektoren waren. Als ich mich vor ein paar Monaten dort vorgestellt hatte und der Verlag sehr überzeugt von mir war, bekam ich die Studentenstelle und durfte nun mein Geld damit verdienen, Manuskripte von Autoren zu lesen und zu lektorieren. Besser ging es nicht, und es machte mir unendlich viel Spaß.

Ich suchte in meiner Tasche nach dem Manuskript, das ich gerade bearbeitete und machte mich auf in ein Café in der Nähe. Ständig von zu Hause zu arbeiten war irgendwie nicht mein Ding, deswegen suchte ich verschiedene Cafés auf und arbeitete von dort aus. Außerdem wollte ich heute so wenig wie möglich zu Hause sein, da ich sonst zu sehr an den gestrigen Abend erinnert wurde. Immer wieder schweifte ich ab und dachte darüber nach, was ich eigentlich falsch machte und woran es liegen könnte, dass unsere Beziehung nach so kurzer Zeit bereits eingeschlafen war. Ich bestellte einen Cappuccino. Neben mir lagen das Manuskript eines Fantasybuches und ein Stift zum Korrigieren. Allerdings konnte mich nicht motivieren, mit der Arbeit zu beginnen. Noch war es sehr früh, sodass Ruhe in diesem kleinen Café herrschte. Ich genoss diese Stille noch eine Weile, ehe die Mütter, die ihre Kinder in den Schulen oder Kindergärten abgegeben hatten, herkamen und sich über ihr Leben und ihr Mutterdasein beschweren würden oder über die Nachbarn tratschten.

Wie konnte es sein, dass wir nach nur ein paar Monaten so eine festgefahrene Beziehung führten? Eigentlich sollten wir die glücklichsten Menschen auf Erden sein. Wir sind verliebt, wir sind jung, dachte ich, was kann uns da im Wege stehen? Der Alltag hatte voll zugeschlagen! Und das einfach viel zu früh. Wir gingen gemeinsam in die Uni, lernten zusammen, wenn es sich ergab und gingen mit den gleichen Leuten abends was trinken, wenn es die Zeit erlaubte. Zu Beginn unserer Beziehung waren wir noch oft ins Kino oder in ein Restaurant gegangen, aktuell bestellten wir uns Pizza und sahen uns einen Film auf der Couch an. Punkt. Jetzt kam es mir so vor, als wüsste der eine nichts mit dem anderen anzufangen. Es musste doch etwas geben, das wir beide noch nicht gemeinsam erlebt hatten, das für uns beide neu war. Was wäre in unserer Beziehung ein neues Erlebnis? Nachdenklich trank ich einen Schluck und ließ die heiße Flüssigkeit sich langsam in mir ausbreiten. Vielleicht könnten wir einen Kochkurs besuchen, dachte ich. Aber im gleichen Moment fielen mir seine miserablen Kochkünste wieder ein und ich verwarf den Gedanken. Als nächstes kam mir die Idee, dass man einen Freizeitpark besuchen könnte. Allerdings vertrug mein Magen die wilden Achterbahnfahrten nicht, somit kam das auch nicht in Frage. Ich warf einen Blick auf das Manuskript neben mir. Die Reise zu den Sternen.