Western Dreierband 3086 - Pete Hackett - E-Book

Western Dreierband 3086 E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Western: Pete Hackett: Pulverdampf am Bow Creek George Owen Baxter: Holzwaffen George Owen Baxter: Donnermond der Cheyenne Von mächtigen Feinden aus seiner Heimat vertrieben, kehrt Jim Jahre später zurück - gebrochen, gequält und körperlich verkrüppelt. Obwohl die Zeit und die Entbehrungen ihn zu einem ehrenwerteren Mann gemacht haben, sehen die Städter ihn immer noch als den skrupellosen Revolverhelden, der er einst war. Während er versucht, sein Leben wieder aufzubauen, muss er sich mit altem Groll und einem Durst nach Rache auseinandersetzen, der mit der Zeit nicht verblasst ist.

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Seitenzahl: 677

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Pete Hackett, George Owen Baxter

Western Dreierband 3086

UUID: 144be0a9-568a-4b86-983e-09b0dfb56841
Dieses eBook wurde mit Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Western Dreierband 3086

Copyright

Pulverdampf am Bow Creek: Pete Hackett Western Edition 33

Holzwaffen: Wichita Western Roman 239

Donnermond der Cheyenne

Western Dreierband 3086

Pete Hackett, George Owen Baxter

Dieser Band enthält folgende Western:

Pete Hackett: Pulverdampf am Bow Creek

George Owen Baxter: Holzwaffen

George Owen Baxter: Donnermond der Cheyenne

Von mächtigen Feinden aus seiner Heimat vertrieben, kehrt Jim Jahre später zurück - gebrochen, gequält und körperlich verkrüppelt. Obwohl die Zeit und die Entbehrungen ihn zu einem ehrenwerteren Mann gemacht haben, sehen die Städter ihn immer noch als den skrupellosen Revolverhelden, der er einst war. Während er versucht, sein Leben wieder aufzubauen, muss er sich mit altem Groll und einem Durst nach Rache auseinandersetzen, der mit der Zeit nicht verblasst ist.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author /COVER EDWARD MARTIN

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Pulverdampf am Bow Creek: Pete Hackett Western Edition 33

Western von Pete Hackett

Adam Browning beschattete die Augen mit der linken Hand, beobachtete kurze Zeit den Reiter, der im Süden der Ranch auf einem Hügel verhielt, und rief dann: "Dee, da kommt einer von Süden herauf. Hat er denn das Schild nicht gesehen, das Unbefugten das Betreten der Weide der Osborne-Ranch verbietet?"

Dee Burnett kam aus dem Haupthaus und trat neben Browning an das Vorbaugeländer. "Wir werden es dem Narren mit Nachdruck klar machen, dass er hier nichts verloren hat. Lass ihn nur näher kommen." Dee Burnett griff nach seinem Revolver und lüftete ihn etwas im Holster.

Der Reiter trieb sein Pferd an. Im leichten Trab näherte er sich der Ranch. Er hatte sich den Hut tief in die Stirn gezogen. Da er die Sonne hinter sich hatte, lag sein Gesicht im Schatten. Die beiden Cowboys der Osborne-Ranch hatten keine Ahnung, dass sich ihnen Unheil und Tod auf stampfenden Hufen näherte...

Der Fremde lenkte sein Pferd in den Ranchhof. Unter den Hufen wirbelte gelber Staub. Das Pferd prustete. Eine Gebisskette klirrte.

Aus dem Stall war Jim Holladay getreten. Es war der dritte Mann, den Wes Osborne auf der ehemaligen Warner-Ranch stationiert hatte. Er hielt eine Forke in den Händen. Jetzt lehnte er sie weg und zog seinen Revolvergurt in die Höhe. Fast gemächlich schlenderte er hinüber zum Haupthaus. Es handelte es sich um ein ziemliches neues Gebäude aus Balken und Brettern.

Beim Brunnen in der Mitte des Ranchhofes hielt der fremde Reiter an. Er hob sein rechtes Bein über das Sattelhorn und glitt vom Pferd.

Es war ein großer Mann mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Gekleidet war er wie ein Cowboy. Ein schwerer Revolver steckte im offenen Holster an seiner rechten Seite. Jetzt schob er sich den schwarzen, flachkronigen Stetson ein wenig aus der Stirn. Sein Gesicht war schmal und sonnengebräunt und wurde von einem dunklen Augenpaar beherrscht. Er verfügte über ein kantiges Kinn, was Energie und Willenskraft verriet. Dunkle Haare lugten unter seinem Hut hervor.

Er ließ den Ledereimer in die Tiefe sausen. Die drei Männer, die ihn anstarrten, beachtete er nicht. Die Winde quietschte, als er den vollen Eimer in die Höhe hievte.

Adam Browning und Dee Burnett wechselten einen bedeutungsvollen Blick. "Entweder hat der Bursche was an den Augen, oder er hat nicht alle Tassen im Schrank", presste Browning mit schmalen Lippen hervor. Dann erhob er seine Stimme und rief: "Hi, Fremder. Du benimmst dich, als wärst du hier zu Hause."

Der Mann stellte den vollen Eimer vor das Pferd hin. Sofort tauchte das Tier seine Nase hinein. Dann wandte sich der Fremde Adam Browning zu. Diese zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb. "Goddam!", entfuhr es ihm und über sein Gesicht lief der Schimmer des jähen Erkennens. "John Warner!" Seine Rechte legte sich auf den Revolvergriff.

"Sehr richtig", sagte Warner und nickte. "Du siehst das schon richtig, ich bin hier zu Hause."

Browning schluckte.

Auch Dee Burnett hatte die Hand auf den Coltknauf gelegt. Er fixierte John Warner wie eine außerirdische Erscheinung.

Jim Holladay hatte angehalten. Breitbeinig stand er da, seine Arme baumelten locker von den Schultern, doch es war deutlich, dass er trotz seiner lässigen Haltung unter lauernder Anspannung stand.

Die Atmosphäre auf dem Ranchhof mutete plötzlich gefährlich und unerträglich an.

John Warner ließ erneut seine Stimme erklingen: "Ich denke, Osborne hat meine Ranch zu einem Außenwerk umfunktioniert. Er hat ein neues Wohngebäude errichten lassen. Aber das war er mir wohl schuldig, nachdem er mein Wohnhaus in Schutt und Asche legte."

"Was willst du, Warner?"

"Das fragst du, Browning?" John Warner schürzte die Lippen. "Du warst doch dabei, als mich Dave Sherman am Lasso über den Hof schleifte, bis mir die Haut in Fetzen von den Knochen hing. Nun, es hat einige Zeit gedauert, bis ich wieder gesund wurde und mich überwand, nach Hause zu reiten." Warners Stimme sank herab. Abgehackt sagte er: "Ich will meine Ranch zurück, Browning. Mit allem, was dazugehört. Ich sehe, dass die Corrals fast leer sind. Meine Pferde finde ich sicherlich auf der Osborne-Ranch. Bestellt Osborne, dass ich sie mir holen werde. Und nun packt euren Krempel und verschwindet. Ihr habt eine halbe Stunde Zeit. Nach Ablauf der halben Stunde mache ich euch Beine."

"Du scheinst in den wenigen Wochen, seit wir dich aus dem Land jagten, größenwahnsinnig geworden zu sein, Warner. Ja, ich war dabei, als dich Sherman über den Ranchhof schleifte. Scheinbar hat dir das nicht gereicht. Nun, wir werden dich eben noch einmal zurechtstutzen. Was wir von dir übrig lassen, werden wir zusammenfegen und an die Schweine verfüttern."

"Dann fangt mal an", stieß John Warner hervor, und dann ging alles blitzschnell.

Die Osborne-Männer rissen ihre Revolver heraus.

John Warners Zug war eine huschende Bewegung von Hand, Arm und Schulter.

Und dann sangen die Waffen ihr tödliches Lied. Die Detonationen verschmolzen ineinander, rollten hinaus in die Prärie und verhallten mit geheimnisvollem Geraune. John Warner lag am Boden, rollte herum, feuerte, wälzte sich erneut herum... Die Männer Osbornes wurden von den Treffern geschüttelt und brachen zusammen.

Pulverdampf wölkte nebelhaft und zerflatterte. Die Stille, die nach den Schüssen eintrat, war bleischwer und erdrückend.

John Warner erhob sich. Er hielt den Colt im Anschlag und richtete ihn abwechselnd auf die drei schlaffen Gestalten. Zwei lagen auf der Veranda, die dritte im Hof. Leises Wimmern war zu hören. Es kam von dem Burschen, der im Hof lag. Die gebotene Vorsicht nicht außer Acht lassend schritt Warner zu ihm hin und ging auf das linke Knie nieder.

Jim Holladays Lider zuckten. Er atmete stoßweise und rasselnd. Er hatte die Kugel in die rechte Brustseite bekommen. John Warner erkannte, dass hier ohne ärztliche Hilfe nichts zu machen war.

Er richtete sich auf und schritt zum Ranchhaus, stieg die vier Stufen zur Veranda hinauf und beugte sich über Adam Browning. Der Bursche war tot. Warner ging zu Burnett hin. Auch Burnett hatte eine Kugel in die Brust bekommen. Er war besinnungslos.

John Warner holsterte den Revolver.

Er holte einen flachen Farmwagen aus der Remise, schirrte ein Pferd aus dem Corral ein und holte einige Arme voll Stroh aus dem Schober, das er auf der Ladefläche des Fuhrwerks verteilte. Zuletzt legte er die beiden Verwundeten und den Toten auf den Wagen. Und dann kümmerte sich John Warner um sein Pferd. Er nahm dem Tier Sattel und Zaumzeug ab und trieb es in den Corral...

*

John Warner hielt das Gespann vor dem Sheriff's Office in Logan an. Die Stadt lag am North Fork des Solomon River. Menschen blieben auf den Gehsteigen stehen und beobachteten Warner. Er zog den Bremshebel an, wickelte die Zügel darum und sprang vom Bock.

Die Stadt hatte sich nicht verändert. Die Main Street lag im Sonnenglast. Kinder spielten am Fahrbahnrand. Einige Hunde lagen faul in den Schatten. In einer Gassenmündung standen drei Frauen und unterhielten sich.

Die Stadt vermittelte Ruhe und Frieden.

Die Tür des Sheriff's Office öffnete sich und ein hochgewachsener, hagerer Mann trat auf den Vorbau. An seiner schwarzen Lederweste blinkte der Sechszack. Er kniff die Augen eng, seine Lippen sprangen auseinander. "Du bist also zurückgekehrt, John. Und du hast dich mit Pulver und Blei zurückgemeldet, wie ich sehe."

"Ich schoss in Notwehr", versetzte Warner. "Als ich die Kerle aufforderte, von meiner Ranch zu verschwinden, zogen sie die Revolver. Adam Browning bezahlte mit dem Leben. Die beiden anderen sind schwer verwundet."

"Das wird Osborne nicht schlucken." Der Sheriff stieg vom Vorbau und kam auf die Fahrbahn. Als er neben John Warner trat, konnte man sehen, dass die beiden Männer gleich groß waren. Donegan richtete den Blick seiner pulvergrauen Augen auf Warner. "Diesmal wird er es nicht dabei belassen, dich aus dem Land zu jagen, John."

"Damit rechne ich, Matt. Doch diesmal soll sich Osborne an mir die Zähne ausbeißen. – Was hast eigentlich du unternommen, nachdem ich verschwunden war und sich Osborne mein Land unter den Nagel riss. Hast du dem verdammten Weidepiraten keine Fragen gestellt?"

"Du warst fort, John. Niemand wusste genau, was geschehen war. Osborne trieb sein Vieh auf dein Land, er ließ deine Ranch wieder aufbauen und machte sie zu einem Außenwerk der Osborne-Ranch. – Nein, ich stellte keine Fragen."

"Du hast dich schon immer herausgehalten, wenn es um Osborne-Interessen ging, Matt. Sicher, du bist gut dabei gefahren. Osborne hat dir den Stern nicht von der Weste gerissen. Es ist der Weg des geringsten Widerstandes, den du immer gegangen bist."

"Du schätzt mich falsch ein, John", grollte Matt Donegan. "Es ist nicht der Weg des geringsten Widerstandes, den ich immer gegangen bin, sondern ich habe mich immer nur den Verhältnissen angepasst und..."

"Du musst dich vor mir nicht rechtfertigen, Matt", stieß Warner hervor und unterbrach den Sheriff. "Ich übergebe dir die beiden Verwundeten und den Toten, damit du die nötigen Schritte in die Wege leiten kannst. Wenn die Kerle abgeladen sind, dann lass mir das Gespann zum Saloon bringen."

"Wirst du..." Der Sheriff zögerte, nagte an seiner Unterlippe, gab sich einen Ruck und hub noch einmal an. "Wirst du Mae besuchen?"

"Natürlich. Sie muss wissen, dass ich wieder zurück bin. Du weißt ja, dass Mae und ich so gut wie verlobt waren. Es hat sich nichts geändert."

"Du hast die Gegend sang- und klanglos verlassen. Wochenlang hörte niemand von dir ein Lebenszeichen. Mae fühlte sich von dir versetzt. Ich denke, sie ist nicht gut auf dich zu sprechen."

"Du hast diese Situation doch sicher ausgenutzt und ihr den Hof gemacht, Matt. Wie weit bist du gekommen bei ihr? Hat sie dein Werben erhört?"

Matt Donegan senkte den Kopf und starrte auf seine Stiefelspitzen hinunter. Plötzlich hob er das Gesicht, sah John Warner fest an und sagte: "Niemand rechnete mehr damit, dass du jemals wieder nach Hause zurückkehrst, John. Mae hat angefangen, es nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Herzen zu akzeptieren. Doch jetzt tauchst du wieder auf und bist drauf und dran, hier eine Stampede vom Zaun zu brechen. Du hast keine Chance gegen Osborne. Er wird dich hinwegfegen. Und Mae wird wieder bittere Tränen deinetwegen vergießen. Warum bist du zurückgekehrt?"

"Einige Vorfälle in den vergangenen Wochen haben mir die Augen geöffnet, Matt. Dave Sherman hat mich nicht zerbrochen, als er mich am Lasso hinter seinem Pferd her schleifte. Ich habe gelernt, dass ein Mann kämpfen muss, wenn er anders seinen Platz nicht behaupten kann. Davonzulaufen ist sinnlos. Die Vergangenheit holt dich immer wieder ein. Man muss seine Ängste und Zweifel ganz einfach nur überwinden oder abschütteln."

Mit dem letzten Wort wandte John Warner sich ab und ließ den Sheriff stehen. Er stiefelte schräg über die Fahrbahn auf den Store zu.

Matt Donegans Brauen hatten sich zusammengeschoben. Zwei steile Falten hatten sich über seiner Nasenwurzel eingekerbt. Düster blickte er John Warner hinterher. Sein Gesicht war Spiegelbild seiner Empfindungen. Es gefiel ihm nicht, dass Warner zurückgekehrt war.

John Warner betrat den Store. Die Türglocke bimmelte. Hinter der Ladentheke stand ein grauhaariger Mann von etwa 50 Jahren.

Warner grüßte.

Der Grauhaarige sagte: "Ich habe Sie schon gesehen, Warner. Sie haben also auf die Heimatweide zurückgefunden. Hoffentlich bereuen Sie es eines Tages nicht. Mit Wes Osborne ist nicht zu spaßen. Er hat Sie einmal verjagt, und er wird Sie wieder verjagen."

"Er wird es versuchen, Mr. Hopkins. Doch ich habe mir vorgenommen, mich nicht noch einmal vertreiben zu lassen. Ist Mae zu sprechen?"

Carl Hopkins verzog das Gesicht. Ein abweisender Zug setzte sich um seinen Mund fest. Er knurrte: "Lassen Sie die Finger von Mae, Warner. Sie haben keine Zukunft. Dieser Landstrich lebt im Schatten der Osborne-Ranch. Für Sie ist hier kein Platz. Also klemmen Sie sich ihren Gaul wieder zwischen die Beine und reiten Sie. Es ist ein gut gemeinter Ratschlag..."

"John!" Es war die Stimme einer Frau, die den Namen rief. Sie stand in der Tür, die in das Lager führte. "John, mein Gott, du bist heimgekehrt!" Sie lief auf ihn zu und warf sich in seine Arme. "Dem Himmel sei dank! Du bist wieder hier."

Sie lachte und weinte.

John Warner schob sie ein wenig zurück. Seine Hände lagen um ihre Oberarme. "Ja, Mae, ich bin nach Hause zurückgekehrt." Er lächelte. Es war ein starres Lächeln, an dem die Augen nicht teilnahmen. "Aber mir scheint, einige Gentlemen sind darüber ganz und gar nicht erfreut."

"Warum bist du damals nicht in die Stadt gekommen, John?" Mae schniefte. Eine Locke ihres blonden Haares fiel ihr in die Stirn. Aus großen, blauen Augen blickte sie ihn an. Ihre Lippen bebten. In ihrem hübschen Gesicht zuckten die Nerven. Die Freude drohte sie zu überwältigen. "Weshalb bist du wochenlang verschwunden? Es ist einiges durchgesickert, was Dave Sherman mit dir anstellte. Du hättest doch..."

Warner schüttelte den Kopf.

Mae hielt inne.

"Sie haben mich fertig gemacht, Mae. Sherman hat mich hinter seinem Pferd her am Lasso kreuz und quer über den Ranchhof geschleift. Dann gebot er mir, das Land zu verlassen und mich nie wieder hier blicken zu lassen. Ich war am Ende. Und ich hatte Angst – erbärmliche Angst, dass sie mich noch einmal zurechtstutzen oder vielleicht sogar töten würden. Ich wäre auf allen Vieren aus dem Land gekrochen, um ihnen nicht noch einmal in die Hände zu fallen."

"So groß kann Ihre Angst nicht sein, Warner", blaffte Carl Hopkins.

Warner achtete nicht auf ihn. Sein Blick versank in dem Maes. "Hat sich zwischen uns etwas geändert, Mae?"

"Nein, John. Ich liebe dich, und das weißt du. Ich werde dich immer lieben. Egal, was geschieht."

"Er ist ein Verlorener", knurrte ihr Vater. "Osborne wird ihn mit der Peitsche aus dem Land prügeln."

John Warner schenkte seine Aufmerksamkeit dem Storebesitzer. "Mir ist etwas erhalten geblieben, Hopkins", stieß er hervor, "etwas, das euch allen in dieser Stadt fehlt. Stolz, Hopkins. Sherman hat ihn nicht brechen können. Er hat mich zurückgetrieben. Und er wird mir helfen, mich zu behaupten."

"Verrückter Stolz, Warner", versetzte Carl Hopkins. "Er wird Sie in die Hölle führen."

"Wir werden es sehen", sagte John Warner. Dann blickte er wieder in Maes Gesicht. "Lass uns ein Stück gehen, Mae. Ich denke, es gibt eine Menge zu erzählen."

Carl Hopkins schwieg, als Warner und seine Tochter den Laden verließen. Die Ladenglocke bimmelte einige Male. Das Geräusch riss den Storehalter aus seiner gedanklichen Versunkenheit. Er schmetterte die Faust auf den Ladentisch. "Zur Hölle mit dir, John Warner!"

Carl Hopkins wollte seine Tochter glücklich sehen. John Warner aber würde sie ins Unglück stürzen. Davon war er in diesen Minuten felsenfest überzeugt.

*

Mae und John Warner gingen Arm in Arm bis zum Stadtrand. Das Paar erregte Aufmerksamkeit. Sheriff Matt Donegan überquerte weit hinter ihnen die Straße, um den Arzt in Kenntnis zu setzen, dass er sich um die beiden Verwundeten auf dem Fuhrwerk kümmern müsse. Er blieb stehen und starrte zwischen engen Augenschlitzen hervor hinter den beiden her. Sein Gesicht war wie aus Stein gemeißelt.

Warner sagte: "Ich war am Arkansas River und habe dort den Farmern gegen einen mächtigen Weidepiraten beigestanden. Das hat mir geholfen, zu mir selbst zurückzufinden. Ich konnte mich dem Drang, nach Hause zurückzukehren und um meinen Grund und Boden zu kämpfen, nicht mehr widersetzen. Aber der Hauptgrund, der mich zurückführte, warst du, Mae. Dein Vater ist gegen unsere Verbindung. Er hält mich für einen Verlierer. Wie stehst du zu mir nach allem?"

"Ich war zunächst enttäuscht, John, als du sang- und klanglos verschwunden warst. Wochenlang hörte ich nichts von dir. Einige Zeit war ich sogar davon überzeugt, dass dich die Schießer Osbornes getötet haben und deinen Leichnam irgendwo in der Wildnis verschwinden haben lassen." Mae blieb stehen, wandte sich ihm zu und schaute hinauf in sein Gesicht. "Aber du lebst und bist zurückgekehrt. Alles wird gut, John. Ich liebe dich."

"Hat dir Matt Donegan den Hof gemacht?"

Mae lächelte herb. "Nicht nur er. Auch Wes Osborne bemühte sich plötzlich um mich. Dad meint, an seiner Seite hätte ich ausgesorgt."

"Hättest du sicher."

"Aber ich liebe Osborne nicht. Und ich heirate keinen Mann, den ich nicht liebe. Ich habe es Dad gesagt. Es gefiel ihm nicht. Ich habe auch Osborne gegenüber keinen Zweifel aufkommen lassen. Er meinte, dass ich meine Meinung noch ändern würde." Mae stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste John Warner auf den Mund. "Ich will nur einen, John, und das bist du. Ich bin glücklich, dass du wieder daheim bist. Du hast das Recht auf deiner Seite. Matt wird dir in deinem Kampf gegen Osborne beistehen müssen."

"Ich habe mit Matt gesprochen. Er wird sich raushalten, wie er sich immer herausgehalten hat, wenn irgendwelche Belange Osbornes berührt wurden. Ich habe einen Osborne-Mann getötet und zwei andere schwer verwundet. Sicher ist bereits ein Mann aus der Stadt unterwegs, um dies Osborne zu melden. – Matt wird den Kopf in den Sand stecken. Der Stern an seiner Brust ist ein Hohn. Aber ich brauche Matt nicht. Ich werde meine Angelegenheiten alleine regeln."

Mae war erschrocken. Ihre Stimme schwankte, als sie sagte: "Es – es ist schon zu einem Kampf gekommen?"

"Ja, auf meiner Ranch. Osbornes Männer griffen zu den Waffen. Ich musste mich wehren."

Mae lehnte die Stirn an John Warners Brust. "Großer Gott, John, Wes Osborne wird ein Rudel unter Shermans Führung schicken. Sie haben dich schon einmal besiegt. Nachdem du einen von Osbornes Männern getötet und zwei verwundet hast, werden sie nicht lange fackeln..."

Aus jedem Zug ihres ebenmäßigen Gesichts sprachen Angst und Sorge. Fast zaghaft sagte sie: "Ich wäre bereit, mit dir das Land zu verlassen, John. Wir sind beide jung, wir können arbeiten, und wir könnten uns – irgendwo weit weg – ein neues Leben aufbauen. Ein Leben in Ruhe und Frieden."

John Warners Miene verschloss sich. "Nein!", stieß er fast zornig hervor. "Ich werde nicht noch einmal fliehen. Wie sollte ich jeden Morgen mein Gesicht im Spiegel betrachten, wenn ich erneut die Flucht vor Osborne ergreifen würde? Ich würde mich selbst dafür hassen, Mae. Bei Gott, Flucht ist keine Lösung. Ich würde mein Selbstbewusstsein verlieren und den Stolz, der wieder in mir erwacht ist, einbüßen. Willst du das? Wünscht du dir einen Mann, der an seiner eigenen Feigheit zerbrochen ist?"

"Es ist eine Art selbstmörderischer Stolz, der dich leitete, John. Aber du kannst wohl nicht aus deiner Haut. Ich glaube, ich verstehe dich."

John Warner griff nach ihr, zog sie dicht an sich heran und küsste sie. Es war ein langer, inniger Kuss voll Leidenschaft. Mae klammerte sich an Warner, als wollte sie ihn nie wieder los lassen. Ihr Kuss beinhaltete ein Versprechen – das Versprechen, allen Widerständen zum Trotz zu ihm zu halten...

*

John Warner hatte Mae zum Store zurück begleitet. Nachdem sie ihm noch einen Kuss auf den Mund gehaucht hatte, ging sie in den Laden. Warner begab sich zum Saloon.

Es war um die Mitte des Nachmittags und im Saloon gab es nur zwei Gäste. Einer lehnte am Tresen. Es war ein alter, weißhaariger Bursche in einer zerschlissenen Jacke, in dessem Gesicht eine rote, großporige Knollennase prangte. Vor ihm stand ein großes Glas voll Whisky.

Bei dem anderen Mann, der an einem der runden Tische saß, handelte es sich um einen Bewohner der Stadt.

Der Salooner, der hinter der Theke stand und in einer Zeitung las, hob den Blick, erkannte den Ankömmling und verzog das Gesicht, als hätte man ihn mit einem Kaktus gefüttert.

John Warner ging zum Tresen. "Hallo, Doug, hallo Bob."

Der weißhaarige Oldtimer mit der roten Nase und den wässrigen Augen wandte sich Warner zu. "Aaah, John Warner! Wieder im Lande? Hast du dich entschlossen, den Kampf gegen Osborne und seine schießwütigen Burschen aufzunehmen?"

"Ich will den Kampf nicht, Doug", murmelte Warner. "Aber wenn Osborne ihn will, dann soll er ihn haben."

"Heh, Warner, wirst du einen ausgeben auf deine Heimkehr?" Doug Watson legte den Kopf schief und blinzelte. "Wirst du doch, oder täusche ich mich?"

"Du solltest nicht soviel trinken, Doug. Eines Tages wirst du daran zu Grunde gehen."

Doug Warner griff nach dem Glas, das vor ihm stand, setzte es an die Lippen und trank es mit einem Zug aus. "Meine Leber schreit förmlich nach Whisky, Warner. Du wirst diesen Schrei doch nicht ignorieren?"

"Schenk ihm einen ein, Bob", sagte John Warner lächelnd. "Mach das Glas ruhig voll."

Robert Calhoun, der Salooner, griff nach der Flasche, füllte Doug Watsons Glas, dann sagte er kehlig: "Es gefällt mir nicht, dass du in meinen Saloon kommst, John. Falls Reiter von der Osborne-Ranch hier aufkreuzen und dich sehen, ist der Teufel los. Das Inventar meines Ladens würde sicher darunter leiden."

John Warner spürte eine jähe Verbitterung. Sie drückte sich in seinem Gesicht aus. Ein herber Ausdruck kerbte sich in seine Mundwinkel. "Keine Sorge, Bob. Sollten Osborne-Männer auftauchen, verlasse ich den Saloon. Im Moment aber sind keine Osborne-Leute in Sicht. Drum gib mir ein Bier. Ich habe Durst."

"Versteh mich nicht falsch..." Bob Calhoun knetete seine Hände. Sein Blick irrte ab. "Aber..."

John Warner fiel ihm ins Wort. "Ist schon in Ordnung, Bob. Ich weiß, was ich davon zu halten habe. Nun, ich habe nicht erwartet, dass man in Logan in einen Freudentaumel ausbricht, wenn ich nach Hause zurückkehre. Dass die Stadt Wes Osborne aus der Hand frisst, war mir von Anfang an klar. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Bob."

"Es ist eine lausige Stadt", mischte sich Doug Watson ein. "Eine Rattenburg. Hier tanzen sie alle nach der Pfeife der Oberratte. Dreimal darfst du raten, wen ich damit meine, Warner."

"Du solltest vorsichtiger sein, Doug", versetzte John Warner. "Es könnte Osborne zu Ohren kommen, dass du ihn für die Oberratte hältst." Warner schoss dem Salooner einen schnellen Blick zu. Dieser zog den Kopf zwischen die Schultern und schaute weg. Sein Gesicht rötete sich. "Sicher geschieht nichts in dieser Stadt, von dem Osborne nicht innerhalb kürzester Zeit Bescheid erfährt."

Bob Calhoun schenkte ein Bier ein und stellte es vor John hin.

"Auf deine Heimkehr, Warner", sagte Doug Watson, griff nach dem Glas Whisky und hielt es in die Höhe. "Ich wünsche dir, dass du stark genug bist, deinen Platz hier zu behaupten."

Nach dem letzten Wort schüttete Doug Watson den Whisky in sich hinein, als tränke er Wasser. Er rülpste, stellte das Glas ab, und setzte sich in Richtung Pendeltür in Bewegung. "Ich sollte wohl wirklich nicht so viel saufen", brabbelte er vor sich hin, dann verschwand er nach draußen.

John Warner nahm einen Schluck von seinem Bier.

Dann kam der Sheriff. Die Flügel der Pendeltür schlugen knarrend und quietschend hinter ihm aus. Seine Absätze tackten auf den Fußbodendielen, die mit Sägemehl bestreut waren. Donegan stellte sich neben John Warner an den Schanktisch und sagte: "Der Totengräber hat Browning abgeholt. Burnett und Holladay sind beim Doc."

"Fein", murmelte Warner. "Dann werde ich jetzt noch ein paar Vorräte besorgen und anschließend die Stadt verlassen."

"Du hast mit Mae gesprochen. Ich habe euch gesehen."

"Sicher. Mae und ich waren ein Paar, ehe ich das Land verließ, weil..." Warner brach ab. Er dachte nicht gern an diese dunkelste Stunde in seinem Leben zurück. "Was sollte sich daran geändert haben? Mae weiß jetzt, was mich aus dem Land trieb. Sie hat es akzeptiert."

"Du wirst sie unglücklich machen, John. Das hat Mae nicht verdient. Du solltest etwas mehr Verantwortungsgefühl zeigen. Du hast Osborne herausgefordert und stehst auf einem ziemlich verlorenen Posten. O verdammt! Warum lässt du Mae nicht aus dem Spiel? Du weckst in ihr Hoffnungen, die du niemals erfüllen kannst."

"Mae ist 28 Jahre alt, Matt. Sie wird wissen, was sie tun muss. Sie hat sich für mich entschieden. Ich weiß, dass dir das nicht gefällt. Aber es ist nun einmal so. Du musst dich damit abfinden."

"Ich warne dich, John."

"Ich verstehe nicht."

"Du bist drauf und dran, einen Krieg in diesem Landstrich zu provozieren. Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie du hier den wilden Mann spielst."

Ein spöttisches Auflachen entrang sich John Warner. "Ich werde keinen Fuß auf Osborne-Land setzen, Matt. Aber Osborne wird auf mein Land kommen, um es mir zu geben. Von wem also geht der Unfriede aus? Doch wohl nicht von mir. Du wirst dich an Osborne halten müssen, wenn du jemand zur Raison bringen willst, Matt."

Scharf stieß der Sheriff die Luft durch die Nase aus. "Osborne hat das Land auf seinen Namen eintragen lassen, John. Der Anspruch ist amtlich beglaubigt. Wenn du ihm sein Recht streitig machen willst, stellst du dich gegen das Gesetz. Und dann musst du mit mir rechnen."

Mit dem letzten Wort schwang Matt Donegan herum und stiefelte zum Ausgang. Als er draußen war, sagte Bob Calhoun grollend: "Mir scheint, du hast Gott und die Welt gegen dich, Warner. Meinst du nicht, es wäre besser, aufzugeben und zu verschwinden? Du könntest dir eine Menge Ärger ersparen."

"Ich bin nicht gekommen, um Ärger aus dem Weg zu gehen", knurrte John Warner. Dann trank er noch einmal von seinem Bier, warf ein Fünfcentstück auf den Schanktisch und verließ den Saloon.

Bob Calhoun atmete auf.

John Warner ging zum Sheriff's Office, wo sein Fuhrwerk stand. Er schwang sich auf den Bock und fuhr zum Store, hielt das Pferd an und sprang auf die Straße. Die Ladentür bimmelte nervtötend, als er das Geschäft betrat. Unfreundlich und ohne jede Wärme musterte Carl Hopkins den Mann, den seine Tochter liebte.

Mae war nicht im Laden.

John Warner sagte: "Ich benötige einige Dinge auf der Ranch, Mr. Hopkins. Ich kann die Sachen auch bezahlen. Denn ich habe unterwegs einige Gelegenheitsjobs ausgeübt und ein paar Dollar zusammengekratzt."

"Ich glaube nicht, dass ich Ihnen etwas verkaufe, Warner. Fahren Sie von mir aus hinauf nach Phillipsburg, oder hinüber nach Densmore. Ich jedenfalls würde Ihnen nicht mal einen Hufnagel verkaufen."

"Fürchten Sie, dass Ihnen Osborne böse ist?"

"Ich fürchte, dass Sie meine Tochter ins Unglück stürzen, Warner. Und ich werde alles tun, um Sie zu bewegen, wieder aus der Gegend zu verschwinden."

Warner nickte. "Ich kann Sie nicht zwingen, mir etwas zu verkaufen." Er machte kehrt und verließ den Store. Als er auf dem Wagenbock saß und die Zügel ordnete, erschien Carl Hopkins in der Tür des Ladens. "Wie kann ich ihnen begreiflich machen, dass Sie hier zum Untergang verdammt sind, Warner? Sie haben keine Chance. Geben Sie Mae frei. Sie hat das Leben noch vor sich. Entbinden Sie meine Tochter von jedwedem Versprechen, das sie Ihnen vielleicht gegeben hat. Ich – ich bezahle Ihnen 500 Dollar..."

John Warner ließ die Zügel auf den Rücken des Gespannpferdes klatschen. Das Tier zog an, der Wagen begann zu rollen. In John Warners Gesicht spiegelte sich nur kalte Verachtung wider...

*

"Er ist also zurückgekehrt", knurrte Wes Osborne. Der 40-Jährige stand am Fenster der Halle des Ranchhauses und starrte hinaus auf den staubigen Hof. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt.

"Ja. Und er hat sich entschlossen, zu kämpfen", erwiderte Dave Sherman, der Vormann. Er lehnte neben dem Kamin an der Wand und hielt die Arme vor der Brust verschränkt. "Ein Toter und zwei Schwerverletzte. Deutlicher hätte er es uns nicht klar machen können, dass er den Verdruss mit uns sucht."

Osborne drehte sich herum. Er war ein mittelgroßer Mann mit schwarzen Haaren und einem Schnurrbart, der seine Oberlippe verdeckte. Seine dunklen Augen glitzerten unheilvoll. "Fegt ihn hinweg, Dave! Bis morgen früh muss das Thema Warner für alle Zeiten erledigt sein. Begrabt diesen Narren auf dem Land, das er als das seine betrachtet."

"In Ordnung, Boss", sagte Dave Sherman. "Ich regle das. John Warner wird uns kein Kopfzerbrechen mehr bereiten."

Sherman stieß sich von der Wand ab und lenkte seine Schritte zur Tür. Osborne blickte ihm nach. Dann war er alleine in der Halle. Seine Gedanken waren bei Mae Hopkins. Er hatte bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten. Carl Hopkins war sofort damit einverstanden, dass Mae und er, Osborne, ein Paar werden würden.

Wes Osborne wusste, in welchem Verhältnis Mae zu John Warner gestanden hatte. Nicht nur das Stück Land an seiner Weidegrenze war damals ausschlaggebend dafür gewesen, dass er Warner vertrieb. Er war ihm bei Mae Hopkins im Wege gewesen. Hindernisse, die sich ihm in den Weg zu stellen drohten, pflegte Wes Osborne mit brachialer Gewalt zur Seite zu räumen.

Er kannte weder Gnade noch Erbarmen, wenn es darum ging, seine Pläne und Absichten umzusetzen und ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Nun war Warner zurückgekehrt. Und er hatte der Osborne-Ranch eine Niederlage bereitet, als er die auf der Warner-Ranch stationierten Männer niederkämpfte.

Niederlagen hinzunehmen war Wes Osborne nicht bereit.

Einer jähen Eingebung folgend verließ er die Halle. Draußen befahl er einem Help, vor seinen Buggy ein Pferd zu spannen. Dann rief er nach Emerson Shaw und Abe Stanton, seine beiden Revolvermänner, ohne die er sich nicht von der Ranch bewegte. Er sagte: "Sattelt eure Pferde. Wir begeben uns in die Stadt. Seid in einer Viertelstunde abmarschbereit."

Anderthalb Stunden später betrat Wes Osborne den Store in Logan. Es ging auf die Abenddämmerung zu. Die Schatten auf der Main Street wanderten schnell und stießen gegen die Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Im Laden war es düster. Das Bimmeln der Türglocke lockte Carl Hopkins aus dem Lagerraum. Als er Osborne erkannte, hellte sich sein Gesicht auf. "Sie, Mr. Osborne! Was führt Sie zu mir?"

"Warner ist zurückgekehrt."

"Ich weiß. Er war hier."

"Hat er mit Mae gesprochen?"

Hopkins zeigte jähe Verunsicherung. "Ja. Ich – ich konnte es nicht verhindern." Schnell fügte er hinzu: "Warner wollte einige Dinge bei mir kaufen. Ich habe mich geweigert. Er hat die Stadt wieder verlassen..."

"Wie hat Mae reagiert?"

Hopkins trat von einem Bein auf das andere. Er schien hinter dem Verkaufstisch zu schrumpfen, und er musste zweimal ansetzen, um Antwort zu geben. "Sie – sie behauptet, Warner zu lieben. Mir hat sie erzählt, dass sie ihm angeboten hat, mit ihm aus dem Land zu gehen. Aber verlassen Sie sich drauf, Mr. Osborne. Ich werde ihr diese Flausen austreiben. Ich stehe zu dem Wort, das ich Ihnen gegeben habe."

"Das will ich auch schwer hoffen, Hopkins", knurrte Wes Osborne. "Ich werde dafür sorgen, dass Warner wieder aus der Gegend verschwindet. Diesmal für immer. Nehmen Sie Einfluss auf Ihre Tochter, Hopkins. Machen Sie ihr klar, dass es nur einen Mann für sie gibt, und dass dieser Mann ich bin."

"Natürlich, Mr. Osborne. Ich würde nichts mehr begrüßen, als dass meine Tochter Ihre Frau werden würde. Ich wüsste Mae gut versorgt und..."

"Mae muss es begreifen", schnappte Osborne. "Sie als Ihr Vater müssen es ihr begreiflich machen. Zwingen Sie sie..."

Da ging die Tür auf, die in die Wohnung Hopkins führte. Mae erschien im Türrahmen. Ihre Augen blitzten, sie sagte mit klarer, präziser Stimme: "Ich lasse mich zu nichts zwingen, Osborne. Schon gar nicht dazu, die Frau eines Mannes zu werden, den ich verabscheue. Hören Sie auf, meinen Vater zu bedrängen. Die Zeiten, in denen ein Vater seine Tochter zwingen konnte, einen bestimmten Mann zu ehelichen, sind vorbei."

"Du wirst lernen..."

Mae schnitt Osborne schroff das Wort ab: "Gar nichts werde ich, Osborne. Es gibt nur einen Mann in meinem Leben, und das ist John Warner. Sie haben ihn von seinem Grund und Boden vertrieben, Ihr Vormann schleifte ihn am Lasso hinter seinem Pferd her, und John hat das Land verlassen. Aber er ist zurückgekehrt, Osborne."

"Na und. Er hat keinen Anspruch mehr auf das Land, nachdem ich es auf meinen Namen eintragen ließ. Warner wird in diesem Landstrich kein Bein auf die Erde kriegen, Mae. Es gibt für dich keine Zukunft mit ihm. Warner wird wieder verschwinden. Ich aber werde da sein. Du solltest den Bogen bei mir nicht überspannen. Ich könnte das Interesse an dir verlieren. Und ich kann deinen Vater fertig machen. Denk mal darüber nach, Mae. Ja, tu das. Am Ende wirst du zu der Überzeugung gelangen, dass ich der richtige Mann bin. Wenn wir erst mal ein Paar sind, wird auch die Liebe wachsen."

"Niemals!"

"Du bist unklug, Mae." Osborne schwang auf dem Absatz herum, ging zur Tür, legte die Hand auf den Türknauf und sagte über die Schulter: "Ich gebe dir zwei Wochen Zeit, Mae. Dann werde ich mir die Antwort holen, ob du meine Frau werden willst oder nicht. Denk dran, dass deine Zukunft und auch die Zukunft deines Vaters von deiner Antwort abhängen werden."

Mit dem letzten Wort öffnete Osborne die Tür und verließ den Laden. Die Blicke von Vater und Tochter kreuzten sich wie Degenklingen. Mae stieß hervor: "Lieber sterbe ich, als dass ich ihm gehöre. Und du solltest meine Entscheidung akzeptieren, Vater. Du solltest dich von Osborne nicht einschüchtern lassen."

*

Es war finster, als der Pulk Reiter zwischen den Hügeln verhielt. Der Mond befand sich hinter den Bergen im Osten. Am Himmel funkelten nur wenige Sterne. Wolkenschatten wanderten über das Land.

"Absitzen!", befahl Dave Sherman. "Nehmt eure Gewehre. Ihr wisst Bescheid. Wir machen kurzen Prozess mit diesem Hundesohn."

Pferde stampften und prusteten. Metallisches Knacken erfüllte die Nacht, als die Männer die Gewehre durchluden. Dann schlichen Sie auseinander.

Die Gebäude der Ranch lagen in Dunkelheit. Irgendwo knarrte eine offene Tür, die der Wind bewegte. Zwei Schemen tauchten bei der Haustür auf. Sie ließ sich öffnen. Die beiden glitten ins Haus – lautlos wie Schatten. Sand knirschte unter schleichenden Schritten. Das Unheil schritt auf leisen Sohlen um das Ranchhaus.

Die beiden Kerle, die ins Haus eingedrungen waren, kannten sich scheinbar aus hier. Einer durchquerte die Küche und legte seine Hand auf den Knauf der Tür, die in die Schlafkammer führte. Im nächsten Moment flog die Tür auf. Im Mondlicht, das in schräger Bahn durch das Fenster fiel, war zu erkennen, dass das Bett an der Wand unberührt war.

"Der Hundesohn ist nicht hier", knirschte der Bursche, der in der Schlafzimmertür stand. Er machte kehrt und kam in die Küche zurück. Der andere der beiden riss ein Streichholz an. Es war Dave Sherman. Auf dem Tisch stand eine Petroleumlampe. Sherman hob den Glaszylinder herunter, hielt das Flämmchen an den Docht, und schließlich kroch Licht trübes auseinander. Er stülpte den Glaszylinder über die Flamme und sie brannte ruhig.

Da peitschte draußen ein Schuss.

Sherman zuckte zusammen. Seine Zähne mahlten übereinander.

Geschrei entstand auf dem Ranchhof. Ein Pferd wieherte.

Und in das verhallende Echo der Detonation hinein krachte es erneut.

Sherman lief nach draußen.

Der Mond hatte sich hinter den Hügeln im Osten hervorgeschoben. Die Wolkendecke war aufgerissen. Der Ranchhof wurde vom Mondlicht versilbert. Umso finsterer muteten die Schatten zwischen den Gebäuden an.

Die Männer, die Sherman mitgebracht hatte, waren in Deckung gegangen.

"Wer hat geschossen?", rief Sherman.

"Keine Ahnung", erhielt er zur Antwort. Die Stimme trieb aus der Dunkelheit. "Wahrscheinlich ist es Warner."

"Ist jemand verletzt?"

"Nein. Sieht so aus, als wollte er uns nur Schreck einjagen."

Nach dem letzten Wort kehrte Stille ein. Nur das Wispern und Raunen des Windes im Zweiggespinst des Ufergebüsches des Bow Creek war zu vernehmen. Es war, als meldeten sich die längst verklungenen Stimmen dieses rauen, gnadenlosen Landes.

Sekundenlang durchbrach nichts die angespannte, lastende Stille. Doch dann rief Sherman: "Warner, wenn du in der Nähe bist, dann hör zu, was ich dir zu sagen habe!" Die Stimme entfernte sich von dem Vormann und versank in der Stille.

Und dann erklang Hufschlag. Er wehte über einen Hügel nördlich der Ranch heran. Langsam entfernte er sich.

"Zu den Pferden!", rief Sherman, einem ersten Impuls folgend. "Wir schnappen uns den Hurensohn."

"Brennen wir das Gerümpel hier nieder?", fragte einer.

"Nein", versetzte Sherman.

"Warum nicht? Dann könnte er sich hier schon nicht mehr verkriechen."

Sherman gab darauf keine Antwort. Er rief: "Kilkeene, Masters und Short, ihr bleibt hier, für den Fall, dass er hierher zurückkehrt. Ihr anderen folgt mir."

Sie rannten zu ihren Pferden und warfen sich in die Sättel. Zusammen mit Sherman waren es vier Männer. Sie jagten die Tiere den Hügel hinauf, lenkten sie auf der anderen Seite wieder hinunter und zügelten in der Senke, um sich am Hufschlag des Pferdes, den sie vorhin vernommen hatten, zu orientieren.

Aber da war nichts mehr zu hören.

"Verdammt!", zischte Dave Sherman. "Der Hundesohn spielt mit uns Katz und Maus."

In sein letztes Wort hinein dröhnte ein Schuss. Das Pferd eines seiner Männer brach zusammen wie vom Blitz getroffen. Der Reiter sprang im letzten Moment ab. Die anderen reagierten mit dem nächsten Atemzug. Sie warfen sich regelrecht von den Pferden, benutzten die Tiere als Deckung, und dann krachten ihre Gewehre. Ihre Kugeln pfiffen den Hang hinauf, auf dessen Kuppe eben das Mündungsfeuer zu sehen gewesen war. Und dann rannten die Kerle in Deckung. Sie verschwanden hinter Büschen oder warfen sich in Mulden. Der Bursche, dessen Pferd erschossen worden war, lag flach hinter dem leblosen Tierkörper.

John Warner feuerte noch zwei Schüsse hangabwärts, dann lief er zu seinem Pferd, kletterte in den Sattel und trieb das Tier den Hang hinunter. In ihm war eine grimmige Entschlossenheit. Er war jedoch nicht bereit, sich der Übermacht zum Kampf zu stellen. Sie hätten ihn überrannt.

Die Männer von der Osborne Ranch vernahmen die Hufschläge.

"Er flieht!", fauchte Sherman und sprang auf. Lauernd und sprungbereit stand er da. Nichts geschah. "Wir folgen ihm! – Lester, kehr zur Ranch zurück. Wir drei werden es diesem Bastard zeigen..."

Der Mann namens Lester machte sich daran, seinem toten Pferd den Sattel und das Zaumzeug abzunehmen. Währenddessen folgten seine Gefährten unter Shermans Führung dem Pferd, dessen Hufe sie in der Finsternis pochen hörten.

Ja, es war ein Katz- und Mausspiel, das John Warner mit ihnen veranstaltete. Dahinter steckte System. Warner hatte Dave Sherman an der Stimme erkannt. Als er auf dem Kamm des Hügels die Reiter erwartete, konnte er den Vormann im Mond- und Sternenlicht deutlich erkennen. Der Hass kam bei John Warner in langen, heftigen Schüben. Und er hatte sich vorgenommen, mit Dave Sherman abzurechnen.

John Warner wartete in einer Hügellücke. Er und das Pferd verschmolzen mit der Dunkelheit. Hufschläge näherten sich. Warner bannte das Pferd unter sich mit hartem Schenkeldruck auf der Stelle. Seine Hände umklammerten das Gewehr.

Dann sah er die drei Reiterschemen über dem Scheitelpunkt einer Anhöhe. Scharf wurden ihre Gestalten vom Mondlicht umrissen. Sie hoben sich wie Scherenschnitte vor dem helleren Hintergrund ab.

John Warner hob die Winchester an die Schulter. Die Reiter boten ein gutes Ziel. Er hatte die Gestalt des Burschen auf der linken Seite im Visier. Doch alles in ihm sträubte sich dagegen, diesen Mann aus dem Hinterhalt vom Pferd zu schießen. Also senkte Warner den Lauf ein wenig. Und dann krümmte er den Zeigefinger. Feuer, Rauch und Blei stießen aus der Mündung. Das Pferd, auf das Warner geschossen hatte, brach zusammen. Lautes Geschrei erschallte. Die beiden anderen Reiter sprangen ab und zerrten die Pferde hinter sich her hangabwärts.

John Warner zog sein Pferd um die linke Hand und ritt in westliche Richtung. Die Gewehre der Osborne-Männer dröhnten. Dort, wo Warner seinen Schuss abgegeben hatte, pfiff heißes Blei durch die Luft, ohne Schaden anzurichten.

Warner ritt einen weiten Bogen und kehrte in die Nähe seiner Ranch zurück. Auf halber Höhe einer Hügelflanke saß er ab. Im Ranchhof, am Holm, standen drei Pferde. Sie gehörten den Männern, denen Sherman befohlen hatte, auf der Ranch zurückzubleiben. Zwischenzeitlich hatte sich der Cowboy namens Lester zu ihnen gesellt. Jetzt kam ein weiterer Mann zurück. Er schleppte seinen Sattel. Stimmen erklangen. Dann erreichte der Bursche die Veranda des Haupthauses und legte seinen Sattel ab. Er verschwand im Haus.

John Warner lauschte und witterte wie ein Wolf. Seine Sinne arbeiteten mit doppelter Schärfe. Der geringste Fehler konnte für ihn tödlich enden. Er gab sich keinen Illusionen hin. Die Kerle von der Osborne-Ranch waren gekommen, um ihn für alle Zeiten abzuservieren. Warner hatte zwischenzeitlich begriffen, dass es nicht allein um das Stück Land ging, das er für seine Ranch in Anspruch genommen hatte. Er stand Wes Osborne bei Mae im Weg.

Warners Gedanken wurden unterbrochen, als er Hufestampfen vernahm. Sherman und der letzte Mann des Pulks, mit dem er losgeritten war, um ihn, John Warner, zu jagen und zu stellen, kamen. Warner registrierte es mit grimmiger Genugtuung.

Die Wolkendecke schob sich wieder zusammen. Der silbrige Schein auf dem Land verschwand. Die Dunkelheit legte sich wie ein schwarzer Mantel auf die Hügel und in die Senken.

Das Pochen der Hufe näherte sich Warner. Er bohrte seinen Blick in die Finsternis. Und dann schälten sich am Fuß des Hügels die beiden Reiterschemen aus der Nacht. John Warner konnte nicht unterscheiden, bei welchem von beiden es sich um Dave Sherman handelte. Daher rief er:

"Sherman, ich bin hier, auf dem Abhang. Ich kann euch sehen. Du hast was gut bei mir. Tragen wir es aus, wie es sich gehört. Schick deinen Begleiter auf die Ranch. Oder fühlst du dich nur groß und unschlagbar, wenn dir eine raue Mannschaft den Rücken stärkt?"

Dave Sherman lauschte den Worten kurze Zeit hinterher. Seine Hände hatten sich am Gewehr regelrecht festgesaugt. Er wusste, dass er die Herausforderung annehmen musste, wenn er vor der Mannschaft sein Gesicht nicht verlieren wollte.

"Slim, reite zur Ranch", presste er hervor. Dann rief er: "In Ordnung, Warner. Ich stelle mich dir zum Kampf. Ich werde dich Narren aus den viel zu großen Stiefeln putzen, die du dir angezogen hast."

Slim Dexter, der Cowboy, hatte sein Pferd herumgezogen und lenkte es zur Ranch. Er stellte das Tier zu den anderen an den Haltebalken und ging ins Ranchhaus.

"Was ist nun, Warner", rief Sherman. "Zeig dich, damit wir es hinter uns bringen können."

John Warner trieb sein Pferd an. Er ließ es schräg den Hang hinuntergehen. Unten verharrte Dave Sherman auf seinem Vierbeiner. Er hielt das Gewehr an der Seite im Anschlag. Den Kolben hatte er unter die Achsel gepresst. Hart krümmte sich sein Zeigefinger um den Abzug.

Dave Sherman fühlte sich unbehaglich. Er spürte Beklemmung. Er hatte noch nie in einem Kampf Mann gegen Mann gestanden. Wenn es in der Vergangenheit rau geworden war, hatten immer andere für ihn die Kastanien aus dem Feuer geholt. Und ehe er eine hartbeinige Mannschaft befehligte, war er jedem Verdruss aus dem Weg gegangen.

Dem gnadenlosen Gesetz des Überlebens unterworfen warf der Vormann sämtliche Gebote der Fairness über Bord. Als er die schattenhafte Bewegung am Abhang wahrnahm, feuerte er. In rasender Folge jagte er Schuss um Schuss aus dem Gewehr. Die Mündungsflammen rissen ihn immer wieder aus der Finsternis.

Mit dem Brechen des ersten Schusses hatte John Warner seinem Pferd die Sporen gegeben. Das Tier machte einen erschreckten Satz. Warner ließ sich aus dem Sattel kippen und schlug am Boden auf. Mündungsflammen leckten die feurige Zungen durch die Finsternis auf ihn zu. Sherman schoss wie besessen. Die Nerven waren mit ihm durchgegangen.

Warners Ziel waren die Mündungsflammen. Er feuerte nur einmal. Schlagartig brach das Feuer Shermans ab. Ein dumpfer Aufprall war zu hören, dann ein verlöschendes Röcheln.

Die Waffen schwiegen.

Warner erhob sich und ging zu seinem Pferd, das unruhig auf der Stelle tänzelte, nahm es am Zaumzeug und flüsterte dem Tier ins Ohr: "Ruhig, ganz ruhig, mein Alter. Ich denke, diese Schlacht haben wir gewonnen. Verschwinden wir."

Mit einem Satz gelangte er in den Sattel. Er ließ das Pferd den Hügel hinauf gehen und verschwand über den Höhenkamm...

*

"Dieser elende Bastard", knirschte Wes Osborne. "Jetzt gehen schon zwei meiner Männer auf sein Konto. Adam Browning und Dave Sherman. Das war Mord. Ihr werdet doch dem Sheriff gegenüber bezeugen, dass er Sherman aus dem Hinterhalt vom Pferd geschossen hat? Das werdet ihr doch?"

In seiner Frage lag eine unverhohlene Drohung.

Slim Dexter sagte: "Ja, Boss. Warner soll für den Tod Brownings und Shermans hängen. Wir werden jeden Eid schwören, dass er Sherman aus sicherer Deckung vom Pferd schoss."

"Gut. Dexter, Sie nehmen ab sofort Shermans Stellung ein."

Slim Dexter schaute verblüfft. Dann sagte er: "Vielen Dank, Boss. Ich weiß die Beförderung zu schätzen."

Wes Osborne nickte und fuhr fort: "Sheriff Donegan muss unverzüglich informiert werden. Es ist jetzt Sache des Gesetzes, Warner unschädlich zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen. Unabhängig davon zahle ich demjenigen, der Warner in die Hölle schickt, 500 Dollar Kopfgeld. Ich erkläre diesen Hundesohn für vogelfrei."

Gemurmel ging durch die Rotte der Männer, die sich im Ranchhof eingefunden hatten.

"Sollten wir die Warner-Ranch nicht wieder besetzen, Boss?", fragte Slim Dexter. "Es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie Shaw oder Stanton dort stationieren würden. Warner hat gegen keinen der beiden eine Chance, sollte er auf der Ranch auftauchen."

Osborne überlegte. Er führte seinen Daumennagel an der Unterlippe entlang und hielt den Kopf gesenkt. Schließlich sagte er: "Keine schlechte Idee. Ich werde Shaw und drei Männer auf der Ranch stationieren. Ja." Osborne nickte mehrere Male, als wollte er damit seine Worte unterstreichen. "Abe Stanton schicke ich mit drei Männern nach Logan. Dieser verdammte Hund soll sich nirgendwo mehr sehen lassen können, ohne dass er meinen Leuten gegenüber steht. Sollte er sich hierher wagen, werden wir ihm einen gebührenden Empfang bereiten. – Schickt mir Shaw und Stanton."

Wes Osborne ging ins Ranchhaus.

Es ging auf Mitternacht. Eine Laterne, die ein Mann hielt, spendete Licht. Das Tier, über dessen Rücken der tote Dave Sherman hing, wurde zu einer Scheune geführt. Sherman wurde abgeladen und in der Scheune auf einen flachen Wagen gelegt. Ein Mann breitete eine Decke über ihm aus. Die anderen Pferde wurden abgesattelt und abgezäumt und in einen Corral getrieben.

Dexter war im Bunkhouse verschwunden. Gleich darauf kamen Emerson Shaw und Abe Stanton ins Freie. Sie waren nur mit Hose und Hemd bekleidet. Die beiden hatten schon in den Betten gelegen und waren wenig begeistert über die Störung.

Sie stapften zum Haupthaus. Aus dem Fenster der Halle fiel Licht. Osborne erwartete sie. Er sagte: "Sherman ist tot. Warner hat ihm eine Kugel in die Brust geschossen. Ich will diesen Hurensohn tot sehen. Shaw, Sie werden sich mit drei Männer auf der ehemaligen Warner-Ranch verschanzen. Sie, Stanton, reiten morgen früh mit drei Männern in die Stadt und bleiben dort. Egal, wo Warner aufkreuzt - ob auf seiner Ranch oder in der Stadt – ihr erschießt ihn ohne Federlesens."

"Sie werden ohne Schutz sein, Boss", sagte Abe Stanton. "Befürchten Sie nicht, dass Warner auf die Ranch kommt, um Sie auszuschalten?"

"Ein halbes Dutzend Männer auf der Ranch werden für meine Sicherheit sorgen. Es ist schon in Ordnung, Stanton. Ich will nicht irgendwen auf die Warner-Ranch und in die Stadt schicken. John Warner ist nicht zu unterschätzen."

"Er ist ein kleiner Pinscher", sagte Emerson Shaw geringschätzig. "Bisher hatte er nur Glück. Wir werden seiner Glücksträhne ein Ende bereiten."

"500 Dollar demjenigen, der Warner tötet", wiederholte Osborne sein Angebot.

"Das lässt sich hören", knurrte Shaw. "Gebe Gott, dass Warner auf seiner Ranch Unterschlupf sucht."

*

Nachdem die Osborne-Männer abgezogen waren, begab sich John Warner auf seine Ranch. Für den Rest der Nacht blieb er dort. Sein Pferd hatte er im Stall untergestellt. Er hatte Dave Sherman zur Rechenschaft gezogen. Aber in ihm war kein Triumph deswegen. Nicht einmal ein Gefühl der Genugtuung wollte sich einstellen.

Warner war sich darüber im Klaren, dass Osborne ein Kesseltreiben auf ihn veranstalten würde. Er konnte von niemand Hilfe erwarten. Matt Donegan, der Sheriff, würde sich raushalten. Warner fragte sich, ob er den County Sheriff einschalten sollte. Er verwarf diesen Gedanken.

Bis jetzt sah es so aus, dass er zwei Männer Osbornes erschossen und zwei schwer verwundet hatte. Die Kerle, die den Schießereien beiwohnten, würden Stein und Bein schwören, dass er, Warner, nicht aus einer Notwehrsituation heraus schoss.

Je länger Warner darüber nachdachte, umso mehr begriff er, dass er eigentlich auf einem verlorenen Posten stand. Nicht nur Osborne würde ihn jagen, sondern auch das Gesetz. Sein Herz schlug höher beim Gedanken daran. Er war ein Todgeweihter, ein Verfemter.

Die Erkenntnis drohte ihn zu erdrücken. Er dachte an Mae. Sie war die einzige, die zu ihm hielt. Sie hatte ihm ewige Liebe geschworen. Aber durfte er sie an dieses Versprechen binden?

O verdammt! Das alles drohte ihm plötzlich über den Kopf zu wachsen. Er war sich seiner Einsamkeit bewusst. Es riss ihn hoch. Er schwitzte. Das Herz schlug dumpf in seiner Brust. Er war im Recht, und dennoch würde man ihn jagen wie einen tollwütigen Hund. John Warner sagte sich, dass es ein Fehler war, zum Bow Creek zurückzukehren. Er hatte das Schicksal herausgefordert – und es sah ganz so aus, als wäre er der Verlierer, als habe er sich mit seiner Heimkehr den Todesstoß versetzt.

John Warner ging zum Fenster und starrte hinaus in den Ranchhof. >Du hast auf das falsche Pferd gesetzt, John!<, durchfuhr es ihn. >Du bist einer Illusion hinterhergehetzt. Hast du allen Ernstes erwartet, hier dein Recht zu bekommen? Du Narr, warum hast du dir nicht gleich selbst eine Kugel in den Kopf geschossen?<

Es waren bittere Gedanken, denen er nachhing.

Er kehrte zum Bett zurück und setzte sich auf die Bettkante. An Schlaf dachte er nicht mehr. Dazu war er viel zu sehr aufgewühlt. Und als der Morgen graute, hielt John Warner nichts mehr im Haus. Er holte sein Pferd aus dem Stall und sattelte es. Dann ritt er nach Norden. Logan war sein Ziel. Er wollte mit Mae sprechen und ihr erklären, dass er sie von dem Versprechen, das sie ihm gegeben hatte, entbinden werde. Er war bereit, Mae freizugeben...

*

Die Main Street von Logan lag im gleißenden Sonnenlicht, als John Warner die Stadt erreichte. In Logan hatte der Alltag begonnen. Warner ritt bis zum Store, saß ab, band sein Pferd an den Hitchrack und betrat gleich darauf den Laden.

Carl Hopkins stand hinter dem Verkaufstisch. "Was wollen Sie?", fragte er unfreundlich, ohne Warners Gruß zu erwidern.

"Ich muss mit Mae sprechen", erwiderte Warner. "Es ist wichtig."

Hopkins verzog das Gesicht. Er wollte zu einer Erwiderung ansetzen, aber da erschien Mae schon in der Tür zur Wohnung und sagte: "Hier bin ich, John. Was gibt es?"

"Ich muss mit dir reden, Mae. Unter vier Augen."

Etwas an Warner irritierte die Frau. Das leichte Lächeln, das um ihre Lippen spielte, zerrann. Warner verströmte etwas, das die Frau berührte und in ihr ein seltsames Gefühl des Unbehagens und der Beklemmung hervor rief.

"Gehen wir ein Stück, John."

Sie verließen den Laden. Carl Hopkins Hände öffneten und schlossen sich. Es war die Ohnmacht des Hilflosen, die ihn beherrschte. Er konnte Mae nicht den Umgang mit John Warner verbieten. Mae war längst volljährig. Hopkins, dessen Frau vor vier Jahren gestorben war, fürchtete, Mae auch noch zu verlieren, wenn er versuchte, ihr seinen Willen aufzuzwingen. Er konnte nur versuchen, sie mit gutem Zureden davon zu überzeugen, dass Sie ihr Glück nicht bei John Warner finden würde. Aber das kostete Geduld...

Ihre Schritte tackten auf den Gehsteigbohlen. "Was ist los, John? Etwas stimmt nicht. Ich fühle es ganz deutlich." Eine unerklärliche Angst erfüllte Mae, Angst vor dem, was ihr John Warner gleich sagen würde.

Er blieb ruckhaft stehen.

Auch Mae hielt an. Sie blickte in sein Gesicht. Er konnte ihrem Blick nicht standhalten. Betreten schaute er zur Seite. Dann sagte er heiser: "Mae, ich kann dich nicht länger an mich binden. Es hat keinen Sinn. Aus uns beiden kann kein Paar werden."

Seine Worte waren wie Hammerschläge gefallen.

Verständnislos fixierte Mae den Mann, den sie liebte. "Nenn mir den Grund, John."

"Gestern Nacht war Sherman mit einer Horde Reiter auf der Warner-Ranch. Ich habe Sherman im Kampf getötet. Ich muss aber davon ausgehen, dass die Kerle, die er dabei hatte, jeden Eid ablegen werden, wonach ich ihn aus dem Hinterhalt erschossen habe. Es war dumm von mir. Ich habe Osborne einen Trumpf in die Hand gegeben, den er gnadenlose gegen mich ausspielen wird. – Ich bin gescheitert, Mae. Man wird mich jagen und wahrscheinlich auch zur Strecke bringen. An meiner Seite hast du keine Zukunft. Darum entbinde ich dich von deinem Versprechen."

"Sprich mit Matt Donegan darüber", sagte Mae, nachdem sie alles verarbeitet hatte. "Er..."

John Warner lachte bitter auf. Mae unterbrach sich. Dann stieß Warner hervor: "Matt wird gar nicht anders können, als mich zu hetzen, um mich als Mörder vor Gericht zu bringen. Er würde mich selbst wider besseres Wissen jagen, denn er tanzt nach Osbornes Pfeife. – Es hat keinen Sinn mehr, Mae. Ich habe verloren. Es war Irrsinn, in diesen Landstrich zurückzukehren. Du wirst einen anderen Mann finden und mit ihm glücklich werden, Mae. Vergiss mich."

Abrupt wandte Warner sich um. Mit langen Schritten entfernte er sich.

In Maes Augen schossen die Tränen. "John..."

Er wandte sich nicht mehr um.

"John, bitte..."

Unbeirrt schritt er weiter. Dieses Kapitel war für ihn abgeschlossen. Im Buch seines Lebens wurde ein neues Kapitel begonnen. Die Feder sollte der Tod führen, und der schrieb mit Blut...

Vor der Tür des Stores stand Carl Hopkins. Verkniffen blickte er John Warner entgegen. Warner leinte sein Pferd los und schwang sich in den Sattel. Ehe er das Pferd herumzog, sagte er mit herbem Tonfall: "Sie können sich freuen, Hopkins. Ich habe Mae freigegeben. Sie haben jetzt gute Chancen, Ihre Tochter an Wes Osborne verkuppeln zu können."

Er zog das Pferd um die linke Hand und trieb es an.

John Warner wandte sich nicht um.

Mae lief aufweinend in den Store, von dort in ihr Zimmer, und schloss sich ein. Ihre Welt war zusammengebrochen, eingestürzt wie ein Kartenhaus. Der Mann, den sie liebte, hatte ihr knallhart gesagt, dass Schluss sei. Mae Hopkins war am Boden zerstört.

Carl Hopkins war ihr gefolgt. Er rüttelte an ihrer Tür. "Mach auf, Mae. Ich bitte dich..."

"Geh weg, Dad!", rief Mae unter Tränen. "Ich will alleine sein."

"Was ist geschehen?"

Mae gab darauf keine Antwort. Und so gab Carl Hopkins auf. Er kehrte in seinen Laden zurück.

Langsam ritt John Warner am Fahrbahnrand entlang. Er war voll nagender Gedanken. Er hatte Mae wehgetan. Es fraß in ihm wie ätzende Säure. Aber durfte er sie festhalten, nach allem, was geschehen war? Nein!

Es hallte durch seinen Verstand. Er hatte das Richtige getan. Sein Entschluss war unumstößlich. Mae sollte auf ihn böse sein, sie sollte ihn hassen. Dadurch würde es ihr leichter fallen, über alles hinweg zu kommen.

John Warner hatte sich mit einem Panzer aus Stahl umgeben. Aber innerlich konnte er sich nicht von Mae Hopkins lösen. Er liebte sie. Und er schwor sich, um sein Recht zu kämpfen. Er musste jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Er konnte sich ausschließlich auf seinen Kampf konzentrieren...

Er wurde aus seiner Versunkenheit gerissen, als er Hufschläge vernahm. John Warner hatte das Stadtende erreicht. Unwillkürlich fiel er seinem Pferd in die Zügel. Vier Reiter näherten sich der Stadt.

Es waren Abe Stanton, Osbornes Revolvermann, und drei Männer, die den Sattel der Osborne-Ranch drückten. Jetzt erkannten sie John Warner. Stanton zischte: "Schnappen wir uns den Bastard. Der Boss will ihn tot sehen! Denkt an die 500 Dollar Kopfgeld."

Sie gaben ihren Pferden die Sporen und ließen die Zügel schießen. Staub wallte unter den wirbelnden Hufen in die Höhe. Die Männer von der Osborne-Ranch rissen ihre Revolver heraus.

Auf einen Kampf konnte sich John Warner nicht einlassen. Das Verhältnis stand vier zu eins und war absolut tödlich. Er zerrte sein Pferd herum und hämmerte ihm die Absätze in die Seiten. Das Tier streckte sich. John Warner stob die Main Street hinunter und riss das Pferd in die erste Seitenstraße, die von Norden her in die Stadt führte.

Einige Schüsse krachten. Aber die Kugeln konnten John Warner nichts anhaben. Die Detonationen stießen durch die Stadt wie eine Botschaft von Untergang und Tod. Menschen rannten in Deckung, um nicht von einer verirrten Kugel getroffen zu werden.

John Warner jagte aus der Stadt. Als er sich einmal umwandte, sah er die vier Reiter zwischen den Häusern hervor kommen. Pfeilschnell flogen ihre Pferde dahin. Vor Warner dehnte sich eine Ebene, die nach einer Meile etwa von Hügeln begrenzt wurde. Zwischen den Hügeln würde er die Kerle von der Osborne-Ranch abhängen können.

Die Distanz zwischen ihm und seinen Jägern betrug etwa 200 Yards. Sie peitschten ihre Pferde mit den langen Zügeln und rauem Geschrei hinter ihm her. Plötzlich riss Abe Stanton sein Pferd in den Stand. Seine Winchester flirrte aus dem Scabbard, er repetierte und zielte sorgfältig. Dann peitschte sein Schuss.

Es war schwer, einen Reiter auf einem galoppierenden Pferd auf diese Entfernung zu treffen. Und so verfehlte er John Warner. Dieser jagte in schnurgerade Richtung nach Norden. Die Hügel rückten schnell näher. Erneut schaute er hinter sich. Die Entfernung zu den Osborne-Männern hatte sich nicht verändert.

Weit auf den Pferdehals gebeugt stob Warner auf einen Hügeleinschnitt zu. Die Hufe des Pferdes schienen kaum noch den Boden zu berühren. Das Hufgeprassel vermischte sich mit dem Hämmern von Schüssen.

Stantons Begleiter parierten ebenfalls ihre Pferde. Die bremsenden Hufe zogen tiefe Spuren. Grassoden und Erdreich spritzten. Die Kerle hatten begriffen, dass sie Warner vor den Hügeln nicht mehr einholen konnten. Und darum versuchten sie, ihn mit einem gezielten Schuss auszuschalten. Die Gewehre dröhnten. Auch Stanton feuerte wieder. Es war ein Zielschießen wie auf einem Schießstand.

Warners Pferd brach zusammen. John Warner schüttelte die Steigbügel von den Füßen, spreizte die Beine und spürte einen harten Ruck bis in die Hüftgelenke, als seine Absätze auf den hartgebackenen Boden knallten. Das Tier unter ihm schlitterte weiter und riss ihn um. Das Pferd kippte auf die Seite, keilte noch ein paar Mal mit den Hufen aus, dann lag es still. Wie von Furien gehetzt robbte John Warner in den Schutz des Kadavers. Er zog die Winchester aus dem Scabbard und riegelte eine Patrone in die Kammer. Um ihn herum spritzte Dreck und wirbelte Staub, wo die Kugeln der Osborne-Reiter einschlugen.

Unvermittelt schwiegen die Gewehre. Die Echos der Schüsse verhallten. Die Kerle von der Osborne-Ranch trieben ihre Pferde wieder an. John Warner spähte über den Leib seines toten Pferdes hinweg und sah sie kommen.

Er feuerte. Eines der Pferde stürzte, der Reiter flog wie von einem Katapult geschleudert durch die Luft und überschlug sich dann mehrere Male auf dem Boden. Doch der Bursche war nicht ausgeschaltet. Er kroch schlangengleich hinter einen Strauch und war für Warner nicht mehr zu sehen.

Die anderen Angreifer ritten auseinander und jagten auf die westlich Hügel zu, wo sie verschwanden.

Warner schaute sich um, suchte nach einer besseren Deckung. Seine Gegner konnten die Hügel umreiten und hinter seinen Rücken gelangen. Hier lag er wie auf einem Präsentierteller. Außer einigen Sträuchern gab es kaum Deckung. Es musste ihm gelingen, die Hügel zu erreichen und eine der Anhöhen zu erklimmen.

Er lauschte angespannt. Nicht das leiseste Hufgeräusch wehte an sein Gehör. Warner wagte nicht, sich zu erheben. Der Bursche, der hinter dem Strauch lauerte, konnte ihm, sobald er hinter dem Pferdeleib hochkam, den Fangschuss verpassen.

Doch hier konnte er nicht bleiben. John Warner entschied sich von einem Atemzug zum anderen. Er spannte seine Muskeln, aktivierte seine Sinne, und drückte sich ab. Mit langen Sätzen stürmte er durch die Senke, und die Anhöhe, die er sich zum Ziel genommen hatte, mutete ihn unendlich weit entfernt an. Jeder Sprung konnte der letzte sein.

Der Bursche, der hinter dem Strauch in Deckung gegangen war, schickte ihm seine Kugeln hinterher. Auch auf einem der Hügel im Westen begann ein Gewehr sein höllisches Crescendo hinauszubrüllen. Aber John Warner, der Haken schlug wie ein Hase, bot ein schlechtes Ziel. Trotzdem lag die eine oder andere Kugel gefährlich nahe. Die Hügel schienen das dröhnende Inferno festzuhalten, der Widerhall verstärkte es. John Warner hechtete hinter einen dichtbelaubten Busch und verschwand. Seine Lungen pumpten und stachen, er spürte Trockenheit im Hals.

Seine Gegner nahmen den Busch unter Feuer. Zweige und Blätter regneten auf Warner herunter. Er schmiegte sich hart auf den Boden, zog den Kopf ein, hörte das Fauchen des Bleis über sich, und er fragte sich voll Sorge, wann er wohl einen Zufallstreffer kassierte, der ihn tötete oder zumindest kampfunfähig machte.

Auf dem Bauch kroch er zur Seite. Schweiß brannte in seinen Augen und entzündete sie. Die Situation war fast ausweglos für ihn. Warner setzte alles auf eine Karte. Der Busch war als Deckung völlig unzureichend. Er hetzte weiter. Die hochhackigen Reitstiefel behinderten ihn. Der rasende Herzschlag drohte ihm den Brustkorb zu sprengen.

Steil schwang sich vor ihm der Hang empor. Sein Atem hetzte. Seine Bronchien rasselten und pfiffen, er fieberte innerlich, seine Beine wurden schwer wie Blei. Aber ein übermenschlicher Durchhaltewille peitschte ihn vorwärts.

Und schließlich kam er trotz des Feuers seiner Gegner vollkommen ausgepumpt oben an. John Warner sank im Schatten eines Felsens, der auf der Kuppe aus dem Boden ragte, nieder und spürte die Kraftlosigkeit, die seinen Körper erfasste.

Das rasende Feuer brach ab. Der Tod, der schon nach John Warner gegriffen hatte, zog die knöcherne Klaue zurück.

Unten, in der Senke, lag sein totes Pferd, umgeben von einer Wolke Insekten, die der Blutgeruch angelockt hatte. Der Bursche, der hinter dem Busch Zuflucht gesucht hatte, rannte zwischen die Hügel im Westen der Ebene. Warner hob die Winchester, zielte, ließ das Gewehr wieder sinken und seufzte. Er hätte nur sein Blei vergeudet. Auf diese Entfernung war ein Treffer fast unmöglich.

Die Minuten reihten sich aneinander. Die Sonne wanderte höher und höher und brachte die Luft zum Flirren. Warners Herzschlag und Atmung hatten wieder den normalen Rhythmus angenommen. Neue Energien flossen in seinen Körper zurück.

John Warner ahnte, dass sich die vier Kerle anschlichen wie hungrige Wölfe, dass sie aber die gebotene Vorsicht walten ließen und nichts herausforderten.

Etwas in John Warner war verhärtet, ein mitleidloser Zug hatte sich Bahn in seine Miene gebrochen. Seine Augen blickten hart wie Stahl.

*

John Warner konnte sich nicht nach vier Seiten gleichzeitig verteidigen. Er war nicht vermessen genug, sich einzubilden, dass er die vier Kerle schlagen könnte. Also verließ er die Kuppe und rannte die Hügelflanke hinunter. Als er in der Senke anlangte, brüllten auf dem Hügel im Westen die Gewehre auf. Die Mündungsblitze verschmolzen mit dem Sonnenlicht. Wie ein Gruß aus der Hölle prallte das Peitschen heran. Er warf sich hin, rollte weiter und gelangte in eine Bodenmulde, die ihm nur notdürftig Schutz bot.

Hart presste er seinen Körper gegen den Boden. Und dann begannen wieder die Gewehre zu hämmern. Das Krachen stieß über die Ebene und rollte die Abhänge hinauf. Klumpen von Erdreich wurden über John Warner geschleudert.

Schlagartig brach das Feuer wieder ab. Bleierne Stille folgte dem höllischen Intermezzo, das die Kerle von der Osborne-Ranch veranstaltet hatten.

Warner sah sich um. Außer einigen Büschen gab es in seiner Nähe keine Deckung. Er beobachtete wieder den Hügel im Westen, auf dem sich seine Gegner postiert hatten und rechnete sich aus, dass sie versuchen würden, ihn in die Zange zu nehmen. Während ihn einer mit seinen Kugeln in der Bodenmulde festnagelte und seinen Gefährten Feuerschutz gab, konnten diese ihn von verschiedenen Seiten packen.

Er schnellte hoch und spurtete los, einige Schüsse krachten, Warner hechtete hinter einen Busch und rollte herum. Sofort robbte er weiter, kam hoch, schnellte mit langen Sätzen zu einer Rinne, die der Regen im Laufe vieler tausend Jahre in den Abhang gewaschen hatte, und warf sich hinein.

Als John Warner in den Schutz der Rinne flog und für die Männer auf dem Hügel nicht mehr zu sehen war, knirschte einer der Osborne-Reiter: "Der Hundesohn ist mit dem Satan im Bunde! Die Pest an seinen Hals!"

"Wir kriegen ihn", versicherte Abe Stanton, doch seine Stimme wies einen nervösen Unterton auf. "Olsen, versuch auf den Hügel zu kommen, an dessen Fuß er sich verschanzt hat. Treib ihn aus seiner Deckung." Stanton kratzte sich am Hals, leckte sich über die trockenen Lippen, und schloss: "Wir anderen bleiben hier. Und wenn er auch nur seine Nasenspitze zeigt, schießen wir sie ihm weg."

Bill Olsen lief zu seinem Pferd.

In der Senke spähte John Warner über den Rand der Rinne und beobachtete voll kalter Ruhe den Hügelrücken. Von seinen Gegnern war nichts zu sehen. Warner kroch die Rinne hinauf und erreichte den Kamm des Hügels. Auf allen vieren bewegte er sich darüber hinweg, erhob sich und lief in die Senke hinunter.

Als er unten ankam, vernahm er das Pochen der Hufe eines einzelnen Pferdes. Zuerst dachte John Warner, seine überreizten Sinne spielten ihm einen Streich, doch der Hufschlag wurde deutlicher, und John Warner glitt hinter einen Busch. Der Reiter näherte sich zwischen den Hügeln. Noch konnte Warner ihn nicht sehen. Schließlich aber kam er um die Anhöhe herum.

Bill Olsen hatte das Gewehr quer über den Mähnenkamm seines Braunen gelegt und hielt es mit der Rechten am Kolbenhals fest. Die Linke führte die Leinen. Als er mit John Warner auf einer Höhe war, zeigte sich dieser.

Olsen reagierte überraschend schnell. Aber er war für John Warner zu langsam. Warner schoss aus der Hüfte. Sein Blei fegte Olsen regelrecht vom Pferderücken. Sein Gewehr flog im hohen Bogen davon. Der Braune machte einen erschreckten Satz nach vorn.