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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Pfarrer Trenker trat in die Pedale. Die Mittagszeit war gerade vorüber und die Sonne stand fast senkrecht über dem Wachnertal. Es war heiß. Die Hitzeperiode hielt seit mehr als zwei Wochen an. Die Bauern im Tal stöhnten schon und fürchteten um ihre Ernten. Der Bergpfarrer kam ins Schwitzen. Er verfügte zwar über eine sehr gute Kondition, aber die Hitze und das ständig leicht ansteigende Gelände forderten ihren Tribut. Endlich kam der Humpelstetterhof in Sicht. Er lag am Rand der Gemeinde St. Johann. Sebastian atmete auf. Er scheute zwar keine sportliche Herausforderung, doch bei dieser Hitze mit dem Fahrrad ständig leicht bergan zu treten war nicht gerade erstrebenswert. Andererseits war er jedoch stolz auf sich, weil er den inneren Schweinehund überwunden und nicht das Auto genommen hatte. Er radelte wenig später zwischen die Gebäude. Alles wirkte etwas vernachlässigt, um nicht zu sagen heruntergekommen. Man merkte, dass hier die Hand eines Mannes fehlte. Vor dem Wohnhaus schwang sich der Pfarrer vom Rad und stellte es auf den Ständer. Absperren musste er es hier nicht, denn hier draußen trieb sich gewiss kein Fahrraddieb herum. Katharina Humpelstetter, die zweiunddreißigjährige Bäuerin, hatte ihn durch das Küchenfenster kommen sehen, sofort die Küche verlassen, und öffnete nun die Haustür. »Grüß Sie Gott, Herr Pfarrer.
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Pfarrer Trenker trat in die Pedale. Die Mittagszeit war gerade vorüber und die Sonne stand fast senkrecht über dem Wachnertal. Es war heiß. Die Hitzeperiode hielt seit mehr als zwei Wochen an. Die Bauern im Tal stöhnten schon und fürchteten um ihre Ernten.
Der Bergpfarrer kam ins Schwitzen. Er verfügte zwar über eine sehr gute Kondition, aber die Hitze und das ständig leicht ansteigende Gelände forderten ihren Tribut.
Endlich kam der Humpelstetterhof in Sicht. Er lag am Rand der Gemeinde St. Johann. Sebastian atmete auf. Er scheute zwar keine sportliche Herausforderung, doch bei dieser Hitze mit dem Fahrrad ständig leicht bergan zu treten war nicht gerade erstrebenswert. Andererseits war er jedoch stolz auf sich, weil er den inneren Schweinehund überwunden und nicht das Auto genommen hatte.
Er radelte wenig später zwischen die Gebäude. Alles wirkte etwas vernachlässigt, um nicht zu sagen heruntergekommen. Man merkte, dass hier die Hand eines Mannes fehlte.
Vor dem Wohnhaus schwang sich der Pfarrer vom Rad und stellte es auf den Ständer. Absperren musste er es hier nicht, denn hier draußen trieb sich gewiss kein Fahrraddieb herum.
Katharina Humpelstetter, die zweiunddreißigjährige Bäuerin, hatte ihn durch das Küchenfenster kommen sehen, sofort die Küche verlassen, und öffnete nun die Haustür. »Grüß Sie Gott, Herr Pfarrer. Schön, dass Sie uns wieder besuchen kommen. Bitte, treten S‘ näher.«
Sebastian trat auf Katharina zu, gab ihr die Hand und erwiderte: »Ab und zu muss ich bei euch doch nach dem Rechten schauen, Kathy. Ich hoff‘, bei euch läuft alles in einigermaßen geordneten Bahnen.«
Kathy schüttelte die dargebotene Hand, dann ging sie vor dem Pfarrer her in die Küche. Am Tisch saß Magdalena Humpelstetter, Kathys Schwiegermutter. Sie war achtundfünfzig Jahre alt, ihre Haare waren schon grau. Magdalena hatte sie zu einem Zopf geflochten und diesen am Hinterkopf zu einem Knoten zusammengesteckt.
»Grüaß Ihnen, Frau Humpelstetter«, grüßte der Pfarrer, trat an den Tisch heran und reichte auch ihr die Hand. Er lächelte. »Es gibt wohl Hausmannskost«, sagte er im Hinblick darauf, dass Magdalena Bohnen schnippelte. »Bohnen sollen sehr gesund sein«, fügte er hinzu.
Magdalena nahm seine Hand, drückte sie und erwiderte: »Es ist halt alles nicht so einfach, Hochwürden. Wir sind drauf angewiesen, uns, so gut es geht, selber zu versorgen. Nicht nur auf dem Hof fehlt der Bub an allen Ecken und Enden, auch sein Einkommen fehlt. Das bissel Rente, das ich bekomm‘, und die Witwenrente der Kathy reichen halt gerade von der Hand in den Mund. Aber darüber haben wir uns ja schon des Öfteren unterhalten.«
Sebastian ließ die Hand Magdalenas los und setzte sich.
»Möchten S‘ was trinken, Herr Pfarrer?«, fragte Kathy.
»Ein Glas frisches Wasser wär‘ nicht schlecht«, antwortete Sebastian. »Die Kinder sind wohl noch in der Schule?«
»Ja. Sie kommen in etwa einer halben Stunde mit dem Schulbus.« Kathy nahm ein sauberes Glas aus dem Büffet, ging zum Wasserhahn über dem Spülbecken, ließ etwas Wasser weglaufen, dann füllte sie das Glas und brachte es Sebastian.
»Danke«, sagte der Pfarrer und trank sofort einen Schluck.
»Um auf Ihre Frage zurückzukommen«, sagte Kathy. »Wenn man davon absieht, dass wir ein Leben am Existenzminimum fristen, läuft bei uns alles in geordneten Bahnen, Herr Pfarrer. Wie die Mama schon gesagt hat: Der Harald fehlt hinten und vorne, und das Einkommen, das er bei der Forstverwaltung erzielt hat, ebenfalls. Ich krieg‘ zwar von der Berufsgenossenschaft eine Rente, aber das ist halt bei Weitem nicht das, was der Harald als Waldfacharbeiter verdient hat. Die Landwirtschaft wirft ja kaum was ab. Und wenn es nicht bald regnet, dann müssen wir auch in diesem Jahr wieder mit einem herben Verlust rechnen. Das Schicksal meint es halt nicht gut mit uns. Manchmal frag‘ ich mich, warum es ausgerechnet uns so straft.«
»Du solltest nicht mit dem Schicksal hadern, Kathy«, mahnte Sebastian. »Dass es euch nicht so gut geht, ist auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen. Vielleicht wars tatsächlich Schicksal, dass den Harald ein Baum erschlagen hat. Ich glaub‘ an so was nicht, sondern denk‘, dass er im falschen Moment am falschen Platz gestanden hat. Es war ein Unfall, ein tragischer Unfall, und das Schicksal hat gewiss nicht die Hände im Spiel gehabt, als der Baum sich gedreht und in die falsche Richtung gefallen ist. Was sollte das Schicksal für ein Interesse haben, dir den Mann und euren Kindern den Vater zu nehmen?«
»Ich würde meinen Kindern halt gern ein bissel was bieten können«, murmelte Kathy und ihre Augen wurden feucht. »Aber ich muss von einem Monat zum anderen schauen, dass ich mit dem Geld über die Runden komm‘. Die Kinder haben Wünsche, doch ich kann sie ihnen nicht erfüllen. Und das tut weh, das bricht mir manchmal regelrecht das Herz.«
»Als ich jung war, haben wir auch nicht alles gekriegt, was wir gern gehabt hätten«, mischte sich Magdalena ein. »So haben wir wenigstens sparen gelernt. Was die Kinder heutzutage schon für Wünsche haben; Handy, Computer, Play Station ... Das geht ja auf keine Kuhhaut. Wer soll denn das bezahlen?«
»Ein Handy und ein Computer sind fast schon ein Muss«, versetzte Sebastian. »Die Playstation ist natürlich nicht wichtig, insofern haben S‘ recht, Frau Humpelstetter. Aber wenn die Kinder in ein paar Jahren einen Beruf ergreifen, ist das Beherrschen moderner Technik unabdingbar.«
»In der Schule lernen S‘ ja den Umgang mit dem PC«, sagte Kathy. »Ich kann ihnen allerdings keinen kaufen, damit sie daheim üben können. Ich könnte vielleicht eine Kuh hergeben. Aber dann fehlt uns die Milch für die Molkerei, was weniger Milchgeld bedeutet, sodass wir den Gürtel noch enger schnallen müssten.«
»Warst du schon mal beim Sozialamt?«, fragte der Pfarrer. »Vielleicht stockt man deine Rente mit etwas Sozialhilfe auf.«
»Eher sterbe ich, als dass ich zur Sozialkasse geh‘, Herr Pfarrer.«
»Das ist falscher Stolz, Kathy«, widersprach Sebastian.
»Nein, Herr Pfarrer. Es ist Stolz – ja, aber kein falscher. Ich will nicht, dass es heißt, die Humpelstetter führen ein Leben auf Kosten der Allgemeinheit. Das würden meine Kinder zu spüren kriegen, und auch für mich würde jeder Gang in den Ort zum Spießrutenlauf.«
»Wir beißen uns schon durch!«, bestärkte Magdalena die Ausführungen ihrer Schwiegertochter. »Wir Humpelstetter waren noch nie auf fremde Hilfe angewiesen, und wir werden es auch niemals sein, Hochwürden. Solang wir von dem, was uns der Garten und die Landwirtschaft liefern, sowie mit unseren Renten einigermaßen über die Runden kommen, werden wir nicht als Bittsteller auftreten.«
»Ihr habt einen gesetzlichen Anspruch auf Beihilfe, wenn ihr mit eurem Einkommen nicht auskommt – unverschuldet nicht auskommt. Ich an eurer Stelle würde das schon in Anspruch nehmen. Andere tun’s ja auch, und bei vielen von denen ists unangebracht.«
»Wir kriegen das schon auf die Reihe, Herr Pfarrer«, versicherte Katharina. »Ich versuch‘ sogar, jeden Monat noch ein paar Euro auf die Seite zu legen, damit ich den Kindern einen Computer kaufen kann. Ihnen solls, wenn’s möglich ist, an nix mangeln. Es müssen ja keine Designerklamotten sein, mit denen sie in die Schule gehen.«
Sie redeten noch eine Weile über alles Mögliche, nur über die bittere Not, die auf dem Humpelstetterhof herrschte, sprachen sie nicht mehr. Das Thema war vor allem Katharina peinlich, und so mied es auch der Pfarrer. Aber er machte sich seine Gedanken.
Als er eine halbe Stunde später wieder auf dem Fahrrad saß und in den Ort radelte, fuhr er in dem Bewusstsein, helfend eingreifen zu müssen. Auf dem Hof, vor allem den Kindern, fehlten Dinge, die für eine normale Entwicklung und im Rahmen der Chancengleichheit unabdingbar waren.
*
Als er das Pfarrhaus betrat, kam Sophie Tappert aus der Küche und empfing ihn im Flur mit den Worten: »Na, Hochwürden, haben S‘ bei der Humpelstetter-Kathy und ihrer Schwiegermutter für ein bissel Lebensfreude sorgen können? Ich treffe die Kathy – wenn auch wirklich nur äußerst selten -, ab und zu im Supermarkt. Sie schaut total verhärmt aus, wirkt absolut schwermütig, und wenn ich mit ihr spreche, habe ich immer das Gefühl, dass sie resigniert hat.«
»Ja, diesen Eindruck kann man leicht gewinnen«, pflichtete Sebastian seiner Haushälterin bei. »Mir ist auch wieder einmal so richtig klar geworden, dass es bei den beiden Frauen und den Kindern so ziemlich an allem mangelt. Die Kinder brauchen einen Computer, um außerhalb der Schule üben zu können. Andere Kinder in ihrem Alter haben ein Handy, damit sie jederzeit zu Hause anrufen können. Der Gerhard und die Sandra haben keins. Es setzt der Kathy zu. Sie möcht‘ ihren Kindern das bieten, was andere Eltern ihren Kindern zu bieten in der Lage sind. Aber sie kann nicht. Ich habe sie drauf hingewiesen, dass das Sozialamt gegebenenfalls ihr Einkommen aufstockt, aber um zum Amt zu gehen ist sie zu stolz.«
»Seit der Harald tödlich verunglückt ist, sind drei Jahre vergangen«, murmelte Sophie. »Vielleicht sollte die Kathy mal dran denken, wieder zu heiraten. Sie ist, wenn ich richtig informiert bin, noch nicht mal fünfunddreißig Jahre alt, und sie ist ja auch nicht hässlich. Ein Mann, der, wie damals der Harald, einer Erwerbstätigkeit nachgeht, wäre doch genau das, was dem Hof fehlt. Natürlich müsst‘ alles andere auch passen. Er müsste mit den Kindern und auch mit der Magdalena zurechtkommen, und er müsst‘ auch für die Landwirtschaft was übrighaben, denn da fallen oft Tätigkeiten an, die einen Mann erfordern.«
»Wie soll die Kathy einen Mann finden, wenn sie nirgends hinkommt?«, streute Sebastian seine Zweifel aus. »Als der Harald noch gelebt hat, hat man die beiden hin und wieder mal beim Tanz im Löwen gesehen. Aber seit die Kathy verwitwet ist, kommt sie aus ihren vier Wänden überhaupt nimmer raus.«
»Wir haben doch einige Junggesellen in der Gemeinde, Hochwürden, die vom Alter her zur Kathy passen würden. Kann man es denn dem einen oder anderen nicht schmackhaft machen, sodass er um die Kathy wirbt?«
Sebastian lachte belustigt auf. »Wollen Sie die Kuppelmutter spielen, Frau Tappert?«, schmunzelte er dann, und seine Augen funkelten immer noch amüsiert.
»Das nicht gerade, Hochwürden, dafür würde ich mich auch gar nicht eignen. Aber Sie könnten doch dem einen oder anderen dieser eingefleischten Junggesellen einen Wink geben. Ich kann mir vorstellen, dass sich so mancher heimlich danach sehnt, Geborgenheit im Schoß einer Familie zu finden. Das großmäulige Getue dieser Burschen am Stammtisch, wonach sie niemals heiraten würden, wäre doch der Euro nur noch fünfzig Cent wert und sie wären viel zu sehr in ihrer Freiheit eingeschränkt, ist doch nur Schein. Da spielen sie die harten Kerle. In Wirklichkeit warten sie aber nur drauf, dass sich ihrer eine Frau erbarmt, die vielleicht sogar eine Art Mutterrolle bei ihnen übernimmt. Das Problem ist halt, dass sie am Stammtisch keine Frau antreffen werden, die bei ihnen das Heft in die Hand zu nehmen gedenkt.«
»Da haben S‘ recht, Frau Tappert«, stimmte Sebastian zu. »Im Wirtshaus eine Frau anzutreffen dürft‘ in der Tat ziemlich problematisch sein. Ich bin mir aber nicht mal sicher, ob die Kathy überhaupt ein Interesse dran hätt‘, noch einmal zu heiraten. Sie und der Harald waren ein Herz und eine Seele, und ich denk‘, dass der Harald nach wie vor den Platz in ihrem Herzen einnimmt, den er auch zu seinen Lebzeiten angenommen hat. Fraglich ist auch, ob die Schwiegermutter der Kathy mit einem fremden Mann auf dem Hof zurecht käme.« Sebastian schüttelte den Kopf. »So etwas kann man nicht übers Knie brechen, Frau Tappert. Eine Ehe soll ja nicht nur eine Zweckgemeinschaft sein.« Der Pfarrer zuckte mit den Schultern. »Sicher, eine Möglichkeit wär’s, das Leben auf dem Humpelstetterhof ein bissel erträglicher zu gestalten. Ich kann ja mal eine entsprechende Andeutung machen, wenn ich der Kathy und der Magdalena den nächsten Besuch abstatte. Jetzt aber ruf‘ ich den Jürgen an und frag‘ ihn, ob er vielleicht irgendwo einen ausrangierten Computer rumstehen hat. Wenn ich mich recht erinnere, dann hat er mir vor einiger Zeit erzählt, dass die Computersysteme im kaufmännischen Bereich der Brauerei veraltet sind und ausgewechselt werden müssen.«
»Das ist eine sehr gute Idee, Hochwürden«, lobte die Haushälterin. »Bei einer Modernisierung werden ja nicht nur die Computer, sondern auch die Drucker und andere Geräte, die dranhängen, ausgewechselt. Ich bin zwar kein IT-Spezialist, aber so viel weiß ich. Den Humpelstetterkindern wäre jedenfalls sehr geholfen.«
»Ich ruf‘ den Jürgen gleich mal an«, sagte Sebastian. »Dann kann ich ihn gleich mal fragen, ob er nicht mal wieder Lust auf eine Bergtour hat. Er war doch immer mordsbegeistert, wenn wir zur Kandereralm oder zur Streusachhütte aufgestiegen sind.«
»Eine solche Begeisterung lässt schnell nach, Hochwürden«, erklärte Sophie. »Der Deininger-Jürgen ist halt auch nimmer der Jüngste«, fügte sie lachend hinzu. »Und mit zunehmendem Alter werden die Füße immer schwerer.«
»Ich ruf‘ ihn an«, erklärte Sebastian entschieden.
Er begab sich in sein Büro und schnappte sich das Telefon ...
*
Drei Tage später stattete Sebastian dem Humpelstetterhof auf Neue einen Besuch ab. Dieses Mal aber kam er mit dem Auto. Er stellte es vor dem Haus ab und stieg aus. Kathy erschien im Tor des Kuhstalls. Sie hielt eine Mistgabel in der Hand. »Grüß Ihnen, Herr Pfarrer!«, rief sie. »Dieses Mal haben S‘ aber nicht viel Zeit verstreichen lassen, bis Sie uns wieder beehren. Seit Ihrem letzten Besuch sind ja gerade mal drei Tage vergangen.«
»Habe die Ehre, Kathy«, erwiderte Sebastian den Gruß. »Ich habe euch was mitgebracht. Komm‘ her und schau‘ es dir an.«
Kathy lehnte die Mistgabel an die Stallwand und näherte sich dem Auto. Sie war mit einer schwarzen Arbeitshose, einem blauen T-Shirt und grünen Gummistiefeln bekleidet. Ihre Hände steckten in Arbeitshandschuhen. Die dunklen Haare waren unter einer blauen, abgegriffenen Baseballmütze verborgen, die braunen Augen drückten eine stumme Frage aus.
Sebastian hatte den Kofferraum des Autos geöffnet. Als Kathy einen Blick hineinwarf, wurden ihre Augen groß vor Überraschung. In dem Kofferraum befanden sich zwei komplette Computeranlagen. »Sind die für uns?«, fragte sie überflüssigerweise und vollkommen perplex.
»Das schaut fast so aus«, erwiderte Sebastian lächelnd. »Beide Anlagen sind voll funktionsfähig, die notwendigen Programme sind installiert, wir müssen die Computer nur anschließen. Den Rest können deine Kinder wahrscheinlich selber erledigen, haben S‘ doch in der Schule gelernt, wie man mit einem Computer umgeht. Sollten Probleme auftauchen, dann sag‘ mir Bescheid. Der Deininger-Paul hat sich bereit erklärt, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, wenn’s nötig werden sollt‘.«
»Dann sind die Computer wohl von der Brauerei Deininger«, murmelte Kathy.
»Ja. Dort wurde vor einiger Zeit die gesamte Anlage modernisiert, und die ausrangierten Geräte stehen auf irgendeinem Speicher herum. Der Jürgen Deininger und der Paul sind froh, wenn sie aus dem Weg sind.«
»Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen und den Herren von der Brauerei danken soll«, murmelte Kathy. Ihre Stimme klang brüchig, die Rührung trieb ihr die Tränen in die Augen.
»Schon gut, Kathy. Beim Jürgen hab‘ ich mich in deinem Namen und im Namen deiner Kinder bedankt. Und mir ist es Dank genug, wenn ich dir und deinen Kindern eine Freude bereiten kann. Komm, tragen wir die Teile hinein und bringen wir sie gleich an Ort und Stelle. WLAN habt ihr ja schätzungsweise im Haus. Ich werde die beiden Computer gleich einrichten, sodass deine Kinder ansatzlos damit arbeiten können.«
Sie trugen die PC-Tower und Monitore, die Tastaturen und Drucker sowie alles andere Zubehör wie Kabel und Computermäuse in die Zimmer der beiden Kinder. Danach war Sebastian eine ganze Weile damit beschäftigt, WLAN-Verbindungen herzustellen, sodass die Geräte ordnungsgemäß liefen.
Als alles fertig war, begab er sich zu Kathy und Magdalena in die Küche, klatschte in die Hände, grinste und sagte: »Alles bestens, die Computer laufen. Der Gerhard und die Sandra werden Augen machen.«
»Die werden denken, heut‘ ist Weihnachten«, ergänzte Kathy.
»Wenn wir Sie nicht hätten, Hochwürden«, kam es von Magdalena. »Dass man Sie als den guten Hirten von St. Johann bezeichnet, das hat voll und ganz seine Berechtigung.«
»Ich freu‘ mich, wenn ich helfen kann«, erklärte Sebastian. »Du kannst ja beim Deininger-Jürgen anrufen, Kathy, und dich selber noch einmal bedanken.«
»Das hätt‘ ich auf jeden Fall getan, Herr Pfarrer«, versicherte Katharina. »Der Gerd und die Sandra werden sich auch bei ihm bedanken. – Möchten S‘ eine Tasse Kaffee, Herr Pfarrer?«
»Gern«, erwiderte Sebastian.
»Setzen S‘ sich bitte«, sagte Katharina. »Trinkst du auch eine Tasse mit uns, Mama?«
»Natürlich«, antwortete Magdalena.