Vom Feind verführt - Nina Hunter - E-Book
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Vom Feind verführt E-Book

Nina Hunter

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Beschreibung

Eine Spionin auf seine Seite ziehen - das ist Matts neuer Auftrag als Agent der International Crime Defence. Doch ganz so einfach ist das nicht. Denn Elaine DeLacroix ist ebenso klug wie sexy, und Matt fällt es schwer, ihr zu widerstehen und einen kühlen Kopf zu bewahren. Schließlich stellt sie ihm eine Bedingung: Sie kooperiert, wenn Matt ihr bei einem letzten Coup auf der anderen Seite des Rechts hilft ...

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Seitenzahl: 372

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Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Nina Hunter

Vom Feindverführt

Erotischer Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

OriginalausgabeEin Projekt der AVA international GmbHAutoren- und Verlagsagenturwww.ava-international.de

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, KölnTitelillustration:© shutterstock/Kozyrina Olga; © shutterstock/Little MoonUmschlaggestaltung: Thomas Krämer

eBook-Erstellung: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-3979-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Kapitel 1

Es dauerte keine fünf Minuten, bis Matt ein Paar Brüste im Gesicht hatte. Eigentlich hatte er gedacht, dass in einem so teuren und vor allem exklusiven Klub wie dem Original Sin ein wenig mehr Stil herrschen würde. Aber wahrscheinlich bezahlten die Männer und Frauen, die hier Gäste waren, deshalb so viel Eintritt: damit es gleich zur Sache gehen konnte.

Matt schob die junge Frau, die insgesamt wahrscheinlich nicht mehr als fünf Quadratzentimeter Stoff auf der Haut trug, mit einem entschuldigenden Lächeln von sich und richtete sich die schmale, nachtschwarze Krawatte. Das Mädchen zog einen Schmollmund, der aber nicht lange vorhielt, weil sie sich schon an den nächsten Gast des Original Sin schmiegte. Matt räusperte sich leise und ging rasch weiter. »Was war das für ein Geräusch?«, hörte er eine weibliche Stimme in seinem Ohr, und er kratzte sich unauffällig am Ohrläppchen, um den Sitz des Mikros darin zu überprüfen. Für einen Moment hatte er vergessen, dass Mia auf der anderen Seite des Atlantischen Ozeans alles mithörte. »Nur das Begrüßungskomitee«, murmelte er und ließ den Blick durch den Klub gleiten. Das Sin hatte mehr mit einer Cocktaillounge gemein als mit einem erotischen Klub, aber die Atmosphäre war stimmig. Die Wände waren mit tiefschwarzem Plastik verkleidet, und überall hingen ebenso schwarze und dunkelviolette Vorhänge an den Wänden, gepaart mit Kristallverzierungen und Ketten in den gleichen Farben. Selbst die Lüster an den Decken waren in Schwarz und Violett gehalten. Halb nackte und auch ganz nackte Frauen – wie das Mädchen am Empfang – liefen umher. Sie alle trugen hauchdünne Spitze und Halbmasken über den Augen. Einige hatten sich bei Männern eingehakt, die rein äußerlich wie Matt aussahen: teurer Anzug, teure Uhr, teure Lederschuhe. Ein paar konnten es sogar mit seiner breitschultrigen Statur aufnehmen. Er fiel nicht auf.

Unauffällig schob er die Manschette seines Hemdes zurück und bewegte den Arm, als wollte er etwas aus seiner Hosentasche nehmen. In Wahrheit gewährte er Mia auf diese Weise einen Überblick über das Innere des Sin. Die Stimme in seinem Ohr schnaubte leise. »Netter Laden.«

Er bemühte sich, nicht mit den Schultern zu zucken, und ging durch den kurzen, schwarzen Tunnel, der zum Hauptraum des Klubs führte. Eine Treppe führte hinunter zu einem Bereich mit runden Tischen, jeder Tisch durch natürliche Barrieren wie Blumen und Ziervasen von dem anderen getrennt. Man hatte sein eigenes Separee und war doch mitten im Geschehen. Was viele der Gäste nicht daran hinderte, sich ungehemmt mit ihren Gespielinnen oder Gespielen auszutoben. Während Matt den Raum durchquerte, hörte er aus mehr als einer Ecke lautes Stöhnen und Ächzen.

Er ließ sich an einem der kleineren Tische nieder und versank ein wenig in den weichen Polstern. Eine Frau kam auf ihn zu, aber sie fragte ihn nur leise, was er trinken wollte. »Single Malt. Ohne Eis«, antwortete er knapp. Die Frau mit den langen, offenen blonden Haaren zwinkerte ihm zu. Sie trug eine enge violette Korsage und eine dezente schwarze Strumpfhose, die sich wie eine zweite Haut an ihre runden Hüften schmiegte. Ihre Brüste, die von der Korsage angehoben wurden, standen ihren prallen Hüften in nichts nach. Sie war sexy und auf eine unschuldige Art schön. Ihr Aussehen und besonders das Gesicht mit den herzförmigen Wangen und dem kleinen, vollen Mund erinnerte ihn ein wenig an eine kostbare Porzellanpuppe. Als sie sich vom Tisch entfernte, war er überrascht, wie elegant und scheinbar mühelos sie sich auf den hohen Absätzen bewegte. Sie wirkte zierlich und nicht besonders groß, trotz der Schuhe. Wenn sie ohne die Absätze vor ihm stünde, würde sie ihm sicherlich kaum bis zur Schulter reichen.

Er lehnte sich zurück und legte den linken Arm über die Lehne seiner Bank. In dieser Position hatte er einen guten Blick auf den Tisch schräg gegenüber. Dort saß ein Mann, der im Gegensatz zu Matt keine Krawatte trug. Er war blond, kräftig gebaut, und sein Kinn wirkte, als wäre es aus einem Block Granit gemeißelt. Mit einer knappen Handbewegung winkte er eine Frau in einem hauchdünnen Spitzenkostüm heran und dirigierte sie neben sich auf den weich gepolsterten Sitz. Matt wollte wegsehen, aber offensichtlich genoss es der blonde Mann, Publikum zu haben. Während er seine Hand zwischen die Schenkel seiner Gespielin schob, wandte er den Kopf von einer Seite zur anderen, um sicherzugehen, dass ihm mindestens an drei Tischen die Blicke folgten.

Die Kellnerin kam und stellte ein bauchiges Glas vor Matt ab. Der nickte abwesend, und sie verschwand.

Die Frau neben dem blonden Mann war groß, alles an ihr war schlank. Der Spitzenstoff wand sich um ihren linken Oberschenkel ihre Hüfte hinauf bis zur rechten Brust. Der dünne Stoff bedeckte gerade so ihre rasierte Scham. Der Mann zog diesen Teil des Stoffes beiseite, und Matt erwartete halb, dass er seine Finger direkt zwischen die leicht pinkfarbenen Lippen schieben würde, aber er hatte sein Gegenüber unterschätzt. Der Mann bedeutete der Frau, sich auf den Sitz zu knien, und beugte sich vor, um ihre freiliegende Brustwarze zwischen seine Lippen zu nehmen. Der weiche Hügel wurde unter dem Sog nach vorne gezogen, und die Frau stieß einen leisen, erregten Schrei aus. Sie klammerte sich an die Schultern ihres Liebhabers und spreizte instinktiv die Beine ein wenig weiter, bis Matt die feucht glänzende Spalte sehen konnte. Er meinte sogar, ihren herben, schweren Duft wahrzunehmen, aber auf diese Entfernung konnte das auch nur Einbildung sein.

Ihr Spielpartner löste sich von ihrer Brust und legte seine Hand auf ihre Scham. Mit Mittel- und Ringfinger spreizte er ihre Spalte, und ein dünner, zähflüssiger Faden tropfte auf sein Hosenbein. Er sah zu ihr auf, und als sie leicht nickte, schob er drei Finger seiner anderen Hand mit einem Ruck tief in sie hinein. Sie riss den Mund auf, als wollte sie schreien, aber der Schrei blieb irgendwo in ihrer Kehle hängen. Ihre Augen weiteten sich, und ihr Becken zuckte, bewegte sich auf seinen Fingern, ohne dass er auch nur einen Finger rühren musste.

Matt wusste nicht, wie viel davon gespielte und wie viel echte Lust war, aber er musste zugeben, dass das Schauspiel mehr als nur … anregend war. Sein Schwanz drückte sich gegen die Innenseite seines Schenkels und bäumte sich wütend gegen den engen Stoff seiner Hose auf. Eigentlich hielt Matt sich nicht für einen Voyeur, aber wer konnte bei diesem Anblick schon kalt bleiben?

Jetzt riss die Frau die Hose ihres Gespielen auf, hockte sich über ihn und dirigierte seinen harten Schwanz zwischen ihre Schenkel. Mit einem kehligen Stöhnen ließ sie sich darauf sinken, hielt sich an seinen Schultern fest und begann, ihn hart und kompromisslos zu reiten. Matt konnte nichts mehr sehen, nur ihren Rücken, der sich immer schneller auf und ab bewegte, und ihr Haar, das wie Gras im Wind schwankte, während sie den Kopf von einer Seite auf die andere warf und ihrem Orgasmus – echt oder nicht – entgegenritt.

Das Finale endete in einem Stöhnfeuerwerk, bei dem Matt sich endgültig sicher war, dass sie ihrem Kunden etwas vormachte. Aber aus dem zufriedenen Grinsen, das sich in seinem Gesicht abzeichnete, als sie von ihm herunterstieg, schloss er, dass das den Mann nicht im Geringsten störte.

Matt schlug die Beine übereinander und nahm einen Schluck von dem torfigen Single Malt. Es würde eine Weile dauern, bis seine Erektion sich wieder beruhigt hatte. »Na, das war mal eine heiße Show.«

Matt hätte sich fast an seinem Whisky verschluckt und schluckte sein Husten hinunter. Mia hatte er fast vergessen. »Du sollst keine Sexshows ansehen, sondern die Nachricht entschlüsseln«, knurrte er gereizt und möglichst leise. »Ich will hier möglichst schnell wieder verschwinden.«

Mia lachte leise. »Keine Sorge, ich hole dich da schon bald heraus. Hera hat eine Weile gebraucht, bis sie mir den Code für die Nachricht ausgespuckt hat, aber ich habe ihn.« Hera war ein Programm, das es Mia ermöglichte, auf nahezu jede Art von Informationen oder Netzwerk zuzugreifen.

»Und was sagt die Nachricht?«

»Unser Zielobjekt wird sich mit dem Kunden in genau zehn Minuten treffen. Geplant ist das Treffen in einem der Separees – man kommt nur mit einer Schlüsselkarte hinein. Ich schicke dir den Plan.«

Das Display seiner Uhr veränderte sich, und das Bild eines Lageplans leuchtete auf. Er nahm den Arm von der Lehne herunter und legte ihn unauffällig auf seine übereinander geschlagenen Beine, um sich den Plan einzuprägen. Einige Sekunden später war das Bild verschwunden. Matt nahm noch einen Schluck aus seinem Glas, und sein Blick wanderte über den Rand hinweg zu dem Mann am Tisch gegenüber. Er hatte die Frau wieder weggeschickt und nippte unbehelligt an seinem Drink.

»Zehn Minuten sind verdammt knapp«, brummte Matt in das Glas hinein.

»Tut mir leid, früher ging es nicht – die genauen Daten sind erst vor zwanzig Minuten eingetroffen, und es hat ein wenig gedauert, bis ich den passenden Code gefunden hatte«, verteidigte Mia sich.

»Schon gut. Ich kriege das schon hin«, sagte Matt und behielt sein Ziel im Auge. Es dauerte nicht lange, und der blonde Mann kippte den Rest seines Drinks hinunter, zog sich das Jackett zurecht und stand auf. Matt wartete, bis er fast außer Sichtweite war, und folgte ihm dann. Er behielt den Abstand zwischen ihnen bei, bis der Mann in einen schmalen Flur einbog. Die Beleuchtung war hier schwächer, und der Flur war vom Hauptraum aus nicht einzusehen. Ein sehr exklusives Separee, wie es aussah. Und perfekt für seine Zwecke.

Matt holte rasch auf. Als der Mann ihn bemerkte, war es schon zu spät. Matt schlang ihm leise und schnell den Arm um den Hals. Sein Opfer wehrte sich, wand sich, aber bald erschlaffte es in seinen Armen. Matt ließ den ohnmächtigen Mann zu Boden sinken und zog ihn in eine entlegene, dunkle Ecke, wo er nicht sofort auffallen würde. Nach einer kurzen Inspektion förderte er die Schlüsselkarte zutage. »Sorry, Kumpel«, murmelte Matt und beeilte sich, zum Separee zu kommen.

Die Tür war schlicht, aber der Raum dahinter war opulent. Auch hier herrschten die Farben des Sin vor, nur diesmal nicht auf Tischen und Stühlen, sondern auf einem riesigen Himmelbett, auf dem sich eine Frau rekelte. Auch sie trug die typische Kostümierung aus Spitze, und ihr Gesicht war mit einer Halbmaske bedeckt. Ihre Augen waren ebenso dunkel wie seine, auch wenn das kurze Haar eindeutig blond war.

Das also war Elaine DeLacroix. Die Frau, für die er von Deutschland bis nach Las Vegas geflogen war.

»Wie schön, Sie sind pünktlich«, schnurrte sie und setzte sich auf, als Matt den Raum betrat.

Er ließ seinen Blick deutlich sichtbar über ihren Körper schweifen. »Wie hätte ich so eine Schönheit warten lassen können?«, kam es ihm aalglatt über die Lippen, auch wenn er sich fragte, wer auf diesen Spruch hereinfallen sollte. Die Frau auf dem Bett war zumindest höflich genug, um schief zu lächeln. »Haben Sie den Code dabei?«

Matt hob den Arm – und in diesem Moment spürte er, dass etwas nicht stimmte. Elaines Blick glitt an ihm vorbei, auf etwas neben, nein, hinter ihm. Er wollte sich umdrehen, doch noch bevor er sich bewegen konnte, traf ihn etwas hart auf den Hinterkopf. Blitze explodierten vor seinen Augen, und dann wurde alles schwarz.

Als er die Augen öffnete, brannten sie und helles Licht blendete ihn. Matt kniff sie gleich wieder zu und legte seine Hand über die Augen, ehe er sie vorsichtig wieder öffnete. Es war die Sonne, die derart hell schien. Ihm war heiß, kein Wunder.

Im Original Sin hatte eindeutig keine Sonne geschienen. Also war er irgendwo vor dem Klub. »Ein echter Geniestreich«, hätte Mia gesagt, und er wunderte sich, warum sie das nicht schon längst getan hatte. Hastig tastete er zu seinem Ohr, aber es bestätigte sich nur, was er schon geahnt hatte. Das Mikro war verschwunden, ebenso wie seine Uhr. Und sein Jackett. Verdammt, seine ganzen Sachen waren weg. Sein Angreifer hatte ihm nicht mehr als einen Boxerslip gelassen.

Matt setzte sich auf, sah sich um und wünschte sich, er hätte es nicht getan. Er war nicht nur halb nackt. Er war halb nackt und befand sich inmitten von Felsen und auf viel zu heißem Sandboden. Diese verdammte Schlange hatte ihn mitten in der Wüste ausgesetzt.

Kapitel 2

Drei Tage zuvor

Las Vegas?!« Der Aufschrei hallte in der gesamten International Crime Defence Berlin wider.

»Beruhige dich, Matt«, sagte Emilia, und Mia fügte hinzu: »Ich würde sofort mit dir tauschen.«

Matt Archer saß beiden Frauen gegenüber und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Stoppeln kratzten über die harte Haut seiner Hand, und er konnte die dunklen Ringe unter seinen Augen förmlich spüren. »Ich bin gerade erst von einem Einsatz in Sydney zurückgekommen«, protestierte er schwach.

»Du kannst im Flugzeug schlafen«, schlug Emilia vor. Mia nickte. »Ganz abgesehen davon hast du in Las Vegas viel weniger Probleme, den Jetlag loszuwerden, als hier in Deutschland. Der Zeitunterschied ist viel kleiner.« Sie grinste. »Und wenn wir ehrlich sind, würdest du hier sowieso in deiner Wohnung versauern und nur noch an der Spielkonsole hängen.«

Matt verzog das Gesicht – natürlich musste Mia ausgerechnet das ausgraben. Das hatte man davon, wenn man mit seiner Exfreundin zusammenarbeitete. Dass sie recht hatte, machte seine schlechte Laune nicht besser. »Ich würde nicht ›versauern‹«, erwiderte er trocken, »ich würde ausspannen.«

Mia zwinkerte ihm zu. Sie wusste, dass er log, und er wusste, dass sie es wusste.

»Ich will Sonderurlaub«, brummte er und zog seine verknitterte Krawatte zurecht.

»Bekommst du!« Emilia strahlte. »Sobald du die Sache in Las Vegas abgewickelt hast.«

Matt seufzte. »Und was für eine Sache ist das?«

Mia fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare und nahm einen Tablet-Computer zur Hand. »Ihr Name ist Elaine DeLacroix. Eher ein kleiner Fisch – sie ist eine spezialisierte Diebin.« Auf dem Fenster hinter ihnen erschien eine schwarze Fläche – Matt runzelte die Stirn. Normalerweise erschien dort ein Foto oder ein Video.

»Spezialisiert auf was?«

»Firmengeheimnisse. Industriespionage«, erklärte Emilia und schürzte den blutrot geschminkten Mund. Sie trug nie viel Make-up, aber Matt hatte sie, solange er hier arbeitete, noch nie ohne auffallende Lippenfarbe gesehen. Nicht einmal während der Spätschichten.

»Fällt Industriespionage in unsere Zuständigkeit?«, fragte er.

»In seltenen Fällen. DeLacroix ist nicht oft aktiv. In den letzten drei Jahren gab es nur zwei Diebstähle, die wir ihr sicher zuordnen können.«

Matt sah Mia an. »Wieso haben wir damit Schwierigkeiten?«

Sie rieb sich die Schläfe. »Elaine DeLacroix gehört zu der seltenen Spezies Diebe, über die wir so gut wie keine Daten haben. Sie verwischt ihre Spuren und ändert jedes Mal ihre Vorgehensweise. Es war eine Heidenarbeit, sie überhaupt zu entdecken – ich habe auf sämtliche Ressourcen von Hera zurückgreifen müssen, um überhaupt etwas über sie herauszufinden.«

»Ich dachte, du Technikgenie kannst mit Hera auf alle Netzwerke und Ressourcen weltweit zugreifen?«

Mia zuckte mit den Schultern. »Hera kann nur auf das zugreifen, was wirklich da ist. Es gibt weltweit kaum Informationen über DeLacroix. Keine Geburtsurkunde, keine Unterlagen von Ärzten, Kindergärten oder Schulen. Sie wird nie gesehen, und diese beiden Diebstähle konnten wir ihr auch nur zuordnen, weil sie beim Hacken des Computersystems einen Fehler gemacht hat. Beide Systeme wurden von der gleichen Firma zur Verfügung gestellt und hatten einen Glitch in die Firewall eingebaut, um potenzielle Hacker zu identifizieren. Eigentlich sollte die Falle die genaue IP-Adresse des Hackers speichern, aber DeLacroix hatte ein Programm installiert, das ihre Spuren verwischte. Das System hat nur die ersten drei Ziffern der IP-Adresse speichern können. Aber sie sind identisch.«

Matt musste unwillkürlich schmunzeln. »Sie hat also unabsichtlich eine virtuelle Visitenkarte hinterlassen? Stand keine Adresse drauf?« Er grinste.

Emilia schoss ihm einen eisigen Blick zu. »Sehr witzig«, murmelte sie und deutete mit einem Nicken auf die Bilder. »Wir haben eine verschlüsselte E-Mail abgefangen, die wohl an DeLacroix gerichtet war. Wir konnten bisher noch nicht herausfinden, von wem sie stammt«, Matt sah zu Mia, die nur entschuldigend die Hände hob, »aber immerhin haben wir eine Spur, auch wenn wir die Verschlüsselung noch nicht geknackt haben. Sonst hätten wir DeLacroix bereits geschnappt. Der Inhalt, den wir bisher entschlüsseln konnten, legt nahe, dass es sich diesmal um einen Fall für die ICD handelt.«

Die Fotos auf dem Fenster verschwanden und wurden von einer E-Mail verdrängt. Der Bienenkorb ist reif. Der Flug der Sonnenblumen wird bald beginnen – Pollen werden fliegen. Honig ist die Belohnung. Das Alter wohnt in der Brutstätte der Sünde.

»Seid ihr sicher, dass das nicht aus der Bibel stammt?«, konnte Matt sich nicht verkneifen. Emilias Augen verengten sich zu Schlitzen. »Warum war ich noch einmal davon überzeugt, dass es eine gute Idee ist, dich hinzuschicken?!«

Matt zuckte mit den Schultern. »Weil er als Amerikaner in Amerika weniger auffällt als einer unserer deutschen Agenten«, sprang Mia für ihn ein, ohne ihren Blick vom Tablet abzuwenden.

»Schön, wenn man weiß, wieso man geschätzt wird«, murmelte Matt.

»Wie bitte?«

»Oh, nichts, Chefin«, erwiderte er lammfromm und deutete mit dem Zeigefinger auf die Mail. »Brutstätte der Sünde bedeutet Las Vegas, nehme ich an.«

»Wir gehen davon aus. Warum wir überhaupt aufmerksam geworden sind, ist die Passage Pollen werden fliegen. Wir haben etwas Ähnliches bereits vor ein paar Jahren gefunden – Terroristen hatten das als Code benutzt, als sie einen Anschlag auf London planten.«

»Ein bisschen dünn als Ansatz«, erwiderte Matt und strich sich ein paar dunkle Haarsträhnen aus der Stirn, die ihm vor den Augen herumbaumelten.

»Dick genug, um dich in die Glitzerstadt zu schicken.« Mia grinste. »Wir möchten, dass du DeLacroix findest, sie festnimmst und herausbekommst, wer ihr Auftraggeber ist und was sie vorhat.«

»Na, wenn es sonst nichts ist«, sagte Matt und grinste schief.

Kapitel 3

Elaine stellte den Duschkopf aus und wickelte das Handtuch um sich. Nach einer Schicht als Kellnerin im Original Sin hatte sie immer das Gefühl nach billigem Parfüm und Zigarettenrauch zu stinken. Sie stand danach immer mindestens eine halbe Stunde unter der Dusche, um diesen Geruch wieder von ihrer Haut zu waschen. Zum Glück war es nur vorübergehend.

Sie trocknete sich die Haare, so gut es ging, mit einem zweiten Handtuch und kämmte sie mit den Fingern durch. Eigentlich hätte sie diesen Laden schon heute verlassen wollen, aber leider war der Deal mit ihrem Kunden geplatzt. Elaine seufzte schwer und massierte sich den Nacken. Es hätte so einfach sein können: Sie bekam den Code, den letzten Teil eines Passwortes, von ihrem Kunden, er bekam seine Million Dollar, und sie beide wären jeder ihrer Wege gegangen. Aber dann musste sich dieser verdammte Schnüffler einmischen. Er war ihr schon vorher aufgefallen, und ihr Bauchgefühl hatte sie gewarnt. Zum Glück. Nachdem sie gesehen hatte, wie er ihren Kunden ausgeschaltet hatte, war ihr klar gewesen, dass sie ihn loswerden musste.

Leider war in der Zwischenzeit auch ihr Kunde verschwunden – wahrscheinlich hatte er geglaubt, sie hätte ihn betäubt, um kostenlos an den Code zu kommen. Was bedeutete, dass sie mit leeren Händen dastand.

Elaine tötete nicht. Das war meist auch nicht nötig. Da der Schnüffler sie nicht gesehen hatte, sondern nur Jay, ihr Double, konnte sie ihn getrost nackt in der Wüste aussetzen. Er würde nie darauf kommen, dass sie ihn niedergeschlagen hatte, und Jay hätte Las Vegas schon längst verlassen, bis er die Stadt wieder erreicht hatte. Elaine schätzte, dass er etwa einen Tag Fußmarsch brauchen würde, um wieder zurückzukehren.

Bei dem Gedanken an ihn musste sie ein wenig schmunzeln. Er war kräftig gebaut – starke Schultern, eine breite Brust und Beine, die ihn sicher problemlos durch die Wüste bis in die Stadt tragen würden. Vielleicht bekam er einen Sonnenbrand ab, aber das würde seiner Haut bestimmt nicht sonderlich schaden. Irgendwann würde sie dadurch nur dunkler werden, die leichte Bräune würde sich in einen goldenen Schimmer verwandeln, überall auf seinem Körper, nur nicht auf seinem weißen Hintern und der delikaten, empfindlichen Stelle unterhalb seines Bauchnabels …

Elaine runzelte die Stirn und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht. Was sollten diese Gedanken denn? Sie schüttelte den Kopf und wickelte das Handtuch fester um sich. Die Frage war, was er gewollt hatte. Sie hätte warten sollen, bis er wach war, und ihn fragen, aber das Risiko, später von ihm erkannt zu werden, war ihr zu hoch. Sie hatte ihn und alle Spuren von ihm schnell loswerden wollen, also hatte sie ihn in der Wüste abgeladen und sein Mikro, sein Handy und die Armbanduhr mehrmals mit ihrem SUV überfahren.

Sie atmete tief ein und betrat ihr Schlafzimmer. Mit einem entsetzten Schrei prallte sie zurück, als sie sah, wer auf ihrem Bett saß – der Schnüffler!

Er trug nur eine ausgebeulte Stoffhose und ein Hemd, und tatsächlich glänzten seine Nasenspitze und seine Schultern rot. In seiner Hand hielt er eine kleine Kanone, eine Glock, wie sie meist von Polizisten benutzt wurde. Der Lauf war direkt auf sie gerichtet.

»Nehmen Sie, was immer Sie wollen, aber tun Sie mir nichts!«, quetschte Elaine hervor. Es war ein Klischeesatz, aus jeder Krimiserie, die im Fernsehen jemals gelaufen war, aber auf diese Weise glaubte er ihr womöglich, dass sie unschuldig war.

Sein Gesicht war ernst, und der Lauf blieb weiter genau auf sie gerichtet. »Wenn man jemanden niederschlägt und in der Wüste zurücklässt, ist man doch sicher per Du«, sagte er trocken.

Elaine verzog das Gesicht. »Woher willst du das wissen?«, fragte sie und ließ jede Höflichkeit fallen.

Diesmal lächelte er schief, weil ihre Antwort sie selbst verraten hatte. Elaine seufzte abermals und verschränkte die Arme vor der Brust. »Du wolltest bei meinem Deal dazwischenfunken«, versuchte sie, sich zu verteidigen. »Wie hast du mich überhaupt gefunden? Und wer bist du?«

Der Schnüffler antwortete nicht auf ihre Frage, sondern stand auf. Instinktiv wich sie zurück, aber er machte zwei Schritte zur Seite, und schon hatte er ihr den Weg zur Tür abgeschnitten. »Elaine DeLacroix«, sagte er ruhig, »ich nehme dich im Namen der ICD fest. Dir werden mehrere Fälle von Diebstahl und Industriespionage vorgeworfen.«

Vor Schreck hätte Elaine beinahe das Handtuch fallen lassen. »Die ICD?«, stieß sie überrascht aus. »Was will die Crime Defence denn von mir? Ich bin ein kleiner Fisch. Wahrscheinlich bin ich nicht einmal für die Polizei interessant.«

»Stell dein Licht nicht unter den Scheffel«, erwiderte er und trat so nah an sie heran, dass sie ihn riechen konnte. Er roch herb, nach Sand, Erde und Sonne. Sie schloss die Augen und versuchte, sich zu konzentrieren. »Es gibt keine Beweise gegen mich«, sagte sie.

Der Schnüffler antwortete nicht. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie er die Pistole sinken ließ und mit der freien Hand in seine Hosentasche griff. Ein Kabelbinder kam zum Vorschein – er wollte sie allen Ernstes fesseln.

Elaine biss die Zähne zusammen und machte einen Sprung nach vorn. Eigentlich wollte sie ihm ihre Schulter in die Brust rammen, aber dieser verdammte ICD-Agent reagierte schnell, viel schneller, als sie es erwartet hatte. Er drehte den Oberkörper zur Seite, und ihre Schulter glitt an seiner Brust ab. Elaine verlor das Gleichgewicht, taumelte, aber seine Hände, die sich fest um ihre Oberarme schlossen, verhinderten, dass sie fiel. Etwas klapperte – die Waffe war ihm aus den Fingern gerutscht, als er Elaine aufgefangen hatte. Sie hob ruckartig den Kopf und begegnete seinem Blick. Er hielt sie noch immer fest, aber sie wehrte sich nicht mehr. Dort, wo ihre Blicke sich trafen, formte sich ein Knistern, ein Prickeln, das sich ausbreitete, immer größer wurde und langsam auch Elaines Körper erfasste. Es begann an der Stelle, wo seine Finger auf ihrer Haut lagen, und floss wie ein Tropfen Wasser ihren Arm entlang, schlüpfte unter den Frotteestoff ihres Handtuches und breitete sich auf ihren Brüsten aus. Ihre Nippel wurden hart, und Gänsehaut kroch über ihr Rückgrat und ihren Steiß. Elaines Körper wurde immer wärmer, eine Hitze, die dem Pfad des Prickelns folgte und weiter und tiefer ging, ihre Hüften hinab bis zu ihren Schenkeln. Und keine Sekunde lang trennten sich ihre Blicke.

Der Schnüffler öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, aber es kam kein Ton heraus, nur ein leises heiseres Einatmen, als er sie mit einem Ruck an sich presste und seine Lippen auf ihre legte. Elaine hatte das Gefühl, ihren Verstand zu verlieren – sie konnte kaum noch klar denken und spürte nur noch eines: das Verlangen, diesen Mann zu küssen, ihn zu berühren und sich berühren zu lassen. Sie erwiderte seinen Kuss. Er war nicht zärtlich, nicht sanft, sondern direkt und erfüllt mit einer Leidenschaft, die sie erschauern ließ. Elaine ließ jede Vorsicht und jeden Gedanken an Flucht fahren und gab sich dem Moment hin. Sie hob die Arme, schlang sie um seinen Nacken und presste sich an ihn. Er stöhnte in ihren Mund, und sie wusste auch wieso – durch den Stoff seiner Hose und sogar durch ihr Handtuch hindurch konnte sie spüren, wie hart er bereits war. Diese Berührung ließ einen Damm brechen, und zwischen ihren Schenkeln breiteten sich Hitze und erregende Feuchtigkeit aus. Sie saugte an seiner Unterlippe und biss ihn in die Zungenspitze. Er zuckte zusammen, packte als Revanche ihren Po und riss das Handtuch weg. Mit einem Mal wurde es kalt auf Elaines Körper, aber nicht einmal das konnte die Hitze lindern, die in ihr loderte. Sie beendete den Kuss und legte den Kopf in den Nacken. Ihr Haar, noch feucht von der Dusche, berührte ihren nackten Po und intensivierte die Gänsehaut auf ihrem Körper.

Er nahm ihre Einladung an, löste seinen Mund von ihrem und begann, an ihrem Hals zu knabbern und zu saugen. Elaine schloss die Augen, hielt sich an seinen breiten nackten Schultern fest und genoss den Kontrast ihrer ausgekühlten und seiner von der Sonne verbrannten Haut. Er gab ein leises Zischen von sich, als sie zu fest zudrückte, aber es wurde schnell wieder von ihren Zungen erstickt, die sich erneut in einem heißen, suchenden Tanz fanden.

Der Kuss dauerte nicht lange an – Matt stieß sie rücklings auf das Bett. Elaine keuchte und versuchte, sich wieder aufzusetzen, aber er kam ihr zuvor. Binnen eines Lidschlags kniete er vor ihr, drückte ihre Schenkel auseinander und vergrub seine Zunge tief zwischen ihren feuchten Lippen.

Elaine schrie vor Lust und Überraschung auf. Ungläubig sah sie auf den Mann zwischen ihren Beinen hinab, der sie leckte. Seine Zunge war weich und hart zugleich und schien an tausend Punkten zur selben Zeit zu sein. Er saugte an ihrer Klit, leckte an ihren Schamlippen und ließ seine Zunge schon einen Wimpernschlag später wieder in ihre Spalte tauchen. Elaine kam kaum zu Atem, er ließ ihr keine Chance, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf seine Zunge und die empfindliche Stelle zwischen ihren Schenkeln, die sie immer höher trieb, bis ihre Knie zitterten und sie glaubte, bald ohnmächtig zu werden. »Wie heißt … wie ist … dein Name«, brachte sie atemlos hervor.

Er richtete sich auf, und sein Körper thronte über ihr, heiß, sinnlich und stark. Seine Hüften streiften die Innenseite ihrer Schenkel, und Elaine biss sich auf die Lippen, um nicht wieder zu schreien. Wann war sie das letzte Mal derart geil gewesen? Sie konnte an nichts anderes mehr denken als an seinen Schwanz.

»Matt«, murmelte er an ihrem Ohr, und eine Sekunde später drang er in sie ein.

Elaine hatte gar nicht gemerkt, dass er sich die Hose ausgezogen hatte, aber als sie sich in seinen Hintern krallte, spürte sie seine nackte Haut und das geschmeidige Fleisch darunter. Er bewegte sich hart, erbarmungslos und fickte sie tief. Elaine biss die Zähne zusammen – jeder Winkel ihrer Pussy war ausgefüllt, wurde gereizt und liebkost. Seine Bewegungen veränderten sich immer wieder, seine Stöße änderten den Winkel, wurden mal tiefer und härter, dann wieder langsamer, aber nie glitt er ganz aus ihr heraus. Er küsste sie unablässig dabei, seine Lippen wanderten über ihre Wange, streichelten ihr Kinn und tranken jeden ihrer Schreie, die sie ausstieß, wann immer sein Stoß sich wieder änderte.

Sie zeichnete ihn mit Striemen auf seinem Rücken, auf seinem Po. Ihre Schenkel hielten seine Hüften umklammert, als wollte sie ihn ewig dort einsperren – es war unbeschreiblich. Elaine warf den Kopf zurück, bäumte sich ihm entgegen, um ihn noch tiefer in sich aufzunehmen – sie wollte ihn noch bis in den letzten Winkel ihres Schoßes spüren, wollte, dass diese Ekstase niemals wieder aufhörte –, aber das Ende kam, es baute sich unaufhaltsam in ihr auf, eine Naturgewalt, der sich nichts und niemand in den Weg zu stellen vermochte.

»Matt!«, schrie sie, und ihre Lust brach sich Bahn, überwältigte sie, schüttelte sie, und Elaine spürte, wie Matt ihr kurz darauf folgte.

Sein Gewicht lag schwer und irgendwie tröstlich auf ihr. Elaine schlug die Augen auf, und in diesem Moment glitt Matt aus ihr heraus und rollte sich zur Seite, um sie nicht weiter mit seinem Gewicht zu belasten. Er hielt die Augen geschlossen und hatte einen Arm über die Stirn gelegt. Sein Atem ging schnell, und Schweiß glänzte auf seiner Haut, ebenso wie auf ihrer. Ein warmes Gefühl von Zärtlichkeit breitete sich in Elaine aus, und sie hob den Kopf, um ihn auf seine Brust zu legen – dabei fiel ihr Blick auf die Glock am Boden.

Es war, als hätte jemand einen Kübel Eiswasser über ihr ausgeschüttet. Mit einem Mal war Elaine wieder bei klarem Verstand – Matt war ein Agent der ICD, und er wollte sie einsperren. Ohne lange nachzudenken, sprang sie auf, nahm die Glock und richtete sie auf Matt. Der hatte ihr hastiges Aufstehen bemerkt und öffnete die Augen. Überrascht sah er auf die Waffe. »Elaine?«, fragte er.

Sie entsicherte die Glock und zog den Kabelbinder aus seiner Hose, die vor dem Bett lag. »Hand an den Bettpfosten«, sagte sie und wunderte sich, wie brüchig ihre Stimme klang.

»Mach das nicht«, sagte er, aber er klang nicht mehr wie ein ICD-Agent. Seine Worte waren sanft. »Lass uns reden.«

Reden. Sie hätte gerne mit ihm geredet. Wäre gerne wieder zu ihm ins Bett gekrochen, hätte sich neben ihn gelegt und geredet. Darüber, wer er war. Was er für ein Mensch war. Was …

Er ist ein ICD-Agent und will dich ins Gefängnis stecken. Fall nicht auf ihn herein. Du darfst jetzt nicht scheitern. Nicht, so kurz bevor du es zu Ende gebracht hast.

Die Stimme war so deutlich in ihrem Kopf, als stünde der Sprecher direkt neben ihr. Elaine biss die Zähne zusammen und richtete die Waffe auf Matts Kopf. »Ich kann nicht anders. Hand an den Bettpfosten.«

Matt sah wohl ein, dass weitere Worte keinen Sinn hatten. Mit gerunzelter Stirn hob er den Arm und drückte das Handgelenk gegen den frei stehenden Pfosten. Er sagte nichts mehr, aber Elaine konnte den Blick seiner dunklen Augen auf sich spüren, während sie seinen Arm mit dem Kabelbinder festschnürte, ohne dabei die Waffe zu senken. Als sie fertig war, wandte sie sich hastig ab und nahm ein paar Sachen aus dem Schrank. Sie zog sich schnell an, stopfte die Kleidung in einen Rucksack und warf ihn sich über die Schulter. Dann erst traute sie sich, wieder zum Bett zu sehen. Er war noch immer nackt, und er sah sie noch immer an. Aber nicht wütend, wie sie vermutet hatte, sondern … bedauernd?

Elaine senkte hastig den Blick. »Es tut mir leid, Matt«, murmelte sie und verließ die Wohnung.

Kapitel 4

So ein verdammter, verfluchter Mist! Seit wann benahm er sich wie ein Anfänger?! Zweimal, zweimal hatte ihn diese kleine Schlange an einem einzigen Tag hereingelegt! Es hatte ihn eine ganze Stunde gekostet, bis er das Telefon auf dem Nachttisch erreicht hatte und Hilfe rufen konnte. Die Männer der Feuerwache lachten sich wahrscheinlich immer noch schlapp, weil sie ihn, nackt wie er war, vom Bett hatten losschneiden müssen.

Allein bei dem Gedanken daran kochte Matt immer noch vor Wut, und er hatte sich so schnell wie möglich zurück in sein Hotel fahren lassen. Er nahm sich nicht einmal Zeit zu duschen, sondern streifte nur eine frische Hose über und schaltete seinen Tablet-PC an. Mit einem Knopfdruck aktivierte er den Videochat. Es klingelte ein paarmal, und dann erschien Mias verschlafenes Gesicht auf dem Bildschirm. »Ich nehme nicht an, dass du weißt, wie spät es hier ist«, nuschelte sie, und jemand sagte etwas im Hintergrund, aber es ging im Rascheln von Bettzeug unter.

»Sie ist mir entwischt«, gab Matt nur zur Antwort. »Ich brauche deine Hilfe. Möglichst sofort.«

Mia setzte sich auf. Für einen Moment wurde der Bildschirm schwarz, dann wackelte das Bild hastig. Wie er sie kannte, war sie wahrscheinlich einfach aufgesprungen und an ihren Computer gerannt, ohne daran zu denken, dass der Videochat noch aktiv war. Matt wandte den Blick ab, weil ihm sonst durch das Gewackel schlecht geworden wäre. Kurz darauf beruhigte sich das Bild wieder. Für einen Moment wurde es schwarz, dann erschien es wieder. Sie hatte wohl von ihrem Handybildschirm auf den des Computers gewechselt. Im Hintergrund sah er Mias Arbeitszimmer. Sie selbst saß in einem viel zu großen T-Shirt und mit verwuschelten Haaren vor der Tastatur. »Was ist passiert?«, fragte sie.

»Erkläre ich dir später«, erwiderte Matt hastig. Sie würde es wahrscheinlich früher oder später von den Kollegen in Amerika erfahren, aber er wollte vorher zumindest Elaine gefangen haben, um die Schande ein bisschen abzumildern. »Ich brauche noch einmal deine Hilfe mit Hera. Du hast Elaine beim letzten Mal gefunden, und jetzt muss ich sie so schnell wie möglich wiederfinden, bevor sie aus Las Vegas verschwindet. Ich habe die ICD-Agenten in der Stadt bereits an Flughafen, Bahnhöfen und Autovermietungen postiert, aber ich will sie selbst kriegen.«

Mia legte den Kopf schief und musterte ihn, aber zum Glück sagte sie nichts. »Ich tue mein Bestes. Aber es wird ein bisschen dauern.«

Matt fuhr sich mit allen zehn Fingern durch die Haare. »Okay.«

Sie nickte. »Ich melde mich dann«, sagte sie und zögerte kurz. »Morgen will ich aber haargenau wissen, was passiert ist, dass Matt Archer, Mr Super-ICD-Agent, eine Verdächtige durch die Lappen gegangen ist«, fügte sie mit einem kaum unterdrückten Grinsen hinzu.

Matt knurrte etwas Unverständliches, aber bevor er die Verbindung unterbrechen konnte, hatte sie den Chat beendet. Er stand auf und ging ins Badezimmer. Solange er wartete, konnte er genauso gut auch endlich duschen. Der Marsch durch die Wüste war alles andere als ein Zuckerschlecken gewesen. Vor nicht einmal sechs Stunden hatte er sich schon einmal in genau der gleichen Situation befunden – erschöpft und müde vor dem Tablet im Gespräch mit Mia, die ihm helfen sollte. Zum Glück wusste Elaine nicht genau, was Matts Armbandkamera so alles konnte – nur deshalb war es möglich gewesen, die Diebin aufzuspüren. Die Kamera hatte Elaine aufgezeichnet, während sie Matt ausgezogen hatte, kurz bevor Elaine sie zerstört hatte, und das Material automatisch an das deutsche Büro der ICD geschickt. Mithilfe der Aufnahmen und mit Hera war es Mia gelungen, Elaine anhand eines Überwachungsvideos zu finden, das vor ihrer Wohnung aufgenommen worden war. Matt hoffte, dass es mit dem gleichen Trick jetzt noch einmal funktionieren würde, sie wiederzufinden.

Er stellte das Wasser der Dusche an. Es war kalt, aber nach der Hitze der Wüste war ihm das nur recht. Abwesend leckte er sich über die Lippen und zuckte zusammen. Sie schmeckten noch nach ihr. Nach Elaine.

Er schloss die Augen und hielt sich am Rand der Duschkabine fest. Was hatte er sich nur dabei gedacht, sich auf eine Verdächtige einzulassen? Noch dazu eine, die er nicht einmal eine Stunde kannte und die ihn wie einen Anfänger überrumpelt hatte?

Ihr Blick kam ihm wieder in den Sinn, dieser Blick, den sie ihm zugeworfen hatte, als sie versucht hatte zu fliehen. Darin hatte keine Angst gelegen, nicht einmal Wut oder Berechnung. Es war eine Mischung aus Unschuld und ungehemmtem, rohen Verlangen. Ihre Lust war wie ein Feuer gewesen, das ihn verbrannt hatte, noch bevor er reagieren konnte.

Er spürte, wie sich zwischen seinen Beinen etwas regte, und noch einmal kostete er ihren Geschmack, der noch auf seinen Lippen lag. Mit einem Ruck stieß er sich von der Duschkabine ab, stellte sich nackt unter den prasselnden Wasserstrahl und ließ ihn jede Erinnerung an Elaine DeLacroixs’ Körper aus seinem Gedächtnis spülen.

Der Videochat meldete sich mit einem schrillen Klingeln, und Matt sprang vom Bett auf und drückte auf die grüne Taste. Zu seiner Überraschung sah er nicht Mias Gesicht vor sich, sondern Emilias. »Mit dir habe ich nicht gerechnet«, erwiderte er und strich sich das wirre, noch leicht feuchte Haar aus der Stirn. »Wo ist Mia?«

Hinter Emilia tauchte eine Hand auf und winkte frenetisch. »Bin da!«, rief seine Exfreundin.

Emilia verdrehte leicht die Augen und beugte sich vor. Ihr Gesicht füllte fast den gesamten Bildschirm aus. »Es gibt eine Planänderung«, sagte sie.

Matt rutschte an den Rand des Bettes – die einzige Sitzmöglichkeit in diesem Zimmer – und stützte die Arme auf den Oberschenkeln ab. »Wie sieht die aus?«, fragte er ernst.

Emilia senkte den Blick, und er hörte das Rascheln von Papier. »Ich habe mit ein paar Leuten gesprochen. Nachdem wir – dank Mia und dir – endlich ein Gesicht zu Elaine DeLacroix haben, können wir ihr weitere Straftaten nachweisen.«

»Und?«, brummte Matt. Er war ungeduldig – jede Minute, die er damit verplemperte, Emilia dabei zuzuhören, wie sie irgendeinen Aktenkram herunterleierte, nagte an seiner Chance, Elaine zu schnappen.

»Wir sind der Meinung, dass eine ganze Menge Potenzial hinter Gittern verschwinden würde, falls wir sie vor Gericht stellen.«

Es dauerte einen Moment, bis Matt verstanden hatte, was Emilia ihm da sagte. Aber selbst dann glaubte er noch, sich verhört zu haben. »Ihr wollt sie rekrutieren?«, stieß er schließlich hervor.

»Sie hat in den letzten Jahren insgesamt mehr als achtzehn extrem gut gesicherte Firmen und Banken bestohlen, und wir sind ihr nicht einmal auf die Schliche gekommen, bis sie uns selbst auf ihre Fährte geführt hat. Sie ist gut, Matt, richtig gut. Wir könnten ihr Wissen gebrauchen.«

Matt biss die Zähne so fest aufeinander, dass sein Kiefer knirschte. »Und was soll ich jetzt machen?«, fragte er gereizt. »Sie aufgabeln, ihr einen Strauß Blumen überreichen und ihr zum neuen Job gratulieren?«

»So in etwa, ja. Du kannst ihr dann auch gleich ein Kuvert mit ihrer Strafbefreiung überreichen«, erwiderte Emilia unbeeindruckt.

»Na großartig«, erwiderte Matt. »Sie kommt also ungeschoren davon.«

»Nur wenn sie der ICD beitritt.« Emilia schien kurz zu überlegen und beugte sich dann näher zur Kamera. »Sie ist wertvoll, Matt. Die ICD will sie. Tu alles, was nötig ist, um sie zu überzeugen.«

Matt rieb sich die Nasenwurzel und kniff die Augen zusammen. »Das habt ihr euch ja schön ausgedacht. Ich muss sie aber trotzdem noch irgendwie finden, und ich fürchte, mittlerweile ist sie bereits über alle …«

»Sie ist gerade auf dem Weg zum Original Sin«, meldete sich Mia zu Wort. »Eine Sicherheitskamera am Strip hat sie aufgezeichnet, als sie sich ein Taxi genommen hat. Aufgrund der übrigen Kameras, die sie passiert hat, bin ich mir ziemlich sicher, dass sie in den Klub will.«

»Und das sagst du mir erst jetzt?« Ohne weiter auf das Tablet zu achten, sprang Matt auf, streifte sich sein Jackett über und rannte aus dem Hotelzimmer.

Elaine fuhr sich mit der Hand über den bloßen Hals. Die Hitze draußen war erdrückend und gar nicht so trocken wie sonst. Der Taxifahrer hatte die Klimaanlage des klapprigen gelben Wagens bis zum Anschlag aufgedreht, und Elaines schweißbedeckter Körper beantwortete das mit Wellen aus abwechselnd heißen und kalten Schauern. Eigentlich keine Veränderung zu der Szene im Bett, in der sie …

Elaine kniff die Augen zusammen, aber die Bilder vor ihrem inneren Auge wurden dadurch noch deutlicher, weswegen sie sie schnell wieder aufriss.

»Alles okay?«, fragte der Taxifahrer, und Elaine nickte hastig. Was war nur in sie gefahren? Sie ließ sich doch sonst nicht so leicht auf Männer ein, vor allem nicht auf Männer, die vor ihrer Nase mit einer Glock herumwedelten. Aber irgendetwas war in diesem Moment passiert, etwas, das sie sich selbst nicht erklären konnte. Elaine leckte sich unruhig über die Lippen. Was auch immer es gewesen war – es ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie spürte noch immer Matts Lippen auf sich, seine Hände, die ihren Körper erkundeten, sie rasend, wild machten und ihr einen Orgasmus geschenkt hatten, wie sie ihn so noch nie erlebt hatte. Vielleicht, wenn sie sich unter anderen Umständen, zu einer anderen Zeit getroffen hätten …

Sie seufzte und sah aus dem Fenster. Es war nicht mehr weit bis zum Original Sin. Eigentlich hatte sie ihre Notfalltasche mit dem Geld und ihren falschen Pässen dort für einen späteren Zeitpunkt deponiert, aber dann hatte Matt alles vermasseln müssen. Sie konnte nur hoffen, dass er nicht zwei und zwei zusammenzählte und dort auch Leute postiert hatte. Die ganze letzte Stunde hatte sie damit zugebracht, auf Schleichwegen durch Vegas zu laufen, um den auffällig unauffälligen Agenten aus dem Weg zu gehen. Sie hielten sich für clever, aber niemand, der noch ganz bei Trost war, trug ein Hawaiihemd und dazu eine extrem teuer aussehende Sonnenbrille, die mit Sicherheit irgendwie mit einem Mikro im Ohr verbunden war.

Das Taxi hielt auf dem Parkplatz vor dem Klub. Um diese Uhrzeit war noch niemand hier, und der Asphalt kochte in der Mittagshitze einsam vor sich hin. Sie nahm einen Zwanzigdollarschein aus ihrer Tasche und drückte ihn dem Fahrer in die Hand. Gerade als sie aus dem Taxi stieg, sah sie ihn – Matt versteckte sich nicht oder lauerte ihr auf, er kam direkt auf das Taxi zu.

Im ersten Moment wollte Elaine wieder ins Taxi springen, aber in der Zeit, in der sie die Tür aufgezogen hätte, hätte er sie bereits erreicht und wahrscheinlich schon festgenommen. Sie drehte sich hastig um und sah direkt in das Gesicht des Fahrers, der sie besorgt und fragend durch die Windschutzscheibe ansah. »Das ist mein Exfreund. Er will mich verprügeln, helfen Sie mir!«, schrie sie.

Matt blieb verdutzt stehen, aber der Fahrer schien nur auf sein Stichwort gewartet zu haben – er schob seinen massigen Körper aus dem Auto und schlug die Tür so fest zu, dass es in Elaines Ohren klingelte. Sie sah nicht mehr zurück, sondern lief an dem Taxi vorbei in die Richtung, aus der sie gekommen war. Die Pässe und das Geld konnte sie vergessen, aber wenn sie es bis zur Straße schaffte, konnte sie immer noch entkommen. Matt würde es nicht wagen, sie vor hundert vorbeifahrenden Autos anzugreifen, oder? Außerdem musste er erst noch den Taxifahrer loswerden.

In diesem Moment erklang hinter ihr ein dumpfer Knall. Elaine konnte nicht anders, sie warf einen kurzen Blick über die Schulter und sah nur noch, wie der Taxifahrer an der Motorhaube seines Wagens herunterrutschte. Matt war ihr bereits auf den Fersen. Sie biss die Zähne zusammen, unterdrückte einen Fluch und wurde schneller, aber da traf sie etwas am Knöchel und brachte sie ins Straucheln. Aus den Augenwinkeln sah sie die Glock. Er hatte seine Waffe nach ihr geworfen. Sie fing den Sturz mit der Schulter ab und wollte wieder aufspringen, aber da war es schon zu spät. Matt war über ihr und zerrte sie am Arm hoch.

»Lass mich los! Wenn du glaubst, du kannst mich einfach so einsperren, hast du dich geschnitten«, zischte sie und versuchte, ihn in den Schritt zu treten, aber Matt zog sie einfach mit sich in eine schmale Seitengasse.

»Das habe ich gar nicht vor«, knurrte er.

»Was soll das heißen?« Elaine hörte auf, sich zu wehren, und sah ihn an.

»Ich bin hier, um dir ein Angebot zu machen und nicht um dich ins Gefängnis zu stecken«, sagte er, und seine Blicke glitten über ihr Gesicht, als wollte er sichergehen, dass sie verstand, was er da sagte. Elaine war aber noch nicht überzeugt. »Was für ein Angebot soll das sein?«, fragte sie kühl.

Er verzog das Gesicht, als könnte er selbst nicht glauben, was er da sagte. »Die ICD bietet dir Straffreiheit an, sowie das Löschen deiner Akte aus sämtlichen Netzwerken.«

Elaine runzelte die Stirn. »Und wen soll ich dafür für euch ausrauben?«

Matt lächelte schief. In seiner rechten Wange entstand dadurch ein Grübchen, kaum sichtbar durch den Dreitagebart, aber sie war ihm nah genug, um es zu bemerken. Das – und seinen ganz eigenen Duft, nach Erde und Sonne. Elaines Lider flatterten.