Wieder mal kein Schwein gehabt! - Heribert Haberhausen - E-Book

Wieder mal kein Schwein gehabt! E-Book

Heribert Haberhausen

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Beschreibung

Die humorvollen und heiteren Geschichten erzählen von einer Mutter, die zusammenbricht, als sie das Tagebuch ihrer Tochter liest, von einer jungen Dame, die den Mann fürs Leben auf der "Brücke der Brüste" findet, von einer Hausfrau, die dankbar ist, dass es Exhibitionisten gibt und von einem ungewöhnlichen Tamponkauf. Der Leser erfährt, ob die Sterbeversicherung in Kraft tritt, wenn man vor lauter Angst zweimal halb gestorben ist, ein Harz-IV-Empfänger Anspruch auf Extra-Geld für dringend nötige Bordellbesuche hat und Durchfall vor einem Bußgeld schützt. Letztlich: Wer kommt für den Schaden auf, wenn die Schleimspur von Nacktschnecken Unfallverursacher ist oder wenn Hühner trotz Warnwesten unter die Räder kommen? Die amüsanten Erzählungen werden bereichert mit witzigen pointierenden Cartoons.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 291

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Humor ist der Knopf,

der verhindert,

dass dir der Kragen platzt.

Joachim Ringelnatz

Inhalt

Ganz gut gelaufen

Ein schöner Tod

Ein Hilfeschrei

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Nicht gut!

Lobende Worte reichen

Auf den Kopf gefallen

Keine Sondermarken

Man kann alles so oder so sehen

Langfinger drehen Däumchen

Man kann nicht immer nur Glück haben

Moralisch verpflichtet

Petri heil!

Wer den Schaden hat

Man muss sich zu helfen wissen

Zum Schnäppchenpreis

Freitag der 13

Das tägliche Waterloo

Bloßgestellt

Ein Frustzwerg gegen Frust

Laufen Sie bloß nicht weg!

Es gibt immer noch etwas Schlimmeres

Die Prophezeiung erfüllen

Gewusst wie!

Nur ein Rechenexempel

Schade!

Polizisten sind auch Menschen

Viele unnötige Fragen

Kein Gerichtsirrtum

Warnwesten sind unverzichtbar

Zum Fressen gern

Besser als nichts

Alles relativ

Ein Mann fürs Leben

A Kölsch is sauguad

Ein Telefongespräch

Gewonnen und doch verloren

Lehrstunde für Teutonen

Im Kaufrausch

Nichts dergleichen

Pfote drauf!

Zu keinem Interview bereit

Sofortiger Rückflug

Familientreffen sind etwas Besonderes

Verhältnis beendet

Mumm in den Knochen

Auf gute Nachbarschaft

Den Durchblick behalten

Schlaflos in London

Vom Auf und Ab des Lebens

Helle Burschen, unsere Polizisten

Die Sache ist gegessen

Für einen Fusel reicht es immer

Wie im Zirkus

Tu doch etwas!

Wenn man gut zu Fuß ist

Glück gehabt

Dumm gelaufen

Ganz dumm gelaufen

Die Kosten trägt der Kläger

Sagen Sie liebx Professx zu mir!

Kettenreaktion

Sie irren, Frau Anwältin!

Die Strafe Gottes

Ich habe nur Pech

Gut, dass es Exhibitionisten gibt

Beraterdienst

Das Gelächter der Hölle

Ein Freudentanz mit Wiederholung

Oh, Ewige Stadt

Ein Stück Himmel auf Erden

Das Leben kann so ungerecht sein

Gut bezahlt

Eine gründliche Sanierung

Mit Hinterdünger

Rückreise mit kleinen Hindernissen

Die Risikoversicherung

Zwei unterschiedliche Hälften

Die Flugschau

Ein patentwürdiger Einfall

Ein falscher Hase tut es auch

Brautreden müssen sein

Ein ungewöhnlicher Ort zum Beten

Gut gelaufen

Die Mutter der Porzellankiste

Sinnestäuschungen

Nicht begutachten

Verpasster Schwiegermutterbesuch

Keine höhere Gewalt

Nicht schleimen

Störrischer als ein Esel

Eine Schweizer Panne

Frohe Weihnachten

Spaßvögel lassen Träume leben

Die Klage wurde abgewiesen

Eine ungewöhnliche Korrespondenz

Menschlichkeit groß geschrieben

Wer zuletzt lacht

Ganz gut gelaufen

In den Geschichten dieses Buches ist von Pech und Pannen, Fehlverhalten und Fehltritten, Unvermögen und Unmenschlichkeit die Rede. Gottlob gibt es Anderes. Beispiele für Menschlichkeit und Miteinander lassen sich überall finden, bei Jung und Alt, bei Reich und Arm, bei Verzweifelten und Hoffnungsvollen.

Ein 53-Jähriger aus den neuen Bundesländern musste sich vor Gericht verantworten. Kontrolleure der öffentlichen Verkehrsmittel hatten ihn dreimal ertappt beim Schwarzfahren. Er bestritt vor dem Richter sein Vergehen nicht, versuchte auch gar nicht, sich herauszureden.

„Euer Ehren“, sagte er reumütig, „seit meinem schweren Autounfall im letzten Jahr bin ich nicht nur arbeitslos, sondern sehr vergesslich geworden. Einmal habe ich nicht daran gedacht, einen Fahrschein zu lösen, zweimal hatte ich einfach nicht das Geld dafür, aber dringende Arztbesuche standen an.“

Er machte eine Pause, sah sich um, blickte in verständnisvolle Gesichter im Saal. Er fuhr fort: „Ich weiß, dass ich den städtischen Verkehrsbetrieben 8,70 € schuldig geblieben bin, dem Vater Staat das Bußgeld. Buße tue ich, den verlangten Betrag kann ich jedoch niemals aufbringen. Ich werde mich aber bemühen, neun Euro aufzutreiben, um meine Schulden bei der Stadt in der nächsten Zeit zu begleichen. Sie werden verstehen, dass ich keinen genauen Zeitpunkt nennen kann. Aber ich versichere Ihnen, dass ich alles unternehmen werde, dies so schnell wie möglich zu schaffen.“

Dann setzte er mit einem treuherzigen Blick hinzu: „Die dreißig Cent mehr sind für die Kaffeekasse der Angestellten, als Wiedergutmachung für Ihre Mühen.“

Viele der Anwesenden im Gerichtssaal erhoben sich spontan, applaudierten, einige, nicht wenige, standen auf und schenkten ihm einen noch gültigen Fahrschein. Der Richter stellte das Verfahren gegen den Angeklagten ein, rief ihn aber zu sich. Er verabschiedete sich von dem „armen Sünder“ mit einem Handschlag. Dabei steckte er ihm, unbemerkt von allen, zwanzig Euro zu und flüsterte: „Für Ihre Kaffeekasse!“

Ein schöner Tod

René Baveur ist ein echter Pariser, liebt ausgiebige Mahlzeiten mit gutem Rotwein und dazu ein bisschen l’amour, sie muss nicht unbedingt mit der eigenen Frau sein. Die gehört mit ihr der Vergangenheit an. War aber auch schön!

Gearbeitet hat er beim staatlichen Eisenbahnunternehmen von Paris. Einmal schickte ihn sein Brötchengeber auf eine Dienstreise in den Süden des Landes nach Avignon, in die Stadt „der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“ im 14. Jahrhundert. Wie ein Gefangener fühlte er sich nicht. Er durfte sogar seine Sekretärin mitnehmen. In Tugendhaftigkeit waren ihm die Stellvertreter Gottes auf dem Stuhl Petri nicht gerade ein Vorbild.

Nach getaner Arbeit lud er an einem lauen Sommerabend seine Begleiterin zu einem Gläschen Rotwein ein. In ein besonderes Lokal, auf eine Bank an der Rhône mit Blick auf die berühmte historische Brücke, die malerische Stadtmauer und den gewaltigen Papstpalast. Unterm Arm trug er einen Korb gefüllt mit einem guten Châteauneuf-du-Pape, einem knusprigen Baguette, einem würzigen Käse und reichlich Oliven und Peperoni. So lässt es sich leben, dachten beide, genossen den Wein, das Essen, vor allem die leckeren Antipasti. Bei der zweiten Flasche kam man sich näher, berührte sich zunächst zärtlich, tauschte dann heiße Küsse aus und landete schließlich im Bett ihres Hotels, jetzt in einem.

Der alte Bock wurde den Ansprüchen des jungen Rehleins gerecht. Das strengte ihn aber mächtig an. Darum passierte ihm dies. Nach seinem Höhepunkt setzte ihn ein Herzinfarkt außer Gefecht - für immer. Für viele Männer ein schöner Tod. Vielleicht der schönste! Gehen müssen wir alle, warum nicht mit Glücksgefühlen.

Vertuschen ließ sich die Todesursache nicht, wollte auch keiner. Die Frau verlangte vom Arbeitgeber Schadensersatz. Sie argumentierte, der Tod ihres Mannes habe ihn auf einer Dienstreise ereilt und darum stünde ihr das Geld zu. Die Chefs der Bahn brachen in ein höhnisches Gelächter aus und meinten, sie müssten doch wohl nicht für den Seitensprung ihres Mannes geradestehen.

Das Lachen verging ihnen. Der Richter urteilte, eine Dienstreise ist eine Dienstreise und der Arbeitgeber muss für alles, auch was in der Freizeit passiert, aufkommen. Egal, ob er von einer Leiter oder einer Frau fällt (ist schon ein Unterschied!), ob ihn beim Joggen oder beim Orgasmus ein Herzinfarkt ereilt (ist auch ein Unterschied! Oder?). Er ist zu Schadensersatzzahlungen gegenüber der Familie verpflichtet. Die Chefs protestierten, argumentierten, sie können doch nicht für das Fremdgehen eines Angestellten Verantwortung tragen. Dieses habe nichts, aber auch gar nichts mit der Ausübung seines Jobs zu tun gehabt. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Sie gingen in Berufung.

Dieser Richter sah es auch nicht so. Er fegte die Einwände des Bahnunternehmens vom Tisch und machte erneut geltend, dass die Verantwortung des Arbeitgebers besteht, unabhängig davon wie der Arbeitnehmer auf einer Dienstreise seine Freizeit verbringt. Schon früher hatte ein Kollege genauso geurteilt. Er legte fest, bis zu dem Zeitpunkt, bis der Mann in Rente gegangen wäre, bekomme die Ehefrau mit ihren/seinen Kindern 80% seines Gehaltes.

Ein schöner Tod - fand jetzt auch die Ehefrau. Sie ersparte sich die Scheidungskosten, die Unterhaltsklagen und ganz gewiss einen Rosenkrieg.

Wenn der nun Selige großzügig ist, mit einer Harfe auf der Wolke sieben schwebt, gönnt er seiner Frau noch ein paar schöne Jahre. Sie hat sie sich verdient. Vielleicht auch mit dem einen oder anderen Liebhaber! Bekanntlich schützt Alter vor Abenteuerlust nicht. Er war doch das beste Beispiel dafür, eine Steilvorlage für sie!

Ein Hilfeschrei

Lieber Ben,

ich schreibe Dir diesen Brief aus einem Hotelzimmer und bitte Dich als meinen besten Freund um ein Quartier bei dir, weil mir die Kosten in diesem auf die Dauer zu teuer werden. Ich habe Dich nicht angerufen, um Dich nicht in Zugzwang zu bringen. So kannst Du Dir meine Lage in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen und dann frei Deine Entscheidung treffen. Du wirst sehen, dass ich unschuldig in diese missliche Lage geraten bin. Ich habe einfach nur Pech gehabt.

Als ich vor einigen Tagen unser Haus verließ, das wir - wie Du weißt - zusammen mit den Eltern meiner Frau bewohnen und ins Auto steigen wollte, drehte ich mich dummerweise noch einmal um und warf dabei einen kurzen Blick auf meine Schwiegermutter, die im Hauseingang stand und wie eine Gefängniswärterin hinter mir her starrte - mit ihrem diabolischen Blick. Weil mir das Blut in den Adern gefror, ich bewegungsunfähig wurde, fuhr ich auf der Straße einfach geradeaus, was in einer Kurve allgemein zum Verlassen dieser führt. Darum raste ich eine Böschung hinunter. Ich hatte Glück und erreichte mit ein paar Beulen am Körper und am Auto den unteren Teil der Straße, setzte dabei etwas holprig auf diese auf.

Noch völlig von Sinnen, komplett neben der Spur, bekam ich vor einer Ampel einen Anfall von Farbenblindheit. Das hielt die Beamten nicht davon ab, meine Personalien zu notieren und mir mitzuteilen, dass ich mit einem einmonatigen Fahrverbot zu rechnen habe.

Wie du Dir denken kannst, war ich jetzt völlig am Boden zerstört, platt wie eine Flunder. Was mich wieder aufrichten, mich auf die Beine stellen konnte, wusste ich, war der Alkohol. Ich setzte mich in Ferdis Biergarten und bestellte ein Pils, um meinen Kummer herunterzuspülen. Nur ein kleines, weil ich noch fahren musste und zu diesem Zeitpunkt auch noch konnte.

Bisher klebte mir den ganzen Tag nur Pech an meinen Stiefeln, jetzt hatte ich Glück. Das glaubte ich zumindest! Denn ich traf dort Rosie, die kesse Rote aus unserer Abschlussklasse. Sie war immer ein lebensfroher Pfundskerl oder sagt man Kerlin und ist es bis heute geblieben. Sie setzte sich zu mir, leistete mir Gesellschaft. Bier und Frauen lassen das Leben leichter werden, das kannst Du mir glauben. Wir tranken ein paar Gläschen zusammen, feierten unser Wiedersehen, die Leichtigkeit des Lebens und dann suchten wir Trost beieinander, denn ihr Freund, ein Hallodri, hatte sie vor ein paar Tagen verlassen.

Es lag doch nahe, dass man das Trösten auch körperlich gestalten möchte. Wir fuhren darum zu den Stadtteichen, denn in dem Lokal wäre es doch unangebracht gewesen. Wir hielten an einer Böschung, die zum See hinunter führte. Jetzt wurden aus der Glut lodernde Flammen und es kam zu einer zwischenmenschlichen Begegnung. Wir kamen aber über dieses erste Stadium nicht hinaus. Ich vermute, dass entweder kein Gang eingelegt war oder sich bei dem wilden Gerangel die Handbremse gelöst hatte. Jedenfalls erfolgte die Abkühlung der heißen Begierde im kalten Wasser.

Da dieses dort nicht sehr tief ist, konnten wir aussteigen und uns ans trockene Ufer hangeln. Das Auto mussten wir aber zurücklassen.

Es ist zu vermuten, dass Spaziergänger dieses Schauspiel beobachtet haben. Jedenfalls waren nur wenige Minuten später der Rettungsdienst und die Polizei zur Stelle. Die Beamten ließen mich ins Röhrchen pusten. Kein gutes Ergebnis: 0,9 Promille. Sie erklärten mir kurz und knapp, es waren dieselben wie die an der Ampel, dass ich jetzt den Führerschein nicht für einen Monat, sondern für längere Zeit abgeben müsse und nahmen ihn auch gleich mit.

Es gibt Menschen, die können ihre Klappe nicht halten. Ich vermute, es war mein Schwiegervater, der auch bei der Polizei arbeitet, der Gerda informiert hat. Jedenfalls als ich mit dem Taxi Zuhause vorfuhr, standen schon die gepackten Koffer vor der Tür und die freundlichen Wünsche, ‚ich solle mich zum Teufel scheren‘, wurden mir noch nachgeschickt.

Darum sitze ich in diesem Hotelzimmer, in dem meine einzige Lektüre die Bibel ist, die überall zur Standardausstattung gehört und sich auf den Nachtischen langweilt.

Ich habe darin über den großen König Salomon gelesen. Seine Weisheit zeigte sich in einem vielbeachteten Urteil: Er schlug zwei sich um ein Kind streitenden Frauen vor, das Baby mit dem Schwert zu teilen, um jeder eine Hälfte zukommen zu lassen. Eine der beiden, die rechtmäßige Mutter, verzichtete auf ihr Kind, um ihm das Leben zum zweiten Mal zu schenken. Es wurde ihr zugesprochen.

Weißt Du, dass dieser Mann wegen seiner Klugheit bis heute hoch verehrt wird? Was aber viele nicht wissen, er hatte 700 Hauptfrauen und 300 Nebenfrauen. Ist das Leben gerecht? Ich werde nur für den Versuch eines Seitensprunges bitter bestraft und muss auf der Straße schlafen, während dieser Lüstling einen Palast bewohnte.

Aber ehrlich, beneiden tue ich ihn nicht. Bei tausend Frauen ginge mir die Lust an einem Liebesakt verloren. Sie wird dann doch zur Fließbandarbeit, nein, eher Knochenarbeit oder Schinderei, wenn nicht sogar Quälerei. Du bist zur Höchstleistung mehrfach am Tag verdammt. Nicht genug damit: du hast auch noch tausend Schwiegermütter. Nein danke, mir reicht eine!

Lass von Dir hören!

Peter

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Manchmal sitze ich am Ufer des unendlichen Meeres und denke über uns Menschen nach. Über den Unterschied zwischen Männern und Frauen. Gott stellte Adam Eva zur Seite und er sah, dass es gut war, bewunderte, was er geschaffen hatte. Er kannte meine Frau nicht. Dann frage ich mich immer wieder, warum hat der Allmächtige die Geschlechter nicht mit gleich viel Hirnwindungen ausgestattet und hat den Frauen so viel weniger davon gegeben als uns Männern.

Doch dann wächst in mir die Erkenntnis, dass sie mit ihrem Kleinhirn genug Schaden anrichten können. Was alles? Das ist oft zum Haare raufen, wenn ich noch welche hätte.

Zwei Beispiele, die nicht aus der Luft gegriffen sind, aber irgendwie im Zusammenhang stehen, verdeutlichen dies. Ich schrieb an meine Krankenkasse einen Brief mit der Bitte um Erstattung der Ausgaben von zehn Päckchen Kondomen, fügte ordnungsgemäß den Kassenzettel der Apotheke bei.

Eine Sachbearbeiterin, ein weibliches Wesen also, lehnte diese ab, obwohl gerade sie als Frau meine Argumentation hätte verstehen müssen. Tat sie nicht! Fehlende Hirnwindungen? Obwohl für meinen männlichen Sachverstand die Sache sonnenklar, meine Begründung stichhaltig war, vielleicht ist dieses Adjektiv hier unangebracht. Ich argumentierte nämlich, sie zu begleichen, käme sie billiger als die Kosten für eine Entbindung zu erstatten samt Arzthonorar und Aufenthalt im Krankenhaus.

Schiffbruch erlitt ich auch bei meiner Hausratversicherung. Das Wort Schiffbruch stimmt nicht ganz, denn es ging kein Schiff zu Bruch, aber fast unsere gesamte Schlafzimmereinrichtung.

Meine Frau ist manchmal ein bisschen ungeschickt, der Vergleich mit einem Trampeltier wäre übertrieben, zumindest zumeist. Während der Vorbereitung für einen Beischlaf kam dies deutlich ans Tageslicht. Weil das vergangen war, brannte die Deckenlampe. Die schaltete sie aus und zündete dafür eine Kerze an, abgestellt auf dem Nachtisch unmittelbar neben unserem Liebeslaken. Das sei romantischer, meinte sie. Wir Männer sind in dieser Beziehung einfacher gestrickt, dafür zielstrebiger. Im Betrieb kann ich auch nicht lange um den Brei herumreden, sonst werden wir nie fertig. Das liegt unter anderem daran, dass unser Großhirn zu mehr Sachlichkeit neigt. Jedenfalls geriet, als mich ihre Hand berührte, wie von Zauberhand nicht nur ich, auch das Laken in Brand.

Unsere Herzen brannten noch immer für einander, aber nach dreißig Jahren Ehe nicht mehr so lichterloh, dass sich davon irgendetwas hätte entzünden können. Die Ursache musste die Kerze gewesen sein. Es kam zum Petting Interruptus. Es erinnerte mich an frühere Zeiten, wenn die gestrenge zukünftige Schwiegermutter zur falschen Zeit plötzlich im Türrahmen wie ein feuerspuckender Drache auftauchte.

Eine andere Handlung war jetzt notwendiger als die beabsichtigte. Die leichte Erregung legte sich, senkte sich hinab. Ich kenne aber kein Ehepaar, das einen Feuerlöscher im Schlafzimmer neben sich griffbereit hat, wenigstens nicht nach so vielen Ehejahren. Darum rannte ich in den Keller, um ihn zu holen, während meine Frau versuchte, das Schlimmste zu verhindern. Aber das machte die Sache noch schlimmer. Sie versuchte das Feuer mit einer Decke zu ersticken, warf dabei das Nachtschränkchen um, riss den Spiegel von der Wand. Der fiel auf einen kleinen Hocker, was diesen nicht gerade verschönerte. Sie besann sich dann und versuchte es doch mit Wasser. Aber unsere Zahnbecher bewirkten nicht viel. Mit meinem Feuerlöscher brachte ich den Brand unter Kontrolle, mehr noch, ich löschte ihn. Außer Puste hielt ich inne, konnte beim Verschnaufen den Schaden begutachten. Wie gesagt, meine Frau ist manchmal ein Trampeltier, das sind zweihöckrige domestizierte Nutztiere. Von Nutzen ist sie nicht immer.

Darum liebe ich sie so. Sie meint es immer nur gut. Hatte sie auch, als sie das grelle Deckenlicht ausschaltete. Ich zürnte ihr nicht, wenn auch an einen Beischlaf jetzt keiner von uns beiden mehr dachte. Auch hier war situationsbedingt das Feuer gelöscht. Das Schöne ist doch, aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Die Sachbearbeiterin der Versicherung, wieder eine Frau, lehnte ab, die gesamten Kosten der Renovierung zu erstatten. Die Gründe gehen niemanden etwas an. Meine ich!

Nicht gut!

Beate ist ein Pfundsweib, gleicht einem Pinguin, mit ihren kurzen Beinen, dem watschelnden Gang, der kleinen Fettschicht. Sie ist einfach süß. Das Beste, sie hat Humor, lacht viel, redet gern und kümmert sich gemäß dem Gebot der Nächstenliebe um die Mitmenschen und deren Probleme, kann sie ihnen abnehmen, denn im Abnehmen ist sie geübt. Sie verzichtet liebend gern auf alles, was dick macht, Spiegel, Waagen, Selfies.

Wie bei allen ihren Artgenossinnen, so sind auch in ihrem Kleiderschrank sämtliche Klamotten im Laufe der Jahre mächtig geschrumpft. Aber der Schal passt ihr immer noch. Öfter jedoch stellt sie sich nicht die Frage, was ziehe ich an, sondern wie komme ich da hinein. Mit etwas Geduld und viel Mühe hat sie das denn doch immer noch geschafft, auch wenn sie mit ihrer Hose das eine oder andere Mal eine offene Beziehung eingeht. Aber wofür gibt es denn so schöne, lange, weite Überzieher in allen Größen auch für Menschen, die regelmäßig feste Nahrung zu sich nehmen.

Apropos Nahrung: Sie ist eine Meganerin, isst alles, was mega-gut-schmeckt, und eine eingefleischte Sekundärveganerin, das heißt, sie verachtet kein Lebewesen auf ihrem Teller, das sich pflanzlich ernährt hat. So behält sie ihre gute Figur, ersetzt stets den Winterspeck durch Frühlingsrollen. Schließlich erweitert alles, was sie isst, ihr Spektrum. Was ihr Gewicht angeht, hat sie Glück. Immer wenn sie ein paar Pfunde verloren hat, findet sie sie kurz darauf wieder, zumeist im Kühlschrank.

Glückliche Menschen sind die, die Musik hören können, ohne dabei zu joggen. Zu denen gehört sie! Wenn sie schon einmal ihre Beine bewegt, wäre ihr idealer Trainingspartner eine Schnecke. Sie hat es auch schon mit Liegestützen versucht. Liegen kann sie schon. Man muss klein anfangen, sagt sie sich. Kommt Zeit, kommt Höhe!

Wie ausgeführt, Beate ist keine Kostverächterin. Alles, was sie heimlich isst, trägt sie öffentlich zur Schau. Sie hat schon Affenhirn, Bullenhoden, sogar Hühnersuppe verzehrt. Sie ist aber noch nie auf die Idee gekommen, ihren Chef nackt wie Gott ihn schuf, in einen großen Kochtopf zu stecken, um aus ihm eine leckere Fleischsuppe zuzubereiten. Auch wenn er wie die meisten Bosse streng und ungerecht, geldgierig und knauserig ist. Einen Magenkrampf bekommt oder einen Ohnmachtsanfall vortäuscht, wenn jemand aus dem Betrieb ihn um eine Gehaltserhöhung bittet. Noch weniger wäre sie auf den Gedanken gekommen, diese Suppe in der Kantine aufzutischen, um dann die Kollegen zu bitten, jeder isst so viel er kann. Noch hinzuzufügen, lasst es euch schmecken!

In den deutschen Kitas, in den staatlichen, sogar in den christlichen, fassen sich die Kinder jeden Mittag an den Händen und sprechen ihr „Tischgebet“: „Jeder isst so viel er kann, nur nicht seinen Nebenmann.“ Gottlob haben sich die Kleinen an diesen Ernährungstipp von den Großen bisher alle gehalten und konsequent befolgt.

Nicht gut, Kinder auf solche Gedanken zu bringen! Gar nicht gut, liebe Erzieher/innen.

Lobende Worte reichen

Der Marktleiter bat seinen Auszubildenden zu sich in sein Büro. Er tadelte ihn: „So wirst du nie ein guter Verkäufer. Ich habe gesehen, dass du nur eine Sonnenbrille verkauft und als Gratisgeschenk eine Tube Sonnencreme dazu gegeben hast.“

„Aber, aber, Herr Chef!“

„Nichts, aber, aber. So wird das nichts. Ein guter Verkäufer bringt nicht nur eine Kuckucksuhr an den Mann oder die Frau, nein, dazu auch gleich noch zwei Säcke Vogelfutter. Ich habe einmal einen Kollegen gekannt, der brachte es fertig, kaltes Wasser im großen Eimer zu verscherbeln, das er als getaute Schneemänner anpries. Das ist hohe Kunst, perfektes verkaufsstrategisches Handeln.“

„Chef, ich arbeite diese Woche doch gar nicht in der Brillenabteilung. Ich bin doch in der Drogerie eingesetzt.“

„Das wird ja immer schöner. Und warum tummelst du dich in fremden Gewässern?“

„Das war so. Der Mann kam zu mir und wollte eine Packung Tampons für seine Frau kaufen. Ich sagte ihm: ‚Das wird kein schönes Wochenende, dabei herrscht Samstag und Sonntag Bilderbuchwetter. Ich kenne das von meiner Freundin. Sie ist während ihrer Tage immer missgelaunt, verdrießlich, unausstehlich. Ich riet ihm, unternehmen Sie etwas allein, ansonsten fällt Ihnen, wenn Sie nur zuhause sitzen, die Decke auf den Kopf‘.“

„Und weiter!“

„Ich schlug ihm vor, da er im häuslichen Bett nicht aktiv sein kann, sich in der frischen Luft auszutoben, seine Kräfte dort walten zu lassen, sich auf ein Fahrrad zu setzen und Gottes schöne Natur zu erleben, still und lustvoll zu genießen. Er wisse doch, Radfahren ist gesund und man sieht mehr von der Umgebung als beim Wandern. Ich empfahl ihm unser Sonderangebot, das stark reduzierte Elektrorad, drängte ihn, schnell zuzugreifen, weil von dem nur noch zwei Stück auf Lager seien. Habe ich zumindest behauptet. Ein Schnäppchen, das er sich nicht entgehen lassen sollte! Ohne ihm Zeit zum Überlegen zu geben, zerrte ich ihn in die Fahrradabteilung.“

„Gut gemacht!“

„Der Kunde war begeistert von dem Modell, dem brandneuen, versteht sich, auch ohne eine Probefahrt. Ich sagte ihm, ich sei selbst ein passionierter Mountainbikefahrer und wüsste, was man alles für eine sichere und stressfreie Fahrt benötigt. Wie jedermann weiß, es ist nicht damit getan, sich einfach auf das Rad zu schwingen und los geht’s.“

„Kluge Wortwahl! Sehr gut, immer sich selbst einbringen, immer seine Erfahrung betonen.“

„Ich bauchpinselte ihn zudem: ‚Sie sind doch ein kluger und umsichtiger Mann und werden nicht auf die allernotwen- digste Ausrüstung verzichten‘.“

„Gekonnt, schon wie ein Verkaufsprofi!“

„Er erwarb aus freien Stücken Stück für Stück: eine Fahrradhose, die entsprechenden Handschuhe, natürlich einen Helm für seine Sicherheit und das obligatorische Werkzeugtäschchen. Ich empfahl ihm aber dringend, neben der Standardausrüstung noch einen Hammer und eine Zange dort hineinzulegen, die wir später in der Abteilung „Für Haus und Hof“ erwarben. Bevor wir uns zur Kasse begaben, eilten wir noch einmal zurück, um einen gepolsterten Bezug für den Sattel auszusuchen. Ich wüsste aus eigener Erfahrung, der sei dringend notwendig, sonst bekäme man Schwielen am Allerwertesten.“

Der Azubi sah seinen Chef an, der mit offenem Mund staunend nickte. Dann aber fragte: „Warum landetest du dann noch in der Brillenabteilung?“

„Ach, ja! Ich erklärte ihm, beim schnellen Fahren können einem leicht kleine Tierchen in die Augen fliegen, was ich selbst schon des Öfteren erlebt habe und das dies sehr unangenehm sei, oft eine schmerzhafte Sache. Dort gab ich ihm die Sonnencreme für seine Frau. Ein Geschenk des Hauses! Ich riet ihm, er solle seiner Liebsten vorschlagen, sich in die Sonne zu legen, sich auszuruhen, von der körperlichen Unpässlichkeit zu erholen und sie damit einzucremen. In der Regel funktioniert das. Er wird eine sehr zufriedene Frau haben und das Wochenende wird für alle Beteiligten wunderschön.“

„Sehr gut!“, lobte ihn der Marktleiter. Eine Gehaltserhöhung erwähnte er mit keinem Wort. Lobende Worte reichten - seiner Meinung nach - völlig aus. Chefs haben oft andere Vorstellungen als Azubis.

Auf den Kopf gefallen

Die Kelten hatten vor nichts Angst. Sie befürchteten nur eins, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt. Es gibt Menschen, die haben panische Angst davor, dass einmal ein Dachziegel auf ihrem Haupt landet. In der Coronazeit beim monatelangen Lockdown ist vielen Mitbürgern die Decke auf den Kopf gefallen.

Bekannt ist das missliche Ereignis eines Seemannes, der an der Reling stand, sich des Lebens freute, bis ihm eine Möwe auf seinen Scheitel schiss. Er war ein guter, frommer Mann, erhob seine Augen zum Himmel und sagte: „Gütiger Vater, ich danke dir, dass Schweine, Pferde, vor allem Kühe nicht fliegen können.“

Weniger bekannt ist die Geschichte des Tragödienschreibers Aeschylus, der 455 v. Chr. starb. Was ihm passierte, war eine Tragikomödie: für Außenstehende eine Komödie, für ihn eine Tragödie. Er hielt sich nämlich im Freien auf, damit ihm nichts auf den Kopf fallen konnte. Und zerbrach sich diesen, wie man sich am besten vor herabfallenden Gegenständen schützen könnte, als eine Schildkröte, die vom Himmel fiel, ihm den Schädel zertrümmerte und ihn für immer von diesem Problem erlöste.

Ein Greifvogel hatte den Denkerkopf, der glatt war wie ein Kinderpopo, mit einem Felsbrocken verwechselt. Um Schildkröten aufzuknacken, lassen die Herrscher der Lüfte sie aus großer Höhe auf einen Felsen fallen, damit diese beim Aufprall zerbrechen, um dann das Innere des Tieres genüsslich zu verspeisen. Die Glatze leistete dieselben Dienste.

Fast gar nicht bekannt ist der Fall von Mrs. Hewlett Hodges. Sie hatte Pech, was sie in Insiderkreisen weltbekannt machte. „Pech haben“ oder „auf den Leim gehen“ geht auf das 15. Jahrhundert zurück. Vogelfänger bestrichen den Rastplatz der Vögel mit Pech oder Leim, so dass die Tiere mit ihren Krallen dort kleben blieben. Man übertrug das auf den Menschen, der ein Missgeschick erlitt und so entstanden der Pechvogel oder auf den Leim gehen.

Mrs. Hewlett Hodges ist keinem auf den Leim gegangen, hatte trotzdem Pech, die goldene Arschkarte gezogen.

Nach einem arbeitsreichen Tag fläzte sie sich auf ihrem Sofa herum, hatte die Beine hochgelegt und knabberte Chips, trank Wein und ließ den lieben Gott einen guten Mann sein. Kurzum, sie dachte an nichts Böses, als aus heiterem Himmel ihr ein Stein auf den Kopf fiel, der durch das Dach ihres Hauses geschossen kam. Vorbei war es mit der Gemütlichkeit.

Als sie sich von ihrem Schrecken erholt hatte und den Brocken aufhob, war ihr noch nicht klar, was sie dort in ihren Händen hielt. Sie holte ihre Küchenwaage und ermittelte ein Gewicht von neun Pfund. Angesichts der Schwere war die Beule auf ihrem Kopf relativ klein, weil der Fall durch das Dach gebremst worden war. Trotzdem kühlte sie diese noch eine Weile mit kalten Tüchern.

Sie hatte Glück, nicht wegen der glimpflich verlaufenden Beschädigung ihres Daches oder ihres Haupt, nein, wegen des Steines. Wie sich später herausstellte, handelte es sich nicht um einen gewöhnlichen Stein. Es war ein Meteorit. Sie war der erste Mensch auf unserem Globus, der von einem Himmelskörper getroffen wurde.

Sie hatte Pech. Jetzt schaltete sich die US-Airforce ein und beanspruchte das außerirdische Geschoss. Ein langer Rechtsstreit entbrannte. Wem gehörte nun dieses außergewöhnliche Objekt? Den staatlichen Organen, dem Hausbesitzer oder ihr, den der Himmel ihr quasi in den Schoß fallen ließ, wie im Märchen dem Kind die goldenen Sterne, besser gesagt, ihr auf dem Haupt servierte. Es war leider kein goldener Himmelskörper, nur ein Stein, der sich nicht vergolden, für sie durch die Medien in bare Münze verwandeln ließ. Entnervt vom Gerangel, dem entmutigenden Rechtsstreit, spendete sie ihn dem Alabama Museum of Natural History, wo er heute noch liegt. Die Beule durfte sie behalten.

Keine Sondermarken

Man staunt, was alles in einem Buggy transportiert wird. Frau Kluge ist einiges gewöhnt. An ihrer Kasse sind schon die lustigsten Dinge passiert. Eine ältere Dame kutschierte einen Igel mit Schal in einer solchen Säuglingskutsche durch den Laden. In dem Fahrzeug eines Humoristen lag in der Weihnachtszeit ein Karpfen, aus dessen Maul zwei kleine Puppenbeine schauten. „Sehen Sie, fangfrisch!“, sagte er zu der Kassiererin, „wenn ich ihn aufs Band lege, hüpft er runter.“ Bezahlen musste er trotzdem, bekam aber fünf Wertmarken extra. Auch eine Seniorin kam nicht herum, ihr Portmonee zu zücken. In ihrem Buggy saß eine Minigans mit Schleifchen um den Hals, auf ihren großen Schwimmfüßen lag eine kleine Dose Gänsepastete. „Schöner Gag“, meinte Frau Kluge, sammelte trotzdem Geld ein, vergab wiederum Wertmarken.

An einem frühen Morgen kam eine junge Frau mit einem Kinderwagen zum Förderband. „Können Sie Ihr Baby nicht beruhigen?“, fragte Frau Kluge, selbst Mutter von zwei Kindern. „Warten Sie! Ich helfe Ihnen!“

„Nein, nein! Bleiben Sie sitzen! Ich schaukle den Wagen selbst. Das schaffe ich schon!“

Die junge Mutter gab sich viel Mühe, doch das Geschrei hörte nicht auf. Eine ältere Dame, die hinter ihr stand, gab ihr den Rat: „Nehmen Sie das Baby heraus und halten Sie es auf Ihrem Arm! Dann wird es sich beruhigen. Ich lege Ihre Waren inzwischen auf das Band.“

„Bloß nicht! Lassen Sie mich in Ruhe!“

„Sorgen Sie lieber dafür, dass Ihr Kind Ruhe gibt!“, forderte nun energisch die alte Dame die ganz offensichtlich herzlose Mutter auf.

„Okay!“

Sie griff in den Wagen und augenblicklich herrschte Totenstille.

„Wie haben Sie denn das gemacht?“, wunderte sich die zweifache Mutter. „So etwas ist mir bei meinen Kindern so schnell noch nie gelungen.“

„Ich habe das Gebrüll abgestellt.“

„Sie haben was?“

„Abgestellt!“

Jetzt wurde selbst die ältere Dame flink, ließ ihren Krückstock fallen und starrte in den Kinderwagen. Frau Kluge beugte sich vor, weit über das Förderband, fiel fast in den Kinderwagen. Passierte nicht, aber bei dem, was sie sah, fielen ihr die Augen aus dem Kopf. Auf einem Kopfkissen lag ein kleiner Kassettenrekorder, ganz offensichtlich die Quelle für das Geschrei. Unter der Bettdecke lagen ein Schinken in Babygröße, zwei Salamis, die Kinderarmen glichen und Bananen, krumm wie Säuglingsbeine. Liebevoll war dieses besondere Kleinkind zugedeckt mit Wurst- und Käseaufschnitt, verziert mit Tomaten, Radieschen und Weintrauben.

Sondermarken für diesen Geniestreich gab es nicht. Dafür eine Anzeige.

Man kann alles so oder so sehen

„Ist das Kunst oder kann das weg?“, fragt sich so manche Reinigungskraft schon mal. Sie haben nicht immer ein glückliches Händchen, wenn sie Hand anlegen. Eine Putzfrau in der Mannheimer Philippuskirche hat sich mächtig angestrengt, viel Kraft und Reinigungsmittel gebraucht, um das Kunstwerk „Behausung 6/2016 von Romana Menze-Kuhn vom Boden zu entfernen. In einem Fernsehinterview meinte die Künstlerin: „Man muss doch sehen, was Kunst ist.“ Die Fleißige sah das nicht in ihrem Eifer. In der Mülltonne heißt das Werk, oder heißt es Machwerk, jetzt „Behausung 6a/2016“.

Eine andere Fachfrau für Raumpflege erkannte ebenfalls ein Meisterwerk nicht. Sie hat im Dortmunder Ostwall-Museum energisch durchgegriffen bei dem Holzgerüst mit dem Titel „Wenn es anfängt durch die Decke zu tropfen“ von Martin Kippenberger. Wehret den Anfängen, muss sie sich gedacht haben, kein nasser Museumsboden. In dem mannshohen Turm aus Holzplatten stand ein Trog. Sie entfernte die weißlichkalkige Schicht, damit die Regentropfen in ein sauberes Auffangbecken fielen. Sie fiel aus allen Regenwolken, als sie hörte, sie habe ein Kunstwerk vernichtet, die Museumsleitung sogar der Meinung war, es sei für immer zerstört, obwohl es jetzt doch so blitzsauber aussah.

Auch SPD-Mitglieder bewiesen leider nicht viel mehr Kunstverstand. Sie vergriffen sich sogar an dem Kunstwerk „Badewanne“ von keinem Geringeren als Joseph Beuys. Bei einem Fest im Schloss Morsbroich fanden sie nichts anderes als diese Wanne, um Geschirr und Gläser zu spülen. Pflaster, Müllbinden machten sich dort gar nicht gut, störten sie bei ihrer Arbeit, da sie ja gerade Teller und Gläser spülen wollten. Also, weg damit! 80.000 DM waren im Eimer, im Mülleimer!

Nur 40.000 DM musste das Land Nordrhein-Westfalen bezahlen für die Entfernung der berühmten „Fettecke“ vom selben Künstler in der Düsseldorfer Kunstakademie durch den Hausmeister. Der teuerste Fettfleck in der Landesgeschichte, der je weggeschrubbt wurde und durch die Kanalisation floss!

Auch die Männer vom Kasseler Straßenbauamt machten ganze Arbeit und entfernten die weißen Klebstreifen, die die Fahrbahnmarkierungen in Kreuze verwandelten und nach deren Meinung den Straßenverkehr gefährdeten. Die chilenische Künstlerin Lotty Rosenfeld hatte kein Verständnis für so viel Vandalismus. Sie fühlte sich „verachtet“.

Missachtet hat eine 90-Jährige aus Nürnberg das Werk von Arthur Köpcke nun ganz und gar nicht. Frau Annegret K. liebt Kreuzworträtsel, ist geradezu besessen von ihnen. Ist im Ratefieber! Ob beim Friseur oder in Wartezimmern, selbst in den Cafés fällt sie über sie her wie eine Hyäne über ihre Beute. Vor dem Werk „Insert words“ eines Fluxus-Künstlers im Neuen Nürnberger Museum, das ein nicht ausgefülltes Kreuzworträtsel zeigte, stand sie voller Tatendrang. An dem oberen Bildrand hatte der Autodidakt sie unmissverständlich dazu aufgefordert, es zu vervollständigen. Diese Aufforderung ließ sie sich nicht zweimal sagen, zumal sie der englischen Sprache mächtig war und sich den Satz ins Deutsche übersetzte: Setz Wörter ein!

Ein Jammer, sie hatte keinen Stift zur Hand. Da sah sie einen Wächter, der am Ende des Ganges stand und Löcher in die Luft starrte. Sie bat ihm um einen Kugelschreiber. Der hilfsbereite Mann tat der Seniorin gern den Gefallen und lieh ihr seinen. Annegret K. setzte gekonnt die fehlenden Wörter in das 150 mal 80 Zentimeter große Bild ein. Vervollständigte das Werk des Meisters und beschädigte es nicht, wie es später hieß, zumal ganz offensichtlich der Meister nicht in der Lage war, einige Felder auszufüllen, sei es aus Unwissenheit oder weil er gestört wurde. Ungestört vollendete sie sein Werk, signierte es nicht, trat aber einen Schritt zurück, um ihre Tat zu bewundern. Wundern musste sich der Aufpasser, der erst jetzt die Untat bemerkte. Schließlich war das Bild mit 80.000 Euro versichert. Mehr noch, er war entsetzt, ihm fiel der Unterkiefer herunter.

Den offenen Mund wiederum verstand die gute Frau nicht, denn das Motto des Objekt- und Aktionskünstlers war doch: „Kunst und Alltag erfinderisch begegnen“. Dem hatte sie entsprochen, mehr noch, der Kunst einen Platz in ihrem Alltag gegeben. Statt Lob und Anerkennung erntete sie furchtbar böse Worte, dazu eine Strafanzeige und eine polizeiliche Ermittlung.

Sie wurde abgeführt und noch am selben Tag vernommen. Ihr Anwalt beteuerte ihre Unschuld, sah die Schuld bei der Museumsleitung, die das Werk mit einem solchen Aufforderungscharakter nicht abgesperrt hatte oder „gefälligst Schilder hätte aufstellen müssen, dass dieses Kunstwerk nicht beschriftet werden darf, obwohl der Schöpfer ausdrücklich und unmissverständlich den Betrachter dazu aufgefordert hat“. Zudem sei ein vollständiges Bild wertvoller als ein Fragment. Das Handeln seiner Mandantin war somit ganz im Sinne des verstorbenen Künstlers gewesen, der wohl nicht mehr dazu gekommen war, sein Werk zu vollenden. Der Staatsanwalt sah das alles nicht so, sah alles anders, stellte „einen gemeinschädlichen Sachverhalt“ fest.

Im Übrigen handelt es sich bei Fluxus um eine Kunstrichtung, bei der es nicht auf das Werk ankommt, sondern auf die schöpferische Idee. Der, dachte die 90-Jährige, habe sie in vollem Umfang entsprochen. Überhaupt fragte sie sich, wer kennt sich in der Kunst denn noch aus. Bei der Moderne weiß man nicht, ob der Hydrant, der Feuerlöscher oder Wischeimer zum Kunstwerk gehört oder es selbst sogar ist. Auf die fülligen fleischigen, vollbusigen Weiber vom Meister Rubens ist sie nicht scharf, korrekt muss es heißen, versessen. Da ist der 90-Jährigen doch schon ein griechischer Adonis lieber. Ein solcher darf gut gebaut, plastisch und splitterfasernackt sein. Damit man ihn von allen Seiten betrachten kann, auch von hinten.

Langfinger drehen Däumchen

Erwin und Ottokar, zwei Kleinkriminelle, hatten es faustdick hinter den Ohren. Erwin wurde schon als 11-Jähriger beim Ladendiebstahl erwischt, Ottokar mit dreizehn als Drogendealer festgenommen. Ihr Strafregister liest sich wie ein hundertseitiger Groschenroman. Wegen ihrer Delikte saßen beide diverse Jugendstrafen ab oder leisteten Sozialdienste, mehr oder weniger eifrig, hingebungsvoll schon gar nicht.