Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Sebastian saß am Schreibtisch in seinem Büro und bearbeitete die Tastatur seines Computers. Als er auf dem Pfarrplatz die beiden Humpelstetterfrauen, nämlich die zweiunddreißigjährige Kathy und ihre Schwiegermutter, die achtundfünfzigjährige Magdalena, vorbeigehen sah, erhob er sich schnell, verließ das Büro und sogleich das Pfarrhaus und trat hinaus in den Sonnenschein. Die beiden Frauen hatten schon das Friedhofsportal erreicht. »Kathy!«, rief er. »Frau Humpelstetter!« Mit dem zweiten Ruf war Magdalena Humpelstetter, die Schwiegermutter Kathys, angesprochen. Die beiden Frauen hielten an und drehten sich um, sahen den Pfarrer auf sich zukommen und gingen ihm entgegen. »Grüß euch«, grüßte er, als sie aufeinandertrafen und stehen blieben. »Wie gehts, wie steht's auf dem Hof? Ich war jetzt schon fast zwei Wochen nimmer bei euch. Ich hoff' bei euch läuft alles rund. Sie, Frau Humpelstetter, haben sich ja auch wieder ganz gut erholt.« Diese letzte Aussage hatte Kathys Schwiegermutter gegolten. »Ja, ja, Hochwürden«, übernahm es Magdalena, zu antworten. Sie trug, nachdem sie sich bei einem Sturz von der Treppe das Schlüsselbein gebrochen hatte, den Arm nicht mehr in der Schlinge. Fast verheilt war auch die Platzwunde an der Stirn, die mit mehreren Stichen genäht worden war. »Der Unfall hat keine bleibenden Schäden hinterlassen, Hochwürden.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 133
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Sebastian saß am Schreibtisch in seinem Büro und bearbeitete die Tastatur seines Computers. Als er auf dem Pfarrplatz die beiden Humpelstetterfrauen, nämlich die zweiunddreißigjährige Kathy und ihre Schwiegermutter, die achtundfünfzigjährige Magdalena, vorbeigehen sah, erhob er sich schnell, verließ das Büro und sogleich das Pfarrhaus und trat hinaus in den Sonnenschein. Die beiden Frauen hatten schon das Friedhofsportal erreicht. »Kathy!«, rief er. »Frau Humpelstetter!« Mit dem zweiten Ruf war Magdalena Humpelstetter, die Schwiegermutter Kathys, angesprochen.
Die beiden Frauen hielten an und drehten sich um, sahen den Pfarrer auf sich zukommen und gingen ihm entgegen. »Grüß euch«, grüßte er, als sie aufeinandertrafen und stehen blieben. »Wie gehts, wie steht’s auf dem Hof? Ich war jetzt schon fast zwei Wochen nimmer bei euch. Ich hoff‘ bei euch läuft alles rund. Sie, Frau Humpelstetter, haben sich ja auch wieder ganz gut erholt.« Diese letzte Aussage hatte Kathys Schwiegermutter gegolten.
»Ja, ja, Hochwürden«, übernahm es Magdalena, zu antworten. Sie trug, nachdem sie sich bei einem Sturz von der Treppe das Schlüsselbein gebrochen hatte, den Arm nicht mehr in der Schlinge. Fast verheilt war auch die Platzwunde an der Stirn, die mit mehreren Stichen genäht worden war. »Der Unfall hat keine bleibenden Schäden hinterlassen, Hochwürden. Alles in allem bin ich voll und ganz zufrieden. Besser könnte es eigentlich gar nicht laufen. Der German und ich sind ein Herz und eine Seele. So sehr ich anfangs gegen ihn gewesen bin, so froh bin ich jetzt, dass er zu uns auf den Hof kommt.«
Kathy lächelte; es war ein geradezu glückliches Strahlen, das der Bergpfarrer auf dem Grund ihrer Augen wahrnahm. »Er ist im Moment daheim«, sagte sie, »um sein Büro nach und nach aufzulösen, damit er es nach St. Johann verlegen kann. Er muss mit dem Bauzeichner, den er beschäftigt, einen Aufhebungsvertrag ausarbeiten, ebenso mit der Schreibkraft. Die beiden sind nämlich nicht bereit, mit ihm hierher zu verziehen. Er hat Ihnen eine stattliche Abfindung zugesagt und sie haben signalisiert, dass sie mit einem Auflösungsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen einverstanden sein werden.«
»Das heißt, der German muss sich hier wieder nach einem Bauzeichner und einer Bürokraft umsehen«, konstatierte Sebastian. »Na ja, er kann die Stellen ja ausschreiben und auch an die Arbeitsagentur in Garmisch herantreten. – Er macht also tatsächlich ernst«, sagte er nach einer kurzen Pause. Es klang fast ein wenig versonnen. »Er gibt dir zuliebe sehr viel auf, Kathy. Es ist ja nicht nur, dass er sich nach zwei neuen Angestellten umsehen muss, er muss hier auch Kundschaft akquirieren. Das wird vielleicht gar nicht so einfach sein. Das Baugeschäft Wiedermann in Waldeck beschäftigt einen Architekten, und in Garmisch-Partenkirchen sowie in Mittenwald gibt es auch einige Architekturbüros.«
»Ich weiß das sehr wohl zu schätzen, Herr Pfarrer«, gestand Kathy. »Aber der German ist guter Dinge, dass alles so klappt, wie er sich das vorstellt. Alles wird sich einpendeln, meint er.« Sie lachte fast belustigt auf. »Da hat er schon ganz andere Hürden zu überwinden gehabt, behauptet er immer wieder.«
Auch Sebastian lachte, nur Magdalena blieb ernst. An ihr wäre die Liebesbeziehung Kathys zu German um ein Haar zerbrochen. »Zum Glück hat sich alles zum Guten gewandt«, sagte Sebastian. »Nun ja, ich wünsch‘ euch jedenfalls, dass alles so klappt, wie ihr euch das vorstellt. Der German dürft‘ für euch und den Hof auf jeden Fall ein Glücksgriff sein. Die Kinder mögen ihn auch und er mag die Kinder. Was will man mehr?«
»Danke, Herr Pfarrer«, bedankte sich Kathy. »Sie haben ja schon die ganze Zeit, in der es uns nicht allzu gut gegangen ist, ein Auge auf uns gehabt. Das rechnen wir Ihnen hoch an. Kommen S‘ uns ruhig wieder besuchen. Sie sind auf dem Humpelstetterhof immer willkommen.«
»Das kann ich nur unterstreichen«, erklärte Magdalena. »Wir haben Ihnen viel zu verdanken.«
Sebastian winkte ab. »Reden wir nicht drüber. Ich freu‘ mich, dass es keine Klagen mehr gibt, und ich wünsch‘ euch, dass es so bleibt. Nun will ich euch aber nicht länger aufhalten. Bestell‘ dem Herrn Voigt die besten Grüße von mir, Kathy, wenn du mit ihm telefonierst. Irgendwann in nächster Zeit komm‘ ich euch mal besuchen.«
»Wir freuen uns drauf, Herr Pfarrer.«
»Also dann – pfüat euch.«
»Auf Wiedersehen«, kam es wie aus seinem Mund von den beiden Frauen.
Während sie weitergingen, kehrte Sebastian ins Pfarrhaus zurück. Seine Haushälterin, Sophie Tappert, stand in der Tür zur Küche. »Alles im grünen Bereich auf dem Humpelstetterhof?«, fragte die mütterliche, warmherzige Sophie.
»Es schaut ganz so aus«, antwortete Sebastian. »Der Herr Voigt ist dabei, in Hof seine Zelte abzubrechen und sein Büro nach St. Johann zu verlegen. Privat scheint er ja sein Glück gefunden zu haben. Hoffen wir, dass er es auch beruflich findet. Einfach, denk‘ ich, wirds nicht für ihn.«
»Das wird er schon wissen«, erwiderte die Haushälterin. »Er muss es halt auf sich zukommen lassen.«
»Was anderes wird ihm nicht übrig bleiben«, erklärte der Bergpfarrer. »Na ja, es wird wie werden. Ich geh‘ dann mal wieder an die Arbeit. Die Diözese will schon wieder einen Bericht. Die meinen auch, man hat nix anderes zu tun.«
Sophie lachte und verschwand wieder in der Küche.
Sebastian kehrte in sein Büro zurück, nahm hinter dem Schreibtisch Platz und widmete sich wieder seiner Arbeit. Um den Faden wieder aufnehmen zu können, las er durch, was er bisher in den Bericht geschrieben hatte. Hier und dort verbesserte er etwas.
Etwa zehn Minuten später sah er die beiden Humpelstetterfrauen wieder vorübergehen, dieses Mal jedoch in die andere Richtung. Sie sprachen miteinander und Sebastian ging davon aus, dass der Haussegen, der auf dem Hof eine Weile ziemlich schief gehangen hatte, wieder geradegerückt war.
Es war ein Mittwoch, und wie jeden Tag von Montag bis Freitag erschien um zwölf Uhr der Bruder des Pfarrers zum Mittagessen im Pfarrhaus. Soeben war der letzte Schlag der Kirchenglocke verhallt, als er an der Haustür läutete. Sophie ließ ihn ein.
»Grüß Sie, Frau Tappert«, grüßte Max. »Alles gut?«
»Alles im grünen Bereich, Max«, antwortete die Haushälterin. »Legen S’ Ihre Mütze ab und ziehen S‘ ihre Jacke aus. Ihr Bruder telefoniert noch. Es ist die Lehmann-Anita, die ihn kontaktiert hat. Wahrscheinlich gehts um die neuesten Pläne unseres verehrten Gemeindeoberhaupts.«
Max legte seine Dienstmütze auf die Hutablage der Garderobe, knöpfte seine Jacke auf und fragte. »Davon weiß ich ja gar nix, Frau Tappert. Was plant er denn, der Markus? Hoffentlich nix, was wieder einen Krieg zwischen ihm und dem Sebastian auslöst.«
»Das wissen wir noch nicht. Es sieht jedenfalls so aus, als dass er wieder einmal die Hände an den Hirschkopf legen möcht‘. Der Brandhuber-Loisl hat den Bruckner und seine Fraktion beobachtet, als sie in dem Naturschutzgebiet eine Ortsbegehung durchgeführt haben. Irgendein Blödsinn wird ihm schon wieder im Kopf herumgehen. Vielleicht hat die Anita was in Erfahrung gebracht. Wir werden es gleich erfahren, schätze ich. Gehen S‘ nur schon ins Esszimmer, Max. Das Essen bring‘ ich auch gleich.«
Mas hatte seine Jacke an die Garderobe gehängt und begab sich ins Esszimmer.
Kurz darauf erschien auch Sebastian. »Habe die Ehre, Bruderherz«, grüßte er. »Alles in Ordnung bei dir und den deinen?«
Sebastian setzte sich Max gegenüber an den gedeckten Tisch.
»Alles in bester Ordnung«, antwortete Max. »Die Frau Tappert hat mir verraten, dass der Markus schon wieder was ausbrütet.«
Sophie kam mit einem Tablett, auf dem sie das Mittagessen servierte.
»Was kredenzen S‘ uns denn heut‘, Frau Tappert?«, fragte Max und machte einen langen Hals, um zu erspähen, was auf dem Tablett stand. »Hm«, stieg es sogleich aus seiner Kehle, »Cordon Bleu mit Kartoffelsalat. Es ist schon beachtlich, Frau Tappert, wie es Ihnen gelingt, tagtäglich meinen Geschmack zu treffen.«
»Das ist nicht schwer«, brummte der Pfarrer. »Es gibt ja nix, was dir nicht schmeckt.«
»Ha, ha«, machte Max. »Immer diese unorthodoxen Kommentare ...«
Sophie legte jedem ein Cordon Bleu auf den Teller. »Kartoffelsalat nehmen S‘ sich bitte selber«, sagte sie und stellte die Schüssel mitten auf den Tisch. »Ich wünsch‘ einen guten Appetit.«
Nach diesen Worten verließ die Haushälterin wieder das Esszimmer.
»Spann‘ mich nicht auf die Folter, Bruder«, knurrte Max. »Was ist von der Bürgermeisterfront zu berichten?«
»Leider hat mir die Anita auch nix Neues erzählen können. Sie hat mir lediglich mehr oder weniger bestätigt, dass sie am Ball ist. Ich kann dir nur sagen, was mir der Markus selber verraten hat: Er plant was für unsere kleinen Gäste. Vielleich wollt‘ er mich mit diesem Hinweis auch auf eine falsche Fährte locken. Dem Freund trau‘ ich alles zu.«
»Wir haben doch kaum kleine Gäste«, versetzte Max etwas ratlos. »Ich unterstell‘ jetzt ganz einfach mal, dass damit Kinder gemeint sind«, fügte er hinzu, als wollte er seine Vermutung bestätigt wissen.
»Sehr richtig. Nach dem Bekunden des Markus will er mit seiner Idee Familien mit Kindern anlocken.«
»Gütiger Gott«, stöhnte Max. »Besitzt denn der Markus keinen Knopf, den man drücken kann, damit er endlich aufhört, von einem gewaltigen Touristenaufkommen hier im Tal, namentlich in St. Johann, zu spintisieren.«
»Ich habe den Knopf bei ihm leider noch nicht gefunden, Max«, murmelte Sebastian.
*
Es war Freitagnachmittag gegen vier Uhr, als das Auto German Voigts auf den Hof des Humpelstetteranwesens rollte.
»Der German kommt!«, erklang im Wohnhaus die glockenhelle Stimme der achtjährigen Sandra. Sie hatte das Auto durch das Fenster des Esszimmers sehen können, wo sie am Tisch saß und zeichnete. Sie sprang vom Stuhl und lief auf den Flur. Ihr Bruder, der zehn Jahre alte Gerhard, folgte ihr.
Im Hof war German schon ausgestiegen. Er war aber nicht alleine. Ein Mann, ungefähr Mitte sechzig, stand auf der Beifahrerseite neben dem Auto und schaute sich um.
»German!«, rief das Mädchen und eilte auf den Architekten zu, der der Liebe halber in Hof an der Saale seine Zelte abbrechen und im Wachnertal Fuß fassen wollte.
German fing die Kleine auf, hob sie hoch und sagte lachend. »Das ist ein Empfang. Das lass‘ ich mir eingehen.« Er strich mit der freien linken Hand Gerhard über die Haare. »Servus, Gerd. Sind die Mama und die Oma auch daheim?«
Diese Frage erübrigte sich, denn jetzt trat Kathy aus der Haustür. Die Freude über Germans Ankunft stand ihr ins Gesicht geschrieben, ihre Augen strahlten, und ihr Herz klopfte einige Takte schneller. Sie kam näher. German stellte Sandra auf den Boden, ging Kathy entgegen, nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuss. »Endlich!«, sagte er. »Ich habe schon befürchtet, die Woche vergeht nicht, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.«
Kathy lächelte glücklich. »Umso schöner ist das Wiedersehen«, erklärte sie.
»Ich habe dir doch von meinem Onkel Alfred erzählt«, sagte German. »Er hilft mir beim Umzug. Wir haben einen Kofferraum voll Akten dabei, die ich – wie wir vereinbart haben -, einstweilen bei dir hier deponiere.«
Kathy hatte sich Alfred Voigt zugewandt. Er kam jetzt auf sie zu und streckte ihr die rechte Hand hin. »Grüß Gott, Kathy. Freut mich, Sie endlich kennenzulernen.«
»Die Freude ist ganz meinerseits«, erwiderte Kathy und nahm die dargebotene Hand. »Der German hat mir schon von Ihnen erzählt. Er ist froh, dass Sie ihm helfen wollen.«
Jetzt erschien auch Magdalena Humpelstetter. German ging sofort zu ihr und nahm sie vorsichtig in die Arme. »Hallo, Magdalena. Gut schaust du aus, richtig erholt.«
»Ich fühl‘ mich auch gut«, erklärte die Achtundfünfzigjährige. »Das Schlüsselbein ist gut zusammengewachsen. Es handicapt mich kaum noch.« Sie heftete den Blick auf Alfred Voigt, der inzwischen Kathys Hand wieder losgelassen hatte. »Das ist wohl dein Onkel, von dem du erzählt hast?«
»Ja, sein Name ist Alfred. Er ist so nett und hilft mir beim Umzug und beim Einrichten des Büros. – Das, Onkel, ist die Schwiegermutter der Kathy, die Frau Humpelstetter.«
Alfred trat an Magdalena heran und gab ihr die Hand. »Freut mich«, sagte er und schaute Magdalena in die Augen. »Ich hoff‘, es macht Ihnen nix aus, dass ich einfach so mitgekommen bin.«
»Iwo, ganz und gar nicht«, versicherte Magdalena. »Herzlich willkommen auf dem Humpelstetterhof. Der German hat Sie ja angekündigt. Ich habe für Sie das Gästezimmer hergerichtet. Sie wollen ja sogar die Woche über hierbleiben, hat der German verraten, während er am Sonntagnachmittag wieder nach Hof zurückkehrt.«
»Nur, wenn’s Ihnen und der Kathy nix ausmacht«, entgegnete Alfred. »Ich soll mir einige Räumlichkeiten ansehen, hat der German gemeint, und gegebenenfalls für ihn einen Termin mit dem jeweiligen Vermieter aushandeln.«
»Sind auf seine Annonce denn schon Angebote eingegangen?«, fragte Magdalena.
»Vier«, enthob German seinen Onkel einer Antwort. »Eins sogar aus dem Tal, genau gesagt aus der Gemeinde Engelsbach. Eins aus Mittenwald, und zwei aus Garmisch-Partenkirchen.«
»Super«, sagte Magdalena. »Aber wir wollen hier im Hof doch keine Wurzeln schlagen. Kommt herein, es gibt Kaffee und Kuchen. Danach könnt ihr euch ein bissel frisch machen und das Zeug ausladen, das ihr mitgebracht habt.«
»Ja, kommt rein«, wiederholte Kathy, die Germans Hand hielt. Sie schaute ihn an, lächelte und fügte leise hinzu: »Ich bin so froh, dass du wieder da bist. Die Woche über wars, als hätte mir was gefehlt.«
»Mir ists nicht viel anders gegangen, Schatz«, murmelte German, dann setzten sie sich in Bewegung und gingen Hand in Hand auf die Haustür zu, gefolgt von Alfred, Magdalena und den beiden Kindern.
»Vorgestern haben wir Pfarrer Trenker getroffen, als wir das Grab auf dem Friedhof besucht haben«, erzählte Kathy, als German und Alfred am Esszimmertisch Platz genommen hatten. Die Kinder hatten ihre Malutensilien weggeräumt. Magdalena war in der Küche, Kathy deckte den Tisch mit Kaffeegeschirr.
»Und, was spricht er?«, fragte German.
»Ich soll dir schöne Grüße von ihm bestellen. Er hofft, dass du Glück hast mit deinem Neuanfang hier bei uns. Er ist allerdings ein bissel pessimistisch, weil er meint, dass es schon eine ausreichende Zahl von Architekten in der Gegend gibt.«
German zuckte mit den Schultern. »Das wird sich herausstellen«, versetzte er lakonisch. »Ich lass‘ mir deswegen im Moment deswegen keine grauen Haare wachsen.«
Magdalena brachte einen Kuchen; es handelte sich um einen Guglhupf. »Frisch gebacken«, sagte sie und lächelte. »Ich hoff‘, er schmeckt.«
»Davon bin ich überzeugt«, erklärte Alfred und grinste jungenhaft. »Wenn er so schmeckt, wie er aussieht, dann können wir uns nicht beklagen.«
»Danke«, sagte Magdalena und es klang fast ein bisschen kokett. »Ich hoff‘, er schmeckt besser, als er aussieht.«
Sie begab sich wieder in die Küche, wo der Kaffee einlief.
Kathy setzte sich. »Du scheinst ziemlich gelassen zu sein, was die Zukunft deines Büros angeht«, bemerkte sie an German gewandt.
»Ich habe genug Geld auf der Seite«, erwiderte er, »mit dem ich mich eine ganze Weile über Wasser halten kann. Und nicht nur mich«, fügte er vielsagend hinzu. »Es gibt Dinge, die sind wichtiger als Gut und Geld, Schatz. Für mich gehörst du zu den wichtigeren Dingen.«
Kathy errötete leicht, quittierte seine Liebeserklärung mit einem warmen Blick und hörte Alfred sagen: »So ist er, der German. Wenn’s da drin ...«, Alfred klopfte sich mit der flachen Hand gegen die Brust, »... stimmt, meint er, dann muss alles andere hintanstehen.« Jetzt grinste Alfred breit. »Nachdem ich dich gesehen hab‘, Kathy, kann ich ihn sogar verstehen.«
»He, he, he, Onkel«, rief German lachend, »du wirst doch nicht mit meiner Braut flirten? Mach‘ mir die Kathy bloß nicht abspenstig.«
»Ich glaub‘, da hat ein alter Dödel wie ich keine Chance mehr«, versetzte Alfred. »Drum probiere ich’s erst gar nicht.«
Die Klingel im Flur erklang.
»Ich schau nach, wer draußen ist«, rief Magdalena, und Kathy, die sich schon erheben wollte, ließ sich wieder auf ihren Stuhl zurückfallen.
Stimmen erklangen; es waren die Stimme Magdalenas und ein männliches Organ. Im nächsten Moment betrat der Pfarrer das Esszimmer. »Grüß euch Gott«, grüßte er. »Das trifft sich aber gut. Ich habe mir gedacht, ich radle mal wieder zum Humpelstetterhof und schau‘ nach dem Rechten. Und wie der Zufall es will, sind Sie soeben auch eingetroffen, German.« Sebastian schaute über die Schulter und sagte: »Danke, Frau Humpelstetter.«
»Trinken S‘ einen Kaffee mit uns, Herr Pfarrer?«, fragte Magdalena, die ihn ins Esszimmer geleitet hatte.
»Wenn ich einen krieg‘ – gerne«, erwiderte der Pfarrer.