Verschieben Sie die Deutscharbeit - mein Sohn hat Geburtstag! - Lena Greiner - E-Book

Verschieben Sie die Deutscharbeit - mein Sohn hat Geburtstag! E-Book

Lena Greiner

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Beschreibung

Von Dinkel-Zwang bis Noten-Klage: Helikopter-Eltern kreisen über ihren Kindern und fliegen ihnen sogar bis in die Uni hinterher. Sie sind ängstlich, ehrgeizig — und vor allem nervig. Wie sie ihren Kindern und dem Rest der Welt das Leben zur Hölle machen, davon erzählen Lena Greiner und Carola Padtberg in diesem Buch. Eine amüsante Realsatire darüber, wie Kinder vom Säuglings- bis ins Erwachsenenalter von ihren Eltern überwacht werden: ein schonungsloser Frontbericht aus dem Familienleben. Eltern, Kinder, Hebammen, Erzieher, Lehrer, Professoren und Studienberater haben ihre besten Episoden an die Redaktion von SPIEGEL ONLINE gesandt und erzählen, was sie mit übermotivierten Eltern erlebt haben. Spleenig, grotesk — und leider wahr.

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Das Buch

Ganz schön verrückt, diese Helikopter-Eltern: Sie sind ehrgeizig, ängstlich – und von der Schwangerschaft bis zum Studium immer zur Stelle. Wie Erziehungsberechtigte ihren Kindern und dem Rest der Welt das Leben zur Hölle machen, davon erzählen die gesammelten Anekdoten in diesem Band. Eine amüsante Realsatire darüber, wie Kinder bis ins Erwachsenenalter von ihren Eltern überwacht werden. Dieses Buch ist kein Erziehungsratgeber und kein pädagogisches Plädoyer gegen Förderwahn, sondern ein schonungsloser Frontbericht aus dem Familienleben. Kinder, Hebammen, Erzieher, Lehrer, Trainer, Professoren, Anwälte, Ärzte und Studienberater ­packen aus, was sie mit übermotivierten Eltern erlebt haben. Spleenig, grotesk – und leider wahr.

Die Autorinnen

Lena Greiner, Jahrgang 1981, stammt aus Hamburg. Sie studierte Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen in Hamburg, Berlin und Washington, D.C. Nach dem Studium arbeitete sie zunächst als freie Journalistin und schrieb vor allem über Bildungs­politik. Seit 2013 ist sie Redakteurin bei SPIEGEL ONLINE, seit 2016 stellvertretende Leiterin des Bildungsressorts.

Carola Padtberg, geboren 1976 im Rheinland, studierte Englische Literatur und Politik in Bonn und London. Sie volontierte bei ZEIT Online und ist seit 2005 Redakteurin bei SPIEGEL ONLINE, aktuell im Ressort Kultur. Die Mutter von drei Kindern lebt und arbeitet in Hamburg.

Bereits von den Bestseller-Autorinnen in unserem Hause erschienen:

– Nenne drei Nadelbäume: Tanne, Fichte, Oberkiefer. Die witzigsten Schülerantworten

– Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker. Neue witzige ­Schülerantworten

Lena Greiner / Carola Padtberg

Von Helikopter-Eltern und Premium-Kids

Mit Cartoons von Hauck & Bauer

Ullstein

Hinweis der Autorinnen:

Rechtschreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler in den Anekdoten wurden von uns korrigiert. Die meisten Gesprächspartner baten um strikte Anonymität. Um Geschlechterstereotype so weit wie möglich zu umgehen, verwenden wir bei der Wiedergabe von Dialogen ausschließlich das generische Maskulinum. Begriffe wie »Erzieher«, »Schüler« und »Lehrer« stehen also für Personen aller Geschlechter.

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Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.

Hinweis zu UrheberrechtenSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

In diesem Buch befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

ISBN 978-3-8437-1658-1

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2017In Kooperation mit SPIEGEL ONLINE, HamburgUmschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®, München

E-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Über das Buch und die Autorinnen

Titeleite

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Achtung, Baby! Wie normale Menschen in 40 Wochen zu Hubschraubern werden

Volle Kontrolle im Mutterleib – wie die Angst der Eltern zu Geld gemacht wird

Toxoplasmose lauert hinter jedem Salatblatt

Marie-Therese schlägt Kimberley: Beim Vornamen fängt’s an

Was ein ungeborenes Qualitätskind braucht

Bitte nicht sprechen, mein Baby schläft!

Großalarm in der Kita: Ben-Gustav hat sein Kuscheltier verlegt

»Hier bleibt mein Kind keinen Tag länger!« Wenn keine Kita gut genug ist

Mein Kind hat Besseres verdient als das normale Leben

Achtung, Gefahrguttransport!

Paragraph 1: Mein Kind first!

Konfliktbereitschaft und Frustrationstoleranz – die fremdesten Fremdwörter der Heli-Eltern

Mama, ihm schmeckt’s nicht!

Lebensgefahr an jeder Ecke – paranoide Eltern

Pipikacka – rundum sicher

Der Schulweg: You’ll never walk alone

Verkehrschaos: »Noch hat Ihr Mann die Straße nicht gekauft!«

Mit dem Fahrrad, mit dem Bus oder zu Fuß? OH, MEIN GOTT!

An Mamas Hand bis ins Klassenzimmer

In der Schule: Jeder blamiert sein Kind, so gut er kann

»Bitte nachts keine WhatsApp-Nachrichten von euren Kindern« – Highlights vom Elternabend

Klassenreise: »Und wie kommen wir Eltern dahin?«

»Verschieben Sie den Schüleraustausch« und andere absurde Forderungen an Lehrer

Mein Kind verarscht mich – und ich raff es nicht!

»Mein Sohn muss nicht verlieren lernen. Er ist ein Gewinnertyp!« Hausaufgaben und Noten

Wir sehen uns vor Gericht: Papi muss mit zum Klassenausflug

Von wegen chillen – Freizeitstress mit Helikopter-Eltern

Beim Sport: Mein Sohn, der neue Ronaldo

Musik: Meine Tochter, die Virtuosin

Holt die Helikopter, es gibt etwas zu feiern!

Spielen? Bitte nur unter Aufsicht

Kannst du deinen Auslandsaufenthalt nicht einfach hier zu Hause machen?

Rettungshubschrauber an Arzt: Mein Kind stirbt – es hat geniest!

In der Notaufnahme: Wenn Eltern akut behandelt werden müssen

Beim Arzt: »Das ist Ketchup, kein Blut!«

Therapeuten packen aus: Die ersehnte Hochbegabung

Uni und Ausbildung: Helikopter im Kampfmodus

Was wollen WIR studieren?

Heli-Landeplatz mitten in der Stadt – die erste »eigene« Wohnung

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Unerhört! Szenen aus dem Prüfungsamt

Verderben Sie uns bloß nicht den Schnitt!

Wenn mein Sohn faulenzt, sind Sie schuld!

Helikopter bei der Arbeit

Kinder erzählen: Meine Eltern machten mich zum Therapiefall

Jetzt reden wir: Die besten Eltern der Welt!

Frag den Psychologen: Kindheit mit Heli-Eltern – Paradies oder Problem?

Schlusswort

Danksagung

Feedback an den Verlag

Einleitung

Liebe Leser,

hier soll niemand beleidigt werden. Also nehmen Sie dieses Buch bitte nicht persönlich. Wir wissen: Wenn es um Kinder geht, spinnen alle ein bisschen rum. Schließlich sind Kinder das Wertvollste, was es gibt. Und aus lauter Liebe zu ihnen möchten Sie, möchten wir alle das Leben der Kinder so schön und einfach und glücklich machen, wie es nur geht. Das verstehen wir.

Trotzdem: Wenn Sie in den folgenden Kapiteln lesen, wie andere Eltern vom ersten Tag der Schwangerschaft bis zum Studium ihres Nachwuchses abgehen, werden auch Sie sich vielleicht ein bisschen ertappt fühlen. Einen Teil von diesem Quatsch hat jeder wahrscheinlich schon mal gemacht. Geballt zusammengetragen sind die Anekdoten von Über-­Vätern und Super-Muttis jedoch einfach nur unglaublich. Häufig sind sie sehr lustig und manchmal auch beängs­tigend.

Wir sprechen hier von den sogenannten Helikopter-­Eltern, die jederzeit wie Hubschrauber über ihren Kindern kreisen, alles überwachen, was diese tun, und bei jeder Kleinigkeit landen, um zu helfen. Manche sprechen auch von Schneepflug-Eltern, die ihren Kindern jedes Hindernis aus dem Weg räumen. Und von den ebenfalls häufig so genannten Curling-Eltern, die den Boden vor den Füßen ihrer Kinder so glatt schrubben, dass diese ohne Anstrengung durchs Leben gleiten können. Sie sind diesen überängstlichen, kontrollierenden und sich in alles einmischenden Leuten garantiert schon begegnet – im Supermarkt, im Kindergarten, in der Schule, beim Ballettunterricht, im Bus – oder vor dem Spiegel. Man fragt sich angesichts dieser Überbehütung manchmal, wie die Menschheit bislang hat überleben können – die meiste Zeit ganz ohne Helikopter-Eltern.

Bei uns kommen sie alle vor: Schwangere, die sich von einer Agentur den perfekten Babynamen kreieren lassen. Junge Mütter, die am Kinderbettchen eine Infrarotkamera installieren. Eltern, die minutenlang durchs Schlüsselloch der Kita spähen. Väter, die vors Verwaltungsgericht ziehen, weil sie unbedingt beim Klassenausflug dabei sein wollen. Mütter, die auf dem Spielplatz die Augenbrauen hochziehen, weil die Mama des heulenden Kinds weder Arnica-Globuli (gegen kurzfristige Schmerzen) noch eine halbe Zwiebel (gegen ­Insektenstiche) aus der Handtasche hervorzaubern kann. Väter, die beim Fußballspiel der 5. G-Jugend beinahe dem jugendlichen Schiedsrichter an die Gurgel gehen. Eltern, die von Ärzten aus dem Behandlungszimmer gebeten werden müssen, weil sie das Kind mit ihrer eigenen Angst verrückt machen. Mütter, die mit ihren erwachsenen Söhnen in die Uni gehen, um bei den Vorlesungen mitzuschreiben oder mit zum Bewerbungsgespräch kommen.

Unzweifelhaft ist es schlimmer, ein Kind verwahrlosen zu lassen, als es zu sehr zu verwöhnen. Und die meisten Eltern wuppen das mit ihren Kindern sicherlich goldrichtig. Dennoch darf über diejenigen, die maßlos übertreiben, auch mal gelacht werden. »Da ich selbst Mutter bin«, schreibt eine Lehrerin aus Baden-Württemberg in einer E-Mail an ­SPIEGEL ONLINE, »kenne ich die Ängste von Eltern und den Wunsch, das Beste für sein Kind zu erreichen.« Trotzdem, so die Frau, »gibt es manchmal Situationen, die sich auch meinem Verständnis entziehen«.

So können Eltern die Lehrer ihrer Kinder in den Wahnsinn treiben mit ihren dreisten Forderungen, absurden Wünschen und aberwitzigen Anliegen, die nicht nur unrealistisch sind, sondern auch nicht im Interesse des Kindes sein können – jedenfalls, wenn man möchte, dass es sich zu ­einem eigenständigen Erwachsenen entwickelt. Auch Erzieher, Fußballtrainer, Kinderärzte oder Studienberater finden an ihrem Beruf häufig am anstrengendsten: die Eltern. Sie alle erzählen in diesem Buch von ihren schlimmsten Erlebnissen.

Zusammengetragen haben wir die Anekdoten, Sprüche und Geschichten aus persönlichen Gesprächen mit Betroffenen sowie Einsendungen von SPIEGEL-ONLINE-Lesern, die wir aufgerufen hatten, uns von Helikopter-Eltern zu berichten. Außerdem kommen überbehütete Kinder selbst zu Wort – ebenso wie Eltern. Und ein Psychiater erklärt im letzten Kapitel, mit welcher ungewöhnlichen Methode Helikopter-Eltern sich selbst heilen können. Übrigens: Mit kaum etwas kann man sich so unbeliebt machen wie mit Kritik an hysterischen Eltern. Deshalb ­haben unsere Einsender Wert darauf gelegt, nicht mit ihrem Namen und Heimatort genannt zu werden oder anderweitig identifizierbar zu sein. Wer will schon, dass seine Verwandten, Nachbarn, Lehrer etc. lebenslang sauer auf einen sind. Wir als Autorinnen ­garantieren Ihnen, dass alle Zitate echt sind. Im Übrigen haben wir auch die Wahrscheinlichkeitsrechnung auf ­unserer Seite: So einen Wahnsinn kann sich niemand aus­denken.

Unter den Helikopter-Müttern und -Vätern gibt es die Ängstlichen, die Ehrgeizigen und die Extravaganten – und alle haben eines gemeinsam: Sie kennen keine Grenzen. »Ich bin die beste Freundin meiner Tochter. Wir teilen alles, sogar den Kleiderschrank«, teilte zum Beispiel eine Mutter beim Elternabend mit. Was sie außerdem verbindet: Diese Eltern vertrauen niemandem mehr – keinem Arzt, keinem Lehrer und keinem Erzieher. Und ihrer eigenen Intuition am allerwenigsten. Das führt dann zu einem verkrampften Umgang mit ihren Kindern und allen, die mit ihnen zu tun haben.

Und es führt zu widersprüchlichen Verhaltensweisen, die die Eltern selbst natürlich nicht bemerken: So packen sie einerseits ihre Kinder in Watte und andererseits deren Tage so voll wie die eines Topmanagers. Sie verbitten sich einerseits jegliche Kritik der Lehrer am eigenen Nachwuchs, überlassen ihnen aber zugleich die unangenehmen Seiten der Erziehung, weil sie selbst sich nicht unbeliebt machen wollen. Und am Ende verklagen sie Lehrer wegen schlechter Noten oder überhäufen sie mit Geschenken für ein gutes Zeugnis. Kurzum: Ihnen fehlt das richtige Maß. Und Gelassenheit. Und der Arsch in der Hose, ihre Kinder selbst mit der Härte des Daseins und ihren charakterlichen Defiziten zu konfrontieren.

Wir hoffen, Sie mit diesem Buch zum Schmunzeln zu bringen. Viel Spaß beim Lesen – und nicht vergessen: The kids are alright!

Achtung, Baby! Wie normale Menschen in 40 Wochen zu Hubschraubern werden

Oh ja, wir verstehen das: Es ist so wahnsinnig aufregend, ein Baby zu bekommen. Man könnte fast durchdrehen vor Freude auf das, was kommt, oder aus Angst vor dem Ungewissen. Und zwar ab Tag eins der Schwangerschaft. Und mit jeder Woche, in der der Babybauch anschwillt, wird der Wirbel heftiger. Wie im Film »Transformers« verwandeln die Eltern sich allmählich in Helikopter – bis die Rotoren glühen. Aus Angst, etwas Falsches zu essen, verzichten ­einige werdende Mütter auf praktisch alles und sind kurz davor, die Katzen aus der gesamten Nachbarschaft ins Tierheim zu geben, Stichwort: Toxoplasmose. Sie überwachen ihren ­Fötus stündlich mit modernster Technik und frieren für viel Geld Blut aus der Nabelschnur ein, für den Fall, dass das Kind später einmal an einer Blutkrankheit leidet. Sie planen das Leben des Ungeborenen bis zur Hochzeit durch – schließlich muss bei der Namenswahl beachtet werden, in welchem Sprachraum sich das Kind später be­wegen wird. Und ist das Baby dann auf der Welt, fangen die Sorgen erst richtig an. Wer sich ein wenig unsicher fühlt in den ersten Wochen, lässt sich da von Werbung, die Ängste erst schürt, um dann die sichere Lösung zu versprechen, offenbar schnell beeinflussen. Nur so kann der Einsatz von intelligenten Schlafsäcken erklärt werden, von Sensormatten und Infrarotkameras am Babybettchen, falls der Kirsch­sauger-Schnulli aus Naturkautschuk mal verlorengeht. Doch ­lesen Sie selbst.

Volle Kontrolle im Mutterleib – wie die Angst der Eltern zu Geld ­gemacht wird

Sind die Hormone schuld? Aus Angst, in der Schwangerschaft könnte etwas schieflaufen, lassen sich Eltern etliche Produkte andrehen, die die Welt nicht braucht. Eine große Baby-Industrie schlägt aus der Verunsicherung werdender Eltern Kapital, wie etwa die Hersteller von Mini-Ultraschallgeräten, die die Herztöne ihres Fötus übertragen. Sie ­sollen die Sorgen nehmen, das Baby könnte im Mutterleib sterben.

Empfohlene Anwendung: täglich. Faktische Anwendung: minütlich.

Doch nicht alle werdenden Mütter beruhigt das:

»Ich habe während der Schwangerschaft jeden Tag die Herztöne meines Krümels gehört. Einerseits war es toll, das Herzchen klopfen zu hören, und es hat mich dann auch beruhigt. Andererseits bin ich fast durchgedreht, wenn Lea ungünstig in meinem Bauch lag und ich die Herztöne einfach nicht finden konnte.«

»Wer sowieso unsicher ist, kann sich da schnell verrückt machen. Immer, wenn ich ein ungutes Gefühl hatte, bin ich sowieso lieber zum Arzt gegangen, anstatt weiter selbst nach dem Herzton zu suchen.«

Der arme Arzt!

Mehr Panik also als Entspannung. »Ein privates Ultraschallgerät führt oft zu maximaler Verunsicherung«, so die Erfahrung von Frauenarzt Dr. B. Er rät deshalb von den sogenannten Dopplern ab, denn: »Wenn Ihr Kind einmal auf der Welt ist, werden Sie es ja auch nicht dauerhaft mit einem EKG herumlaufen lassen.« Auch eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2015 kommt zu dem Schluss, dass werdende Mütter in Deutschland eher überversorgt sind. Schwangerschaft und Geburt seien ein Geschäft für eine große Branche. Dies führe jedoch nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu noch mehr Angst, so das Fazit der Autorinnen.

So bieten etwa etliche Firmen in Deutschland an, Stammzellen aus dem Nabelschnurblut von Neugeborenen für Jahrzehnte einzufrieren. Ein Münchener Unternehmen wirbt auf seiner Webseite zum Beispiel damit, einem Baby damit das »beste Geschenk für eine gesündere Zukunft« machen zu können. Es handele sich um die »nachhaltigste Gesundheitsvorsorge« für das eigene Kind. Wer will das nicht? Ob jedoch die medizinische Forschung jemals so weit sein wird, Krankheiten mit den eigenen eingelagerten Stammzellen zu heilen, ist völlig ungewiss.

Ein Vater berichtet stolz:

»Wir haben bei der Geburt das Nabelschnurblut unserer Tochter für 25 Jahre einfrieren lassen. Die 2600 Euro haben wir über eine Ratenzahlung finanziert. Ich ­würde mir nie verzeihen, wenn sie später mal eine Krankheit bekäme, die man mit diesen Stammzellen heilen kann, und ich hätte die Möglichkeit nicht ­genutzt. Und ich habe gehört, dass in den USA damit tatsächlich auch schon Kinder geheilt wurden.«

Leben bedeutet immer auch Risiko. Helikopter-Eltern fliegen jedoch der Illusion einer Rundum-Versicherung hinterher.

Toxoplasmose lauert hinter jedem Salatblatt

Auch in SachenErnährung sind viele werdende Mütter ängstlich. Ein Katzenbesitzer beschwert sich, er habe seine damalige beste Freundin während ihrer Schwangerschaft kaum mehr zum Essen einladen können. Die Bekannte ­habe zu viel Angst vor Toxoplasmose gehabt – einer Infek­tionskrankheit, die von Katzen übertragen wird und die zu Schäden an ungeborenen Kindern führen kann.

»Ich wurde von den Helikopter-Eltern mehrfach darauf hingewiesen, dass die Toxoplasmose sogar im Topf der Yucca-Palme lauere. Ich sollte nicht über Rasen ­laufen, denn da könnte ja Katzenkot liegen. Sie sahen Todesgefahr in der Salami, Todesgefahr im Fisch, ­Todesgefahr überall.«

Eine Schwangere in der neunten Woche räumt selbst ein:

»Wir werden häufig zum Essen eingeladen, doch meist esse ich nur Brot, weil ich in allem eine Gefahr sehe. Ich weiß halt nie sicher, ob der Salat ausreichend gewaschen wurde, ob der selbstgemachte Kartoffelsalat mit pasteurisierter Mayonnaise gemacht wurde, ob der frische Rucola im Nudelsalat genießbar ist.«

Marie-Therese schlägt Kimberley: Beim Vornamen fängt’s an

Während der neun Monate malen sich einige Eltern gerne aus, wie ihr Kind sein Leben verbringen wird und welche Vorlieben es zu haben hat. Das kann dann auch Auswirkungen auf die Namenswahl haben.

Friedrich der Große

»Sie wollte das Kind Emil nennen, er war für Friedrich. Der Vater setzte sich dann durch mit dem Argument: ›Emil heißt kein Abteilungsleiter!‹ Gleichzeitig wurde dem Bekanntenkreis noch vor der Geburt des kleinen Friedrich eingeschärft, dass sie den Kontakt zu den Leuten abbrechen würden, die es wagten, den Kleinen einfach Fritz zu nennen.«

Ein Maximilian hängt den Cedric ab, eine Marie-Therese schlägt jede Kimberley – werdende Helikopter-Eltern spüren sofort, dass mit dem Vornamen womöglich die ersten Weichen für ein erfolgreiches Leben gestellt werden könnten. Tatsächlich gibt es psychologische Studien, die belegen, dass Lehrer Vorurteile gegen Kinder hegen, die Justin, ­Kevin, Chantal oder Mandy heißen. Eine Schweizer Agentur bietet deshalb für gut 26.000 Euro an, den perfekten Kinder­namen zu finden. Die Idee sei spontan entstanden, erklärt Inhaber Marc Hauser:

»Ein Kunde, für den wir ein Produkt benennen sollten, hatte sich mit seiner Frau wegen des Namens für ihr ­Baby gestritten und meinte dann: Könnt ihr das nicht übernehmen? Wir arbeiten eng mit den Eltern zusammen und besuchen sie auch zu Hause. Der Kulturkreis und die Werte der Eltern sind wichtig, genauso wie Phonetik, Rhythmus und Takt.«

Internationale Schule? Karriere in den USA? Eine Ehe in Frankreich? Für ein Premium-Kind muss vieles bedacht werden. Das findet auch dieser Leser:

»Die Namenswahl ist wichtig, wenn es international ­werden soll, was man den Kindern mit genug Geld ja ermöglichen kann. In den USA spricht man sich nur mit Vornamen an, dann ist es gut, einen ausgefallenen Namen zu haben, um nicht immer ›the other Joe‹ ­genannt zu werden. Und wird eine Ehe oder Karriere im französischsprachigen Raum angestrebt, sollte der Name nicht mit ›H‹ beginnen – wäre ja blöd, immer nur ›Olgèr‹ gerufen zu werden.«

Was ein ungeborenes Qualitätskind braucht

Und nicht nur der vermeintlich wegweisende Vorname des Babys beschäftigt fürsorgliche Eltern. Es gibt Menschen, die überzeugt sind, die Gebärmutter sei das erste Klassenzimmer des Menschen – deshalb spielen sie ihren Ungeborenen Geigenmusik vor und versuchen, mit Lichtimpulsen einer Taschenlampe erste mathematische Anreize zu setzen. Es gibt so vieles, was man schon vor der Geburt planen kann, damit das Kind zum Statussymbol wird: Womit wird das Baby spielen? Welche Hörspiele wird es hören? Oder: Wie soll seine Hebamme aussehen?

Planwirtschaft

»Ein befreundetes Pärchen hat bereits in der Schwangerschaft geplant, was das Kind in seinen ersten ­Lebensjahren bis zur Einschulung darf. Sie haben ­Pläne erstellt über Süßigkeitenkonsum, passend zu ­jeder Altersstufe, haben Kinderserien und Hörspiele rausgesucht, Vorgaben gemacht zum Kleidungsstil und eine Liste geschrieben, in der Spielzeug mit Pro und Kontra bewertet wurde. Natürlich durfte es nur Holzspielzeug sein.«

Alle, die bereits Eltern sind, grinsen jetzt, weil sie wissen, dass auch sehr viel weniger detaillierte Pläne in der Regel binnen Sekunden am Wesen und Willen des Kinds zerschellen, das man nun einmal hat. Aber der erwähnte Plan, so finden wir, ist so toll, dass er es immerhin verdient, schön eingerahmt zu werden, bevor er feierlich in die Mülltonne fliegt.

Schöne Geschichten können auch Hebammen erzählen:

Model gesucht

»Ich erhielt von einer Erstgebärenden in der 33. Schwangerschaftswoche eine Anfrage zur Nach­sorgebetreuung. Ich hatte noch Kapazitäten frei und schlug wie üblich vor, einen Kennenlerntermin zu ­vereinbaren, der von der Krankenkasse bezahlt wird. Ihre Antwort kam zügig: Erst einmal solle ich ein Bild von mir per Mail schicken, denn ihr Kind hätte einen Anspruch auf Ästhetik, und zwar vom ersten Lebenstag an. Ich habe der Dame dann mitgeteilt, dass wir uns nicht auf dem Mailänder Laufsteg befinden und ­abgesagt.«

Prenzlauer-Berg-Mütter

»Die Frauen sind um die vierzig Jahre alt, top ausgebildet, super hip und wissen bereits alles, wenn sie zu mir kommen. Die haben eine riesige Checkliste dabei, was alles Schlimmes passieren kann. Sie wollen nicht nur Geburtsvorbereitung und Nachsorge im Wochenbett, sondern auch Akupunktur, Traditionelle Chinesische Medizin, Schwangeren-Yoga, Ernährungsberatung und Musik, die sie ihrem Baby im Bauch vorspielen können.«

Bitte nicht sprechen, mein Baby schläft!

Der Schlaf eines Babys ist heilig – so heilig, dass überfürsorgliche Eltern gern mal die Welt ausschalten würden, wenn Prinz oder Prinzessin die Äuglein schließen. Sie ­stellen das Telefon auf lautlos, deaktivieren die Türklingel und bedienen selbst die Toilettenspülung erst wieder nach dem Mittagsschlaf. Dabei hat sich noch jedes Kind ­daran gewöhnt, wie laut oder leise es bei seinen Eltern nun mal zugeht. Geht ja auch nicht anders.

Alles so laut hier

»Bei jedem kleinsten Mucks sprang meine Freundin Kati auf und rannte zu ihrer Tochter. Den Thermomix durfte man nicht mehr anstellen – zu laut. Wenn die Kaffeemaschine mahlte, hielt sie trotz einiger Meter Entfernung dem Baby die Ohren zu und flüsterte: ›Es ist gleich vorbei.‹ Auch Spaziergänge mit dem Kinderwagen lehnte sie ab: ›Da rauscht dann ein Auto vorbei, und schon ist sie wach!‹«

Schließlich ließ sich die besorgte Mutter doch zu einem Ausflug mit dem Kinderwagen überreden. Unser Leser bot an, den Wagen zu schieben, doch die Mutter zweifelte: »Ich weiß nicht, wie die Kleine darauf reagiert, wenn sie mich dann nicht mehr direkt beim Schieben sieht.« Der Freund erklärte beherzt: »Weißt du was, das finden wir jetzt einfach raus«, schob die Kleine den Berg hoch – und sah ein pflegeleichtes, versonnenes Kind im Wagen liegen. Trotz vorbeirasender hochgiftiger Autos und einer über dem Kinderwagen kreisenden, hypernervösen Mutter.

Für besorgte Eltern hält die Baby-Industrie auch Folgegeräte für die Zeit nach dem Doppler-Ultraschall bereit: Einige ­Babyphones sind nicht nur simple Walkie-Talkies, in die das Baby plärrt, sondern eines 007 würdig: Sie kommen mit Infrarot-Video und Temperaturüberwachung sowie Atem-Sensormatte daher, die Alarm schlägt, wenn das ­Baby im Schlaf unregelmäßig schnauft. Damit wäre die ­Totalüberwachung im Gitterbettchen komplett – wie sonst sollten es Eltern aushalten, auf der Terrasse zu sitzen, während das Kind drinnen schläft? »Das Videogerät gibt mir großen Frieden, wenn mein kleiner Junge oben schläft und ich unten bin. Ich höre und sehe ihn perfekt«, schreibt ein Vater. Manche Helikopter-Mama findet ohne Hightech ­keine Nachtruhe. »Ich habe durch die Sensormatte wesentlich besser geschlafen«, empfiehlt eine Mutter, »und wenn DU es brauchst für DICH, dann lass es dir nicht ausreden.« Deutlicher kann man nicht ausdrücken, worum es bei Helikopter-Eltern geht: nicht etwa um das Baby, sondern um sie selbst.

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