Was du entscheidest - Alisa Binoa - E-Book

Was du entscheidest E-Book

Alisa Binoa

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Das Lesen der vorherigenTeile erleichtert die Einordnung der Personen und Zusammenhänge. Eigentlich wollte Alisa nichts Verbindliches, als sie sich auf Viktor einließ. Sie wollte in erotischen Spielchen Neuland entdecken, wollte lernen, als submissiver Part an ihren Dom die Kontrolle abzugeben. Gerade weil sie eine selbstbewusste, emanzipierte Frau ist. Aber irgendwie hat das Leben nicht ganz so gespielt, wie sie es sich vorgestellt hat. Seit Wochen hat Viktor sich nicht mehr gemeldet. Hat er ihren Regelbruch trotz der Bestrafung noch immer nicht verziehen? Statt auf ihn wütend zu sein, plagen Alisa Selbstzweifel. Um ihn zurückzugewinnen, tut Alisa, was sie die allergrößte Überwindung kostet: Sie lässt sich hinab auf die Knie, auf den Fußabstreifer vor seinem Haus, um vor den Augen der Nachbarn um Einlass zu betteln. Musste es so weit kommen? Dabei hoffte sie doch endlich den "Spielbereich" in Viktors Wohnzimmer zu verlassen und die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer zu dürfen. Will sie vielleicht doch mehr? Aber wäre sie bereit, zu ihren sexuellen Vorlieben zu stehen und sich auch im Alltag Viktors Regeln zu unterwerfen? Und wie steht Viktor dazu? Alisa und Viktor verbringen ein ganzes Wochenende miteinander – voller erotischer Spielereien, emotionaler Berg- und Talfahrten und überraschender Entwicklungen. Ein Wochenende lustvoller Belohnung und schmerzhafter Demütigung. Beide wissen: Am Sonntagabend muss eine Entscheidung stehen. Endlich eine viel längere Geschichte von Alisa und Viktor – ein ganzes heißes, turbulentes Wochenende lang.

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Seitenzahl: 185

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Alisa Binoa

Was du entscheidest

Erotische Geschichte

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Was du entscheidest

„Sag mal, Alisa, wie geht das mit dir und Viktor eigentlich weiter?“, fragte meine beste Freundin, als wir an einem Samstagnachmittag nach einer ausgiebigen Shoppingtour in einem Café Rast machten.

Wir hatten uns beide eine große Tasse heiße Schokolade mit Sahne bestellt und löffelten jetzt bedächtig die leckere Mischung aus Sahne und Kakao.

„Tja, das wüsste ich auch gerne. Aber ich weiß nicht so recht, wie ich das Thema ansprechen soll. Wahrscheinlich ist er zufrieden, wie es ist.“

Ich schnappte mir den kleinen Keks, der auf der Untertasse lag, tunkte ihn in mein Getränk und biss vorsichtig in das leicht aufgeweichte Plätzchen. Viktor hasste es, wenn ich das tat. Er hatte mir deshalb sogar schon mal eine Strafe angedroht. Aber was er nicht sah …

„Viktor braucht einen Wink mit dem Zaunpfahl, das ist sicher“, sagte meine Freundin, während ich noch das süße Gebäck genoss.

„Wie soll ich das anstellen? Ich möchte ihn nicht überfallen. Das kommt nicht gut. Und was sollte ich auch sagen?“

„Schreibst du ihm nicht hin und wieder so Geschichten? Du hast mir doch davon erzählt, dass er dir immer wieder Aufgaben stellt.“

Ich schob den Rest des Kekses in meinen Mund, kaute und dachte nach.

„Die Idee ist gar nicht dumm. Die ist sogar genial! Ich schreibe ihm eine Geschichte, in der ich ihm mitteile, was in mir vorgeht. Natürlich nicht Wort für Wort, aber die grobe Richtung. Danach wird er sicher das Gespräch mit mir suchen. Das macht er eigentlich immer.“

Ich rührte gedankenverloren in meiner Tasse herum. In meinem Kopf begann sich schon eine Idee für meine Story zu bilden.

„Ich sehe schon, das war’s jetzt mit unserem Nachmittag. Die Autorin ist schon beim Plotten. Aber das ist nicht schlimm, ich muss sowieso nach Hause. Schön war der Tag mit dir. Und du hast ein Projekt für die nächsten Tage. Gut, dass du eine Woche Urlaub hast. Ich bin gespannt, was du dir ausdenkst und ob es den erwünschten Erfolg hat. Ich wünsche es dir!“

Sie stand auf, umarmte mich und ließ mich mit meiner Geschichte im Kopf allein.

 

 

Freitag

Unter dem nach vorne gesunkenen Blütenkopf seiner Rose lag verwelkt und beinahe schwarz ein Blütenblatt auf meinem Schreibtisch.

Ich starrte schon seit einer halben Stunde völlig abwesend auf meinen Bildschirm, der neben der Vase stand. Der Forschungsantrag war immer noch unbearbeitet. Warum meldete er sich nicht? Hatte ich seine Rose falsch gedeutet? War sie vielleicht doch ein Abschiedsgeschenk gewesen? Immer wieder wälzte ich die verschiedenen Optionen in meinem Hirn hin und her. Zuerst dachte ich, er habe vielleicht nur so streng gehandelt, weil ihn Thomas dazu angestachelt hatte, später war ich mir sicher, dass er mir nur seine Macht demonstrieren wollte, beweisen, dass ich mir nie zu sicher sein könne, wie er reagieren würde. Dann kam mir der Gedanke, er habe mir vielleicht vorher nur etwas vorgespielt und er sei doch eher ein Dom der gemeinen Sorte. Diesen Gedanken verwarf ich aber sofort wieder. Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Aber warum war er nach meiner Verfehlung vor zwei Wochen nur so grausam zu mir gewesen? Okay, dass ich eine Strafe verdient hatte, verstand ich. Schließlich hatte ich gegen das Keuschheitsgebot einer Sub verstoßen, eine für ihn wichtige Regel. Dass er mich aber nach der Bestrafung durch Julia mehr oder weniger hatte vor die Tür setzten lassen, das fand ich dann doch heftig. Julia – wenn ich nur ihre Telefonnummer hätte, vielleicht hätten sie oder Thomas, ihr Dom, vermitteln können.

Ein weiteres Blatt fiel auf den Schreibtisch. Morgen würde ich die Rose wegwerfen müssen. Und dann? War es das dann auch mit meiner Freundschaft zu Viktor? Die Zeilen auf meinem Bildschirm verschwammen vor meinen Augen und ich zog die Nase hoch. Seit diesem Freitagabend, an dem das alles passiert war, hatte ich mich nicht mehr berührt. Hätte es auch gar nicht gekonnt. Wie er mir noch aufgetragen hatte, bevor er mich vor die Tür setzen ließ, trug ich jeden Abend, wenn ich vom Labor nach Hause kam, das Halsband. Vorne hatte es einen Ring, an dem zwei Ketten mit Handfesseln angebracht waren. Die Länge der Kette war so eingestellt, dass ich zwar alles im Haushalt erledigen konnte – wenn auch mit ein wenig Mühe –, aber nicht in der Lage war, mich selbst zu berühren. Wie sicherlich beabsichtigt, hatte diese Vorrichtung eher anregende Wirkung auf meine Libido. Ständig wurde ich so daran erinnert, dass meine Orgasmen nicht mir gehörten, sondern von seiner Genehmigung abhingen. Und auch wenn ich im Moment keinen Kontakt zu ihm hatte, hielt ich mich an diese Vereinbarung.

Ich stand auf und ging in die Küche, um mir ein Glas Wein einzuschenken. Ich war dazu übergegangen, die wichtigsten Geschirrteile nicht in den Oberschrank zu räumen, war es mit den Fesseln doch sehr mühselig, Gläser und Teller wieder herunterzuholen. Ich hätte ja schummeln können, aber ich wollte mir selbst beweisen, dass ich das durchzog. Ich wollte es so. Warum eigentlich? Auch das war mir mehr als bewusst geworden in den letzten Tagen. Ich wollte Viktor! Nicht nur als Freund, sondern so richtig als meinen Dom und vielleicht noch mehr. So wie bei Julia und Thomas. Der Gedanke hatte sich schon seit einiger Zeit immer mal wieder in meine Gedanken geschlichen, aber erst jetzt, wo ich mir nicht mehr sicher sein konnte, ob ich ihn jemals wiedersehen würde, war mir klar geworden, dass es nicht so weiterlaufen konnte. Ich wollte keine unverbindlichen Spielchen mehr. Ich musste die Sache endgültig klären. Er würde sich entscheiden müssen: Wollte er mich als Sub oder nicht? Ich würde etwas unternehmen. Jetzt. Aber was? Anrufen würde ich ihn nicht – die Gefahr, dass er nicht abhob, war mir zu groß.

Als meine Gedanken zur Ruhe kamen, blieb dieser eine Satz in meinem Kopf hängen: Wenn du mit dieser Ungewissheit nicht länger leben willst, dann werde endlich aktiv und fahr zu ihm!

Ich ließ mein mühsam eingeschenktes Glas Wein in der Küche stehen und sauste ins Schlafzimmer. Das Wichtigste bei einem solchen Vorhaben: Was ziehe ich an? Ich wusste schon, was ihm gefiel. War eigentlich ziemlich einfach. Schwarz und sexy, aber nicht billig. Überzeugt, das Richtige zu tun, entledigte ich mich schnell meiner Fesseln. Mit den Dingern hätte es mir doch zu lange gedauert und ich war ja beschäftigt und deshalb nicht gefährdet, auf dumme Ideen zu kommen. Geduscht hatte ich bereits vor einer Stunde, direkt nachdem ich heimgekommen war. So musste ich jetzt nur noch die passende Garderobe zusammensuchen, mich schminken – und dann? Ja, was wollte ich eigentlich? Ich konnte doch nicht einfach vor seiner Türe auftauchen, klingeln und hoffen, dass dann alles wie früher sein würde?

Ich war noch nie ohne eine Verabredung zu ihm gegangen. Auch nicht, als ich noch seinen Schlüssel hatte. Der Gedanke an seinen Haustürschlüssel, den er an diesem verhängnisvollen Abend auch zurückgefordert hatte, ließ neue Tränen in meine Augen treten. Die konnte ich jetzt gar nicht brauchen, so verheult wollte ich nicht vor ihm stehen. Welcher Mann mochte schon weinende Frauen?

Nachdem ich meine schönste Unterwäsche, schwarze Strümpfe und ein schwarzes Kleid angezogen hatte, schlüpfte ich in die höchsten Schuhe, die gerade noch zum Autofahren geeignet waren, griff meine Handtasche und verließ die Wohnung. Ein Mantel war nicht nötig, die ersten Frühlingssonnenstrahlen wärmten schon kräftig.

Einen Plan hatte ich nicht, als ich in die Straße einbog, in der Viktor wohnte. Vielleicht war er ja auch gar nicht zuhause. Ich würde einfach klingeln und hoffen, dass er mir die Tür öffnete und mich dann freudestrahlend in den Arm nahm und mir seine Liebe gestand. Alisa, wach auf! Tagträumerin!

Da es noch hell war, sah ich, dass sein Auto vor der Garage parkte, er war also höchstwahrscheinlich zuhause. Durch die letzten Sonnenstrahlen eines perfekten Frühlingstages angelockt, waren einige Spaziergänger unterwegs und in den Gärten der Nachbarschaft wurde gekehrt und gewerkelt. Interessiert hoben sich die Köpfe, als ich am Straßenrand parkte und ausstieg. Ich versuchte mir nichts von meiner Unsicherheit anmerken zu lassen und ging erhobenen Hauptes auf Viktors Haustüre zu.

Unschlüssig blieb ich auf der obersten Stufe stehen. Vielleicht genügte es ja schon, ihm physisch näher zu kommen, auch wenn er gar nicht wusste, dass ich hier war. Ich hätte ja auch einfach im Auto sitzen bleiben und nur ein bisschen seine Nähe hinter den Mauern genießen können. Noch gab es die Möglichkeit umzudrehen und keiner hätte etwas gemerkt oder gewusst. Das Geräusch eines Straßenbesens, der in gleichmäßigen Bewegungen über den Gehsteig schrubbte, stoppte abrupt. Es fiel mir erst auf, als das Geräusch plötzlich fehlte. Selbst das ganz leise Knirschen einer Heckenschere bestimmt drei Gärten weiter konnte diese unangenehme Stille nicht ausfüllen. Vorsichtig drehte ich mich ein wenig um, gerade so viel, dass ich hinter mich blicken konnte, ohne mich ertappt zu fühlen. Ein Mann mit lockeren Jeans, die vielleicht vor zehn Jahren einmal modern gewesen waren, stand, auf den Stiel seines Besens gestützt, auf dem Bürgersteig vor Viktors Haus. Sein Gesicht konnte ich auf die Entfernung nicht erkennen, aber nach seiner Körperhaltung zu urteilen war er auf mich aufmerksam geworden. Man achtete aufeinander in dieser Nachbarschaft und er wollte mir sicherlich zu verstehen geben, dass er mich sehr wohl gesehen hatte, wie ich da so vor der Tür stand und nicht klingelte und auch nicht aufsperrte. Wie auch, ohne Schlüssel.

Ich musste etwas tun, wenn ich nicht riskieren wollte, dass der selbsternannte Wachmann aktiv wurde.

Mit zitterndem Finger drückte ich auf den Klingelknopf. Dumpf hörte man den Ton eines Gongs durch die geschlossene Haustüre. Mist! Jetzt war es zu spät. Ich hatte mich doch wirklich von diesem Aufseher unter Druck setzten lassen!

Ich lauschte. Hinter der Türe war nichts zu hören. Nochmal würde ich nicht klingeln. Dann war das eben Schicksal und ich konnte wieder nach Hause fahren. Das Problem hatte ich zwar nicht gelöst, aber ich hatte auch kein neues dazubekommen, denn ich wusste immer noch nicht, was ich Viktor sagen würde, stünde er gleich vor mir.

Im Haus wurde eine Türe geschlossen. Er war also doch da. Wollte ich noch abhauen, musste ich jetzt losrennen. Aber ich blieb wie angewurzelt stehen, denn ich hörte etwas, was mir den Magen zusammenzog. Scheiße! War ich mir sicher, dass das, was ich durch die geschlossene Tür vernahm, wirklich Realität war? Wie konnte das sein? Vor allem: Wer konnte das sein? Die Geräusche, die ich hörte, konnten unmöglich von Viktor stammen. Denn ich hörte klackernde Damenschuhe – hohe! Eine Frau wusste, wie Highheels auf einem Fliesenboden klangen. Aber das war nicht das einzige Problem an den Geräuschen. Die Absätze kamen nämlich nicht aus dem Wohnzimmer oder aus der Küche, nein, ich konnte eindeutig hören, dass da jemand mit hohen Schuhen langsam und vorsichtig eine Treppe herunterstieg, von oben aus seinen privaten Räumen kam, aus der Etage, in der sein Schlafzimmer lag. Diese Etage, die ich noch nie betreten hatte. Das ist privat, hatte er zu mir gesagt. Nur seine Frau oder Sub würde er in diesen Bereich vorlassen. Nur sie hätte das Recht, in seinem Zimmer zu schlafen, in seinem Bett. Und jetzt kamen diese Schritte genau von dort die Treppe herab. Wer war es, der da offenbar auf dem Weg war, um auf das Klingeln zu öffnen? Um seine Haustüre zu öffnen. War ich so schnell ersetzt worden? Durch eine Sub, die sich an Regeln besser halten konnte, die ihm eher das bieten konnte, was er sich wünschte? Die sich zu ihm bekannte und nicht so rumeierte, von wegen nur Freundschaft. All das ging innerhalb von wenigen Sekunden durch meinen Kopf, aber bevor ich aus all dem Konsequenzen ziehen und Reißaus nehmen konnte, wurde die Haustüre schwungvoll geöffnet.

Ich konnte mich nicht rühren. Jegliche Energie war aus meinem Körper verschwunden, die es gebraucht hätte, auch nur einen Muskel zu bewegen. Selbst meine Augen waren nicht in der Lage, ihre Richtung zu ändern, und so starrte ich sie nur an. Sie stand einfach nur da. Die schönste Frau, die ich jemals auf der Welt gesehen hatte, das musste ich neidlos anerkennen. Lange blonde Haare, eine wunderschöne weibliche Figur mit langen Beinen. Dieser Traumkörper steckte in einem schwarzen Hosenanzug, unter dem sie offenbar keine Bluse trug. Um den Hals hatte sie einen schmalen, eleganten goldenen Reif, der, obwohl er auch als reines Schmuckstück hätte durchgehen können, für den wissenden Blick sofort als Halsband einer Sub zu erkennen war.

Dieser Engel lächelte mich dazu auch noch so freundlich und offen an, dass ich das Kotzen hätte kriegen können. Schlecht war es mir ja sowieso schon.

„Ja bitte?“, fragte sie freundlich.

„Wer sind Sie?“, fragte ich zurück. Ich starrte sie immer noch an.

„Das könnte ich wissen wollen, schließlich haben Sie ja hier geklingelt.“

Ich schluckte. Ja, wer war ich eigentlich? Und noch wichtiger, wer war ich für Viktor? Als was sollte ich mich vorstellen? Hallo, ich bin Alisa. Viktors verstoßene Spielgefährtin. Die dumme Kuh, die sich nicht an Regeln halten kann und eigentlich gar keinen Plan hat, was sie hier will.

„Ich bin Alisa“, kam es aus meinem Mund. Dann war wieder Schweigen.

„Oh, ich verstehe“, sagte der Engel, hob leicht den Kopf und musterte mich von oben bis unten. Augenblicklich kam ich mir klein, pummelig, pickelig, ungewaschen, naiv und saublöd vor. Sie zog eine Augenbraue hoch und strich sich das lange Haar aus der Stirn.

„Und was willst du hier?“, fragte sie mich. Sie schien nicht so verwundert mich zu sehen, wie umgekehrt. Und offenbar konnte sie mit meinem Namen etwas anfangen. Zumindest war sie vom Sie zum Du gewechselt. Hatte Viktor über mich erzählt? Hatten sie sich über ihre vergangenen Affären unterhalten und sich dabei herrlich amüsiert?

„Ich wollte zu Viktor“, brachte ich endlich unsicher heraus und im gleichen Moment spürte ich, wie sich wieder mal diese fiesen Tränen in meinen Augen bildeten.

„Zu Viktor? So? War das dein Plan? Dann war er schlecht. Ich bin übrigens Katharina. Aber ich bin mir sicher, du hast noch nie meinen Namen gehört, oder täusche ich mich?“

Ich schüttelte nur leicht den Kopf. Katharina? Nein, Viktor hatte diesen Namen wirklich noch nie erwähnt, aber er hatte mir sowieso wenig über sein bisheriges Privatleben erzählt. Es gab also eine Katharina in seinem Leben und die lebte im ersten Stock und öffnete seine Haustüre, wenn er nicht gehen konnte. Warum auch immer er sie nicht öffnen konnte. Vor meinen Augen hatte ich natürlich sofort eine bestimmte Szene aus dem ersten Stock.

„Schätzchen, Viktor hat mir von deiner Aktion vor zwei Wochen erzählt. Keine Details, keine Sorge. So genau wollte ich es nun auch nicht wissen. Wir hatten anderes zu tun.“

Sie griff nach ihrer Handtasche, die auf dem Schränkchen neben dem Eingang stand, kramte darin herum, wohl um zu kontrollieren, ob sie alles eingesteckt hatte.

„Ich war auf dem Weg nach draußen, als ich die Klingel gehört habe“, sprach sie weiter, trat auf die Eingangsstufen hinaus und zog die Türe hinter sich zu. Ich dachte schon, sie würde ohne ein weiteres Wort an mir vorbeischweben und nur einen Kometenschweif aus teurem Parfum hinter sich herziehen, ohne ein weiteres Wort zu sprechen.

„Eigentlich habe ich mich da nicht weiter einmischen wollen, aber so von Sub zu Sub: Wenn du ihn für dich gewinnen willst, dann wirst du mehr tun müssen als hier einfach planlos zu klingeln. Und sei dir gewiss, es geht schon lange nicht mehr um dein Vergehen. Das war dumm von dir, aber keine Katastrophe. Du hast deine Strafe bekommen und damit ist es für einen guten Dom, wie Viktor einer ist, auch in Ordnung. Aber was eure Beziehung zueinander angeht, da musst du dir schon klar sein, was du möchtest. Du gehst einen Schritt vorwärts und zwei zurück, so wie ich das verstanden habe. So wird das nichts. Nicht mit ihm.“

„Kennst du ihn denn gut?“ Die Frage musste ich noch stellen, bevor sie verschwand. Ich wollte unbedingt erfahren, wie ich ihre Aussage zu bewerten hatte. Konkurrenz?

Sie lachte leise: „Ja, ich kenne ihn gut. Vielleicht besser, als ihm je gutgetan hat.“ Mit dieser Antwort, die alles und nichts bedeutete, ging sie endgültig die Stufen hinunter, grüßte freundlich den Nachbarn, den sie offenbar kannte und der immer noch aufmerksam auf dem Gehsteig stand, und lief, ohne sich noch einmal umzusehen, zu einem dunklen, teuren Auto, das am Straßenrand parkte.

Wie hatte sie das gemeint? Viktor musste mit ihr über mich gesprochen haben, aber offenbar nicht so, wie ich zuerst dachte. Es geht schon lange nicht mehr um dein Vergehen, hatte sie gesagt. Was sollte das heißen? Um was ging es dann? Und was sollte das heißen: Wenn ich ihn für mich gewinnen wollte?

Ich lief langsam in Richtung meines Autos und setzte mich hinein. Bevor ich irgendeine neue Aktion startete, brauchte ich wirklich einen Plan und musste wissen, was ich damit erreichen wollte.

Ich dachte an meinen Job. Wie machte ich es denn da? Da wurschtelte ich doch auch nicht einfach so vor mich hin. Da formulierte ich, wo ich hin wollte, und überlegte mir dann, wie ich das Ziel erreichen würde. Und dann verfolgte ich diesen Weg zielstrebig und gab auch nicht nach Rückschlägen auf. Warum sollte dieses Prinzip nicht auch hier funktionieren? Also gut – Zielformulierung.

Mir wurde klar, dass ich genau an diesem Punkt die ganze Zeit schon scheiterte. Ein Schritt vor, zwei zurück. Das traf es leider gut. Gestartet hatte ich diese ganze Verbindung zu Viktor eigentlich, weil ich besseren Sex haben wollte, aber keinen Bock auf die ganzen kaputten Typen hatte, die man auf einschlägigen Plattformen fand. Ich wollte damals auch keine Beziehung, wollte mich nicht binden. War mir alles zu anstrengend. Das hatte ich mir so schön vorgestellt. Funktionierte nur nicht mehr. Weil es halt nicht irgendein Typ war, sondern Viktor. Und ihn hatte ich näher an mich herangelassen, als ich zunächst wollte. Ist einfach so passiert mit seinem ewigen: Du musst Vertrauen haben. Mit seiner Fürsorge, seinem Achten meiner Persönlichkeit, seinem Austesten meiner Grenzen. Ich wollte mehr von ihm. Ich wollte ihm gehören, so pathetisch es klang. Ich wollte kein Date mehr sein, ich wollte seine Sub sein. Ich wollte für ihn leiden, ihm seine Wünsche erfüllen und damit mir selbst meinen größten Wunsch erfüllen. Ich wollte mich mit meiner Hingabe unter seine Kontrolle begeben, weil ich ihm vertraute. Weil ich ihn …

Das klang fürchterlich! Wie hatte ich diese Frauen immer verabscheut. Wollten tough im Job sein und dann warfen sie sich einem Mann zu Füßen. Wie passten denn Emanzipation und Submission zusammen? Gar nicht – zumindest war ich davon bis vor wenigen Wochen überzeugt gewesen. Aber vielleicht hatte ich mich auch getäuscht. Ich hatte in den letzten Wochen einige Subs kennengelernt. Die waren alle keine verschüchterten, lebensuntüchtigen Dummchen. Ganz im Gegenteil.

Ich stand mir selbst im Weg. Nein, meine Erziehung stand mir im Weg, mein Rollenverständnis - ich versuchte den gesellschaftlichen Erwartungen an eine Frau zu entsprechen. Und das machte mir Angst. Denn eine Beziehung wie die unsere passte nicht in dieses Bild. Deswegen immer wieder die zwei Schritte zurück, immer dann, wenn es ernst wurde. Wenn ich mich hätte erklären müssen. Und Viktor? Hatte ich jemals an ihn gedacht dabei? Was musste er fühlen? Ging es ihm ähnlich?

So wie ich Katharina verstanden hatte, forderte sie mich auf, mich zu positionieren. Ich hatte die Situation wohl nicht richtig eingeschätzt. Ich hatte gedacht, er hätte sich wegen der Sache vor zwei Wochen zurückgezogen, aber es ging wohl um etwas anderes oder um jemanden anderes.

Konnte ich dieses ewige Vor-und-zurück lassen? Mit allen Konsequenzen? Seine Sub zu sein würde mein Leben verändern. Wie genau, konnte ich nicht sagen. Andere Männer treffen, mit meinen Freundinnen eine Nacht durchmachen? War das dann noch drin? Wäre ich bereit, das alles zumindest nur in Absprache mit ihm zu machen und es mir auch verbieten zu lassen? War ich für so eine Beziehung bereit? Würde ich es je schaffen, vor Freunden und meiner Familie einzugestehen, dass ich der devote Part in einer BDSM-Beziehung war? Meine Mutter würde zur Furie, wüsste sie, dass ich mir von einem Mann den Hintern versohlen ließ. Konnte ich dazu stehen?

Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Und wenn er gar nicht wollte? Ich war sicher nicht die perfekte Sub, würde es vielleicht nie sein. Würde er mich zurückweisen? War das der Grund für sein Verhalten? Ich würde es nicht herausfinden, wenn ich nicht aktiv würde. Das war mir klar.

Ich dachte an all die wunderschönen Stunden, die ich bei ihm verbracht hatte, an die Lust, die er in mir entfacht hatte. An dieses Gefühl, sicher und geborgen zu sein. Von ihm aufgefangen zu werden. Es war wie eine Sucht. Dieses Gefühl, wenn man es einmal zulassen konnte, mochte man es immer und immer wieder erleben.

Aber dazu musste ich mich jetzt entscheiden. Hier und jetzt. Auszusteigen und ihn darum zu bitten, seine Sub sein zu dürfen, oder das Auto zu starten, heimzufahren und alles, was mich an die letzten Monate erinnerte, in eine Kiste zu packen und zum Müll zu bringen. Die Zeit des Rumeierns war vorüber. Entscheide dich, Alisa!

Das Autoradio spielte einen Song, in dem es um Destiny – Schicksal – ging. Wie pathetisch kitschig. Ich grinste und hörte weiter auf den Text des Liedes. Er litt offenbar unter der Abwesenheit seiner Liebsten und mochte sofort an ihrer Seite sein. Okay – ich entschloss mich zu einem Deal mit mir selbst: Wenn das Lied so ausging, dass er sein Mädchen zurückbekam, würde ich aussteigen. Wenn der Text aber traurig endete, würde ich heimfahren. Gespannt lauschte ich zum dritten Mal dem Refrain und seiner Liebesklage. Nach der Melodie zu urteilen, war gleich Schluss. Ich konzentrierte mich auf den Text, um dem Radio mein Schicksal zu überlassen.

„… unterbrechen wir kurz für eine wichtige Verkehrsdurchsage.“

Ich schlug mit der Handfläche auf das Lenkrad. Konnte nicht einfach mal was funktionieren? Dann eben so!

Ich stieg aus. Ich hatte mich entschieden. Schicksal. Ich würde das jetzt durchziehen. Wollte wissen, woran ich war, und wollte auch ihm zeigen, woran er war.