Die Kerzenzieherin 3 - Caren Benedikt - E-Book

Die Kerzenzieherin 3 E-Book

Caren Benedikt

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Beschreibung

Eine mutige Novizin und eine dunkle Verschwörung. - Teil 3 des sechsteiligen Serials »Die Kerzenzieherin« Hattingen, 1225: Das Leben der Novizin Ellin gerät völlig aus den Fugen, als sie zufällig ein Gespräch zwischen zwei Männern belauscht, die eine Verschwörung gegen den Erzbischof von Köln planen. Ellin muss fliehen: Sie legt ihr Novizinnengewand ab und schafft es, sich in Bremen als Kerzenzieherin ein neues Leben aufzubauen. Doch schon bald holt sie ihre Vergangenheit wieder ein, und Ellin begreift, dass ihr Wissen sehr gefährlich und der Alptraum noch lange nicht vorbei ist.

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Caren Benedikt

Die Kerzenzieherin

RomanSerial Teil 3

Knaur e-books

Über dieses Buch

Hattingen, November 1225

Inhaltsübersicht

13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel
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13. Kapitel

Lorentz, Erhard! Was für eine Freude. Wenigstens ihr kehrt heim!« Friedrich von Isenberg trat den beiden entgegen und umarmte sie, als sie den Burgsaal betraten. »Ich glaubte schon, keinen von euch wiederzusehen. Was ist mit Klaas, Georg und Thomas?«

»Es geht ihnen gut. Georg und Thomas werden in ein paar Tagen hier eintreffen, Klaas jedoch …« Lorentz hob die Arme.

»Was ist mit ihm?«

»Er ist mit diesem Hurensohn von Schmied noch in Bremen, um zu sehen, ob die Novizin sich dort blicken lässt.«

»Wieso Bremen?«

»Wir haben ihren Weg Richtung Norden verfolgt«, erklärte Erhard. »Sie hatte nach dem Zwischenfall in Hattingen Unterschlupf bei zwei Bürstenmachern in Ladbergen gefunden, wo sie uns aber knapp entwischt ist. Doch wenn sie den einmal eingeschlagenen Weg beibehalten hat, muss sie irgendwann in Bremen oder einem der umliegenden Dörfer ankommen. Georg und Thomas klappern die Gegend nach ihr ab und versprechen denen, die uns Nachricht zukommen lassen, eine gute Belohnung. Irgendwann wird sie einer sehen und sich melden.«

»Wenn es dann nicht schon zu spät ist«, presste Friedrich hervor. »Ich hatte Besuch.«

»Von wem?«

»Heinrich von Molenark, unserem neuen, hochverehrten Erzbischof«, erklärte er höhnisch.

»Was wollte er?«

»Kommt, setzen wir uns. Dann erzähle ich euch alles. Agnes!«, brüllte er.

Es dauerte nur einen Augenblick, bis die Haushälterin in der Tür erschien. »Ja, Herr?«

»Bring uns Wein, aber einen guten. Und trag etwas zu essen auf.«

Sie knickste und eilte dann nach draußen.

Die drei Männer setzten sich an den langen Tisch. Friedrich an die Stirnseite, seine Kumpane rechts und links von ihm.

»Dieser elende Wurm von Molenark hat mich mehr oder weniger offen beschuldigt, für den Überfall auf den Kölner Erzbischof und damit seine Ermordung verantwortlich zu sein.«

Friedrich berichtete ausführlich, wie der Besuch von Molenarks auf Isenberg verlaufen war.

»Aber dann hat er dich im Grunde doch gar nicht beschuldigt. Er wollte dich offenbar nur nervös machen«, folgerte Lorentz.

Agnes kam mit einem vollbeladenen Brett zurück in den Saal.

»Stell es einfach hier ab«, forderte Friedrich. »Den Rest machen wir selbst.«

Sie tat, wie ihr geheißen, knickste und verließ ohne ein Wort den Raum.

»Das ist dem verdammten Mistkerl auch gelungen«, nahm Friedrich das Gespräch wieder auf. »Er hat mich zwar nicht direkt beschuldigt, doch was er zwischen den Zeilen hat durchblicken lassen, war eindeutig. Wenn er diese kleine Novizin vor mir in die Finger bekommt und sie ihre Aussage macht, bin ich geliefert.«

»Dann dürfen wir es eben nicht dazu kommen lassen«, urteilte Erhard.

»Ganz genau, nur haben wir das vor eurem Aufbruch auch schon festgestellt, und seitdem ist nichts passiert«, murmelte Friedrich und trank einen Schluck. »Wir müssen jetzt sehr besonnen vorgehen. Keine Fehler mehr. Sobald Thomas und Georg hier eintreffen, machen wir uns erneut auf den Weg Richtung Norden. Nur werden wir uns diesmal aufteilen und alle Routen und Dörfer abklappern. Dann müssen wir irgendwann auf sie stoßen. Es sei denn, sie hat einen Haken geschlagen, um uns zu täuschen.«

»Du begleitest uns?«, fragte Lorentz.

Friedrich nickte. »Ja, das ist immer noch besser, als hier darauf zu warten, dass dieser von Molenark mich vielleicht festnimmt. Wenn er mich erst einmal in Arrest gesteckt hat, ist’s schlecht um mich bestellt.« Er rieb sich das Kinn. »Glaubt ihr, dass wir auf der falschen Fährte sein könnten?«

Erhard schüttelte entschieden den Kopf. »Dieser Schmied, dem sie das Gesicht verbrannt hat, ist zwar ein Hundsfott, wie es im Buche steht, doch er ist auch gerissen und gewieft. Es stimmt schon, was er gesagt hat. Sie ist von hier aus bis nach Ladbergen gelaufen.« Er fuhr mit seinem Finger in Richtung Norden über den Tisch, als läge eine Landkarte vor ihm. »Sie kann nicht wissen, wie nah wir ihr schon auf den Fersen waren. Wir waren zu Pferd, sie zu Fuß. Irgendwann werden wir sie überholt haben, während sie durch die Wälder stapfte. Doch auch wenn sie abseits der Handelsstraße wandert, muss sie ab und an in die an ihr liegenden Ortschaften gehen, um sich zu verproviantieren und letztlich in Bremen anzukommen.«

»Oder sie ist irgendwo in einem der Dörfer untergekommen«, mutmaßte Friedrich.

»Das glaube ich nicht«, sagte Lorentz. »Wir haben die Leute befragt. Sie ist bei diesen Bürstenmachern gewesen, das haben uns mehrere Ladberger berichtet. Die beiden Brüder wollten aber nicht reden.«

»Ihr habt sie also befragt? Was haben sie gesagt?«

»Nichts. Sie wollten diese kleine Hure schützen. Zuerst gaben sie vor, nicht zu wissen, von wem wir sprachen. Als wir ihnen ein wenig zugesetzt haben, sagten sie, die Kleine sei schon seit Tagen wieder weg. Aber das war gelogen, wie wir dank der Frau des Wirts, die ein ziemlich loses Mundwerk hatte, wussten. Sie meinte, das Mädchen noch am Morgen bei den beiden gesehen zu haben.«

»Was habt ihr mit ihnen gemacht? Wir können es uns nicht leisten, dass …«

Lorentz hob die Hand und unterbrach Friedrich damit. »Mach dir keine Gedanken. Die erzählen niemandem mehr was.«

Friedrich atmete erleichtert aus.

Erhard beugte sich vor. »Gehen wir doch alles noch mal durch. Wir müssen nur verhindern, dass dieser von Molenark die Novizin in die Finger bekommt, um sie zu befragen. Wir müssen außerdem davon ausgehen, dass er bislang noch nicht einmal von ihr weiß.«

Er sah zwischen den beiden hin und her. »Vielleicht sollten wir deshalb auch gar kein weiteres Aufheben um sie machen. Oder glaubt ihr etwa, sie geht von sich aus zu von Molenark und erzählt herum, was sie auf Burg Isenberg mit angehört hat?«

Friedrich lehnte sich nachdenklich in seinem Stuhl zurück. »Du hast wahrscheinlich recht. Womöglich haben wir die Sache wichtiger genommen, als sie tatsächlich ist. Was kann die Kleine denn schon tun?«

Lorentz’ Miene verfinsterte sich. »Sie kann zu jedem beliebigen Vogt, der außerhalb deines Machtbereichs seinen Sitz hat, gehen und ihm davon berichten. Immerhin hat sie schon mal versucht, Meldung zu machen, ist dabei aber bei unserem Freund, dem Schmied, gelandet. Den haben wir ja, Gott sei Dank, auf unserer Seite. Doch wenn sie weit genug weg von hier einen anderen aufsucht …«

Friedrich rieb sich die Schläfen. »Dieses gottverfluchte Weibsbild.«

Ein Geräusch auf dem Flur ließ die drei aufhorchen. Lorentz reagierte als Erster. Mit gezücktem Schwert rannte er zur Tür – die in diesem Augenblick geöffnet wurde. Agnes stieß einen Schrei aus.

»Um Himmels willen, Herr! Ich bin es doch.«

Lorentz trat nah an sie heran. »Hast du etwa gelauscht?«

»Was?« Sie sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an und sagte dann: »Aber ich wollte doch nur fragen, ob ich noch etwas bringen soll.«

»Lass sie!«, rief Friedrich herüber. »Agnes ist nicht so eine.«

Lorentz ließ sein Schwert zurück in die Scheide gleiten, jedoch nicht, ohne Agnes zuvor noch einen warnenden Blick zuzuwerfen. Sie knickste und wollte gerade wieder den Raum verlassen.

»Halt!«, rief Friedrich da.

Sie verharrte mitten in der Bewegung, war wie erstarrt.

Er hob den Krug. »Bring uns noch einmal von diesem Wein. Er ist gar nicht mal so schlecht.«

Sie atmete tief durch, ging zum Tisch und griff nach dem Gefäß, das er ihr entgegenstreckte. Im gleichen Moment packte Friedrich mit der anderen Hand ihren Arm. »Ich habe doch recht mit dem, was ich gerade über dich sagte, oder, Agnes?«

Sie riss die Augen auf, unfähig, etwas zu erwidern.

»Du bist doch keine von denen, die lauschen und überall Geschichten herumerzählen?«

»Aber Herr, ich habe doch noch nie …«

Er ließ ihren Arm los und winkte ab. »Ach, vergiss es und bring uns den Wein.«

Sie knickste nochmals und rannte dann mehr, als dass sie ging, nach draußen. Die Tür fiel krachend hinter ihr ins Schloss.

»Verdammt, ich sehe schon Dämonen. Agnes ist seit so vielen Jahren bei mir.«

»Du kannst jetzt niemandem mehr vertrauen«, sagte Erhard, während Lorentz sich wieder auf seinen Platz setzte.

»Kann ich euch dann auch nicht mehr trauen?«, fragte Friedrich.

Es klang erschöpft, fast schon verzagt. Seine Freunde warfen sich einen Blick zu. Lorentz legte seine Hand auf Friedrichs Arm. »Du weißt, dass du immer auf uns zählen kannst.«

»Ja, ich weiß. Doch selbst im Traum verfolgt mich die Fratze von Molenarks mit dem Henker an seiner Seite. Sagt mir, was ich tun soll.«

Wieder ein rascher Blick zwischen Erhard und Lorentz. In all den Jahren hatten sie Friedrich noch niemals so hilflos erlebt. Sorge spiegelte sich in ihren Gesichtern wider.

»Ich denke«, sagte schließlich Lorentz und sah Friedrich an, »wir sollten hier nicht länger rumsitzen und warten, bis die Klosterhure überall ihre Geschichte zum Besten gibt. Wir warten noch, bis Thomas und Georg auf Isenberg eintreffen, und machen uns sodann wieder auf den Weg. Schon bald werden wir alle wieder hier zusammensitzen, und dieser von Molenark wird sich einen anderen suchen müssen, dem er den Mord in die Schuhe schieben kann.«

»Von Molenark«, brachte Friedrich zähneknirschend hervor. »Wer sagt denn, dass der feine Herr nicht selbst hinter dem Mord an seinem Vorgänger steckt?«

Ein Gefühl der Erleichterung machte sich bei Lorentz und Erhard breit, als sie den ihnen vertrauten, verschlagenen Gesichtsausdruck ihres Freundes bei diesen Worten bemerkten. Das war wieder der Friedrich, den sie kannten.

 

Agnes ließ sich zitternd auf den Schemel in der Küche plumpsen. Das war knapp gewesen. Sie versuchte, sich zu beruhigen, doch ihre Hände hörten nicht auf zu zittern. In diesem Moment betrat Fronica, eine schwangere Magd, den Raum.

»Ist dir nicht gut?«, fragte sie besorgt und kniete sich vor Agnes hin. »Du bist ja ganz bleich.«

»Nur ein Schrecken.« Sie deutete auf den Krug. »Füll rasch aus dem Fass dort Wein in den Krug und bring ihn in den großen Saal. Der Herr wartet.« Agnes überlegte, ob es klug war, sich dort oben nicht mehr blicken zu lassen. Andererseits, so ging ihr durch den Kopf, wäre sie nicht beim Lauschen ertappt worden und ihre Ausrede tatsächlich wahr, so hätte sie jetzt allen Grund, ihrem Herrn zu zürnen, und würde ihm durch das Schicken der Magd zeigen, dass sie sich ungerecht behandelt fühlte. Wie auch immer, sie konnte jetzt nicht in den Saal zurückgehen.

Der Krug war gefüllt. Eilig und ohne ein weiteres Wort verließ die Magd den Raum.

Agnes rieb sich die Arme. Ihr war eiskalt. Wie nur sollte sie sich unbemerkt fortschleichen, um von Molenark Nachricht zukommen zu lassen? Es würde auffallen, wenn sie schon wieder die Burg verließ. Besonders nach dem Zwischenfall von gerade eben wollte sie unter keinen Umständen erneut das Augenmerk ihres Herrn auf sich ziehen. Und schicken könnte sie niemanden. Es war auch so schon gefährlich genug. Fast glaubte sie bereits, den Strick zu spüren, der um ihren Hals gelegt und langsam zugezogen wurde. Eilig strich sie sich mit der Hand über die Kehle, als wolle sie sich vergewissern, dass dort kein Seil war. Wenn sie doch bloß schreiben könnte! Ihr Herr erhielt allenthalben Botschaften in einem hölzernen Behälter. Doch sie war bloß ein Weib, eine Haushälterin noch dazu. Verzweifelt vergrub sie ihr Gesicht in den Händen. Es war aussichtslos.

 

Kurze Zeit später kehrte Fronica in die Küche zurück. »Der Herr will, dass ein Schwein am Spieß gebraten wird.«

»Was?«

»Er will anscheinend ein Fest geben.« Fronica zuckte mit den Schultern.

»Wo soll ich denn jetzt so schnell ein ganzes Schwein herbekommen?« Hilflos streckte Agnes die Arme gen Himmel. Plötzlich verharrte sie mitten in der Bewegung und ließ die Arme wieder sinken. Das war doch die Gelegenheit!

»Ich muss mich auf den Weg zum Knochenhauer machen.«

»Du willst selbst gehen?« Fronica zog überrascht die Augenbrauen hoch.

»Na, dich kann ich ja schlecht schicken.« Sie deutete auf den runden Bauch der Magd. »Am Ende kriegst du dein Kind noch auf dem Weg dorthin.«

»Aber warum sagst du nicht einfach dem Hans Bescheid?«

»Damit am Ende ein Teil des Geldes in der Wirtschaft landet, er mit einer alten Sau zurückkommt und ich dann dem Herrn erklären darf, dass kein besseres zu bekommen war? Nein danke, da geh ich doch lieber selbst.«

»Dann nimm den Hans wenigstens mit, damit du die Sau nicht allein den Berg hinauftreiben musst.«

Agnes nickte. Vielleicht war es wirklich besser, zu zweit zu gehen. Ihn kurz loszuwerden dürfte nicht allzu schwer sein. Einer wie Hans war leicht mit einer Münze abzulenken.«

»Du hast recht. Sei so nett und gib ihm Bescheid, dass er sich bereithalten soll. Ich zieh mir nur noch rasch etwas an. Bei der Eiseskälte da draußen frier ich mir ja sonst noch die Zehen ab.«

Zusammen verließen sie die Küche. Agnes ging zu den Gesindestuben, während Fronica sich auf den Weg zu den Ställen machte.

 

Schweigend stiegen sie von der Burg ins Tal hinunter. Nur gelegentlich schimpfte Hans vor sich hin, wenn er auf dem eisigen Boden auszurutschen drohte. Er hatte das kleine Gelage, das er und zwei weitere Knechte am gestrigen Abend veranstaltet hatten, noch nicht verkraftet, und sein Kopf schmerzte ihn bei jedem Schritt.

»Was ist denn? Du schaust so mürrisch drein, als würdest du lieber den Stalldung fortschaffen.«

»Wenigstens wäre es bei den Tieren nicht so lausig kalt.« Er rieb sich die Arme.

»Sauf halt weniger, dann frierst du auch nicht so.«

Er lief rot an. »Wer sagt denn, dass ich gesoffen hätte?«

»Das braucht mir keiner zu sagen. Ein Blick in dein Gesicht reicht völlig.«

Hans grummelte etwas und schritt ein wenig schneller aus. »Dann eil dich wenigstens, sonst kriegst die Sau nicht mehr rechtzeitig zubereitet.«

»Ich werde meinen Teil der Arbeit schon schaffen.« Sie wollte noch etwas hinzufügen und ihn zurechtstutzen, besann sich aber eines Besseren. Wenn sie jetzt gar zu harsch mit ihm umginge, ihm aber nur wenig später großzügig einen Humpen spendierte, würde er womöglich misstrauisch werden.

Ohne noch ein weiteres Wort miteinander zu sprechen, erreichten sie die Ebene und querten fast trockenen Fußes die Furt. Der Fluss war an dieser Stelle gefroren, und Agnes eilte schon leichtfüßig über das Eis, als es plötzlich hinter ihr krachte und Hans einen lauten Schrei ausstieß. Schnell drehte sie sich um.

»Himmel, Hans, was ist dir denn geschehen?«

Er war mit dem linken Fuß eingebrochen und lag nun, nachdem er ihn aus dem Wasser gezogen hatte, der Länge nach auf der Eisfläche, wo ihm ein gotteslästerlicher Fluch entfuhr, während er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Sein linker Fuß war unnatürlich verdreht.

»Ah, tut das weh. Hilf mir, Agnes, sonst komme ich nicht wieder hoch.«

Sie streckte ihm die Hand entgegen und beugte sich noch weiter zu ihm hinab, so dass sie ihn unter den Achseln packen und nach oben ziehen konnte. Nur mit großer Anstrengung gelang es ihr, ihn wieder in eine halbwegs aufrechte Position zu bringen.

»Au, verdammt! Ich kann nicht auftreten!« Er verzog schmerzverzerrt das Gesicht.

Agnes stützte ihn, während er auf einem Bein auf die andere Uferseite hüpfte, wo er sich sofort wieder niedersinken ließ.

»Du musst Hilfe holen. Ich kann mich kaum bewegen.«

Hans war kreidebleich geworden. Der Schmerz stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

»Aber ich kann dich doch nicht hier sitzen lassen. Du holst dir ja den Tod.«

Sie sah sich nach etwas um, das Hans halbwegs Schutz bieten könnte, vermochte aber nichts zu entdecken.

»Was meinst du, schaffst du’s, wenn ich dich stütze und du auf einem Bein hüpfst? Dann wärst du wenigstens in Bewegung und würdest nicht am Boden festfrieren.«