Sunny - Der Mord - Pit Boston - E-Book

Sunny - Der Mord E-Book

Pit Boston

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Beschreibung

Kennt Ihr die Maus vom Leland-Way oder vielleicht einen etwas übereifrigen 3-D-Drucker? Turbulent geht es her, denn Sunny begibt sich auf die Reise in die Hauptstadt der Country-Musik, nach Nashville! Was er dort erlebt, erfahrt Ihr in diesem Buch. Allerdings gibt ein mysteriöser Mord große Rätsel auf. Schließlich müssen die Olympischen Spiele in Los Angeles ausgestaltet werden. Am Ende entsteht eine total verrückte Rutsche auf einem noch viel verrückteren Spielplatz. Wird Sunny hinter all die vielen Geheimnisse kommen und die vielen spannenden Abenteuer meistern?

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Seitenzahl: 207

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Design & Layout: Pit Boston

Alle Stories sind frei erfunden

INHALT

Weiße Taube

Überfall

Das Feuer

Der magische Hydrant

Der rätselhafte Pfeil

Sunny, der Tramper

Die Partnervermittlung

Sunny und das Kinderheim am Lillian-Way

Erdrutsch

Die Seilbahn

Der Doppeldecker

Der 3-D-Drucker

Der Mord

Der Dieb

Kleine Lampe

Alles Pillen

Der verhexte Fingerhut

Die Maus vom Leland-Way

Sunny in Nashville

Sunny im Netz

Olympische Spiele

Die verrückte Rutsche

Weiße Taube

Der kleine Sunny aus Hollywood träumte immerzu von einem ganz großen Ding, einem total verrückten Abenteuer vielleicht, einer Sache, die so riesig war, dass er sie eigentlich gar nicht beschreiben konnte. Aber was konnte das nur sein? Hatte er in der Vergangenheit nicht schon so viel erlebt, dass alles groß und riesig war? Er wusste das, aber er hatte das Gefühl, dass da noch eine Menge fehlte. Und deswegen radelte er mit seinem nigelnagelneuen weißen Fahrrad quer durch Hollywood und suchte nach diesem großen Etwas, von dem er noch gar nicht wusste, was es sein könnte. Manchmal blieb er stehen und beobachtete die Menschen. Das allein schien ihm schon sehr spannend zu sein, denn die Leute hatten immer irgendwas an sich, das großartig oder gar toll war. Aber das richtig große Ding, nein, das fand er dort nicht. Vielleicht könnte es die Sonne dort oben am Himmel sein? Die war doch wirklich unglaublich groß, aber dorthin kam er ja nicht. Erstens, weil sie viel zu heiß war und überhaupt, sie war einfach nicht der richtige Ort zum Leben! Und die Schule? Eigentlich war es ja schon toll, dass er dort so gute Noten hatte. Mrs. Simms war ja sehr stolz auf ihn, hatte er ihr in der Vergangenheit doch immer wieder recht aberwitzige Streiche gespielt. Natürlich, auch die waren, wenn man es so wollte, ziemlich groß. Aber stolz konnte er darauf wahrlich nicht sein.

Schließlich die mutige, aufregende Reise zum Mars, und die Sterne auf dem Hollywood-Boulevard, ja, die waren da schon etwas völlig anderes. Und das war wirklich etwas Riesengroßes! Immerhin hatte er die ja nicht umsonst erhalten, sondern weil er wirklich große Talente besaß und die auch jedem zeigen konnte. Aber sonst – war das wirklich schon alles?

Wie er so radelte, fiel ihm gar nicht auf, dass er sich längst in einer schmalen Seitenstraße befand, die so langsam ins Nirgendwo mündete. Die wenigen Häuschen blieben im Dunst des hellen Sommertages zurück, und die Straße verwandelte sich in einen steinigen Holperweg, der von dichten Bäumen und grünen Wiesen eingegrenzt wurde. Das Fahrradfahren machte hier wahrlich keinen Spaß mehr, weil es gar so rüttelte und schüttelte, doch umkehren wollte er auch nicht. Immerhin empfand er die Ruhe und den Duft von Moosen und Blumen sehr wohltuend. Irgendwann hielt er an und lehnte das Fahrrad an einen dicken Baum. Niemand war zu sehen, auch kein Auto fuhr vorüber, nicht einmal ein Windhauch verfing sich in den Blättern der Bäume, nichts. Nur er war hier, sonst keiner. Nachdenklich setzte er sich ins hohe Gras am Wegesrand und schaute auf seine silberne Armbanduhr. Es war nachmittags halb 4, und eigentlich hätte er ja seine Hausaufgaben erledigen müssen. Immerhin war er in Mathematik nicht gerade die allergrößte Leuchte, aber er hatte einfach keine Lust zum Lernen.

Da ertönte auf einmal ein leises Gurren, und als er in den Baum, an dem er lehnte, schaute, entdeckte er eine weiße Taube. Mopsfidel sprang sie von Ast zu Ast und schaute dann immer wieder neugierig zu ihm herab. Er fand sie lustig und rief: „Komm zu mir und wir spielen ein wenig!“ Doch plötzlich war sie weg, und Sunny setzte sich ins Gras zurück, tuschelte: „Na dann eben nicht“, während er sich die Augen rieb, weil er zu lange nach oben in den blank geputzten Himmel geschaut hatte. Als er die Augen wieder öffnete, erschrak er, denn neben ihm saß ein kleiner Junge, der sicher ebenso alt sein musste wie er selbst. „Wie kommst du denn hierher“, rief Sunny erstaunt und räusperte sich mehrmals dabei. Der fremde Junge grinste ziemlich frech und sagte dann keck: „Ich bin eben hier vorbeigekommen, und da habe ich dich hier sitzen sehen.“ Sunny wunderte sich zwar, weil er eigentlich niemanden bis auf die weiße Taube im Geäst gesehen hatte, nickte dann aber nur zustimmend und meinte, dass es schön wäre, dass da noch jemand sei, da wäre er wenigsten nicht so allein. Der fremde Junge sah das genauso, blinzelte in die spielenden Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg zwischen den Blättern des Baumes hindurch bahnten und sagte dann: „Übrigens, ich bin Sky und ich wollte dich etwas fragen.“ Sunny stellte sich ebenfalls vor und musste natürlich wissen, was es war, dass Sky da wissen wollte. Der meinte, dass er auf der Suche nach einer Stadt sei, die sich Paradies-City nannte. Sunny musste kichern, denn solch eine Stadt und auch solch einen Ort kannte er nicht. Er hatte zwar schon mal etwas vom Paradies gehört, sogar schon ein ähnliches Erlebnis gehabt, aber wo dieses Paradies-City sein sollte, das wusste er nicht. Und dann erzählte er Sky so einiges aus seinem Leben. Als er aber von seiner Suche nach etwas richtig Großem berichtete, hielt sich Sky die Hand vor seinen Mund. Er schien so etwas Albernes wirklich noch nie gehört zu haben, und Sunny wollte wissen, warum Sky so viel Spaß hatte. Sky schüttelte den Kopf und sagte schließlich, nachdem er einmal herzhaft genießt hatte, weil die Blütenpollen seine Nase ein ganz klein wenig kitzelten: „Etwas richtig Großes willst du also erleben. Na dann such mal schön! Kannst ja auch auf einen hohen Turm steigen und dir einbilden, dass du der Größte bist. Na ja, in diesem Fall wärst du es ja dann auch, aber sonst.“ Sunny war beleidigt, so frech hatte ihn wirklich noch niemand abgefertigt. Aber auch er war nicht in Watte gepackt, und sofort konterte er: „Ich war schon auf hohen Türmen, und außerdem meine ich das nicht! Ich meine, dass ich etwas, also, etwas Großes suche, vielleicht auch ein verrücktes Abenteuer!“ Sky kicherte immer noch und meinte dann, dass man sich nicht vornehmen könnte, etwas ganz Großes oder Verrücktes zu erleben. Das kommt dann von ganz allein, meistens, wenn man gar nicht damit rechnet. „Du musst einfach nur den Tag leben, wie er eben ist. Und außerdem, wenn du mal in Not bist, dann wirst du sehen, was wirklich richtig groß ist, kannst mir das schon glauben!“ Sunny saß da und schwieg. Er wusste natürlich, dass Sky rechthatte, und er wollte von ihm noch wissen, wie er sich sein Paradies-City vorstellte. Sky blinzelte wieder so seltsam in den Himmel hinein und antwortete eine ganze Weile gar nichts. Er holte tief Luft, so, als ob er etwas sagen wollte, doch dann sagte er doch nichts. Sunny wusste nicht, ob er noch einmal fragen sollte, aber er ließ es dann, weil es dieses Paradies-City ja eh nirgends gab. Doch Sky hatte nur nachgedacht und sprach: „Ja, ich glaube, das dieser Ort überall dort sein könnte, wo wir uns wohlfühlen. Dann würde Paradies-City vielleicht an verschiedenen Orten sein, oder?“ Sunny nickte und fand, dass sie gerade auch in Paradies-City seien, denn hier draußen unter den Schatten spendenden Bäumen, auf dieser gemütlichen Wiese, war es doch wirklich wunderschön. Sky nickte zustimmend, und die beiden freuten sich, dass sie mal einer Meinung waren. Plötzlich stand Sky auf und meinte, dass er weitermüsste. Sunny erkundigte sich, ob er ihn ein Stück des Weges begleiten dürfte, und Sky war einverstanden. Es war ja sonst auch keiner da, der mit ihm hätte gehen können, und zu zweit lief es sich eben einfach besser. Die beiden gingen los und Sunny schob seinen Drahtesel, während er seinen neuen Freund fragte, wo der eigentlich lebte. Sky blieb kurz stehen, so, als ob er erst einmal nachdenken müsste, wo das überhaupt sei. Aber dann lief er weiter und rief entschlossen: „Ziemlich weit weg von hier, da, wo es immer schön ist!“ Sunny war zwar nicht gerade zufrieden mit dieser spärlichen Auskunft, aber vielleicht wollte Sky auch nicht sagen, wo er zu Hause war. Der jedoch schob noch nach, dass er eigentlich überall Zuhause sei, denn überall sei es schließlich schön. Und so schlenderten die beiden den steinigen Weg unter den Bäumen immer weiter, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. An einer Wegegabelung blieb Sky stehen und sagte, dass er nun geradeaus weitermüsste. Sunny aber wollte lieber wieder umkehren, und so verabschiedeten sich die beiden. Sky lief geradeaus und Sunny schwang sich auf sein Fahrrad und kehrte einfach wieder um. Unterwegs schaute er noch einmal zurück, um nach Sky zu sehen, aber der war verschwunden. Obwohl der Weg geradeaus ziemlich gut einsehbar war, konnte er Sky nirgends mehr entdecken. Dafür flatterte die weiße Taube, die schon im Baum gesessen hatte, um seinen Kopf herum und verschwand schließlich im azurblauen Himmel. Erst jetzt spürte Sunny, wie allein er plötzlich war. In Skys Gesellschaft hatte er sich so wohl gefühlt. Es war, als ob er den fremden Jungen schon ewig kannte. Irgendwie hatte er den kleinen Sky liebgewonnen, obwohl er ihn doch nur wenige Minuten kannte. Sonderbar, aber es war doch schön, dieser Nachmittag mit Sky.

Den ganzen Weg bis zur Straße musste er an seinen neuen Freund denken, den er sicherlich nie wiedersehen würde. Auf einmal zischte es ganz laut! Sofort hielt er an und bemerkte entsetzt, wie die Luft aus seinem Vorderreifen entwich. „Auch das noch“, schimpfte er vor sich hin. Aber da hupte auch schon ein Auto neben ihm. Es war Mrs. Simms, die von einem Schüler kam, und nun nach Hause fahren wollte. Erleichtert, dass er nicht allein den langen Weg bis in die Holly-wood-Hills laufen musste, und auch nicht sein kaputtes Rad nebenher schieben brauchte, winkte er ihr zu, und Mrs. Simms half ihm, das Fahrrad in den Wagen zu bugsieren. Dann stiegen die beiden ein und fuhren heim. Unterwegs berichtete Sunny seiner Lehrerin, dass er eben einen ganz lieben Freund gefunden hatte, der Sky hieß und mit dem er ganz fabelhaft reden konnte. Natürlich freute sich Mrs. Simms und bot sich sogar an, ihrem besten Schüler ihr eigenes Fahrrad zur Verfügung zu stellen, bis der einen neuen Reifen besorgt hatte. Selbstverständlich willigte Sunny ein, und als er daheim bei seiner Mami eintraf, erzählte er auch ihr von seinen Erlebnissen. Auch die Mami fand es ganz toll, dass ihr kleiner Sohn so viel erlebt hatte. Dass er eigentlich ein richtig großes Abenteuer erleben wollte, verschwieg er sicherheitshalber, denn das kaputte Fahrrad erschien ihm schon Action genug. Es war noch genug Zeit bis zum Abend und so setzte sich Sunny an seinen Schreibtisch und erledigte seine Hausaufgaben – ganz artig und brav und mit relativ viel Begeisterung. Als er so aus seinem offen stehenden Fenster schaute, flatterte plötzlich eine weiße Taube vorüber, hielt inne, und setzte sich auf das Fensterbrett. Sunny stutzte, war das nicht die weiße Taube von heute Nachmittag? Sie gurrte genauso wie die im Baum, und plötzlich fiel ihm der Stift aus der Hand und kullerte auf den Fußboden. Schnell hob er ihn auf, doch als er wieder nach oben schaute, war die Taube verschwunden. Zu seiner großen Freude aber war da Sky! Der grinste wieder so frech, genau wie am Nachmittag und meinte dann, dass er noch bis zum Abend Zeit hätte. Und so erledigten die beiden Sunnys Hausaufgaben eben gemeinsam, und es gelang einfach alles viel besser als sonst. Als Sunnys Mami ins Zimmer kam, um ihrem Sprössling eine Orangenlimonade zu bringen, bemerkte sie auch Sky. Der stellte sich brav vor und die Mami freute sich, denn nun war ihr Sohn nicht mehr allein und sie konnte sich mehr ihrer Computerarbeit für die Agentur widmen. Gegen Abend aber musste Sky wieder gehen, und noch immer hatte er nicht verraten, wo er wohnte und wo er zur Schule ging. Sky fand das auch gar nicht mehr so wichtig, er lachte kess und sprang aus dem Fenster, aus dem sonst Sunny immer kletterte, wenn er mal wieder verrückte Dinge auskundschaften wollte. Als Sky auf der Wiese landete, war er auch schon wieder verschwunden, und Sunny suchte ihn beinahe überall. Doch da war wieder diese weiße Taube, und nun ahnte Sunny, wo sein Freund geblieben war. Er winkte der Taube lange nach, bis sie schließlich zwischen den Bäumen hinterm Haus verschwand. Ihm war klargeworden, dass Sky wohl diese Taube war und damit ganz sicher ein Engel. Plötzlich wurde ihm etwas sehr Wichtiges klar. Das, was er den ganzen Tag über gesucht hatte, dieses richtig Große, dieses Tolle und Überragende, das war doch stets um ihn herum. Ja, natürlich, das waren seine Freunde, Mrs. Simms, seine liebe Mami, sein Papa, und nun auch Sky, der ja eigentlich eine weiße Taube oder eben ein Engel sein musste. Also war das Ganze gar nicht so schwer – er hatte es im Eifer seiner anderen Erlebnisse nur nicht gesehen. Das richtig Große war, dass er ein wunderschönes Zuhause hatte, geliebt wurde und auch gebraucht und dass er sich in seiner wunderschönen Heimatstadt Hollywood traumhaft wohl fühlte! Ja, das war das richtig Große! Und wie zur Bestätigung seiner Erkenntnis flatterte plötzlich die weiße Taube vergnügt um seinen Kopf und freute sich mit ihm, weil er herausgefunden hatte, was richtig groß war und was wirklich zählte im Leben.

Am nächsten Tag wollte er wieder mit seinem Freund Sky spielen, und er hatte ihm wirklich sehr viel zu erzählen. Denn das Leben war doch gar nicht so schwer, es war viel einfacher und schöner als er immer glaubte. Ja, und noch etwas hatte Sunny ganz neu entdeckt. Es war das, was er jeden Tag aufs Neue in sich spürte, wenn er seine Mami und Mrs. Simms, seine Mitschüler, den Papa in der Silberwolke und seine geheimnisvolle Stadt Hollywood sah. Es war das, was in ihm schlug wie sein starkes Herz, das, was er tief in seiner Seele trug, die stets zu neuen Ufern aufbrechen musste. Es war das, was wirklich richtig groß und auch wunderschön war, es war Liebe.

Überfall

Der kleine Sunny aus Hollywood radelte von der Schule nach Hause und hatte ständig das untrügliche Gefühl, irgendetwas sei anders als sonst. Die Menschen schauten so seltsam, und in ihm drin regte sich ein Gefühl von Unklarheit und Angst. Natürlich konnte er sich das nicht erklären, und so fuhr er in eine stille Seitenstraße und hielt erst einmal an. Nachdenklich schaute er sich um und erschrak fürchterlich. Überall liefen Kinder herum, die allesamt so aussahen wie sein neuer Freund Sky. Wie konnte so etwas nur möglich sein? Sah er schon Gespenster oder sollte er eines dieser Kinder fragen? Seine Neugierde brachte ihn bald um, und so fasste er sich eben ein Herz und versperrte einem der Kinder einfach den Weg. Der kleine Junge blieb wortlos stehen, wehrte sich gar nicht gegen Sunnys unverhoffte Aktion. Sunny erkundigte sich, warum so viele kleine Jungen, die obendrein auch noch alle gleich aussahen, herumliefen. Der fremde Junge schwieg eine Weile, beinahe so, wie Sky es stets tat, bevor er sprach. Aber dann schaute er Sunny mitten ins Gesicht und sagte: „Es ist so weit. Wir sind gekommen, um euch zu helfen. Heute wird es geschehen. Heut wird sich zeigen, ob ihr stark genug seid.“ Sunny verstand nicht, was der fremde Junge da meinte und fragte einfach noch einmal nach. Doch da lief der Junge auch schon weiter und würdigte ihn keines Blickes mehr. Ein wenig irritiert starrte ihm Sunny hinterher und hatte einfach keinen Plan. Aber da stand plötzlich Sky hinter ihm, und sagte: „Ich sehe, du hast es schon bemerkt. Aber nur du kannst uns alle sehen, weil du mich kennst und weißt, dass ich eine Taube bin. Die Leute sehen nur Taubenschwärme, mehr nicht!“ Sunny, der natürlich sehr erschrocken war, als er Skys Stimme hinter sich vernahm, verstand noch immer nicht, was los war. Sky erklärte ihm, dass am heutigen Tage der Teufel käme, um den Menschen die Seelen zu rauben. Die Zeit war reif, weil die Menschen noch immer bitterböse Kriege führten, furchtbare Gifte in die Flüsse und die Meere kippten und andere Menschen unterdrückten, indem sie ihnen nicht genug Geld zum Leben gäben und ihnen keine ärztliche Hilfe zukommen ließen.

Nun würde der Teufel kommen, um das böse Werk der Menschen zu vollenden. Sunny starrte seinem Freund sprachlos ins Gesicht und wusste einen Moment lang nicht, was er denken sollte. Aber dann fasste er sich wieder und fragte Sky, ob man da noch etwas tun könnte. „Eigentlich nicht“, antwortete Sky, „aber wir sind von Gott geschickt worden, um dem Teufel entgegenzutreten. Mit unserer Hilfe können es die Menschen schaffen, ihre Seelen rein zu halten und dem Teufel die Stirn zu bieten. Bedingung aber ist, dass die Menschen zusammenhalten müssen.“ Sunny ahnte, dass das wohl nicht zu realisieren sei und er musste weinen. Alles schien verloren, denn der wusste, dass nicht einmal in seiner Klasse Einigkeit herrschte. Jeder wollte mehr haben als der andere und deswegen gab es ziemlich oft Streit. Aber dann wurde ihm klar, dass er selbst gefordert war. Er musste mit Hilfe von Sky dem Teufel entgegentreten, um ihm klar zu machen, dass die Menschen im Grunde gut seien und in ihrer Seele nicht böse sind und zusammenhalten können. Sky nickte zustimmend und erklärte dann, dass der Teufel schon unterwegs sei und sie nun sehr wachsam sein müssten.

Schon verdunkelte sich der Himmel und Sturm kam auf. Er wurde immer heftiger, grelle Blitze zuckten vom Himmel und der Donner war so laut und kräftig, dass einige Fensterscheiben der anliegenden Häuser zerbarsten. Die beiden Jungen versteckten sich in einer Bretterhütte, die auf der Wiese an der Straße stand. Der Wind rüttelte mächtig an dem wurmstichigen Unterschlupf, und Sunny fürchtete schon, er könnte einstürzen. Aber er hielt stand, und Sky schien genau aufzupassen, das nur ja nichts Schlimmes geschah. Gelblichgrün schimmerte der Himmel, sah aus wie eine riesige Schwefelwolke, und das Getöse, der Mix aus Sturm, klappernden Mülltonnen und Gewitterdonner verschlimmerte sich zusehends. Kein Mensch war mehr auf der Straße zu sehen, doch das Unwetter kannte kein Erbarmen. Riesige Dächer segelten durch die Luft wie Strohballen, selbst die Autos hatten Schwierigkeiten, sicher auf der Straße zu stehen. Sie wackelten bedenklich und würden ganz sicher bei der nächsten Bö davongetragen werden. Und da, plötzlich floss glühend heiße, blutrote Lava aus den Gullys im Straßengraben, schoss wie ein Wasserfall an den Bürgersteigen entlang und würde wohl auch bald die wunderschönen Hollywoodsterne auf dem Hollywood-Boulevard erreichen. Sunny wurde unendlich traurig, dass er sich die Tränen aus dem Gesicht wischen musste. Sein geliebtes Hollywood, sein Zuhause, die Hollywood-Hills und seine funkelnden Hollywoodsterne auf dem Walk-of-Fame wären wohl schon bald für immer verloren. Sky jedoch tröstete ihn, und er meinte, dass sie nicht schwach werden dürften, denn das würde den Teufel noch bestärken. Aber da öffnete sich die Erde, schob die Asphaltdecke der Straße wie Eisschollen übereinander. Aus dem Inneren brodelte ein gieriger Vulkan aus Feuer, Asche und dichten schwarzen Wolken. „Er kommt“, rief Sky, und dann formte sich aus dem unheilvollen Rauch eine Gestalt, die so riesig war, dass sie bis zum Himmel zu reichen schien. Sie veränderte ständig ihre Form und ähnelte einem Drachen mit immer wechselnden schaurigen Köpfen. Das musste der Teufel sein, und Sunny versteckte sich ängstlich unterm Fensterstock der Hütte. Sky allerdings erhob sich in die Luft, und mit ihm erhoben sich all die anderen Engel, die auf die Erde gekommen waren, um den Menschen zu helfen. Wie eine monströse weiße Wolke aus Licht und wabernder Energie raste die Sky-Wolke auf den Teufel zu. Und aus allen Himmelsrichtungen, aus allen Regionen der Stadt, und wohl auch des Landes, stoben riesige Energiewolken in den grausig verfärbten Himmel. Doch der Teufel gab nicht auf, er heulte laut auf, riss sein gieriges blutrünstiges Maul weit auf, und seine feuerroten Augen warfen grelle Blitze wie überdimensionale höllisch rote Laserstrahlen auf die verbrannte Erde herab. Sunny wusste nicht mehr, ob er gleich sterben müsste oder noch eine Minute leben durfte, aber da erschien die rettende Silberwolke seines Papas. Wie ein Raumschiff aus einer anderen Welt segelte sie zwischen all dem Unheil hindurch, geradewegs zu Sunny in die Bretterhütte. Der war heilfroh, dass sein Papa endlich gekommen war, doch er sorgte sich auch sehr um Sky, und auch um seine Mami daheim, und um Mrs. Simms, seine Lehrerin. Er zitterte regelrecht vor Angst und traute sich nicht mehr aus der Hütte heraus. Der Papa drückte seinen kleinen Sohn fest an sein Herz, so, wie er es immer tat, wenn sie sich trafen. Und dann sagte er mit besorgter, aber auch recht beruhigender Stimme: „Du brauchst dich nicht um die Mami zu sorgen. Sie ist in Sicherheit und auch deine Lehrerin ist nicht in Gefahr. Die beiden sind in einem Keller, tief unter der Stadt. Du musst jetzt zu mir in die Silberwolke kommen, denn es ist einfach zu gefährlich für dich, hier draußen zu bleiben. Um Sky mach dir mal keine Sorgen, er ist stark, und zusammen mit den anderen Engeln wird er es sicherlich schaffen. Ich weiß es genau!“ Schnell kletterten die beiden in die Silberwolke und schon flogen sie auf und davon. Kaum hatten sie die Hütte hinter sich gelassen, fuhr auch schon einer der grellen Lichtblitze des Teufels dort hinein und setzte sie in Brand. Die beiden flogen bis in den Himmel hinein und verließen schließlich die Erde. Aus sicherer Entfernung, aus dem All, beobachteten sie das grausige Geschehen. Ganz Los Angeles lag unter dem fürchterlichen Beschuss des Teufels, aber auch die weißen Energiewolken waren sehr zahlreich vertreten und stellten sich dem Bösen mutig in den Weg. Aber plötzlich verwandelte sich die Silberwolke in eine gleißend helle Lichtkugel, die einer glühenden Sonne glich, und der Papa rief nur: „Festhalten!“ Augenblicklich schoss die Sonnenwolke aus dem Weltall hernieder und stürzte sich wie eine Bombe auf den Teufel. Sunny rutschte das Herz endgültig in die Hose, denn er rechnete bereits mit dem aller schlimmsten. Wie ein Untier bäumte sich der Teufel auf, spie Feuer, und es sah ganz so aus, als wenn die Sonne explodierte. Aber da erschienen aus allen Himmelsrichtungen die weißen Engelswolken, verbanden sich miteinander, wurden zu riesigen glitzernden weißglühenden Energienebeln und bildeten einen gewaltigen Ring aus Sternenglanz und glühendem Sternenstaub. Und dazwischen thronte die Silberwolke, die sogleich mit dem Angriff begann. Doch der Teufel in seinen Schwefeldämpfen, seinem ungezügelten Flammenmeer gab noch immer nicht auf! Im Gegenteil, er schien noch stärker, noch aggressiver zu werden, spürte wohl seine Agonie, seine aufkommende Schwäche gegenüber dieser Ur-Energie des Universums. Wild fuchtelte er mit seinen Laserstrahlen und seiner glühenden Lava herum, zerstörte beinahe Land und Städte und drohte, die ganze Welt mit sich in die Hölle zu reißen. Aber da fuhr der weiße Energiering aus Sternenstaub, mit der Silberwolke in seinem Zentrum, auf das Teufelsinferno nieder, zerriss die Flammen und blies die schwarzen Wolken einfach weg. Es dauerte gar nicht lange, da waren all die Flammen, die glühende Vulkan-Lava und die schwarz glühenden Giftwolken des Teufels verschwunden. Die weißen Wolken, die glitzernden Dämpfe bekamen die Oberhand und die Silberwolke segelte wie ein siegreiches Schlachtschiff inmitten dieses Engelsmeeres dahin. Sunny atmete auf, der Papa freute sich und Sky, der plötzlich wieder in der Silberwolke erschien, meinte, dass die Gefahr vorüber sei.

Da fielen sich alle Menschen auf der Erde und natürlich auch in der Silberwolke in die Arme und weinten vor Glück. Sie hatten den Teufel besiegt, weil sie zusammenhielten, weil ihre Hoffnung und ihre Kraft die gegenseitigen Kleinkriege und das ewig regierende Geld vergessen ließen. Die Liebe der Menschen untereinander, die Zuversicht und der Glaube hatten gezeigt, dass sie nicht zu besiegen sind und tief in den Menschen verwurzelt sind. Die Menschheit hatte zusammengehalten und so dem Teufel gezeigt, dass er mit seinem Ungemach und seinem Bösen keine Chance mehr hatte. Die Menschen hatten endlich gezeigt, dass sie fähig sind, weiterzuleben, dass sie das Leben schützen und vor Gott stets bestehen können, und auch wollen. Schnell verzogen sich all die trüben Nebelschleier und auf einmal erschien es Sunny, als sei gar nichts geschehen; keine Zerstörungen, keine Toten, kein Weltenbrand, nichts. Wie konnte das nur sein? Der Papa streichelte seinem Sohn übers Haar und sagte leis: „Weil alles nur ein Traum war. Es war in Test, ein Test von ganz hoher Stelle sozusagen. Er