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Zeitarbeit bedeutet für viele Unternehmen Flexibilität. Gerade in der aktuellen VUCA-Welt. So können Unternehmen sicherstellen, immer schnell auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren. Welche Vor- und Nachteile es bei der Zeitarbeit gibt, zeigen wir in diesem Buch. Eine der größten Risiken ist die Subsidiärhaftung. Subsidiärhaftung bedeutet kurz gesagt, dass Unternehmen für Sozialabgaben haften, sollte ihr Personaldienstleister diese nicht bezahlen können. Allerdings gibt es Wege, dieses Risiko zu minimieren und betroffene Dienstleister frühzeitig zu identifizieren. Die Mittel dazu, finden Sie in diesem Buch. Das Buch ist für alle CEOs, CFOs und Personalleiter, die Zeitarbeit aktiv als HR-Tool nutzen oder in Zukunft nutzen wollen.
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Seitenzahl: 80
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Vorbemerkung
Einleitung
Die Zeitarbeitsbranche vor und in der Pandemie
Kurzarbeit als Allheilmittel auch für die Zeitarbeit?
Zurück zur Kurzarbeit:
Einblick in die Kosten und Finanzwelt eines Personaldienstleisters
Kalkulation eines Personaldienstleisters
Finanzwirtschaftliche Sicht auf die Zahlungsziele
Exkurs Factoring
Handlungsmöglichkeiten eines von der Pandemie stark betroffenen Personaldienstleisters
Frühwarnsignale einer Schieflage
Subsidiärhaftung – Rechtsgrundlage
Rechtsgrundlage
Sonderfall fehlerhafte Anwendung des Tarifvertrags....
Sonderfall Insolvenzverschleppung
Wenn der Fall Subsidiärhaftung eintritt
Vorgehensweise:
Möglichkeiten, das Risiko einer Subsidiärhaftung zu reduzieren
Unbedenklichkeitsbescheinigungen
Berufsgenossenschaft
Finanzamt
Krankenkasse
Das Institut für Zahlungssicherheit (IZS)
Was leistet das IZS?
Vorteil IZS
Was kostet diese Dienstleistung?
Bewertung:
Was tun, wenn mein Dienstleister stundet?
Resilienz
Ein Beispiel aus meiner Beraterarbeit:
Mehrere Gesellschaften – ein gemeinsamer Internetauftritt
Nutzung von Kreditauskunfteien
Bewertung der Kreditauskunfteien:
Resilienzbewertung
Besonderheit Rückstellung in der Bilanz eines Zeitarbeitsunternehmens
Weitere Absicherungsmöglichkeiten
Zeitarbeitsbasiertes Lieferantenmanagement
Anmerkung zum zeitarbeitsbezogenen Dienstleistermanagement:
Resümee: Das Risiko der Subsidiärhaftung kann deutlich reduziert werden
Wann ist Zeitarbeit sinnvoll?
Gründe für Zeitarbeit
Kostenvorteil Zeitarbeit?
Flexibler Einsatz von Zeitarbeit
Anmerkung zum richtigen Anteil an Zeitarbeit
Wandel der Arbeitswelt
Fachkräftemangel wird sich verstärken!
Vorstellung des Autors
Glossar und verwendete Abkürzungen
Der Verlauf der Pandemie und die Veränderungen des Zeitarbeitsmarktes sind die wichtigsten Auslöser, um sich jetzt mit dem Thema Subsidiärhaftung auseinanderzusetzen. Beides stellen wir hier dar.
Im weiteren Verlauf erläutern wir die Subsidiärhaftung, um die verschiedenen Möglichkeiten des Risikomanagements aufzuzeigen.
Eine Lösung, um die Subsidiärhaftung zu verhindern, wäre sicherlich, auf Zeitarbeit komplett zu verzichten. Dass dies bestenfalls die zweitbeste Lösung ist, zeigen wir im Kapitel „Wann ist Zeitarbeit sinnvoll“ am Ende des Buches. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass sich die Arbeitswelt verändert und der Fachkräftemangel eine neue Dimension erreichen wird.
Als Anfang 2020 die ersten Corona Infektionen in Deutschland festgestellt wurden, dachten noch viele, dass dies kein Grund zur Beunruhigung sei – war es doch nicht die erste Infektionskrankheit aus Asien. Unbeschwerte Karnevalsfeiern, Après-Ski-Partys etc. waren der Nährboden für eine schlagartige Verbreitung des Virus in Europa.
Fehleinschätzungen der Politik, wie anfänglich weiterhin offene Grenzen und Flugbewegungen führten dazu, dass die Infektionszahlen rapide anstiegen. Andere Länder traf es noch härter als Deutschland, z. B. Italien oder Spanien. Die Weltgesundheitsorganisation rief am 11. März 2020 die Pandemie aus. Die Folge: Ein Lockdown in vielen Ländern mit einer nie dagewesenen Beschränkung der Freiheitsrechte. Die Produktion wurde in vielen Teilen der Wirtschaft heruntergefahren, internationale Lieferketten sind zusammengebrochen, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen wurden geschlossen, es gab Panikkäufe in den Supermärkten. Diese Bilder prägten den ersten Lockdown.
Um die Folgen des Lockdowns für die breite Bevölkerung wirtschaftlich abzumildern, war es wichtig, Entlassungen soweit möglich zu verhindern. Kurzarbeit hatte sich schon bei der Finanzkrise 2008/09 als sehr wirksames Instrument erwiesen. Schnelle Entlassungen zu Beginn der Pandemie waren eher eine Randerscheinung, wie die nachfolgende Grafik zeigt [Abbildung 1]. Hier hat das Institut für Arbeits- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) im Arbeitsmarktbericht Mai 2020 die Veränderungen wesentlicher Branchen vom März 2019 zu März 2020 gegenübergestellt.
Deutlich erkennbar ist, dass die Metall-Elektro-Industrie einschl. der Autoindustrie im letzten Jahr ihre Herausforderungen hatte und der Motor schon vor der Pandemie gestottert hat.
Für die Arbeitnehmerüberlassung – die in Deutschland stark mit dieser Leitindustrie verbunden ist – war 2019 schon ein schlechtes Jahr.
Ansonsten war der Arbeitsmarkt von der Pandemie in den ersten Monaten nur moderat betroffen.
Abbildung 1: Gegenüberstellung Veränderung März 2020 zu März 2019
Deutlicher werden die Zahlen aus dem Arbeitsmarktbericht Dezember 2020, in dem u. a. die Veränderung Oktober 2019 zu Oktober 2020 dargestellt werden. Am stärksten betroffen ist der größte Wirtschaftszweig Metall und Elektro [Abbildung 2]: Hier wirken sich die strukturellen Veränderungen in der Automobilbranche aus. Ebenso die Folgen der Pandemie, die zum Erlahmen der Wirtschaft in vielen Ländern der Erde führte.
Abbildung 2: Gegenüberstellung Veränderung 2020 zu Oktober 2019
Eine exportorientierte Wirtschaft ist naturgemäß stärker davon betroffen. Auch das 2. Quartal 2020 verlief für den Arbeitsmarkt noch sehr glimpflich [Abbildung 3], wie der Arbeitsmarktbericht August 2020 der Agentur für Arbeit zeigt [Abbildung 4].
Deutlich erkennbar ist der anziehende Bedarf im Wirtschaftszweig Arbeitnehmerüberlassung, wie der Vergleich Januar 21 zu Januar 20 zeigt (Abbildung 3)
Abbildung 3: Gegenüberstellung Veränderung Januar 2021 zu Januar 2020
Abbildung 4: Zugang in Arbeitslosigkeit (April – Juli 2020)
Im Vergleich dazu die Grafik aus dem Arbeitsmarktbericht Dezember 2020. Hier zeigt sich deutlich, dass die Unsicherheit am Markt die betriebliche Personalpolitik beeinflusst und man lieber auf externe Kräfte setzt:
Wenig überraschend ist, dass das Gastgewerbe und der stark betroffene Handel Personal abgebaut haben. Hier ist offensichtlich die Hoffnung, die Beschäftigten bald wieder einsetzen zu können, sehr gering.
Abbildung 5: Zugang in Arbeitslosigkeit (April 2020 bis März 2021)
Anzumerken ist, dass diese Zahlen die Arbeitslosigkeit widerspiegeln. Betroffene Unternehmen, die Kurzarbeit als arbeitsmarktpolitisches Instrument nutzen, entlassen nicht. Dieser Umstand ist letztendlich die Ursache für die vergleichsweise geringen Veränderungen der Arbeitslosenzahlen.
Wie stark Kurzarbeit genutzt wurde, zeigt der Vergleich zur Finanzkrise 2008/2009. Der Höchstwert in der Finanzkrise: Rund 1,4 Millionen Arbeitnehmer waren in Kurzarbeit. Der Höchstwert in der Corona Pandemie betrug im April 2020 knapp 6 Millionen.
Die Zeitarbeitsbranche hat das Instrument Kurzarbeit intensiv genutzt und auf Entlassungen weitestgehend verzichtet. Das war wohl die richtige Entscheidung, sieht man doch im Verlauf, dass das Instrument Zeitarbeit gerade in unsicheren Zeiten gefragt ist. Zeitarbeit ist flexibel und kann leichter abgebaut werden als die Stammbelegschaft.
Der dritte Lockdown läuft zum Zeitpunkt der Verfassung dieser Zeilen. Dieser hat aber für viele Branchen, darunter die Zeitarbeit, nur in einzelnen Bereichen Auswirkungen. Kunst/Kultur/Events, Gastgewerbe und der stationäre Einzelhandel sind Branchen mit einem eher geringen Anteil an Zeitarbeitern, was aber nicht heißt, dass es hier keine Sondersituationen geben kann.
Die Zeitarbeitsbranche ist stark reguliert. Viele dieser Eingriffe wirkten sich positiv auf die Entwicklung der Branche aus. Andere – vor allem die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Jahr 2017 mit der Einführung der Höchstüberlassungsdauer und Equal Pay nach 9 bzw. 15 Monate – führten zu rückläufigen Überlassungszahlen. Nachfolgend ein Überblick der Reformen in den letzten 40 Jahren:
Abbildung 6: Reformen in der Arbeitnehmerüberlassung (Quelle: Lünendonk & Hossenfelder GmbH)
Das Jahr 2019 war schon schlecht für die Branche und dann kommt noch Corona dazu.
Aus der Lünendonk Blitzumfrage vor der Pandemie:
Abbildung 7: Ergebnisse Blitzumfrage: Quelle: Lünendonk & Hossenfelder GmbH
Ein Blick auf die Zahl der Zeitarbeiter in Deutschland: Gut erkennbar ist die Korrelation zwischen Wirtschaftswachstum und Zeitarbeit - jedoch durchbrochen von den Auswirkungen der letzten Reform ab April 2017. Equal Pay und Höchstüberlassung führten zu Übernahmewellen (d. h. Kunden stellten Zeitarbeiter fest ein), die sich in der Summe der überlassenen Kräfte niederschlagen. Ein wichtiger Aspekt war in diesem Zusammenhang auch die große Rechtsunsicherheit auf Kundenseite mit Fragen rund um Equal Pay und zu den Fristen. Darüber hinaus wirkt die schwächelnde Konjunktur.
Es zeigt sich deutlich, dass Zeitarbeit prozyklisch ist oder hart ausgedrückt, ein Schutzwall für die Stammbelegschaft ist. Bei schwacher Konjunktur werden dann zunächst nur die Zeitarbeiter nicht mehr eingesetzt: [Abbildung 8]
Abbildung 8: Auswirkungen Konjunktur auf Zeitarbeit (Quelle: Bundesagentur für Arbeit und eigene Berechnungen) (die linke Achse bezieht sich auf die Zeitarbeitszahlen, die rechte Achse auf das Wirtschaftswachstum und die Arbeitslosenquote)
Gerade die Großen der Branche hat es im letzten Jahr deutlich getroffen - auch die VW-Tochter Autovision. Zu den Gewinnern gehören u. a. Hays als Spezialist für gehobene Funktionen. Ich erwähne das deshalb, weil Hays uns später nochmals begegnen wird. Andere Spezialisten wie Ferchau, Brunel oder Amadeus etc. haben ebenfalls Wachstumsraten gegen den Branchentrend. Es gibt auch Zeitarbeitsunternehmen, die vom Boom im Onlinehandel profitieren.
Aber auch Unternehmen wie Tempton, die eine Insolvenz erfolgreich hinter sich lassen konnten – meines Wissens ohne Subsidiärhaftung! Dies zeigt, dass ein Schutzschirmverfahren oder eine Insolvenz nicht immer mit dem Ende des Unternehmens bzw. einer Haftung einhergeht.
ACHTUNG: Selbst einigermaßen gesunde Zeitarbeitsunternehmen können unverschuldet in Schieflage geraten, wenn ein sehr wichtiger Kunde seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann!
Wie erwähnt, traf die Pandemie somit schon auf eine geschwächte Zeitarbeitsbranche. Nachfolgend ein Umfrageergebnis, einer vom Tarifverband IGZ im März 2020 durchgeführten Umfrage [Abbildung 9]:
Abbildung 9: Zeitarbeitsunternehmen in Deutschland (Quelle: Lünendonk & Hossenfelder GmbH)
Abbildung 10: IGZ-Kurzumfrage (Quelle: Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen)
Eine IGZ Umfrage von Januar 2021 zeigt, dass 72,8 % der befragten 652 Zeitarbeitsunternehmen tatsächlich Kurzarbeit angemeldet haben [Abbildung 10].
Abbildung 11: IGZ-Umfrage Abmeldung Zeitarbeiter (Quelle: Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen)
Nun sind nicht alle Dienstleister gleichermaßen von Kurzarbeit betroffen. Die Reaktionsweisen sind unterschiedlich, neben Kurzarbeit gibt es auch die klassische Entlassung. Die Tatsache, dass ein Unternehmen Kurzarbeit angezeigt hat, heißt noch lange nicht, dass Arbeitnehmer tatsächlich in Kurzarbeit sind und in welchem Ausmaß. Im ersten Lockdown wurde in den Monaten März und April 2020 Kurzarbeit für 291.000 Beschäftigte bzw. 40% der Zeitarbeiter angezeigt. Nicht vergessen sollte man dabei, dass es einige Zeitarbeitsunternehmen gab, die gar keine Kurzarbeit angezeigt haben, weil diese in Branchen Arbeitskräfte überließen, die im Lockdown boomten (z. B. Medizin, Onlinehandel etc.).
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt die Lünendonk Blitzumfrage im Februar 2021:
„2020 war geprägt von der Corona-Pandemie. Zwar haben sich die Erwartungen aus früheren Lünendonk®