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Tag und Nacht grübelt der junge Bauer Albin Sternbacher darüber nach, wie er das Herz der schönen Blanca erobern könnte. Als er erfährt, dass die Angebetete eine Wahrsagerin aufsuchen will, wittert er eine Chance. Er fleht die "weise Frau" an, Blanca klarzumachen, dass der Herzkönig ganz in ihrer Nähe schon sehnsuchtsvoll auf sie wartet. Doch Albins Hoffnung, dass Blanca nach dem Besuch der Wahrsagerin schnurstracks in seine Arme sinkt, erfüllt sich nicht. Im Gegenteil. Auf dem Heimweg lernt sie einen Mann kennen, in den sie sich, da sie ihn für den prophezeiten Herzkönig hält, Hals über Kopf verliebt ...
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Seitenzahl: 102
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Das Orakel von Reichenhall
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Heiterer Heimatroman um die Herzensnöte eines verliebten Dirndls
Von Isa Halberg
Tag und Nacht grübelt der junge Bauer Albin Sternbacher darüber nach, wie er das Herz der schönen Blanca erobern könnte. Als er erfährt, dass die Angebetete eine Wahrsagerin aufsuchen will, wittert er seine Chance. Er fleht die »weise Frau« an, Blanca klarzumachen, dass der Herzkönig ganz in ihrer Nähe schon sehnsuchtsvoll auf sie wartet.
Doch Albins Hoffnung, dass Blanca nach dem Besuch der Wahrsagerin schnurstracks in seine Arme sinkt, erfüllt sich nicht. Im Gegenteil. Auf dem Heimweg lernt sie einen Mann kennen, in den sie sich, da sie ihn für den prophezeiten Herzkönig hält, Hals über Kopf verliebt ...
Kopfschüttelnd schlich Hannes Genzinger an der guten Stube vorbei. Er hörte von drinnen Gekicher und das muntere Geplapper dreier Madln. Ein Sektkorken knallte. Es war nicht der erste an diesem milden Abend im September.
Drei auf einen Schlag sind einfach zu viel, dachte Hannes. Vor allem, wenn eine von ihnen meine Schwester ist! Die Blanca platzt ja fast vor Übermut, seit sie ihre Hotelfachprüfung so gut bestanden hat! Na ja, warum soll sie jetzt net ein bisserl feiern mit ihren Freundinnen!
Bevor er sich in Sicherheit bringen konnte, wurde die Tür aufgerissen, und Blancas vergnügtes Gesicht lugte hervor. Dahinter tauchten ihre beiden Freundinnen auf, Vevi und Lissy. Auch sie strahlten, als hätten sie gerade das große Los gezogen.
»Ich hab's doch geahnt!«, rief Blanca und zog ihren Bruder ins Wohnzimmer des Genzinger-Hofs. »Du tigerst im Flur auf und ab und bist neugierig, was hier drin vorgeht!«
»Unsinn!«, widersprach Hannes.
Vevi hängte sich an seinen Arm und sah ihn mit ihren haselnussbraunen Augen so schmachtend an, als sei sie in ihn vernarrt. Dabei war sie doch mit Franz Antretter verlobt und wollte demnächst heiraten!
»Ach, Hannes«, gurrte Vevi, »jetzt komm schon und trink ein Glaserl Sekt mit uns! Du bist doch auch stolz auf deine Schwester, net wahr? Sie hat die Prüfung mit Auszeichnung bestanden, das musst du dir mal vorstellen!«
»Und eine Stelle hat sie auch schon in Aussicht!«, fiel Lissy ein.
Hannes fühlte sich überrumpelt. Sie hatten alle drei einen kleinen Schwips, die langjährigen Freundinnen seiner Schwester, und er war hier wirklich fehl am Platz!
»Ich wollt grad gehen«, erklärte er. »Im ›Hirschen‹ ist heut Abend Bergwachtversammlung, und ich gehör schließlich dazu. Eigentlich müsst ich schon längst weg sein.«
Seine Schwester lachte ihn an. Links hatte er die Vevi am Arm, rechts die Lissy, die ebenfalls schon in festen Händen war.
»Ein ganz kleines Glaserl Sekt kannst du doch mit uns trinken!«, schmeichelte Vevi. »Weißt du, wenn ich dich so aus der Nähe anschau, Hannes, dann frag ich mich, warum ich mich für einen anderen entschieden hab und net für dich.«
»Vevi!«, brummte er ärgerlich. »Du bist net mehr nüchtern! Red keinen Blödsinn! Von jeher bist du in den Franz verliebt gewesen und net in mich! Und außerdem hab ich die Rosl drüben in Tannenbrunn.«
»Jetzt hast du ihn in Verlegenheit gebracht, den Ärmsten!«, sagte Lissy lachend.
»So, die Rosl aus Tannenbrunn?«, fragte Blanca verschmitzt. »Ich wusst ja gar net, dass du für die eine Schwäche hast! Schau an, mein großer Bruder!«
»Es ist ja auch alles noch in den Anfängen!«, erklärte er. »Himmel, lasst mich doch in Ruh, ihr drei! Mit euch werd ich net fertig. Die Eltern haben's richtig gemacht, die sind vor zwei Stunden nach Reichenhall gefahren ins Theater, damit sie sich net euer Geschwätz anhören müssen!«
Er wollte sich rasch davonmachen, aber es gelang ihm nicht. Die drei Madln zwangen ihn doch glatt, ein Glas Sekt zu trinken!
Zugegeben, hübsch waren sie, Blancas Freundinnen, und nun fühlte sich Hannes in ihrer Gesellschaft schon wohler. Er gab erst der Vevi, dann der Lissy einen Kuss auf die Wange – ein ganz freundschaftliches Busserl natürlich! Dann zupfte er seine Schwester an ihren Locken.
»Der Sekt schmeckt net schlecht«, sagte er versöhnlich. »Aber mehr trink ich net, ich will mit dem Auto runter ins Dorf. Feiert ruhig noch ein bisserl weiter!«
»Das werden wir auch, Hannes!«, verkündete Blanca.
Er sah sie lächelnd an. Ihre Wangen glühten vor Lebensfreude. Ja, seine Schwester, die hatte Temperament! Sie hatte schon immer gewusst, was sie wollte. Und das bekam sie auch. Zum Beispiel die gut bezahlte Stelle im »Hotel Salzhof« neben der Kirche.
Es war ein erstklassiges Haus, das fast immer ausgebucht war. Im Sommer kamen die Urlauber aus den Städten, um sich im idyllischen Hainbuchen zu erholen, im Herbst die Wandervögel und im Winter die Skifahrer.
»Also macht's gut!« Hannes ließ das »Dreidirndlhaus« allein und sah zu, dass er noch halbwegs pünktlich zu seiner Bergwachtversammlung kam.
»Dein Bruder ist ein Goldstück!«, stellte Lissy fest. »Gut schaut er aus, und er kriegt einmal den Hof. Ein schönes Anwesen habt ihr! Aber ich will net klagen. Mein Florian hat schließlich eine gut gehende Schnitzerwerkstatt in Bad Reichenhall.«
»Und mein Franz erbt den Antretter-Hof«, setzte Vevi hinzu. »Wir sind eigentlich alle in festen Händen, sogar dein Bruder scheint verliebt zu sein. Bloß du, Blanca, bist noch solo.«
»Na und?« Blanca zuckte die Schultern und schenkte Sekt nach. Vorsichtshalber mischte sie ihn mit Orangensaft, denn gar so trinkfest waren die Madln nun doch nicht!
Lissy kicherte.
»Na und, na und! Du bist vierundzwanzig, Blanca! Die Vevi und ich reden schon vom Heiraten, und du ...«
»Wenn ich mich verlieb, dann muss es was ganz Besonderes sein«, fiel Blanca ihrer Freundin ins Wort. »Net irgendeiner, der grad zur Verfügung steht, begreift ihr das denn net? Ich träum von der ganz großen romantischen Liebe!«
»Du liebe Güte!« Lissy schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Da kannst du am End dein ganzes Leben lang warten! Ich hätt dich für vernünftiger gehalten, Blanca. Muss es denn unbedingt ein Märchenprinz sein?«
»Ach, ihr geht mir auf die Nerven!«, wehrte Blanca ärgerlich ab. »Bei euch gibt's nur eins: heiraten, heiraten und nochmals heiraten!«
Schweigen. Lissy biss in ein Kipferl, und Vevi zerkrümelte ein paar Kartoffelchips.
»Jetzt seid net beleidigt!«, lenkte Blanca ein. »Ich hab's net bös gemeint.«
Vevi räusperte sich.
»Mei, manchmal bist du schon ein bisserl schwierig, Blanca. Nur gut, dass die Lissy und ich dich kennen! Aber im Ernst: Wär's net schön, wenn du auch ... ich mein, wenn du ...«
»Sie meint, es wär toll, wenn du auch einen Freund hättest«, vollendete Lissy den Satz. »Dann könnten wir alle miteinander mal etwas unternehmen oder sogar gemeinsam heiraten. Unser ehrwürdiger Herr Pfarrer flippt aus, wenn er gleich drei Brautpaare auf einmal trauen muss!«
»So ein Unsinn!«, murmelte Blanca. »Da hat man doch gar nix von seinem Hochzeitstag, wenn man die Festlichkeiten mit zwei anderen Paaren teilen muss! Ein heilloses Durcheinander wär das. Nein danke. Das ist net nach meinem Geschmack.«
»Net nach deinem Geschmack?«, hakte Vevi nach. »Was wäre denn nach deinem Geschmack? Angenommen, du könntest dir deinen Märchenprinzen aussuchen, wie müsst er denn aussehen?«
Blanca überlegte eine Weile.
»Hm, so genau weiß ich das net«, sagte sie dann. »Gut müsst er schon ausschauen, klar, aber vor allem wären mir Treue und Zärtlichkeit wichtig. Ja, und zuverlässig müsst er sein.«
»Und der Albin ist absolut net nach deinem Geschmack?«, fragte Vevi zögernd. Sie wusste genau, dass das ein ganz heikles Thema war.
»Ich hab's geahnt!«, fuhr Blanca verärgert auf. »Wir drei können net zusammen sein, ohne dass der Name Albin Sternbacher fällt. Warum wollt ihr mich eigentlich unbedingt mit dem verkuppeln?«
»Niemand will dich verkuppeln«, stellte Lissy klar. »Wir wollen halt nur, dass du auch glücklich wirst. Und wir finden, dass der Albin für dich genau der Richtige wär.«
Aus Blancas veilchenblauen Augen traf sie ein vernichtender Blick.
»Wie oft soll ich's euch denn noch sagen?« Sie trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum. »Der Albin ist ein guter Kumpel, hilfsbereit und verlässlich. Aber das ist alles. Ich kenn ihn seit Jahren, und er geht mir mit seiner Anhänglichkeit immer mehr auf die Nerven. Ständig versucht er, mich irgendwo abzufangen, mich einzuladen und was weiß ich noch!«
»Er ist unsterblich in dich verliebt«, flüsterte Lissy mitfühlend. Sie hatte ein weiches Herz, und Albin Sternbacher tat ihr leid. Er litt, weil Blanca ihn einfach links liegen ließ.
»Dafür kann ich nix«, schnaubte Blanca. »Ich hab ihm schon oft genug gesagt, dass er ein guter Freund für mich ist, mehr net!«
Vevi nippte an ihrem Glas.
»Der Albin!«, sagte sie in einem Ton, als wolle sie eine Ware anpreisen. »Groß, schlank, braunes Haar und sehr, sehr schöne Augen. Graugrün wie der See droben am Hochgern.«
»Hört sich an, als wolltest du ihn mir verkaufen«, höhnte Blanca. »Was soll er denn kosten?«
»Nix kostet er, jedenfalls du kriegst ihn umsonst, Blanca!«, erwiderte Vevi. »Es gibt genug Madln, die ihn anhimmeln, hier und anderswo. Aber er hat nur Augen für dich.«
»Und eine gute Partie ist er obendrein!«, schaltete Lissy sich ein. »Der Sternbacher-Hof ist einer der größten in der ganzen Gegend. Alles tipptopp in Ordnung, und die alten Sternbachers sind nette und umgängliche Leut.«
»Schluss damit!« Wütend sprang Blanca auf. »Bin ich in einem Heiratsvermittlungsbüro? Jetzt habt ihr mir endgültig die Laune verdorben!«
»Sei doch net so empfindlich, Blanca!« Lissy zog die Freundin wieder auf die Couch neben sich. »Es war doch nur so ein Gerede. Du willst den Albin net, basta. Liebe kann man net erzwingen.«
»Eben.« Blanca war schnell versöhnt. »Gut, dass ihr's einseht!«
Sie leerten ihre Gläser, und die ausgelassene Stimmung stellte sich schnell wieder ein. Es wurde getrunken, gelacht und gescherzt.
***
Der Abend war schon fortgeschritten, da nahm die Feier eine kleine Wende. Plötzlich zog Lissy nämlich den »Reichenhaller Anzeiger« aus ihrer Tasche.
»Mir fällt da grad was ein«, rief sie dabei. »Extra deinetwegen hab ich die Zeitung mitgebracht, Blanca. Bitte geh net gleich wieder in die Luft!«
»Ich bleib ganz zahm. Versprochen.« Jetzt war Blanca wieder bereit, jeden Scherz mitzumachen.
»Weil du deinen Märchenprinzen immer noch net gefunden hast«, fuhr Lissy fort, »hab ich mir gedacht, man müsst mal einen Blick in die Zukunft werfen. Vielleicht erfahren wir dann, wo und wann du den Mann fürs Leben kennenlernst.«
Gespannt beugten sich die drei Madln über die aufgeschlagene Zeitung. In der Rubrik »Verschiedenes« stand:
Madame Melissa, Wahrsagerin und Kartenleserin, nur für drei Tage in Bad Reichenhall im Ludwigssaal des »Hotels Brunnenstein«! Telefonische Voranmeldung unbedingt erforderlich. Sie erfahren alles über Ihre Zukunft: Liebe, Glück, Finanzen. Völlig diskret!
Es folgte eine Telefonnummer.
»Du liest doch ab und zu Horoskope«, erinnerte Lissy ihre Freundin Blanca mit strahlenden Augen.
»Aber ich glaub eigentlich net dran.« Blanca schüttelte den Kopf. »Sag mal, Lissy, ich soll doch net etwa zu dieser Wahrsagerin gehen?«
»Doch!«, bestürmten sie Vevi und Lissy gemeinsam. »Nur aus Spaß, Blanca! Das Honorar bezahlen wir! Für deine bestandene Prüfung!«
»Aber ihr habt mir doch schon Blumen und das hübsche Armband geschenkt!«, wehrte Blanca ab. »Ihr könnt doch net so viel Geld ausgeben, ihr zwei!«
»So teuer wird das Honorar für diese Madame Melissa net sein«, meine Vevi. »Wenn wir wollen, dass du hingehst, müssen wir auch für die Kosten aufkommen. Tu uns den Gefallen und ruf bei dieser Wahrsagerin an!«
Langsam begann die Sache Spaß zu machen, fand Blanca. Warum sollte sie Nein sagen? Es gab keinen Grund!
»Also gut!«, rief sie vergnügt. »Ich bin ja keine Spielverderberin! Morgen früh vereinbare ich einen Termin. Ehrlich gesagt bin ich wirklich gespannt, was sie mir für Märchen auftischen wird!«
Darauf mussten sie natürlich gleich noch mal anstoßen. Als Blancas Eltern aus Reichenhall zurückkamen, klang noch immer Lachen aus der guten Stube.
Nach Mitternacht kehrte Hannes heim und musste gleichfalls feststellen, dass das ausgelassene Trio noch immer nicht auseinandergegangen war. Draußen auf der Terrasse brannten bunte Windlichter, und drinnen wurde gekichert und geflüstert.
»Net zu fassen!«, murmelte Hannes und stieg schnell in den ersten Stock hinauf.
***
Am nächsten Morgen wachte Blanca mit einem Brummschädel auf. Ein Kreisel tanzte in ihrem Kopf, und sie warf seufzend einen Blick auf den Wecker. Zehn Uhr! Durchs Fenster schien die Septembersonne herein, draußen auf dem Hof herrschte geschäftiges Treiben.