1712 - Pit Vogt - E-Book

1712 E-Book

Pit Vogt

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Beschreibung

Glauben Sie an Märchen? Manche sagen, dass das alles ja gar nicht real sei - sie glauben nicht daran. Dabei verbirgt sich gerade hinter solcherlei Geschichten ein winziges Stückchen Kindheit. Eine Kindheit, die sich so manch´ einer sehr gern bewahrt hätte. Hier zu lesen sind solche Geschichten, solche (modernen) Märchen, die irgendwie wahr sein könnten. Vielleicht sind sie auch unglaublich, unfassbar oder absolut unrealistisch, wer weiß. Doch ist das nicht egal? Ist es nicht schön, an irgendetwas glauben zu können, was da vielleicht noch sein könnte, auch, wenn man weiß, dass es nicht so sein kann? Wird auf diese Weise nicht doch alles gut, oder vielleicht sogar Wirklichkeit? Und helfen diese modernen Märchen nicht ab und an über schwierige Zeiten hinweg? Wieder ein bisschen Kindsein, an das glauben, was spannend ist und unbegreifbar, das ist unser Leben. Es ist eben so - und alles scheint manchmal wie ein fantastisches Märchen.

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Seitenzahl: 160

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Inhaltsverzeichnis

Arbeitssuche

Blizzard

Der kleine Fuchs

Die Hebamme

Die Kühltruhe

Bobbys Buch

Lilly und Lucy

17.12.

Düsteres Hotel

Der Sturm im Wald

Schatten

Eiszapfen

Der schwarze Tod

Seltsame Begegnung

Feuerwehreinsatz

Erkenntnis

Die Geldbörse

Irgendwo in Amerika

Motel

Das Teufelshaus

Der Hochsitz

Eine Kiezgeschichte

Der Ring der Hoffnung

Der Garten

Arbeitssuche

Ricks Arbeitgeber, eine kleine landwirtschaftliche Firma, musste Insolvenz anmelden, und niemand bekam mehr Gehalt. Und so kam es wie es kommen musste – alle wurden arbeitslos! Bei Rick war es beinahe doppelt so schlimm. Er besaß einen kräftigen Stier namens Pedro, den er wirklich sehr liebte. Immerhin hatte er das treuherzige Tier vor drei Jahren von seinem Opa, der in Spanien lebte, geschenkt bekommen. Als der alte Mann dann starb, versprach im Rick am Sterbebett, das er stets gut auf Pedro aufpassen würde und er auch immer ausreichend Futter bekäme. Nur die kleine Farm, welche der Großvater besaß, konnte Rick nicht bewirtschaften. Sie stand fortan leer und gammelte vor sich hin, weil sich kein Käufer für sie fand.

Und was war mit Rick? Der wusste nicht einmal, wie er seinen eigenen Magen füllen konnte. Die Stütze reichte gerademal für eine einzige spärliche Mahlzeit am Tag und die Auslagen für die Fahrten zu potenziellen Firmen, die ihn dann doch nicht einstellen wollen, weil er mit 45 Jahren schon viel zu alt war. Niedergeschlagen stand er schließlich vor Pedros winziger Einfriedung seines noch viel winzigeren Hauses und weinte bitterlich. Er hatte einfach keine Idee, wie er Opas Stier durchbringen sollte. Und so stieg er die Treppen nach oben und wollte einen Tierpark anrufen, um seinen besten Freund dorthin zu verkaufen. Als er das dicke Telefonbuch aufschlug, fiel ihm eine große Anzeige auf. Darin warb eine Lottogesellschaft, doch endlich wieder einmal Lotto zu spielen. Rick zählte seine drei Groschen zusammen und fand, dass er als letzten Ausweg diese Möglichkeit nutzen könnte. Das Geld reichte gerade so und schon warf er sich seine Jacke über, um zur Lotto-Annahmestelle zu gehen. Der Tag war schön und der Ladenbesitzer zog ein freundliches Gesicht. Vielleicht würde ja doch alles wieder gut, so dachte es sich Rick und nahm seinen neuen Lottoschein fest an sich.

Wieder daheim bereitete er Pedro das Abendessen zu und setzte sich vor sein Fernsehgerät. Genüsslich öffnete er die letzte Flasche Bier und harrte der Lottozahlen, die da kommen mochten. Die Sendung begann und eine Zahl nach der anderen wurde gezogen. Und es war wie ein Wunder, eine Zahl nach der anderen war richtig! Rick konnte sein Glück kaum fassen! Er hatte tatsächlich gewonnen und würde vermutlich Millionen bekommen! Voller Glück leerte er die Bierflasche und legte den Lottoschein vor sich auf den Tisch. Schnellstens wollte er zu Pedro, um ihm die wundervolle Nachricht zu überbringen. Und selbst der Stier schien sich zu freuen; er schnaubte und scharrte mit seinen Vorderhufen auf dem Steinfußboden des engen dunklen Kellerraumes. Als Rick jedoch wieder oben in seinem Wohnzimmer eintraf, war der Lottoschein verschwunden. Verzweifelt suchte er beinahe das gesamte Haus ab, doch der vermaledeite Schein war nirgends mehr zu finden. Schon den Tränen nahe, wusste sich Rick einfach keinen Rat mehr und sank kraftlos zu Boden. Nun schien wohl alles zu Ende und er würde wohl oder übel seinen geliebten Pedro verkaufen müssen.

Todtraurig legte er sich ins Bett, und schlief doch einfach nicht ein. Und es war ganz seltsam – aber aus der anfänglichen Lethargie wurde grenzenlose Wut und abgrundtiefer Hass. Warum nur ging das Schicksal so rüde und gemein mit ihm um? War er nicht immer nett zu den anderen Menschen, und hatte er nicht viel zu oft verlieren müssen? Stand ihm nicht endlich eine angemessene Belohnung für all die vielen miesen Jahre seines erfolglosen Lebens zu? Zu allem entschlossen nahm er sich vor, gleich am nächsten Morgen zu seiner Beraterin auf dem Arbeitsamt zu gehen, um sich irgendeine Arbeit zu erbetteln. Gedacht, getan! Am nächsten Morgen stand er schon sehr früh auf und wollte sofort loslaufen. Doch da fiel ihm sein armer Freund Pedro ein. Der stand sicherlich traurig im Keller und litt. Eine verwegene Idee schoss Rick durch den Sinn … Pedro sollte mit ihm kommen, damit die Beraterin sah, wie dringend sein Fall war. Und so holte er den noch schlaftrunkenen Stier aus dem Keller und band ihm einen langen Strick um, damit er auch nicht entwischen konnte. Mit großen Augen starrten die Leute Augen hinter ihm her, denn einen Mann, der mitten auf der Straße einen Stier mit sich führte, hatten sie wohl noch niemals zu Gesicht bekommen. Und Pedro lief artig hinter Rick her und schnaufte nicht einmal. Vor dem Arbeitsamt allerdings standen zwei schlecht gelaunte Wachleute mit Gummiknüppeln und wollten Rick nicht durchs Tor lassen. Als der eben noch gutmütige und sanft dreinschauende Pedro wütend mit seien Hufen scharrte, sprangen die Wachen erschrocken beiseite und ließen die beiden sonderbaren Gäste hindurch. Rick dachte gar nicht daran, seinen Stier irgendwo vor dem Gebäude anzubinden. Vielmehr wollte er seiner Beraterin deutlich machen, wie wichtig die Angelegenheit war, wie dringend er einen Job brachte. Außerdem wollte er der nicht immer freundlichen Dame sozusagen am lebendigen Objekt klarlegen, dass er noch für jemand zu sorgen hatte.

Auf den Fluren des Amtes herrschte reger Betrieb. Dutzende Menschen mit mehr oder weniger frustrierten Gesichtern liefen auf und ab. Als sie Rick mit seinem Stier Pedro kommen sahen, versteckten sie sich rasch hinter den Aushängen mit den schlecht bezahlten Aushilfsjobs und trauten sich nicht mehr hervor. Rick und Pedro schritten zielsicher bis zum Zimmer der Vermittlerin, und Rick zog ganz brav eine Nummer. Geduldig warteten die beiden, bis die Nummer aufgerufen wurde und traten schließlich ein. Die Arbeitsberaterin Lissy Hubert erschreckte sich beinahe zu Tode. Sie hatte ja schon vieles erleben müssen, aber einen Mann mit einem Stier, nein, das war selbst ihr noch niemals untergekommen. Mit zittrigen Händen griff sie zum Telefonhörer und wollte den Sicherheitsdienst, der längst schon auf der Suche nach den beiden ungebetenen Eindringlingen war, zu sich rufen. Doch da schnaubte Pedro derart heftig, dass die arme Lissy vor Schreck den Telefonhörer fallen ließ und sich hinter ihrem Stuhl verkroch. Rick erkundigte sich energisch nach einem Job, doch Lissy winselte nur hilflos hinter ihrer vermeintlichen Barrikade herum und meinte, dass sie keinen anzubieten hätte. Nicht einmal Ricks Flehen, doch unbedingt eine Arbeit zu bekommen, half etwas. Der leicht vibrierende ängstliche Ton der Vermittlerin und die Tatsache, dass er noch immer nichts zum Frühstück bekommen hatte, ließen Pedro erzürnen. Er schnaubte und schniefte immer lauter, scharrte fürchterlich mit seinen Vorderhufen, sodass sich die Auslegeware kringelte und ging zum offenen Angriff über. Schon hatte er die Hörner in Richtung >Lissy< gerichtet, da wurde die Tür aufgerissen. Mehrere Sicherheitsbeamte stürmten herein und wollten sich auf Rick stürzen. Lissy hatte sich unterdessen aufs Fensterbrett hinter ihrem Schreitisch retten können, wollte hinaus auf den Sims klettern, da sprang Pedro auch schon wutentbrannt auf die Sicherheitsleute zu. Die konnten gerade noch rechtzeitig aus dem Zimmer flüchten. In der Zwischenzeit war Lissy laut stöhnend auf ihrem Fenstersims eingetroffen und stellte erschüttert fest, dass der erste Stock wohl doch etwas zu hoch für sie sei. Sie wollte zurück ins Zimmer, doch da stand Pedro und schnaubte und scharrte wie sonst nie. Rick versuchte, seinen Stier zu beruhigen, doch es war vollkommen aussichtslos. Pedro kannte kein Halten mehr und nahm nun die arme Lissy aufs Korn. Die versprach in allerletzter Not, Rick doch noch irgendwo unter zu bekommen. Aber da sprang Pedro auch schon auf ihren Schreibtisch und brachte sämtliche Akten von all den verschobenen Arbeitsstellen, und die vermeintlichen Sexzeitschriften, welche Lissy heimlich in der Pause durchforstete, weil sie das Alleinleben endgültig satthatte, durcheinander. Die Unterlagen flogen durch die Luft und die >Stütze-Ablehnungs-Bescheide< vermischten sich dreist mit den Pornobildern junger knackiger Männer. Doch noch etwas anders segelte durch die Luft geradewegs an Ricks Nase vorüber: ein Lottoschein. Und als Rick den Schein ergriff und neugierig betrachtete, stellte er fest, dass es sein eigener Schein war, den er daheim so lange gesucht hatte. Schnell rief er Pedro zurück und sprang vor lauter Glück auf und nieder. Als Pedro sein eben noch trübsinnig daherschleichendes Herrchen so glücklich umherspringen sah, wurde auch er wieder ruhig und leckte Rick zufrieden übers Gesicht. Die beiden verließen schließlich schnellstens das Büro der Vermittlerin und liefen eiligst nach Hause. Verfolgt wurden sie nicht, denn die Sicherheitskräfte hatten sich längst aus dem Staub gemacht.

Im Fernsehen wurden gerade die Gewinnquoten bekannt gegeben. Es stellte sich heraus, dass Rick etliche Millionen gewonnen hatte. Davon bezahlte er die neue Büroeinrichtung seiner Arbeitsvermittlern, die ihm vor lauter Dankbarkeit eine neue Arbeitsstelle versprach. Außerdem verkaufte er sein winziges Haus und wanderte mit seinem Freund Pedro nach Spanien aus. Er wollte die alte Farm seines Großvaters wieder flottmachen und fortan ein ruhiges Leben führen.

Nach kurzer Zeit hatte er aus der alten Farm eine florierende Arena gezaubert, wo allwöchentlich die spannendsten Stierkämpfe stattfanden. Er wurde steinreich durch die Einnahmen aus den Kämpfen, und Pedro, der von allen Stierkämpfen ferngehalten wurde, bekam einen richtig großen Stall, ganz für sich allein. Eines Tages erhielt Rick einen Brief vom Arbeitsamt seiner ehemaligen Stadt. Dort hatte man offenbar versäumt, seinen Namen aus der Kartei zu entfernen. Die Arbeitsvermittlerin teilte ihm mit, dass man endlich einen Job für ihn gefunden hatte: Als Torero in einer Stierkampfarena, gleich hinterm Arbeitsamt!

Blizzard

Plötzlich war die Fahrt zu Ende! Irgendwo draußen, auf einem kleinen vergammelten Bahnhof in der Nähe von „Indians-Place“. Ich stand auf dem Bahnsteig und wartete nun schon stundenlang auf meinen Zug. Aber er kam nicht. Dafür zog ein heftiger Schneesturm auf. Ich rettete mich ins Innere des Bahnhofsgebäudes. Und es half nichts, ich musste es mir in dem zugigen Bahnhofsgebäude so bequem wie möglich machen. Obwohl ich wirklich sauer war, nun nicht mehr weiter zu kommen, arrangierte ich mich schnell mit dem Gedanken, in diesem alten Bahnhof am Rand der Zeit übernachten zu müssen. Denn vor dem nächsten Morgen würde kein Zug mehr fahren. Mein mittlerweile einziger Gedanke kreiste nur noch um dieses wackelige Gebäude. Hoffentlich hielt es dem immer heftiger tobenden Sturm stand. In wenigen Tagen war Heiliger Abend, und das Schneegestöber dort draußen gewann derart an Heftigkeit, dass es diverse Gegenstände, wie Schaufeln und Schilder durch die Luft trieben. Es pfiff durch alle Ritzen und ich staunte, wie viele es doch waren. Und trotzdem ich eine warme Jacke angezogen hatte, fror es mich ganz erbärmlich. Ich machte es mir auf einer hölzernen Bank, die wohl schon hundert Jahre zählen mochte, bequem. Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und ich bekam einen fürchterlichen Schreck. Ich dachte, dass der Sturm die Tür aufgebrochen hatte. Doch glücklicherweise war es nicht so und ein fremder Mann betrat fröstelnd die kleine Halle. Er klapperte derart laut mit seinen Zähnen, dass ich mir schon Sorgen um seinen Gesundheitszustand machte. Doch er winkte lachend ab und meinte, dass er keinen anderen Ort mehr gefunden hatte, um sich vor dem aufziehenden Sturm zu schützen. Da wir an diesem Abend wohl keinerlei Gäste mehr zu erwarten hatten, stellten wir uns gegenseitig vor. Er hieß Danny und kam aus einer Ortschaft, die wohl nicht sehr weit entfernt sein musste. Er kam mit dem Auto und konnte nicht mehr weiterfahren. Das alte Bahnhofsgebäude schien auch ihm irgendwie der rechte Schutz vor dem Sturm zu sein.

Wir kamen schnell ins Gespräch und ich erzählte ihm von meinem Ausflug in diese Gegend. Ich war auf Recherche und wollte ausgerechnet eine Reportage über vergessene Ortschaften schreiben. Nun kam ich selbst in die Lage, in solch einer vergessenen Situation festzusitzen. Doch Danny schien ein lebenslustiger Mensch zu sein. Er meinte, dass zu Hause seine Frau Emily und sein kleiner Sohn Glenn auf ihn warteten. Vor einer halben Stunde aber brach der Kontakt ab und sein Handy bekam keinen Empfang mehr. Ich versuchte, mein Handy flott zu bekommen, doch auch das funktionierte nicht. Es schien, als wären wir beide regelrecht von der Außenwelt abgeschnitten. Draußen musste die Hölle los sein. Es pfiff und rauschte derart laut, dass wir Mühe hatten, unsere Worte zu verstehen. Außerdem brach der Sturm andauernd irgendein Fenster auf und wehte Unmengen an Schnee in die Schalterhalle. Auf dem Bahnsteig waren schon lange keine Gleise mehr zu erkennen. Stattdessen türmten sich so langsam meterhohe Schneewehen dort auf. Mir wurde schon bange, wohl auch am folgenden Tage nicht mehr hier wegzukommen. Danny schien meine Besorgnis zu bemerken. Er bot mir an, mich bis in die nächste Stadt mitzunehmen. Er musste wie ich nach Norden fahren und konnte mir vielleicht ein Stück Weg abnehmen. Doch diesen Vorschlag musste er wohl oder übel doch noch einmal überdenken, denn auch die Straße sah nicht besser aus als das Gleis am Bahnsteig. Auch dort türmten sich meterhohe Schneewehen und es würde wohl Tage dauern, bis sich jemand bis hierher durchgekämpft hätte. Gemeinsam schoben wir die Sitzbank vor die Eingangstür, um dem Sturm die Möglichkeit zu verwehren, weitere Schneemassen hinein zu pusten. Die Heizkörper funktionierten nicht und uns blieben wirklich nur unsere Kleidung und unsere hitzigen Gedanken, dass es uns etwas angenehmer wurde. Danny erzählte, dass er noch immer keinerlei Weihnachtsgeschenke für die Familie dabeihatte. Und es war ganz seltsam, wir unterhielten uns plötzlich über unsere Erlebnisse, die wir früher an Weihnachten hatten, als wir selbst noch Kinder waren. Es stellte sich heraus, dass Danny in meinem Alter war, und nun verband uns so manche Erinnerung. Plötzlich wurde es stockdunkel. Erschrocken hielten wir den Atem an und harrten sekundenlang den Dingen, die da kommen mochten. Doch es kam nichts! Was war geschehen? Danny fasste sich als erster und schaute durch die kleine Glasscheibe in der Eingangstür. Umständlich, weil er nichts sehen konnte, schob er die Sitzbank beiseite und wollte zu seinem Fahrzeug. Vor dem Eingang jedoch hatte sich eine mannshohe Schneedüne aufgehäuft, die das Licht nicht in den kleinen Wartesaal ließ. Allerdings war es ohnehin bereits Abend geworden, sodass es auch draußen bereits dämmerte. Der Sturm war derart stark, dass Danny kaum vorankam. Er brauchte einige Zeit, bis er seinen Wagen, der eigentlich gleich vor dem Eingang parkte, fand. Er wollte eine Taschenlampe holen. Ich versuchte unterdessen, einen Lichtschalter zu finden. Als ich endlich einen entdeckte und ihn betätigte, reagierte nichts. Also war auch der Strom ausgefallen. Mir schwante bereits, dass das kein gutes Zeichen sein konnte. Als Danny zurückkehrte, schoben wir schnellstens die Bank vor die Tür und Danny klopfte sich erst einmal den Schnee von seiner Kleidung. Als wir wieder auf der Bank saßen und im schwachen Licht der Taschenlampe von heißem Kaffee und einem belegten Brötchen träumten, knisterte es plötzlich zwischen den krachenden Sturmböen, die fortwährend gegen das kleine Bahnhofsgebäude prallten. Wir konnten uns die Herkunft dieses seltsamen Geräusches, welches so gar nicht zu dem Gepolter des Blizzards passte, erklären. Doch plötzlich schaltete sich das Licht wieder ein und ein alter Mann stand mitten in der Schalterhalle. Zwar erschraken wir, doch der Gedanke, nicht so ganz allein in dieser kalten Halle ausharren zu müssen, ließ uns alles andere schnell vergessen.

Der Alte klopfte sich prustend den Schnee von seiner Jacke und ich fragte ihn, wie er durch die versperrte Eingangstür gekommen sei. Er antwortete jedoch nicht auf diese Frage, hustete mehrmals und sagte dann: „Ein Mistwetter! Ausgerechnet jetzt, kurz vor Weihnachten. Hoffentlich hört das bald wieder auf.“ Danny warf mir einen vielsagenden Blick zu. Er war sich wohl genau wie ich nicht so ganz sicher, woher der Alte wirklich gekommen war. Denn die Fenster waren vom Schnee versperrt, und draußen vor dem Gebäude gab es ebenfalls keinerlei Wege mehr, die man hätte passieren können. Stöhnend nahm der Alte neben uns Platz. Nun waren wir schon drei und ich freute mich, dass er aus seinem kleinen Rucksack, den er bei sich führte, eine Thermoskanne herauszog. Ohne viele Worte zu verschwenden, goss er ein und reichte den Becher an uns weiter. Es war eine Wohltat, den heißen Kaffee herunter zu schlürfen. Wir fühlten uns gleich wesentlich lebendiger, auch wenn uns klar wurde, dass dieser Zustand nicht anhalten würde. Denn vor uns lagen noch eine stürmische eiskalte Nacht und ein ebenso ungastlicher Morgen. Nur wie sollten wir uns daraus befreien? Der alte Mann wusste auch keinen Rat und sprach andauernd über Weihnachten und von den verschneiten wunderschönen Winterwäldern. Ich konnte seine Gelassenheit überhaupt nicht verstehen und machte ihm das auch deutlich. Und ehe ich mich versah, befanden wir uns auch schon in einem angeregten Gespräch über unser Leben und unsere Sorgen. Auch in mir kam so viel hoch, was ich glaubte, längst vergessen zu haben. Dieser lange Weg zur Selbsterkenntnis und die vielen Umwege, die ich so gegangen war, um endlich zu mir selbst zu finden. Das nur, um am Ende festzustellen, dass ich doch noch lange nicht am Ziel meines Weges angekommen war. Der Alte wunderte sich über die vielen unterschiedlichen Wege, die wir so hinter uns hatten. Er meinte, dass es gar nicht so schlimm sei, so viele verschiedene und vollkommen unterschiedliche Wege hinter sich gebracht zu haben. Nur so könnte man die Welt in ihren unterschiedlichen Facetten und Formen kennenlernen. Nur so würde man lernen, richtig zu leben. Dabei käme es nicht darauf an, wie alt man dabei würde. Und gerade ich hatte große Probleme bei dem Gedanken, immer älter zu werden, und dabei vielleicht nie den Stein der Weisen gefunden zu haben. Der alte Mann jedoch sagte nur: „Es ist nicht wichtig, wie alt man wird, um eine Erkenntnis zu bekommen. Es ist wichtig, dass man überhaupt eine Erkenntnis hat. Das allein rechtfertigt schon, richtig leben zu können. Und da ist das Alter nicht wesentlich. Manchmal ist es sogar besser, älter und erfahrener zu sein, damit man diese Erkenntnisse auch ebenso richtig anwenden kann.“ Danny nickte zustimmend und erzählte ihm von seiner Frau und sei