Wild Fire (Wilding Pack Wolves, Buch 5) - Alisa Woods - E-Book

Wild Fire (Wilding Pack Wolves, Buch 5) E-Book

Alisa Woods

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Beschreibung

Troy weiß, wie man Brände bekämpft… aber dem magischen Feuer dieser kühlen Wissenschaftlerin ist er hoffnungslos unterlegen. Nach einer harten Jugend in den Shifter-Gangs hat Troy sich mittlerweile zum Feuerwehrmann und Rettungssanitäter hochgearbeitet. Er hat die Wilding-Familie und ihren Kampf gegen den Wolfsjäger in den Nachrichten verfolgt und will sich ihnen unbedingt anschließen. Als ein Brandanschlag auf ein Wilding-Forschungslabor verübt wird, ist er der erste am Tatort… und rettet eine wunderschöne weiße Wölfin aus den Flammen.

Nur ist sie keine gewöhnliche Shifterin.

Zoe Wilding ist eine Genforscherin, die ein unliebsames Geheimnis in sich trägt – aber mit den unmoralisch erhobenen Daten aus Agent Smiths Shifter-Experimenten könnte sich das vielleicht bald ändern. Wenn sie nur das Gen isolieren könnte, das für ihre gefährliche weiße Wölfin verantwortlich ist, wäre sie endlich in der Lage, ein normales Leben zu führen. Eines, in dem auch ein Mann vorkommen könnte, wenn nicht sogar ein Partner.

Doch dann wird ihr Labor hochgejagt.

Inzwischen wurde jede der fünf Wilding-Familien vom Wolfsjäger ins Visier genommen, was alle weißen Wölfe – Grace, Noah, Kaden, Owen, und jetzt auch Zoe – dazu veranlasst, sich zusammenzutun um ihn endgültig auszuschalten. Troy hat sich dieser Jagd ebenfalls verschrieben, aber je näher er Zoe kommt, desto mehr will sein Wolf sie… nur ist sie davon besessen, die Magie in sich zu zerstören. Kann Troy dieses wundervolle Mädchen für sich gewinnen und sie dazu bringen, die Schönheit ihrer inneren Wölfin zu akzeptieren… oder wird ein Triumph über den Wolfsjäger das wilde Feuer in der Frau vernichten, in die er sich zu verlieben beginnt?

WILD FIRE ist ein eigenständiges und in sich abgeschlossenes Buch, das fünfte in der „Wilding Pack Wolves“-Reihe. Alle Bücher dieser Serie sind eigenständige Geschichten, aber für die Hintergründe und maximales Lesevergnügen empfiehlt es sich, sie in der richtigen Reihenfolge zu lesen und zunächst mit der „River Pack Wolves“-Trilogie zu beginnen.

Alle Teile der "Wilding Pack Wolves"-Reihe:

Wilding Pack Wolves 1 - Wild Game

Wilding Pack Wolves 2 - Wild Love

Wilding Pack Wolves 3 - Wild Heat

Wilding Pack Wolves 4 - Wild One

Wilding Pack Wolves 5 - Wild Fire

Wilding Pack Wolves 6 - Wild Magic

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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WILD FIRE

Wilding Pack Wolves 5

ALISA WOODS

Text copyright © 2016 by Alisa Woods

All rights reserved.

Kein Teil dieser Publikation darf ohne die Erlaubnis des Herausgebers reproduziert, in einem Datenspeichersystem hinterlegt oder in jeglicher Art und Form weitergegeben werden, elektronisch oder mechanisch, inklusive Fotokopien, Aufnahmen oder Sonstigem.

English Copyright 2016 by Alisa Woods

2020 Deutsche Übersetzung von Michael Drecker und Isabella Neuberger

Herausgeber: Michael Drecker, Stühmeyerstr. 54, 44787 Bochum, Deutschland

Cover by Steven Novak

* * *

Troy weiß, wie man Brände bekämpft… aber dem magischen Feuer dieser kühlen Wissenschaftlerin ist er hoffnungslos unterlegen. Nach einer harten Jugend in den Shifter-Gangs hat Troy sich mittlerweile zum Feuerwehrmann und Rettungssanitäter hochgearbeitet. Er hat die Wilding-Familie und ihren Kampf gegen den Wolfsjäger in den Nachrichten verfolgt und will sich ihnen unbedingt anschließen. Als ein Brandanschlag auf ein Wilding-Forschungslabor verübt wird, ist er der erste am Tatort… und rettet eine wunderschöne weiße Wölfin aus den Flammen.

Nur ist sie keine gewöhnliche Shifterin.

Zoe Wilding ist eine Genforscherin, die ein unliebsames Geheimnis in sich trägt – aber mit den unmoralisch erhobenen Daten aus Agent Smiths Shifter-Experimenten könnte sich das vielleicht bald ändern. Wenn sie nur das Gen isolieren könnte, das für ihre gefährliche weiße Wölfin verantwortlich ist, wäre sie endlich in der Lage, ein normales Leben zu führen. Eines, in dem auch ein Mann vorkommen könnte, wenn nicht sogar ein Partner.

Doch dann wird ihr Labor hochgejagt.

Inzwischen wurde jede der fünf Wilding-Familien vom Wolfsjäger ins Visier genommen, was alle weißen Wölfe – Grace, Noah, Kaden, Owen, und jetzt auch Zoe – dazu veranlasst, sich zusammenzutun um ihn endgültig auszuschalten. Troy hat sich dieser Jagd ebenfalls verschrieben, aber je näher er Zoe kommt, desto mehr will sein Wolf sie… nur ist sie davon besessen, die Magie in sich zu zerstören. Kann Troy dieses wundervolle Mädchen für sich gewinnen und sie dazu bringen, die Schönheit ihrer inneren Wölfin zu akzeptieren… oder wird ein Triumph über den Wolfsjäger das wilde Feuer in der Frau vernichten, in die er sich zu verlieben beginnt?

KapitelEins

An manchen Tagen fühlte Zoe sich, als würde sie ein Einhorn jagen.

Natürlich waren weiße Wölfe praktisch die Einhörner der Shifter-Welt, doch diese schwer zu erfassende, fast mystische Sache, hinter der sie her war, war eher wissenschaftlich als magisch – eine Gentherapie, um ihr inneres Biest loszuwerden. Um alles Einzigartige, Besondere und Falsche in ihr auszulöschen. Sie hatte Monate in ihrem Labor verbracht, um ein Heilmittel gegen das zu finden, was sie war, und obwohl sie als Wissenschaftlerin wusste, dass sie mit jedem fehlgeschlagenen Experiment dem Erfolg einen Schritt näher kam… fühlte es sich neunundneunzig Prozent der Zeit definitiv nach Versagen an.

Zoe stieß sich von ihrem Schreibtisch und der DNA-Simulation auf ihrem Bildschirm weg und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, um sich zu strecken und die Augen zu reiben. Die Sonne ging bereits unter und tauchte ihr Labor in blutrote und tieforange Farbtöne. Die meisten ihrer Mitarbeiter hatten das Labor und wahrscheinlich auch den UDub-Campus schon vor Stunden verlassen. Sie stand auf und ging in die Ecke des Labors, um sich eine weitere Kanne Kaffee in der ramponierten Kaffeemaschine dort zu machen, die ausdrücklich mit „Nicht für Experimente“ gekennzeichnet war. Die Worte waren nach einem unglücklichen Vorfall mit Lebendkulturen und einem nicht sehr gründlich gereinigten Glasgefäß mit wasserfestem Stift auf der Maschine verewigt worden.

Während der Kaffee zischend aufbrühte, streckte Zoe sich erneut und versuchte, die Verspannungen in ihrem Rücken zu lockern. Wahrscheinlich würde sie heute Abend noch die ganze Kanne trinken – sie musste Fortschritte erzielen und der Tag hatte einfach nicht genug Stunden. Vielleicht sollte sie anfangen, sich mit schwarzer Magie zu befassen, damit sie Agent Smith wiederbeleben und ihn in die Mangel nehmen konnte, bis sie die Antworten bekam, die sie brauchte.

Sie seufzte. Ihr Frustrationslevel musste wirklich am Anschlag sein, wenn sie in einem wehmütigen Gedankengang sowohl über Zauberei als auch über Agent Smith nachdachte. Der skrupellose NSA-Agent hatte unzählige Shifter gequält und Experimente an ihnen durchgeführt – und es war gut, dass dieser grausame Mensch nicht länger lebte. Aber trotzdem wünschte sich Zoe gerade, sie könnte seinen Geist zurückholen und ihm ein paar gezielte Fragen zu seinen schlampigen Aufzeichnungsmethoden stellen – und darüber, was seine Seren überhaupt bewirkt hatten, als er sie Shiftern injizierte. Sie hasste ihn dafür, dass er wie ein moderner Joseph Mengele mit Menschen experimentiert hatte, als wären sie nichts als Tiere – aber wissenschaftlich betrachtet waren Agent Smiths Daten unglaublich wertvoll. Er hatte einer Sache gedient, die genauso abscheulich war wie er, aber es war ihm gelungen, aus der Magie im Shifter-Blut zwei spezifische Seren zu entwickeln – eines, das die Fähigkeiten eines Shifters verstärkte, wie Magie auf Steroiden, und eines, das sie unterdrückte, wenn auch nur vorübergehend.

Zoe war allerdings nur an einem dieser Seren interessiert, und es war nicht das, mit dem man einen Supersoldaten erschaffen konnte. Sie wollte eine dauerhafte Heilung für die weiße Wölfin in ihr, doch dieser Traum erwies sich als schwer zu realisieren, selbst mit all den auf grausame Weise erhobenen und mit Shifter-Blut bezahlten Daten von Agent Smith, die sie zur Verfügung hatte.

Es hatte Momente gegeben, in denen sie alles hatte löschen und die ganze Sache abhaken wollen... aber die Daten gehörten ihr nicht. Und jetzt, da die Möglichkeit zum Greifen nahe war, ihren Fluch loszuwerden – dieses dunkle Wilding-Familiengeheimnis, das in ihrer DNA verankert war – konnte sie nicht anders, als dem weiter nachzujagen. Der weiße Wolf, der irgendwo im genetischen Code der Wildings steckte und über Generationen hinweg weitergegeben worden war, hatte nichts als Leid verursacht. Und sie wollte ihn sicher nicht an ihre Nachkommen weitergeben und eine weitere Generation mit diesem Fluch belegen. Ihre weiße Wölfin mochte zwar größtenteils eine Hexe sein – Zoe wusste, dass dies der Grund für ihre außerordentliche Stärke war – aber sie hatte immer noch ein starkes Wolfsgefühl in sich.

Und diese Wölfin wollte unbedingt einen Partner. Ihr inneres Biest lag ihr ständig heulend in den Ohren und sehnte sich danach, dass ein Alpha auftauchte, der sie für sich beanspruchen und sie den Rest ihres Lebens lieben und beschützen würde.

Aber das bedeutete auch Welpen... und das kam für Zoe gerade nicht in Frage.

Nicht, bevor sie den Fluch in ihrer DNA losgeworden war.

Ihr Kaffee war fertig, also trug Zoe ihn zurück zum Computer, fest entschlossen, weiterhin an dem Problem zu arbeiten und einen weiteren auf Agent Smiths Daten basierenden DNA-Strang zu synthetisieren. Doch bevor sie damit beginnen konnte, tauchte ein Skype-Anruf auf ihrem Bildschirm auf.

Es war Grace Krepky, die erste öffentlich bekennende Shifterin, die für das Repräsentantenhaus kandidierte… und Zoes Komplizin.

Sie nahm den Anruf entgegen.

„Zoe Wilding, bitte sag mir, dass du gute Nachrichten für mich hast.“ Graces hübsches Gesicht füllte den Bildschirm aus – sie war etwas jünger als Zoe mit ihren fünfundzwanzig Jahren und hatte keine rabenschwarzen Haare wie Zoe, sondern war eher brünett, aber die zwei hatten etwas sehr Wichtiges gemeinsam... sie waren beide weiße Wölfinnen.

„Tut mir leid“, sagte Zoe und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. „Die Wissenschaft kann manchmal sehr langsam sein.“ Das traf leider viel zu oft zu und war auch hier der Fall – Zoe hatte noch immer nicht das gefunden, wonach Grace suchte, obwohl sie dem näher kam. Sie hatte es zwar geschafft, das von Agent Smith entwickelte Serum zu kopieren, das die Shifter-Fähigkeiten vorübergehend unterdrückte, aber es gelang ihr nicht, eine dauerhafte Wirkung zu erzielen. Sie brauchte mehr Zeit.

Graces Miene verfinsterte sich. „Es sind nur noch zwei Wochen bis zur Wahl.“

„Ich weiß.“ Zoe seufzte. „Ich gebe mein Bestes.“

„Das weiß ich doch.“ Grace stieß trotzdem ein leicht frustriertes Knurren aus. „Es ist nur, dass diese Technologie so viel ändern würde.“ Sie war davon überzeugt, dass die extrem schnelle Heilungsfähigkeit von weißen Wölfen zu einem Serum destilliert werden konnte, das auch Menschen helfen würde – und aus technischer Sicht war das durchaus möglich, aber Zoe war noch weit davon entfernt. Selbst Agent Smith war von Graces Superheilung überrascht gewesen, als er sie während ihrer Gefangenschaft unter dem Messer gehabt hatte. Seine Forschungsunterlagen gaben nur wenige Hinweise darauf, dass er so etwas wie Graces Fähigkeiten zuvor schon bei anderen Testpersonen gesehen hatte.

„Das mit der Superheilung wäre großartig“, stimmte Zoe zu. „Aber es gibt dabei so viele Variablen. Allein an den Punkt zu kommen, an dem wir es an menschlichen Probanden testen könnten... Ich weiß nicht, Grace, du würdest ziemlich hoch pokern, wenn du damit an die Öffentlichkeit gehst, bevor wir es im Labor replizieren konnten.“

Grace zog die Augenbrauen zusammen. „Selbst wenn nur die Möglichkeit bestünde, wäre das wirklich etwas, woran wir die Öffentlichkeit teilhaben lassen sollten, Zo. Vielleicht würden die Menschen dann endlich das Großartige in uns sehen... und nicht mehr solche Angst vor uns haben. Vielleicht würden sie uns nicht mehr so sehr hassen.“

Zoe nickte, obwohl sie nicht gänzlich zustimmte. Soweit sie das beurteilen konnte, hatten die Menschen nichts als Hass für Shifter übrig… und für Hexen galt das erst recht. Dabei entsprang ihr Hass aus der Angst vor dem, was Shifter tun konnten, und würde selbst dann nicht verschwinden, wenn es gelang, die Superheilung der Shifter auf Menschen zu übertragen. Doch Zoe war im Gegensatz zu Grace keine Politikerin – sondern Wissenschaftlerin. Was alles war, was sie jemals hatte sein wollen. Sie war praktisch im Labor ihres Vaters aufgewachsen und hatte bereits mit einundzwanzig Jahren ihren Doktortitel erhalten. Ihr Herz schlug für die Genforschung und dafür, mit ihrer Hilfe die Zukunft der Menschheit zum Besseren zu wenden… und die der Shifter ebenso. Und wenn Shifter Shifter sein wollten, war das in Ordnung für sie... aber sie wollte, dass es eine Entscheidung sein konnte, kein Schicksal, das in ihrer DNA verankert war. Wenn es eine Sache gab, an die sie wirklich glaubte, hier im Gentherapieinstitut ihres Vaters an der Universität von Washington, dann, dass DNA kein Gefängnis sein sollte.

„Apropos Hass“, sagte Zoe und versuchte, das Gespräch von ihrem Mangel an Ergebnissen wegzulenken. „Hat Terra mit dir über den Wolfsjäger geredet?“ Zoes Cousine Terra Wilding war vom Wolfsjäger entführt worden – der, wie sich herausgestellt hatte, ebenfalls ein weißer Wolf war! Das erhöhte die bekannte Anzahl der direkten Nachkommen eines weißen Wolfes auf drei – Grace, Terras Partner Kaden und dazu der Wolfsjäger. Dann gab es da noch die beiden weißen Wölfe aus zweiter Wilding-Generation – Zoe und ihr Cousin Noah – und schließlich Owen Harding, dessen weißer Wolf durch Agent Smiths Folterexperimente erschaffen worden war. Sechs weiße Wölfe, drei unterschiedliche Werdegänge. Was lediglich Zoes Theorie bestätigte, dass das Gen des weißen Wolfes eine Art abnormales Element war, das sich nicht immer unter den gleichen erkennbaren Bedingungen äußerte. Und obwohl ihre Familie und Freunde herzensgute Leute waren – der Wolfsjäger war es eindeutig nicht. Er war wie Zoes Großvater, der weiße Ur-Wolf, der durch den Genpool der Wilding-Familie spukte – ein Arschloch, der seinesgleichen ausgenutzt und das Wilding-Rudel vor zwei Generationen auseinandergetrieben hatte.

„Ja, ich habe mit Terra gesprochen.“ Grace wirkte nicht gerade erfreut. „Der Wolfsjäger ist auch ein weißer Wolf? Ich muss zugeben, dass mir fast das Mittagessen hochgekommen wäre, als ich erfahren habe, dass ich eine Halbschwester dieses Dreckskerls sein könnte.“

„Ja, das kann ich mir vorstellen.“ Zoe kannte dieses üble Gefühl nur zu gut – jedes Mal, wenn sie daran dachte, dass sie die DNA ihres Großvaters in sich trug, ging es ihr genauso. „Aber das habe ich nicht gemeint.“ Sie hob die Hand, um an ihren Fingern die Punkte aufzuzählen. „Erstens wissen wir, dass der Wolfsjäger ein weißer Wolf wie du und ich ist. Zweitens, dass er seinen Vater sucht, der ebenfalls ein weißer Wolf zu sein scheint. Der Typ ist komplett besessen davon – offensichtlich hat er irgendeine Psychose oder ein anderes geistiges Problem. Aber es ist möglich, dass der weiße Wolf, den er sucht, auch dein Vater ist.“

Grace verzog das Gesicht. „Okay, pass auf – ich weiß, wir haben dieses ganze Vorhaben damit begonnen, dass ich dir die Daten von Agent Smith gegeben habe, weil ich wissen wollte, wer mein Vater wirklich war. Ich meine, der Ex-Senator ist es ganz offensichtlich nicht. Aber mittlerweile ist es wirklich okay für mich, das auf sich beruhen zu lassen. Dieses Superheilungsgen zu isolieren muss oberste Priorität haben – schließlich könnte das für die gesamte Menschheit von Bedeutung sein, ganz zu schweigen von den Shiftern, die unter ihnen leben.“

Zoes Mundwinkel zuckte hoch. „Und deinem Wahlkampf würde es auch nicht schaden, was?“

Grace funkelte sie leicht erbost an. „Naja, das auch. Aber ich versuche nicht, gewählt zu werden, weil ich Macht haben will. Ich bin nicht wie der Ex-Senator, Zo. Ihm ging es nur um Einfluss und er war bereit, den Hass der Menschen dafür auszunutzen. Ich versuche, Menschen zu helfen.“

„Das weiß ich doch, Grace.“ Zoe hielt abwehrend die Hände hoch und fühlte sich schlecht, dass sie Grace gereizt und ihr das Gefühl gegeben hatte, sich verteidigen zu müssen. Sie hatte es wirklich nicht so gemeint – sie wollte nur, dass Grace den Zeitrahmen etwas realistischer einschätzte. Dass sie Zoe etwas mehr Zeit gab, um ihren Teil der Abmachung einzuhalten. „Ich weiß, dass du eine von den Guten bist – glaub mir, ich kenne den Unterschied. Ich meine ja nur... der Wolfsjäger sucht einen weißen Wolf, der dein Vater sein könnte, und vielleicht sollten wir uns darauf konzentrieren. Es wäre nämlich eine Katastrophe, wenn der Wolfsjäger ihn vor uns finden würde.“

„Eine Katastrophe?“ Grace zog ihr hübsches Gesicht kraus. „Wieso das? Und glaubst du wirklich, dass er sich immer noch in Seattle herumtreibt, wie der Wolfsjäger es Terra erzählt hat?“

„Das wäre durchaus möglich“, sagte Zoe. „Es ist sogar denkbar, dass wir hier über denselben genetischen Ursprung aller weißen Wölfe sprechen. Vergiss nicht – dieser Typ ist in Wahrheit ein Hexer und Hexen leben praktisch ewig. Derselbe weiße Wolf könnte dein Vater sein, der des Wolfsjägers, Kadens... und sogar mein Großvater. Er könnte über achtzig sein und gerade einmal wie vierzig aussehen. Hast du eine Ahnung, wie alt einige der Hexen aus den Zirkeln in der Innenstadt sind?“

„Ja, so um die zweihundert Jahre? Ich kenne die Gerüchte.“ Erneut runzelte Grace die Stirn. „Also glaubst du wirklich, dass das alles derselbe Typ ist?“

„Könnte sein. Aber das Entscheidende ist – er ist der Ursprung, Grace. Er könnte das Quellmaterial für die Superheilung liefern.“ Zoe hielt immer noch ihre Hand mit den ersten zwei abgezählten Fingern hoch. Sie streckte den dritten Finger aus. „Wir wissen, dass der Wolfsjäger DNA sammelt. Er hat allen Shiftern, die er aus den Innenstadt-Gangs und aus Marcos Rudel entführt hat, DNA entnommen. Die Frage ist nur, warum?“

Auf dem Bildschirm zuckte Grace die Achseln. „Ich weiß nicht, der Typ ist halt verrückt⁠—“

Zoe schüttelte den Kopf. „Es spielt keine Rolle, ob er verrückt ist – was zählt ist, was er zu tun versucht. Wir wissen, dass er einen weißen Wolf finden will, und wir haben die berechtigte Annahme, dass er dafür DNA verwendet. Aber wieso würden ihm ein paar willkürliche DNA-Proben bei der Suche helfen?“

Grace sah verwirrt aus. „Erklär’s mir einfach, Zoe. Ich bin keine brillante Wissenschaftlerin wie du.“ Sie wirkte leicht frustriert, also kam Zoe auf den Punkt.

„Ich habe mit meinem Cousin Marco gesprochen und er hat mir erzählt, dass der Wolfsjäger ihm während der Folter ein Serum injiziert hat, das er angeblich von seinem ‘Freund‘ Agent Smith erhalten hat. Und das scheint wirklich dasselbe Hemmstoffserum zu sein, das bei Agent Smiths Experimenten verwendet wurde! Marco ist nur ein normaler Wolf, deswegen hat der Hemmstoff bei ihm angeschlagen. Meine Theorie ist, dass der Wolfsjäger herausfinden wollte, ob Marco ein weißer Wolf ist.“

Graces Stirnfalten wurden immer tiefer. „Warte mal – du glaubst, dass der Wolfsjäger irgendeine Verbindung zu Agent Smith hatte?“

Zoe schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Die Puzzleteile passen noch nicht ganz zusammen. Laut Terra wusste der Wolfsjäger nicht, dass es außer ihm noch weitere weiße Wölfe gab, bis du dich im Fernsehen geoutet hast. Aber laut Marco hat der Wolfsjäger irgendwie Zugang zu den Seren, die Agent Smith verwendet hat.“

„Nur dass Agent Smith schon tot war, als ich mich als Wölfin geoutet habe.“ Grace runzelte die Stirn.

„Genau.“ Zoe zog die Augenbrauen hoch. „Es gibt nur eine Sache, die Agent Smith und seinen äußerst verdienten Tod überlebt hat...“

Graces hübsches Gesicht wurde noch ein Stück blasser. „Die Datenbank.“

„Bist du dir sicher, dass du die einzige Kopie hast?“, fragte Zoe. „Also, wirklich absolut sicher? Immerhin befanden sich in der Datenbank ausreichend Informationen, dass ich den Hemmstoff nachbilden konnte. Und wenn ich das kann und der Wolfsjäger Zugriff auf dieselbe Datenbank hat…“

„Dann kann er es auch.“ Grace schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und seufzte schwer. Dann öffnete sie die Augen wieder und sah Zoe todernst an. „Ich bin absolut sicher, dass niemand sonst Zugriff auf diese Daten hatte.“

Zoe nickte und biss sich auf die Lippe. „Nun, es wäre möglich, dass Agent Smith ein Backup hatte, von dem wir nichts wissen. Und dass der Wolfsjäger es irgendwie in die Hände bekommen hat. So oder so, falls er die Daten hat, kann er sie zusammen mit den DNA-Proben von Seattles Wölfen dazu benutzen, den weißen Ur-Wolf aufzuspüren. Deinen Vater. Meinen Großvater. Und die Quelle für das Superheilungsserum, das du haben willst.“

Graces Schultern sackten geschlagen herab. „Okay, du hast recht. Wir müssen meinen Vater finden, bevor es der Wolfsjäger tut.“

Zoe stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. „Gut. Ich werde sehen, wie weit ich mit den Daten komme. Wenn wir beide die gleichen Informationen haben, werde ich vielleicht schneller fündig als er.“

„Na gut.“ Grace zog eine Grimasse – es war bestimmt nicht der Fortschritt, den sie sich erhofft hatte, als sie anrief, aber nach dem Ursprung des weißen Wolfes zu suchen würde Zoe etwas mehr Zeit verschaffen. Und wenn sie den Kerl tatsächlich finden konnten, würde dies ihre Forschung zweifellos beschleunigen – sowohl was die Superheilung als auch Zoes geheimen Plan anging, ihren eigenen Wolf auszulöschen.

Grace atmete durch und fuhr fort: „Hier bei Riverwise tun wir alles, was wir können, um den Wolfsjäger aufzuspüren.“ Ihr Partner Jared war einer der River-Brüder, die die Sicherheitsfirma Riverwise leiteten. „Also mach du einfach weiterhin deinen Job und wir machen unseren.“

„Abgemacht.“ Zoe spürte, wie ihr Energielevel anstieg, während sie sich auf eine lange Arbeitsnacht einstellte. Sie wusste nicht, wie viel Zeit sie sich gerade verschafft hatte, aber sie musste das Beste daraus machen.

Am Ende des Labors fiel ihr eine Bewegung auf – ihr Vater schlängelte sich durch die Reihen der Arbeitsplätze auf sie zu.

„Ich muss weitermachen“, sagte sie und drückte eine Taste, um das Skype-Fenster zu schließen. Der Anruf war beendet, bevor Grace antworten konnte, aber auch bevor ihr Vater mitbekam, mit wem sie gesprochen hatte.

„Bist du immer noch am Arbeiten?“, fragte er mit einem kleinen Lächeln, während er auf sie zukam. Er hatte die dunklen Haare und blauen Augen, die dominant in den Genen der Wilding-Familie vertreten waren, aber er war kein weißer Wolf wie sie. Sein Wolf war groß und schwarz und zottelig… wie bei den meisten anderen Shiftern. Er hatte keine Ahnung von ihrer weißen Wölfin... und wenn er davon gewusst hätte, hätte er sich vermutlich für seine Tochter geschämt. Seines Wissens nach war sie noch nie geshiftet. Was natürlich ganz und gar nicht der Wahrheit entsprach.

„Ja, ich versuche noch, ein paar Dinge abzuarbeiten“, sagte sie und warf einen schnellen Blick auf ihren Bildschirm, um sicherzugehen, dass kein belastendes Material zu sehen war.

Ihr Vater sah sie tadelnd an, aber es steckte nicht viel Strenge dahinter. „Du arbeitest zu hart, Zoe. Ich scheine wohl irgendetwas falsch gemacht zu haben, wenn das hier dabei rausgekommen ist.“ Er gestikulierte an ihr herab und tat so, als wäre es ein besonders erbärmlicher Anblick, wie sie da in einem unförmigen Laborkittel voller Kaffeeflecken auf ihrem Hocker saß. Und wenn sie ehrlich war, war da wahrscheinlich auch was dran. Aber er meinte es nicht böse. Billy Wilding war ein gutmütiger Mann, ganz im Gegensatz zu Bobby Wilding, seinem Vater und dem ersten weißen Wolf der Wilding-Familie. Natürlich wusste ihr Vater das auch nicht – er hielt sich für einen Nachkommen von Gary Wilding, dem Alpha, den Bobby getötet hatte, nachdem er mit dessen Partnerin geschlafen hatte.

„Ich liebe meine Arbeit, Dad.“ Sie sah ihn herausfordernd an. „Außerdem bist du der Letzte, der dazu etwas sagen sollte.“ Ihr brillanter Vater hatte dieses Gentherapielabor von Grund auf aufgebaut und alle möglichen innovativen Technologien entwickelt, um Menschen zu helfen. Und weil ihre Mutter bei der Geburt gestorben war, waren Zoe und das Labor sein Ein und Alles. So war es schon immer gewesen.

Ihr Vater kratzte sich den Nacken, sah sie unbeholfen an und grinste dann. „Sollte ich an dieser Stelle nicht so etwas sagen wie, tu was ich sage, nicht, was ich mache?“

„Zu spät!“ Sie lächelte. „Jede Chance mich zu beeinflussen hast du nach meinem sechzehnten Geburtstag verwirkt, als ich nach Harvard gegangen bin und all die Dinge entdeckt habe, von denen du nie wolltest, dass ich sie herausfinde.“

Ihr Vater warf die Hände in die Luft. „Hör auf! Das will ich gar nicht so genau wissen!“

Sie lachte. Sie liebte ihren Vater sehr – er hatte so ein gutes Herz – aber wenn er jemals erfahren würde, was sie wirklich verbarg, und warum ihre Mutter tatsächlich bei der Geburt gestorben war, würde das Licht in seinen Augen für immer erlöschen, davon war sie überzeugt. Ihre Cousine Terra hatte ihr die Geschichte des Wolfsjägers erzählt, der seine eigene Mutter bei der Geburt getötet hatte... und die war Zoe verdammt unter die Haut gegangen. Terra wusste natürlich, dass Zoes Mutter auf die gleiche Art umgekommen war – aber sie wusste nicht, dass Zoe genau wie der Wolfsjäger ein weißer Wolf war. Niemand außer Grace wusste das und ihr hatte Zoe sich erst anvertraut, nachdem Grace den Schritt gewagt hatte, ihr Agent Smiths Daten zur Analyse zu bringen.

Zoe war genau wie der Wolfsjäger davon überzeugt, dass die Magie in ihr ihre Mutter getötet hatte. Im Gegensatz zu ihm hatte dieses Wissen Zoe zwar nicht zu einer Psychopathin gemacht, aber sie verstand die Anziehungskraft jener Dunkelheit. Und jetzt, wo sie wusste, dass auch sie diesen dunklen Weg hätte einschlagen können, war das Verlangen, dieses Ding in ihrem Inneren loszuwerden, umso stärker.

Ihr Vater beugte sich vor und küsste sie sanft auf die Wange. „Zoe, Schatz“, sagte er leise, als er sich wieder aufrichtete. „Du bist eine wunderschöne junge Wölfin. Du solltest da draußen sein und Spaß haben. Vielleicht sogar einen Partner finden. Du bist schon fünfundzwanzig...“

Zoe verzog das Gesicht. „Oh, mein Gott, Dad, bitte... Du klingst wie eine alte klapprige Großmutter. Hör auf. Ich flehe dich an.“

Er lachte leise, wurde dann aber schnell wieder ernst. „Ich hätte dich nicht so in meine Arbeit hineinziehen sollen, Zo. Ich fürchte, ich habe meine Besessenheit für Genetik an dich weitergegeben. Schätze, da kann ich mich wohl nur für meine DNA entschuldigen.“ Er lächelte, aber seine Worte ließen sie innerlich schaudern.

Zoe gab sich Mühe, sich das nicht anmerken zu lassen. „Du leistest hier gute Arbeit, Dad. Wichtige Arbeit. Ich bin stolz, ein Teil davon zu sein.“ Und soweit stimmte das auch.

Er akzeptierte dies mit einem knappen Nicken und wandte sich zum Gehen. Nach wenigen Schritten drehte er sich um und drohte ihr spielerisch mit dem Zeigefinger. „Arbeite nicht mehr so lange, junge Dame.“

Sie hob die Stimme, um seiner sich entfernenden Silhouette nachzurufen. „Du bist der einzige Vater, den ich kenne, der glücklicher wäre, wenn ich durch die Clubs ziehen würde, anstatt meine Hausaufgaben zu machen. Sei nicht so schräg!“

Sie hörte ihn den ganzen Weg über lachen, bis er im langen Flur vor dem Labor verschwunden war. Sobald er weg war, rief sie ihre Software zur Gensequenzierung auf und tauchte wieder ein. Wenn sie nur irgendwie das Gen des weißen Wolfes isolieren könnte, oder den Auslöser fand, durch den seine Kräfte weitergegeben wurden, konnte sie es womöglich rückentwickeln. Sie verfügte über alle Daten von Agent Smith und hatte seine Seren neu herstellen können, aber es war, als würde sie ein Raumschiff rekonstruieren wollen. Es gab zu viele miteinander vernetzte Teile. Sie musste sich einfach weiter durchbeißen... irgendwann würde ihr schon ein Durchbruch gelingen.

Immerhin hatte sie nicht bereits mit einundzwanzig promoviert, weil sie ein Faulpelz war. Und sie hatte mehr als nur ein bisschen Ahnung auf diesem Gebiet. Wenn irgendjemand das hier meistern konnte, dann sie, da war sich Zoe sicher.

Während der Abend weiter voranschritt, kehrte Feierabendstille im Labor ein – ihre Synthesemaschine hatte alle Stufen durchlaufen und fuhr das Programm runter. Die Leute vom nächtlichen Putzdienst hatten ihre Arbeit ebenfalls beendet und waren verschwunden. Die einzigen Geräusche, die die Stille durchbrachen, waren das Summen ihres Computers und das gelegentliche Klackern ihrer Tastatur.

Dann hörte sie irgendwo in der Ferne ein leises Piepen.

Ihr erster Gedanke war, dass irgendein Gerät einen Alarm ausgelöst hatte oder dieses in regelmäßigen Abständen auftretende Warnsignal auf irgendeine vorprogrammierte Funktion zurückging. Sie ignorierte es mehrere Minuten lang und hoffte, dass es langsam von selbst sterben würde, aber das Ding hörte einfach nicht auf. Es klang wie ein weit entfernter Rauchmelder, dessen Batterie schwach geworden war. Als das Piepen begann, sie langsam wahnsinnig zu machen, schob sie sich schließlich von ihrem Schreibtisch weg und schlich in ihren Turnschuhen durchs Labor, alle paar Meter innehaltend, um zu lauschen. Sie drehte zwei komplette Runden durch ihr Labor, bevor sie entschied, dass sie wohl dabei war, verrückt zu werden – dieser verdammte Ton kam von überall gleichzeitig. Schließlich kam ihr die Idee, alle Lichter und Monitore auszuschalten, um zu sehen, ob es vielleicht eine blinkende Lichtanzeige gab, die ihr einen Hinweis geben konnte.

Sie spürte jedes einzelne Gerät des Labors auf und schaltete eines nach dem anderen aus, bis sie schließlich ein schwach leuchtendes rotes Licht entdeckte, das unter einem der Labortischschränke hervorkam. Der Tisch gehörte zu einer Arbeitsstation, die gelegentlich von Studenten besetzt wurde, aber größtenteils unbenutzt blieb. Sie kniete sich hin, um die Schranktür zu öffnen...

Irgendetwas klickte viel lauter als es hätte klicken sollen.

Sie spürte die Explosion, bevor sie sie hörte – die Druckwelle warf sie durch das halbe Labor und das Geräusch der Detonation schlug im selben Moment auf ihre Ohren, in dem ihr Körper gegen einen Labortisch prallte, Regale voller Glasgefäße umriss und schließlich auf dem Boden landete. Schmerzen schossen durch ihren gesamten Körper und ihr wurde schwarz vor Augen. Sie wusste nicht, wie lange sie ohnmächtig gewesen war, aber der Schmerz schrie weiter und riss sie irgendwann zurück ins Bewusstsein.

Sie bekam kaum die Augen auf – ihr tat alles höllisch weh. Während sie angestrengt versuchte, sie zu öffnen, füllte beißender Rauch ihre Lungen und würgte sie. Ihre Pfoten waren schrecklich entstellt – sie war während der Explosion geshiftet, doch der Großteil ihres weißen Fells war weggebrannt und hatte wunde, rosafarbene Haut freigelegt. Mit jeder neuen Welle des Schmerzes, die auch in die letzten Winkel ihres Körpers zu spülen schien, schnappte sie nach Luft, doch als sie sich zu bewegen versuchte, bündelte sich der Schmerz unmittelbar in ihrer gebrochenen Hinterpfote. Jaulend sank sie zurück auf den Boden.

Du bist eine weiße Wölfin, beruhigte sie sich. Das wird wieder heilen. Trotzdem ergriff eine schreckliche Angst ihr Herz – würde sie ein Leben lang Narben haben? Konnte sie sich wirklich von diesen massiven Verbrennungen erholen, die ihren Körper überzogen?

Sie konnte ihr Stöhnen nicht unterdrücken, versuchte aber, sich trotz des stechenden Schmerzes, der immer wieder durch ihr wundes Fleisch fuhr, über den Boden des Labors zu schleppen. Der Boden war übersät mit den Glasscherben zerbrochener Messbecher und anderer Gefäße, aber das viel größere Problem war das Inferno, zu dem das Labor geworden war. Die Wände, Tische und sogar die Deckenplatten hatten Feuer gefangen. Das Ganze sah aus, als würde es jeden Moment einstürzen – und schon während sie verzweifelt hustend und keuchend über das Glas krabbelte, wusste sie, dass das Kohlendioxid sie erledigen würde, selbst wenn die Hitze und die Flammen es nicht taten.

Sie musste hier raus.

Nur konnte sie sich kaum bewegen. So würde sie das auf keinen Fall schaffen.

Sie hielt inne und versuchte, etwas Sauerstoff einzusaugen, um nach Hilfe rufen zu können, aber es kam nur ein wimmerndes, hustendes Geräusch dabei heraus. Schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen, doch als sie aufblickte, sah sie etwas noch Schlimmeres – eine Flammenwand, die auf das Gestell der Gaskanister zukroch, die sie für die Massenspektrometrie verwendeten.

Heilige Scheiße. Die Dinger würden wie Bomben hochgehen.

Erneut nahm sie die mühevolle Anstrengung auf, aus dem Inferno zu kriechen, doch dann erschien ihr ein Engel – mit Feuerschutzanzug, Maske und Sauerstofftank. Der Feuerwehrmann stapfte durch die zerbrochene Labortür und leuchtete mit einer Lampe durch den Rauch. Sie winkte ihm zu und versuchte zu rufen, aber ihre Lungen brachten lediglich ein Husten zustande. Ihr Schutzengel schien sie dennoch gehört zu haben, denn er kam augenblicklich auf sie zu gerannt. Gerade als er sie erreicht hatte und niederkniete, erschütterte die nächste gewaltige Explosion das Labor und schleuderte sie beide wie Stoffpuppen durch die Luft.

Sie schlug auf dem Boden auf und Dunkelheit senkte sich wie ein Sarg auf sie herab.

KapitelZwei

Troy erwachte in einer schimmernden blauen Blase mit einer Wölfin in seinen Armen.

Er musste vorübergehend das Bewusstsein verloren haben. Es war nicht leicht, etwas durch seine bereits verkohlte Gesichtsmaske zu erkennen, aber die schrecklichen Brandwunden der zarten weißen Wölfin, die neben ihm lag, waren unübersehbar. Eine Explosion hatte sie quer durch den Raum geworfen, wobei Troys Ausrüstung ihn vor der Hitze geschützt hatte, doch die Wölfin, die er hatte retten wollen, lag reglos und schwer verwundet vor ihm. Angst rumorte in seiner Brust – er musste sie aus diesem Labor rausbringen und zwar schnell.

Aber was zum Teufel war dieses blaue Energieding, das um sie herum pulsierte?

Mühsam setzte er sich auf, aber als sein Helm das schimmernde Energiefeld berührte, stoben Funken beim Kontakt und ließen ihn zurückschrecken. Die Blase schien die schlimmste Hitze draußen zu halten, aber der Rauch drang immer noch durch – und falls sie nicht eh schon tot war, würde das die Wölfin neben ihm zweifellos umbringen.

Sein inneres Biest heulte mit einer Besorgnis auf, die es in dieser Form eigentlich nie während eines Rettungseinsatzes zeigte. Vielleicht weil er hier einen weiblichen Wolf hatte? Normalerweise löste das nämlich den Beschützerinstinkt seines Wolfes aus. Was es auch war, Troy würde natürlich alles daransetzen, sie zu retten – trotzdem war die Dringlichkeit, die er bei dieser Rettung empfand, definitiv nicht normal.

Da er keine zusätzliche Sauerstoffmaske hatte, zog er seine ab und hielt sie der Wölfin vor die Schnauze. Der dünne Sauerstoffstrom half hoffentlich dabei, den Rauch in der Luft für sie zu reduzieren. Er hielt den Atem an, aber der scharf brennende Rauch verschleierte bereits seine Sicht. Die Wölfin schüttelte den Kopf und schlug mit ihrer Pfote nach der Maske, um sie von ihrer Schnauze zu schieben. Dann öffnete sie ihre hübschen blauen Augen.

Und im selben Augenblick, in dem sie ihn sah... shiftete sie.

Troy zuckte zurück und entriss ihr dabei unabsichtlich die Maske. Sie war wieder vollkommen menschlich – schlank, wunderschön und nackt, aber mit furchterregenden Brandwunden überzogen. Sie hatte langes schwarzes Haar, das jedoch auf einer Seite unterhalb ihrer Schulter glatt weggebrannt war und ihr so einen schiefen Haarschnitt verpasst hatte. Die eine Hälfte ihres Gesichts war makellos hübsch, doch die andere war schwarz und verkohlt. Sein Herz zog sich zusammen und er konnte sich nicht einmal vorstellen, welche ​​Schmerzen sie haben musste, aber sie blinzelte ihn bloß mit verwirrtem Blick an.

Sie versuchte, sich aufzusetzen und Troy streckte seine vom Handschuh geschützte Hand aus, um sie dabei zu stützen. Entgeistert starrte sie ihn an und betrachtete dann das blau schimmernde Feld um sie herum.

Sie streckte eine Hand danach aus. „Das war ich," sagte sie ehrfürchtig. In Troy erweckte sie ebenfalls Ehrfurcht, in vielerlei Hinsicht, aber das bedeutete nicht, dass sie hier ewig rumhängen konnten.

„Du hast das gemacht?“ Die schmutzige Luft, die er einatmen musste, um diese Worte auszusprechen, brachte ihn zum Husten. „Kannst du das beibehalten, aber so, dass wir aufstehen können? Ich muss dich hier rausbringen.“

Sie sah ihn an, immer noch verwirrt, aber mit langsam dämmerndem Verständnis.

Dann löste sich ein verkohltes Hautstück von ihrem Gesicht und enthüllte frische, blasse Haut darunter. Was zum Teufel? Troy war nicht nur Sanitäter, sondern selbst Shifter – er kannte die fantastische Heilkraft ihrer Magie nur zu gut – aber so etwas wie das hier hatte er noch nie zuvor gesehen. Er starrte sie an, bis der Rauch, der sie beide bald übermannen würde, sie erneut zum Husten brachte.

Wieder drückte er ihr die Maske aufs Gesicht. „Atme“, befahl er.

Hastig saugte sie einen großen Schwall Sauerstoff ein. Und dann noch einen.

„Wir wechseln uns ab“, sagte er, während die Luft, die er gezwungenermaßen einatmete, ihn würgte.

Sie nickte eilig. Er nahm ihr die Maske ab, hielt sie sich vors Gesicht und atmete in kurzen, schnellen Zügen, um den Rauch aus seinen Lungen zu treiben und frischen Sauerstoff aufzunehmen. Dann atmete er ein letztes Mal tief ein und gab ihr die Maske zurück.

Sobald sie sie an ihr Gesicht gedrückt hatte, zog er sie fester in seine Arme und ihr nackter Körper schmiegte sich an seine Brust, welche mit allerlei Ausrüstung bedeckt war, nicht zuletzt mit dem Luftschlauch, der zwischen ihnen klemmte. Während sie weiter Luft einsaugte, stand er auf und hob sie hoch, wobei das Kraftfeld glücklicherweise mit ihnen stieg und sie vor der Hitze schützte.

Sie holte nochmal tief Luft und drückte ihm dann die Maske ans Gesicht. Schnell nahm er ein paar kurze Atemzüge und nickte dann, damit sie die Maske zurücknahm. Rasch hielt sie sich das Gerät wieder vors Gesicht.

Der Raum war ein verdammtes Inferno – die Flammen waren überall. Auf dem Boden. An der Decke. Die Explosion, die sie durchs halbe Labor geschleudert hatte, hatte auch mehrere Geräte umgeworfen, die dann weitere Brandherde auf dem Fußboden entfacht hatten. Es war ein albtraumhafter Hindernisparcours und das Ganze war wahrscheinlich kurz davor, über ihnen einzustürzen.

Fest an sich gedrückt hielt Troy sie fest und stapfte so schnell er konnte aus dem Raum.

Dieses Labor hier gehörte Billy Wilding – einem bekannten Genforscher, dem mehrere Labors in diesem Flügel der Forschungsabteilung der Universität unterstellt waren. Als der Notruf wegen des Feuers eingegangen war, hatte Troy dafür gesorgt, dass sein Einsatzwagen die Wache als erster verließ. In den Nachrichten und im Internet hatte er alle möglichen Drohungen gegen das Wilding-Rudel verfolgt und er setzte sich seit Monaten für einen speziellen Schutztrupp für das Wilding-Forschungslabor ein, das sich sowieso in derselben Straße wie seine Feuerwehrwache befand. Aber die Initiative eines einzelnen Feuerwehrmannes hatte offensichtlich nicht viel Einfluss bei seinen Vorgesetzten, besonders nicht, da er selbst ein Shifter war. Dabei war er sich so sicher gewesen, dass irgendwann etwas passieren würde.

Nur war das Letzte, was er gewollt hatte, wirklich recht zu behalten.

Während er das Mädchen aus dem Labor trug, begann der Raum um ihn herum zu ächzen – die verräterischen Geräusche von bautechnischer Schwäche. Eilig ging er durch die Tür in den Flur und brachte so mindestens zwei strukturell tragende Pfeiler zwischen sie und das brennende Labor. Sein Team musste sich nach der Explosion zurückgezogen haben, denn im leeren Flur war niemand zu sehen. Er bog um eine weitere Ecke und vermutete, dass sie jetzt weit genug weg waren.

„Du kannst deinen magischen Schutzschild jetzt abschalten“, sagte er hustend. Er hatte keine Ahnung, wie sie es geschafft hatte, dieses Ding zu erzeugen, und so wie sie reagiert hatte, vermutete er, dass sie das selbst nicht so genau wusste. Doch er nahm an, dass sie diese Fähigkeit geheim halten wollte.

Sie nickte, holte tief Luft und hielt ihm dann die Sauerstoffmaske hin. Er hustete, schüttelte aber nur den Kopf – die Luft hier war sauberer und sie brauchte den Sauerstoff dringender als er. Er kniete sich hin, um sie auf dem kalten Fliesenboden abzusetzen, und während er dies tat, verschwand der Schild. Dann zog er seine Handschuhe aus, um sie untersuchen zu können und um sicherzugehen, dass ihr Zustand stabil war, bevor er sie weiter transportierte. Seine Ausbildung zum Rettungssanitäter half ihm zwar dabei, doch im Gegensatz zu Menschen gab es hier nicht viel für ihn zu tun – ihr Körper heilte sich weiterhin in irrsinniger Geschwindigkeit von selbst. Ihr fehlte immer noch die Hälfte ihrer Haare, aber fast alle Brandwunden an Gesicht und Körper verheilten, während er dabei zusah. Die letzten verkohlten Stücke lösten sich ab und die Haut, die darunter hervorkam, war so zart und rosa wie bei einem Neugeborenen.

Er war Zeuge von etwas absolut Unmöglichem.

Wunderschön und nackt saß sie zitternd auf dem Boden – und in jeder anderen Situation hätte er sie womöglich angeglotzt. Doch angesichts der Umstände war sein Herz eher von der verrückten Hoffnung ergriffen, dass das hier wirklich echt war – dass ihre schweren Verbrennungen tatsächlich so schnell heilten, so unglaublich das auch war.

Dann stöhnte sie und griff sich ans Bein, das in einem grauenvollen Winkel gebogen war – ein glatter Bruch in der Mitte des Schienbeins.

„Du musst es richten“, stieß sie zwischen den Zähnen hervor.

„Es richten?“, fragte er fassungslos.

Aus dem nahen Treppenhaus hörten sie Stiefel hinaufstapfen.

„Ja!“, zischte sie ihn an. „Du musst es gerade ausrichten, bevor sie hier sind. Oder es wird in dieser Position heilen!“

Natürlich. Sie heilte so schnell... wenn er es nicht bald tat...

Mit bloßen Händen fuhr er über die Verletzung und ertastete den Bruch. Er hatte nur wenige Sekunden und war sich nicht ganz sicher, was er da tat, aber ihm blieb keine Zeit. Er wusste nicht, ob sie mehr Angst davor hatte, dass es in der falschen Lage heilen würde, oder dass jemand es sehen könnte – in diesem Fall die Feuerwehrleute, die kurz davor waren, die Treppe hinaufzukommen.

Er griff auf beiden Seiten des Bruchs zu und richtete das Bein wieder aus.

Ihr spitzer Schmerzensschrei durchfuhr ihn bis ins Mark. Eilig ließ er seine Hände über den Bruch fahren, um sich zu vergewissern, dass er es richtig gemacht hatte – doch die Stelle heilte so schnell, dass es tatsächlich schwer zu ertasten war, ob dort vor wenigen Momenten noch ein Bruch gewesen war.

Mit großen Augen sah er sie an. „Hat es funktioniert?“

Sie biss immer noch die Zähne zusammen, nickte aber rasch. „Danke.“ Dann hustete sie kurz und starrte zu ihm hoch, während seine Feuerwehrkollegen hinter ihr auftauchten. Nichts sagen, formte sie lautlos mit den Lippen.

Er nickte knapp, um ihr zu versichern, dass er niemandem davon erzählen würde. Kein bisschen.

Sie bemühte sich, ihre intimen Stellen zu bedecken, indem sie ihre Knie anzog und die Arme darum schlang.

„Verdammt, Troy, wie zum Teufel seid ihr da rausgekommen?“ Das war Russell, dessen Stimme von seiner Atemschutzmaske gedämpft wurde. Abwechselnd starrte er die nackte Frau auf dem Boden und Troy, der neben ihr kniete, an.

„Shifter sind zäh, okay?“, knurrte Troy. „Wie wär’s, wenn du dem Mädchen mal eine Decke besorgst? Im Truck müssten auch noch ein paar Klamotten sein.“ Mit einer Hand deutete er den anderen beiden – Simpson und Hobart – dass sie zurücktreten und mit dem Glotzen aufhören sollten. „Lasst uns mal ein bisschen mehr Platz hier. Wir transportieren sie weiter, sobald jemand die verdammte Decke bringt.“ Doch der Rauch im Flur wurde immer dichter – womöglich würde er nicht mehr lange warten können.

Troy veränderte seine Position, um seinen Kollegen die Sicht zu versperren und ihr etwas mehr Privatsphäre zu geben. Und auch, damit er den Kopf senken und leise mit ihr sprechen konnte. „Ich werde dich jetzt untersuchen, okay?“ Das war das Standardverfahren bei menschlichen Unfallopfern.

Sie runzelte kurz die Stirn, nickte dann aber. Er legte ihr zwei Finger aufs Handgelenk, um ihren Puls zu messen, obwohl er bereits wusste, dass es ihr wieder gut ging, und blickte ihr dabei fest in die Augen – zum einen, damit sie wusste, dass er auf ihrer Seite war, und zum anderen, um nicht weiter auf ihren nackten Körper zu starren.

„Können Sie mir Ihren Namen nennen?“, fragte er laut genug, dass seine Kollegen es hören konnten, obwohl sie zurückgewichen waren und ihnen den Rücken zugekehrt hatten. Es war eine weitere Frage aus dem Standardprotokoll.

„Zoe Wilding.“ Sie hustete leicht. Es klang so, als würden sich selbst ihre Lungen verblüffend schnell reinigen. Ihr Puls war noch relativ hoch, aber auch sein eigener hatte einen Zahn zugelegt – denn sie war die Zoe Wilding, aus dem Wilding-Rudel, das vom Wolfsjäger in seinen hasserfüllten Videos bloßgestellt worden war. Soweit er das beurteilen konnte, war sie praktisch ein Kindergenie gewesen. Denn nachdem ihr Name überall im Internet verbreitet worden war, hatte er sich ein wenig über die Wildings informiert. Er hatte sich eingeredet, dass es normal war, neugierig zu sein, angesichts der Tatsache, dass sich seine Wache so nah beim Labor befand, doch in Wahrheit war er einfach nur besessen von den Wildings, dem River-Rudel und all ihren Heldentaten.

„Hallo Zoe“, sagte er so laut, dass auch die anderen es hören konnten. „Ich bin Troy. Du bist offenbar eine Shifterin – und deine Shifter-Heilung leistet bereits tolle Arbeit bei deinen Verletzungen.“ Über die Schulter spähte er zu seinem Team und sah dann wieder zu ihr. „Ich bin auch ein Shifter und Rettungssanitäter. Kannst du mir sagen, ob du noch irgendwo Verletzungen oder Schmerzen hast?“ Er versuchte, ihr zu signalisieren, dass er sie in Bezug auf ihre ungewöhnlich schnelle Heilung decken würde. Denn seinen menschlichen Kollegen sollte der Unterschied zwischen regulärer Shifter-Heilung und dem, was zur Hölle auch immer bei ihrem Körper vor sich ging, eigentlich nicht auffallen.

Fragend musterte sie sein Gesicht und er hoffte, dass sie zwischen den Zeilen las. „Ich glaube, ich habe mir den Knöchel verdreht“, sagte sie vorsichtig, „aber es scheint nicht so schlimm zu sein.“

„Gut.“ Dann realisierte er, dass es schwer zu erklären sein würde, warum die Hälfte ihrer Haare fehlte, während der Rest von ihr unversehrt war. Er streckte die Hand nach der kurzgebrannten Seite ihrer Frisur aus. „Tut mir leid, dass ich einen Teil Ihrer Haare abschneiden musste, Ma‘am. Aber Sie waren unter diesem Gerät eingeklemmt und ich musste Sie da rausholen, bevor Sie verbrennen.“

Ihre Augen weiteten sich leicht, als sie begriff, warum er log. „Es wird schon nachwachsen.“

Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Daran habe ich keinen Zweifel.“ Konnte sie etwa selbst ihre Haare nachwachsen lassen? Was für eine magische Kreatur war diese Zoe Wilding? Natürlich war sie eine Shifterin, aber mit dem blauen Energieschild und dieser Superheilung… da schien mehr Magie in ihr zu sein, als man auf den ersten Blick sah.

Nicht, dass das, was man auf den ersten Blick sehen konnte, in irgendeiner Weise schlecht gewesen wäre. Er musste weiterhin das Verlangen seines Wolfes unterdrücken, sie in die Arme zu nehmen – was völlig absurd gewesen wäre, und das nicht nur, weil seine Kollegen sich wundern würden, was mit ihm los war. Er hatte dieses Mädchen gerade erst getroffen – und nicht unter den besten Umständen.

Das Stampfen schwerer Stiefel im Treppenhaus kündigte die Ankunft der Decke an – Gott sei Dank.

„Keine Klamotten im Truck“, sagte Russell und reichte ihm die Decke.

Troy legte sie Zoe über die Schultern und die zog sie fest um sich. „Bist du sicher, dass du keine Schmerzen hast?“, fragte er sie diesmal aufrichtig und ohne Hintergedanken. Er machte sich leichte Sorgen, dass er in dem ganzen Trubel vielleicht etwas übersehen hatte.

„Nein, mir geht‘s gut.“ Sie zog die Decke noch enger um sich und machte Anstalten, aufzustehen. Während sie sich aufrappelte, hielt er sie am Ellbogen fest und staunte darüber, wie stabil sie wirkte, wenn man bedachte, dass ihr Bein vor weniger als einer Minute noch vollständig gebrochen gewesen war.

Der Rauch in der Luft ließ sie erneut husten.

Besorgt runzelte er die Stirn. „Wenn du dich kräftig genug fühlst, würde ich dich gerne an die frische Luft bringen und dort gründlicher untersuchen.“ Was so viel hieß wie: Bevor das hier alles vorüber ist, muss ich nochmal mit dir reden. Er war sich nicht ganz sicher, ob sie die Botschaft begriffen hatte, aber sie nickte und deutete ihm, vorauszugehen. Doch stattdessen legte er ihr seinen Arm um die Schultern, hielt die Decke am Rücken zu, sodass sie weiterhin bedeckt war, und führte sie zur Treppe.

Er senkte den Kopf näher an ihr Ohr und fragte leise: „Bist du sicher, dass ich dich nicht tragen soll? Könnte etwas überzeugender aussehen.“

Sie sah ihn stirnrunzelnd an, schüttelte aber den Kopf. „Ich schaff das schon.“

„Wie du willst.“ Gemeinsam gingen sie die vier Treppenabsätze herab und als sie das Gebäude unten verließen, züngelten oben bereits Flammen in die Nacht hinaus und tauchten alles in einen dämonischen, orangefarbenen Schimmer. Draußen warteten zwei Männer auf sie und sahen neben den Feuerwehrautos und den Einsatzkräften, die angestrengt versuchten, das Feuer zu löschen, etwas fehl am Platz aus. Einer der Männer trug legere Bürokleidung – eine lange Hose und ein Poloshirt – während der andere militärisch gekleidet war. Die dunklen Haare, die blauen Augen und ähnliche Gesichtszüge ließen Troy vermuten, dass beide zur Wilding-Familie gehörten.

Der Ältere stürmte los und umarmte Zoe. „Mein Gott, ich dachte, ich hätte dich verloren.“ Er schien sie gar nicht wieder loslassen zu wollen.

„Mir geht‘s gut, Dad, versprochen.“ Sie löste sich aus der Umarmung und sah über ihre Schulter hinweg zu Troy – er war immer noch hinter ihr und hielt das Ende der Decke fest, damit diese sich nicht öffnete. „Das ist Troy. Er hat mich gerettet. Er ist auch ein Shifter.“

Ihr Vater streckte Troy die Hand entgegen und er machte einen Schritt vorwärts, um sie zu schütteln.

„Ich kann Ihnen gar nicht genug danken“, sagte der ältere Mann. Er musste Billy Wilding sein. „Wenn ich jemals etwas für Sie tun kann, lassen Sie es mich jederzeit wissen.“ Dann sah er wieder zu Zoe und schien plötzlich zu bemerken, dass die Hälfte ihrer Haare fehlte. Und sie nackt war. „Du... du bist geshiftet, Zo.“ In seiner Stimme lag ungläubiges Staunen.

Zoe sah ihn vielsagend an. „Dad, bitte.“

Was? Also... wusste ihr Vater aus irgendeinem Grund nicht einmal, dass sie shiften konnte? Geschweige denn... alles andere? Troy presste die Lippen aufeinander.

Billy Wilding hustete, sah sich um und wandte sich dann wieder seiner Tochter zu. Sanft fuhr er ihr mit einer Hand über ihr verkohltes Haar. „Ob das wohl die neue Trendfrisur im Labor wird?“, fragte er mit einem gequälten Lächeln.

Zoe verdrehte die Augen. „Ich werde versuchen, dich nicht zu blamieren.“

Ihr Vater schüttelte bloß den Kopf.

Über die Schulter ihres Vaters hinweg sah Zoe zu dem Mann in Militäruniform und runzelte die Stirn. „Was machst du hier, Daniel?“

Mit sorgenvollem Gesicht trat er einen Schritt vor. „Ich habe mich mit deinem Vater getroffen“, sagte er aufgewühlt. „Wir haben über...“ Er blickte am Gebäude empor, das immer noch in Flammen stand und dessen Brand noch lange nicht unter Kontrolle war – dann sah er mit noch größerer Sorge zurück zu Zoe. „Wir haben darüber gesprochen, welche Gefahr der Wolfsjäger für dein Labor darstellt“, fuhr er mit einem Knurren in der Stimme fort. „Schätze, da waren wir etwas spät dran.“ Er sah wütend aus, aber Troy glaubte nicht, dass diese Wut Zoe oder ihrem Vater galt. Er hatte genug über Daniel Wilding in der Presse gelesen, um zu wissen, dass er alles tat, um seine Familie zu beschützen, und einer der Anführer bei Suche nach diesem Irren war, der es auf die Shifter abgesehen hatte. Es war ein Kampf, dem Troy schon lange hatte beitreten wollen, nur hatte er bisher noch keine Möglichkeit dazu gefunden.

Vielleicht war das hier die Chance für ihn.

„Im Truck habe ich ein paar Kleidungsstücke für Miss Wilding“, sagte Troy und deutete auf den kleinen Krankenwagen, mit dem er von der Wache hierher gefahren war. Er wusste nicht, was sein Kollege für ein Problem gehabt hatte – im Einsatzwagen gab es definitiv Klamotten. Troy führte akribisch Buch über seine Ausrüstung und stockte sie regelmäßig auf. Vermutlich hatte das Arschloch einfach nicht gewollt, dass sie sich schon wieder anzog. Was Troys inneres Biest vor Wut schäumen ließ. „Wenn Sie mir bitte folgen würden, Ma‘am, dann kann ich Sie untersuchen und Ihnen etwas zum Anziehen geben. Danach können Sie wieder zurück zu Ihrer Familie.“

Zoe starrte zu Boden und runzelte die Stirn, als würde sie über etwas nachdenken, aber sie nickte und ließ sich von ihm zum Krankenwagen bringen. Eigentlich hätte sie dort oben in diesem Feuer oder bei einer der beiden Explosionen, die das Labor erschüttert hatten, sterben sollen. Ganz bestimmt sollte sie nicht mit nichts weiter als kurzgebranntem Haar aus diesem Inferno herausspazieren. Und er sollte sie nicht diese eine Sache fragen, die er am dringendsten fragen wollte... aber er würde es trotzdem tun.

Er hielt weiter ihre Decke fest, während sie in den Krankenwagen hochstieg, dann schloss er die Tür hinter ihnen.

Sie waren allein.

„Hast du wirklich Klamotten für mich?“, fragte sie mit schmalen Augen. „Oder versuchst du nur herauszufinden, was für ein Freak ich genau bin?“

Ihr unwirscher Ton verunsicherte ihn eine Sekunde. „Ich wollte wirklich nur sichergehen, dass es dir gut geht.“

Ihre Miene wurde weicher. „Tut mir leid. Das war nicht fair.“ Sie schüttelte den Kopf. „Hör zu, ich bin dir wirklich dankbar, dass du mich gerettet hast. Ich meine, du hast zwar gesehen, zu was ich fähig bin, aber wenn du mich da nicht rausgeholt hättest, hätte ich es auf keinen Fall geschafft. Also... vielen Dank.“

Sie hatte sich auf die Notfalltrage gesetzt und die Decke fest um sich gezogen. Er kniete sich neben sie und sah in ihre wunderschönen blauen Augen hoch. Gott, sie war geradezu atemberaubend.

„Das war nicht das erste Mal, dass du geshiftet bist, oder?“, fragte er. „Obwohl es für deinen Vater offenbar neu war.“

Sie schüttelte den Kopf und schien sich emotional zu verschließen.

Er beugte sich zu ihr vor. „Hey, egal welche Geheimnisse du hast, Zoe Wilding, ich verspreche, dass ich sie für mich behalten werde. Ich werde niemandem erzählen, was da drin passiert ist. Aber es gibt da etwas, das ich...“ Er schluckte, weil es sich irgendwie anfühlte, als würde er sie erpressen... aber das wollte er nicht. Keineswegs. „Ich würde dich gerne um einen Gefallen bitten. Du musst nicht ja sagen. Ich werde dein Geheimnis so oder so für mich behalten.“

Innerhalb kürzester Zeit sah er verschiedene Emotionen über ihr Gesicht huschen – vor Verdacht zusammengekniffene Augen, gefolgt von einem skeptischen Blick und schließlich einer Art Erleichterung. „Was für einen Gefallen?“

Troy biss sich auf die Lippe und sah weg. Er war sich nicht ganz sicher, wie er sein Anliegen formulieren sollte, also beschäftigte er sich zunächst eine Minute lang damit, einen leichten Baumwollpyjama hervorzukramen, der als Ersatzkleidung für Unfallopfer diente. Er legte ihn neben sie auf die Trage und kniete sich wieder vor sie.

Dann holte er tief Luft und stieß es einfach aus. „Ich möchte dabei helfen, den Mistkerl zu schnappen, der das getan hat.“

Ihre blauen Augen weiteten sich und ihre Brauen schossen hoch. „Den Wolfsjäger?“

„Der steckt doch hundertprozentig dahinter, oder nicht? Ich habe das alles in den Nachrichten verfolgt, dich und deine Familie, und ich habe gedacht... nun, ich dachte mir, dass ich ein Teil davon sein will. Ein Teil davon, dieses Monster aufzuhalten.“ Er schüttelte den Kopf, starrte zu Boden und fragte sich, ob er wie ein übermäßig idealistischer Idiot klang. „Solange dieser Typ nicht gestoppt wird, ist niemand sicher.“ Er sah wieder zu ihr auf. Der sanfte Ausdruck in ihren Augen ließ seinen Wolf winseln.

Er meinte es ernst, er wollte den Wolfsjäger unbedingt aufhalten, doch sein inneres Biest beharrte darauf, dass es ihm hier um noch viel mehr als das ging.

„Ich versuche auch, ihn aufzuhalten“, sagte sie leise.

Hoffnung keimte in ihm auf. „Dann lass mich dir helfen. Ich bin nur ein normaler Wolf und Feuerwehrmann, aber ich will helfen.“

Sie lächelte leicht, aber es war kein überzeugtes Lächeln, als wäre sie sich nicht ganz sicher, was sie von ihm halten sollte. „Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum du in brennende Gebäude rennst, um wildfremde Menschen zu retten.“

Nun, da lag sie definitiv richtig. Und irgendwie überraschte es ihn nicht, dass sie ihn auf Anhieb durchschaut hatte. „Kannst du mich deinem Cousin vorstellen? Ich bin schon lange ein großer Fan von ihm.“

Das brachte sie zum Lachen und verwandelte ihr Gesicht von hübsch zu atemberaubend schön. Ja, sein Wolf hatte recht – ihm ging es bei dieser Sache um viel mehr als nur Gerechtigkeit.

Ihr Lachen wurde zu einem Lächeln. „Schätze, ich bin dir etwas schuldig,“ sagte sie mit einem kleinen Grinsen.

„Danke dir. Jetzt lasse ich dich aber erstmal deine Klamotten anziehen.“ Er beeilte sich, seinen Hintern aus dem Krankenwagen zu schieben, bevor sie es sich anders überlegen konnte.

Dann verbrachte Troy mehrere unbehagliche Minuten damit, mit ihrem Vater und ihrem Cousin auf sie zu warten. Als Zoe endlich aus dem Krankenwagen kam, hatte sie die Decke darin zurückgelassen und war immer noch barfuß, trug aber jetzt den dünnen Baumwollpyjama, den er ihr gegeben hatte. Die unversehrte Hälfte ihres langen tiefschwarzen Haares fiel ihr in Stufen über die Schultern und federte bei ihren Bewegungen sanft mit. Die kurzgebrannte Hälfte ließ sie wie eine Gothic-Rockerin aussehen, die im Begriff war, auf Tour zu gehen.

Daniel ergriff als erster das Wort. „Wir müssen dich hier wegbringen, Zoe.“

Sie sah zu dem immer noch brennenden Gebäude hoch. „Sieht sowieso nicht so aus, als könnte ich heute Abend noch arbeiten.“

Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Daniel möchte, dass du für eine Weile in die Berge auf das Familienanwesen der Rivers ziehst. Ich halte das für eine gute Idee.“

Zoes Lächeln verschwand. „Was ist mit meiner Forschung? Wie soll ich⁠—“

Ihr Vater unterbrach sie mit einer beschwichtigenden Handbewegung. „Die Familie River ist gerade dabei, ihr Anwesen mit der Unterstützung deiner Cousine ​​Terra zu erweitern. Ich bin mir sicher, dass sie genug Platz für dich haben und dass du dich dort einrichten und deine Arbeit fortsetzen kannst. Es wird ohnehin ein wenig dauern, bis die Versicherung die Kosten für die neuen Geräte übernimmt und wir die kaputten ersetzen können.“

Zoe runzelte die Stirn. „Na gut. Ich habe ja noch meine Simulationen. Damit kann ich erstmal weiterarbeiten.“ Sie sah aus, als wollte sie noch etwas hinzufügen, wandte sich dann aber lediglich Daniel zu und sagte: „Das hier ist Troy.“ Sie deutete auf ihn und kniff dann die Augen zusammen. „Ich weiß gar nicht, wie du mit Nachnamen heißt.“

„Hartman.“ Er lächelte sie an.

Sie drehte sich wieder zu Daniel um. „Das ist Troy Hartman. Er hat mir gerade das Leben gerettet. Er ist ein Shifter und Rettungssanitäter – und ich denke, er wäre uns eine große Hilfe bei unserer Sache. Er würde sich uns gerne anschließen.“

Daniel musterte Troy einen Moment und streckte dann seine Hand aus. „Wir können jede Unterstützung brauchen, die wir bekommen können. Vielleicht kannst du ja Zoe dabei helfen, auf das Anwesen zu ziehen und sich dort einzurichten.“

Troys Lächeln wurde breiter und er schüttelte Daniels Hand. „Klingt super." Natürlich hatte er schon von dem Familienanwesen der Rivers gehört – der Wolfsjäger hatte den Ort in einem seiner Videos geoutet. Dazu hatte Daniel Wilding höchstpersönlich Troy im Kampf gegen diesen Bastard begrüßt und er würde Zoe Wilding helfen, zumindest vorübergehend auf das Anwesen zu ziehen, was ihm ein wenig mehr Zeit mit ihr verschaffte.

Das lief alles sogar noch besser, als er sich erhofft hatte.

KapitelDrei

Zoe fiel es schwer, die Augen von Troy zu lassen.

„Bist du sicher, dass es dir gut geht?“, fragte er sie zum vierten Mal. Die Scheinwerfer seines Wagens durchschnitten den nächtlichen Wald, während er sie zum River-Anwesen in den Bergen außerhalb Seattles hochfuhr.

„Ja, ich fühl mich nur noch etwas benommen.“ Sie zwang sich, ihren Blick von seinem markanten Kiefer und den besorgten Augen abzuwenden und schaute wieder aus dem Fenster.

Sie hatten nur kurz angehalten, um ein paar Kleidungsstücke aus ihrer Wohnung und Troys Auto von der Feuerwache zu holen und waren nun auf dem Weg in die Berge. Das Anwesen der River-Familie hatte während all der Unruhen mit dem Wolfsjäger als sicheres Versteck gedient… bis er den Ort entdeckt und ihn zusammen mit dem Rest ihrer Familie öffentlich geoutet hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---