Was ist eigentlich mit unserer Weltumseglung?: Karibik - Ralf Reiter - E-Book

Was ist eigentlich mit unserer Weltumseglung?: Karibik E-Book

Ralf Reiter

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Beschreibung

Mit diesem Buch erscheint der dritte Teil unserer Weltreise, auf einem 41ft Katamaran, die so ganz anders verläuft wie geplant und wie wir uns das so vorgestellt haben. Die Krisen unserer Zeit strecken ihre Fühler weit über den Ozean und versuchen uns zu erreichen. Bisher trotzen wir diesem Wirbelsturm, der so ganz andere Auswirkungen auf unser Leben hat, wie das sonst bei einem Sturm üblich ist. Das Buch beschreibt unsere Zeit in der Karibik. Von Französisch Guyana erreichen wir den Antillenbogen im Süden, wo die Insel Carriacou für über drei Monate unser Zuhause wird. Spät in der Saison fahren wir die Kleinen Antillen entlang bis wir am Ende der Saison bzw. am Anfang der Hurrikan Saison auf der Insel Gruppe St. Kitts & Nevis ankommen. Um der Gefahr von Wirbelstürmen auszuweichen, segeln wir quer über das Karibische Meer zu den ABC Inseln und lernen die Insel Aruba näher kennen. Kolumbien, unser nächstes Ziel, darf sicherlich als Highlight dieses Abschnittes angesehen werden. Wir segeln nach Panama und besuchen dort die San Blas Inseln. Schließlich verlassen wir durch den Panama Kanal die Karibik und fahren in einen neuen Ozean. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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3. Teil der Buchreihe: Was ist eigentlich mit unserer Weltumseglung? Karibik

Was ist eigentlich mit unserer Weltumseglung?

Weltumseglung mit dem 41ft Katamaran

Katinka

Teil 3

Karibik

 

 

Ralf Reiter

© 2023 Ralf Reiter

Umschlaggestaltung, Illustration: Ralf Reiter

Fotos: Ralf Reiter

Lektorat, Korrektorat: Gabriele Katala

Herausgeber: Ralf Reiter

Schillerstrasse 12, 71364 Winnenden

 

[email protected]

 

www.glenswelt.com

 

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

 

 

 

 

 

 

 

 

„In 20 Jahren wirst du die Dinge, die du nicht getan hast, mehr bedauern, als deine Taten. Also, mach die Leinen los, verlasse den sicheren Hafen. Fang den Wind in deinen Segeln, erforsche, träume, entdecke.“

 

 Mark Twain

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

St. Laurent du Maroni – Stadt der rasselnden Ketten

Cayenne die etwas andere Hauptstadt

Das Wrack Edith Cavell

Markttag

Wasser oder Wenn die Sonnenbrille das noch einzige Bekleidungsstück ist.

Die Stimme des Dschungels

Seetage sind Wellentage

It´s Reggea Time

Karibisches Paradies

Take it easy

Carriacou traumhafte Insel in der Karibik

Wenn die Sonne im Meer versinkt

Trara, trara die Post ist da

Drum prüfe wer sich ewig bindet

Schleifen auf Teufel komm raus

Der Sonnenuntergang auf einer Müllhalde

Meine Freundin Donna

Don´t stress me too much

That´s Life

Alles dicht!

Freunde gehen, Freunde kommen

Der Süden der Grenadinen

Rum, Rum, ne Buddel voll Rum

Hohe Wellen

Bewegung

Martinique

Die grünen Inseln der Karibik

Dominicas Regenwald

Guadeloupe

Blinde Passagiere

Quer über das Karibische Meer

Aruba, zwischen Himmel und Hölle

Angst

Wahrscheinlich kommt´s doch anders

Krasse Gegensätze Arubas

Natur pur auf Aruba

Erogene Zonen

Einmal zu Fuß quer durch Aruba

Bei 35 Knoten vor Anker

Wasser in der Bilge

Besuch an Bord

Shit happens

Wenn ein Chamäleon die Farbe wechselt

Patenthalse

Salsa im Blut

Die vergessene Stadt – Ciudad Perdida

Kolumbiens Hauptstadt

Im Dschungel

Kolumbiens Gold

Von Badischen und Unsymbadischen

Vorbereitung auf Panama

Die Straßen von Cartagena

Neues Crewmitglied

Auf der Reiteralm

Kein Blas auf San Blas

Das Sterben der San Blas Inseln

Die westlichen San Blas

Beim Segelmacher

Ankern oder doch lieber Marina?

Jahresrückblick

Von Schleim und sonstigen Sauereien

Wenn die Affen brüllen

Panama Kanal – Die Erste

Wenn die Schraube locker sitzt

Auf den Hund gekommen

Letzte Vorbereitungen

Durch den Panama Kanal oder Adel verpflichtet

Zusammenfassung

Länder und Inseln

Ein paar Zahlen

Vorwort

Mit diesem Buch erscheint der dritte Teil unserer Weltreise, auf einem 41ft Katamaran, die so ganz anders verläuft wie geplant und wie wir uns das so vorgestellt haben. Die Krisen unserer Zeit strecken ihre Fühler weit über den Ozean und versuchen uns zu erreichen. Bisher trotzen wir diesem Wirbelsturm, der so ganz andere Auswirkungen auf unser Leben hat, wie das sonst bei einem Sturm üblich ist. Das Buch beschreibt unsere Zeit in der Karibik. Von Französisch Guyana erreichen wir den Antillenbogen im Süden, wo die Insel Carriacou für über drei Monate unser Zuhause wird. Spät in der Saison fahren wir die Kleinen Antillen entlang bis wir am Ende der Saison bzw. am Anfang der Hurrikan Saison auf der Insel Gruppe St. Kitts & Nevis ankommen. Um der Gefahr von Wirbelstürmen auszuweichen, segeln wir quer über das Karibische Meer zu den ABC Inseln und lernen die Insel Aruba näher kennen. Kolumbien, unser nächstes Ziel, darf sicherlich als Highlight dieses Abschnittes angesehen werden. Wir lernen Land und Leute kennen, sehen bei unseren Reisen durch das Land schöne, wie auch weniger schöne Dinge, sind aber von der Freundlichkeit der Menschen sehr beeindruckt. Die Schattenseiten, und da bin ich wieder bei den Eingangs erwähnten Krisen, haben wir in der Karibik, in den San Blas Inseln erlebt. Nachdem uns Anfangs unseres Karibikaufenthalts weiterhin Corona schwer in Atem gehalten hat, zeigt gegen Ende unseres Karibiklebens die Umweltkrise ihre hässliche Fratze. Nachdem wir schon geglaubt haben die Corona Krise überwunden zu haben, weil man auf Guadeloupe die Testzentren abbaute und keine weiteren Corona Tests mehr notwendig waren, verweigerte man uns in Montserrat das Einklarieren, weil eben kein Test bei der Einreise vorhanden war. In Aruba und Kolumbien fragte man uns noch nach unserem Impfzertifikat, welches dann in Panama niemand mehr sehen wollte. Durch die Eskalation des Krieges in der Ukraine und den damit verbunden Sanktionen, wie auch durch eine fehlgeleitete Geldpolitik der EZB, gerät der Euro immer weiter unter Druck und schürt die Inflation. Eine weitere Krise, die wir bei der Planung nicht einkalkuliert haben und die unser Budget stark zusetzt. Innerhalb kürzester Zeit liegen wir rund 30% über dem geplanten Budget, wobei uns die zeitweilige Euro-Dollar Parität ganz schön zu schaffen macht. Letztendlich werden wir auf die katastrophalen Umweltschäden durch Plastikmüll, auf den San Blas Inseln aufmerksam. Hier fehlt es an Entsorgungskonzepten, Aufklärung, Geld, praktisch an allem. Die Kunas, die mit Sicherheit am wenigsten dafür können, werden von Panama im Stich gelassen, zulasten der wunderbaren Inselwelt, die durch die Vermüllung, mittlerweile weit von einem Paradies weg ist. Trotz all diesen Unwegsamkeiten überwiegen die schönen Momente. Wir lernen neue Leute kennen, viele treffen wir immer wieder und es entwickeln sich neue Freundschaften. Für das erlebte, die Menschen vor Ort und die Natur, sind wir unheimlich dankbar. Wir haben uns verändert, wir sehen die Dinge mit anderen Augen und wir sind gereift. Viele Dinge sehen wir mittlerweile gelassener, differenzierter und vielleicht auch etwas unkritischer. Wir haben uns in den drei Jahren entschleunigt und leben das Leben so wie es kommt. Das ist wohl auch das Rezept, um weiterzumachen. Mit der Entscheidung durch den Panamakanal zu gehen, die dieses Buch abschließen wird, ist der weitere Weg vorgegeben. Immer Richtung Westen. Die hier beschriebenen Erzählungen geben unsere Eindrücke des Erlebten wieder. Es sind unsere Empfindungen und Emotionen, die sich aus der Situation heraus ergeben haben. Wir hoffen der Leser erkennt die Authentizität und nimmt dies zum Anlass sich seine eigene Meinung zu bilden. Außerdem freuen wir uns wenn wir für den ein oder anderen als Anregung dienen. Unsere Reise kann auf der Homepage www.glenswelt.com verfolgt werden. Unser aktueller Standort sowie die bisher zurückgelegte Reise kann hier eingesehen werden. Wir wünschen viel Spaß beim lesen.

St. Laurent du Maroni – Stadt der rasselnden Ketten

Stimmen dringen an mein Ohr. Ketten rasseln. Ein Dampfschiff hat an dem Holzsteg vor St. Laurent, am Maroni Fluss angelegt. Die Fracht, neue Gefangene, politische Gefangene. Sie werden auf dem großen Platz vor dem alten Zollamt versammelt, um dann in das Verteilungslager verbracht zu werden. Dort werden sie, je nach Vergehen, in eines der fünf Straflager von Französisch Guyana, verteilt. Als politischer Gefangener hat man in Frankreich um 1900 nicht viel zu lachen, die Strafbedingungen sind hart, kaum einer überlebt das erste Jahr. Ich frage mich, was ist eigentlich ein politischer Gefangener, was hat er angestellt und wie wird man zu so einer Strafe verurteilt? „Ein politischer Gefangener ist eine Person, die aus politischen oder weltanschaulichen Gründen in Haft ist. Die Unterscheidung zwischen politischen und legitimen Gefangenen ist auf rechtspositivistischer Basis nicht eindeutig.“ Zitat Ende. Es gibt also legitime Gefangene, von denen ist hier nicht die Rede und es gibt Gefangene die sind nicht legitim. Da gewinnt für mich der Begriff Rechtsstaatlichkeit, eine ganz neue Bedeutung. Aber in einem modernen Rechtsstaat gibt es ja so etwas nicht mehr, das macht man heute anders.  Man kann also davon ausgehen, dass die meisten Sträflinge, Bedingungen wie sie hier geherrscht haben, nicht verdient hatten. Unzählige Wracks um das Bojen Feld, in dem wir liegen und die Stadt, mit ihren zahlreichen historischen Bauwerken im Kolonialstil, zeugen von dieser Zeit, in der die Ketten der Fußfesseln über die staubigen Straßen rasselten. Heute lebt hier ein bunter Mix von Menschen. Neben den Europäern sind das einige Mischlinge, Kreolen, Afrikaner, Chinesen und Hmong. Außerdem leben sechs indigene Völker, wie die Kalina, Pahikweneh, Lokono, Wayana, Wayapi und Teko in Französisch Guyana. Die Marina wird von Davide geführt, dessen Ambitionen, hier eine große Marina aufzubauen, sehr geschwunden sind. Covid bedingt scheinen hier doch ein paar unüberwindliche Hürden im Weg zu liegen, aber er gibt sich sehr viel Mühe und ist immer eine helfende Hand. Auch wenn manchmal Resignation durchblitzt, ist der Tatendrang schnell wieder hergestellt. Der Steg ist immer noch nicht verlängert und kann nur von einem Boot und als Dinghydock genutzt werden. Das Anketten des Beibootes wird weiterhin empfohlen. Ketten haben in dieser Region wohl ihre Tradition. So beschränkt sich die Marina, auf die 20 Bojen die im Fluss vor dem Wrack Edith Cavell liegen. Das Dampfschiff wurde 1889 gebaut und ist 1924 vor St. Laurent auf Grund gelaufen. Mittlerweile hat sich ein schöner Wald aus dem Inneren des Rumpfes entwickelt. Wir sind zwar runde 20 Seemeilen vom Meer entfernt, dennoch sind die Gezeiten hier deutlich zu spüren. Da ich zu faul bin den Außenborder ans Dinghy zu schrauben und ich mir jeden Tag aufs Neue einrede, Rudern ist gesund und hält fit, ist die Überbrückung der rund 300m zum Landungssteg, oft eine Herausforderung. Gaby als sprechende Galionsfigur gibt lautstark die Richtung und den Takt an, während ich mich in die Riemen schmeiße. Bei auflaufendem Wasser und Wind entsteht eine nicht unerhebliche Gegenströmung, die einem Endfünfziger ganz schön zu schaffen machen kann. So sorgen wir, unter den Franzosen, die hier in der Überzahl sind, jeden Tag für ganz großes Hafenkino. In der Bar wetten sie und schmeißen Euros in einen Topf, schafft er es oder treibt er nach Suriname. Wenn ich dann völlig außer Atem ankomme, Gaby fragt sich immer was denn mit mir los sei, ist das erste Bier gesichert und man klopft mir, beim vorbei gehen, anerkennend auf die Schultern. Da wir auf den Kap Verden, was die Lebensmittel anbetraf, doch ein wenig unterversorgt waren, eröffnet sich uns, in St. Laurent, ein deutliches Überangebot an europäischen Waren. Allerdings ist dieser Konsumtempel runde zwei Kilometer entfernt und bei 30°C und hoher Luftfeuchtigkeit nur schwitzend erreichbar. Ist der Hinweg noch gut zu bewältigen, stellen sich auf dem Rückweg immer wieder Halluzinationen, von Wassertropfen perlende Bierzapfhähne ein, unter denen eisgekühlte Biergläser stehen. Immer wenn ich nach einem Glas greife, greife ich ins Leere und Gaby fragt dann, was ich da mache. Ich bin dann immer froh, wenn hinter dem Zapfhahn unsere Boot Katinka wieder auftaucht. Am späten Nachmittag treffen wir uns dann bei Davide in der Bar zum Sundowner. Die Community ist recht klein und besteht aus ein paar Franzosen die wir so gut wie nicht verstehen, aber es ist lustig und sie versuchen uns ins Gespräch immer wieder einzubinden. Insofern fühlen wir uns hier sehr wohl und es gibt ja auch noch einiges zu entdecken.

Cayenne die etwas andere Hauptstadt

Morbider Zerfall ist das was die Straßen von Cayenne prägt. Auf der eine Straßenseite ein hippiges Inn-Café, auf der anderen eine abbröckelnde Fassade, eingefallene Balkone und Unmengen an Unrat. Ein Hotel mit einer hundertjährigen Holzveranda, umringt von zahlreichen chinesischen Einkaufsshops. Daneben ein großflächiger Park mit einer Palmen Allee. Auf den Parkbänken liegen jene, die die Verlierer der Gesellschaft sind, jene die in der Nacht kein Dach über dem Kopf haben und sich dafür am Strand ein ruhiges Plätzchen suchen. Cayenne macht nicht den Eindruck, und hat schon gar nicht das Flair, einer Hauptstadt. Dennoch ist die Stadt interessant, weil auf der einen Seite, der Zerfall schon seit Jahren nicht mehr aufzuhalten ist und auf der anderen Seite zahlreiche Restaurants ein Ambiente zaubern, in dem man sich als Gast wohlfühlt. Neben schön renovierten Stadthäusern sind die Ruinen allgegenwärtig. Wir schlendern durch die Innenstadt und machen schließlich in Strandnähe an einer Bar halt. Gegenüber wird im Stadtpark Boule gespielt. Das Spiel mit den drei Kugeln, von denen möglichst eine nah an die kleine Kugel herangebracht werden muss, ist in Frankreich Nationalsport und hier in Französisch Guyana selbstverständlich auch. Gespielt wird meistens in zweier Teams. Die Regeln sind eigentlich recht einfach, aber für den Laien nicht immer gleich zu durchschauen. Am interessantesten fand ich die Kugelaufnahme, nach Beendigung einer Runde, mittels Magneten an einer Schnur, um sich das Bücken zu ersparen. Bei so einem Spiel wird sehr viel geredet und diskutiert und die Bahnen füllen sich nach und nach. Der Tag neigt sich dem Ende und das Wasser in der Bucht von Cayenne ist weit zurückgewichen. Der Tidenhub ist hier enorm und ein sicheres Fahrwasser gibt es nur innerhalb der Betonung  im Flusslauf. Wir haben ein Zimmer in einem Aparthotel mitten im Zentrum gemietet. Für das Abendessen suchen wir uns ein kleines Straßenrestaurant aus, welches guyanische Küche anbietet. Beim Anblick der Speisekarte wird mir ein bisschen mulmig. Neben Gürteltieren werden auch Leguane und anderes Getier angeboten, das wir noch nie zu vor zu Gesicht bekommen haben. Ich entscheide mich für eine Art Wildschwein, Gaby nimmt den Fisch. Beides ist sehr lecker und zufrieden suchen wir unsere Unterkunft auf. Am nächsten Tag ist Feiertag und die Franzosen arbeiten nicht. Alle Museen, und Geschäfte sind geschlossen. Das einzig was geöffnet hat, sind die zahlreichen chinesischen Geschäfte. Wir fahren nach Kourou, dort wollen uns den Weltraumbahnhof der Europäer anschauen, doch leider wie schon erwähnt, ist am heutigen Tag alles geschlossen. Dafür finden wir den Fischmarkt, der sehr interessant ist. Geierartige Vögel, mit einer Spannweite von über zwei Metern sitzen in den Bäumen und warten auf die Fischreste. Kourou ist eine Stadt ohne ein wirkliches Stadtzentrum, daher auch weniger interessant. Im Kourou River gibt es zwei Anlegestege, der eine wird von den Fischern benutzt und der andere von einer privaten Marina. Dennoch sind beide Stege auch mit Fahrtenseglern belegt, allerdings dürfte es schwierig sein einen Platz zu bekommen, ansonsten kann man im Fluss ankern.

Wir sind auf dem Rückweg nach St. Laurent du Maroni. 250 Kilometer durch den Regenwald. Wald ohne Ende, von zwei Ortschaften unterbrochen. Zahlreiche Wellblechhütten liegen am Straßenrand. Und überhaupt, scheint das Wellblech das Baumaterial erster Wahl zu sein. Nicht nur die Dächer werden mit Wellblech ausgestattet, auch für Fassaden oder Zäune nutzt man das Blech. Des Weiteren fallen uns die zahlreichen ausgebrannten Autowracks am Straßenrand auf. Aller fünf Kilometer sieht man ein solches Wrack. Noch interessanter wird es dann im Nationalpark, in dem mitten drin eine Autowäsche angeboten wird. Natürlich mit Ölabscheider und allem Drum und Dran. Ist selbstverständlich ein Scherz, Greta und Luise hätten ihre wahre Freude daran. Trotzdem ist man von dem ewigen, nicht aufhören wollendem Grün beeindruckt. Meist undurchdringlich, kommt man immer wieder mal an eine Stelle die frei geschlagen ist. Ein Tor in die Dunkelheit. Pechschwarz taucht man in den Dschungel ein. Ein Wunder, dass hier überhaupt noch etwas wächst. Ich bin immer davon ausgegangen, dass Pflanzen Licht brauchen, das scheint aber nur bedingt zuzutreffen. Vor allem brauchen sie Wasser und davon gibt es hier reichlich. Immer wieder prasseln heftige Niederschläge herab, die die ohnehin schon dicke Luft, noch dämpfiger macht. Abkühlung bringt so ein Regenschauer übrigens nicht, deshalb laufen hier auch die Klimaanlagen Tag und Nacht. Glücklich der Mensch, der eine hat. Ansonsten hilft nur eins, sich daran zu gewöhnen. Das fällt nicht unbedingt leicht, zumal ja auch immer wieder die eine oder andere Reparatur ansteht, die dann zu richtigen Schweißausbrüchen führen kann. Wir machen das Beste daraus und sind froh, den Ausflug nach Cayenne gemacht zu haben.

Das Wrack Edith Cavell

Über die am Bug befindlichen Ankerkettenauslässe klettere ich an Bord. Das Dinghy an einer rostigen Stahl Öse befestigt. Auf allen Vieren krieche ich durch ein dichtes Geäst, überall wuchern Baumstämme und Blattwerk, aus dem Rumpf der Edith Cavell, dem Himmel entgegen. Ich ärgere mich, dass ich meine Machete nicht mitgenommen habe. Gerade für solche Zwecke hatte ich sie doch gekauft. Von unserem Bojenplatz war schon zu erkennen, dass der Frachter stark zu gewuchert ist, aber dass hier so ein Dickicht herrscht, habe ich nicht erwartet. Wieder etwas gelernt, beim nächsten Mal besser vorbereiten. Der britische Dampfer wurde 1898 von Bartram&Son Ltd. in Sunderland erbaut, und als SS Wagner von Taylor, Jenneson&Co London, in Betrieb gesetzt. 1915 wurde das Schiff an Moss H. E.&Co Liverpool verkauft und zur SS Edith Cavell umbenannt. 1924 lief das Frachtschiff, in St. Laurent du Maroni, auf Grund. Gemunkelt wird, dass nach mehreren Versuchen in Cayenne und Kourou einen Versicherungsfall zu provozieren, dies dann endlich in St. Laurent, gelungen ist. Wie auch immer, seit 1924 liegt das Schiff nun hier und bildet eine prächtige Kulisse. Durch den Sand und Schlamm des Maroni Flusses, sowie vorhandene Samen im Schiffsrumpf, hat sich ein schützender Wald, vor dem Bojenfeld der rund 20 Bojen, im Laufe der fast 100 Jahre, gebildet.

Die Namensgeberin Edith Cavell war eine britische Krankenschwester, die in Belgien im Ersten Weltkrieg, von einem deutschen Militärgericht zum Tode verurteilt wurde. Sie wurde, insbesondere für das Zuführen von Mannschaften an den Feind, angeklagt. Cavell verhalf im Rahmen ihrer Tätigkeit als Oberin eines belgischen Lehrkrankenhauses zahlreiche Verwundete zur Flucht. Für Fluchthilfe gab es damals, laut Reichsstrafgesetzbuches, als Höchststrafe lebenslänglich Zuchthaus, warum hier ein Todesurteil, das am Folgetag vollstreckt, ausgesprochen wurde, wird wohl nie aufgeklärt werden. Auf jeden Fall starb sie als Märtyrerin, was für das Schiff offensichtlich kein gutes Omen war.

Ich schlage mich also durch das Gestrüpp und erreiche eine freie Stelle und die erste Ladeluke. Das Stahldeck ist in erstaunlich gutem Zustand. An Steuerbord entdecke ich, dass ich bequem an Deck gelangt wäre, hätte ich das Schiff zunächst einmal umrundet. Aber dann wäre es kein Abenteuer gewesen denke ich mir und inspiziere die Leiter, die ins Innere des Schiffes führt. Leider komme ich hier nicht weiter, da die Frachträume mit Wasser vollgelaufen sind. Auch das Schiff ist auf seinen knapp 107 Meter Länge in der Mitte auseinandergebrochen. Unter einem Baum der etwa 10 Meter in die Höhe sprießt und die ganze Breite des Schiffes von 14 Meter einnimmt, entdecke ich eine der beiden Schiffsschrauben. Ebenfalls aus Stahl gefertigt. Mit ihren gut 2 Metern im Durchmesser, würde sie, wenn aus  Bronze gefertigt, schon lange nicht mehr hier liegen. Dichtes Blattwerk versperrt mir erneut den Weg und ich entschließe mich zum Dinghy zurückzukehren und am Heck eine Stelle zu suchen, um noch einmal die Edith Cavell zu entern. An einem Schäkel festmachend gehe ich mit dem Dinghy längsseits und springe erneut an Deck. Der Ruderquadrant steht am Ende einer Welle ca. 3m über mir. Mir fallen die Stahlnieten, die sich in rostigem Wasser spiegeln, auf und ich denke mir, solide Werftarbeit. Die Erbauer hatten es wohl für die Ewigkeit gebaut, jetzt rottet es vor sich hin und zeugt von einer längst vergessenen Zeit. Es wird aber noch eine ganze Weile dauern bis dieses Wrack verschwunden ist. Auch nach weiteren hundert Jahren wird man in einem kleinen Wald Schiffsreste der Edith Cavell finden, und der ein oder andere wird sich fragen: Wer war Edith Cavell? Ein Mensch der durch seine humanitäre Einstellung, von einem übereifrigen Militärgericht, rechtswidrig zum Tode verurteilt wurde, und der man aus Standesdünkel und Machtdemonstration, die notwendige und gebührende Hilfe, verweigert hat.

Es ist immer wieder spannend mit welchen Themen man auf so einer Reise konfrontiert wird. Natürlich muss man sich darauf einlassen, man kann auch darüber hinweg sehen, aber wir lernen jeden Tag dazu und freuen uns darüber. Auch mitten im Regenwald von Französisch Guyana kommen immer wieder unverhoffte Dinge zu Tage, die einen ins Staunen versetzen. Um sich dieses Staunen zu erhalten unternehmen wir diese Reise, und so lange wir uns diesen Zustand erhalten, so lange wird dieses Staunen unser Leben bereichern.

Markttag

Dunkelgrüne Limetten, daneben Mangos, Maracujas und Bananen. Maniok, Süßkartoffeln und sonstige Wurzeln, die ich in meinem Leben noch nie gesehen habe, werden zum Verkauf angeboten. Ja, selbst meine Allgemeinbildung stößt hier, rücksichtslos meines Egos gegenüber, brutal an seine Grenzen. Diverses Blattwerk, Salat oder Kräuter? Wer weiß! Wir sind beeindruckt von dieser Vielfalt an exotischen Früchten und zugegeben etwas überfordert. Die äußeren Umstände machen es nicht gerade einfach sich hier zu Recht zu finden. Unter den Ständen staut sich die Hitze und die vorhandenen 28°C Lufttemperatur um 9:00Uhr am Morgen, fühlen sich fast doppelt so hoch, unter der Schatten spenden Plane, an. Manche Stände verzichten gänzlich auf diese Plane, damit wenigstens ein bisschen Luft zirkuliert. Mein T-Shirt hat sich von hellblau in dunkelblau verfärbt, und hat die Wasseraufnahme gänzlich eingestellt. Mit Englisch kommt man selbst bei den Chinesen, die hier weite Teile des Marktes dominieren, nicht weiter. So probieren wir es mit Händen und Füssen. Mit dieser eingeschränkten Kommunikation ist es freilich schwierig, sich die eine oder andere Wurzel erklären zu lassen, geschweige herauszufinden, wie man sie zubereitet. Trotzdem ist Gaby in ihrem Element und nach anfänglicher Scheu, versucht sie sich verständlich zu machen, wobei die Gestik manchmal ein bisschen komisch wirkt. Ich unterdessen überlege, wie ich den enormen Flüssigkeitsverlust ausgleiche und ob ich es bis zum Boot überhaupt noch schaffe, oder völlig dehydriert, auf dem Weg dorthin, zu Boden sacke. Ich stelle mir einen nicht stattfindenden deutschen Weihnachtmarkt vor und ziehe Vergleiche. Das Gedränge ist auf dem Weihnachtmarkt nur halb so groß, immerhin sind in Deutschland zweidrittel geimpft, während hier in Französisch Guyana nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung das Impfangebot wahrgenommen hat. Die Temperaturen sind auf beiden Märkten extrem, in Deutschland im Minus Bereich, hier im deutlichen Plus Bereich. Die Luft unter den Zeltplanen steht, sowohl auf dem Weihnachtmarkt, wie auch auf dem Gemüsemarkt. Wenn man Gaby glauben kann, und da bin ich immer noch auf sie angewiesen, da mein Geruchsorgan weiterhin streikt, riecht es mitunter etwas streng. Auch das haben beide Märkte gemeinsam. Also kann es nur am Glühwein liegen. Den gibt es hier nämlich nicht. Vermutlich hat der Glühwein ein freies Radikal, an dem sich das Virus anhängt und sich durch das Ausdampfen aus den Gläsern und Krügen, großflächig auf dem Markt verbreitet. Dies ist eine hoch effektive Verbreitungsmethode, die sich das Virus zunutze macht. Das erklärt auch warum der Index in Deutschland zur Zeit bei 400 und der in Französisch Guyana bei 65 liegt, obwohl in Deutschland max. 40% der Bevölkerung einen Weihnachtmarkt, in Französisch Guyana aber 70% der Bevölkerung, mindestens einmal die Woche, einen Markt besuchen. Aber halt! Da kann ja was nicht stimmen, die Weihnachtsmärkte in Deutschland werden ja nach und nach abgesagt. Egal, wir haben mittlerweile den nächsten Stand erreicht. Gaby packt ihr bestes Französisch aus und kauft der Eierfrau ein paar Eier ab. Irgendwie bin ich ganz froh, dass ich zurzeit nicht in Deutschland bin. Ich frage mich nur, wann meine Landsleute mir die Solidarität entziehen, wie das so mancher nun bei den Ungeimpften tut. Mit solchen Dingen sind wir ja schon immer schnell bei der Hand gewesen. Aber vielleicht sind ja erst mal die Herz-Kreislauf Patienten dran, die in der Sterberate 6mal höher liegen als Covid Patienten (zumindest in Deutschland) und unser Gesundheitssystem belasten. Pohrrr, ich muss aus der Sonne, sonst glaube ich diesen Blödsinn am Ende selber noch. Vielleicht sollte ich es wie unsere neu gewonnen Freunde von der Horizon machen. Einen schwedischen und einen amerikanischen Pass besitzend, kann man es sich dann aussuchen „Like European or US!“ Ja, ich bin ganz froh zurzeit nicht in Deutschland zu sein, weil der Blick von außen so manch einen mit dem Kopf schütteln lässt, was da im Land so alles passiert. Obwohl Politik unter internationalen Seglern verpönt ist, spürt man die mitleidigen Blicke wenn man sich als Deutscher zu erkennen gibt. Wir gehen weiter und kommen an einen Bananenstand mit roten, gelben, grünen Bananen. Ich wehre mich vehement gegen den Gedanken an die Ampelkoalition und versuche stattdessen an den leckeren Geschmack der Bananen zu denken. Allein der Geschmackssinn macht noch nicht so richtig mit. Es gelingt mir also nicht wirklich und ich denke mir  „Lindner verdammt! Warum nicht das Außenministerium?“ Aber auch das dürfte mittlerweile zu spät sein. Ja, das Leben ist hart und Corona nur ein Problem von vielen. Eins ist sicher, das Leben werden wir nicht überleben und manchmal ist es schneller zu Ende als man denkt. Viele lernen das Leben nicht richtig kennen und so mancher trauert verpassten Chancen hinterher, drum macht was aus Eurem und lasst den anderen ihres. Ich glaube das nennt man Toleranz. Endlich komme ich aus der Sonne raus und ich rette mich geradeso zu Davide, unseren Trans Ocean Stützpunktleiter. In seiner kleinen Bar, er nennt es Café, wird erst einmal der Flüssigkeitshaushalt normalisiert, bevor wir unsere Einkäufe auf dem Boot bunkern. Das ist bei mir dringend notwendig, da durch die Covid Erkrankung mein Blut sehr dickflüssig ist und bestimmte Körperpartien, bei zu niedrigem Flüssigkeitshaushalt, nicht ausreichend durchblutet werden. Vielleicht sollte ich einmal schauen ob dieses Krankheitsbild als Langzeit-Covid durchgeht und ob mir irgendeine Rente zusteht. Ja, ja ich hör schon auf.

Wasser oder Wenn die Sonnenbrille das noch einzige Bekleidungsstück ist.

Dicke Regentropfen klatschen auf das Deck, zerspringen in tausende, ja Millionen von Teilen und bilden eine Art Sprühnebel. Ich stehe auf dem Vordeck und habe nur noch meine Sonnenbrille an. Sicherlich hätte ich auch auf die verzichten können, aber es sieht einfach lässiger aus. Man kommt sich vor wie in einer Autowaschstraße. Die auf dem Deck berstenden Regentropfen, zu feinen Staub zerfallend, erzeugen den Dampf für die Unterbodenreinigung. Die Taubeneier großen Tropfen klatschen gnadenlos auf meine Haut. Ich schaue in eine graue Regenwand, die einen nur noch schemenhaft die anderen Boote an den Bojen erahnen lassen. Wasser ohne Ende prasselt auf mich hernieder. Ich liebe den Regen, der sich fast jeden Tag um dieselbe Zeit einstellt. Er ist warm, für eine halbe Stunde anhaltend und ergiebig. Wenn es in Französisch Guyana regnet, dann richtig. Früher waren wir es gewohnt das Wasser aus der Leitung zu entnehmen. Selten bis gar nicht hat man sich überlegt woher das Wasser eigentlich kommt. Am Jahresende gab es eine Abwasser- und Wasserrechnung, die man bezahlt hat und das war es dann meistens auch. Seit wir auf dem Boot leben machen wir uns da schon mehr Gedanken. Mittlerweile unterscheiden wir zwischen trinkbarem Wasser, Wasser mit dem wir kochen und sonstigem Brauchwasser. Mit einem Wassermacher an Bord sind wir weitestgehend autark und vom Wasserschleppen befreit. Allerdings nur weitestgehend. Liegen wir in einer Marina benutzen wir unseren Wassermacher nicht, da die Filter sich zu schnell zusetzen. Die Qualität des Wasser aus der Leitung ist uns meist unbekannt, deshalb verwenden wir es nur zum Kochen und als Brauchwasser. Liegen wir länger in einer Marina kaufen wir Wasser aus dem Supermarkt hinzu. Hier in St. Laurent du Maroni haben wir eine weitere Quelle entdeckt. Wir sammeln das Regenwasser und verwenden es quasi für alles. Während in Deutschland im Dezember im Durchschnitt 50mm Niederschlag fallen, regnet es in Französisch Guyana 360mm. Das ist eine ganze Menge mehr und definiert für uns den Begriff Regenschauer völlig neu. Im Prinzip regnet es hier jeden Tag einmal und wir sammeln ca. 30 Liter pro Tag in Eimern und füllen damit 10 Liter Ballons. Ich blicke in den Himmel. Die Regentropfen fallen so dicht, dass es aussieht, als stünde ich in einem Schneesturm, nur hat der Schneesturm 28°C. Ein tolles Gefühl und steht im Ranking mittlerweile bei uns kurz nach den Sonnenuntergängen, von denen wir uns auch nicht satt genug sehen können. Geduscht wird also im Regen, der sogar mir als Warmduscher von der Temperatur vollkommen ausreicht. Man erlebt unter anderem eine gewisse Verjüngungskur. Meine Haut fühlt sich, durch die tägliche Regendusche, an wie ein Baby Popo. Gut, jetzt hab ich nicht unbedingt eine Ahnung wie sich ein Baby Popo anfühlt, aber Gaby hat mir das so bestätigt, nur grinst sie immer so komisch dabei. Da weiß ich jetzt auch nicht so genau, was ich davon halten soll. Wie auch immer, die dicken Tropfen rubbeln alles an der Haut herunter und innerhalb von fünf Minuten ist man eigentlich fertig, aber ich gebe mir weitere fünf Minuten. Bis dahin sind dann auch meistens die Eimer voll, so dass wir sie das erste Mal umfüllen können. Die Lufttemperatur nimmt dabei kaum ab. Und ein weiteres, angenehmes Wetterphänomen stellen wir fest. Der Regen wird von einer heftigen Böe herangebracht. Langsam baut sich der Wind auf, bis er ungefähr ca. 15 Knoten erreicht. Fängt es dann an zu regnen, hört der Wind schlagartig auf, und der Regen fällt senkrecht von oben herunter. Nach einer halben Stunde werden die Tropfen lichter und kleiner, bis es schließlich ganz aufhört zu regnen. Wir haben auf jeden Fall gelernt, dass Wasser ein wichtiges Gut ist und wir es vielleicht manchmal unterschätzen. Das merken wir auch wenn wir im Restaurant eine Flasche Wasser bestellen, die dann penetrant nach Chlor schmeckt. Da sind wir immer froh auf unsere Wasservorräte zurückgreifen zu können. Wir wünschen allen immer genügend Wasser und für alle die, die jetzt meinen: „Wasser trinke ich nicht, ich trinke Bier“, soll gesagt sein, dass bei der Herstellung von einem Liter Bier, ca. 300 Liter Wasser benötigt werden. In diesem Sinne Prost!

Die Stimme des Dschungels

Der Anker fällt auf 7,5 Meter und wir schalten den Motor aus. Wir liegen im Crique Canard, an der Mündung zum Crique 1900. Mitten im Regenwald von Französisch Guyana. Das Gebiet gehört zum Parc Amazonien de Guyana und bildet praktisch das nördliche Ende des Amazonas Regenwaldes. Am Nachmittag ist der Dschungel totenstill. Es gibt keinen Verkehrslärm, keine Windgeräusche, kein Wasser plätschern, einfach rein gar nichts. Lediglich das Pfeifen des Tinnitus macht sich in der Stille bemerkbar. Es wird uns ein bisschen unheimlich und wir sind überrascht der Situation, die wir hier antreffen. Haben wir doch lautes Tiergebrüll erwartet. Auch die Mückenplage hält sich in Grenzen und ist bei weitem nicht so störend, wie sich vermuten lässt. Noch etwas unheimlicher wird es, als es Abend wird und die Sonne untergeht. Mittlerweile hört man immer wieder lautes Zirpen und das Knacken von Ästen im Unterholz. Sehen tut man so gut wie nichts mehr, doch wir spüren, dass wir beobachtet werden. Das Rascheln des Blattwerks hört sofort auf, wenn ein Ast bricht, und es kehrt für eine ganze Weile, wieder diese Totenstille von heute Nachmittag ein. Die Criques sind bis an das Ufer dicht bewaldet, oder es gibt Uferabschnitte die mit Mangroven zugewachsen sind. Die Flora ist artenreich, es gibt Gewächse die wir unser Lebtag noch nicht gesehen haben. Das Unterholz ist an manchen Stellen so dicht, dass man keinen Meter in das Waldinnere hineinsehen kann. Unser Dinghy ist zwei Meter hinter unserer Katinka angebunden, und es sind weitere zwei Meter bis zum Flussufer. Ich frage Gaby wie weit eigentlich ein Leopard springen kann und trotz Dunkelheit erkenne ich tödliche Blicke, dass sie mich nicht treffen, ist nur dem Umstand geschuldet, dass sie nicht allein in dieser Wildnis zurückgelassen werden will. Ein weiterer Ast knackt und Gaby rutscht ein Stück näher. Wir besprechen den morgigen Tag, um auf andere Gedanken zu kommen. Die Nacht bricht herein und die Stille, diese wahnsinnige, absolute Stille, breitet sich über uns aus. Am nächsten Morgen erwacht der Dschungel. Neben dem Zirpen, ist immer wieder ein lautes Geschrei zu hören. In einem Baumwipfel entdecke ich zwei grüne Papageien mit einem knallgelben Schnabel, dessen Farbe sich im Kopfgefieder fortsetzt und nach hinten ins Rötliche übergeht. Irgendwie scheinen sie sich nicht ganz einig zu sein, in welche Richtung es gehen soll und das diskutieren sie jetzt lautstark aus. Ein paar Fischreiher krähen an unserem Boot vorbei und peilen den nächsten freien Ast an, der über dem Wasser hängt. Beim Frühstück erwähne ich ganz beiläufig noch baden gehen zu wollen. Entsetzt schaut mich Gaby an und sagt ohne jeden Zweifel, „da sind  Piranhas drin!“ Nun, wir wissen es nicht genau, ehrlich gesagt sehen wir außer den Papageien, den Fischreihern und ab und zu mal einem springenden Fisch, kein weiteres Getier, wenn man die Moskitos und Bremsen mal außer Acht lässt. Sicherlich hätten wir uns ein paar Tiere mehr gewünscht, dennoch ist das Befahren der Nebenflüsse ein weiteres „Highlight“ auf unserer Reise. Immer wieder auch die Bilder vor Augen, von Papillon, aus dem gleichnamigen Film, der vor seiner Gefangenschaft über diese Criques flüchtete. Wir fahren also weiter den Fluss Canard hinauf, der in den Crique Coswine mündet und erreichen den Maroni am frühen Nachmittag. Vor Les Hatters ankern wir noch einmal, um uns für die 600 Seemeilen in die Karibik vorzubereiten. Rückblickend sind wir froh Französisch Guyana besucht zu haben. Es war eine schöne Zeit mit vielen neuen Eindrücken. Das Wort Regen wurde, im positiven Sinn, für uns neu definiert. Mit David, unserem Stützpunktleiter von Trans-Ocean, lernten wir einen Menschen kennen, dessen Hilfsbereitschaft wohl kaum zu überbieten ist, und dem der Gedanke der best möglichsten Gewinnoptimierung seiner Dienstleistungen, nicht an erster Stelle steht. Bleibt zu hoffen, dass er in dieser verrückten Zeit genügend Unterstützung bekommt, um seine Projekte umzusetzen, und uns noch lange in Französisch Guyana erhalten bleibt. Das Land ist definitiv eine Reise wert. Wir freuen uns jetzt auf die Karibik und melden uns von dort aus wieder.

Seetage sind Wellentage

Irgendjemand hat mir mal erzählt, dass auf dem Atlantik die Wellen mächtig sind, aber dafür sehr langgezogen. Davon haben wir bisher noch nichts gemerkt. Die Wellen sind zwar deutlich höher als im Mittelmeer und setzen meisten von Nordost nach Südwest, aber durch die vielen Squalls, die in der tropischen Zone vor der südamerikanischen Nordküste danieder gehen, wird diese Dünung von Windwellen überlagert, die aus allen Richtungen kommen. Das Ergebnis, ein wahnsinniger Hexenkessel mit bis zu vier Meter hohen Wellen, im sechs bis acht Sekundentakt. Mit 18 bis 25 Knoten Wind zu Recht zu kommen ist in der Regel kein Problem, aber eine solche Welle über fast fünf Tage auszuhalten, erfordert mentale Stärke, weil du praktisch nichts dagegen tun kannst. Doch zurück zur Ausgangsposition. Wir liegen vor Les Hatters im Maroni River, ungefähr fünf Seemeilen vor dem offenen Atlantik. Die Fahrrinne ist betonnt, da der Fluss an der Mündung sehr flach ist. Zahlreiche Fischerboote sind des Fisches Tod, und wenn du nicht aufpasst auch des Seglers.

---ENDE DER LESEPROBE---