Vom Wunder und Abenteuer des Lebens - Christoph W. Rosenthal - E-Book

Vom Wunder und Abenteuer des Lebens E-Book

Christoph W. Rosenthal

0,0

Beschreibung

"Ganz am Anfang gab es ein ganz, ganz kleines Ei (*Kuku - Kugel), und plötzlich platzte der Kokon (*Kuku), und daraus schlüpfte ein wundersames Küken (*KuKu). Dieses wundersame Küken war das Ur-Huhn (*KuKu - cock - Gockel)...." In diesem Buch sollen die Märchen und Mythen in ihrer erzählten Form und Struktur rekonstruiert werden, auf der die eiszeitliche Sprache des Homo sapiens (HS) aufbaute. Es zeigte sich ganz in der Art des obigen Beispiels, dass unmittelbare Zusammenhänge zwischen den Mythologien, Symbolen und Wortbildungen bestanden, und dies in einem solch hohen Ausmaß, dass dies die >Entzifferung< und Rekonstruktion der eiszeitlichen Sprache HS ermöglichte. In Hinsicht auf das Vokabular wird dies indem Sprachwerk Cûl Tura von C.W. Rosenthal ganz im Einzelnen ausgeführt. Hier geht es um die Rekonstruktion der Geschichten, die der eiszeitlichen Sprache HS als dem Ursprung unseres Vokabulars zugrunde liegen. Die besondere Herausforderung verknüpft sich hierbei mit der komplexen Verflechtung dieser Geschichten und Symbole zu der ursprünglichen Einheit als Didaktik (Märchen, Fabeln, Bildung), Kulturkonzeption (Verfassung, Recht usw.) und der zum Zweck von Kommunikation und Kultur angelegten Sprache. Dieses Buch ist hierbei zugleich ein Forschungsbeitrag, wie in Teil 2 die rekonstruierten ursprünglichen Märchen und Mythen des Menschen (teilweise in Verbindung mit vor- und frühgeschichtlichen Darstellungen) erzählt werden.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 422

Veröffentlichungsjahr: 2024

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Christoph W. Rosenthal (Jg. 1957) lebt seit 1981 als freier Kulturschaffender mit Forschungen, Kulturarbeit, Kunst und Jobs. Nach langjährigen Forschungsarbeiten begann er 2018 mit etlichen Veröffentlichungen zu Humanevolution, Geschichte und Sprache (s. → S. →). Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung.

www.christoph-w-rosenthal.de

Aufriss

„Ganz am Anfang gab es ein ganz, ganz kleines Ei (*KuKu - Kugel). Auf einmal platzte derKokon(*KuKu), und daraus schlüpfte ein wundersamesKüken (*KuKu). Dieses wundersame Küken war das Ur-Huhn (*KuKu – cock -Gockel). Als es aus dem Ei schlüpfte,gackertees >Ku-Ku, Ku-Ku<, denn alle sollten nach ihmkucken (*KuKu) ….“

In diesem Buch sollen die ursprünglichen Bilder und mythologischen Geschichten des Menschen experimentell als Erzählung veranschaulicht werden. Insofern enthält es eine Reihe von Märchen in ihrer eigenen Poesie, die insgesamt >vom Wunder und Abenteuer des Lebens< erzählen.

Gleichzeitig werden diese Erzählungen auch für eine höchst bedeutsame Forschung erschlossen. Es zeigte sich ganz in der Art des obigen Beispiels, dass unmittelbare Zusammenhänge zwischen den Symbolen, den Wortbildungen und der humanevolutionär entwickelten Neurologie, Mythologie, Sprache und Kultur des Homo sapiens (HS) bestanden.

Von der etymologischen Analyse unter anderem des „gesamten“ deutschen Vokabulars (s.u.) sowie etlicher Wörterbücher anderer Sprachen der Welt wurde deutlich, dass die eiszeitliche Sprache des Homo sapiens auf den etwa sechs grundlegenden Lalllauten der Säuglinge aufbaute (s.u.). Aus ihnen wurden über Sprachspiele wie ei-tei-tei und solchen Geschichten wie vom >Ur-Ei< und dem >Ur-Huhn< in Entsprechung der kindlichen Bewusstseins-Entwicklung das weitere Vokabular gebildet. Hierbei zeigte sich bei den etymologischen Zusammenhängen, dass die Wortbildungen bis auf die Lalllaut-Wörter wie Mama, Dada, Baby usw. von den Geschichten ausgingen – nicht umgekehrt. Tatsächlich hat dies auch in den mit Sprache verbundenen neurologischen Strukturen bei uns Homo sapiens seine Entsprechung (s.u.).

Beispiel der paläolithischen Kultur- und Sprach-Code-Symbolik aus der Höhle von Niaux (F). Nachzeichnung aus: Emmanuel Anati: Höhlenmalerei, S. 400. Der Zusatz der Zahlen stammt von mir (CR)

Durch die erkennbar gewordenen Zusammenhänge zwischen den Symbolen und Mythen einerseits und den ursprünglichen Wortbildungen andererseits boten sich von den eiszeitlichen Plastiken und Höhlenmalereien an bis zu den ägyptischen Hieroglyphen und den ethnologischen Befunden in der Sprach- und Kulturgeschichte unerwartet viele Anhalte, dass dies im Grundlegenden die >Entzifferung< und Rekonstruktion der eiszeitlichen Sprache HS ermöglichte. Dies führe ich in Hinsicht auf unser Vokabular in meinem Sprachwerk Cûl Tura in den Bänden 2 a/b ganz im Einzelnen aus.

Hier geht es um die mit diesen Wörtern und Symbolen verbundenen Geschichten. Die zentralen Geschichten und Symbole der eiszeitlichen Sprache HS sind tatsächlich immer noch bekannt – kein Wunder, da diese die Grundlagen des Vokabulars der Sprache/n stellten.

Dabei zeigt sich ein enormes didaktisches, psychologisches und kulturelles Verstehen. Was die aufgeführten Märchen, Mythen und Symbole zudem in neuer Form interessant wie auch von Bedeutung macht, ist, sie von der humanevolutionären Entwicklung als die neuropsychogrammatische Grundlage unserer neurologischen Sprach- und Kultur-Anlage (unserer Art Homo sapiens) zu begreifen. Dies ist auch immer noch für die Bewusstseins-Bildung (nicht nur der Kinder) wie auch therapeutisch von Relevanz.

Von hier aus ergeben sich auch völlig neuartige Zugänge zu den vor- und frühgeschichtlichen Kultur-Beständen wie im interkulturellen Dialog (und übrigens auch in der sprachgeschichtlichen Forschung).

Die eiszeitliche Kultur HS war als Produkt der humanevolutionären Entwicklung in menschlich-sozialer Hinsicht alles andere als primitiv. Sie war mit Aufklärung und einem emanzipierten Geschlechter-Verhältnis verbunden, und ihre Sprach-Technik war so genial wie unser Dezimalsystem und unsere Buchstaben-Schrift. Man erforschte die Höhlen, wie es erst mit modernster Technik in jüngerer Zeit wieder gelungen ist.

Neben den schier unglaublichen Befunden in den eiszeitlichen Höhlen erhalten wir über ihre hier neu erzählten Geschichten einen Einblick in eine Zeit, die nach der Eiszeit als Verlust des >Paradieses< betrauert wurde.

„So führten die wenigen Menschen, die nomadisierend das Land durchzogen, wahrscheinlich ein fröhliches Jägerleben, unbeschwert und glücklich, allen guten Dingen dieser Erde zugetan. Daher auch die Vermutung, dass sich in der Paradieslegende die Erinnerung an diese letzte Epoche der Eiszeit erhalten habe.“ 1

„Ein Beispiel für die Syntax der […] Jäger in Altamira. Die Gravierungen zeigen eine Assoziation von Bilderschriftzeichen und Psychogrammen aus dem Aurignacien [vor über 30.000 Jahren].“ 2

„Seit Jahrtausenden hat der Geist des Menschen auf Zehntausenden von Felsoberflächen [und in Höhlen] aller Kontinente seine Spuren hinterlassen. Sie sind der sichtbare Ausdruck einer alles mitreißenden Explosion künstlerischer Kreativität. [...] Abgesehen von einigen wenigen bekannten heiligen Orten in gut zugänglichen Gebieten ist dieses Erbe weitgehend unbekannt. [...] Doch die Wiederentdeckung hat bereits begonnen. Schon jetzt können die Archive über zwanzig Millionen Darstellungen dokumentieren. [...].“ 3

1 Rudolf Pörtner: Bevor die Römer kamen, S. 101 f.

2 Zitat + Vorlage der Nachzeichnung nach: E. Anati, Höhlenmalerei, S. 28

3 Emmanuel Anati: Höhlenmalerei, S. 9 f.

Inhaltsverzeichnis

Teil 1

: Einführung

1 Zur Evolution von Sprache

1.1 Zu der Struktur des menschlichen Gehirns

1.2 Zur evolutionären Entstehung von Sprache

1.3 Zur humanevolutionären Entwicklung

1.4 Sprachspiele als Begründung der Evolution von Kultur

1.5 Geschichten als Grundlage von Denken + Sprache

1.6 Zur Bedeutung von Mythologie im urspr. Sinn

1.7 Zur ursprünglichen Schulung von Sprache + Kultur

1.8 Das Motiv der >Mond-Mutter<

1.8.1 Zu dem Befund der Mond-Mythologie

2 Zur humanevolutionär entwickelten Sprache unserer Art Homo sapiens (HS)

2.1 Zur formalen Technik der eiszeitlichen Sprache HS

2.1.1 Die 6 Lautwortwurzeln

2.1.1.1 Zur lautlichen Entwicklung der Lautwurzeln

2.1.1.2 Beispiele der Ausgangsformen in den Sprachen

2.1.2 Zur semantischen Entwicklung der Lautwurzeln

2.2 Zur Konzeption der ursprünglichen Mythologie

2.2.1 Der Rahmen der ursprünglichen Mythologie

2.2.2 Zum ursprachlichen Symbol-System HS

2.2.2.1 Das Symbol-System der Lautwortwurzeln

2.2.2.2 Die theriomorphe Symbolik

2.2.2.3 Der >Weltberg< und der >Weltenbaum<

2.2.3 Zum Ende der ursprünglichen Sprache HS

3 Zu dem Erzählen

3.1 Zu den aufgeführten Geschichten

3.2 Zu den Stufen der mythologischen Geschichten

3.2.1 Die Stufe 0

Teil 2

: Die Märchen und Geschichten der eiszeitlichen Sprache des Homo sapiens

Vom Wunder und Abenteuer des Lebens

Stufe 1a

Die Mond-Mutter

MaMa NaNa

Der Ur-Vogel

Ulu Vulu

Die Krähe

Mama – Baba – Titi – Koko – Lulu

Das Welt-Zelt

Warum die Mond-Mutter Aa und Pipi machte

Uri,

die Riesen-Drachen-Schlange

Es schneit

Ma-Kui,

die Schildkröte

Stufe 1b

Die Mond-Mutter

Mama Ti Ana

Die Blitz-Riesen

Die Milchstraße

Die Feuer-Geister

Die Wolken-Geister

Die Ur-Kuh

Ar Go

Die Bär-Mutter

Mata Bera

Das Drachenboot

Die Ur-Schnecke

As Naga

Das Ur-Ei und der Ur-Wurm

U-Uru

Der Welt-Berg

Tara Ku

Der Weltenbaum

Tara Tri

Das Ur-Huhn

Ori Ku

Stufe 2

Die Geschichte von der Großen Kosmischen Spinne

Wie Mutter

Ama Ti An

die Tiere erträumte

Das Weihnachtsfest

Der Schnee

Der Oster-Hase

Die Geschichte des Ur-Wurms

U Uru

Der Ur-Knall

Die Spinnen-Mutter

Nana Ba

Der Ur-Drachen-Vogel

Ari Vulu

Die Geschichte der Ameisen

Die Geschichte der Welt-Ur-Schlange

Anga As Langa

Warum Mutter MaNa Jungen und Mädchen wollte

Wie Mutter

Ma An

die Tiere schuf

Warum Mutter

Ani Ma

auch gefährliche Tiere schuf

Der Drachen-Vogel

Tarko Ulu

Stufe 3

Zu dem Weltenbaum

As Tara Tri

Die Traumzeit-Wesen

Über die Ur-Tiere

Die Ur-Welt und die Ur-Wesen

Von

Ata Mana Ti

, dem Welten-Geist

Von der Herkunft der bösen Geister

Von

Pa Tara,

dem Drachen-Vater

Der erbeutete Hirsch

Stufe 4

4.1 Vom Geist und von den Geistern

Die Landschafts-, Baum-, Tier- und Lebens-Geister

Geist und Form

Mana Ti An

4.2 Über die Liebe, den Drachen, über

Pa Tara

und

Ma Tara

, die Drachen-Mutter

Dem Drachen in die Augen sehen

In die Unterwelt der Drachen-Höhle

Anhang:

Eine Rekapitulation bzgl. der Geschichten

Anmerkungen und Hinweise zu den Geschichten

Zitierte Literatur

Hinweis

Im Unterschied zu den runden Klammerzeichen (.) sind die eckigen Klammerzeichen […] in Zitaten Ausdruck meiner Bearbeitung [= CR]. Dies schließt auch mitunter eine Bemerkung [kursiv abgesetzt] ein. Dies wird an den Stellen nicht jeweils vermerkt.

Vorwort

Als ich 2003 bei meinen frühgeschichtlichen Forschungen speziell die STier-, Kuh-, Hörner- und Drachen-Symbolik aufnahm, die mir in den eiszeitlichen Höhlenmalereien, in frühgeschichtlichen Plastiken wie in den Mythologien der Welt besonders auffällig geworden war, wurde dies nicht nur in historischer, sondern auch in sprachlicher wie in kultureller Hinsicht in einem unerwarteten Ausmaß von Aufschluss.

Es deutete sich dabei schon früh an, dass sich mit diesen vor-, früh- und geschichtlichen Symboliken, den Mythologien und den damit verbundenen Wortformen und Namen ursprünglich eine erkennbare systematische Konzeption verbunden hatte, und zwar in Entsprechung zur kindlichen Sprach- und Bewusstseins-Entwicklung.

Nach einer weiteren Beschäftigung mit der eiszeitlichen und der frühgeschichtlichen Kultur und Symbolik kam ich 2009 zu dem ersten Entwurf des hier nun vorliegenden Buchs. In dem damaligen Vorwort schrieb ich:

„Nachdem ich meiner Meinung nach grundlegende Einsichten in die ursprüngliche Mythologie des Menschen gewonnen hatte […], empfand ich es als die große Herausforderung, den Versuch zu unternehmen, die abstrakten Einsichten wieder [durch Erzählen] zu der ursprünglichen Plastizität und Lebendigkeit zu entwickeln. Ich denke, dass ein solches Experiment sehr spannend und durchaus von einigem Interesse ist, sowohl in der archäologisch-kulturgeschichtlichen Forschung als auch für die heutigen Ansätze der Wiederentwicklung von Kultur […].“

Auf jeden Fall sollte dieses Experiment für mich selbst neue Einblicke und Einsichten bedeuten.

In dieser Folge begann ich 2010, mich umfassend mit Etymologie und der evolutionären und historischen Entwicklung von Sprache zu befassen, um die bislang gewonnenen Einsichten zu erweitern. Was ich 2003 bereits erstmalig an einzelnen Punkten feststellen musste, nämlich dass die gängige Etymologie mit ihren Grundlagen aus den 19. Jahrhundert auf historisch falschen Annahmen und Voraussetzungen basierte, sollte sich tatsächlich als durchgängige Problematik erweisen.

Bei diesen altertümlichen Grundlagen, die zu dieser Zeit kaum hinter das Griechentum zurückdenken konnten, ging man selbstredend von der modernen Sprachauffassung aus - die jedoch überhaupt erst in der griechischen Antike aufgekommen war. Von der Sprachsymbolik, wie sie bis dahin bestand und bei den heutigen Forschungen im Alten Orient auch sehr gut fassbar wird, ist in dem herkömmlichen etymologischen Horizont fast gar nichts festzustellen. In den gängigen etymologischen Wörterbüchern steht Stier entsprechend der modernen Auffassung praktisch für nichts als >Stier<. Dabei bedeutet etwa altägyptisch k’ (~ ka) >Stier< [vgl. engl. 4cow!] auch >Persönlichkeit, Lebenskraft, Lebensgeist(er)<,und von hierher erklärt sich auch, warum >Götter< und >Göttinnen< im Alten Orient als STier bzw. Kuh dargestellt werden konnten (s. z.B. S. →).

Es war von daher faszinierend, mit einem neuartigen etymologischen Ansatz die alte Sprachsymbolik mit vielfältigen Zugängen zu der eiszeitlichen Sprache und Mythologie des Homo sapiens (HS) zu erschließen. Dies motivierte mich dann auch Jahre für diese Forschung, die hier mit den Tausenden Wörtern, Sprachen und Mythologien nahezu unendlich ist. Erst 2021 gelang mir erstmalig ein Stand, den ich zu veröffentlichen wagte (unter dem Titel Cûl Tura). Jetzt wird auch das eigentliche >(ursprachlich und frühgeschichtlich orientierte) Herkunftswörterbuch des Deutschen< herauskommen.

Entsprechend hat es auch gedauert, das hier vorliegende Buch zur Veröffentlichung zu bringen. Dafür hat die jetzige Anlage den großen Vorteil, dass ihr nun ein grundlegender Überblick über die eiszeitliche Sprache, Symbolik und Mythologie HS zugrunde liegt. Immerhin basiert dieses Werk u.a. auf der etymologischen Analyse der Wörter der gesamten Liste der Wortartikel des >Etymologischen Wörterbuchs des Deutschen<. In Teil 1 und im Anhang dieses Buches erfolgen dazu noch einige Hinweise. Für eine weitergehende Auseinandersetzung muss ich jedoch auf die anderen Bände von Cûl Tura verweisen.

Da die eiszeitliche Sprache HS verschiedene Systematiken erkennen ließ (s.u.), war sie in ihrer tragenden Struktur mit diesem Überblick mit guter Sicherheit in ihrer Symbolik zu entziffern und insgesamt zu rekonstruieren. Von Bedeutung war hierbei, dass ersichtlich wurde, dass ihr Vokabular auf den Lalllauten der Säuglinge und der Erstbedeutung >Mutter< aufbaute und die weitere Ausprägung ihres Vokabulars insgesamt von bestimmten Geschichten und Symbolen ausging – nicht etwa umgekehrt, wie es von unserer historischen Sprach-Anlage und -Auffassung anzunehmen wäre.

Allein wegen dieser Konzeption war die Rekonstruktion der eiszeitlichen Sprache HS möglich. Das erzählerische Prinzip erlaubte wie bei unserem Dezimalsystem, mit wenigen tragenden Grundlagen zu arbeiten und diese nach Belieben auszuweiten.

Die entscheidenden eiszeitlichen Symbole und Mythen HS finden sich in weiter Verbreitung. Sie sind in unserer Tradition immer noch bekannt sind und geraten erst seit jüngerer Zeit in der Öffentlichkeit in Vergessenheit. Diese Bekanntheit ist schon von daher nicht erstaunlich, da die grundlegenden Symbole, Mythen und Wortbildungen HS ja auch die Grundlage der ursprünglichen Sprache (HS) trugen, was bei allen Umbildungen am Ende der Eiszeit immer noch in Teilen wirksam blieb. Entsprechend reflektiert lässt sich auch einiges von der historischen Mythologie und Symbolik wie in den Illustrationen aufnehmen.

Allerdings gibt es am Ende der Eiszeit einen entscheidenden Punkt, der in den unterschiedlichsten Hinsichten von Konsequenz war. Es kam hier zu einer Spaltung zwischen Mythologie und Sprache. Ursprünglich HS war die Mythologie in ihren Geschichten für die kindliche Sprach- und Bewusstseins-Entwicklung die Grundlage der eiszeitlichen Sprache HS. Dieser Zusammenhang zwischen Sprache und Mythologie geriet aus dem Blick und wurde dann auch aus weiteren Gründen absichtlich aufgegeben. Es kam zu einer Sprachkonzeption aus einem nun selbständig bestehenden Vokabular, wie wir dies noch immer kennen. Damit wurden auch die mythologischen Geschichten selbständig, und sie erhielten von den neuen historischen Entwicklungen im Wesentlichen eine völlig neue Funktion. Dies lässt sich in vielem bei dem heutigen Überblick über die historische Entwicklung und über die verschiedenen Mythologien recht gut nachvollziehen, so etwa bei der Drachen-Mythologie. Ich möchte hierbei anmerken, dass ich mit einem Studium von Theologie, Geschichte und Religionsgeschichte einen Hintergrund bzgl. dieses Stoffs habe.

In Bezug auf die ursprüngliche Mythologie und Sprache HS wurde eindeutig erkennbar, dass es bei ihren mythologischen Geschichten ebenso wenig wie bei der Geschichte vom >Osterhasen< um Religion noch um eine Weltanschauung ging, sondern um didaktische Geschichten für die kindliche Sprach- und Bewusstseins-Entwicklung.

Hier sind sowohl in der historischen Entwicklung als auch in der Forschung einige Missverständnisse und Verwirrungen aufgekommen. In der früheren Forschung war man noch nicht in der Lage, den fundamentalen und entscheidenden Unterschied zwischen >Animismus< und >Magizismus< zu erfassen, zumal dies bereits in etlichen älteren Kulturen durcheinander geht.

Von dort her besteht nicht nur in Linguistik und Etymologie eine Forschungsproblematik, sondern auch im Bereich von Mythologie, Ethnologie und Religionsgeschichte. Hier werden Sprache (auch Sprachbilder), Mythologie und Religion in oft falscher Weise gleichgesetzt und von daher Etliches falsch gedeutet. Schon vom Stil her wird bei den mythologischen Geschichten oft vermittelt, als handele es sich (wie etwa bei dem >Osterhasen<) um eine weltanschauliche Auffassung und nicht um >Geschichten< für die Kinder. Diese >Erzählungen< schließen wohl einen tieferen Sinn nicht aus, aber vieles ist als >Bild< oder >Gleichnis< gedacht und wie etwa beim >Osterhasen< nicht als wortwörtliche Auffassung. Warum sich gerade die existenzial entscheidenden Gegebenheiten überhaupt nur über Bilder und Geschichten verstehen und kommunizieren lassen, ist in der neueren Forschung in Psychologie und Neurologie deutlich geworden. Dies wird noch in Teil 1 näher erläutert.

Die mythologischen Geschichten sind ursprünglich auf die kindliche Sprach- und Bewusstseins-Entwicklung ausgerichtet. Sie sind in den Motiven und in ihren Reaktionen ursprünglich gar eine Erfindung der Kleinkinder. Schon ältere Kinder interessiert die Geschichte vom >Osterhasen< nicht mehr (sofern damit wie bei >Drache< nichts Weitergehendes verbunden wird). Die Erwachsenen haben diese Ideen und Motive der Kinder „nur“ gesammelt, systematisiert und dann gezielt didaktisch eingebracht. Es sind die Kinder in der humanevolutionären Entwicklung selbst gewesen, die die entscheidenden Motive der mythologischen Geschichten erfunden haben und die in ihren Fragen und Reaktionen zu den mythologischen Geschichten geführt haben. Die Geschichten mussten den Kindern auf eine ihnen gemäße Weise das >Leben< erklären. Durch die Geschichten, die die Kinder aufnahmen, anregten, befriedigten und erfreuten, lernten die Erwachsenen im Verlauf der humanevolutionären Entwicklung von Kultur selbst, das Leben als >Wunder und Abenteuer< zu begreifen.

In dem hier vorliegenden Buch geht es vor allem darum, die u.a. in Verbindung mit der eiszeitlichen Sprache HS erkennbar gewordenen mythologischen Geschichten in ihrer ursprünglichen Form und Anlage zu rekonstruieren. Denn die Geschichten und Motive (und die entsprechenden Wortbildungen) liegen nicht einfach nebeneinander. Sie folgen den Stufen der kindlichen Sprach- und Bewusstseins-Entwicklung. Die Reihenfolge der Motive und ihre Anlage als Geschichte ist nicht beliebig, und der Sinn der Motive und auch mitunter der der Wörter (wie etwa >Geist<) kann sich im Verlauf dieser Entwicklung verändern. Hier spielt auch der erzählerische Duktus bei den Motiven eine entscheidende Rolle – man kann hierbei in der Vermittlung effektive „Unfälle“ bauen. Es ist von Bedeutung, dass die Geschichten in effektiver Aufnahme des Alters der Kinder, ihrer Person und Stimmung, ihrer Fragen und Reaktionen erzählt wurden. Dies kann natürlich in diesem Buch nur auf einer allgemeinen Ebene angedeutet werden.

Dieses Buch lässt sich vom Teil 2 her durchaus als Kinder- und Märchenbuch mit mythologischen Geschichten begreifen, lesen und aufnehmen. Ich halte diese ursprüngliche Konzeption immer noch von Bedeutung, da sie in dem humanevolutionären Kontext als Entsprechung der menschlichen Anlage entwickelt wurde. Es wäre insofern interessant für mich, wenn man diese Konzeption praktisch in Kindergarten und (Grund-) Schule erproben würde, wobei das freilich von den heutigen sozialen Kontexten her eigene weitere Reflexionen erforderte.

Doch ist dieses Buch von den weiteren Hintergründen nicht als ein unmittelbares Kinderbuch gemeint und angelegt. Ich halte die Einsichten in gar etlichen Hinsichten von Bedeutung. Dabei geht es nicht bloß um Einblicke in die eiszeitliche Kultur des Homo sapiens, nicht nur um Sprache und nicht nur für einen Ausgangspunkt für das Verständnis der historisch überlieferten Mythologie und einen interkulturellen Dialog.

Nach dem, was sich mir hier in Bezug auf die eiszeitliche Sprache und Mythologie HS darstellt, kann ich dies nur als das Produkt der langen humanevolutionären Entwicklung hin zu unserer Art Homo sapiens sehen. Unsere neurologische und kulturale Anlage und die Sprache mit ihren Wörtern, Bildern und Geschichten erklären sich (allein) aus einer wechselseitigen Entwicklung. Dass bestimmte Märchen und Mythen heute therapeutisch genutzt und als >seelisch belebend< erfahren werden, ist nicht als Zufall zu sehen. Mit dem richtigen Zugang kann hier noch weit mehr als bislang erschlossen werden.

Christoph W. Rosenthal

„Alle Mythen sind, so kann man sagen, ungeachtet ihrer Unterschiedlichkeit darin gleich, dass sie sich auf verblüffende Weise an nahezu identische Muster halten.“ 5

„Dass zahlreiche jüngere Jägerkulturen mit wesentlichen Zügen auf eine gemeinsame alte Wurzelkultur zurückgehen, darf jedenfalls als ausreichend wahrscheinlich gelten, mag im Einzelfall der Nachweis oft schwierig oder noch nicht möglich sein.“ 6

„Die Kunst der Anfänge […] zeigt auf der ganzen Welt ähnliche Merkmale. Man hat angenommen, dass unser direkter Vorfahr nicht nur die Gewohnheit, Kunst zu produzieren, mit sich brachte, sondern auch eine bestimmte Art von Logik. Denn überall ist die Kunst nicht nur in ihrem Stil ähnlich, sondern auch in der Thematik und in der konstanten Assoziation von Ideogrammen und Bilderschriftzeichen, von Symbolen und Figuren, die eine Syntax bilden. Die einzelnen Figuren und Symbole sind die Grammatik, aber eine Sprache ohne Syntax kann man nicht entziffern. Deshalb war es eine visuelle Sprache, die auf der ganzen Welt ähnlich war. Wir finden bebilderte Wände mit den gleichen Bildern und den gleichen Assoziationen in allen Kontinenten. Im späten Pleistozän, das heißt vor 12.000 bis 15.000 Jahren [d.h. seit dem Ende des Pleistozäns] gibt es die ersten großen Unterschiede […].“ 7

„Dennoch gibt es erstaunliche Ähnlichkeiten schamanischer Ideen und Praktiken zwischen so weit voneinander entfernten Gegenden wie der Arktis, dem Amazonas und Borneo.“ 8

4 Rainer Hannig: Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch, S. 872

5 Michael Jordan: Die Mythen der Welt, S. 9

6 Karl J. Narr: Ursprung und Frühkulturen, in: Saeculum Weltgeschichte, Band 1, S. 76

7 Emmanuel Anati: Höhlenmalerei, S. 401 f.

8 Piers Vitebsky: Schamanismus, S. 11

„Venus“ von Laussel (F), Relief Alter ca. 25.000 Jahre

S. dazu mehr in: Wikipedia: Venus von Laussel

Teil 1

Einführung

Unsere Sprache und unser Denken entstammt den humanevolutionär entwickelten Geschichten, die unsere neurologischen Strukturen und Aktivitäten auf eine evolutionär neuartige Weise organisierten und ausrichteten.

Zu meinen, das menschliche Bewusstsein und Handeln ergäbe sich aus der Ebene (des Gebrauchs) von Vokabular und Grammatik, geht an wesentlichen Gegebenheiten der neurologischen Struktur des Menschen vorbei.

Die Ebene von Vokabular und Grammatik ist bei uns Homo sapiens insgesamt vielmehr sekundär: lediglich die Form, wie wir Sprache handhaben und durch die wir die Geschichten erzählen. Doch ist der – nämlich neuropsychogrammatische - Inhalt der Geschichten das Eigentliche. Jeder erzählt/e sie in seinen eigenen Worten und (ggf.) jede Kultur in ihrer eigenen Situation und >Sprache<.

Das Primäre von Sprache liegt in dem menschlichen >Bewusstsein<. Dieses Bewusstsein bildet sich in der menschlichen Sozialisationsentwicklung in Verbindung mit entsprechenden neuropsychogrammatischen Geschichten aus.

Insgesamt ist es vom Evolutionären her die Struktur der Sammlung bestimmter neuropsychogrammatischen Geschichten, die in unserer neuropsychologischen Anlage die Grundlagen unseres Bewusstseins in Informationsspeicherung, Gehirnorganisation, Sprache, Wahrnehmung, Denken, Verstehen, Handeln, Lebensform und Zielrichtung stellt.

Dies ist der Hintergrund der ursprünglichen humanevolutionär entwickelten mythologischen Geschichten des Homo sapiens bis zum Ende der Eiszeit. Es ging bei der Mythologie um die Grundlage von Sprache und Kultur in didaktischer Entsprechung der kindlichen Sprach- und Bewusstseins-Entwicklung.

Dieser Hintergrund geriet in den Notstandsproblemen in den gigantischen Naturkatastrophen am Ende der Eiszeit vor rund 13.000 Jahren mit weitreichenden Konsequenzen aus dem Blick und dem Verstehen. Daraus folgte auch eine völlig neue Sprach-Anlage. Ein Teil der ursprünglichen Mythologie verfiel, ein anderer Teil wurde missverstanden, dann aber auch mit Absicht entsprechend den neuen sozialen Ausrichtungen umgedeutet.

Um die Bedeutung der ursprünglichen neuropsychogrammatischen >mythologischen< Geschichten, die in Teil 2 erzählt werden, und ihre Funktionen besser und richtig zu verstehen, ist es von Vorteil (aber nicht zwingend), zumindest einen kurzen Überblick über die Evolution von Sprache in den jeweiligen neurologischen Zusammenhängen ihrer Wirkmechanismen aufzunehmen (für ausführliche Darstellungen s. meine weitere Literatur zu Humanevolution und Sprache).

Denn weder Sprache noch ihre Steuerungsfunktion können lediglich durch Vokabular und Grammatik begriffen werden. Viele menschlichen Probleme in Gesellschaft und Kommunikation erklären sich aus diesem substanziell verkürzten Verstehen, das auch noch immer bis in die Wissenschaften hinein anzutreffen ist.