Vertrautes Verlangen - Lynn Summers - E-Book

Vertrautes Verlangen E-Book

Lynn Summers

4,7

Beschreibung

Vertrautes Verlangen ist der 2. Teil der "Verlangen-Reihe" Zum Inhalt: Nach den verhängnisvollen Ereignissen kehrt für Maya langsam der Alltag wieder ein. Doch warum verhält Julian sich auf einmal so seltsam? Wieso ist er ihr gegenüber so reserviert? So abweisend? Maya ist überzeugt, dass es dafür nur eine Erklärung geben kann. Doch was steckt wirklich hinter Julians merkwürdigem Verhalten? Stellt er gar ihre Beziehung in Frage? Und hat ihre Liebe noch eine Chance? Gerade als Maya glaubt, alles würde sich wieder zum Guten wenden, steht plötzlich die Polizei vor ihrer Tür ... Bei diesem Buch handelt es sich um den 2. Teil der "Verlangen-Reihe". Enthält explizite erotische Szenen!

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Seitenzahl: 278

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 1

Jetzt saß Julian schon seit Stunden in dieser verdammten Konferenz fest. Dabei wollte er nur eins. In seine Wohnung. Wo Maya sicher schon seit Ewigkeiten auf ihn wartete. Aber dieser russische Investor redete ohne Punkt und Komma. Aus Sekunden wurden Minuten. Aus Minuten wurden Stunden. Und diese Besprechung zog sich immer mehr in die Länge. Was quatschte dieser Sergej auch immerzu? Der Vertrag hätte längst unter Dach und Fach sein können. Konnte dieser Kerl nicht endlich zum Punkt kommen? Julian hatte wirklich Mühe, sich seine Ungeduld nicht anmerken zu lassen. Wenn Jayden wenigstens noch da gewesen wäre. Dann hätte er sich klammheimlich davonstehlen können. Aber nein, sein feiner Herr Bruder hatte ja andere Dinge zu tun. Er hatte sich gleich zu Beginn der Konferenz mit fadenscheinigen Ausflüchten davongemacht und ihm diesen unglaublich anstrengenden Russen aufs Auge gedrückt. Und dieser Kerl belegte ihn nun schon seit fast zwei Stunden, ohne dass sie großartig vorangekommen waren. Eine weitere unheimlich aufreibende Stunde später waren sie sich über die Vertragsdetails endlich einig und Julian verabschiedete sich hastig. Er konnte es kaum erwarten, endlich nach Hause zu kommen. In Windeseile schnappte er sich seinen Aktenkoffer. Da er Maya telefonisch nicht erreicht hatte, hielt er kurz beim Chinesen, um etwas fürs Abendessen zu besorgen und fuhr gegen 21 Uhr voller Vorfreude mit dem Fahrstuhl hinauf in seine Wohnung.

»Maya?«, rief er, als er die Kabine verließ.

»Tut mir leid, dass ich so spät bin. Aber dieser Russe war einfach nicht zu bremsen. Ich hab uns was vom Chinesen mitgebr…« Dann versagte ihm die Stimme und er blieb wie angewurzelt stehen. Maya saß auf dem Sofa. Nackt. Sie hatte die Beine angezogen und ihre Arme fest darum geschlungen. Auf dem Boden neben ihr lag ein zerknülltes Handtuch. Ihr Haar war vollkommen zerzaust. Sie blutete an der Lippe und ihre linke Wange war stark gerötet. Stumme Tränen rannen über ihr Gesicht. Doch was Julian am meisten schockierte, war der leere teilnahmslose Blick in ihren Augen. Sie sah ihn zwar an, doch schien sie buchstäblich durch ihn hindurchzusehen. Ihm gefror das Blut in den Adern. Starr vor Entsetzen glitten ihm Aktenkoffer und Essen aus der Hand. Reis, Nudeln und Hähnchen süßsauer verteilten sich in einem kunterbunten Durcheinander auf dem Boden. Aber das war ihm vollkommen egal. Er brauchte nur Sekunden, um die Distanz zwischen ihnen zu überwinden. Hastig zog er sein Jackett aus und legte es Maya vorsichtig um die Schultern. Sie zuckte erschrocken zusammen und sah ihn mit angstvoll geweiteten Augen an. Vorsichtig hob Julian die Hand und fuhr mit den Fingern zart über ihre gerötete Wange.

»Was ist passiert?«, fragte er leise.

Maya schaute ihn an. Doch kein Wort kam über ihre Lippen.

»Maya?«, wagte er einen neuen Versuch.

Sie öffnete den Mund. Doch nur ein leises Schluchzen war zu hören. Unaufhörlich flossen Tränen über ihre Wangen. Julian zog sie an sich und sie legte zögernd den Kopf an seine Brust. Beruhigend strich er ihr übers Haar.

»Es ist alles gut, Süße. Ich bin bei dir«, flüsterte er leise.

»Nichts ist gut«, vernahm er Mayas leise gemurmelte Worte. Julian schob sie von sich und nahm sanft ihren Kopf in seine Hände.

»Maya, bitte rede mit mir«, flehte er.

»Was ist passiert?«

»J… Jay… Jayden…«, stieß sie mühsam hervor. »Jayden?« »Er… w… war… hier…«, stammelte sie mit tränenerfüllter Stimme.

»Er war hier? Aber …« Julian schüttelte verwirrt den Kopf. Was hatte sein Bruder hier zu suchen? Und was in Gottes Namen hatte er Maya bloß angetan? Fürchterliche Angst machte sich in ihm breit. Sein Herz zog sich so sehr zusammen, als würde es von einer eisernen Faust fest zusammengepresst.

»Hat Jayden … dich angefasst?«, fragte er mit zitternder Stimme. Maya sah ihn an. Und nickte. Dann senkte sie den Blick. Dieses verdammte Schwein! dachte Julian verzweifelt und rasende Wut brandete in ihm auf. Aber er schob seine Gefühle zur Seite. Er musste für Maya da sein. Alles andere war jetzt unwichtig. Behutsam hob er ihren Kopf wieder an.

»Was hat er getan?«

Sanft wischte er die Tränen aus Mayas Gesicht.

»Er … hat …« Leise schluchzte sie auf. »mich …« Erneut brach sie in Tränen aus. Sie zitterte am ganzen Körper. »ver...ge...w…« Ihre Stimme brach. »Nein!«, keuchte Julian entsetzt. »Oh Gott! Nein!«

Er zog sie fest in die Arme.

»Dieser verdammte Dreckskerl! Dafür wird er bezahlen, Maya. Das schwöre ich dir! Gott, ich schwöre es!«, stöhnte er verzweifelt und seine Hand strich beruhigend über ihren Rücken.

Wenig später, er hatte keine Ahnung, wieviel Zeit bereits vergangen war, wurden Mayas Atemzüge regelmäßiger. Sie hatte aufgehört zu zittern und war in seinen Armen eingeschlafen. Vorsichtig zog er sein Handy aus der Hosentasche und wählte eine Nummer. Nach endlosem Klingeln nahm schließlich jemand ab.

»Angela? Julian hier … Ja, ich weiß, wie spät es ist. Tut mir leid. Aber hättest du trotzdem Zeit? Ich brauche deine Hilfe. Dringend … Ja, jetzt sofort … Angela, es ist wirklich wichtig. Ich erkläre dir alles, wenn du hier bist … Okay, danke. Bis gleich.« Er legte das Handy zur Seite und zog behutsam seinen Arm unter Maya hervor. Vorsichtig legte er sie auf dem Sofa ab und deckte sie zu. Dann machte er sich daran, die Schweinerei im Wohnzimmer aufzuwischen. Dabei warf er Maya immer wieder einen besorgten Blick zu. Er fühlte sich so unglaublich hilflos. Und er machte sich unheimliche Vorwürfe. Warum hatte er nicht schon längst dafür gesorgt, dass Jayden das Haus nicht mehr betreten durfte. Warum, verdammt?!? Das war alles nur seine Schuld! Und allein der Gedanke, was sein Bruder, sein eigener Bruder, Maya angetan hatte, machte ihn vollkommen fertig. Am liebsten hätte er Jayden gehörig die Fresse poliert! Ihn kastriert! Ihm jeden Finger einzeln ausgerissen! Er sollte leiden! So wie Maya jetzt litt! Wegen ihm! Gott, er würde den Kerl umbringen!!!

Maya schreckte aus dem Schlaf, als sie plötzlich ein durchdringendes Klingeln vernahm.

»Julian?« Ihr Blick glitt panisch umher.

»Ja, ich bin hier. Es ist alles in Ordnung«, beruhigte er sie und sie ließ sich erschöpft wieder aufs Sofa sinken.

Kurz darauf betrat eine ältere Frau mit kurzem rotem Haar und aufmerksamen grünen Augen die Wohnung. In der Hand hielt sie eine Art Koffer.

»Danke, dass du so spät noch gekommen bist«, begrüßte Julian sie und umarmte sie herzlich.

»Für dich doch immer«, erwiderte sie mit einem Lächeln. Maya fühlte sich ziemlich unbehaglich, als sie den beiden zusah, wie sie leise miteinander sprachen. Immerhin saß sie, nur mit einer Decke und Julians Jackett um die Schultern, auf der Couch. Nervös zog sie die Decke noch ein Stück höher. Wer war diese Frau? Und was in Gottes Namen wollte sie so spät noch hier? Warum hatte Julian sie hergebeten? Mayas Blick glitt skeptisch zwischen dieser mysteriösen Frau und Julian hin und her.

»Maya?« Sie zuckte zusammen, als sie ihren Namen hörte. Julian hockte sich vor sie und nahm ihre Hände in seine. »Das ist Angela Meyers. Eine sehr gute Freundin meiner Mutter. Sie ist Ärztin«, erklärte er mit sanfter Stimme. Maya riss die Augen auf und schüttelte hektisch den Kopf.

»Nein! Sie soll wieder gehen! Bitte!«, flehte sie Julian an. Doch dann wandte sich Angela an sie.

»Maya«, sagte sie mit freundlichem Blick. Vorsichtig ließ sie sich neben ihr auf dem Sofa nieder. »Julian hat mir gerade erzählt, was passiert ist«, fuhr sie mit beruhigender Stimme fort. »Ich würde dir sehr gern helfen. Aber du musst mir ein wenig entgegenkommen. Sonst kann ich nichts für dich tun.« Sie warf einen kurzen Blick zu Julian.

»Würdest du uns einen Moment allein lassen?«

»Julian! Nein!«, krächzte Maya ängstlich. Sie kannte diese Frau doch überhaupt nicht. Er konnte doch jetzt nicht einfach gehen.

»Angela möchte dir wirklich helfen, Maya. Sprich mit ihr. Bitte.« Sie sah den hilflosen Blick in seinen Augen. »Ich bin sofort wieder da, wenn ihr fertig seid.« Er stand auf, hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn und drückte kurz ihre Hand.

»Bitte vertrau ihr.« Maya nickte zögernd.

Julian ging die Treppe hinauf und schloss leise die Schlafzimmertür hinter sich. Gott … sie wollte weg. Sie wollte nicht mit dieser fremden Frau hier sitzen. Ganz allein.

»Maya«, ertönte erneut Angelas Stimme. Sie nahm vorsichtig ihre Hand. Maya wollte sie wegziehen, doch Angela verstärkte ihren Griff und sah sie eindringlich an. Schließlich gab Maya nach und ließ sie gewähren. »Es ist abscheulich und absolut unverzeihlich, was Jayden getan hat. Das ist mit nichts zu entschuldigen und das Schrecklichste, was man einer Frau überhaupt antun kann. Aber schweig es nicht tot. Wehr dich dagegen. Du musst dir das nicht gefallen lassen. Niemand muss das. Zeig diesen Mistkerl an.«

»Und was hab ich davon?«, murmelte Maya resigniert. »Ich kann ihm doch nichts nachweisen.«

»Doch, natürlich kannst du das. Aber dafür musst du mir erlauben, dich zu untersuchen. Bitte vertrau mir. Ich möchte dir wirklich nur helfen.«

Nervös leckte Maya sich über die trockenen Lippen. Gott, das war doch alles vollkommen sinnlos. Dieses Gespräch. Diese Untersuchung. Was sollte das alles? Wie zum Teufel sollte man einem Mann wie Jayden nachweisen, dass er eine Frau zum Sex gezwungen hatte? Bei seinem Aussehen und seinem gesellschaftlichen Ansehen hatte sie doch nicht die geringste Chance!

»Maya, es gibt immer Spuren, die sich nachweisen lassen. Und wenn es nur kleinste Spuren an deiner Kleidung sind. Oder an deinem Körper.«

»Ich hatte nur ein Handtuch um«, murmelte sie niedergeschlagen. »Sonst nichts.«

»Das Handtuch dort auf dem Boden?«

»Ja.«

»Hat es seitdem jemand angefasst?«

»Ich hab es einfach liegenlassen. Aber ich weiß nicht, ob Julian …«

»Das fragen wir ihn gleich«, unterbrach Angela sie.

»Aber Jayden hatte es in der Hand?«

»Ja. Er hat es … mir … runtergerissen.«

»Gut, dann werde ich es mitnehmen und einer Freundin bei der Polizei übergeben. Vorausgesetzt, du bist damit einverstanden.«

»Hm, von mir aus«, erwiderte Maya achselzuckend. »Maya, ich weiß, wie du dich fühlst und wie schwer das alles gerade für dich sein muss.«

Ach wirklich? Woher willst du wissen, wie ich mich fühle? Du hast verflucht nochmal nicht die geringste Ahnung, wie ich mich fühle, du dumme Kuh! Mir geht’s beschissen! Verdammt beschissen! fluchte sie innerlich. Aber vielleicht war sie auch einfach nur wütend auf sich selbst. Weil sie sich gerade so unglaublich schwach und verletzlich fühlte.

»Maya, wenn du Jayden dafür zur Verantwortung ziehen willst, muss ich dich untersuchen. Sonst hast du keine Chance.«

»Ich weiß nicht …« erwiderte sie zögernd.

Unsicher biss Maya sich auf die Unterlippe.

»Du könntest andere Frauen vor dem gleichen Schicksal bewahren. Damit Jayden so etwas nie wieder jemandem antun kann.«

Aufmunternd lächelte Angela ihr zu.

»Ich hab Angst.«, flüsterte Maya und sie senkte den Blick. Ja, sie hatte tatsächlich Angst. Fürchterliche Angst. Was, wenn Jayden ihr noch viel Schlimmeres antat, wenn er von der Anzeige erfuhr. Unsicher schaute sie zu Angela auf. »Wer würde mir denn schon glauben?«, flüsterte sie.

»Julian glaubt dir. Und ich. Du bekommst jede Unterstützung, die du brauchst. Du bist nicht allein, Maya. Und du bist doch eine starke junge Frau. Du schaffst das.«

»Im Moment fühle ich mich aber alles andere als stark«, erwiderte sie mutlos und sah auf ihre Finger.

»Ich weiß. Und das ist auch vollkommen normal. Aber du wirst darüber hinwegkommen. Du wirst es nicht vergessen. Nein, das wirst du nie. Aber du wirst damit leben können. Du wirst lernen, damit umzugehen. Und mit der Zeit wird es besser. Das kann ich dir versprechen.«

»Und woher wollen Sie das wissen?«

»Weil …« Angela atmete tief durch und blickte ihr tief in die Augen… »ich es bei meiner Tochter erlebt habe.«

»Ihre Tochter wurde auch …«

»Ja. Allerdings ist es schon fast zehn Jahre her. Sie war damals gerade Anfang zwanzig. Es war ein Studienkollege.« Überrascht sah Maya sie an.

»Und … ähm … was hat Ihre Tochter damals gemacht?«, fragte sie zögernd.

»Sie hat sich ins nächstbeste Krankenhaus geschleppt, sich untersuchen lassen und den Kerl angezeigt. Das war ihr wirklich sehr unangenehm. Das kannst du mir glauben. Und es hat sie auch unglaubliche Überwindung gekostet. All diese fremden Menschen, die sie in diesem Zustand sahen. Aber sie wollte den Kerl, der ihr das angetan hat, drankriegen. Und das ist ihr auch gelungen.«

»Ja, aber … hab ich denn überhaupt eine Chance? Gegen Jayden?«, fragte sie zweifelnd.

»Natürlich hast du die! Vorausgesetzt, ich darf dich untersuchen.«

Maya schloss die Augen und atmete einige Male tief durch. Dann öffnete sie sie langsam wieder.

»Okay!«, sagte sie entschlossen und schlug die Decke zurück. »Machen wir dieses Schwein fertig! Er wird niemandem mehr wehtun! Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.« Angela lächelte sie an.

»Das ist genau die richtige Einstellung, meine Kleine!«, erwiderte sie und drückte ihre Hand.

Kapitel 2

Ohne anzuklopfen stürmte Julian am nächsten Morgen in Sophies Büro.

»Ist er da?«

»Ja, aber er möchte nicht …«

»Das ist mir scheißegal!!!«, zischte er nur und riss ohne Vorwarnung die Tür seines Bruders auf. Doch was er sah, ließ ihn kurz innehalten. Jayden lehnte, die Hose in den Kniekehlen, an seinem Schreibtisch. Die eine Hand lag auf der Tischplatte, die andere am Hinterkopf einer blonden Frau, die vor ihm kniete.

»Julian?«, keuchte er überrascht.

»Verdammt Sophie. Wie dämlich bist du eigentlich? Ich wollte nicht gestört werden! Was ist daran so schwer zu verstehen?«, fluchte er.

»Lass Sophie da raus. Weder sie noch irgendein verfluchtes Panzergeschwader hätte mich davon abhalten können, dir die Fresse zu polieren, du hirnloses schwanzgesteuertes Stück Scheiße!«, schrie Julian. Er schäumte vor Wut und hatte Mühe, Jayden nicht gleich an die Kehle zu springen. »Und du!«, zischte er in Richtung der Frau, die gerade mal achtzehn, höchstens zwanzig sein konnte. »Raus hier! Sofort!« Doch sie starrte ihn nur an. »Bist du schwer von Begriff oder was? Mach, dass du Land gewinnst!« Schnell raffte sie ihre Sachen zusammen. Dann sah sie Jayden jedoch abwartend an. »Worauf wartest du denn jetzt noch? Muss ich dich eigenhändig raustragen?«

Julian verdrehte genervt die Augen und verschränkte ärgerlich die Arme vor der Brust. Seine Ungeduld wuchs von Sekunde zu Sekunde.

»Auf mein Geld.«

»Geld? Wofür? Waren wir fertig oder was?«, zischte Jayden, während er seine Hose wieder nach oben zog.

»Wieviel?«, fragte Julian ungeduldig, um sie möglichst schnell loszuwerden.

»150.« Er zog seine Brieftasche aus der Innentasche seines Jacketts und zählte einige Scheine ab.

»Hier! Und jetzt raus! Du findest sicher einen anderen Schwanz, den du ablutschen kannst.«

»Arschloch«, vernahm er noch, als sie zur Tür ging. »Ja, du mich auch, Schätzchen«, rief er ihr hinterher. »Und nun zu dir du perverses Schwein!«, knurrte Julian. Und bevor Jayden wusste, wie ihm geschah, traf Julians Schlag ihn hart ins Gesicht. Er taumelte und stieß gegen die Wand. Doch bevor er überhaupt die Gelegenheit hatte, zu sich zu kommen, traf Julians Faust ihn erneut.

»Du Arschloch! Du gottverdammtes Arschloch!«, schrie er und seine Finger krallten sich so fest in Jaydens Schritt, dass dieser vor Schmerz und Überraschung aufkeuchte. Doch Julian lockerte seinen Griff nicht, sondern drückte nur noch fester zu.

»Ich - habe - dich - gewarnt!«, zischte er mit bedrohlich leiser Stimme. »Ich sagte, du sollst die Finger von Maya lassen!!! Hast du eigentlich eine Ahnung, nur die geringste Ahnung, was du getan hast?!?!?« Julian kochte vor Wut. Er hatte sich kaum noch unter Kontrolle.

»Fick dich«, keuchte Jayden nur.

»Ich sollte dir deinen verdammten Schwanz abschneiden und ihn dir in dein verfluchtes Maul stopfen!!!«, explodierte Julian. »Nein, warte. Das wäre viel zu harmlos für so ein verficktes Arschloch wie dich!!!« Dann drückte er nochmal so fest zu, dass Jayden vor Schmerz Tränen in die Augen stiegen. »Im Knast geht’s ja nicht gerade zimperlich zu. Ich hoffe, du erlebst am eigenen Leib, was du Maya angetan hast, du kranker Dreckskerl!«, zischte er. »Und jetzt pack deine Sachen und verschwinde! Komm mir nicht mehr unter die Augen! Nie wieder! Ist das klar? Du bist raus! Endgültig!«

»Das entscheidest nicht du allein.«

»Nein, da hast du wohl recht. Aber ich habe bereits mit Dad gesprochen. Und ein einziges Mal in seinem Leben hat er was richtig gemacht. Er hat bereits mit der Bank telefoniert und bestätigt, dass dein Zugang zu den Firmenkonten gesperrt wird. In den nächsten Tagen findet außerdem eine Vorstandssitzung statt, in der du als Teilhaber dieser Firma abberufen wirst. Der Code im Fahrstuhl wird geändert, sobald du weg bist. Und jetzt her mit den Büroschlüsseln.« Julian streckte die Hand aus. Mit wutverzerrtem Blick kramte Jayden seine Schlüssel heraus und schleuderte sie zu Boden.

»Hier. Werd glücklich damit«, zischte er.

Dann ging er zum Schreibtisch, warf die wichtigsten Dinge in seinen Aktenkoffer und knallte ihn zu.

»Glaubst du wirklich, die Kleine ist es wert?«

»Absolut!«

Jayden schüttelte den Kopf.

»Dir ist wirklich nicht mehr zu helfen. Diese Schlampe liebt nicht dich, Julian. Sie liebt dein Geld.«

»Ja, na klar.« Er lachte höhnisch auf.

»Und das sagt gerade der Kerl, der nur sich selbst liebt und nicht den blassesten Schimmer hat, was Liebe überhaupt ist.«

»Du wirst es noch bereuen, dich mit mir angelegt zu haben.«

»Uhhh, jetzt hab ich aber Angst. Glaub mir, du wirst es noch bereuen, dich mit mir angelegt zu haben. Wenn du Maya noch einmal zu nah kommst … Ich schwöre dir, ich bringe dich um! Und jetzt … RAUS!«, schrie er. »Verpiss dich endlich!« Ohne einen Blick zurück verließ Jayden sein Büro. Julian ging ihm hinterher und vergewisserte sich, dass sein Bruder wirklich mit dem Fahrstuhl nach unten fuhr. Dann ging er zurück zu Sophie, die ihn mit offenem Mund anstarrte.

»Tut mir leid, dass du das mitbekommen musstest«, entschuldigte er sich.

»Nein, schon … ähm … ok. Aber … was hatte das alles zu bedeuten?«

»Während ich gestern Abend noch in der Besprechung mit Sergej festsaß, hat Jayden Maya …«

Er schloss die Augen und atmete tief durch.

»Er hat sie … vergewaltigt«, fügte er mit leiser Stimme hinzu. Entsetzt schlug Sophie die Hand vor den Mund.

»Oh mein Gott. Wie geht es ihr? Nein, entschuldige … was für eine blöde Frage. Natürlich geht es ihr ganz furchtbar. Falls ich irgendetwas tun kann …« Julian schüttelte den Kopf.

»Ich denke nicht. Aber trotzdem danke«, murmelte er und versuchte sich an einem Lächeln. Doch er spürte, dass ihm das gründlich misslang.

»Schreib bitte alles auf, was wichtig ist. Ich arbeite in den nächsten Tagen von zuhause aus. Wenn irgendwas ist, ruf mich an.«

»Natürlich«, erwiderte Sophie und lächelte ihm aufmunternd zu.

Julian nickte kurz und verließ dann das Büro.

Die nächsten Wochen ging Julian nur zur Arbeit, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ. Ansonsten arbeitete er ausschließlich von zuhause aus. Er wollte für Maya da sein und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Doch sie bemerkte auch die mitfühlenden, ja, fast bedauernden Blicke, die er ihr zuwarf. Und sie spürte, dass von nun an nichts mehr so sein würde wie zuvor. Ja, Julian war für sie da. Wie ein großer Bruder, der sich um seine kleine Schwester sorgte. Und es hatte den Anschein, als würde sich an diesem Zustand in absehbarer Zeit nichts ändern. Dank Jayden war ihre Beziehung auf dem besten Weg, sich in Luft aufzulösen. Und so wollte, nein, so konnte Maya einfach nicht weitermachen. Als sie eines Nachts die Hand ausstreckte, war das Bett neben ihr mal wieder leer. Sie tastete nach dem Lichtschalter und knipste die Nachttischlampe an. Doch Julian war nirgendwo zu sehen. Wie so oft in letzter Zeit. Seufzend verließ sie das Bett. Sie tapste auf nackten Füßen die Treppe hinunter und bemerkte unter der Tür von Julians Arbeitszimmer einen Lichtschimmer. Ohne anzuklopfen ging sie hinein. Julian saß, nur in Shorts und vollkommen zerzaustem Haar, an seinem Laptop und arbeitete. Und wie wahnsinnig gut er mal wieder aussah. Die enge Shorts und sein nackter Oberkörper ließen Mayas Gedanken sofort wild durcheinanderwirbeln. Sie wollte ihn. Gott, sie sehnte sich so sehr nach ihm. Mehr als er sich vorstellen konnte.

»Es ist mitten in der Nacht. Was machst du denn hier unten?«, fragte sie und zog seinen Stuhl ein Stück zur Seite, um sich auf seinen Schoß zu setzen. Er warf ihr einen kurzen Blick zu, arbeitete jedoch weiter.

»Arbeiten. Was sonst?«, war seine einzige Antwort. Eine Antwort, die sie in den letzten Wochen ständig zu hören bekam. Maya schloss die Augen und seufzte leise. Was zum Teufel war bloß los mit ihm? Warum war er ihr gegenüber immer so reserviert, ja, regelrecht abweisend? Sie fragte sich immer öfter, was sie verbrochen hatte, um dieses Verhalten zu verdienen. Und immer mehr verstärkte sich ihr Eindruck, dass Julian ihr aus dem Weg ging; sie nicht in seiner Nähe haben wollte. Dass sie seit der Sache mit Jayden nicht ein einziges Mal miteinander geschlafen hatten, verstärkte dieses ungute Gefühl nur noch. Anfangs war sie Julian wirklich dankbar gewesen, dass er sie nicht bedrängte. Aber mittlerweile waren fast drei Monate vergangen und Maya wurde immer frustrierter. Sie hatte ihm in den letzten Wochen immer wieder deutlich zu verstehen gegeben, was sie wollte. Doch Julian machte nicht die geringsten Anstalten, sich ihr in irgendeiner Art zu nähern. Wenn sie fragte, was los war, wiegelte er ab. Näherte sie sich ihm in mehr als eindeutiger Weise, wies er sie ab. Sein Verhalten trieb sie immer mehr in den Wahnsinn. Und sie hatte nicht die geringste Ahnung, was mit ihm los war.

»Du arbeitest nur noch. Besonders nachts«, beschwerte sie sich. »Dabei könnte man zu dieser Uhrzeit … im Bett … wirklich schönere Dinge tun«, hauchte sie ihm verführerisch ins Ohr. Ja, sie war total verrückt, dass sie es schon wieder versuchte. Aber sie war nun mal verrückt nach Julian. Sie wollte ihn auf keinen Fall verlieren. Und irgendwas musste sie ihm doch noch bedeuten. Irgendwo in diesem Körper musste sich doch seine Lust, sein Verlangen verstecken. Sie musste sie einfach nur finden. Zögernd schob sie die Hand in sein Haar und zog ihn an sich. Erst war ihr Kuss sanft, fast zaghaft. Doch sie wollte endlich wieder Julians Nähe spüren und küsste ihn immer drängender. Aber nur Sekunden später schob er sie von sich.

»Maya, ich muss wirklich arbeiten«, seufzte er.

»Hm, schon klar«, murmelte sie nur.

»Jetzt sei bitte nicht eingeschnappt. Aber seit der Sache mit … also … ich meine, seit ich allein für die Firma verantwortlich bin, habe ich einfach wahnsinnig viel zu tun. Ich weiß überhaupt nicht mehr, wo mir der Kopf steht.«

Er strich sich seufzend durchs Haar.

»Sag doch einfach, dass du mich nicht mehr ertragen kannst«, murmelte Maya mehr zu sich selbst und stand auf. Doch sie war kaum zwei Schritte gegangen, als Julian sie zurückzog.

»Das glaubst du doch nicht wirklich, oder?«

»Was?«, fragte sie herausfordernd und funkelte ihn zornig an.

»Maya, ich bin nicht taub.«

»Und? Kannst du die Wahrheit nicht vertragen?« »Das ist doch Unsinn«, erwiderte Julian und zog sie zurück auf seinen Schoß.

»Ach ja?«

»Ja«, sagte er entschieden.

»Und warum habe ich dann das Gefühl, dass es wahr ist?«

»Das ist es aber nicht. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie schwer mir das alles fällt?«

»Was? Vollkommen zu ignorieren, dass da eine Frau ist, die dich will? Trotz der Sache mit Jayden? Und die sich nichts sehnlicher wünscht, als dass du sie endlich wieder als das wahrnimmst, was sie ist? Eine Frau? Die übrigens, solltest du es vergessen haben, auch Gefühle hat? Seit das mit Jayden passiert ist, hast du mich nicht mehr angefasst, Julian. Nicht ein einziges Mal.«

»Du glaubst wirklich, ich kann dich nicht mehr ertragen?«

»Ja. Warum solltest du sonst jede Nacht aus dem Bett flüchten? Dazu fällt mir nur eine Erklärung ein. Du hältst es in meiner Nähe nicht mehr aus. Aber weißt du was? Dafür gibt es eine ganz einfache Lösung. Mach Schluss! Dann verschwinde ich sofort aus deinem Leben! Aber behandle mich verdammt nochmal nicht weiter wie deine kleine Schwester! Das ertrage ich einfach nicht mehr!«, fluchte Maya. Julian sah sie an. Sekundenlang.

»Ja, du hast Recht. Ich kann es nicht ertragen«, sagte er schließlich und Mayas Herz zog sich zusammen. Sie schluckte schwer.

»Also doch«, murmelte sie verletzt und stand auf. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie musste weg. Sofort. Sie wollte seine Worte nicht hören. Worte, die sie nur noch mehr verletzen würden. Aber Julian schlang einen Arm um ihre Taille und zog sie zurück.

»Du verstehst mich falsch. Ja, ich kann es nicht ertragen. Ich kann es nicht ertragen, einfach nur neben dir zu liegen, Maya. Wo ich doch so viel lieber auf dir liegen würde. Oder unter dir. Ich kann es nicht ertragen, dich nicht berühren zu können. Und ich kann auch den Gedanken nicht ertragen, was Jayden getan hat. Ich war nicht für dich da, als du mich am dringendsten gebraucht hast. Und ich kann mir in keinster Weise vorstellen, was du an diesem Abend durchmachen musstest. Welche Angst du gehabt haben musst. Ich weiß nur eins. Es ist allein meine Schuld, was Jayden dir angetan hat. Hätte ich die zweite Schlüsselkarte nicht in meinem Schreibtisch aufbewahrt, wäre er niemals in die Wohnung gekommen.«

»Das ist doch Unsinn. Woher hättest du …«, setzte Maya an. Aber Julian brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen.

»Jetzt versuch bitte nicht, es auch noch schön zu reden. Ich weiß, was passiert ist, Maya. Und ich kann nie wieder gut machen, was Jayden getan hat. Mein Gewissen quält mich schon mehr als genug, das kannst du mir glauben. Aber dass du jetzt auch noch denkst, ich will dich nicht …« Er schloss die Augen und stieß ein tiefes Seufzen aus. »Ich liebe dich, Maya. Und ich möchte mit dir schlafen. Mehr als du dir vorstellen kannst. Ich vermisse dich. Ich vermisse deine Nähe. Ich vermisse es, aufzuwachen und dich in meinen Armen zu spüren. Deinen Körper an meinem zu spüren. Aber ich möchte nicht so egoistisch sein, meine Bedürfnisse über deine zu stellen.«

Überrascht starrte sie ihn an.

»Ich wusste gar nicht, dass …« Verlegen senkte sie den Blick. »Ich dachte, du … naja … du fasst mich nicht mehr an, weil … Jayden … also …«

»Mit diesem Dreckskerl hat das nicht das Geringste zu tun. Natürlich ist es nicht leicht, das aus meinem Kopf zu verdrängen. Ich könnte kotzen, sobald ich nur daran denke. Ich weiß nicht, was ich mit Jayden angestellt hätte, wenn ich ihn noch an diesem Abend in die Finger bekommen hätte. Aber ich liebe dich. Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich will. Wie sehr ich deine Nähe … wie sehr ich dich wieder spüren will. Nur deshalb habe ich mich mit Arbeit zugeschüttet. Um mich von dieser sündigen Versuchung … von dir … abzulenken. Ich will das zwischen uns nicht kaputt machen, nur weil ich mein Verlangen nach dir nicht im Griff habe. Natürlich fällt es mir verdammt schwer, mich zurückzuhalten«, seufzte er. »Aber du bist es wert zu warten. Und ich werde so lange auf Sex verzichten, bis du bereit dazu bist. Wirklich und wahrhaftig bereit.« Maya klappte vor Überraschung der Mund auf. Sie war sprachlos. Vollkommen sprachlos. Mit dieser Offenheit hatte sie nicht gerechnet. Oh Gott … Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, was wirklich in Julian vorging. Wie auch er unter der Situation litt.

»Warum hast du nicht mit mir geredet?«, fragte sie zögernd.

»Weil ich dich nicht bedrängen wollte. Du hättest doch mir zuliebe so getan, als sei alles in bester Ordnung. Auch wenn es in deinem Innern ganz anders aussieht. Ich wollte einfach nicht, dass du dich unter Druck gesetzt fühlst.«

»Ich fühle mich nicht unter Druck gesetzt. Ich … Julian, ich vermisse dich einfach so. Ich vermisse deine Zärtlichkeit. Ich vermisse …« Sie hob zaghaft den Blick. »den Sex mit dir.« Nervös knabberte sie an ihrer Unterlippe. »Und ich hatte das Gefühl … ich weiß auch nicht … als ob dir plötzlich alles egal ist. Als ob … ich … dir egal bin. Ich dachte …«

»Du solltest das denken lassen, wenn dir nur so komische Dinge durch den Kopf gehen«, murmelte Julian und zog sie enger an sich.

»Du willst also mit mir schlafen, hm?«

Seine Augen funkelten amüsiert.

»Ja«, hauchte sie.

»Bist du wirklich sicher?«

»Ja. Mehr als das.«

Ihr Unterleib zog sich voller Vorfreude zusammen.

»Du hast keine Ahnung, was dich erwartet«, flüsterte er. »Ich bin ziemlich auf Entzug. Das ist dir klar, oder? Und es könnte eine lange Nacht werden. Eine anstrengende Nacht. Eine Nacht, in der du nicht wirklich viel Schlaf bekommst.«

»Schlaf wird sowieso vollkommen überbewertet«, murmelte Maya und schlang lächelnd ihre Arme um seinen Hals.

»Ich will dich, Julian. Ich brauche dich einfach.«

»Wenn das so ist …« Kommentarlos klappte er den Laptop zu. »dann sollten wir zu einem etwas gemütlicheren Ort wechseln«, raunte er ihr zu und nahm sie auf die Arme. »Vorzugsweise ins Bett. Und das äußerst schnell.«

Kapitel 3

Ein paar Tage später lud Julian sie zur Feier des Tages zum Essen ein. Melissa und Jayden waren für ihren Versuch, sich Julians Firmenanteile unter den Nagel zu reißen, zu achtzehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Verfahren gegen Jayden wegen der Vergewaltigung stand zwar noch aus, aber dies war immerhin ein erster Teilerfolg; dem hoffentlich ein weiterer folgen würde. Deshalb hatte Julian sie ins Cucina di Paolo eingeladen. Die Kellnerin führte sie in den hinteren Teil des Restaurants, der etwas abseits von den anderen Gästen lag, so dass sie recht ungestört waren.

»Du hast es immer gern ein bisschen privater, nicht wahr?«, fragte Maya mit einem Augenzwinkern.

»Was ist dagegen einzuwenden?«, erwiderte Julian mit einem bedeutungsvollen Lächeln.

»Ich sitze nun mal nicht gern auf dem Präsentierteller. Ich mag es lieber etwas ungestörter.«

»Hm, fragt sich nur wofür«, zog Maya ihn auf.

Dann nahm sie die Speisekarte zur Hand und studierte sie eingehend.

»Ich glaube, ich nehme einen Salat«, murmelte sie kurz darauf mehr zu sich selbst und klappte die Karte wieder zu. Julian runzelte die Stirn.

»Salat? Du machst Witze.«

»Nein«, lachte sie. »Das ist mein voller Er…«

»Maya, das ist der beste Italiener der Stadt«, unterbrach er sie und schüttelte ungläubig den Kopf.

»Jetzt sag nicht, dass das wieder so ein Ding zwischen dir und deiner Waage ist«, bemerkte er mit einem Augenzwinkern. »Wenn ja, dann ist das vollkommen unnötig. Du bist perfekt, so wie du bist.«

»Und damit das auch so bleibt, isst man eben ab und zu auch mal Salat«, neckte sie ihn.

»Aber doch nicht heute«, brummte Julian und verzog das Gesicht. Maya seufzte leise.

»Möchtest du was für mich bestellen?«, erwiderte sie besänftigend und legte ihre Hand auf seine.

»Was ist denn hier besonders gut?«

»Vertraust du mir?«

»Natürlich.«

»Sehr gut«, grinste er.

»Bitte zweimal die Nummer 37, Francesca«, gab Julian ihre Bestellung auf, als die Kellnerin an ihren Tisch trat. »Und eine Flasche 2007er Brunello di Montalcino.«

»Sehr gern. Sonst noch etwas?«

Julian schüttelte den Kopf.

»Was ist denn Nummer 37?«, fragte Maya neugierig.

»Lass dich überraschen«, erwiderte er mit einem geheimnisvollen Lächeln.

Wenig später wurde das Essen serviert.

»Zweimal Fettuccine Paolo speciale. Ich wünsche guten Appetit.«

»Hm, das sieht wirklich gut aus«, sagte Maya, nachdem die Kellnerin wieder verschwunden war.

»Was ist das denn? Und jetzt sag nicht Nudeln.

Das sehe ich selbst«, fügte sie lachend hinzu.

»Was drin ist, weiß ich auch nicht so genau. Es ist ein Familienrezept von Paolo, Francescas Mann.

Auf jeden Fall Tomaten, Knoblauch, Parmaschinken und frischer Pecorino romano. Aber sonst …« Er hob die Schultern. »Ich habe schon oft versucht, Paolo das Rezept zu entlocken. Aber er lässt sich einfach nicht erweichen.«

»Kann ich verstehen«, murmelte Maya, die sich bereits die erste Portion in den Mund geschoben hatte. »Das ist lecker. Verdammt lecker«, seufzte sie.

»Freut mich. Dann lass es dir schmecken.«

»Das werde ich. Darauf kannst du dich verlassen.« Als sie ihren Teller etwa zur Hälfte geleert hatte, hörte sie, wie Julian plötzlich leise kicherte.

»Was ist?«, lachte sie.

»Nichts. Ich musste nur gerade dran denken, dass du eigentlich Salat essen wolltest. Und jetzt bekommst du fast einen Orgasmus bei einem Teller Nudeln. Das war also doch die bessere Wahl, wie es aussieht.«

»Definitiv. Hmmm, das ist fast noch besser als Sex«, seufzte sie und die nächste Gabel wanderte in ihren Mund.

»Nur fast? Das beruhigt mich«, murmelte Julian lächelnd und Maya hob den Blick. Seine Augen glänzten verführerisch und waren eine Spur dunkler als sonst.

»Ja, nur fast«, flüsterte sie und versicherte sich mit einem kurzen Blick, dass niemand sie beobachtete.

Dann streifte sie unauffällig ihren Schuh ab und schob ihren Fuß vorsichtig zwischen Julians Oberschenkel. Sanft glitten ihre Zehen in seinem Schritt auf und ab.

»Maya …«, tadelte er sie lächelnd.

»Hm, was denn?« Unschuldig klimperte sie mit den Wimpern und lächelte ihn an. Sie verstärkte den Druck und bemerkte, wie Julian tief Luft holte.

»Komm mal rüber.« Seine Stimme war rau, verlangend und Mayas Körper kribbelte plötzlich vom Kopf bis zu den Zehenspitzen.

»Jetzt?«, fragte sie verwirrt. Julian nickte.

»Aber … das Essen …« begann sie zögernd.

Doch er sah sie nur an.

»Okay, warte.« Schnell schob sie sich noch eine Portion in den Mund, was Julian mit einem Lachen quittierte.