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Ian Kershaw

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Beschreibung

Entscheidungen, die Geschichte machten

Der Beginn des Zweiten Weltkriegs stellte die Regierungschefs der Welt vor lebenswichtige Entscheidungen. In London, Berlin, Washington, Rom, Moskau und Tokio mussten Politiker und Generäle weitreichende Beschlüsse fassen. Ian Kershaw nimmt zehn Entscheidungen, die für den Verlauf des Zweiten Weltkriegs von zentraler Bedeutung waren, in den Blick und macht deutlich, dass in diesem Kampf nichts vorherbestimmt war.

Die Ereignisse, die den Beginn des Zweiten Weltkriegs markierten, versetzten weite Teile der Welt in eine Art Schockzustand. Plötzlich schien es keine Regeln mehr zu geben. Die Aggressoren kannten für ihr Tun keine Grenzen, für ihre Opfer aber zogen dunkle Zeiten herauf. Im Strudel dieser Ereignisse sah sich eine kleine Gruppe von Politikern mit zentralen Entscheidungen konfrontiert, die in dieser Auseinandersetzung Triumph oder Untergang bedeuten konnten.

In seinem glänzend geschriebenen Buch »Wendepunkte« vermittelt der Historiker Ian Kershaw dem Leser einen einzigartigen Eindruck davon, wie groß der Entscheidungsspielraum der einzelnen Politiker tatsächlich war und welche Rolle ihre ganz individuelle Persönlichkeit spielte: Warum entschloss sich Churchill, nach der französischen Kapitulation weiterzukämpfen? Warum vertraute Stalin darauf, dass Hitler die UdSSR nicht überfallen würde? Und warum griffen die Japaner Pearl Harbor an? Diese und weitere Entscheidungen veränderten den Lauf der Welt.

Die zehn wichtigsten Entscheidungen des Zweiten Weltkriegs und die Männer, die sie trafen.

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Inhaltsverzeichnis

Handelnde PersonenVorrede1 - London, Frühjahr 19402 - Berlin, Sommer und Herbst 19403 - Tokio, Sommer und Herbst 19404 - Rom, Sommer und Herbst 19405 - Washington, Sommer 1940 bis Frühjahr 19416 - Moskau, Frühjahr und Sommer 19417 - Washington, Sommer und Herbst 19418 - Tokio, Herbst 19419 - Berlin, Herbst 194110 - Berlin/Ostpreußen, Sommer und Herbst 1941SchlussbetrachtungDanksagungAbkürzungenAnmerkungen
Vorrede1 London, Frühjahr 19402 Berlin, Sommer und Herbst 19403 Tokio, Sommer und Herbst 19404 Rom, Sommer und Herbst 19405 Washington, Sommer 1940 bis Frühjahr 19416 Moskau, Frühjahr und Sommer 19417 Washington, Sommer und Herbst 19418 Tokio, Herbst 19419 Berlin, Herbst 194110 Berlin/Ostpreußen, Sommer und Herbst 1941
BibliografieBildnachweisPersonenregisterOrtsregisterCopyright

Handelnde Personen

Die Hauptakteure der wichtigsten Länder in dem dramatischen Geschehen der Jahre 1940/41 waren:

Großbritannien

CLEMENT ATTLEE, seit 1935 Vorsitzender der Labour Party; Lordsiegelbewahrer in Churchills Kriegskabinett.

ALEXANDER CADOGAN, Ständiger Unterstaatssekretär im Außenministerium (Chef des diplomatischen Stabes).

NEVILLE CHAMBERLAIN, Premierminister von 1937 bis zu seinem Rücktritt am 10. Mai 1940; danach Mitglied des Kriegskabinetts, bis ihn wenige Wochen vor seinem Tod am 9. November 1940 eine schwere Erkrankung zur Aufgabe seines Regierungsamts (und des Vorsitzes der Konservativen Partei) zwang.

WINSTON CHURCHILL, am 10. Mai 1940 nach einem Jahrzehnt im politischen Abseits zum Premierminister ernannt; übernahm auch den Posten des Verteidigungsministers; nach Chamberlains Rücktritt Vorsitzender der Konservativen Partei.

STAFFORD CRIPPS, ab Mai 1940 Botschafter in Moskau.

ARTHUR GREENWOOD, seit 1935 stellvertretender Vorsitzender der Labour Party; Minister ohne Geschäftsbereich (verantwortlich für Wirtschaftsfragen) in Churchills Kriegskabinett.

LORD GORT, Feldmarschall, Oberbefehlshaber der britischen Expeditionstruppen, der im Mai 1940 den Entschluss fasste, seine Truppen zur Evakuierung nach Dünkirchen zurückzuziehen.

LORD HALIFAX, von 1938 bis zu seiner Ernennung zum Botschafter in Washington im Januar 1941 Außenminister.

DAVID LLOYD GEORGE, ehemaliger Premierminister (1916–1922), in dem 1940 manche (einschließlich er selbst) den künftigen Regierungschef sahen, falls man mit Deutschland eine Friedensregelung finden könne.

LORD LOTHIAN, britischer Botschafter in Washington; eröffnete den Amerikanern im November 1940 die finanzielle Notlage Großbritanniens, was zum Lend-Lease-Gesetz führte, das die Unterstützung Großbritanniens mit kriegswichtigem Material ermöglichte; verstarb im folgenden Monat.

ARCHIBALD SINCLAIR, seit 1935 Fraktionsvorsitzender der Liberalen Partei im Unterhaus; Luftfahrtminister in Churchills Regierung; nahm an den Beratungen des Kriegskabinetts von Ende Mai 1940 teil.

Deutschland

WALTHER VON BRAUCHITSCH, Generalfeldmarschall, 1938 bis Dezember 1941 Oberbefehlshaber des Heeres.

KARL DÖNITZ, Vizeadmiral, Befehlshaber der U-Boot-Flotte.

ADOLF EICHMANN, Chef des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt; gegenüber Heydrich verantwortlich für die Deportation der Juden; praktisch der »Manager« der »Endlösung«.

HANS FRANK, Generalgouverneur des besetzten Polen.

JOSEPH GOEBBELS, seit März 1933 Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda.

HERMANN GÖRING, »Reichsmarschall« und Oberbefehlshaber der Luftwaffe; seit 1936 Beauftragter für den Vierjahresplan; Hitlers designierter Nachfolger.

ARTHUR GREISER, Reichsstatthalter und Chef der NSDAP im sogenannten Warthegau, dem im Herbst 1939 annektierten Westpolen.

FRANZ HALDER, Generaloberst, Generalstabschef des Heeres; für die militärische Planung verantwortlich.

REINHARD HEYDRICH, direkter Untergebener Himmlers; Chef des Reichssicherheitshauptamts; für die Durchführung der »Endlösung der Judenfrage« verantwortlich.

HEINRICH HIMMLER, seit 1929 Führer der SS, später »Reichsführer«; 1936 zum Chef der Deutschen Polizei ernannt; seit 1939 zusätzlich »Reichskommissar zur Festigung des deutschen Volkstums« (als der er das letzte Wort in Bezug auf die geplante Bevölkerungsverschiebung in Osteuropa hatte).

ADOLF HITLER, seit 1921 Führer der NSDAP; seit Januar 1933 Reichskanzler; seit August 1934 zudem Staatsoberhaupt; besaß seit Februar 1938 die oberste und direkte Leitung des neu geschaffenen Oberkommandos der Wehrmacht; seit 1939 offiziell nur noch als »Führer« angesprochen; befand sich 1940 nach dem Sieg über Frankreich auf dem Höhepunkt seiner Macht.

ALFRED JODL, Generalmajor, als Chef des Wehrmachtführungsstabs für die strategische Gesamtplanung verantwortlich; Hitlers wichtigster Berater in Fragen der militärischen Strategie und Operationen und diesem treu ergeben.

WILHELM KEITEL, Generalfeldmarschall, seit Februar 1938 Chef des Oberkommandos der Wehrmacht; als solcher Hitler uneingeschränkt untergeordnet.

HEINRICH MÜLLER, seit 1937 Chef der Gestapo; direkter Untergebener Heydrichs.

EUGEN OTT, Weltkrieg-I- und Reichswehroffizier, seit 1938 Botschafter in Tokio.

ERICH RAEDER, Großadmiral, Oberbefehlshaber der Kriegsmarine. JOACHIM VON RIBBENTROP, seit Februar 1938 Außenminister.

ALFRED ROSENBERG, ab Juli 1941 Reichsminister für die besetzten Ostgebiete.

GRAF FRIEDRICH WERNER VON DER SCHULENBURG, seit 1934 Botschafter in Moskau.

WALTER WARLIMONT, Generalmajor, seit November 1938 Leiter der Abteilung Landesverteidigung im Wehrmachtführungsstab; Stellvertreter Jodls.

ERNST VON WEIZSÄCKER, seit März 1938 Staatssekretär im Auswärtigen Amt; Chef des diplomatischen Stabs; hatte eine gespannte Beziehung zu Ribbentrop.

Japan

HIROHITO, Kaiser seit 1926, in der Nachfolge seines Vaters Yoshihito; heiliges Symbol der »Showa«-Zeit (Showa bedeutet »erleuchteter Frieden«).

KOICHI KIDO, Marquis, als Kaiserlicher Siegelbewahrer (seit 1. Juni 1940) wichtigster Berater des Kaisers.

FUMIMARO KONOE, Fürst, seit 1937, als der Krieg gegen China begann, Ministerpräsident; im Januar 1939 zurückgetreten; im Juli 1940 erneut zum Ministerpräsidenten ernannt; im Juli 1941 (nominell) mit dem gesamten Kabinett zurückgetreten und sofort wieder zum Regierungschef berufen; nach dem Scheitern seiner Politik am 16. Oktober 1941 endgültig zurückgetreten.

SABURO KURUSU, früherer Botschafter in Berlin; im November 1941 als Sondergesandter nach Washington geschickt, um Nomura bei der Auslotung der Möglichkeiten einer Verhinderung des Krieges zu unterstützen.

YOSUKE MATSUOKA, von Juli 1940 bis Juli 1941 Außenminister; eigenwilliger Verfechter der Achse.

OSAMI NAGANO, Admiral, Stabschef der Marine.

KICHISABURO NOMURA, ab April 1941 Botschafter in Washington.

KOSHIRO OIKAWA, Admiral, von September 1940 bis Oktober 1941 Marineminister.

HIROSHI OSHIMA, 1938/39 und ab Februar 1941 Botschafter in Berlin; Befürworter der Achse.

SHIGETARO SHIMADA, im Oktober 1941 Oikawas Nachfolger als Marineminister.

GEN SUGIYAMA, General, 1937 Heeresminister; später Chef des Generalstabs des Heeres.

SHIGENORI TOGO, ehemaliger Botschafter in Berlin und Moskau; im Oktober 1941 als Nachfolger Toyodas auf den Posten des Außenministers in der Regierung Tojo berufen.

HIDEKI TOJO, General, ehemaliger Stabschef der Kwantungarmee; Heeresminister in der zweiten Regierung Konoe; ab Oktober 1941 Ministerpräsident.

TEIJIRO TOYODA, 1940 stellvertretender Marineminister; von Juli bis Oktober 1941 als Nachfolger Matsuokas Außenminister.

ISOROKU YAMAMOTO, Admiral, ehemaliger stellvertretender Marineminister; Architekt des Plans für den Angriff auf Pearl Harbor; Kommandeur der Angriffsflotte.

MITSUMASA YONAI, Admiral, von Januar bis Juli 1940 Konoes Vorgänger als Ministerpräsident.

ZENGO YOSHIDA, Admiral, von Juli bis September 1940 Marineminister (trat aus Gesundheitsgründen zurück).

Italien

DINO ALFIERI, seit Mai 1940 Botschafter in Berlin; der deutschen Führung genehmer als Attolico.

BERNARDO ATTOLICO, seit 1935 Botschafter in Berlin, bis Hitler Ende April 1940 aufgrund seiner Ablehnung der italienischen Kriegsteilnahme um seine Rückberufung ersuchte.

PIETRO BADOGLIO, Marschall, kommandierte 1935/36 die siegreichen italienischen Truppen in Abessinien; wichtiger Militärberater Mussolinis; trat im Dezember 1940 nach dem Debakel in Griechenland als Chef des Generalstabs zurück.

DOMENICO CAVAGNARI, Admiral, Stabschef der Marine und bis zu seinem Rücktritt im Dezember 1940 Staatssekretär im Marineministerium.

GRAF GALEAZZO CIANO, seit 1936 Außenminister; mit Mussolinis Tochter Edda verheiratet.

RODOLFO GRAZIANI, Marschall, ehemaliger Vizekönig von Abessinien; 1939–1941 Stabschef des Heeres; 1940/41 italienischer Befehlshaber in Nordafrika.

FRANCESCO JACOMONI, seit 1939 Gouverneur von Albanien.

BENITO MUSSOLINI, seit 1919 Vorsitzender der »Fasci di combattimento«; seit 1922 Regierungschef; hatte seit 1933 außerdem als Kriegs-, Marine- und Luftfahrtminister die Kontrolle über die Streitkräfte; 1936 nach dem Sieg über Abessinien befand er sich – gestärkt durch den künstlich geschaffenen Kult um den »Duce« – auf dem Höhepunkt seiner Popularität und innenpolitischen Macht; außenpolitisch war er bis 1940 zunehmend in den Schatten Hitlers geraten.

FRANCESCO PRICOLO, General, 1939–1941 Stabschef der Luftwaffe.

MARIO ROATTA, General, 1939–1941 stellvertretender Generalstabschef des Heeres.

UBALDO SODDU, General, seit 1939 Staatssekretär im Kriegsministerium und ab Juni 1940 stellvertretender Chef des Oberkommandos der Streitkräfte; Mussolinis engster Militärberater; löste im November 1940 Visconti Prasca als Befehlshaber in Albanien ab, offenbarte im Griechenlandfeldzug aber bald Unzulänglichkeiten; trat im Januar 1941 aus Gesundheitsgründen zurück.

VIKTOR EMANUEL III., König von Italien (seit 1900); auch Kaiser von Abessinien und König von Albanien; als Staatsoberhaupt war er letztlich auch Mussolinis Vorgesetzter (wie dessen Entmachtung und Festnahme im Juli 1943 zeigen sollten).

GRAF SEBASTIANO VISCONTI-PRASCA, General, unfähiger Militärbefehlshaber in Albanien; im November 1940 als einer der Sündenböcke für das Scheitern der Offensive in Griechenland fallengelassen.

Vereinigte Staaten von Amerika

JOSEPH C. GREW, langjähriger, äußerst erfahrener und befähigter Botschafter in Tokio; 1941 einer der eifrigsten Befürworter von Versuchen zur Beilegung der sich ausweitenden Krise.

HARRY HOPKINS, Roosevelts trotz schwerer Krankheit höchst tatkräftiger »Feuerwehrmann«; als Freund des Präsidenten und Mitglied von dessen engstem Kreis wurde er gelegentlich bei besonders wichtigen Missionen als persönlicher Abgesandter eingesetzt.

STANLEY K. HORNBECK, Cordell Hulls Chefberater für den Fernen Osten; ein ausgesprochener »Falke« im Hinblick auf die von Japan ausgehende Bedrohung.

CORDELL HULL, seit 1933 Außenminister; glaubte zwar an die von Präsident Woodrow Wilson am Ende des Ersten Weltkriegs proklamierten Prinzipien der Selbstbestimmung und der internationalen Zusammenarbeit, sah sich aber 1941 in langwierigen Verhandlungen mit Japan genötigt, auf einen harten Kurs einzuschwenken.

HAROLD L. ICKES, Innenminister und entschiedener Befürworter des amerikanischen Kriegseintritts.

WILLIAM FRANKLIN »FRANK« KNOX, ab Juni 1940 Marineminister; Republikaner, der zusammen mit Stimson für eine härtere Verteidigungspolitik eintrat, als Roosevelt zu verfolgen bereit war.

GEORGE C. MARSHALL, General, seit 1939 Stabschef des Heeres; ausgezeichneter Organisator, der eine rasche und umfangreiche Vergrößerung des Heeres forderte, die zwischen dem Beginn des Krieges in Europa und dem Angriff auf Pearl Harbor unter seiner Leitung durchgeführt wurde.

HENRY MORGENTHAU JR., Finanzminister; nachdrücklicher Verfechter der Wirtschaftshilfe für Großbritannien; mit der Organisation der Kriegsproduktion beauftragt.

FRANKLIN D. ROOSEVELT, seit März 1933 Präsident; 1936 wiedergewählt; im November 1940 für eine dritte Amtszeit erneut gewählt; bis Ende der dreißiger Jahre hauptsächlich mit der Überwindung der Folgen der Weltwirtschaftskrise im Innern beschäftigt; danach setzte er aus zunehmender Sorge wegen der von Deutschland und Japan ausgehenden Bedrohung ein Rüstungsprogramm in Gang, das im Lauf der Zeit gewaltige Ausmaße annehmen sollte.

HAROLD R. STARK, Admiral, seit 1939 Operationschef der Marine; einer der entscheidenden Befürworter der Forderung, dem Atlantik vor dem Pazifik die Planungspriorität einzuräumen.

LAURENCE STEINHARDT, seit 1939 Botschafter in Moskau.

HENRY L. STIMSON, ab Juni 1940 Kriegsminister; nachdrücklicher Befürworter des amerikanischen Kriegseintritts.

SUMNER WELLES, Staatssekretär im Außenministerium; stand Roosevelt nahe, was zu Spannungen im Verhältnis zu Hull führte.

Sowjetunion

LAWRENTI BERIJA, seit 1938 Chef des NKWD; für die innere Sicherheit verantwortlich.

WLADIMIR DEKANOSOW, ab Dezember 1940 Botschafter in Berlin. FILIP GOLIKOW, General, Chef des militärischen Nachrichtendiensts. GEORGI MALENKOW, Stalins rechte Hand im Generalsekretariat der Kommunistischen Partei und Chef der Parteibürokratie; nach dem deutschen Überfall mit der Evakuierung der Industrie in den Osten und dem Nachschub der Roten Armee beauftragt.

IWAN MAISKI, seit 1932 Botschafter in London.

WSEWOLOD MERKULOW, Volkskommissar für Staatssicherheit (Chef des Auslandsnachrichtendiensts, der im Februar 1941 von Berijas NKWD abgespalten wurde und mit einer eigenständigen Organisation neben dem militärischen Nachrichtendienst agierte).

ANASTAS MIKOJAN, gehörte zu Stalins engstem Kreis im Politbüro; für den Außenhandel verantwortlich.

WJATSCHESLAW MOLOTOW, seit Mai 1939 Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten und bis zum 5. Mai 1941 Vorsitzender des Rats der Volkskommissare (also Ministerpräsident).

KONSTANTIN UMANSKI, seit 1939 Botschafter in Washington.

JOSEF STALIN, Generalsekretär der Kommunistischen Partei; ab 5. Mai 1941 Vorsitzender des Rats der Volkskommissare; hatte als unangefochtener Herrscher über die Sowjetunion alle Hebel der politischen und militärischen Macht in der Hand.

SEMJON K. TIMOSCHENKO, Marschall, ab Mai 1940 Verteidigungsminister; für Organisation und Ausbildung der Roten Armee verantwortlich.

KLIMENT WOROSCHILOW, Marschall, bis Mai 1940 Verteidigungsminister; langjähriger Militärberater Stalins.

GEORGI SCHUKOW, Marschall, wurde 1939 als Kommandeur im Konflikt mit japanischen Truppen an der manschurisch-mongolischen Grenze bekannt; ab Januar 1941 Generalstabschef der Roten Armee.

Vorrede

Noch heute ist zu spüren, wie sehr der Zweite Weltkrieg das 20. Jahrhundert umgestaltet hat. Und der Verlauf dieses Krieges – des schrecklichsten der Geschichte – wurde weitgehend bestimmt durch eine Reihe schicksalhafter Entschlüsse, welche die Führer der Großmächte innerhalb von nicht mehr als neunzehn Monaten, zwischen Mai 1940 und Dezember 1941, fassten. Diese beiden Gedanken liegen den folgenden Kapiteln zugrunde.

Je näher das Ende des 20. Jahrhunderts rückte, desto deutlicher wurde, dass der Zweite Weltkrieg seine prägende Periode gewesen war. Selbstverständlich war der Erste Weltkrieg die »Urkatastrophe«.1 Er stürzte politische Regime (das Russische, das Habsburgische und das Osmanische Reich, die deutsche Monarchie), zerstörte Wirtschaften und hinterließ schwelende Wunden, welche die politische Mentalität prägten. Auch waren die höchst anfälligen, instabilen Gesellschaften und politischen Strukturen, die aus dem globalen Krieg hervorgingen, nur von kurzer Dauer. Aufgrund der gewaltigen sozialen, ökonomischen und politischen Kosten des scheinbar sinnlosen vierjährigen Gemetzels war ein neuer Flächenbrand stets wahrscheinlich und wurde im Lauf der Zeit immer unvermeidlicher. Der Zweite Weltkrieg führte ganz offensichtlich zu Ende, was im Ersten unerledigt geblieben war. Aber dieser zweite große Konflikt war nicht nur blutiger – er forderte über fünfzig Millionen Todesopfer, also vier- bis fünfmal so viele wie der Krieg von 1914 bis 1918–und globaler als der erste, auch seine langfristigen Folgen und die durch ihn bewirkte Veränderung der Machtstrukturen der Welt waren einschneidender.2

Sowohl in Europa als auch im Fernen Osten gingen frühere Machtansprüche  – diejenigen von Deutschland, Italien und Japan – im Malstrom der Zerstörung unter. Eine Mischung aus nationalem Bankrott und wiederauflebenden antikolonialen Bewegungen brachte das britische Empire zu Fall. Maos China war ein Hauptnutznießer des Endes der japanischen Vorherrschaft und der Unruhen im vom Krieg erschütterten Fernen Osten. Vor allem aber hielten sich zwei Supermächte, die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion, die vor 1939 gar nicht so überlegen und dominant gewesen waren, mit ihren Atomwaffenarsenalen in einem Kalten Krieg, der bis zum letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts dauerte, gegenseitig in Schach. Die vom Zweiten Weltkrieg herbeigeführte Machtkonstellation mündete – zur Überraschung und Erleichterung vieler Zeitgenossen aus der Anfangsphase des Kalten Krieges – nicht in einen dritten verheerenden Konflikt, sondern bildete den Rahmen einer phönixgleichen Erholung sowohl Europas als auch des Fernen Ostens, deren wirtschaftlich treibenden Kräfte erstaunlicherweise das besiegte Deutschland (zumindest dessen Westteil) und das besiegte Japan waren.3 In die Nach-Nachkriegsära trat die Welt erst mit dem unvorhersehbaren (überwiegend) friedlichen Ende des Sowjetblocks in den Jahren 1989 bis 1991 ein. Die Folgen des Zweiten Weltkriegs waren also ebenso tief greifend wie dauerhaft und prägend.

Der Zweite Weltkrieg hinterließ der Menschheit zudem ein neues, grässliches Wort, das einen Tatbestand bezeichnet, der in zunehmendem Maß als eines der bestimmenden Merkmale des Jahrhunderts betrachtet werden musste: Genozid.4 Und obwohl das, was später »Holocaust« genannt werden sollte – der zielstrebig verfolgte Plan der Nationalsozialisten, alle Juden in ihrem Herrschaftsbereich zu ermorden –, ein in der Geschichte beispielloses genozidales Vorhaben, wenngleich nicht das einzige Verbrechen in diesem Jahrhundert der Gewalt war, drückte es den nachfolgenden Jahrzehnten am dauerhaftesten und tiefsten seinen Stempel auf. Politisch gesehen, ermöglichte und legitimierte das Gedenken an den Holocaust die Gründung des Staates Israel, die von einem Großteil der Welt befürwortet, von den arabischen Nachbarstaaten, die dadurch Land verloren, aber leidenschaftlich bekämpft wurde und zwangsläufig zu nicht enden wollendem und sogar zunehmendem Aufruhr im Nahen Osten führte – wiederum mit enormen Auswirkungen auf die übrige Welt. Außerdem hat die immer intensivere Beschäftigung mit dem Holocaust, je weiter er in die Geschichte zurücktrat, die Anschauungen über Rasse, Ethnizität und die Behandlung von Minderheiten nachhaltig beeinflusst und verändert. Die Ermordung der Juden hat nicht nur im Kontext des Zweiten Weltkriegs stattgefunden, sondern war ein integraler Bestandteil der deutschen Kriegführung und Politik, und in den nachfolgenden Jahrzehnten spielte dieser untrennbar zum Zweiten Weltkrieg gehörende Völkermord eine immer bedeutendere Rolle im historischen Bewusstsein.

Bis zum Mai 1940 wurden auf verschiedenen Kontinenten zwei separate Kriege ausgefochten. Der erste war der erbittert geführte Krieg in China, der 1937 durch den japanischen Angriff ausgelöst worden war, der zweite der europäische Krieg, der 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen begonnen hatte, dem zwei Tage später die Kriegserklärungen Frankreichs und Großbritanniens an Deutschland gefolgt waren. Furchtbare Gräueltaten – der Japaner in China und der Deutschen in Polen – waren bald zu Kennzeichen beider Kriege geworden. Doch der Genozid, der dann in Osteuropa stattfinden sollte, lag in dieser Phase, im Frühjahr 1940, noch in der Zukunft. Und obwohl der Krieg im Fernen Osten für die europäischen Mächte und die Vereinigten Staaten von vitalem Interesse war, blieb er bis zu diesem Zeitpunkt vom europäischen Krieg getrennt. Dieser hatte sich seinerseits (abgesehen von Albanien, das sich seit der italienischen Invasion im April 1939 unter italienischer Herrschaft befand) noch nicht über die von deutschen Truppen besetzten Teile Mittel- und Osteuropas hinaus ausgeweitet. Vielmehr hatte der Krieg in Europa umgekehrt zur Folge, dass man in Japan begierige Blicke auf plötzlich greifbar erscheinende reiche Beute in Ostasien warf, insbesondere auf Kosten der größten Kolonialmacht Großbritannien. Aber wie die japanische Führung sehr wohl wusste, bedeutete die Expansion nicht nur ein direktes Kräftemessen mit Großbritannien, sondern möglicherweise zudem eine noch weit gefährlichere Konfrontation mit den Vereinigten Staaten. Auch in Europa sprach alles für eine Ausweitung des Krieges. Im Herbst steckte Mussolini durch den Angriff auf Griechenland den Balkan in Brand, und am Ende des Jahres wurde Hitlers Beschluss, im folgenden Frühjahr in die Sowjetunion einzufallen, in eine förmliche militärische Direktive übersetzt. Unterdessen verstärkten die Vereinigten Staaten die Hilfsleistungen für das belagerte Großbritannien. Die ganze Welt wurde in raschem Tempo in einen einzigen gigantischen Krieg hineingezogen.

Gegenstand der folgenden Kapitel ist eine Reihe von miteinander verknüpften politischen Entscheidungen mit weit reichenden und dramatischen militärischen Folgen, die zwischen Mai 1940 und Dezember 1941 gefällt wurden und die beiden Kriege in Asien und Europa in einen wahrhaft globalen Konflikt zusammenführten, einen kolossalen Flächenbrand, in dessen Mittelpunkt ein Völkermord und beispiellose Grausamkeiten standen. Natürlich war der Krieg im Dezember 1941 noch lange nicht zu Ende. In seinem Verlauf sollten noch weitere Wendepunkte geschehen und grundlegende Entscheidungen getroffen werden, die allerdings vorwiegend strategischer und taktischer Art waren. Und als gegen Kriegsende die Vorherrschaft der Alliierten feststand, wurde auf den Konferenzen von Jalta und Potsdam der geopolitische Rahmen der Nachkriegsordnung festgelegt – die Arena des bald darauf ausbrechenden Kalten Krieges. Dennoch wurden in den verbliebenen dreieinhalb Kriegsjahren im Wesentlichen die Konsequenzen aus den zwischen Mai 1940 und Dezember 1941 gefassten Entschlüssen gezogen.5 Es waren in der Tat schicksalhafte Entscheidungen, welche die Welt veränderten.

Die schicksalhaften Entschlüsse der politischen Führer Deutschlands, Großbritanniens, der Sowjetunion, der Vereinigten Staaten, Japans und Italiens waren entscheidend von den unterschiedlichen Systemen der jeweiligen Länder geprägt – zwei faschistische, zwei demokratische, ein kommunistisches und ein bürokratisch-autoritäres. In den folgenden Kapiteln wird die Genese dieser Entscheidungen nachverfolgt. Dabei erheben sich sofort damit zusammenhängende Fragen: Unter welchen Einflüssen standen die Entscheidungsträger? Wie weit waren Entscheidungen von Regierungsbürokratien vorgegeben oder von konkurrierenden Machtgruppen innerhalb der herrschenden Eliten beeinflusst?6 Wie rational waren die Entschlüsse hinsichtlich der Ziele der einzelnen Regime und angesichts der Erkenntnisse ihrer Nachrichtendienste? Wie viel Entscheidungsfreiheit besaßen einerseits die Kriegsführer, und wie weit bestimmten oder beschränkten andererseits äußere, unpersönliche Kräfte deren Entschlüsse? Inwieweit verringerte sich ihr Ermessensspielraum im Verlauf der fraglichen neunzehn Monate? Mit anderen Worten, wie weit verengte sich der Blickwinkel für Alternativen, oder verschwand er sogar ganz? Und welche kurz- und langfristigen Folgen hatten die Entschlüsse? Das sind nur einige der im Folgenden behandelten Fragen.

Im Rückblick scheint das Geschehen unausweichlich gewesen zu sein. Bei der Betrachtung der Geschichte von Kriegen gibt es, vielleicht noch mehr als bei der Beschäftigung mit Geschichte im Allgemeinen, den nahezu natürlichen teleologischen Drang, das tatsächliche Ergebnis der jeweiligen Entwicklung als das einzig mögliche anzusehen. In diesem Buch soll unter anderem gezeigt werden, dass es nicht so war, vor allem, wenn der Krieg vom Schreibtisch eines der Hauptstrategen aus betrachtet wird – mit nur ungefähren Vorstellungen von den gegnerischen Plänen, unbestimmter Zukunft, zu beachtenden Optionen und zu fällenden Entscheidungen. Eine Entscheidung zu treffen, setzt voraus, dass man eine Wahl zwischen mehreren möglichen Alternativen hat. Für die Handelnden, selbst die am stärksten ideologisch geprägten (oder blinden), standen grundsätzliche Überlegungen auf dem Spiel; sie mussten bedeutsame Einschätzungen vornehmen und große Risiken eingehen. Einen unausweichlichen Weg, dem sie hätten folgen können, gab es nicht. Es wird daher in jedem Einzelfall gefragt werden, warum eine bestimmte Option den Vorzug erhielt, was zumeist die explizite Frage nach sich zieht, was geschehen wäre, wenn eine Alternative ergriffen worden wäre.

Dies soll keineswegs in kontrafaktische Spekulationen ausarten. Es gibt stets zu viele Variablen, als dass eine solche Herangehensweise produktiv sein könnte. Gleichwohl stellen Historiker zwangsläufig implizit kurzfristige kontrafaktische Überlegungen an, wenn sie Alternativen zu unmittelbar bevorstehenden Ereignissen oder Entwicklungen in Erwägung ziehen. Andernfalls wären sie nicht in der Lage, die Bedeutung der tatsächlichen Geschehnisse in vollem Umfang zu ermessen. Wenn im Folgenden Alternativen erwogen werden, dann also nicht als langfristige Projektionen oder Spekulationen über das »Was-wäre-wenn«, sondern als realistische, kurzfristige, von den tatsächlich gefällten Entscheidungen abweichende Optionen. Anders gesagt, die Betrachtung der hinter einem Entschluss stehenden Wahlmöglichkeiten trägt dazu bei, die konkreten Gründe zu erhellen, aus denen die jeweilige Entscheidung getroffen wurde.

Dieses Buch rekonstruiert zehn Entschlüsse mit Folgen. Drei von ihnen, sicherlich die weit reichendsten, wurden von Hitlers Regime gefasst: die Sowjetunion anzugreifen, den Vereinigten Staaten den Krieg zu erklären und die Juden zu ermorden. Die ausführliche Untersuchung dieser Entscheidungen spiegelt die überragende Rolle Deutschlands als Haupttriebkraft der hier interessierenden Ereignisse wider. Japan stand als dynamische Macht, die Entwicklungen anstieß, nur Deutschland nach, was in den beiden Kapiteln über japanische Entscheidungen zum Ausdruck kommt. Die im Wesentlichen reaktiven Entschlüsse Großbritanniens, der Sowjetunion und – auf andere Weise und mit selbstzerstörerischen Konsequenzen  – Italiens werden in jeweils einem Kapitel behandelt, während die Darstellung der immer bedeutenderen Rolle der Vereinigten Staaten zwei Kapitel erfordert. Andere Entscheidungen als die hier ausgewählten, etwa diejenige von Francos Spanien und von Vichyfrankreich, nicht aufseiten der Achse in den Krieg einzutreten, waren im Vergleich mit diesen weit reichenden Entschlüssen von deutlich geringerer Bedeutung.

Man kann natürlich mit einigem Recht einwenden, dass die Entscheidung mit den tief greifendsten Auswirkungen auf die Gestaltung der Nachkriegswelt nicht am Anfang, sondern am Ende des Zweiten Weltkriegs gefällt wurde: diejenige nämlich, auf die japanischen Städte Hiroschima und Nagasaki Atombomben abzuwerfen. Doch auch hierfür war eine frühere Entscheidung nötig gewesen – die Atombombe zu entwickeln –, die ebenfalls in den schicksalhaften Monaten von 1940/41 getroffen wurde. Nach vorbereitenden Arbeiten legten amerikanische Wissenschaftler mit den Forschungsmitteln, die nach dem Fall von Frankreich im Sommer 1941 in größerem Umfang bereitgestellt wurden, und mithilfe der Forschungsergebnisse von Exilwissenschaftlern in Großbritannien im Herbst 1941 die Grundlagen für den Bau der Atombombe. Einen Tag, bevor in Pearl Harbor japanische Bomben auf amerikanische Kriegsschiffe fielen, beschloss Präsident Franklin D. Roosevelt, trotz der riesigen Kosten und der notwendigen Beteiligung einer großen Zahl der fähigsten amerikanischen Wissenschaftler, die Atombombe entwickeln zu lassen. Ohne diese Entscheidung wäre sie nicht verfügbar gewesen, als sein Nachfolger Harry S. Truman sie in der Endphase des Krieges im August 1945 einsetzte.7 Als die Forschung für eine Atombombe in Auftrag gegeben wurde, war ihr möglicher Einsatz allerdings kaum mehr als eine ferne Vision.

Die in diesem Buch behandelten Entschlüsse hatten Auswirkungen, die zur Grundlage der nachfolgenden Entscheidungen wurden. So ergibt sich, während der Blickwinkel von einem Land zum nächsten wechselt, sowohl eine logische Folge von »angestoßenen« Ereignissen und Implikationen als auch ein chronologisches Muster. Die Darstellung beginnt mit der britischen Entscheidung vom Mai 1940, den Krieg weiterzuführen. Dabei handelte es sich keineswegs um die naheliegende oder gar selbstverständliche Entscheidung, als die sie im Licht der späteren Ereignisse (und einiger wirkungsvoller historischer Schriften) erscheinen mag.8 Vielmehr erwog das Kabinett drei Tage lang ernsthaft die verschiedenen Optionen. Hintergrund war die Tatsache, dass der neue Premierminister sich noch in sein Amt einarbeiten musste, die britischen Expeditionstruppen in Dünkirchen verloren zu sein schienen, von den Vereinigten Staaten vorläufig keine Hilfe zu erwarten war und eine deutsche Invasion unmittelbar bevorzustehen schien. Die schließlich getroffene Entscheidung, keinen Verhandlungsfrieden anzustreben, hatte direkte und weit reichende Konsequenzen nicht nur für Großbritannien, sondern auch für Deutschland.

Tatsächlich stellte diese eine Entscheidung Hitlers gesamte Kriegsstrategie in Frage. Da Großbritannien (aus seiner Sicht) unvernünftig handelte, der Krieg im Westen also nicht endete und im Hintergrund die Möglichkeit eines immer wahrscheinlicher werdenden amerikanischen Kriegseintritts lauerte, sah sich Hitler schon im Juli 1940 genötigt, mit den Vorbereitungen für einen risikoreichen Zweifrontenkrieg zu beginnen, den er nach einem Angriff auf die Sowjetunion im folgenden Jahr würde führen müssen. Zu einer konkreten Kriegsdirektive wurde dieser Notfallplan aber erst ein halbes Jahr später. In der Zwischenzeit gab es keinen zwangsläufigen Weg in den russischen Krieg. Selbst Hitler schien zu schwanken und unsicher zu sein. Er erwog eine ganze Reihe strategischer Möglichkeiten, verwarf sie aber schließlich alle. Diese im Sommer und Herbst 1940 diskutierten Optionen werden im zweiten Kapitel aus der Sicht Hitlers und seiner Berater dargestellt.

Der außergewöhnliche deutsche Sieg über Frankreich und der erwartete Zusammenbruch Großbritanniens lenkten den Blick der japanischen Führung auf Chancen, die unverzüglich durch eine Expansion nach Südostasien ergriffen sein wollten. Das dritte Kapitel wendet sich deshalb dem Fernen Osten und der Entscheidung für den Vorstoß nach Süden zu, der zwangsläufig die Gefahr eines Konflikts mit den Vereinigten Staaten mit sich brachte und daher den Weg nach Pearl Harbor vorzeichnete, den Japan im folgenden Jahr beschreiten sollte.

Auch in Europa hatte die rasche Niederlage Frankreichs unmittelbare und weit reichende Folgen. Das vierte Kapitel behandelt die Entscheidungen, vor denen die italienische Führung stand, während Mussolini die französische Niederlage nutzte, um sein Land in den Krieg zu führen, und anschließend durch seinen katastrophalen Entschluss, Griechenland anzugreifen, den Balkan ins Chaos stürzte. Die entscheidende Rolle der Vereinigten Staaten ist Gegenstand des fünften Kapitels. Es behandelt Roosevelts Drahtseilakt zwischen der isolationistischen Haltung der Öffentlichkeit und dem politischen Willen zur Intervention, um künftig nicht nur Großbritannien auf jede Weise zu unterstützen, sondern auch sein Land schnellstens auf die volle Kriegsteilnahme vorzubereiten.

Das sechste Kapitel beschäftigt sich mit einer der rätselhaftesten Episoden des Krieges, die beinahe fatale Folgen für die Sowjetunion gehabt hätte: Stalins Entschluss, alle Warnungen und die konkreten Erkenntnisse seines eigenen Nachrichtendienstes über die bevorstehende deutsche Invasion in den Wind zu schlagen, sodass sein Land, als Deutschland am 22. Juni 1941 angriff, völlig unvorbereitet war und sich in einem desolaten Zustand befand. Der restliche Weg in den globalen Krieg war kurz, aber nicht ohne weitere Wendungen. Das siebente Kapitel ist der Entscheidung der amerikanischen Regierung gewidmet, im Atlantik auf provozierende Weise einen »unerklärten Krieg« gegen das Deutsche Reich zu führen. Es folgt im achten Kapitel eine Untersuchung des außerordentlichen japanischen Entschlusses, die Vereinigten Staaten anzugreifen. Er wurde gefasst, obwohl man das enorme Risiko kannte und sich der Tatsache bewusst war, dass die langfristigen Siegeschancen gering waren, sollte der Angriff nicht zum sofortigen totalen Vernichtungsschlag werden. Dies stand in direktem Kausalzusammenhang mit Hitlers Entscheidung, den Vereinigten Staaten den Krieg zu erklären, die unmittelbar nach Pearl Harbor gefällt wurde und lange als eine der merkwürdigsten des Zweiten Weltkrieges galt. Mit dieser Entscheidung, die im neunten Kapitel behandelt wird, stand die ganze Welt in Flammen.

Danach bleibt noch ein weiterer Entschluss – oder ein Bündel von Entschlüssen – zu analysieren. Dieser war zwar von anderer Art, aber unauflöslich mit dem Krieg verknüpft und gehörte zu seinen wesentlichen Merkmalen: der im Sommer und Herbst 1941 schrittweise, aber unaufhaltsam gefasste endgültige Entschluss, die europäischen Juden zu ermorden. Der komplexe Prozess des Übergangs von partiellen, begrenzten genozidalen Aktionen zum totalen Völkermord, in dem Impulse der NS-Theoretiker und ihrer Vollstrecker »an der Basis« vor allem in Osteuropa ineinandergriffen und einander verstärkten und der sich in den ersten Monaten des Jahres 1942 zur umfassenden »Endlösung« ausweitete, ist Gegenstand des letzten Kapitels.

Ende 1941, neunzehn Monate nach dem Beginn der deutschen Offensive in Westeuropa, war der Konflikt global und genozidal geworden. Der Krieg stand auf Messers Schneide. Zwar hatte der erste große sowjetische Gegenangriff den deutschen Vormarsch aufgehalten, aber die Wehrmacht überstand – fürs Erste – die Wucht der Offensive der Roten Armee und den grimmigen russischen Winter, begann bald wieder ihre Kräfte zu sammeln und schickte sich an, bis zum Herbst 1942 weitere große Geländegewinne zu erzielen. Im Atlantik konnten die deutschen U-Boote im ersten Halbjahr 1942 beispiellose Erfolge verbuchen, und eine Zeitlang schien es, als würden die Alliierten den Seekrieg verlieren. In Europa und im Fernen Osten standen den Achsenmächten immer noch beträchtliche wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung.9 Und die von den Alliierten versprochene zweite Front war, zu Stalins anhaltender Verwunderung, nirgendwo in Sicht. Die amerikanische Wirtschaft war weiterhin nicht in einem Umfang auf die Kriegsproduktion umgestellt worden, der einen gleichzeitigen Sieg über Deutschland und Japan ermöglicht hätte. Unterdessen trieben die japanischen Truppen ihren brutalen Vormarsch im Fernen Osten voran. Im Februar 1942 sollten sie Singapur einnehmen, das lange Zeit als Bastion der britischen Macht in Südostasien angesehen worden war. Der Weg zur Eroberung Indiens, des Kernstücks des britischen Empires, schien offenzustehen. Die Achsenmächte befanden sich dem Anschein nach weiter im Aufwind. Erst im Rückblick wird erkennbar, dass sie kurz davor standen, das riesige Glücksspiel, auf das sie sich eingelassen hatten, zu verlieren, dass sie ihre Kapazitäten überdehnt hatten und dass die volle Kriegsteilnahme der Vereinigten Staaten, zusammen mit der außerordentlichen Zähigkeit der Sowjetunion und der letzten großen Kraftanstrengung Großbritanniens und des britischen Empires, ihre Niederlage immer unausweichlicher machte.10

Bis zu diesem Ende im Jahr 1945, als nach Hitlers Selbstmord zuerst die rasche Kapitulation des zerstörten Deutschland folgte und dann das kaiserliche Japan zur Aufgabe gezwungen wurde, war allerdings noch ein langer, verlustreicher Weg zurückzulegen. Millionen von Menschen verloren ihr Leben, und die Zerstörungen erreichten ein noch nie dagewesenes Ausmaß. Ende 1941 war dies alles noch fern. Aber die schicksalhaften Entscheidungen der beiden vorangegangenen Jahre hatten den Weg dorthin geebnet.

1

London, Frühjahr 1940

Großbritannien beschließt, weiterzukämpfen

Der PM [Premierminister] lehnte jede Fühlungnahme mit Musso[lini] ab. Es sei unwahrscheinlich, dass Hitler Bedingungen zustimmen würde, die für uns annehmbar wären, obwohl er die Gelegenheit ergreifen würde, wenn wir uns durch die Aufgabe von Malta und Gibraltar sowie einiger afrikanischer Kolonien aus dieser Klemme befreien würden. Aber der einzige sichere Weg sei, Hitler vor Augen zu führen, dass er uns nicht besiegen könne […] Halifax meinte, dass es nicht schaden könne, Musso in Versuchung zu bringen und zu sehen, was dabei herauskommt. Wenn die Bedingungen unmöglich seien, könnten wir sie immer noch zurückweisen.

Neville Chamberlain, Tagebucheintrag vom 26. Mai 1940

»Künftige Generationen werden es wohl für bemerkenswert halten, dass jene letzte Frage, ob wir den Kampf allein fortsetzen sollten, niemals auf der Tagesordnung des Kriegskabinetts figurierte. Diese Männer aus allen Parteien im Staat hielten das für natürlich und selbstverständlich, und wir hatten viel zuviel zu tun, als dass wir unsere Zeit mit solch unrealen, akademischen Fragen hätten vergeuden können.«1 Dies schrieb Winston Churchill in seinen Memoiren über den Zweiten Weltkrieg, die enormen Einfluss auf das historische Bild des Krieges hatten und den Mythos mitbegründeten, dem zufolge Großbritannien allein und in großer Not, aber mit eisernem Willen niemals auch nur für einen Augenblick in seiner Entschlossenheit geschwankt habe, den Kampf gegen ein mächtiges, siegreiches und unmittelbar bedrohliches Deutschland fortzuführen. Wenn man das Ende einer Geschichte kennt, fällt es immer schwer, sie nicht rückwärts von ihrem Ausgang her zu verstehen, vor allem, wenn sie von einer so einzigartigen Figur wie Churchill geschrieben worden ist. Er selbst steht wie kein anderer für den nationalen Durchhaltewillen, der sich in der grandiosen Rhetorik seiner Reden vom Sommer 1940 widerspiegelte, in denen er den Sieg in der »Schlacht um England« beschwor, den »Handschlag« über den Atlantik hinweg in Form ständig wachsender amerikanischer Hilfsleistungen. Doch Churchill wusste sehr gut, dass es in den düstersten Tagen im Mai 1940 anders aussah.

Es war eine von Angst geprägte Zeit. Die britischen Expeditionstruppen in Nordfrankreich und Belgien waren anscheinend verloren; das einst machtvolle französische Heer taumelte unter den Schlägen der deutschen Wehrmacht; sofortige Hilfe war weder aus den Vereinigten Staaten noch im direkten, praktischen Sinn aus den britischen Kolonien zu erwarten, und die Heimatverteidigung befand sich angesichts der sehr real gewordenen Gefahr einer Invasion in bedenklichem Zustand. Unter diesen Umständen wäre es höchst ungewöhnlich gewesen, hätte die britische Regierung die Frage, ob das Land weiterkämpfen könne oder solle, wirklich als »unreal« und »akademisch« betrachtet und keiner Diskussion würdig. Und tatsächlich stellte das Kriegskabinett, obwohl Churchill jeden Hinweis darauf getilgt hat, ernsthafte und ausführliche Überlegungen zu genau dieser Frage an: Sollte Großbritannien weiterkämpfen, oder sollte es akzeptieren, dass es in der gegenwärtigen Notlage am besten wäre, die Bedingungen eines Friedensschlusses zu erkunden?2 Dies war die schwer wiegende Entscheidung, vor der die britische Führung während eines schicksalhaften Zeitraums von drei Tagen Ende Mai 1940 stand. Wie sie ausfiel, das sollte tief greifende Folgen nicht nur für Großbritannien, sondern auch für den allgemeinen Verlauf des Krieges in den nächsten Jahren haben.

I

Wie Großbritannien in eine derart bedrängte Lage geraten war, dass sich die Frage stellte, ob man aus einer Position der Schwäche um einen Friedensschluss geradezu bitten sollte, ist seither ausführlich untersucht und analysiert worden. Bereits 1940 gab eine viel gelesene und einflussreiche Polemik mit dem Titel Guilty Men – schuldige Männer –, die denjenigen Mitgliedern der britischen Regierung die Schuld zuschob, die in den dreißiger Jahren den gefährlichen Weg der Beschwichtigung Hitlers, des Appeasement, beschritten hatten. Ganz oben auf der Liste der Schuldigen standen der nüchterne, steife, aber gewiefte und scharfsinnige Neville Chamberlain, der von Mai 1937 bis Mai 1940 Premierminister gewesen war, und der großgewachsene, nicht sonderlich humorvolle Außenminister Lord Halifax, der unter Churchill seinen Posten behalten hatte. Halifax, ein ehemaliger Vizekönig von Indien und erfahrener Diplomat, war sowohl für seine Frömmigkeit als auch für seine Leidenschaft für die Fuchsjagd bekannt und wurde deshalb »Holy Fox« (heiliger Fuchs) genannt. Die »Schande von München« im Jahr 1938, als sich Großbritannien und Frankreich Hitlers Druck beugten und ihm einen Teil der Tschechoslowakei auslieferten, ist für immer mit dem Namen Chamberlains verbunden. Dabei wird häufig vergessen, dass die Appeasementpolitik bis München in Großbritannien sehr populär war, sogar bei denen, die angesichts der nachfolgenden Ereignisse zu ihren schärfsten Kritikern werden sollten. Dem Versuch, Hitler zu beschwichtigen, lagen zweifellos gravierende Fehleinschätzungen zugrunde. Doch diese müssen im Zusammenhang mit den nahezu unüberwindlichen Schwierigkeiten gesehen werden, vor denen Großbritannien stand, während zugleich immer deutlicher zutage trat, welche Gefahr von Hitler ausging.

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