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Die Demokratie ist weltweit in einer schweren Krise. Auch in Deutschland und Österreich sind ihre Fundamente mittlerweile erschreckend brüchig geworden. Der demokratische Gemeinsinn erodiert in atemberaubendem Tempo vor sich hin. Gesellschaftliche Spaltungen und Extremismus nehmen immer mehr zu. Und machtbewusste Populisten gießen Öl ins Feuer, verschieben die Normen des Sag- und Machbaren in immer extremere Zonen. Ihre Parolen verfangen bei immer größeren Teilen der Bevölkerung. Dabei wirken die etablierten demokratischen Kräfte teilweise wie gelähmt. Wem Freiheit und Menschenrechte etwas bedeuten, für den wird es Zeit, zu handeln. Jetzt. Doch wie macht man das: sich für die Demokratie einsetzen? Sie verteidigen? Dieses Buch zeigt, wie es geht, alltagstauglich und anschaulich. Es liefert Antworten auf drängende Fragen: Wie kann jeder dazu beitragen, dem schleichenden Verfall der Demokratie Einhalt zu gebieten? Wie begegnet man Schreihälsen und Demokratieverächtern? Wie verteidigt man die Idee der Demokratie am Arbeitsplatz, im Verein, in der Nachbarschaft, an der Bushaltestelle, im Netz oder auch in der eigenen Verwandtschaft? Wie stoppt man den Mauerbau in den Köpfen? Wie überwindet man gesellschaftliche Gräben? Spätestens jetzt gilt es, den Kampf um die Demokratie aufzunehmen. Denn die Demokratie ist kein Selbstläufer mehr. Sie ist akut bedroht.
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Seitenzahl: 105
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Das Buch
Die Demokratie ist weltweit in einer schweren Krise. Auch in Deutschland und Österreich sind ihre Fundamente mittlerweile erschreckend brüchig geworden. Der demokratische Gemeinsinn erodiert in atemberaubendem Tempo vor sich hin. Gesellschaftliche Spaltungen und Extremismus nehmen immer mehr zu. Und machtbewusste Populisten gießen Öl ins Feuer, verschieben die Normen des Sag- und Machbaren in immer extremere Zonen. Ihre Parolen verfangen bei immer größeren Teilen der Bevölkerung. Dabei wirken die etablierten demokratischen Kräfte teilweise wie gelähmt. Wem Freiheit und Menschenrechte etwas bedeuten, für den wird es Zeit, zu handeln.
Jetzt.
Doch wie macht man das: sich für die Demokratie einsetzen? Sie verteidigen? Dieses Buch zeigt, wie es geht, alltagstauglich und anschaulich. Es liefert Antworten auf drängende Fragen: Wie kann jeder dazu beitragen, dem schleichenden Verfall der Demokratie Einhalt zu gebieten? Wie begegnet man Schreihälsen und Demokratieverächtern? Wie verteidigt man die Idee der Demokratie am Arbeitsplatz, im Verein, in der Nachbarschaft, an der Bushaltestelle, im Netz oder auch in der eigenen Verwandtschaft? Wie stoppt man den Mauerbau in den Köpfen? Wie überwindet man gesellschaftliche Gräben? Spätestens jetzt gilt es, den Kampf um die Demokratie aufzunehmen. Denn die Demokratie ist kein Selbstläufer mehr. Sie ist akut bedroht.
Der Autor
Stefan Junker, Dr. phil., geboren 1975, studierte einige Semester Mathematik und internationale Politik und wurde schließlich Psychologe. Seit 2004 schult er Menschen darin, wie man sich vor Manipulation und Beeinflussung schützen kann. Als Wissenschaftler galt seine Leidenschaft Forschungen zu Hypnose und Suggestionen. 2005 wurde er mit dem Georg-Gottlob-Studienpreis für angewandte Psychologie ausgezeichnet. Heute lebt und arbeitet er bei Heidelberg und lehrt dort bei der Internationalen Gesellschaft für Systemische Therapie (IGST). Er berät politische Institutionen, Unternehmen, Organisationen und Entscheidungsträger in Fragen des Umgangs mit Krisen. Daneben ist er als Psychotherapeut und Coach niedergelassen.
www.doktorjunker.de
Für meine Kinder.
Einleitung & Gebrauchsanweisung
Mit Leuten reden, die nicht mehr mit sich reden lassen
Brückenbau in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung
Wenn`s drauf ankommt: Arsch hoch und Zähne auseinander!
Zivilcourage ganz praktisch
Das Internet zum Ort der Menschenwürde machen!
Wie reagiert man auf Hass und Enthemmung im Netz?
„Spinnst du jetzt völlig, Papa?!“
Umgang mit Familienmitgliedern, die den demokratischen Verstand verloren haben
Stärkung der demokratischen Immunabwehr
Was tun gegen populistische Verführungskünstler?
Alles Lüge?
Vom Umgang mit Fake News, Verschwörungstheorien und anderen Unwahrheiten
Die Demokratie mit Abstimmungen beleben, anstatt sie zu töten
Über die Gefahren, die von alltäglichen Abstimmungen ausgehen, und wie man sie vermeidet
Wenn‘s ernst wird, hilft nur noch Humor
Witz, Heiterkeit und Ironie gegen akutes Demokratieversagen
Demokratischer Umgang mit den eigenen undemokratischen Seiten
Vom Kampf gegen die Demokratiefeinde in der eigenen Psyche
Wie man das eigene Verhältnis zur Demokratie klärt
Eine Entdeckungsreise zum demokratischen Ich
Rechtsradikale sitzen im Bundestag, und ein menschenverachtender Narzisst sitzt im Weißen Haus. Die EU wird von den Briten verlassen, und immer mehr Parlamente und Regierungen von den Demokraten. Es ist offensichtlich: Die liberale Demokratie ist weltweit in einer schweren Krise. Sie befindet sich in Rückzugsgefechten mit ungewissem Ausgang. Für selbstverständlich gehaltene zivilisatorische Standards werden in Frage gestellt, und aggressive Populisten schicken sich an, die Herzkammern der freien Welt in Besitz zu nehmen. Jeden Tag werden mehr Menschen vom Virus des Nationalismus infiziert. Eine Gesellschaft nach der anderen gerät in den Sog charismatischer Autokraten und radikaler Ideologien. Pressefreiheit, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit werden in atemberaubendem Tempo ausgehöhlt. Vielerorts wirken die demokratischen Kräfte überrumpelt.
Selbstbewusster Einsatz für das demokratische Zusammenleben in freien, offenen, toleranten Gesellschaften wird jetzt dringend auf breiter Front gebraucht. Denn der Ausgang des Ringens um diese grundlegenden humanistischen Werte wird unser aller Leben auf Jahrzehnte prägen.
Immer mehr Menschen spüren: Was auf den politischen Bühnen der Welt geschieht, ist nicht mehr nur „Staatstheater“, das sich entspannt aus der Entfernung betrachten lässt. Die komfortablen Zeiten, als Demokraten es sich leisten konnten, weitgehend unpolitisch zu sein, sind definitiv vorbei. Doch was kann man tun? Lähmende Ohnmacht droht sich wie schwere Soße über die Gemüter ganzer Bevölkerungsschichten zu gießen. Angst breitet sich aus. Angst um Mitbestimmung, Minderheitenrechte und den gesellschaftlichen Frieden. Angst um das freiheitliche Lebensmodell.
Aber allmählich formiert sich der Widerstand. Eine Schlacht globalen Ausmaßes um die Zukunft der Demokratie ist in vollem Gange. Die Frontlinien verlaufen nicht irgendwo auf der Weltkarte, zwischen Berlin, Washington, London, Brüssel, Istanbul oder Moskau, sondern quer durch den Alltag: im Internet, in Kindergärten, Schulen, Büros, Fabrikhallen und auf der Straße. Dort gilt es, sich für die Demokratie einzusetzen. Dieses Buch zeigt, wie es geht. Jedes der folgenden Kapitel widmet sich einem Thema, das häufig noch Brachland für willige Demokratieverteidiger ist. Fruchtbare Brache sollte kultiviert werden, bevor die Gegner der Demokratie ihre vernichtende Saat dort ausbringen können.
Dieses Buch zeigt, wie sich jeder persönlich und mit einfachen Mitteln für das Leben in einer freien, menschenfreundlichen Gesellschaft einsetzen kann. Am Beispiel alltäglicher aber kniffliger Situationen wird dargestellt, wie das geht. Die Themen reichen vom Umgang mit Populisten und Schreihälsen, Fremdenfeinden oder den Schreibern von Hassbotschaften über das Engagement für die Wahrheit in Zeiten von Lügen, Falschmeldungen und Verschwörungstheorien bis hin zum Einsatz für die Demokratie in Schulen, der eigenen Familie – und auch in den finsteren Ecken der eigenen Seele. Stück für Stück wird demonstriert, wie man das macht, die Demokratie verteidigen. Jedes Kapitel schließt mit ganz praktischen Empfehlungen: Demokratie-Verteidigung auf den Punkt. Manche Abschnitte werden mit vertiefenden „Infokästen“ ergänzt. Das Buch kann der Reihe nach gelesen werden, als Panoptikum der eigenen Handlungsmöglichkeiten. Da die Kapitel nicht aufeinander aufbauen, sich aber ergänzen, lässt sich das Buch auch, je nach Interesse, kreuz und quer lesen.
Manch einer mag sich die Frage stellen: Wie soll ich mich denn ganz allein für demokratische Belange einsetzen? Denn nicht jedem liegt es, sich als Einzelkämpfer zu betätigen. Es lohnt sich, eine kleine Recherche vor der eigenen Haustür vorzunehmen oder im Internet nach Gleichgesinnten Ausschau zu halten. In vielen Gemeinden und Regionen haben sich längst Menschen zusammengeschlossen, um sich auf die eine oder andere Art für das demokratische Miteinander einzusetzen. Neue Mitstreiter sind immer herzlich willkommen. Einen guten Einstieg in die Recherche nach bestehenden Initiativen ermöglich das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ (demokratie-leben.de) des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Und nun, Demokrat: frisch ans Werk! Das Land, das du geerbt hast, ist ein demokratisches Land. Unsere Großeltern und Urgroßeltern haben für unsere Freiheiten mit ihrem Schweiß und ihrem Blut bezahlen müssen. Der Kontinent, auf dem du lebst, bietet den Menschenrechten wunderbare Wachstumsbedingungen – noch. Aber immer mehr Wüsten entstehen. Verteidige dein demokratisches Land, deinen Kontinent, deine Werte und deinen Lebensstil. Warte nicht darauf, dass jemand anderes das für dich erledigt. Du bist der Souverän. Wenn du das bleiben willst, solltest du dich auch souverän verhalten und jetzt handeln.
Brückenbau in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung
Für viele Menschen in Europa war der Brexit ein Schock. So auch für Britta Bünder. Am Morgen nach dem historischen Ereignis starrte die zweifache Mutter fassungslos auf eine Grafik in der Zeitung: Die Alten – also die, die es nicht mehr wirklich betreffen würde – hatten überwiegend für den Ausstieg aus Europa votiert und sich damit durchgesetzt. Die Jungen, die mit der Entscheidung noch lange würden leben müssen, hatten sich mehrheitlich, aber vergeblich für den Verbleib in der EU ausgesprochen.
Dann der nächste Schlag: die Wahl von Donald Trump. Die heute 37-jährige Psychologin verstand die Menschen nicht mehr. Ihre Realität schien nicht dieselbe zu sein wie die von Abermillionen Wählern, die sich für populistische Parolen entschieden und dabei über oft menschenverachtende Aussagen hinweggesehen oder diesen ausdrücklich zugestimmt hatten. Wie hatten nur so viele mündige Bürger gegen all das stimmen können, was ihr heilig war: kulturelle Vielfalt, ein freiheitliches und offenes Lebensmodell, ein integriertes Europa. Es schien, als hätte irgendetwas ganze Bevölkerungsschichten in Paralleluniversen geschleudert, zwischen denen es keinerlei Verbindung mehr gab.
Leider ist es heute ein weitgehend unumstrittener Befund: Die Gesellschaften der westlichen Demokratien scheinen zu zersplittern. Der öffentliche Diskurs droht zu zerfallen in sogenannte „Filterblasen“ – abgeschottete Teilöffentlichkeiten, in denen Gleichgesinnte einander bestärken und radikalisieren. Immer mehr Gruppierungen entfernen sich vom gesellschaftlichen Konsens und stehen sich unversöhnlich, ja ideologisch fanatisiert gegenüber.
Die große Herausforderung der Demokratie ist es, immer wieder Brücken zu bauen und Menschen für die gemeinsame Gestaltung der gesellschaftlichen Belange zu gewinnen. Doch wie soll das funktionieren, wenn sich überall tiefe Gräben auftun und es immer weniger Verbindendes gibt? Wie soll Demokratie funktionieren, wenn nicht mehr miteinander geredet und produktiv gestritten wird?
Auch Britta fragte sich, wie sie mit anderen Milieus in Kontakt kommen könnte. Doch sie war ratlos: „In meinem Bekanntenkreis wählen alle nur SPD, Grün, die Linke. Lediglich Oma wählt die CDU. Das war`s.“ Auch sie selbst war Teil einer Blase und schien hilflos in dieser gefangen. Wie also diese verlassen, wie den Kontakt zu anderen herstellen und versuchen, die Trennung gesellschaftlicher Sphären zu überwinden?
Als Britta Besuch aus den USA bekam, offenbarte der Freund sich als Trump-Anhänger. Die beiden tauschten sich tagelang aus. Das lief nicht ohne Emotionen ab, aber doch meist sachlich und vernünftig. Beide konnten die unterschiedlichen Sichtweisen, Begründungen und Bewertungen des jeweils anderen annehmen und aushalten, die dahinterliegenden Bedürfnisse respektieren. „Es war eine tolle, bereichernde Begegnung.“ Das persönliche Gespräch: Respekt, Toleranz, der Abgleich von Argumenten, der beiderseitige Wille, den anderen zu verstehen – das ist die Grundlage jeder demokratischen Ordnung.
Die sozialen Netzwerke stehen zu solchen »echten« Begegnungen in starkem Kontrast: mit ihren selbst verstärkenden Echokammern, den jenseits der Wirklichkeit irrlichternden Blasen, der rasenden Geschwindigkeit, der latenten Enthemmung und Entmenschlichung, dem wilden Draufhauen aus der Deckung der Anonymität. Doch gerade hier tut Brückenbau not, wenn die liberale Demokratie überleben soll.
Britta beschreibt ihre Reaktionen auf die Ereignisse des Jahres 2016 als eine Zeit des politischen Erwachens. Ihr wurde klar: Von selbst werden die freiheitlichen Selbstverständlichkeiten von früher nicht mehr bestehen bleiben: offene Grenzen und Frieden in Europa; Zusammenhalt der westlichen Welt, das Modell der offenen, pluralistischen Gesellschaft; Menschenrechte und Demokratie. Man musste etwas machen, um die Demokratie zu schützen, zu erhalten. Sie selbst musste etwas machen. Und sie stellte fest, dass sie nicht alleine war. Überall politisierten sich die Menschen.
Britta wollte ihren Teil zum gesellschaftlichen Brückenbau beitragen, sie überlegte: „Welche Menschen sind von meiner Meinung am weitesten entfernt? “ Schnell fiel ihr Blick auf die AfD und deren Anhänger. An Neujahr 2017 nahm sie sich vor, aktiv in die Blasen der AfD einzutauchen.
Sie hörte sich in den Kreisen der Parteimitglieder und Sympathisanten um, beschäftigte sich mit deren Blogs, Tweets und Kommentaren und war entsetzt: „Wie krass! Viele dort haben nicht nur andere Meinungen und Einstellungen als gemäßigtere Gruppierungen. Sondern die waren extrem abwertend gegenüber Andersdenkenden.“ Sie folgte AfD-Tweets und las mit Entsetzen viele menschenverachtende Kommentare. Einmal in diese Blase eingetaucht „… konnte und wollte ich vieles nicht so stehen lassen. Man kann diese Menschen doch nicht in ihren Blasen belassen. Das verstärkt sich alles von selbst immer mehr, ein Teufelskreis! Die verschiedenen Milieus müssen in Kontakt miteinander kommen.“
Um den Blasen Nadelstiche zu verpassen, begann sie sich einzumischen und hakte nach: „Wie kommen Sie darauf? Ich sehe das anders als Sie. Was schlagen Sie konkret vor, um die von Ihnen bemängelten Missstände zu beheben?“. Sie schrieb nüchtern, verwies auf Fakten, manchmal auch auf das deutsche Grundgesetz, das Asylrecht, die Menschenwürde. Das brachte ihr Vorwürfe ein; sie sei dumm, leichtgläubig und naiv, trage eine rosa-rote-Brille, wisse gar nicht, was wirklich abgehe in der Multikulti-Republik Deutschland.
Britta lebt mit ihrer Familie in Mannheim Neckarstadt, einem Stadtteil, der von vielen als No-Go-Area angesehen wird, einem Sinnbild für den Niedergang des Abendlandes: 22.000 Einwohner aus über 160 Nationen. Menschen mit Migrationshintergrund stellen mit 69% die absolute Mehrheit. In den Klassen der örtlichen Grundschulen sind es bis zu 90%. Diese Erfahrung versetzte sie in die Lage, auf die emotionalen Horrorskizzen von „multikulturellen Sündenpfuhlen“ sachkundig und glaubwürdig zu reagieren. Sie nutze ihre lebensweltliche Erfahrung und injizierte diese in die Diskurse der fremden Blase. Britta Bünder berichtete aus eigener Anschauung über Umstände, die viele AfD-Anhänger ihrer Meinung nach vorschnell als den Untergang des Abendlandes ansehen: „Das, was Rechtsnationale als No-Go-Area bezeichnen, ist mein Zuhause. Ich bin bestens über die Zustände vor Ort informiert, war dort viele Jahre Bezirksbeirätin. Menschen, die aus anderen Ländern stammen, sind meine Nachbarn und Freunde, und die Freunde meiner Kinder.“
Auch ihre eigene Blase erfuhr beim Kontakt mit den Blasen der AfD-Anhänger hilfreiche Veränderungen und Öffnungen.