Weihnachten in Prag - Jaroslav Rudiš - E-Book

Weihnachten in Prag E-Book

Jaroslav Rudiš

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Beschreibung

Eine Weihnachtsgeschichte aus dem verschneiten Prag. Herzergreifend erzählt von Jaroslav Rudis, brillant illustriert von seinem besten Freund Jaromír 99.

Weihnachten, Heiligabend. Wahrscheinlich der ruhigste Tag des Jahres in Prag. Jaroslav Rudiš zieht durch die Metropole an der Moldau. Es schneit, es ist kalt, und die Straßen sind leer gefegt. Und doch begegnen einem überall die alten und neuen Geschichten dieser Stadt. Rudiš wartet auf seine Freunde und kehrt in der Zwischenzeit in einige Wirtshäuser ein. Hier trifft er bei frisch gezapftem Bier drei einsame Gestalten: Kavka (genannt: Kafka), den König von Prag und eine Italienerin aus Mailand. Sie alle erzählen von diesem besonderen Tag des Jahres. Von leuchtenden Birnen und wärmenden Händen, von Karpfen in Gurkengläsern, aus deren Augen noch die verstorbenen Bewohner der Stadt glotzen, und vom Christkind, das jedes Jahr in dieselbe Kneipe kommt und sich mit der ratternden Straßenbahn wieder davonstiehlt.

Bei seinem Weihnachtsspaziergang wird Jaroslav Rudiš von seinem besten Freund Jaromír 99 begleitet, der diese magische und auch tragikomische Wanderung durch das verschneite Prag illustriert hat.

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Seitenzahl: 52

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Inhalt

Weihnachten, Heiligabend. Wahrscheinlich der ruhigste Tag des Jahres in Prag. Jaroslav Rudiš zieht durch die Metropole an der Moldau. Es schneit, es ist kalt, und die Straßen sind leer gefegt. Und doch begegnen einem überall die alten und neuen Geschichten dieser Stadt. Rudiš wartet auf seine Freunde und kehrt in der Zwischenzeit in einige Wirtshäuser ein. Hier trifft er bei frisch gezapftem Bier drei einsame Gestalten: Kavka (genannt: Kafka), den König von Prag und eine Italienerin aus Mailand. Sie alle erzählen von diesem besonderen Tag des Jahres. Von leuchtenden Birnen und wärmenden Händen, von Karpfen in Gurkengläsern, aus deren Augen noch die verstorbenen Bewohner der Stadt glotzen, und vom Christkind, das jedes Jahr in dieselbe Kneipe kommt und sich mit der ratternden Straßenbahn wieder davonstiehlt.

Die herzergreifend erzählte Weihnachtsgeschichte wurde von Jaroslav Rudiš’ bestem Freund Jaromír 99 bebildert.

Autoren

Der Schriftsteller JAROSLAVRUDIŠ und der Comiczeichner und Musiker JAROMÍR 99 sind ziemlich beste Freunde aus Prag. Sie haben sich vor fünfundzwanzig Jahren im Lokal »Zum Ausgeschossenen Auge« kennengelernt. Zusammen machen die beiden Graphic Novels und Musik mit ihrer Kafka Band. Von Jaroslav Rudiš erschien bei Luchterhand zuletzt der Roman »Winterbergs letzte Reise«.

Jaroslav Rudiš

Weihnachten in Prag

Luchterhand

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Copyright © 2023 Luchterhand Literaturverlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Covergestaltung: buxdesign | Ruth Botzenhardt unter Verwendung einer Illustration von © Jaromír 99

Lektorat: Christina Frankenberg

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-31220-6V003

www.luchterhand-literaturverlag.de

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www.twitter.com/luchterhandlit

Weihnachten in Prag

Das erste Mal im Leben ging ich am Prager Hauptbahnhof verloren. Das erste, aber nicht das letzte Mal. Ich war sechs, und es war ein paar Tage vor Weihnachten. Heute bin ich älter, steige aus dem Zug und lasse die Menschen an mir vorbeiströmen. Ich stehe inmitten der hohen Halle aus Glas und Stahl. Heute ist nicht ein paar Tage vor Weihnachten. Heute ist Heiligabend.

Ich stehe am Bahnsteig. Um mich herum gehen die Menschen aus meinem Zug von Berlin in die Unterführung, und aus der Unterführung gehen andere Menschen zu einem anderen Zug nach Wien. Ich glaube, es ist der gleiche Bahnsteig, an dem ich damals verloren ging. Damals war ich zum ersten Mal in Prag. Zum ersten Mal in einer Großstadt. In einer Hauptstadt. Ein Tagesausflug mit meinem Vater.

Ich stehe da und sehe zwischen all den Menschen meinen Vater, wie er mich sucht. Wie ein Irrer läuft er hin und her, in der einen Hand trägt er einen Pappbecher mit Kofola und in der anderen einen Pappbecher mit Bier, und er kann mich nicht finden.

Meine Mutter weiß bis heute nichts davon. Mein Vater hat es verdrängt.

Ich rufe meine Freunde an. Wir wollen den Heiligen Abend zusammen verbringen. Sie kommen aus dem Böhmischen Paradies, genau wie ich. Doch keiner geht ran. Ich lasse meinen Koffer in einem Schließfach und erinnere mich, dass mein Vater hier einen Bekannten hatte, der im Fundbüro arbeitete. Und dass sein Freund im Fundbüro für meinen Vater die letzte Hoffnung war, nachdem ich am Bahnsteig verloren gegangen war. Bestimmt würde jemand mich finden und hier abgeben.

Der Freund hatte meinem Vater das Fundbüro einmal gezeigt. Alles war ganz genau sortiert. In einem Regal die Regenschirme, in einem anderen die Koffer, dort das Spielzeug, hier die Briefe und Bücher, da Alkohol und Konserven. Und ein Regal war nur für die verlorenen Weihnachtsgeschenke reserviert. Der Freund meines Vaters erzählte ihm, dass die Weihnachtsgeschenke nie jemand abholt. Nach einem Jahr werden sie auf dem Bahnhof verschenkt.

Ich gehe zur Straßenbahn. Mit der Linie Zweiundzwanzig fahre ich langsam von der Moldau bis hoch zur Prager Burg. Wenn ich länger nicht in der Stadt war, nehme ich immer die Zweiundzwanzig. Wenn ich länger nicht in der Stadt war, trinke ich mein erstes Bier immer im Schwarzen Ochsen.

In diesem Lokal hat mein Vater, als er Soldat war, sein erstes Bier in Prag getrunken. Jahre später habe auch ich hier mein erstes Bier in Prag getrunken. Nicht als Soldat, sondern als Schüler. Es war im September 1989, und ich war siebzehn. Die Ostdeutschen, die Trabis, wie wir sagten, flüchteten gerade über die Prager Botschaft in den Westen, man blickte über die Trabis und Wartburgs und Ladas und Škodas mit den DDR-Kennzeichen. Auch wir waren gerade auf der Flucht. Hana und ich. Unauffällig hatten wir uns während des Besuchs im Museum der kommunistischen Partei der Tschechoslowakei von unserer Gruppe aus dem Gymnasium getrennt, weil ich von meinem Vater schon gehört hatte, dass es auf dem Hradschin ein heiliges Lokal gibt, das viel besser sein soll als das Parteimuseum.

Seitdem ist diese Kneipe für mich ein heiliger Ort. Seitdem komme ich hierher und lasse mich in der Tür von den strengen, rot glühenden Augen eines Ochsen durchbohren. Irgendjemand sagte mal zu mir, der Ochse sei der Golem, der Golem von Prag. Viele suchen in Prag nach dem Golem. Doch der hat sich in einen schwarzen Ochsen verwandelt.

Ich setze mich an den gleichen Tisch wie damals, an einen Tisch unter dem Wappen der Herren von Smiřic oder Schmiritz aus dem Böhmischen Paradies, wo ich herkomme, und schaue mir die Wappen der anderen böhmischen Adeligen an. In dieser Kneipe kann man viel lernen über die Geschichte. Und auch über das Bier. Und heute auch über Weihnachten, den Karpfen in der Badewanne, die verschiedenen Arten von Kartoffelsalat und Plätzchen.

Bestellen muss man nicht, wie in jedem guten Lokal bekommt man das Bier hier ungefragt hingestellt. »Man geht doch nicht in die Kneipe, wenn man Limo trinken will«, sagt mein Vater immer.