Pit! Sieben Kreuze - Pit Boston - E-Book

Pit! Sieben Kreuze E-Book

Pit Boston

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Beschreibung

Dies sind die Geschichten des kleinen, aber doch schon ziemlich erwachsenen Jungen Pit, der in einer wirklich schönen Stadt lebt, in Holiday. Allerdings könnte er auch überall auf dieser Welt leben. Denn die Abenteuer, die er so durchstehen muss, könnte es auch anderswo geben. Diesmal tauchen äußerst merkwürdige Kreuze auf. Es sind sieben an der Zahl und niemand kann sich erklären, was es damit auf sich hat. Ein Zauber oder nicht, Pit scheint der einzige zu sein, der diesem Geheimnis auf die Spur kommt. Doch kaum hat er das herausbekommen, tauchen auch schon weiße Pferde, seltsame Kartoffelpflanzen und äußerst ominöse Kokosnüsse auf. Pit hat alle Hände voll zu tun, wobei er auch noch in die Schule gehen muss. Seine Lehrerin -Mrs. Clearwater- aber kennt ihren Schüler und weiß, dass er Abenteuern gegenüber äußerst aufgeschlossen gegenübersteht. Und deswegen verwundert es auch nicht mehr, dass eines Tages ein Schüler aus seiner Schule vermisst wird. Wer jetzt allerdings glaubt, dass es nicht noch mehr Chaos geben könnte, der irrt gewaltig. Denn bei Pit überstürzen sich die Ereignisse. Und am Ende muss er die Bekanntschaft mit bösen Terroristen machen! Wird noch alles gut werden? Ihr erfahrt es in diesem Buch.

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Seitenzahl: 222

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Design & Layout: Pit Boston

Alle Stories sind frei erfunden

Inhaltsverzeichnis

Sieben Kreuze

Weißes Pferd

Das Testament

Lichtstrahl

Station 47

Der Wolf

Halloween

Der Kater

Giftfässer

Blutspende

Falsche Zeit

Vermisst

Umweg

Geheime Akten 1 & 2

Raben

Die Brille

Mysteriöses

Die Kartoffelpflanze

Sonnenfinsternis

Vorahnung

Bermudadreieck

Hypnose

Kommissar Pit

Die Kokosnuss

Die verrückte Reise

Eine neue Lehrerin

Abendsterne

Regenbogen

Die Terroristen 1 & 2

Sieben Kreuze

Der kleine Pit aus Holiday war mal wieder auf Abenteuerjagd. Doch so sehr er sich auch mühte, er fand einfach keines.

So wurde er ziemlich traurig und setzte sich auf einen Stein, der auf einer kleinen Wiese vor dem Friedhof lag und schwarz getüncht war.

Plötzlich glaubte er, Stimmen zu hören. Neugierig, aber auch ein wenig irritiert drehte er sich nach allen Seiten um. Aber in dieser kleinen Seitenstraße war kein Mensch zu sehen, der hätte etwas sagen können. Pit wusste nicht, was er tun sollte und schloss für eine kleine Weile die Augen. Aber da waren sie wieder, diese Stimmen. Pit riss die Augen wieder auf und sprang von dem schwarzen Stein. War er schon verrückt geworden, dass er irgendwelche Stimmen hörte, die gar nicht da waren? Das konnte – nein – das durfte nicht sein! Aber dann raunten sie wieder und nun glaubte Pit, zu verstehen, was sie sagten.

„Gehe auf den Friedhof hinter dir. Dort stehen sieben Kreuze nebeneinander, du kannst sie nicht verfehlen. Sie stehen exakt in einer Reihe und haben unterschiedliche Farben. Es sind die Kreuze der Verfluchten, die erlöst werden müssen. Niemand hat das je getan und so stehen sie seit hundert Jahren einfach nun so da. Bitte hilf den Toten, damit sie endlich von diesem fürchterlichen Fluch erlöst werden.“

Pit war zwar noch immer irritiert, denn Stimmen dieser Art hatte er wahrlich noch nie gehört. Aber dann sah er den Friedhof, der sich gleich neben der Straße erstreckte und lief los. Die vielen Bäume hüllten die riesige Anlage in ein gespenstisch düsteres Licht. Er musste schon ziemlich lange zwischen all den vielen Gräbern suchen, bis er endlich die sonderbar gleichmäßig angeordneten sieben Kreuze entdeckte. Sie waren wirklich ausgerichtet, als hätte man ein Lineal dazu verwendet – es sah schon irgendwie komisch aus. Und sie hatten auch unterschiedliche Farben, genau, wie es die sonderbare Stimme verkündet hatte. Eines war blau, das andere gelb, eines blau, eines grün, eines rot, das andere schwarz und das siebte schließlich schlohweiß. Tja, da stand Pit nun und wusste eigentlich gar nicht, wie er die vermeintlichen Flüche, mit welchen die Toten, die wohl in der Erde unter den Kreuzen lagen, zerstören sollte. Aber da meldete sich die Stimme, die ihn wohl beobachtet hatte.

Sie flüsterte diesmal ganz leise, so, als wenn sie die Totenruhe nicht stören wollte. „Die sieben Menschen waren keine besonderen Leute, sie hatten einfach Jobs und drei von ihnen waren ganz ohne Arbeit. Aber sie hatten ein gutes Herz und starben an bösartigen Krankheiten. Sie wollten vielleicht nicht viel, doch eine böse dicke Frau mochte sie nicht. Sie verfluchte alle sieben mit gemeinen Schuldzuweisungen. Die sieben Flüche sind: Geldgier, Hass auf Andersdenkende, Krankheit, Falschheit, Gottesleugnung, Krieg und der falsche Lebensweg! Du musst die Flüche zerstören, komm, fang an!“

Als die Stimme verstummte, wurde es still, sehr still, beinah zu still. Pit wusste wirklich nicht, wie er all diese Flüche zerstören konnte, immerhin war er zu schwach, diese Welt, die ganz sicher nicht immer schön und toll schien, zu verändern. Das konnte er nun wirklich nicht! Also, wie sollte er dann diese Flüche zerstören? Das ging nun wirklich nicht!

Traurig trottete er den endlosen und schnurgeraden Friedhofsweg unter den düsteren Bäumen einher und dachte an seine liebe Mami, den Papa und an Mrs. Clearwater, seine Lehrerin, die eigentlich immer einen Rat wusste. Aber würden ihm seine Lieben auch hier helfen können? Musste er hier nicht selbst agieren, sich selbst etwas einfallen lassen? Wie sollte das nur gehen?

Wie er so lief, gar nicht bemerkte, dass er den Friedhof längst hinter sich hatte, vernahm er plötzlich lautes Geschrei. Mittlerweile war er in einem Stadtteil angelangt, in welchem man sich nicht so gern aufhielt, denn hier regierte die Gewalt, die Armut und der Hass. Eine Gruppe junger Männer, die ziemlich schräge Kleidung trugen und bunte Haare hatten, stritt sich lautstark.

Als Pit an ihnen vorübergehen wollte, begannen sie, den kleinen Jungen anzupöbeln. Pit wollte eigentlich gar nicht reagieren, doch dann blieb er stehen. Er wusste nicht so recht, warum er das tat, aber er tat es. Und er begann zu sprechen: „Na, da habt Ihr ja Glück, dass Ihr mich getroffen habt. Ich bin aber noch klein und kann mich nicht wehren. Trotzdem sage ich es Euch ganz ehrlich, dass ich es nicht gut finde, wenn Ihr andere Leute beschimpft. Schaut, Ihr seid ja selbst nicht mal friedlich. Solltet Ihr das mal sein, dann sind Euch die anderen Leute egal und Ihr lebt ruhiger.“ Die jungen Männer schauten sich irritiert an. Sie wussten wohl mit soeben Gehörten nichts anzufangen. Man konnte deutlich sehen, dass sie mit einer solchen Reaktion des kleinen Pit nun wahrlich nicht gerechnet hatten. Dann rief einer: „Ja, der Kleine hat recht! Wir müssen uns vertragen, dann kann uns keiner mehr!“ Und ehe sich Pit versah sprangen sie um ihn herum und luden ihn ein, mit bei ihnen zu stehen und sich mit ihnen zu unterhalten.

Pit wollte das eigentlich nicht, aber dann sah er die lachenden Gesichter und war froh, dass alles so glimpflich abgegangen war. Er blieb stehen und unterhielt sich mit den Männern über alles Mögliche und war irgendwie richtig glücklich, dass er Frieden unter den Fremden bringen konnte. Schließlich verabschiedete er sich und lief frohen Mutes weiter.

Wie er plötzlich in den Park gekommen war, wusste er gar nicht. Jedenfalls standen überall leicht bekleidete Damen herum, die überdies sehr stark geschminkt waren. Sie liefen am Bordstein auf und ab. Und irgendwann rief eine: „Na Kleiner, Du willst wohl auch mal? Bist Du nicht noch zu jung dafür?“ Pit blieb stehen und schaute die dünne Blondine an. Die junge Frau hatte Mühe, auf ihren hochhackigen Schuhen zu stehen, balancierte immer wieder auf dem Bordstein herum und setzte sich schließlich vor Pit auf den Bürgersteig. „Ach Kleiner“, sagte sie dann, „wenn Du mal so lange hier auf der Straße anschaffen gehst, dann weißt Du, wie hart das Leben sein kann. Geld gibt’s kaum noch und das Leben ist teuer, zu teuer eben!“ Pit verstand das zwar, aber auch wieder nicht so recht.

Und dann wusste er, wo er sich befand. Es war eine Straße, von der man sagte, dass dort Damen für Geld mit Männern ins Bett ... nun ja. Sollte das wirklich Liebe sein? Pit wusste es nicht so genau. Doch er verspürte auf einmal Mitleid mit den Frauen. Er konnte es sich nicht vorstellen, ein solches Leben zu führen. Er war ja auch in einem behüteten Elternhaus aufgewachsen, und sein Papa kam mit seiner Zauberwolke und half ihm, wenn´s mal schwer wurde. Aber diese Frauen hier – wer half denen denn, wenn sie nicht mehr weiterwussten? Er musste weinen und die junge Frau tröstete ihn.

„Weine nicht Kleiner, so schlimm ist es ja nun auch wieder nicht. Man muss halt sehen, wo man bleibt.“ Pit meinte, dass man Liebe nicht kaufen könnte, denn seine Mami liebte ihn auch ohne Geld. Und er wünschte der Fremden, dass sie Liebe finden könnte, weil sie auch liebenswert ist. Ja, Pit mochte sie und lächelte sie mit seinen tränenverschmierten Augen an. Die junge Frau verstand das und danke ihm für die aufmunternden Worte. Aber dann meinte sie, dass sie weiterarbeiten müsste, weil Zeit immerhin Geld bedeutete.

Pit verabschiedete sich, winkte ihr noch einmal zu und lief weiter. Eigentlich wollte er nach Hause gehen, aber dann entdeckte er eine furchtbar dicke Frau, die allein auf einer Bank saß. Als sie Pit erblickte, winkte sie ihm zu und bedeutete ihm, zu ihr zu kommen. Arglos lief Pit zu der fremden Frau und setzte sich neben sie auf die Bank. Schon bald aber spürte er, dass diese dicke Frau böse und gemein war. Ihre Äußerungen über fremde Menschen, über Arme, Drogenabhängige und Kranke war überheblich und anmaßend. „Die müssen nur mal richtig arbeiten, diese faulen Arbeitslosen“, so schimpfte sie in einem fort. Pit wollte sich die Ohren zuhalten, aber da fiel ihm ein, was die Stimme zu ihm gesagt hatte. Es war eine dicke böse Frau, welche die sieben Menschen, die auf dem Friedhof lagen, verflucht hatte. So zwang sich Pit ein Lächeln ab und tat so, als wenn er den Flüchen der Dicken zustimmte. Insgeheim jedoch hatte er einen anderen Plan.

Und es war, als würde jemand seine geheimsten Wünsche enträtseln können, als auf einmal die Silberwolke des Papas über ihm schwebte. Die Dicke schien nichts bemerkt zu haben, sie schimpfte und fluchte und sah augenscheinlich keinen Grund, damit aufzuhören. Irgendwann wollte sie auch den kleinen Pit verfluchen. Doch der fiel ihr einfach ins Wort und sagte: „Wenn Sie Lust haben, kommen Sie doch mal mit. Ich weiß einen Ort, wo wir zusammen so richtig fluchen können!“ Die Dicke wurde still und dann lachte sie schrill auf. Es hörte sich an, als wenn sie der Satan persönlich sei, doch dann erhob sie sich stöhnend und trottete los. „Na los, komm schon, ich will jetzt dorthin, wo Du hinwolltest! Da können wir richtig fluchen!“ Pit sprang von der Bank und zwinkerte seinem Papa in der Zauberwolke zu. Den konnte die Dicke ja nicht sehen, aber er folgte den beiden in angemessenem Abstand.

Als sie schließlich vor dem Friedhof standen, wunderte sich die Dicke. „Was denn, hierher willst Du, zum Friedhof? Na, Du tickst ja auch nicht ganz richtig. Aber wie Du willst, dann fluchen wir halt auf dem Friedhof, hahaha!“

Immer stiller und immer düsterer wurde es und Pit wusste längst nicht mehr, ob sein Entschluss der richtige war. Doch dann sah er die silberne Zauberwolke zwischen den Bäumen und er wusste, dass es doch richtig war. Die Dicke hingegen stöhnte und schwitzte fürchterlich. Offensichtlich strengte sie der Weg sehr an. Trotzdem hörte sie einfach nicht auf mit ihrem Schimpfen und ihrem Fluchen. Nichts schien ihr zu gefallen: die Welt nicht, die Menschen nicht und Pit schon gleich gar nicht. So richtig böse zog sie schließlich auch über den kleinen Jungen her.

Vor den sieben Kreuzen blieb Pit stehen und schwieg. Die Dicke wischte sich den Schweiß von der Stirn und schimpfte gleich wieder los: „Was soll ich denn hier bei den Toten? Die haben es eh hinter sich! Ach, Du bist wirklich komisch, mich hierher zu schleppen!“

Pit jedoch schaute zu den Kreuzen und da geschah etwas Unglaubliches. Über den Kreuzen erschienen plötzlich Silhouetten. Es waren die Silhouetten der Menschen, die in den Gräbern lagen. Die Dicke bekam einen solchen Schrecken, dass sie davonrennen wollte. Doch aus irgendeinem Grund konnte sie sich einfach nicht mehr bewegen. Wie angewurzelt stand sie vor den Kreuzen und starrte auf die durchsichtigen Silhouetten der schwebenden Toten.

Doch so tot schienen sie gar nicht sein, denn plötzlich begannen sie zu sprechen. Sie sprachen im Chor und ihre Stimmen hörten sich monoton und eiskalt an: „Das ist die böse dicke Frau! Sie wird hier nie wieder fortkommen. Sie wird hier sterben, denn sie hat uns einst verflucht. Sie wohnte einst in unserem Haus und denunzierte uns, beschimpfte uns, verfluchte uns. Jetzt ist der Tag der Abrechnung gekommen. Nun wird auch sie verflucht!“ Die Dicke wollte etwas sagen, doch auch ihre Stimme versagte. Sie konnte nicht mehr sprechen, stand wie gelähmt vor den Kreuzen und starrte auf das entsetzliche Geschehen vor sich, als wenn sie auf ihre eigene Hinrichtung wartete. Dicke Schweißperlen standen ihr auf der Stirn und ihr Zittern konnte Pit sogar in dieser Dunkelheit noch sehen.

Die Stimmen hörten sich wirklich auch sehr gruselig an und immer wieder wiederholten sie die Sätze: „Jetzt wirst Du für alles büßen. Du wirst den Hass, das Leid, die Falschheit, den Krieg und das falsche Zeugnis nun selbst erleben. Und Du wirst Dich nicht wehren können. Denn Du bist fett und unansehnlich, langsam und träge, schwitzt zu schnell und japst nach Luft! Du bist selbst ein Wrack und tust nichts, dass Du selbst wieder zufriedener wirst! Du bist der letzte Dreck und wirst heute sterben!“ Pit, der das alles mit anhörte, wurde nun klar, dass er jetzt handeln musste. Denn immerhin war diese dicke Frau noch immer ein Mensch, auch, wenn sie böse und gemein war. Dennoch sollte sie nicht sterben. Sie sollte leben und ihr Schicksal ertragen, ihr Leben vielleicht auch ändern, wenn sie das noch schaffte. Und so rief er laut: „Halt!“

Die Dicke erschrak noch mehr und die Stimmen verstummten sofort. Pit schaute sich um, doch es war niemand zu sehen. Nur Papas Zauberwolke schwebte über den Baumwipfeln. Nur zeigen wollte sich sein Papa einfach nicht, warum denn nur? Pit sprach einfach weiter und er wusste nicht mehr so genau, ob das, was er tat, noch richtig war: „Ihr könnt Euch nicht so rächen, wie diese Frau sich an Euch ausgetan hat. Das geht nicht. Auch sie hat eine zweite Chance verdient! Ich habe eine Idee – wie wäre es denn, wenn sie Eure Gräber pflegt. Dann zeigt sie, dass sie etwas tun will, noch Liebe empfinden kann und nicht nur schimpft und flucht!“

Zunächst blieb es noch still, aber dann hoben die Stimmen zu sprechen an: „Gut, dann soll das so sein. Aber wenn sie nur einmal ihre Aufgaben vernachlässigt, holen wir sie sofort hierher!“ Kaum hatten die Stimmen aufgehört zu reden, konnte sich die Dicke auch wieder bewegen. Sie konnte auch wieder sprechen und wollte schon mächtig schimpfen und fluchen. Da hielt ihr Pit schnurstracks den Zeigefinger auf den Mund und zischte: „Still, nichts sagen, sonst ist es wirklich vorbei!“ Die Dicke verstand das Zeichen und hielt ihren Mund. Pit nickte ihr zu und sie verstand auch das, sagte schließlich zähneknirschend, dass sie alles genauso tun werde, wie es ihr angeraten wurde. Und sie begann sofort, das Unkraut von den sieben Gräbern zu zupfen.

Alles wäre wohl gut gegangen, wenn sie noch tief in ihrer Seele noch immer schwarz und böse geblieben wäre. Heimlich und von Pit unbemerkt sann sie schon wieder nach Rache und Vergeltung, tat aber so, als wenn sie sanftmütig und gut geworden wäre. Und noch immer schwebte die silberne Zauberwolke über den Wipfeln der düsteren Bäume und der Papa zeigte sich einfach nicht. Pit spürte, dass da irgendetwas nicht stimmte und er betrachtete sich die dicke Frau. Er beobachtete sie, wie sie den schönen Schein einer besorgten Frau mimte und sich nach den Unkrautpflanzen bückte. Und da erkannte er, dass das alles gar nicht ehrlich war. „Du tust nur so, Du meinst es gar nicht ehrlich“, rief er dann und lief einfach los. Er wollte nichts mehr von der Dicken wissen und verließ den Friedhof unter wildem Gestikulieren. Die Dicke sah das und begann wieder mit ihrem Schimpfen und Fluchen. Da fuhren aus allen sieben Gräbern dicke rote Blitze auf die dicke Frau hernieder. Die konnte sich nur noch auf den schlammigen Boden werfen und ausharren, was noch passierte. Doch es geschah nichts. Denn es war die Zauberwolke, die sich zwischen sie und die roten Blitze geschoben hatte. Und nun sah auch die Dicke, was da über ihr schwebte. Sie erschrak natürlich fürchterlich und wusste plötzlich, dass sie durchschaut war. Ihr falsches Zeugnis und ihre Lügen waren enttarnt und sie wusste, dass sie wohl schon bald sterben müsste. Doch es war nur Pits Papa, der vor ihr erschien und lächelnd sagte: „Du musst schon tun, was Du sagst, sonst kommst Du nicht weiter in Deinem Leben! Du musst zu dem stehen, was Du sagst und nicht etwas sagen und innerlich hassen und fluchen! Damit wirst Du Dir nur selbst schaden, glaube mir!“ Die Dicke wollte etwas sagen, aber der Papa wiegte nur seinen Kopf hin und her. Dann sagte er: „Sagen brauchst Du gar nichts mehr, denn keiner wird Dir noch ein einziges Wort glauben. Du bist in Deinem Herzen böse und alles, was Du sagst, ist Lüge. Handele ehrlich und sage nichts, was Du gar nicht zu halten gedenkst, nur dann wirst Du es schaffen! Und nur so wird es was, glaube mir!“ Damit verschwand der Papa, und auch seine silberne wundersame Zauberwolke. Aller Zauber schien wie weggeblasen und auch die sieben Kreuze waren nicht mehr da. Die Dicke erhob sich aus dem Dreck und schaute an sich herab. Kopfschüttelnd kehrte sie sich den Schmutz von der Kleidung und von ihren Händen. Dann holte sie tief Luft und klaubte das Unkraut vom Weg, welches sie vor lauter Schreck weggeworfen hatte. Sie brachte es zu einem Komposthaufen, der am Wege war und flüsterte: „Ich mache es anders, jetzt und ab sofort! So kann es wirklich nicht weitergehen!“ Dann lief sie los und verschwand im Dunkel des Friedhofgeländes.

Wenn die Welt auch düster scheint

Mancher Tag nur schimpft und weint

Wenn die Sonne kalt, nicht warm

Wenn nur zittert Hand und Arm

Schau, wie neues Leben keimt

Wie dein Herz bald nicht mehr weint

Dann fühlst dich nicht mehr arm

Aller Hass fällt schnell von dir

Du bist klug und richtig hier

Alle Sonne strahlt und lacht

Ja, du hast es gut gemacht

Keine Tränen nachts ´gen 4

Suchst nach einem neuen „Wir“

Hast dir Liebe beigebracht

Am nächsten Morgen musste Pit ja wieder in die Schule fahren. Doch sein Fahrrad schien an diesem Tag einen anderen Weg einschlagen zu wollen. Es bog einfach in die schmale Seitenstraße ab, wo der Friedhof lag. Es radelte bis vor die Stelle, an welcher am Vortag noch die sieben Kreuze standen. Diesmal war es eine leere Wiese, die arglos zwischen den Bäumen ruhte. Und welch Wunder, da entdeckte Pit die dicke Frau, die ganz anders aussah als gestern noch. In einem grünen Arbeitsdress arbeitete sie zusammen mit den anderen Friedhofsangestellten zwischen den Gräbern, harkte fleißig den weißen Kies und zupfte aufopferungsvoll das Unkraut aus den Grabstellen heraus. Als sie Pit bemerkte, winkte sie ihm zu und lächelte ein wenig dabei. Pit freute sich, denn er wusste, dass die letzte Nacht wohl doch etwas gebracht hatte. Offenkundig war aus der bösen dicken Frau über Nacht ein arbeitsamer Mensch geworden, der aus seinen Fehlern gelernt zu haben schien. Als sie dann noch zu Pit herüberrief: „Die haben mir einen Nebenjob angeboten“, nickte Pit nur und fuhr schließlich zufrieden davon.

Was er nicht sehen konnte, waren sieben Kreuze, die für einen kurzen Augenblick auf der Wiese zwischen den Bäumen erschienen und in allen Farben funkelten. Möglicherweise hatten sie der dicken Frau verziehen. Und zwei Worte verschwammen wie Federwolken am Himmelszelt, welche auch die Dicke bemerkte. Es waren die Worte, die jeder verstand, die jeder brauchte und die jeder tief in seinem Herzen trug, egal, wie er so war in seinem Leben. Es waren die Worte, die alle Menschen vereinten: Liebe und Hoffnung.

Weißes Pferd

Der kleine Pit aus Holiday wusste manchmal nicht so genau, ob er für immer in Holiday bleiben sollte. Seine Mami aber meinte dann immer, dass man irgendwann schon genau wüsste, wohin man gehörte. Pit allerdings verstand das nicht so recht, wollte hinaus in die Welt und war neugierig auf den noch so kleinsten See. Die Hauptsache war, dass der so richtig weit entfernt von daheim lag.

Und so nahm er sich vor, mit dem Fahrrad irgendwohin zu radeln, nur um herauszufinden, wo die wahre Heimat lag. Die Mami genehmigte ihm einen Tag und am Abend sollte er unbedingt wieder Zuhause sein. Pit versprach es ihr hoch und heilig und fuhr mit seinem vollgepackten Rucksack davon. Die Mami schaute ihm ein wenig traurig hinterher, denn sie befürchtete, ihr kleiner Sohn könnte sich verfahren oder gar anderswo eine neue Heimat finden. Aber sie wusste auch, dass Pit immer wieder heimkommen würde, denn er liebte ja seine Mami, so wie sie ihn liebte. Weinend ging zu Mrs. Clearwater, die ja gleich nebenan das Grundstück besaß und vertraute sich ihr an. Mrs. Clearwater aber tröstete sie und meinte, dass da gar nichts passieren würde. Pit hingegen pfiff sich ein lustiges Lied und entfernte sich immer weiter von Zuhause und von den Holiday-Hills. Lange schon konnte er sie nicht mehr sehen, da ging ihm auf einmal die Puste aus. Sofort legte er eine Rast ein und stärkte sich. Da sah er ein weißes Pferd, welches über die Wiese lief. Es hatte silberne Schwingen und Pit staunte, denn so etwas hatte er noch nie zuvor gesehen. Er glaubte, dass dieses Pferd vielleicht einem Zirkus gehörte, der irgendwo in der Nähe seine Zelte aufgeschlagen hatte. Doch offenbar schien es niemandem zu gehören. Denn es kam ihm sehr nahe und fraß vom saftigen Gras, gleich neben Pit. Der wollte unbedingt weiterfahren, denn er hatte ja noch viel vor. Und so packte er alles wieder zusammen, schwang sich auf seinen Drahtesel und brauste davon. Doch es war ganz seltsam. Egal, wo er sich gerade befand, ob auf einer Brücke oder im tiefsten Wald, das weiße Pferd lief stets hinter ihm her. Es schien ihn wohl zu mögen und begleitete ihn, wohin er auch fuhr. Und legte Pit eine Rast ein, dann blieb auch das Pferd stehen und stellte sich nicht weit von ihm ins Gras. Pit fand das so toll, dass er sich mit dem Pferd anfreundete. Er streichelte es und er gab ihm Gras, welches er vorher mühevoll abgerissen hatte. Und das Pferd wieherte ganz laut und sprang froh um ihn herum. So etwas hatte Pit wirklich noch nie erlebt und er fühlte sich seltsamerweise nicht allein oder gar einsam bei diesem Pferd. Ja, er fühlte sich sogar irgendwie sicher in dessen Gegenwart. Plötzlich allerdings wusste Pit nicht mehr weiter. Er stand an einer großen Kreuzung und wusste nicht, in welche Richtung er fahren sollte. Er entschied sich für eine schmale Straße, die mitten durch einen dichten Wald führte. Natürlich war das weiße Pferd mit dabei. Und so fuhr er stundenlang durch den Wald und wunderte sich schon, dass kein Mensch und auch kein Auto mehr zu sehen war. Es gab kein Haus und kein Leben mehr- er war ganz allein auf weiter Flur. Außerdem gingen ihm so langsam die Kräfte aus. Dennoch wollte er wissen, ob er an dieser Stelle, die ganz bestimmt schon weit genug von daheim entfernt war, ein neues Heimatgefühl in sich fühlen konnte. Er legte sein Fahrrad ins Gras und lehnte sich an einen dicken Baum. Gelangweilt blinzelte er durch das üppige Blätterdach über sich und wartete auf irgendein Zeichen. Doch so sehr er sich auch konzentrierte, er bekam es nicht. Die Minuten vergingen und wurden zu endlosen Stunden.

Doch er fühlte einfach nichts, nur Leere und Müdigkeit. So langsam wurde ihm kalt und er fühlte sich auch gar nicht mehr so gut. Irgendwie bemerkte er so ein seltsames Kneifen im Magen und sein Herz wurde immer trauriger. Was konnte das nur sein? Ihm gefiel es gar nicht mehr in dieser einsamen Wildnis. Und so wollte er schnellstens wieder umkehren. Auch das weiße Pferd war nirgends mehr zu sehen. Vielleicht war es weiter galoppiert? Pit wusste es nicht, stieg auf seinen Drahtesel und wollte wieder nach Hause. Doch da sah er die große Kreuzung und wusste nicht mehr, wo er hergekommen war. Bis zur Kreuzung kam er ja noch aber wo ging es nach Hause? Leider kam auch niemand vorbei, den er hätte fragen können. Er kramte sein Handy aus der Hosentasche und wollte seine Mami anrufen. Doch irgendwie bekam sein Telefon einfach kein Netz. Er schüttelte das Handy hin und her und schimpfte ganz laut: „Nein, das darf doch nicht sein!“ Er hatte seiner Mami ganz sicher versprochen, dass er auf jeden Fall am Abend wieder Zuhause sei. Und nun?

Niedergeschlagen schob er sein Fahrrad bis zur Kreuzung und setzte sich ins Gras. Nicht ein einziges Fahrzeug kam vorbei, das er vielleicht hätte anhalten können, nichts! Nur der Wind frischte mehr und mehr auf. Und plötzlich musste er an seine Mami denken und an all das, was sie alles schon zusammen erlebt hatten. Er sah auch seine Lehrerin, Mrs. Clearwater, die immer so nett zu ihm war. Ja, alle in Holiday waren lieb zu ihm.

Und nun saß er hier draußen fest und kam nicht weg. Langsam wurde es dunkel und Pit klapperte bereits vor Kälte mit den Zähnen. Zu essen hatte er längst nichts mehr und schließlich trank er auch noch den letzten Rest aus seiner Limonadenflasche. Da schnaufte plötzlich jemand laut hinter ihm. Erschrocken fuhr er herum und schaute erstaunt in die großen schwarzen Augen des weißen Pferdes. „Wie schön“, rief er laut, „Du bist endlich wieder da!“ Das Pferd schien ebenfalls nach ihm gesucht zu haben. Es stupste den kleinen Jungen mit seiner Schnauze an. Und endlich verstand Pit das Zeichen. Er sollte wohl aufsteigen und mit ihm reiten. Aber er konnte doch gar nicht reiten. Und was sollte mit dem Fahrrad werden? Da zog ihn das weiße Pferd behutsam von hinten an der Jacke, so dass er gar nicht anders konnte, als mit einem riesigen gewagten Sprung auf den Pferderücken zu springen. Das Pferd half natürlich gehörig nach und schon saß Pit auf dem weißen Pferd. Das breitete seine silbernen Schwingen weit aus und erhob sich plötzlich in den dunklen Abendhimmel hinein. Ja, es flog und Pit lachte laut und freute sich, die leuchtenden Straßen nun von oben sehen zu können. Es dauerte gar nicht lange, da sah er die vertrauten Holiday-Hills unter sich. Sogar sein Haus konnte er schemenhaft in der Dämmerung erkennen. Ob die Mami schon auf ihn wartete?

Ganz vorsichtig und unbemerkt landete das Pferd im Vorgarten und half Pit beim Absteigen. Mann, war das eine tolle Reise! So etwas Verrücktes hatte Pit wirklich noch nie erlebt. Da entdeckte er irgendetwas im Gras. Es war sein Fahrrad. Das weiße Pferd musste es irgendwie mitgenommen haben. Komisch, dass er gar nichts davon bemerkt hatte. Er wollte sich bei dem Pferd bedanken und streichelte ihm über die seidenglatte Mähne. Das Pferd wieherte noch einmal laut auf bevor es sich in die Lüfte erhob und schnell in der Dunkelheit verschwand. Pit stellte sein Fahrrad in den Schuppen und ging zu seiner Mami ins Haus. Die hatte seltsamerweise schon das Abendessen zubereitet und ganz liebevoll den Tisch gedeckt. Lächelnd stand sie in der Tür und sagte leise: „Und mein Sohn, weißt Du nun, was Heimat ist?“ Pit, der das gute, wärmende Gefühl tief in seinem Herzen deutlich spürte und sich wieder gut aufgehoben und