Weber & Tuchmacher - Doko Tanwic - E-Book

Weber & Tuchmacher E-Book

DoKo Tanwic

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Beschreibung

Familienchronik Teil 1 Weber & Tuchmacher Hultschiner Geschichten bis hin zum Fuße des Annabergs (Gorà Sw. Anny) Väterliche Linie

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Seitenzahl: 99

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Lettera-Tour-Treff e.V.

Dülmen - Haltern am See – Marl seit 1988

Projekt Familienchronik – Teil 1

Anton Tannwitz, geb. am 19.8.1903

Die Hüterin der Dokumente & Geschichten

Auf den Spuren der Vorfahren

Auf den Spuren der Unsterblichkeit

Haltern, September 1995 (Beginn der Recherchen) Dülmen, Juni 2015 (Abschluss des Manuskripts)

Für meine Eltern

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 – Rückblick

Kapitel 2 - Hultschiner Geschichten

Kapitel 3 – Erinnerungen

Kapitel 4 - Tante Micke & Tante Toni

Kapitel 5 – Geschwisterliches

Kapitel 6 – Cousins, Cousinen

Kapitel 7 – Der Annaberg

Kapitel 8 - Salesche / Zalesje/PL – Groß-Walden

Kapitel 9 - Hultschin (Hlucin/CZ, 1994)

Kapitel 10 – Auf den Spuren der Ahnen

Kapitel 11 – Geschichtliches

Kapitel 12 – Gedanken

Kapitel 13 – Franz Tannwitz (Lehrer)

Kapitel 14 – Historisches - Hultschiner Ländchen

Kapitel 15 – Soldat Karl Franz Josef Tannwitz

Wenn es Nacht wird…

Inspiriert zu diesem Buch wurde ich von folgender Aussage von Udo Zawierucha:

< In mir steckt noch 'n Haufen Romantik und ich suche die Seele, noch immer. Sie zeigt sich vorzüglich in der Dunkelheit. >

Urplötzlich war die „Muse der Nacht“ zugegen und bescherte mir Bilder, Gefühle und Erinnerungen an Musik und Leben. Die Nacht … voller Geheimnisse, Stille, die Sinne schärfend … und das Wort „Umnachtung“, welches auf Erden recht negativ belegt ist. Geistige und seelische Umnachtung… ein individueller Weg zurück, wohin auch immer.

Wenn die Nacht ihren Schleier über die Welt legt, dann verstummt die Hektik, das Gelärm und öffnet den Weg ins Innere, zum Kern des Seins. Die Nacht schärft auch den Blick … schult das Gehör für leise Stimmen aus dem Selbst und erweitert den Blickwinkel auf Unsichtbares, nicht Greifbares. Ich bin ein Nachtmensch, geboren unter dem Mond (in der Jungfrau), obwohl ich tagsüber das Licht der Welt erblickte.

Die Nacht war mir immer heilig, schon als Kind. Ich fürchtete mich eher im dunklen Haus, als draußen in der Nacht. Hier fühlte ich mich sicher, geborgen und als Grenzwanderer. Silbernebel, Samtschwärze, Mond und Sterne … und ja, meine Lieblingsfarbe Schwarz, die alle Farben in sich birgt!

Nights in white satin (never reaching the end) … nur einer meiner Lieblingssongs, der mich bis heute begleitet. Mein Jugendfreund Marcel schenkte mir seinerzeit die LP „Days of future passed“ von den Moody Blues und er war ebenso begeistert davon, wie ich. Er teilte auch meine Liebe zur Magie der Nacht.

Hierzu fand ich ein passendes Stimmungsbild:

https://vimeo.com/11405298

Cold-hearted orb, that rules the night …

Ich kann im Dunkeln sehr gut sehen und brauche auch kein Licht, wenn ich nachts durch die Wohnung gehe. Frappierend finde ich auch, dass ich – im Bett liegend - die Umrisse der Möbel im dunklen Zimmer mit geschlossenen Augen „sehen“ kann. Jetzt könnte man sagen „erahnen“, weil das Ambiente bekannt ist. Nein, ich sehe es wirklich mit einer Art „Aura“.

Der Mond … und vor allem Vollmondnächte … haben eine ganz besondere Anziehungskraft auf mich. Doch damit stehe ich sicherlich nicht allein da.

Heinrich Heine:

Die schlesischen Weber (1845)

erstellt von Martin Schlu © 2005/8. März 2014

Im düstern Auge keine Träne,

Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:

Deutschland, wir weben dein Leichentuch,

Wir weben hinein den dreifachen Fluch

Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten

In Winterskälte und Hungersnöten;

Wir haben vergebens gehofft und geharrt,

Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt

Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,

Den unser Elend nicht konnte erweichen,

Der den letzten Groschen von uns erpresst

Und uns wie Hunde erschießen lässt

Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,

Wo nur gedeihen Schmach und Schande,

Wo jede Blume früh geknickt,

Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt

Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,

Wir weben emsig Tag und Nacht

Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch

wir weben hinein den dreifachen Fluch

Wir weben, wir weben!

Quelle:http://www.newsatelier.de/html/weber.html

Kapitel 1 – Rückblick

Doch nein – wir sind’s, die hier verderben

Du bist befreit von aller Qual,

und Du steigst auf in lichte Höh’n,

erklimmst die Stufen der Unsterblichkeit

(Fratri Dilectissimi von John Buchan)

Mein Urgroßvater, der Oberpostschaffner Franz Tannwitz wurde am 24. September 1863 in Leschnitz als dritter und jüngster Sohn des Webermeisters Joseph Tannwitz und seiner Frau Karolina, geb. Mulka, geboren.

Karl Josef, der älteste Sohn, Bruder meines Urgroßvaters, studierte Theologie und starb in Rom vor der letzten Weihe. Er wurde dort in einer Gruft neben einem berühmten Papst bestattet, dessen Name mir nicht bekannt ist. Ich hörte dieses von Fryderyk Tanwic, dem der Name entfallen war. Von ihm stammt auch das Foto.

Karl Josef Tannwitz, verstorben und begraben in Rom

Josef, der zweitälteste Bruder, wurde Schneidermeister und hatte das von ihm erwählte Handwerk mit großem Geschick geführt. Selbst mein Urgroßvater, der Oberpostschaffner Franz Tannwitz, trug seinerzeit – neben seiner schmucken Postuniform – die von ihm gefertigten, auf Maß geschneiderten Anzüge aus feinstem Tuch.

Der Schneidermeister Josef Tannwitz ehelichte am 2.10.1894 in Leschnitz O/S seine Frau Josefa/Josefine, geb. 1863, geb. Hay.

Das Paar hatte vier Kinder, drei Knaben und ein Mädchen. Die Tochter Agnes starb sehr jung, sie wurde nur 19 Jahre alt. Der älteste Sohn, nach dem Vater ebenfalls Josef (Josel/Jeff) genannt, war Kunstgärtner und lebte bis zu seinem Tode (1945) in Leschnitz.

Josef „Jeff“ Tannwitz, Kunstgärtner (1899 – 1945)

Hedwig Tannwitz, geb. Nieboj (1902 – 1985)

Aus dieser Ehe gingen 6 Kinder hervor:

Waldemar Tannwitz (1931-1986)

Hedwig (Hedel) Ofiara, geb. Tannwitz (1932 – 1988)

Augustin Tannwitz (1934 – 2008)

Friedrich (Fritz) Fryderyk Tanwic Jg. 1936

Christa Koloczek, geb. Tannwitz (1930 – 2003)

Otylia Tanwic (21.3.1940)

Bis auf Waldmar, der als erster verstorben ist, habe ich alle Kinder von Josef „Jeff“ in den achtziger Jahren noch persönlich kennengelernt. Fritz (Fryderyk) und Otylia Tanwic (die polonisierte Form des Namens Tannwitz) leben noch, die anderen Geschwister sind leider schon verstorben.

Wie bereits erwähnt, zu dieser Linie haben wir erst im Jahr 1986 einen ersten Kontakt gehabt, darüber werde ich später berichten.

Hochzeitsfoto von Regina (Renja), geb. Semaschke und Augustin Tannwitz

Regina war Ärztin. Die Familie wurde ca. 1990 durch einen schrecklichen Autounfall auseinandergerissen. Bei diesem Unfall kamen Regina, ihr Vater, ihre Mutter sowie der Sohn Kamil ums Leben. Die Beerdigung um die Weihnachtszeit (vier aufgebahrte Särge in der kleinen Kirche) war sehr traurig. Der Witwer Augustin hat sich nie wieder von dem Schock erholt. Es gibt Videoaufnahmen von dieser Bestattung, ich habe sie in Polen gesehen.

Von links: Waldemar, Augustin und Fritz Tannwitz im elterlichen Garten in Leschnitz

Hier die Schwestern Tannwitz: von links - Hedel, Christa und Otylia mit Mutter Hedwig (2. v. links) beim Erdbeeren pflücken

Auch diese beiden Grundstücke gehörten zu dem Ackerland, was der Oberpostschaffner einst zugekauft hatte. Johannes (Hans), der zweitälteste Sohn des Schneidermeisters Josef Tannwitz, lebte als Schneider in Schorndorf (die Daimlerstadt), wohin es ihn nach der Kriegsgefangenschaft verschlagen hatte.

Johannes (Hans) Tannwitz– verstorben

Die Eltern von Johannes Tannwitz verstarben früh, die Schwester sogar am gleichen Tag wie die Mutter (Grippe-Epidemie).

Das alte Haus am Rynek (Ring) in Bergstadt (Lesnica/PL), worin heute Otylia Tanwic alleine lebt war einst sein Zuhause. Hier wuchs Johannes (Hans) Tannwitz nach dem frühen Tod seiner Eltern auf, und zwar bei der Familie des Bruders seiner Mutter: Eheleute Anton & Marie Hay.

Er hatte noch einen weiteren Bruder (Georg), der mit einer Italienerin verheiratet war. Die beiden galten als

kriegsvermisst. Es ist nicht bekannt, ob aus dieser Ehe ein Kind hervorgegangen ist. Möglicherweise wurden die Eheleute durch den Krieg und/oder den Tod getrennt. Georg kehrte aus dem Krieg heim.

Georg, der dritte Sohn des Schneidermeisters Josef Tannwitz, hatte - wie einige seiner Vorfahren - das Gärtnerhandwerk erlernt und lebte nach dem Krieg bis zu seinem Tod in Heidelberg. Er hat ein zweites Mal geheiratet. Diese Ehe blieb kinderlos.

Bedingt durch seine 2. Ehefrau Anni bestand nur wenig Kontakt zur Familie. Die Frau hatte die Familie auch nicht über den Tod von Georg informiert. Das alles war für den Bruder Johannes sehr schwer zu ertragen. Als die Familie dann zufällig herausbekam, dass Georg verstorben sei, fuhren sie gemeinsam zum Grab. Danach wollten sie nähere Informationen bei der Ehefrau einholen und klingelten an der Tür. Es wurde jedoch nicht geöffnet.

Johannes sprach wenig über seine Vergangenheit, da die Verluste in seiner Ursprungsfamilie ihm sehr wahrscheinlich schwer zu schaffen machten.

Johannes (Hans) Tannwitz lernte seine Frau Hedwig, geb. Kusch, über eine Anzeige in der Schneiderzeitung kennen. Durch die Heirat verzog er als junger Mann von Leschnitz nach Bunzlau und arbeitete dort in der Schneidermeisterei seines Schwiegervaters mit.

Zu dieser Linie, das heißt zu seinem Sohn Joachim (verstorben am 27.12.2006) und dessen Ehefrau Resi, wohnhaft im Remstal, haben wir etwas früher Kontakt aufgenommen und planten dann ein erstes Treffen auf halber Strecke.

Joachim Tannwitz (1936 – 2006)

Wir trafen die Familie Tannwitz aus dem Remstal im Haus meines Patenonkels Günter Tannwitz in Kerpen-Sindorf, dabei lernten wir auch deren Tochter Ulrike persönlich kennen. Die Tochter Andrea war leider beruflich verhindert, um an diesem Treffen teilzunehmen. Das Treffen verlief sehr harmonisch und es war so, als ob sich alle schon jahrelang kennen würden…

Hier schreibt Andrea, die jüngere Tochter von Joachim, ein paar Zeilen über ihren Großvater, Johannes Tannwitz:

Wir hatten eigentlich viel Kontakt mit unserem Großvater da er regelmäßig einmal in der Woche zu uns kam und er, als die Großmutter gestorben war, zu uns ins Dorf zog in eine kleine Wohnung. Er war dann immer vom Mittagessen bis abends bei uns, was mich zuweilen recht genervt hat, da er an uns „rumerzogen“ hat.

Im Nachhinein habe ich dann erst gemerkt, dass er immer interessiert war an uns Kindern, was zu der Zeit für Großeltern eher nicht so üblich war. Er hat immer nach den Schulnoten gefragt und uns aufgefordert, zu lernen, und hat geschimpft, wenn wir unserer Mutter nicht gehorcht haben.

Trotzdem hatten wir eher ein distanziertes Verhältnis mit ihm. Er hat hauptsächlich von der Gefangenschaft erzählt und vom Krieg, hat mich aber zu der Zeit nicht sonderlich interessiert.

Erst Jahre nach seinem Tod hätte ich da mehr Fragen gehabt. Von Leschnitz und vom Annaberg hat er auch viel erzählt, weniger von Bunzlau aber dort lebte er auch nicht so lange. Ich glaube der Krieg hat ihn gebrochen. Er war ja Schneidermeister mit eigenem Haus (das war grad abbezahlt, als er eingezogen wurde).

Als er als Spätheimkehrer nach Bayern zu seiner Familie kam, hatte er einen Nervenzusammenbruch, als er sah wie meine Oma und mein Vater dort lebten. In einem kleinen Zimmer. Er ging in seinem ganzen Leben nie mehr zu einer Wahl. Er hatte wohl auch andere Pläne mit meinem Vater, dass der nur Gärtner wurde, hat ihm auch nicht gepasst.

Obwohl er immer die Bunzlauer Heimatzeitung abonniert hatte, wollte er nie wieder dorthin gehen.

Er war ein sehr geradliniger und charakterstarker Mensch und hat bei der Erziehung meines Vaters in den wichtigsten Jahren gefehlt. Die Oma hat meinen Vater verhätschelt und ihm alles durchgehen lassen. Mein Vater und der Opa haben sich nicht gut verstanden, sie waren aber auch zu unterschiedlich.

Die Generation ist echt ganz schön beschissen worden durch den Krieg, vor allem die Vertriebenen.

Andrea Klein, geb. Tannwitz