Wedding Wishes - Vernunft oder Liebe - Kate Franklin - E-Book

Wedding Wishes - Vernunft oder Liebe E-Book

Kate Franklin

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Beschreibung

»Es geht immer um die Liebe. Und es kommt immer der Zeitpunkt, an dem man bereut, etwas nicht versucht zu haben.« Die große Liebe hat Ivy Turner längst gefunden, schließlich ist sie schon seit Jahren mit Colin, Londons jüngstem erfolgreichen Broker, liiert. Das Glück scheint perfekt und doch rückt ihr Traum von elfenbeinfarbener Spitze immer mehr in weite Ferne, denn Heiraten kommt für ihren Langzeitfreund nicht infrage. Trotzdem ist Ivy Hochzeitsplanerin aus Leidenschaft und schafft es mit viel Liebe zum Detail, die schönsten Tage im Leben ihrer Klienten unvergessen zu machen. Wäre da nur nicht immer diese Sehnsucht. Als ein neuer Auftrag sie in einen verschlafenen Ort an der Küste Cornwalls verschlägt, steht ihr Leben plötzlich Kopf. Ausgerechnet in einem kleinen Blumenladen trifft sie auf den wortkargen Jacob Wilson, der so gar nicht der Typ Mann ist, dem Ivy ihr Herz ausschütten würde. Doch auf seine ganz eigene Weise berührt er etwas in ihr, wirbelt all ihre Gefühle und Pläne gehörig durcheinander. Ivys eben noch geordnete Welt gerät ordentlich aus den Fugen. Auf einmal ist alles anders und die Entscheidung zwischen Vernunft oder Liebe stellt sie vor eine große Herausforderung.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Epilog

Die Autorin

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Impressum:

Kate Franklin

Wedding Wishes

Vernunft oder Liebe

Roman

Vorwort

Für die Welt bist du irgendjemand,

doch für irgendjemand bist du die Welt.

Erich Fried

Kapitel 1

»Die Trauung soll in Polhawn Fort stattfinden«, sagte die Braut in spe mit einem aufgeregten Beben in der Stimme. Ihre Augen hatten diesen besonderen Glanz, den man oftmals bei Bräuten beobachten konnte. »Oder am Whitsand Bay.« Immer wieder blickte sie zu ihrem Verlobten, der ihre Worte mit einem stoischen Nicken quittierte. Männer!

Ich schmunzelte und machte mir Notizen zu den Wünschen des Brautpaares, während meine Finger zu Recherchezwecken flink über die Tastatur meines Laptops flogen. Whitsand Bay war ein Landstrich an der Südküste Cornwalls. Polhawn hingegen, wo sich auch das Fort befand, lag grob gesehen in der Nähe von Plymouth und war von kleineren Ortschaften wie Millbrook und Kingsand umgeben. Allein der Anblick der Bilder ließ eine malerische Hochzeitsumgebung erahnen.

Zwischendurch huschte mein Blick zu meinen Klienten. Brittany, die angehende Braut, hatte nach der Hand ihres Freundes gegriffen. Ihre Finger zitterten sichtbar und ich konnte mir nur ansatzweise vorstellen, wie aufgeregt sie sein musste. Schließlich ging es um den größten, den besten, den allerschönsten Tag in ihrem Leben. Und ich war diejenige, die dafür verantwortlich war, dass er genau so werden würde, wie Brittany ihn sich erträumte.

»Okay.« Ich atmete hörbar aus. »Einer dieser beiden Orte soll es also werden. Bitte lassen Sie mich noch wissen, welcher Ihr klarer Favorit ist, damit ich gezielt anfragen kann.«

»Ich finde beide ganz großartig«, platzte es aus Brittany heraus.

»Aber wir müssen uns entscheiden.« Mein sanftes Schmunzeln holte sie auf den Boden der Tatsachen zurück.

»Hm«, begann sie zu überlegen. »Polhawn Fort - die Aussicht dort ist atemberaubend. Oder nein, doch lieber Whitsand Bay? Direkt am Strand – hätte auch was. Sag du doch auch mal etwas, Adam.« Sichtlich überfordert mit dieser Entscheidung blickte sie Hilfe suchend zu ihrem Freund, der mehr oder weniger gleichgültig mit den Schultern zuckte.

»Mir gefallen beide«, brummte er. »Na toll, du bist keine große Hilfe. Ehrlich. Es geht hier um unsere Hochzeit, da wäre es schon schön, wenn du eine eigene Meinung dazu hättest.« Brittany bekam rote Flecken am Hals, während sie sich ereiferte. Ich kam ins Grübeln, ob das mit der Hochzeit der beiden wirklich so eine gute Idee war. Aber ich war keine Eheberaterin, sondern Hochzeitsplanerin. Und zwar eine, die ihren Job über alles liebte und diesen mit großer Leidenschaft ausübte. Wer konnte schon von sich behaupten, Geld damit zu verdienen, indem er die Träume wildfremder Menschen wahr werden ließ? Zumindest war es das, was ich regelmäßig versuchte.

»Hören Sie, Brittany«, begann ich zu schlichten, denn der junge Mann hatte sich bereits wieder in sein Schneckenhaus zurückgezogen. »Wir fragen bei beiden Orten an und wer den Termin im August noch frei hat, bekommt den Zuschlag. Okay?« Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte ich zu Brittany. »Dann halten wir das so fest, Polhawn Fort oder Whitsand Bay am 27. August«, murmelte ich, nachdem ich ihre Bestätigung erhalten hatte und meine Notizen vervollständigte.

Brittany atmete geräuschvoll aus.

»Haben Sie sich schon ein Motto überlegt, unter dem Ihre Hochzeit stattfinden soll?«

»Motto?«, fragten beide zeitgleich wie aus der Pistole geschossen. »Ja, ein Motto«, wiederholte ich zum besseren Verständnis. »Heutzutage machen das ganz viele Brautpaare. Vintage, Boho, Farbtrends ... Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Es geht nur darum, dass alles an diesem Tag dann darauf abgestimmt ist. Kleidung, Dekoration, selbst die Einladungen und Menükarten passen dann im Style dazu, sofern Sie das wünschen. Einmal hatte ich das große Vergnügen, eine Hochzeit im James-Bond-Stil zu organisieren, das war unglaublich toll.«

Natürlich wusste ich, dass es nicht gang und gäbe war, einen Tag so dermaßen durchzustylen, dass jeder Grashalm zum Motto passte. Allerdings war es doch der Wunsch vieler Brautpaare und ich wäre schlecht in meinem Job, wenn ich es Brittany und Adam nicht auch anbieten würde.

»Aber wird das nicht viel zu teuer? Schatz, überleg mal«, wendete Adam bedenklich ein.

»Ja, aber ... Stell dir mal vor, alles wäre so in Vintage? Wäre das nicht schön? Hach, ich sehe es richtig vor mir.« Brittany kam sofort ins Schwärmen und mir war klar, wer gewonnen hatte.

»Adam, über Ihre Budgetplanung sprechen wir als Nächstes. Wir gestalten alles so, dass es für Sie passt«, sagte ich beruhigend und er nickte zufrieden.

»In Ordnung.«

»Natürlich profitieren Sie auch von verschiedensten Nachlässen, die ich individuell für Sie aushandeln werde.« Voll im Geschäftsmodus packte ich ein paar Zahlen auf den Tisch und schnell war klar, dass das Budget der beiden wohl gerade so reichen würde. An dieser Stelle konnte ich nur hoffen, dass nichts Unvorhergesehenes geschah. Es gab keinen finanziellen Puffer für Ausweichmöglichkeiten. Aber gut, es war meine Berufung, dafür zu sorgen, dass der Plan trotzdem aufging.

Nachdem wir die ersten Einzelheiten soweit besprochen hatten, erhob ich mich und blickte zum Kalender, der gegenüber meinem Schreibtisch an der Wand hing. »Nach dem Wochenende kann ich Ihnen die ersten Entwürfe für die Save-the-Date-Karten schicken«, versicherte ich. Heute war Dienstag, also hatte ich alle Zeit der Welt, mich mit der Anfangsplanung zu befassen. »Bis dahin wissen wir auch, welche der beiden Locations es werden wird.«

»Wie aufregend«, rief Brittany euphorisch, bevor sie mir überfallartig um den Hals fiel. »Ich bin Ihnen so dankbar. Sie sind ein wahrer Glücksgriff.«

»Danke schön. Erzählen Sie es gern weiter«, lachte ich und verabschiedete mich von meinem Brautpaar.

Seufzend schloss ich die Tür des kleinen Appartements, in dem sich mein Büro befand, als es erneut klingelte.

»Eine Sache noch, Miss Turner.« Es war Brittany, die ohne ihren Verlobten noch einmal mit mir sprechen wollte.

»Bitte nennen Sie mich Ivy«, sagte ich und öffnete die Tür ein Stück weiter, damit sie eintreten konnte.

»Okay, Ivy. Ich habe noch etwas vergessen. Etwas, das mir sehr wichtig ist. Adam flippt aus, wenn ich das vor ihm sage. Er findet es vollkommen übertrieben. Aber na ja, das erleben Sie bestimmt nicht zum ersten Mal.« Sie plapperte wie ein Wasserfall und ich fragte mich, was so geheimnisvoll war, dass sie es nicht vor ihrem angehenden Ehemann äußern konnte.

»Worum geht es denn?«

»Wissen Sie, die Blumen ... Ich liebe Tiaré-Blüten.«

»Tiaré? Sie meinen auf der Papeterie? Als Deko?«

»Nein, also ja, aber vorrangig hätte ich sie gern im Brautstrauß«, sagte Brittany und stellte mich damit vor eine echte Herausforderung. Zwar wusste ich um die Schönheit und den verführerischen Duft der zarten weißen Blüten, doch ich wusste ebenso, dass es schwierig werden dürfte, diese zu bekommen.

»Es wird sicher nicht einfach, die Blüten zu organisieren, aber ich tue, was ich kann«, überlegte ich laut, wobei ich mir dessen bewusst war, meiner Kundin damit einen Dämpfer zu verpassen.

Doch Brittany zeigte sich völlig unbeeindruckt. »Ach, Sie bekommen das doch ganz bestimmt hin, Ivy.«

Ich wusste nicht, ob es eine Aussage oder mehr eine Frage war. In jedem Fall ließ sie mich ratlos zurück.

»Okay, ich mache mich dann auf den Weg. Mein Bräutigam scharrt sicher schon ungeduldig mit den Hufen.« Die junge Frau lachte und wirkte gelöst.

»Ich melde mich wie besprochen nächste Woche mit den ersten Entwürfen bei Ihnen. Bye.« Ich verabschiedete mich und schloss abermals die Tür, nachdem Brittany endlich den Weg nach draußen gefunden hatte.

Mit hängendem Kopf schlurfte ich in die kleine Küche, die abgetrennt von meinem eigentlichen Arbeitsraum im hinteren Teil der Wohnung lag. Ein letztes Mal musste meine Kaffeemaschine heute einen Cappuccino zubereiten. Den würde ich dringend benötigen, wenn ich gleich mit der Recherche begann. Die Ansprüche von Brittany und Adam waren zwar nicht zu hoch, allerdings hatten sie ein paar Sonderwünsche, von denen ich noch nicht wusste, ob ich sie würde erfüllen können.

Mit dem Heißgetränk in der Hand ging ich zum Schreibtisch zurück und begann im Internet zu surfen. Cornwall. Wie schön. Seufzend scrollte ich mich durch die Bilder, die mir bei meiner Suche angezeigt wurden. Polhawn Fort war ein wunderschönes Fleckchen Erde, gerade recht, um den schönsten Tag im Leben eines Liebespaares zu zelebrieren. Um genau zu sein, wäre es der perfekte Ort für ... eine Vintage-Hochzeit an diesem verwunschenen Plätzchen, direkt am Meer. Saftige grüne Wiesen, bunte Sommerblumen, ich konnte es förmlich riechen, wie der Wind die salzige Luft über die Klippen wehte.

Ich würde vor Ort recherchieren und ein paar Sachen, wie die Blumenlieferung und das Catering dingfest machen müssen. Mein Herz vollführte einen Satz und stolperte vorfreudig bei dem Gedanken daran nach Cornwall zu reisen. Nur musste ich das möglichst schonend Colin beibringen.

Verdammt! Trotz aller Vorfreude war da dieser Kloß in meinem Hals, der meine Euphorie Lügen strafte. Seufzend schob ich die Kaffeetasse zur Seite und klappte den Laptop zu, als mir bewusst wurde, dass ich im Begriff war, eine Hochzeit zu planen, bei der ich – abgesehen vom Bräutigam – gern die Braut wäre.

Kapitel 2

»Hey, Darling.« Colin war tatsächlich vor mir zu Hause. Dass ich das mal erleben durfte. Im Normalfall war er derjenige, der höchst selten vor acht Uhr abends heimkam. Selbst wenn die Börse längst geschlossen hatte, saß er immer noch im Büro.

»Du bist schon da?«, fragte ich, wenngleich das vollkommen überflüssig war, denn dass er schon da war, lag ja auf der Hand. Kopfschüttelnd stellte ich meine Tasche im Flur ab und lobte abermals innerlich die Entscheidung, das Büro im Erdgeschoss unseres Wohnhauses gemietet zu haben. Somit trennte mich lediglich der Lift von meinem Zuhause anstelle eines langen, lästigen Arbeitsweges. Allerdings hatte dieser Umstand das schwermütige Gefühl in meinem Magen nicht weggewischt, im Gegenteil. Seit ich wusste, dass ich für Brittany und ihren Verlobten im Grunde genommen die Hochzeit plante, die ich, bis auf ein paar kleine Details, selbst so gern feiern würde, war mir übel. Denn ich würde nie heiraten. Tief Luft holend bewaffnete ich mich mit einem zuckersüßen Lächeln und betrat das Wohnzimmer, wo Colin schon mit einem Glas Wein auf mich wartete. Einladend klopfte er auf den leeren Platz neben sich auf der Couch.

»Wie war dein Tag?«, wollte er wissen. Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich neben ihm nieder. Dankend nahm ich ihm das Weinglas ab, das er mir reichte und trank einen großen Schluck. Der neue Auftrag schwebte über mir wie ein Damoklesschwert und sorgte dafür, dass mein Herz schwer wurde.

Seufzend sagte ich: »Es ging so. Und bei dir?« Schnell lenkte ich die Aufmerksamkeit auf ihn und sofort begannen seine Augen zu leuchten. An der London Stock Exchange war Colin einer der jüngsten erfolgreichen Broker. Ich verstand nichts von diesem Business und hörte doch immer wieder geduldig zu, wenn er von seinen Geschäften erzählte.

»Oh, Baby, gut, dass du fragst«, kam er sofort ins Schwärmen, nippte kurz an seinem Wein. »Es war sensationell. Ich habe einen irrsinnigen Trade abgeschlossen, der mir eine fette Provision bescheren wird. Erst wollte der Kunde nicht, hat überlegt. Wir haben im Halbstundentakt telefoniert, weil die Kurse so dermaßen schwankten. Aber letztlich, kurz vor Börsenschluss, habe ich ihn überzeugen können.«

Ich nickte wissend, war jedoch schon nach dem Wort »Trade« ausgestiegen. In Gedanken lief ich über eine große Blumenwiese, spürte den Küstenwind Cornwalls in meinem Haar und roch das Meer. Polhawn Fort, diese wunderschöne Hochzeitslocation ging mir einfach nicht aus dem Kopf, war sie doch genau das, was ich mir selbst immer für uns vorgestellt hatte.

»Hey, Ivy, hörst du mir überhaupt zu?«, fuhr Colin mich barsch an.

»Hm? Was? Ja, natürlich«, log ich, denn die letzten seiner Sätze hatte ich nicht wirklich gehört.

»Gut, dann hast du sicherlich mitbekommen, von welchem Betrag ich eben sprach.« Sein Blick war herablassend, wie so oft, wenn ich seinen Ausführungen nicht folgen konnte. Dabei mochte ich es, wie leidenschaftlich er sich für seine Arbeit begeisterte. Schließlich ging es mir mit meinem Job genauso und das war definitiv etwas, was uns verband. Und doch schaffte er es mit solchen Kleinigkeiten immer aufs Neue, dass ich mich klein neben ihm fühlte.

»Ähm, fünfhunderttausend Pfund?«, überlegte ich vorsichtig und lächelte ihn versöhnlich an.

»Knapp daneben, es geht um das Dreifache«, grollte er und lehnte sich in die Sofakissen, wobei ein überhebliches Grinsen sein Gesicht zierte.

»Oh«, war alles, was mir dazu einfiel. Doch ich verstand seinen Freudentaumel wegen dieser beträchtlichen Summe, die ich mir nicht in Ansätzen vorzustellen vermochte. »Wow. Das ist super, Colin. Ich freue mich wirklich für dich.«

»Ich weiß, Darling. Und zur Feier des Tages habe ich im The Core für uns einen Tisch reserviert.« Er beugte sich in meine Richtung, nahm mir das Weinglas aus der Hand, um es auf dem Couchtisch abzustellen, und zog mich in seine Arme. Der holzige Duft seines Aftershaves stieg mir in die Nase und ich lächelte. Ich mochte, wie er roch. Und doch war alles in seltsamer Form routiniert. Er hatte einen großen Deal an Land gezogen, woraufhin wir schick essen gingen. So war es immer.

Colin sah mit strengem Blick auf die Uhr, nachdem er sich von mir gelöst hatte. »In einer halben Stunde kommt das Taxi. Schaffst du das?« Prüfend schaute er an mir auf und ab.

»Natürlich«, beruhigte ich ihn und ging gedanklich schon meine Garderobe durch, die für einen solchen Abend geeignet war. »Gib mir fünfzehn Minuten.«

»Von mir aus auch zwanzig«, lachte mein Freund und gab mir einen liebevollen Klaps auf den Po, nachdem ich aufgesprungen war.

Die Zeit war knapp, doch ich schaffte es, mich ausgehtauglich herzurichten. Meine schulterlangen dunklen Haare steckte ich am Hinterkopf lose zusammen. Auf ein üppiges Abend-Makeup verzichtete ich, betonte lediglich meine braunen Augen mit etwas schimmerndem Lidschatten. Während ich meine Lippen mit etwas Gloss betupfte, dachte ich für einen Moment über unsere Beziehung nach, die eigentlich in Ordnung war. Colin umsorgte mich, verschaffte mir hin und wieder heiratswütige Kundschaft und liebte mich. Und ich liebte ihn. Wir waren ein gutes Team, nicht in allen Lebenslagen, aber in vielen. Wäre nicht der kleine Umstand, dass Colin es strikt ablehnte zu heiraten, wäre er mein bis ans Ende meiner Tage. Aber eben jener Umstand trübte meine Stimmung zuweilen, denn meine Vorstellung von einem Leben in Familie war eine andere.

♥♥♥

»Du siehst heiß aus«, raunte mir Colin ins Ohr, nachdem das Taxi losgefahren war. »Zum Anbeißen.«

Sein Dreitagebart kitzelte mich. »Colin, lass das, was soll denn der Taxifahrer denken?«, kicherte ich verlegen.

»Der soll nicht denken, sondern auf den Verkehr achten«, knurrte er und fuhr unbeirrt fort, meine empfindliche Haut mit Küssen zu übersäen. »Apropos Verkehr.« Seine Finger machten sich am Saum meines schwarzen Etuikleides zu schaffen.

»Gott, Colin, hör auf damit.« Es war mir unangenehm, dass er kurz davor war, im Taxi die Kontrolle über sich und seine Sinne zu verlieren. Augenblicklich nahm er Abstand und lehnte sich zurück, strich seine dunkelblaue Anzughose glatt und setzte einen professionellen Gesichtsausdruck auf.

»Später, okay?« Es war nur der Versuch, besänftigend auf ihn einzuwirken. Ich wusste, dass ich ihn eben gekränkt hatte, wobei er sich über ein unausgefülltes Sexualleben wirklich nicht beschweren konnte. Nur war es nicht mein Ding, ihm meine Zuneigung in aller Öffentlichkeit zu zeigen.

»Ja, ja, in Ordnung. Später.« Tief einatmend griff er nach meiner Hand, die er festhielt, bis der Taxifahrer direkt vorm Restaurant hielt.

»Fünfundvierzig Pfund«, sagte der ältere Herr, nachdem er sich zu uns umgedreht hatte.

Colin zückte seine Geldbörse und drückte dem Mann großzügig fünfzig Pfund in die Hand. »Stimmt so«, nickte er, stieg aus und hielt mir die Hand entgegen, die ich nur zu gern ergriff, denn in diesem Kleid in ein Auto ein- und auszusteigen, war eine Herausforderung.

Eng schmiegte sich der schwarze Stoff an meine Hüften und Oberschenkel, die hohen Schuhe taten ihr Übriges. Ein frischer Wind fuhr in mein hochgestecktes Haar und löste ein paar Strähnen.

Das Taxi rauschte davon und verschwand im nächtlich lauten und bunten Nachtverkehr der City.

Colin zog mich an sich und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. »Ich liebe dich, Darling.« Wärme durchfuhr meinen Körper, der diese dankend empfing. Zwar war es recht mild für Oktober, doch ich fröstelte, was natürlich nicht zuletzt an meinem knappen Outfit lag.

»Ich dich auch«, flüsterte ich und genoss, dass er mich besitzergreifend an sich zog. »Lass uns reingehen. Ich habe Hunger.«

Kapitel 3

Ich hätte zu Hause etwas essen sollen, dachte ich, während ich seine Lippen für einen Augenblick auf meiner Schläfe spürte. Das Core war eines der angesagtesten und nobelsten Restaurants in London. Aber es war nicht dafür bekannt, dass man nach einem Drei-Gänge-Menü pappsatt nach Hause ging.

Drinnen empfingen uns wohlige Wärme und ein junger Mann, der meinen Freund mit einem ergebenen Handschlag begrüßte. »Mr Cavendish, folgen Sie mir bitte.«

Colin war bekannt und angesehen. Zum einen hatte er das seiner Herkunft zu verdanken, denn er kam aus gutem und sehr einflussreichem Hause. Aber auch sein Ruf als erfolgreicher Broker war dafür verantwortlich, dass man sich um seine Gesellschaft förmlich riss. Mit Colin Cavendish umgab man sich gern, zumal er dieses hübsche Beiwerk hatte, für das mich alle Welt hielt. Dass ich als Weddingplanerin nicht völlig erfolglos agierte, wurde in der Upper Class gern belächelt oder gar ignoriert.

Ich spürte seine Hand auf meinem Rücken, die mich aus meinen Gedanken riss. »Kommst du, Darling?«

»Natürlich.« Schließlich wollte ich hier am Empfang keine Wurzeln schlagen. Ich verdrehte die Augen und folgte dem Empfangsmitarbeiter und Colin an einen Tisch am Fenster. Mein Stuhl wurde zurechtgerückt und ich nahm Platz, bevor Colin es mir gleichtat.

Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis ein Kellner herbeigeeilt kam, der uns die Speisekarten reichte.

»Was darf es für Sie zum Trinken sein?« Er sprach mit Colin, als wäre ich gar nicht vorhanden. Auch schön. Geräuschvoll ausatmend lehnte ich mich zurück.

»Bringen Sie uns bitte den 2015er Aigle Royal Blanc«, sagte Colin bestimmend nach einem kurzen Blick in die Weinkarte. Natürlich kannte er sich in diesem Metier aus und natürlich war sein Französisch dank des Privatschulbesuchs samt Austauschjahr perfekt. Daher überließ ich die Auswahl an Getränken und Speisen stets ihm, wenn wir uns in Etablissements dieser Art bewegten.

Für einen Moment atmete ich tief durch und beobachtete meinen Freund. In seinen Augen lag dieser erfolgsverwöhnte Blick, seine Lippen umspielte ein triumphierendes Lächeln. Der dunkelblaue Anzug passte ihm perfekt und das hellgraue, eng geschnittene Hemd sorgte dafür, dass mir warm wurde.

Der Kellner notierte die Weinbestellung und ließ uns allein.

»Und nun erzähl von deinem Tag, Darling.« Der Blick meines Freundes huschte abwechselnd zwischen mir und der Speisekarte hin und her.

»Bestell du. Ich kann mit den Begriffen ohnehin nichts anfangen«, sagte ich, einer Antwort auf seine Frage ausweichend, woraufhin er die Karte beiseiteschob.

»So schlimm, dass du nicht darüber reden möchtest?«

»Nein, es ist nur ...«, startete ich einen Erklärungsversuch, warum meine Stimmung seit heute Nachmittag auf einem unvorhergesehenen Tiefpunkt war.

»Nun sag schon, Ivy. Wir können doch über alles reden.« Er beugte sich nach vorn und war ganz Ohr.

»Ach, eigentlich ist es nichts weiter. Ich habe einen neuen Auftrag, der mich ganz schön fordert. Oder herausfordert, wie auch immer.« Mein Blick wanderte auf die frisch gestärkte schneeweiße Tischdecke. Wie ferngesteuert fuhren meine Finger immer wieder über die Falzkante in der Mitte.

»Oha, Bridezilla lässt grüßen, oder wie?« Colin lachte und lehnte sich wieder zurück, sichtlich entspannt.

»Nein, gar nicht.« Ich schüttelte den Kopf. »Brittany und Adam sind wirklich nett. Sie haben nur ein paar Sonderwünsche und ganz ... besondere Vorstellungen. Tiaré-Blüten.« Tief Luft holend verdrehte ich die Augen.

»Und das ist alles, was dir zu schaffen macht?« Es war klar, dass Colin die Tragweite der Herausforderung nicht erfasste. Ich nahm es ihm nicht übel, trotzdem traf mich die Gleichgültigkeit, die in seiner Stimme mitschwang.

»Ja.«

Mein Freund musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen. »Mann, Ivy, lass dir nicht alles aus der Nase ziehen. So schlimm kann es doch gar nicht sein.«

»Ist es auch nicht«, seufzte ich. »Es ist nur ... Die Hochzeit soll in Cornwall stattfinden, direkt an der Küste, mit Blick aufs Meer und so.« Ich geriet kurz ins Schwärmen, bevor ich die vermeintliche Bombe platzen ließ. »Bis auf ein paar Kleinigkeiten könnte ich mir das genauso auch für uns vorstellen, weißt du.«

Eiskaltes Schweigen legte sich wie ein Mantel aus Raureif über uns. Es fiel mir schwer, seinem eindringlichen Blick standzuhalten. »Colin, ich ...«

»Ivy, nicht schon wieder eine Diskussion übers Heiraten. Das hatten wir schon so oft. Du weißt, wie ich darüber denke, okay. Das wird sich auch nicht ändern.«

Und da war sie wieder. Die Erkenntnis darüber, dass ich das, was ich Tag für Tag leidenschaftlich gern für andere organisierte, nie selbst erleben würde.

»Ja, ich weiß. Entschuldige. Ich wollte nicht darauf rumreiten.« Wieder glitten meine Augen zur Tischdecke. Der Falz in der Mitte war viel zu dick, das hätte man doch ganz bestimmt auch anders bügeln können. Warum nur entschuldigte ich mich jedes Mal dafür, dass ich einen Traum hatte?

»Ist schon gut, Darling. Du weißt, ich liebe dich, aber ich will nicht ständig die gleichen Diskussionen führen, okay? War es das, was dir den Tag so vermiest hat?«

»Vermiest würde ich es nicht nennen. Ich freue mich darauf, vor Ort in Cornwall alles zu recherchieren. Die Location zu besichtigen und so.«

»Bitte? Vor-Ort-Recherche? Seit wann machst du so etwas? Und vor allem wann soll das sein?«

»Ähm, seit ich Hochzeiten plane, die außerhalb von London stattfinden. Natürlich muss ich dahin und mir alles ansehen, vor Ort die entsprechenden Dienstleister kontaktieren und buchen, alles absprechen. Übernächste Woche werde ich hinfahren. Bis dahin habe ich hier noch genug zu tun.«

»Übernächste Woche? Das heißt am ...« Hektisch öffnete er die Kalender-App in seinem Handy und scrollte ein paar Tage weiter. »Das heißt, du bist am zwanzigsten nicht da?«

»Wenn der in dieser Woche liegt, dann nicht«, bestätigte ich. Meine Planung war noch nicht finalisiert, ich hatte diesen Zeitraum nur grob ins Auge gefasst. Erst einmal musste ich mich mit allen in Verbindung setzen und Termine vereinbaren, damit sich die Reise auch lohnte.

»Du weißt aber schon, dass wir da ein wichtiges Geschäftsessen haben?« Colin war sauer, was an seinem Tonfall unschwer zu überhören war. Konnte er sich nicht einmal mit mir freuen?

»Das habe ich wohl vergessen, tut mir leid. Aber das geht doch auch ohne mich.« Ich flüsterte es schuldbewusst, nachdem ich einen Augenblick geschwiegen hatte.

»Mr Hudgens legt großen Wert auf deine Gesellschaft, das weißt du«, grollte er gefährlich leise. »Und ich finde es unmöglich, dass du meine Geschäfte torpedierst.«

»Wie bitte? Ich torpediere gar nichts. Nur habe ich eben auch Kundschaft, die ich zufriedenstellen möchte. Und wenn ich dafür eine Dienstreise antreten muss, dann ist das so.« Ich hatte keine Ahnung, woher dieser Anflug von Streitlust kam, aber so schnell, wie der Mut dazu gekommen war, verflog er auch wieder. Es hatte keinen Sinn, mit ihm darüber zu diskutieren.

»Okay, ich verstehe.« Colin holte tief Luft. »Ich verstehe das wirklich und ich will nicht, dass du das Gefühl hast, ich würde deinen Job nicht respektieren. Aber dieses Essen ist immens wichtig für mich. Für uns.«

So versöhnlich er in diesem Moment klang, so sicher war ich mir, dass er mir zwischen den Zeilen etwas ganz anderes mitzuteilen versuchte. Sein Blick sprach Bände.

Der Kellner kam mit dem Wein an unseren Tisch und rettete mich aus dieser für mich unerträglichen Situation.

»Möchten Sie probieren, Mrs Cavendish?«, fragte er mich augenzwinkernd, eine Hand stilecht auf dem Rücken liegend, während er mit der anderen eine Weinflasche über mein Glas balancierte. Sein erwartungsvoller und freundlicher Blick ließ mich innerlich aufseufzen, es klang zu schön, so angesprochen zu werden.

»Oh nein, sie ist keine Cavendish, wir sind nicht ... verheiratet.« Das letzte Wort spuckte mein Freund quasi direkt über den Tisch. Gepaart mit seinem herablassenden Blick bohrte sich die nicht neue Erkenntnis, dass ich diesen Namen wohl niemals tragen würde, schmerzhaft in meine Brust.

Mit einem halbherzigen Lächeln nickte ich dem Kellner zu, woraufhin er mir einschenkte und ich den Weißwein, der bestimmt sündhaft teuer war, probierte. Abermals nickte ich und die Gläser wurden gefüllt, bevor der Kellner wieder verschwand.

Colin griff sein Glas und prostete mir zu. »Auf uns, Baby«, sagte er. Mit gesenktem Blick erwiderte ich seine Geste und trank einen großen Schluck. Plötzlich hatte ich Lust, ihn ein wenig aus der Reserve zu locken.

»Dein Nachname würde mir doch eigentlich gut stehen, findest du nicht? Ivy Cavendish«, sinnierte ich. Das war mutig, richtig mutig und eine große Herausforderung. Mein Herz überschlug sich fast vor Aufregung. Dass er nichts vom Heiraten hielt, hatte er mir recht schnell am Anfang unserer Beziehung klar gemacht. Er wollte sich nicht den Zwängen einer Ehe unterwerfen und wir könnten doch auch ohne Trauschein alles haben und glücklich sein. Das waren seine Worte und die gingen wenig konform mit den Vorstellungen einer Hochzeitsplanerin, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den schönsten Tag im Leben von Liebespaaren zu perfektionieren.

»Ach was, ich finde deinen Nachnamen ganz passabel, das weißt du doch«, rammte er den imaginären Dolch noch etwas tiefer in mein Herz. Ich schluckte trocken und ertränkte die Wut, die in mir emporkroch, mit dem nächsten großen Schluck Wein. »Du solltest langsamer trinken. Nicht, dass du am Ende noch mit einem Schwips hier rausspazierst, das würde sich nicht gut machen in der Zeitung«, sagte er und bedachte mich mit einem verächtlichen Blick, während er sich zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. Aber vor den Augen des Taxifahrers fummeln, dachte ich mir und schüttelte den Kopf.

Etwas zu hastig stellte ich mein Glas ab, es klirrte leise, als ich es versehentlich an das Besteck stieß. In Momenten wie diesen hatte ich nicht die leiseste Ahnung, wohin das mit uns führen sollte. Und doch liebte ich ihn. Colin Cavendish. Nicht seines Geldes wegen, auch nicht wegen seines hervorragenden Aussehens. Nein, ich liebte ihn, weil er einst etwas in mir sah, was kein anderer zuvor wahrgenommen hatte - in Zeiten, als er sich selbst noch finden musste und zugänglich und weltoffen war. Colin hatte seinen Platz im Leben wesentlich schneller gefunden als ich, doch hatte er damals nie versäumt, mich dabei zu unterstützen, meine Träume zu verwirklichen. Und mein größter Traum war es, Hochzeiten bis ins letzte Detail zu organisieren. Allein der Blick in die glücklichen Gesichter war mir genug, sodass es mir nicht schwerfiel, an den Wochenenden dafür zu arbeiten.

Die Diskussion war beendet. Colin wechselte das Thema und referierte für den Rest des Abends über seine Arbeit. Ich blieb still und hing meinen Gedanken nach, in denen ich das Meer rauschen hörte.

Cornwall.

Kapitel 4

Zwischen Colin und mir war alles wie immer. Nach dem Gespräch vorgestern im Core hatte ich mich endgültig damit abgefunden, nie in einen Traum aus Tüll und Spitze zu schlüpfen. Zumindest mit Colin würde dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen.

Heute war Sonntagabend und ich saß in Kuschelklamotten an meinem Schreibtisch im Arbeitszimmer der Penthousewohnung. Damit beschäftigt, die Save-the-Date-Karten für Brittany und Adam mit Hilfe einer speziellen Software zu entwerfen, lauschte ich den Geräuschen aus dem Wohnzimmer. Colin war wohl eingeschlafen und schnarchte leise. Typisch, dachte ich, während ich eine hübsche Blumenranke kreierte, die sich um das Datum schlängeln sollte.

Die zukünftige Braut hatte sich für eine Hochzeit im Vintagelook entschieden. Alles würde in hübschen Pastellfarben und typischem Design erstrahlen.

Für die Entwürfe hatte ich länger gebraucht als gedacht und schickte sie erst kurz vor Mitternacht mit einem Hinweis auf den ersten Termin in einem Brautmodengeschäft per E-Mail an Brittany. Für eine Hochzeit im August waren die beiden mehr als spät dran. Ein Jahr Vorlaufzeit für die Planung war das Minimum, doch so viel Zeit hatten wir nicht mehr. Uns blieben lediglich zehn Monate, um alles unter Dach und Fach zu bringen. Da war ein straffes Zeitmanagement das einzige, was half.

Dass Marry, die Inhaberin des Cinderellas Dream, so kurzfristig einen Termin für Brittany frei hatte, grenzte an ein Wunder, auch wenn wir uns noch bis nach meiner Rückkehr aus Cornwall gedulden mussten.

Ich ertappte mich dabei, wie ich den Namen der Hochzeitslocation bei Google eingab. Langsam scrollte ich mich durch die Galerie und bestaunte Fotos von wunderschönen Hochzeiten. Der Ort war einfach perfekt. Magisch schön. Wie dafür gemacht, um zwei Menschen, die sich lieben, in den Hafen der Ehe zu schicken. Das alte Fort lag direkt am Meer und bot eine traumhafte Kulisse.

»Kommst du mit ins Bett?« Colin klang schlaftrunken, als er seine Hände auf meine Schultern legte.

Schniefend klappte ich den Laptop zu und nickte.

»Recherche?«, fragte er und gähnte hemmungslos.

»Ja, Polhawn Fort.« Traurig sah ich ihn an, woraufhin er mich in seine Arme zog.

»Ach Darling, wir können doch auch ohne Trauschein glücklich sein. Warum klammerst du dich so sehr an ein Stück Papier, das so wenig bedeutet, hm?«

Warum ich das tat? Weil es mir etwas bedeutete. Weil ich an die Liebe glaubte. Weil ich erst richtig zu ihm gehörte, wenn ich seinen Namen tragen würde.

»Ja, du hast recht.« Ich spürte die Feuchtigkeit, die meine Wangen benetzte und mein Herz strafte meine Worte Lügen, indem es für einen Augenblick unsicher stolperte. Was, wenn es hinfiel und sich nicht mehr aufrappeln konnte? Wäre ich verloren?

»Ach komm, Ivy. Hör auf zu weinen. Ich liebe dich und jetzt lass uns schlafen gehen. Ich muss morgen früh raus.«

Colin küsste mich auf die Stirn und löste die Umarmung, um ins Bad zu gehen, während ich mir noch einen Blick aus dem großen bodentiefen Fenster gestattete. Aus dem Penthouse direkt am Finsbury Circus hatte man einen fantastischen Blick auf die City of London. Das Geschäftsviertel und die Saint Pauls Cathedral lagen uns sozusagen zu Füßen. Alles war hell erleuchtet und strahlte in die Dunkelheit. Ich genoss die Aussicht und wohnte gern hier.

Eigentlich konnte ich zufrieden sein. In Colin hatte ich einen attraktiven Freund, der in der Londoner Finanzwelt durchaus einiges an Ansehen genoss. Lydia und John, seine Eltern, waren wirklich nett und hatten mich schnell als die Frau an seiner Seite akzeptiert. Hin und wieder fragte ich mich, ob sie über Colins Einstellung zum Heiraten Bescheid wussten. Möglicherweise wurde es stillschweigend toleriert?

»Ivy, Darling, kommst du?« Colin riss mich aus meinen Gedanken, die ich schnell aus meinem Kopf verbannte.

»Ja, bin auf dem Weg«, murmelte ich und begab mich ins Bad. Eine halbe Stunde später dämmerte ich in einen unruhigen Schlaf.

♥♥♥

Der Montagmorgen war kühl, dafür, dass gerade mal Oktober war. Obwohl ich das Haus nicht verlassen musste, um ins Büro zu gelangen, fröstelte ich auf dem Weg zum Fahrstuhl. In Gedanken ging ich bereits meine heutige To-do-Liste durch, auf der sich einiges angesammelt hatte.

Doch bevor ich mit der Arbeit begann, gönnte ich mir einen Cappuccino und ließ in Ruhe den Laptop hochfahren. Auf die paar Minuten kam es nun auch nicht mehr an und Stress am Morgen war nicht unbedingt förderlich für die Kreativität.

Während ich immer wieder an meinem Heißgetränk nippte, öffnete ich das Grafikprogramm und rief meine Entwürfe auf. Sie gefielen mir immer noch gut, wenngleich sie heute bei Tageslicht ganz anders wirkten als gestern Abend im Halbdunkel.

Bevor ich jedoch mit Brittany telefonieren konnte, musste ich unbedingt prüfen, ob der Termin, den das Brautpaar sich wünschte, überhaupt frei war bei den Locations. Wenn nicht, müsste ein Plan B her, den ich noch nicht hatte.

Ein paar Telefonate später hatte ich die Zusage, dass die Hochzeit am 27. August im Polhawn Fort stattfinden konnte und einen Vor-Ort-Termin für eine Besichtigung und erste Absprachen. In einer Woche würde ich früh in den Zug steigen und wäre bereits am Nachmittag in Millbrook. Erleichtert und ein wenig aufgeregt wählte ich Brittanys Nummer.

»Hi, Ivy«, begrüßte sie mich stürmisch, nachdem es gerade zwei Mal geklingelt hatte. »Ich habe eben Ihre E-Mail geöffnet, oh mein Gott«, rief sie völlig euphorisch, »die Karten sind wunderschön. Wunderwunderschön!«

»Hallo, es freut mich, dass ich Ihren Geschmack getroffen habe, Brittany. Ist Ihr Verlobter auch einverstanden?«

»Adam? Der überlässt das alles mir. Wissen Sie, für die Feinheiten interessiert er sich nicht so unbedingt, aber ich finde die Entwürfe großartig. Wir machen das so.« Sie sagte es sehr überzeugt.

»Okay, dann gebe ich die Karten in den Druck, denn es dürfte Sie auch freuen, dass Ihr Termin noch frei war in Polhawn Fort. Damit steht Ihrem großen Tag nichts mehr im Weg und wir können mit der Detailplanung beginnen.« Ich atmete tief durch und richtete mich auf lautes Gekreische am anderen Ende ein – doch nichts dergleichen geschah.

»Oh … wow«, stieß sie etwas gedämpft aus. »Das ist ... Das ist großartig.«

»Okay, ich gebe zu, ich hatte jetzt mit etwas mehr Begeisterung gerechnet.«

»Ich freue mich, Ivy, wirklich!«, versuchte Brittany, mich vom Gegenteil zu überzeugen. »Es ist nur, jetzt, wo das alles feststeht, wird es greifbar und das ...«

»Macht Ihnen Angst?«, vervollständigte ich ihren Satz. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Brautpaar kalte Füße bekäme. Wobei es in den drei Jahren meiner Selbstständigkeit noch nie vorgekommen war, dass eine Hochzeit gänzlich abgesagt wurde.

»Nein, um Gottes willen! Ich kann es nicht beschreiben.« Sie wurde immer leiser und ich glaubte, ein Schluchzen zu hören. Auch das war normal. Oft genug war ich mit den Emotionen meiner Klienten konfrontiert und es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht das Gleiche durchlebte. Besonders bei diesem Auftrag ging mir die Organisation sehr nahe, auch wenn ich gerade erst damit begonnen hatte.

»Ich verstehe, Brittany, der Tag wird ganz wunderbar werden, das verspreche ich Ihnen. Nächste Woche sehe ich mir das Fort an und werde auch alles mit den Dienstleistern vor Ort abstimmen - Catering, Blumen und so weiter. Und wenn ich wieder da bin, haben wir beide einen Termin in einem der angesagtesten Brautmodengeschäfte Londons. Na, wie klingt das?« Ich war ganz in meinem Element.

Für einen Moment herrschte Stille am Telefon. »Ähm, ja. Nochmal wow, wie haben Sie das so schnell alles hinbekommen?«, fragte sie schließlich und schniefte erneut.

»Nun ja, das ist mein Job. Ich gebe dann die Karten in Auftrag und melde mich nächste Woche mit weiteren Details, okay.« Ich klang sehr professionell, während es mir das Herz zusammenschnürte.

»Danke, Ivy, vielen, vielen Dank, ich wüsste nicht, was ich ohne Sie tun sollte«, gestand die Braut und brachte mich damit zum Schmunzeln.

»Sie hätten eine andere Weddingplanerin oder würden Ihre Hochzeit selbst organisieren.«

»Nein, niemals. Niemand bekommt das so perfekt hin wie Sie.«

»Ich tue, was ich kann«, lachte ich und wusste, dass ich mein Licht unter den Scheffel stellte. Ich liebte meinen Job und wenn man etwas mit Leidenschaft tat, passierte es nur selten, dass das Ergebnis nicht zufriedenstellend war. »Grüßen Sie Adam von mir. Bye.«

»Das mache ich, bye Ivy«, verabschiedete sich auch Brittany.

Nachdem ich das Handy zur Seite gelegt hatte, buchte ich mir ein Zugticket nach Plymouth, von da aus würde ich mit dem Bus oder dem Taxi nach Millbrook weiterreisen. Mein Innerstes war in Aufruhr und ich spürte das Zittern meiner Finger, während ich mich wieder einmal gedankenversunken durch die Bildergalerie von diesem Fort scrollte.

Kapitel 5

Die Woche war wie im Flug vergangen. Die grauen und nasskalten Jahreszeiten erlaubten es mir, mich voll und ganz auf die Organisation der Sommerprojekte zu konzentrieren, denn im Herbst und im Winter gab es kaum heiratswillige Kundschaft. Vereinzelt war mal eine standesamtliche Hochzeit mit einem Essen in schickem Ambiente danach, aber höchst selten rauschende Feste, wie sie im Sommer stattfanden.

Zufrieden sah ich in meinen Terminkalender. In Millbrook hatte ich einen Caterer ausfindig machen können, der am Wunschtermin des Brautpaares noch freie Kapazitäten hatte und bereit war, für Speisen und Getränke zu sorgen. Zwar war es möglich, das Catering auch über das Fort zu beziehen, doch Brittany und Adam hatten ganz besondere Vorstellungen. Der Inhaber des Blumenladens hingegen hatte tief Luft geholt, als ich von dem ausgefallenen Wunsch der Braut erzählte, bevor er den Termin bestätigte.

Ein vorfreudiges Kribbeln erfasste mich bei der Vorstellung, dass ich bald in Cornwall sein würde. Auch wenn das Wetter für eine Reise dahin alles andere als optimal schien, aber immerhin war das Klima im Süden Englands auch im Winter ein wenig milder.

Colin tigerte um mich herum, während ich versuchte, meinen Koffer zu packen.

»Willst du ausziehen?«, fragte er mich argwöhnisch und ich lachte auf. Es war das erste Mal, dass ich eine Dienstreise antrat, seit wir zusammen waren. Und er tat sich sichtlich schwer damit, das zu akzeptieren.

Ich legte den Pulli, den ich gerade einpacken wollte, aufs Bett und sah ihn an. Sanft strich ich mit meiner Hand über seine glattrasierte Wange. »Keine Angst, Colin, ich habe nicht vor abzuhauen«, sagte ich mit einem Augenzwinkern.

---ENDE DER LESEPROBE---