13 SHADOWS, Band 29: DIE EISVAMPIRE - Thomas Ziegler - E-Book

13 SHADOWS, Band 29: DIE EISVAMPIRE E-Book

Thomas Ziegler

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Beschreibung

Winter in Alaska... Als er Dunkley dicht an der Station unter dem Schnee begraben fand, glaubte Szargosh an einen Unfall: Sein Freund musste in der arktischen Kälte bewusstlos geworden sein. Doch dann sah er, dass Steve Dunkley tot war, erfroren, trotz seines Spezialanzugs. Als er sich den Toten genauer ansah, wurde Szargosh von Entsetzen gepackt: Dunkleys Körper bestand nicht mehr aus Fleisch, sondern aus Myriaden einziger Kristalle. Er war zu Eis geworden. Szargosh begriff, dass hier etwas geschah, von dem sie alle keine Ahnung hatten. Damit begann das Grauen, begann ihr aussichtsloser Kampf gegen die Eisvampire... THOMAS ZIEGLERS Debüt-Roman DIE EISVAMPIRE erschien erstmals im Jahre 1977 als DÄMONENKILLER-Taschenbuch im Pabel-Verlag - ein bemerkenswerter Horror-Schocker, der es in sich hat. DIE EISVAMPIRE erscheint als durchgesehene Neuausgabe in der Horror-Reihe 13 SHADOWS aus dem Apex-Verlag, die ganz in der Tradition legendärer Heftroman-Reihen wie GESPENSTERKRIMI und VAMPIR-HORROR-ROMAN steht.

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THOMAS ZIEGLER

DIE EISVAMPIRE

- 13 SHADOWS, Band 29 -

Roman

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch

DIE EISVAMPIRE

Das Buch

Winter in Alaska...

Als er Dunkley dicht an der Station unter dem Schnee begraben fand, glaubte Szargosh an einen Unfall: Sein Freund musste in der arktischen Kälte bewusstlos geworden sein. Doch dann sah er, dass Steve Dunkley tot war, erfroren, trotz seines Spezialanzugs. Als er sich den Toten genauer ansah, wurde Szargosh von Entsetzen gepackt: Dunkleys Körper bestand nicht mehr aus Fleisch, sondern aus Myriaden einziger Kristalle. Er war zu Eis geworden.

Szargosh begriff, dass hier etwas geschah, von dem sie alle keine Ahnung hatten.

Damit begann das Grauen, begann ihr aussichtsloser Kampf gegen die Eisvampire...

THOMAS ZIEGLERS Debüt-Roman DIE EISVAMPIRE erschien erstmals im Jahre 1977 als Taschenbuch im Pabel-Verlag - ein bemerkenswerter Horror-Schocker, der es in sich hat.

DIE EISVAMPIRE erscheint als durchgesehene Neuausgabe in der Horror-Reihe 13 SHADOWS aus dem Apex-Verlag, die ganz in der Tradition legendärer Heftroman-Reihen wie GESPENSTERKRIMI und VAMPIR-HORROR-ROMAN steht.

DIE EISVAMPIRE

   1.

 

Sogar durch die dicke Kunststoffbeschichtung des halbkugelförmigen Zeltes konnte man das Heulen des Schneesturmes hören. Er pfiff, zerrte und toste an den Verstrebungen, dass man kaum noch das eigene Wort verstehen konnte.

Rubett wartete ungeduldig darauf, dass das Wasser im Kessel über dem kleinen Propangaskocher heiß wurde. Er war ein kräftiger bärtiger Mann von unbestimmtem Alter und unbestimmter Herkunft, hielt sich aber schon länger in diesem verdammten Land auf als jeder andere, den Szargosh kannte.

»Wo Dunkley nur bleibt«, murmelte Szargosh vor sich hin. Er ächzte und streckte sich in dem wohligen Heißluftstrom aus dem batteriebetriebenen Heizgerät. Mit müden Augen starrte er den Kistenstapel an, der ihre Lebensmittelvorräte enthielt.

»Er überprüft den Eisrover«, antwortete Rubett leise. Dann nahm er den Kessel von dem Kocher und schüttete das dampfende Wasser in die große Tasse, wo sich rasch der Würfel aus konzentrierter Hühnerbrühe auflöste und zu einer kräftigen wohlschmeckenden, angenehm duftenden Suppe wurde.

Szargosh schnupperte und leckte sich über die spröden Lippen, griff nach seiner eigenen Tasse und bereitete sich ebenfalls eine Brühe zu.

Für eine Weile erklang nur noch das Schlürfen der beiden Männer. Selbst der Schneesturm schien etwas abgeflaut zu sein.

Szargosh gab sich schließlich einen Ruck.

»Ich seh mal nach, was mit Dunkley ist«, erklärte er und zog die dicke Felljacke mit der isolierenden Innenbeschichtung an. Anschließend streifte er die Maske über das Gesicht, die nur über schmale Schlitze für Augen und Mund verfügte und die Haut ansonsten lückenlos bedeckte. Gefütterte Handschuhe, Beinschützer und eine Brille – jenen nicht unähnlich, die Schweißer bei der Arbeit tragen – vervollständigten seine Ausrüstung.

Szargosh wirkte wie ein aufrecht stehender Bär in seiner Fellkleidung.

Eine derartige Präparierung war nötig. Über Alaska lag der Winter mit Temperaturen bis zu minus siebzig Grad. Bei einer derartigen Kälte konnte eine einzige Träne sofort zu Eis gefroren – die Hornhaut des Auges zerstören. Ein tiefer Atemzug hatte nicht selten eine Lungenentzündung zur Folge, und wenn man mit der bloßen Haut ein Stück Metall berührte, war sie so gut wie verloren – oft sogar das Fleisch bis hinunter zu den Knochen.

Rubett musterte kritisch seinen Partner und warf ihm dann den Atemschutz zu. Ein ironisches Lächeln überzog seine gegerbten Züge.

»Greenhorn«, sagte er spöttisch.

Szargosh grinste verlegen. »Gut, dass du bei uns bist, Marty.«

Rubett nickte ernst. »In ein paar Monaten brauchst du mich nicht mehr«, sagte er leise. »Entweder bist du dann tot, oder du machst alles automatisch, um dein Leben zu schützen.« Er räusperte sich. »Und nun sieh nach. Dunkley ist schon zu lange draußen. Bei der Kälte frieren einem manchmal die Gedanken ein.«

Szargosh drehte sich schwerfällig um und tapste unbeholfen auf die zweigeteilte Ausgangstür zu, öffnete die vordere Pforte, schloss sie sorgfältig und wartete einen kleinen Augenblick. Dann stieß er die zweite Tür auf.

Sofort war er in einem Wirbel tanzender Schneeflocken versunken, und die eisige Kälte biss und brannte selbst durch seine dicke Kleidung noch wie mit Hunderten winziger Zähne auf seiner Haut.

Konzentriert blickte er durch seine getönte Schneebrille. Obwohl es Mittag war und die Sonne schien, herrschte eine trübe Dämmerung. Der Schneesturm

musste den halben Polarkreis in die Atmosphäre geblasen haben.

Ein ohrenbetäubender Lärm marterte seine Ohren. Szargosh hatte schon manchen Schneesturm erlebt, aber dieser übertraf alle bisherigen bei weitem.

Unverkennbar strebte der Winter allmählich seinem Höhepunkt entgegen.

Er sah sich kurz um. Das graue Material des Kunststoffzeltes war kaum noch zu erkennen; eine dicke Schneeschicht hatte sich über die Halbkugel gestülpt und passte sie der weißen Umgebung immer mehr an.

Wenn der Sturm vorbei ist, müssen wir den Schnee entfernen, sonst bricht uns noch das Zelt zusammen, dachte Szargosh. Dann erinnerte er sich an sein Vorhaben. Gebückt stapfte er nach rechts. Dort hatten sie bei Beginn des Sturmes den Eisrover abgestellt und ihn mit einer Kälte hemmenden Plane bedeckt. Aber selbst mit diesem Schutz würden sie noch einen ganzen Tag den Motor mit Heißluft erwärmen müssen, ehe er ansprang.

Verfluchte Kälte, schimpfte Szargosh in Gedanken.

Erst als er knapp davor stand, bemerkte er den unregelmäßigen Koloss des Rovers. Der Sturm und die dadurch hervorgerufene Dunkelheit begrenzten das Sichtfeld auf knapp einen Meter. Ein Mann ohne gutes Orientierungsvermögen wäre rettungslos verloren in dieser scheinbar unendlichen Wüste aus Schnee.

Szargosh umrundete das Fahrzeug und rief leise nach Dunkley. Keine Antwort. Besorgt runzelte er die Stirn. Wo war Dunkley? Hatte er die relativ sichere Umgebung ihres Lagers verlassen und war zu der Felsengruppe geeilt, die knapp fünfzig Meter entfernt lag?

Aber wozu? Es war glatter Selbstmord, sich bei diesem Unwetter zu lange im Freien aufzuhalten.

»Steve!«, schrie Szargosh hinter seiner Gesichtsmaske. »Steve! Steve Dunkley! Gib Antwort! Wo bist du?«

Aber das Tosen des Sturmes verschluckte seine Worte.

Ein seltsames Gefühl beschlich Szargosh. Wenn Dunkley etwas passiert war... Vielleicht hatte er seine Schutzbrille verloren und irrte hilflos und erblindet durch den Orkan. Oder er war vielleicht in eines der Schneelöcher gerutscht – Vertiefungen im Boden, die während des Winters mit Schnee und Eis gefüllt waren und tückische Fallen darstellten, die schon manchen Mann für immer gefangen hatten.

»Hallo, Steve!«, brüllte er wieder. »Gib Antwort! Steve!«

Nichts. Nur das Heulen des Windes, das Tanzen der Eiskristalle.

Szargosh gab sich einen Ruck und ging noch einmal eine etwas größere Runde um den Rover.

Plötzlich stieß sein Fuß gegen etwas Hartes. Alarmiert blieb er stehen und bückte sich, schaufelte schwer atmend den Schnee zur Seite.

Ein Bein – in gefütterten Hosen!

So schnell er konnte, grub er weiter und verwünschte die Kälte, den Sturm, dieses mörderische Land.

Es war Dunkley, der hier lag. Regungslos und wie tot.

Szargosh rüttelte Dunkley an der Schulter.

»Steve, was ist passiert? Steve – antworte doch! Sag etwas, verdammt noch mal! Steve!«

Aber Dunkley rührte sich nicht. Sein Mund blieb stumm.

Szargoshs Gedanken, von plötzlicher Angst getrübt, klärten sich allmählich. Er musste ihn ins Zelt schaffen. Nur dort konnte Dunkley geholfen werden. Vielleicht war er verletzt, und die Kälte hatte ihn bewusstlos werden lassen.

Er packte Dunkley an den Beinen, wollte ihn in Richtung Zelt schleifen.

Da bemerkte er, was er unbewusst die ganze Zeit ignoriert hatte: Steve Dunkleys Körper war eiskalt. Sogar durch die plumpen Stiefel konnte Szargosh noch diese furchtbare Kälte fühlen.

Ein Schauer lief dem kleinen Mann über den Rücken.

Da stimmte doch etwas nicht. Dunkley befand sich kaum zwanzig Minuten im Freien. Selbst bei den herrschenden Minustemperaturen konnte ein warmer Körper nicht so schnell zu einem Eisblock werden.

Und dann – wie starr, wie hart Steves Körper war. Wie... Wie ein Stück Holz. Oder... Szargosh wehrte sich zuerst gegen diesen Gedanken, aber er drängte sich immer wieder in sein Bewusstsein.

Oder wie ein riesiger Eiswürfel!

Szargosh begann zu zittern. Die Legenden der Eskimos fielen ihm ein... Unwirsch schüttelte er den Kopf. Unsinn war das, abergläubisches Geschwätz.

Er beugte sich zu Dunkley hinab und fuhr ihm über das vermummte Gesicht. Trotz seiner Handschuhe fühlte er einen eisigen Hauch, der von Dunkley ausging.

Dunkley war tot, erfroren. Daran war nicht mehr zu zweifeln. Mit einem Ruck riss er dem Toten die Gesichtsmaske herunter.

Szargosh zuckte zurück, schrie auf. Nein, das konnte nicht sein, das war unmöglich!

Das konnte einfach nicht sein!

Aus geweiteten Augen starrte er in Steve Dunkleys Gesicht. Auf den ersten Blick sah es völlig normal aus. Doch blickte man näher hin, musterte es genauer...

Die Haut bestand nicht mehr aus Fleisch, sondern aus Myriaden winziger Kristalle. Ebenso die Augen, die Haare...

Steve Dunkley war zu Eis geworden!

 

 

2.

 

Es dauerte geraume Zeit, bis Szargosh sein Entsetzen überwunden hatte und wieder klar denken konnte.

Er musste zurück ins Zelt und mit Rubett sprechen. Rubett kannte sich aus, er musste wissen, was für Dunkleys Tod und seinen gespenstischen Zustand verantwortlich war.

Szargosh drehte sich um und eilte zurück zum Zelt. Der kniehoch liegende Schnee behinderte ihn, und die Macht des Sturmes forderte seine letzten Kräfte heraus.

Szargosh hatte Angst. Ihm war, als würde er von unzähligen gierigen Augen beobachtet, als würde jemand – etwas! – auf ihn warten.

Meter um Meter legte er zurück, sein Atem flog, und trotz der beißenden Kälte wurde ihm warm unter seiner dicken Kleidung.

Und die Schneeflocken tanzten und wirbelten, verformten sich zu grotesken Gebilden, die mit weißen, formlosen Klauenhänden nach ihm griffen.

Nur ruhig, redete Szargosh sich ein. Gleich hast du es geschafft. Nur noch ein paar Schritte, dann ist alles überstanden.

Szargosh stolperte. Verzweifelt ruderte er mit den Armen, um sein Gleichgewicht zu bewahren, aber vergeblich. Er fiel lang hin. Die Müdigkeit ließ rote Punkte vor seinen Augen tanzen, der klirrende Frost und eine merkwürdige Schwäche lähmte seine Glieder.

So muss es auch Dunkley ergangen sein, durchzuckte es ihn. Der Gedanke half ihm, sich wieder aufzurappeln.

Wo war er? Hatte er sich verirrt, die Orientierung verloren?

Das Zelt... Er hätte es längst erreicht haben müssen. Wo war das Zelt?

Furcht beschlich Szargosh. Sein Herz hämmerte laut und hastig in seiner Brust.

Wo war das Zelt?

Gewaltsam zwang er sich zur Ruhe, rekonstruierte Schritt für Schritt seinen bisherigen Weg.

Natürlich, er hätte sich etwas weiter nach rechts wenden müssen.

Die Erleichterung äußerte sich in einem befreienden Lachen. Frischen Mutes stapfte Szargosh weiter. Aber nachdem er Meter um Meter zurückgelegt und noch immer nichts von dem Zelt bemerkt hatte, kehrte die Furcht erneut zurück.

»Hilfe!«, schrie er schließlich. »Rubett – wo bist du!«

Ihm wurde bewusst, dass Dunkley vielleicht ebenfalls um Hilfe gerufen hatte. Aber die daumendicke Wand des Zeltes und der Lärm des Sturmes ließen ein derartiges Unterfangen als aussichtslos erscheinen.

Szargosh wurde heiß und kalt zugleich. Wenn ihm nicht bald etwas einfiel, war er verloren. Er würde erfrieren, vielleicht nur wenige Schritte von der rettenden Wärme des Zeltes entfernt.

Aber was konnte er unternehmen? Was konnte er tun in dieser Hölle aus Eis und Schnee?

Der Sturm toste mit unverminderter Heftigkeit. Es konnte Stunden oder Tage dauern, bis er abflaute. Und dann wäre er schon längst erfroren.

Wieder schrie er um Hilfe. Seine Stimme überschlug sich fast. Er schrie, bis er heiser war, torkelte ziellos durch den Sturm, durch das Schneetreiben, schrie und betete und fluchte und schrie.

Vergeblich.

Szargosh stutzte. War da nicht etwas? Ein Schatten? Vielleicht das Zelt?

Neue Hoffnung keimte in ihm auf. Hastig arbeitete er sich durch mehrere Schneeverwehungen hindurch, auf den Schatten zu.

Enttäuscht blieb er stehen. Seine Hoffnung hatte ihn getrogen. Was er gesehen hatte, war nicht das Zelt, sondern ein unregelmäßig geformter Felsblock gewesen, der mit der Spitze aus der Schneedecke hervorragte.

Trotzdem bedeutete diese Entdeckung einen kleinen Triumph. Jener Felsen musste zu der Ansammlung von Steinbrocken gehören, die knapp fünfzig Meter südöstlich des Lagerplatzes die ebene Landschaft durchbrachen.

Er musste sich jetzt konsequent in nordwestlicher Richtung bewegen, dann würde er das Zelt doch noch erreichen.

Allmählich spürte er, wie die Kälte in seinen Körper kroch. Keine noch so dicke Kleidung konnte diese Temperaturen abhalten. Er spürte, dass ihm nur noch wenig Zeit blieb.

Gerade als er sich umdrehen und aufbrechen wollte, sah er die im Schneetreiben verschwimmende Gestalt auf sich zukommen.

Szargosh stieß pfeifend die Luft aus der Lunge.

»Rubett!«, rief er freudig. »Gut, dass du kommst! Ich hätte mich beinahe verirrt! Hast du Dunkley auch gefun...«

Szargosh verstummte mitten im Wort. Irgendwie erregte das Schweigen der Gestalt sein Misstrauen. »Rubett?«, wiederholte er vorsichtig. »Warum sagst du nichts? Was ist los mit dir? Rubett...«

Die Gestalt kam näher. Szargosh schluckte. Allmählich konnte er Einzelheiten erkennen. Nein, das war auf keinen Fall sein Partner. Rubett war wesentlich kleiner; dieser Mann musste ein wahrer Riese sein. Außerdem trug Rubett keinen weißgrauen Fellmantel.

»Wer sind Sie?«, fragte Szargosh heiser.

Der Mann schwieg. Da schälte sich eine zweite Gestalt aus dem Wirbel aus Schnee und Eis. Szargosh stockte der Atem.

»Steve«, ächzte er entsetzt. »Aber – du bist doch tot!«

Das letzte Wort schrie er fast. Dunkley kam unaufhaltsam näher, ebenso der Unbekannte. Szargosh wich zurück. Der Fluchtweg war ihm versperrt, und in seinem Rücken befand sich die meterhohe Felswand.

Szargosh begann zu zittern, aber nicht wegen der Kälte. Er zitterte und trat Meter für Meter zurück. Dann stieß er auf Widerstand. Der Felsen.

Aus, dachte Szargosh. Aus und vorbei.

Er fühlte, wie ihm unter seiner Gesichtsmaske der Angstschweiß ausbrach.

Dunkley und der Unbekannte waren nur noch wenige Schritte von dem von Grauen geschüttelten Szargosh entfernt.

In diesem Moment verlor der Sturm etwas an Intensität; die Schneeflocken sanken zu Boden.

Deutlich konnte Szargosh den Unbekannten sehen. Szargosh kreischte auf. So sah kein Mensch aus. Es war kein Mensch...

Dunkley hatte Szargosh nun erreicht. Mit unnatürlich eckigen Bewegungen hob er eine Hand. Szargosh duckte sich, wollte unter dem ausgestreckten Arm wegtauchen, aber der Riese wuchs plötzlich vor ihm auf und trieb ihn zurück.

Szargosh starrte in Dunkleys kristallartiges Gesicht, betrachtete mit der Klarheit des kurz vor dem Tode Stehenden seinen dämonisch verwandelten Partner.

Eine fast schmerzende Kältewelle raubte ihm den Atem. Zwei tote und doch auf eine unmenschliche Art mit Leben erfüllte Kristallaugen schlugen ihn in ihren Bann. Die Hand erreichte seine Schulter und berührte ihn.

Szargosh wimmerte. Irgendetwas schien jegliche Wärme aus ihm herauszusaugen, schien seine Gedanken erstarren zu lassen und sein Herz in einen Eisklumpen zu verwandeln.

Szargoshs Bewusstsein erlosch, wurde erstickt.

In Sekundenschnelle fand eine furchtbare Verwandlung mit seinem Körper statt. Szargosh wurde zu Eis.

Ein letztes Zittern durchlief ihn, dann war aus dem Menschen ein Kälte ausströmendes Ungeheuer geworden.

Der Riese gesellte sich zu den beiden Wesen, die mit toten Augen in der Eiswüste standen. Es schien, als überzöge ein zufriedenes Lächeln seine frostigen Gesichtszüge.

Gemeinsam stapften sie in den Schneesturm hinein.

 

 

3.

 

Rubett wartete eine volle Stunde ungeduldig auf Dunkleys und Szargoshs Rückkehr. Als sie dann noch dicht zurück waren, setzte sich ein grauenvoller Verdacht in ihm fest.

Mit bebenden Händen verriegelte er sorgfältig die Eingangstür und schob die Kisten mit den Lebensmitteln, den technischen Geräten und die ungefügen Propangasflaschen davor.

Er stellte das Heizgerät auf die höchste Stufe.

Rubett hatte Angst.

Er hielt sich lange genug in Alaska auf, um zu wissen, was aus seinen beiden Begleitern geworden war.

Unwillkürlich erinnerte er sich an die Worte des alten Eskimos, den er vor Jahren in der kleinen Siedlung am Yukon River, ein paar hundert Kilometer westlich von Fairbanks, getroffen hatte:

In den Stunden des Windes, in der Zeit des Eises und den Tagen des Frostes, wenn die weiße Decke ausgebreitet, ist und die Flüsse und Bäche zugefroren sind, dann entfacht die Feuer, zündet an die Lichter und. tanzt die Tänze wider den Tod. Denn mit dem Gewimmer des Sturmes öffnet sich die Erde und speit aus das kalte Gewürm.

Jene, die nicht atmen, nicht essen, nicht singen, nicht leben und nicht Lieben verwandeln mit ihrem Atem alles in Kälte und Tod. Sie nehmen die Wärme und geben nur Frost.

Rubett erschauerte. Sie mussten hier ganz in der Nähe sein.

Sie, die Eisvampire...

 

 

4.

 

Patrick Logan stand mit vor der Brust verschränkten Armen neben seinem uralten wurmstichigen Schreibtisch und starrte nachdenklich durch die wenigen klaren Flecke des kleinen Doppelglasfensters.

Logan war ein großer, kräftig wirkender Mann mit bereits etwas schütteren grauen Haaren, einem energischen Gesicht und tief liegenden, dunklen Augen. Seinen schwieligen Händen konnte man ansehen, dass sie Zeit ihres Lebens schwere Arbeit vollbracht hatten.

Der betagte Schreibtisch füllte den kleinen Raum fast völlig aus. Ihm gegenüber nahm ein bis zur Decke reichender Bücherschrank die ganze Wand ein, und der in der Ecke stehende altmodische Ofen verbreitete angenehme Hitze.

An der Tür klopfte es laut. Logan fuhr zusammen und drehte sich um.

»Ja, bitte«, sagte er halblaut.

Knarrend schwang die dicke Holztür auf. Ein Schwall eisiger Luft ließ Logan frösteln. Unwillig musterte er seinen Besucher.

Arthur T. McCloskey klopfte sich die Schneeflocken von seinem Pelzmantel und nahm die weiche, anschmiegsame Gesichtsmaske ab. Unbeholfen zog er den fast steif gefrorenen Mantel aus.

»Hallo, Mister McCloskey«, begrüßte ihn Logan mit einem unverkennbar spöttischen Unterton.

Der dickleibige, glatt rasierte Mann murmelte etwas Unverständliches und ließ sich schnaufend in den einzigen Besucherstuhl fallen. Dann blickte er Logan offen an.

»Drei Männer werden vermisst«, eröffnete er ihm polternd. »Dunkley, Szargosh und Rubett.«

Logan runzelte die Stirn. »Rubett auch? Das wundert mich. Ich hatte ihn bislang für einen intelligenten Menschen gehalten.«

Ärgerlich trommelte McCloskey mit den Fingern auf die Armlehnen des wackeligen, ungepolsterten Stuhles. »Es ist jetzt nicht die richtige Zeit, Ihrer Abneigung gegen die Alyeska nachzugeben. Es geht um drei Menschenleben, Mister Logan.«

Logan seufzte und setzte sich ebenfalls. Geistesabwesend glitt sein Blick über die unerledigten Akten, die die Schreibtischfläche völlig bedeckten.

»Seit wann sind die drei unterwegs?«, erkundigte er sich.

»Sie sind vor fünf Tagen aufgebrochen«, erläuterte McCloskey hastig. »Mit einem Eisrover und ausreichend Verpflegung und Heizmaterial. Ihr Ziel war das Rumsfield Plateau. Sie sollten dort einige Probesprengungen vornehmen und sofort mit den Echolot Diagrammen zurückkehren. Insgesamt eine Sache von höchstens drei Tagen. Aber, wir haben noch nichts von ihnen gehört...«

Logan hatte sich einige Notizen gemacht. »Kein Funkkontakt, oder?«

McCloskey schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Hm. In der Umgebung des Plateaus tobt derzeit ein ziemlich heftiger Schneesturm. Das dürfte der Grund dafür sein, dass sie keine Nachrichten senden.«

McCloskey rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Und natürlich könnte dies auch der Grund für ihr Ausbleiben sein«, meinte er. »Aber ich habe bei dieser Sache ein verdammt unangenehmes Gefühl.«

Logan lehnte sich zurück und fixierte den ihm gegenüber sitzenden Repräsentanten der Alyeska, dem Konsortium von acht amerikanischen Ölfirmen, die in Alaska nach Öl suchten und bereits die weltberühmte Alaska Pipeline gebaut hatten, einen 1285 Kilometer langen stählernen Schlauch, der von der Prudhoe Bay am nördlichen Eismeer bis zur Hafenstadt Valdez am Pazifik reichte.

»Wie kommt es, dass Sie wegen drei Männern so nervös sind?«, fragte Logan interessiert. »Bislang haben Sie nicht den Eindruck erweckt, besonders an dem Leben Ihrer Arbeiter zu hängen, Mister McCloskey.«

Der Dicke zündete sich eine schwarze Zigarre an. »Hören Sie, Logan, ich weiß, dass Sie mich nicht leiden können, aber Sie sind der Polizeichef in diesem gottverlassenen Nest, und darum ist es Ihre Pflicht, diesem Fall nachzugehen.«