Als der Mond das Schweigen brach - Gudrun Leyendecker - E-Book

Als der Mond das Schweigen brach E-Book

Gudrun Leyendecker

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Beschreibung

Abigail Mühlberg wird von ihrem Chef, dem Inhaber einer Kunstzeitung für mehrere Wochen in das merkwürdige, historische Dorf St. Augustine geschickt. Dort soll sie den alten Bildhauer Moro Rossini interviewen und ein Buch darüber schreiben. Was Abigail als langweilige Aufgabe erschien, entpuppt sich als Abenteuer mit spannender Entwicklung, in der auch ein Kriminalfall große Bedeutung erhält. Eine fast undenkbare Liebesgeschichte wird enthüllt...

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„Ich denke, Sie fühlen sich mit dieser Aufgabe entsprechend gewürdigt." Während mein Chef diese Worte genüsslich aussprach, als ob er eines seiner heiß geliebten Riesensteaks verzehrte, verschob sich sein nichts sagendes Lächeln zu einem breiten Grinsen. „Ich denke, dieser Auftrag ist eine Riesenchance für Sie, Frau Mühlberg.“

„Sie haben sich eine großartige Aufgabe für mich ausgedacht, Herr Wieland.“ Meine schwache, tonlose Stimme strafte meine Worte Lügen. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als ein paar Wochen in diesem… in diesem hübschen kleinen Dorf zu verbringen, in dem es als Orte der Kommunikation ein Gemeindehaus, einen Fußballplatz, eine Gastwirtschaft und sogar ein paar Bänke auf einem marktähnlichen Plätzchen gibt. Dazu werde ich noch geraume Zeit in erbaulichen Gesprächen mit einem fast achtzigjährigen Bildhauer verleben, dessen Werke einer großen Fantasie Raum geben.“

„Ja, sie haben es erfasst, Abigail.“ Sein Grinsen verbreiterte sich immer noch und sein Gesicht ähnelte dem eines der kleinen blauen Zwerge aus den Werbepausen eines TV-Senders. Genießen Sie diese Wochen wie Ferien auf dem Lande mit kulturellen Einlagen. Immerhin ist Moro Rossini ein weltberühmter Künstler, sein Wissen wird Ihr Repertoire bereichern und schließlich wohnt er auch in einem hübschen kleinen Schloss am Rande des Dorfes, für dessen Besichtigung allein sich schon eine Reise lohnt. Auch ist Rossini außerdem ein Verehrer der Frauen und auch im Alter noch charmant. Ganz abgesehen davon ist der Dorfgasthof „Zur Traube“ eine historische Gaststätte mit sehenswertem Weinkeller, und ich kann Ihnen versichern, es lohnt sich nicht nur ein Hineinsehen. In diese Herberge kehrten schon historische Berühmtheiten ein, Sie können also auch dort ihr Wissen vermutlich um ein Vielfaches bereichern.

Einige Gutshöfe rund um das Dorf herum zeigen ein reges Landleben, auch Pferdeliebhaber können sich dort nach Herzenslust ihrem Hobby hingeben. Vergessen Sie nicht den alten Rosenturm an der alten Stadtmauer, der davon zeugt, dass dieses Dorf einmal bedeutend größer war bevor es in schrecklichen Zeiten der Kriege der Zerstörung zum Opfer fiel. Im Turm soll eine alte Frau hausen, von der es allerlei schillernde Beschreibungen gibt. Die einen sagen, sie sei eine arme, alte behinderte Frau, die im Rollstuhl sitzt, andere wiederum sagen ihr nach, dass sie eine Spinnerin sei, die behauptet, übernatürliche Kräfte zu haben. Auch sonst geistern im Ort mancherlei Geschichten, es scheint dort ein fruchtbarer Boden für die Fantasie zu sein. Es gibt also für Sie dort bestimmt gute Informationen, die Sie vielleicht sogar als Rahmen um das Interview herumranken können.“

„Und dieser Herr Moro Rossini ist tatsächlich damit vollkommen einverstanden?“ teilte ich ihm meine Zweifel mit. „Sie kennen doch bestimmt auch diesen englischen Film, in dem ein Schriftsteller und Journalist für seinen Verlag in Italien einen berühmten aber abgetakelten Autor aufsucht, um ihn erneut zum Schreiben zu bewegen…“

„Sie schauen zu viele Kitschfilme“, warf er mir an den Kopf. „Rossini mag es, wenn er ins Rampenlicht gerückt wird, er hat nichts gegen Publicity. Sie sind schon angekündigt und können vor Ort, von ihrem Gasthof aus, die Termine mit ihm vereinbaren. Es ist also alles schon vorbereitet. Es fehlt nur noch etwas Enthusiasmus Ihrerseits.“

Ich konnte ein leichtes Stöhnen meinerseits nicht unterdrücken. „Wäre dieser Auftrag nicht für Frau Meier eine erfüllendere Aufgabe gewesen? Sie ist mit der Erfahrung ihrer 52 Jahre geradezu prädestiniert. Mit meinen schwachen 40 wird mich diese graue Eminenz sicher nicht ganz für voll nehmen, ist es nicht so?“

Jens Wieland runzelte die Stirn. „Sie scheinen es noch nicht ganz erfasst zu haben. Dieser Auftrag ist nicht nur lukrativ und angenehm, sondern auch eine große Ehre für Sie. Ich schätze Ihre Diplomatie und Ihr Feingefühl, und mit Ihren 40 Jahren haben Sie bestimmt auch schon die nötige Erfahrung, ein produktives Gespräch mit einem achtzigjährigen führen zu können. Nein, ich glaube, gerade mit Ihrem Alter finden Sie den richtigen Kontakt zu diesem älteren Herrn.“ Er nahm den goldenen Kugelschreiber in die Hand und spielte mit ihm, dabei hielt er ihn mir ostentativ vor die Augen, so als wolle er mir das Gold dieses lukrativen Auftrags noch einmal deutlich zeigen.

Unwillkürlich trat ich einen Schritt zurück. Meine Augen verengten sich. „Kann es sein, dass Sie diesen Altersunterschied von 40 Jahren zwischen einem Mann und einer Frau sehr pikant finden?! Wenn dieser charmante Senior die Frauen so liebt, erhoffen Sie sich dann durch meine Person ein ganz exklusives Interview mit vielen pikanten Details?“

Wieland überhörte meine Frage und reichte mir einen Umschlag. „Hier finden Sie alle nötigen Daten. Namen, Adressen, falls Sie Ihr Navi nicht unnötig in Anspruch nehmen möchten, finden Sie auch eine Art Stadtplan des Dorfes mit einer Wanderkarte für die umliegende Gegend. Ihre Spesen habe ich bereits auf Ihr Konto überwiesen zuzüglich eines großzügigen Taschengeldes. Sie sehen, es ist alles für Ihre morgige Abreise vorbereitet. Natürlich ist auch Ihre Unterkunft in dem historischen Gasthof am romantischen Marktplatz bereits für Wochen gebucht und vorbezahlt. Sie sehen also, wie viel mir Ihre Arbeit wert ist, wie sehr ich Ihre Persönlichkeit schätze!“ Jetzt schenkte er mir ein honigsüßes Lächeln und zeigte dabei die schneeweißen Enden seiner Zahnimplantate. Ein Hollywood Schauspieler hätte es nicht besser machen können. Ob mir da noch ein Gegenargument einfiel?! Und außerdem war er ja mein Chef, das schon seit einigen Jahren, und ich hatte nicht vor, diese Arbeit, die manchmal auch recht gut bezahlt wurde, in der nächsten Zeit aufzugeben.

Ich unterdrückte einen tiefen Seufzer. „Sie kennen mich, ich werde mich sachlich und fachlich an die Fakten halten, und da mir nach wie vor sowohl Aufmachung als auch die Inhalte Ihrer Kunstzeitung gefallen, werde ich diesen Auftrag auch übernehmen und sorgfältig ausführen. Und da meine Abfahrt ja schon für morgen geplant ist, werden Sie es sicherlich verstehen, dass ich mich jetzt von Ihnen verabschieden muss, um meine Sachen zu packen. Vielen Dank also, und dann, bis auf unbestimmte Zeit.“

Ich hatte keine Lust auf einen theatralischen Abschied, aber er ließ es sich nicht nehmen, hinter dem Schreibtisch hervorzukommen, meine Hand zu ergreifen und sie kräftig zu schütteln. „Ich wünsche Ihnen eine fruchtbare und produktive Zeit. Kommen Sie gesund wieder mit einem reichen Erfahrungsschatz einer guten Arbeit!“ Er schien ein lautes Lachen zu unterdrücken sah dabei aus, wie die grinsende Kasperlepuppe aus meiner Kindheit.

„Danke!“ murmelte ich, entzog ihm meine Hand und eilte zur Tür, die ich hastig öffnete. Ich war nicht ganz unschuldig daran, dass sie hinter mir laut ins Schloss fiel. Ich weiß nicht mehr, wie ich danach in meine hübsche kleine Wohnung gekommen bin. Meine Gedanken überschlugen sich nicht nur, sondern veranstalteten ein Akrobatik-Festival der Fantasie vom Feinsten. Ich sah mich in einem dunklen verwitterten Schloss im Gespräch mit einem schwerhörigen, egozentrischen Künstler, der mir seine Amouren detailliert schilderte, mich dabei verlangend ansah und sogar versuchte, mich väterlich zu tätscheln. Ich sah mich in der nach diversen Gerüchen duftenden Gaststube mit Bratkartoffeln und Speck, umgeben von Fliegen vor der Hintergrundkulisse von Skatbrüdern und schwankenden und lallenden Theken-Trinkern. Ja, ich sah mich sogar als Gast im Hexenturm, umgeben von Spinnen und Fledermäusen, und um mich herum hüpfte kichernd die alte Dame und servierte mir bitter schmeckende Kräutertees. Ich sah mich auf dem Gutshof genötigt, den Ritt auf einem Pony zu wagen, das mich unsanft abwarf mitten in einen Misthaufen. Ich sah mich mitten auf dem Marktplatz, bewundert und bestaunt wie ein außerirdisches Wesen von den Dorfbewohnern, die sich alle kannten und irgendwie auch miteinander verwandt waren. Und ich fürchtete, dass mich die Lebensbeichte des Moro Rossini zur Aufklärung und Vervollständigung in jede einzelne kleine Hütte des Dorfes zwang bis hin zum Dorfpfarrer, den ich vom Beichtgeheimnis entbinden musste. Selbst die ruhige, nach Lavendel und Jasmin duftende Umgebung meiner kleinen Wohnung konnte mich nicht aus diesen Zukunftsvisionen reißen. Ich sah mich verstrickt in den widersprüchlichsten Geschichten, verschlungen wie ein Irrgarten und suchte den roten Faden, an dem ich mich orientieren konnte.

Nach dem Genuss einer Tasse Tee beim Packen meines Koffers fragte ich mich zum ersten Mal, wo denn meine sonst immer parat liegende Abenteuerlust geblieben sei. In meinem Beruf als Journalistin war ich schon viel herumgekommen und hatte das eine oder andere Abenteuer heil überstanden. Ich kannte mich als vorurteilsfreien Menschen, flexibel und bereit aus jeder Situation das Beste zu machen. Was also war dieses Mal mit mir los?! Hatte ich irgendwelche unguten Vorahnungen?

Nun, umso besser, entschied ich mich. Dann war ich ja bereit, gewappnet und gewarnt, und von morgen an konnte es nur noch besser werden. Mit diesem Gedanken fiel ich dann für die restlichen Stunden der Nacht in einen leichten Schlaf.

***

Helle Frühlingssonne begleitete mich auf der Autofahrt nach St. Augustine, dem kleinen, mir noch unbekannten Ort, der in meinen Gedanken auf mich wartete wie eine neue unentdeckte Spezies voller Überraschungen. Die Tropfen kleiner Regenschauer versuchten die Frontscheibe meines Golfs mit unzähligen runden Gebilden zu schmücken, aber der fleißige Scheibenwischer gab ihnen keine Chance. Beinahe taten sie mir Leid, die eifrigen Regentropfen, sie schienen rührend bemüht, mir die Sicht zu versperren.

Ich hatte die Kilometer nicht gezählt, die ich bereits zurückgelegt hatte, aber dann an einer Kreuzung von breiten Alleen zeigte sich zum ersten Mal der Hinweis auf meinen Zielort: Sankt Augustine 22 km. Neben mir blühten die Wiesen im ersten Grün, auf den Äckern fuhren Traktoren wie kleine ferngesteuerte Modellautos. Soviel stand nun schon einmal fest, die Landkarte, auf der ich mich vorher kurz informiert hatte, log nicht: St. Augustine befand sich auf einer Ebene im Flachland.

Die Wiesenlandschaft zog sich bis hin zum Ort, vor dessen Rand sich Büsche und Baumgruppen malerisch drapierten. Gleich am Ortseingang entdeckte ich ein junges Mädchen, das einen Jagdhund ausführte, und ich stellte mit Erleichterung fest, dass dieses Mädchen im Minirock und einem schwarzen bauchfreien Top genauso aussah wie alle Mädchen bei uns in der Stadt. Manierlich schlenderte der Hund neben seiner Herrin. Ein freundliches Wuff schien mir ein Willkommensgruß zu sein. Neben mir zu beiden Straßenseiten reihten sich weiß getünchte Häuser auf, geschmückt mit Blumenkästen und roten Geranien darin, umgeben von kleinen gepflegten Gärten. Je weiter ich zum Ortskern vordrang, ganz freiwillig in einem Schritttempo, damit mir nur ja nichts entging, umso mehr drängten sich die Häuser aneinander, bald ganz ohne Zwischenräume nur noch mit einem Vorgärtchen, die sich bald hinter einer Kreuzung in einen grauen Gehsteig verwandelten. Ich hatte den kleinen Marktplatz erreicht, der mich mit den hohen Akazien an die kleinen, idyllischen im Süden Frankreichs erinnerte. Alte Bänke, die im Schatten der Bäume ruhten, luden zu einer besinnlichen Pause ein, denn ihr Blick fiel automatisch auf den alten, verspielten Springbrunnen, dessen fröhliches Plätschern bis zu mir drang. Während ich im Augenwinkel kleine Figuren auf dem Brunnen wahrnahm, suchte ich den Gasthof und natürlich einen Parkplatz.

Ich entdeckte das Schild „zur Traube“ auf der linken Seite des parkähnlichen Marktplatzes. Einen Parkplatz entdeckte ich nicht. Aha, genau wie bei uns in der Stadt. Ich bin hier in der City, sagte ich mir tröstend. Während ich den Marktplatz mehrere Male umrundete, entdeckte ich Hinweisschilder, gleich rechts ging es zum Schloss, der nächste Abzweig trug den Hinweis „Kirche“, im 90° Winkel deutete ein Ortsschild auf die nächste Stadt, darunter fand ich den Hinweis „Polizei“, und an der nächsten Ecke eine kleine Gasse mit dem Hinweisschild „Rosenturm“. Ich fuhr an dem Gasthof vorbei und entdeckte an der nächsten Ecke einen Hinweis „Gut Langenau“.

Ich entschloss mich, diese Richtung zu nehmen, in der Hoffnung an einem Gutshof auch Parkplätze zu finden. Doch kaum hatte ich mich 50 m vom Marktplatz entfernt, fand ich einen großen Parkplatz mit vielen freien Plätzen. Ich atmete auf. Angekommen!

Erst jetzt fiel mir auf, dass es nicht mehr regnete und ich den Scheibenwischer wohl ganz automatisch ausgeschaltet hatte.

Dann konnte es jetzt losgehen. Mit einem großen Trolli und meiner Handtasche rumpelte ich über den Gehweg in Richtung Gasthof. Mein Handy machte sich bemerkbar. Es war Wieland mit einer SMS und einem einzigen Wort: „angekommen?“. Wie treffend. Aber ich beschloss, ihn mit der Antwort noch eine Weile warten zu lassen, bis ich wirklich angekommen war.

Vor dem Gasthof angekommen blieb ich kurz stehen, um mir die Fassade etwas näher anzuschauen. Weiß gestrichen und ebenfalls mit von Blumenkästen geschmückten Fenstern blickte mir die Traube freundlich entgegen. Die dunkle Holz geschnitzte Eingangstür, reich mit Intarsien verziert, knarrte beim Öffnen leicht. Im Inneren des Raumes war es angenehm kühl.

Aus der einen der beiden Gaststuben kam mir eine Frau entgegen, die sich als Frau Bühler vorstellte und die, wie mir im Gespräch bald klar wurde, die Inhaberin dieser Herberge war. Während sie mich zu meinem vorbestellten Zimmer begleitete, erfuhr ich, dass sie die Traube gemeinsam mit ihrem Mann und der Angestellten Nina führte. Mein Zimmer entpuppte sich als gemütlicher Wohnschlafraum mit modernen Möbeln und einem sauberen Badezimmer. Auch das übliche Inventar wie Radio, Fernseher und Telefon waren vorhanden, sogar eine kleine Minibar enthielt diverse Getränke und allerlei Naschereien. In zwei großen Schränken und einer Kommode würde ich all mein Gepäck verstauen können, den Trolli und auch die beiden Koffer, die noch in meinem Auto warteten.

„Machen Sie es sich nur gemütlich“, forderte mich Frau Bühler auf. „Sie werden ja fast ein Dauergast sein, solange wie Sie bleiben. Sicher schätzt Sie Ihr Chef sehr, dass er hier für mehrere Wochen das Zimmer schon gemietet hat. Dann ist Ihre Arbeit wohl auch sehr wichtig?!“

„Für meinen Chef schon. Aber vielleicht wird es auch noch sehr interessant für mich. Leider darf ich mit Ihnen nicht darüber sprechen. Aber wenn ich fertig bin, und alles gedruckt ist, gebe ich Ihnen gern ein Exemplar dieser Zeitschrift zum Lesen.“

Frau Bühler lächelte. „Oh da machen Sie sich mal keine Sorgen! Ich weiß schon darüber Bescheid. Ihr Chef, Herr Wieland, hat Sie überall schon angemeldet. Daher weiß ich auch, dass Sie Rossini interviewen werden. Und das weiß wohl auch jeder hier im Ort. Vom Briefträger bis hin zum Pfarrer ist hier jeder angewiesen, Ihnen zu helfen und Sie zu unterstützen. Daher werden Ihnen vermutlich nur freundliche Leute begegnen.“

Es dauerte einen Augenblick, bis ich mich von meinem Erstaunen erholt hatte. „Aber warum? Aber wie hatte er das denn angestellt? Was hat er gemacht?“

Die Augen der Gastwirtin blitzten vergnügt. „Ihr Chef hat es sich etwas kosten lassen. Er will unser historisches Fest, das im Sommer stattfindet, großzügig sponsern und für die Renovierung unseres alten Dorfbrunnens hat er dem Bürgermeister, Herrn Hammer, auch schon einen großzügigen Zuschuss gegeben. Für den einen oder anderen von uns fiel ein nettes Geschenk ab. Auf die Geschichte unseres Ortes freuen wir uns auch schon, viele erhoffen sich, dass sie darin erwähnt werden, und ich kann mir vorstellen, dass die ganze Sache für Sie sehr interessant werden wird."

„Hm", murmelte ich, nicht ganz überzeugt. „Das kann schon sein. Ich habe jedenfalls bisher einen sehr angenehmen Eindruck, von dem Teil des Ortes, den ich schon gesehen habe und auch von Ihrem gepflegten historischen Gasthof. Möchten Sie selbst auch in der Geschichte vorkommen?“ scherzte ich.

Frau Bühler lachte. „Dann würde es für die Leser sehr langweilig werden. Von mir gibt es nichts Außergewöhnliches zu berichten. Der Gasthof macht uns sehr viel Arbeit, da bleibt uns nicht viel Zeit für Extravaganzen. Ich habe hier eingeheiratet, bin aber schon vorbelastet, weil meine Eltern auch einen Gasthof hatten, den jetzt mein Bruder führt. Aber natürlich könnte ich Ihnen ganz viel aus dem Nähkästchen erzählen, denn bei uns in der Wirtsstube hört man sehr viel. Aber da ich gelernt habe, über das Leben meiner Gäste zu schweigen, werden sie Ihre Auskünfte von allen betreffenden Personen persönlich einholen.“

„Von allen Personen?“ staunte ich. „Es wird doch nur ein Interview mit Moro Rossini sein.“

Frau Bühler lächelte mich an. „Dabei wird es wohl nicht bleiben. Denn fast ein jeder ist hier irgendwie in die Geschichte des Herrn Rossini verwickelt. Das wird er Ihnen selbst erzählen. Und das liegt daran, dass so manch eine Person den Künstler zu einem bestimmten Kunstwerk inspiriert hat. Im Guten und im Bösen. Jedes Kunstwerk ist eine kleine Geschichte für sich, das wird er Ihnen alles selbst erzählen.“

„Dann wundere ich mich über nichts, Frau Bühler. Dann werde ich wohl eine lange Zeit bei Ihnen wohnen.“

„Und das freut mich sehr“, eröffnete mir Frau Mühlberg. „Ich habe Ihnen für später eine kleine Speisekarte für den Mittagsimbiss zusammengestellt. Ihr Chef war so freundlich, mir zu sagen, was Sie mögen und was Sie nicht mögen. Er gab mir sogar einen Terminplan, damit ich immer für Sie sorgen kann, wenn Sie nicht im Schloss angemeldet sind. Denn diese Termine stehen ja auch schon alle fest.“

Ich schüttelte den Kopf, ganz leicht immer hin und her. „Unmöglich, dieser Mann! Jetzt will er sogar über meinen Zeitplan bestimmen. Liebe Frau Bühler, ich freue mich auf den Imbiss, vielen Dank! Aber dann werde ich mir einen eigenen Zeitplan erstellen und meine Termine selbst gestalten. Da will ich es doch mal meinem Chef zeigen, dass er nicht ganz über mich bestimmen kann.“

„Es wird sich schon so fügen“, meinte die Gastwirtin geheimnisvoll.

***

Am Mittag hatte ich bei Frau Bühler einen Salat bestellt, den mir ihre Angestellte Nina freundlich servierte. Die hübsche junge Frau sah aus wie ein Engel, lange blonde Locken fielen sanft auf ihre Schultern. Im herzförmigen Gesicht strahlten zwei dunkelblaue Augen voller unschuldiger Freude. Sie war, so ganz unüblich im Vergleich zu den Serviererinnen, die ich kannte, ganz in Weiß gekleidet, der Knie lange Rock bedeckte den oberen Teil ihrer wohl geformten Beine. Sie bediente mich höflich, und ihre Stimme Klang sanft, so dass man gleich den Wunsch hatte, sie singen zu hören.

Um mit ihr ins Gespräch zu kommen fragte ich sie nach dem Weg ins Schloss, und sie gab mir bereitwillig und ausführlich Auskunft.

„Sind Sie auch hier aus dieser Gegend?“ erkundigte ich mich. „Es ist sehr hübsch hier, aber für junge Leute vielleicht doch etwas zu langweilig?"

„Ich bin aus dem Nachbarort, der ist noch viel kleiner und hat gar nichts zu bieten. Hier veranstaltet die Gemeinde, besonders die Pfarrgemeinde viele Feste und Tanzabende. Es gibt eine Theatergruppe, Chöre und diverse andere Gruppen, die sich ein Hobby teilen, also, wem es hier langweilig ist, der ist es selber schuld." Sie lächelte mich freundlich an.

„Ich habe auch ein sehr schönes Hobby, ich nähe die Kostüme für die Theatergruppe. Das ist eine schöne Entspannung, und ich kann dabei sitzen, im Ausgleich zu der vielen Lauferei, die ich hier habe. Nicht, dass Sie das jetzt falsch verstehen, ich mache das hier sehr gern. Aber abends weiß man, was man getan hat und die Beine sind schwer, da tut es gut, wenn man im Sitzen entspannt.“

„Dann sind Sie sehr gut ausgelastet“, fand ich. „Gibt es denn demnächst auch eine Aufführung?“

„Natürlich, mehrere sogar. Die Kindergruppe spielt ein Märchen, es heißt: der Faule und der Fleißige. Die Jugendgruppe spielt den kleinen Prinzen und die Laiengruppe der Erwachsenen zeigt in drei Wochen die „Frau mit Hut“, ein kleines Schauspiel, das eine Autorin hier aus dem Dorf selbst geschrieben hat. Sie heißt Cordula Winter und erfreut uns immer wieder mit neuen Texten.“

„Dann werde ich hier wirklich keine Langeweile haben“, vermutete ich. „Solch ein Ort, relativ so klein mit so viel Kultur ist mir noch nicht begegnet. Wie kommt das? Wer steht denn da so stark dahinter?“

„Das sind besonders Pfarrer Kohlhaas und unser Bürgermeister Herr Hammer, die beiden haben eine Dorfgemeinschaft gegründet, eine Art Verein, der viel Kultur initiiert. Besonders weil wir hier oft auch etliche Gäste haben, nicht nur hier in unserem Gasthof, sondern auch im Gutshof und in Privatzimmern, weil wir auch viele Besucher haben wegen des Schlosses und wegen der Persönlichkeit von Moro Rossini.“

„Ist er so interessant?“

„Interessant ist er auf jeden Fall! Viele mögen ihn, aber nicht alle. Aber alle kennen ihn, die meisten aus dem Dorf haben ihn schon einmal persönlich kennen gelernt und ihm Modell gestanden, für ein Bild oder eine Skulptur. Mich hat er auch schon gefragt, aber seit sich seine Frau von ihm getrennt hat, habe ich ein komisches Gefühl. Irgendetwas hält mich davon ab, zu ihm zu gehen.“

„Was war denn das mit seiner Frau?“ Meine Neugier war geweckt.

„Vor einem Jahr hat sie sich von ihm getrennt, sehr verwunderlich, nachdem sie all diese Jahre seine Eskapaden ertragen hat. Sie war ein paar Jahre jünger als er, und man munkelt, sie wolle noch ein paar Jahre in Frieden leben. Andere sagen, sie habe einen netten neuen Mann gefunden, der sich ein bisschen um sie kümmert.“

„Da haben Sie mich ja jetzt schon sehr gut informiert, und ich bin etwas vorbereitet. Vielen Dank! Dann mache ich mich jetzt einmal auf den Weg zu der Höhle des Löwen.“

Sie kicherte. „Das ist gut gesagt. Er ist nicht nur vom Sternzeichen Löwe, er hat auch steinerne Löwen im Garten und vor der Haustür, manche sagen auch, er kann brüllen wie ein Löwe. Viel Glück wünsche ich Ihnen.“

„Danke! Er wird mich schon nicht auffressen“, gab ich zurück und verabschiedete mich.

Ich wählte den kurzen Weg zum Schloss, direkt durch die engen Gässchen des Ortkerns. Eine SMS von Wieland erreichte mich, „Viel Erfolg“ wünschte er mir mit einem grinsenden Smiley. Ich missachtete die Nachricht und betrachtete die alten Häuser in den winkeligen Gassen. Es schien mir, als sähe sich hier jeder in der Pflicht, sein Häuschen gepflegt und sauber zu halten. Überall leuchteten rosa und rote Geranien in Töpfen, Blumenkästen und Hängeampeln. Am Rand des Dorfes entdeckte ich einen Spielplatz, auf dem sich Mütter mit ihren Kindern tummelten.

Das freie Feld lag heute im Sonnenschein, über den Wiesen flogen Schmetterlinge, ein Bussard kreiste über einem Acker. Ich bog in eine Allee ein, an deren Ende das Schloss

im Licht des Mittags schimmerte.

Das Gebäude, ein Wasserschloss, erinnerte mich an Schloss Moritzburg in der Nähe von Dresden. Die hell getünchten Mauern wirkten wie frisch gestrichen, das Dach mit dunklen Schindeln neu gedeckt. Als ich näher heran kam, bemerkte ich, dass sich kein Wasser in den Gräben befand, Die Wiesen die man dort eingesäht hatte, waren frisch gemäht und dufteten. Neben dem großen Holztor hing eine große Glocke. Mutig zog ich den Strang, einen Butler oder Hausdiener erwartend. Eine ganze Weile lang hörte ich nichts, dann öffnete sich unvermittelt das Tor, und ein älterer Mann mit schütterem grauem Haar erschien im Rahmen und musterte mich aufmerksam.

„Sie sind bestimmt Frau Abigail Mühlberg“, mutmaßte er. Sein italienischer Akzent war unverkennbar. Nachdem ich nickte, und ihm meine Hand zur Begrüßung reichte, führte er mich mit einem leisen Lächeln in den Innenhof, von dort in eine große Halle, die als Atelier hergerichtet war. Dabei ging er langsam und bedächtig, ein wenig nach vornüber gebeugt. Nachdem er mir in der Sitzecke einen Platz angeboten hatte, wies er auf die Getränke, die er schon für mich bereitgestellt hatte. Auf dem kleinen Beistelltisch gab es Wasser und Wein, Kaffee und Fruchtsäfte. Ich bediente mich mit stillem Wasser und hatte nun Gelegenheit, das Gesicht des Künstlers Moro Rossini zu betrachten. Seine Stimme hatte ich bereits als angenehm und warm empfunden, nun sah ich in ein faltiges Gesicht, von der Sonne gebräunt, in dem eine große, gebogene Nase und dunkelbraune Augen unter buschigen Augenbrauen meine Aufmerksamkeit verlangten. Ich hatte das Gefühl, eine ganze Menge an Charaktereigenschaften darin zu entdecken, ganz viel Mut und Ehrlichkeit, ein wenig Eitelkeit und Arroganz, etwas Draufgängerisches, eine Portion Stolz, eine Prise Selbstherrlichkeit, ganz viel Willenskraft, eine hohe Sensibilität, dass alles eingepackt in einer Riesenportion Charme.

„Darf ich Sie Abigail nennen?“ Er blickte mir lächelnd in die Augen. „Wenn wir jetzt eine Weile miteinander arbeiten, möchte ich aber zuerst auch noch etwas von Ihnen erfahren.“

„Dürfen Sie! Aber ich nehme an, mein Chef, Herr Wieland hat Ihnen schon alles über mich erzählt?! Mich scheint hier jeder im Ort schon zu kennen.“

Sein Lächeln vertiefte sich. „Aber sicher. Das haben Sie gut erkannt. Ich weiß, dass Sie nicht verheiratet sind, dass Sie aber schon zwei Male mehrere Jahre lang eine feste Beziehung hatten. Ich weiß. dass Sie sehr gut schreiben, weil ich auch schon einige Artikel von Ihnen gelesen habe, unter anderem auch Ihr interessantes kleines Buch über Goethe und seine Italienreise. Ich weiß, dass Sie aus Ihrer ersten Beziehung einen Sohn haben, der sich im Moment auf einem Segelschulschiff auf dem Meer herumtreibt. Ich weiß, dass Sie Hunde lieben und sich bei der Lieblingsfarbe nicht zwischen Rot und Blau entscheiden können.“

Tatsächlich, war das jetzt lustig oder nicht?! Sollte ich mich über Wieland ärgern, der mein Leben ausgeplaudert und vermutlich gegen das Datenschutzgesetz verstoßen hatte oder sollte ich lachen, es mit Humor nehmen, weil weder Rossini noch irgendein anderer Einwohner dieses Ortes irgendwelche Vorteile aus meinen Daten ziehen konnten. Was wussten sie schon?! Vielleicht konnte man das auch schon irgendwo in meiner Vita lesen. Es gab nichts, wofür ich mich schämen musste. Also entschloss ich mich, gute Mine zum bösen Spiel zu machen.

„Ich wäre etwas vorsichtig mit den Informationen von Wieland. Er übertreibt gern und glaubt oft, alles zu wissen. Aber sagen Sie mir nur ruhig, was Sie sonst noch von mir wissen möchten. Ansonsten schlage ich Ihnen vor, dass wir es erst einmal dabei belassen. Ich würde nämlich ganz gern mit meiner Arbeit anfangen, und währenddessen können wir auch uns beide ganz gut kennen lernen.“ Ich setzte mein gewinnendstes Lächeln auf. Hatte mir nicht jemand erzählt, Moro habe ein Auge für Frauen?!

Rossini sah mich nachdenklich an. „Gut. Fangen wir einfach an. Haben Sie dazu auch ein Plan?“

Ich nickte. „Ich würde mir gern alle Ihre Werke anschauen, die Skulpturen und Bilder, und dazu würde ich Sie dann gern fragen, was Sie inspiriert hat und natürlich auch, was Sie damit sagen wollen, die Botschaften, die Sie aussenden möchten, will ich in Worte bringen und wenn es geht, verewigen wie Ihre Werke.“

Er nickte und stand auf. „So machen wir es.“ Er schaltete die Scheinwerfer ein, helles Licht fiel auf zahlreiche kleine und große Skulpturen, die sich in der Weite der Halle verteilten.

Ein „oh“ entfuhr mir, denn die Skulpturen schienen, gerade geweckt, mich anzuspringen, jede einzelne versuchte ganz heftig, meine Aufmerksamkeit erregen zu wollen. Hastig stand ich auf und näherte mich den Kunstwerken.

Ein Paar aus weißem Stein zog mich als erstes in seinen Bann. Ein junges Mädchen oder junge Frau und ein junger Mann standen auf einem Sockel, streckten die Arme flehend nacheinander aus, aber sie erreichten sich nicht. Fasziniert ließ ich den Eindruck auf mich wirken. „Dieses Paar drückt eine so große Sehnsucht aus“, teilte ich Rossini mein Gefühl mit.

Der Bildhauer wischte einen imaginären Schatten von seiner Stirn. „Das sind Mona und Kurti, sie sind beide tot.“

***

Ich sah ihn fragend an. „Das tut mir leid. Möchten sie mir etwas darüber erzählen?“

Rossini sah mich erstaunt an. „Das wissen Sie nicht?! Ich dachte, das hätte man Ihnen hier schon längst mitgeteilt. Diese Geschichte hat unseren Ort vor ein paar Jahren auf traurige Weise berühmt gemacht.“ Er bot mir wieder Platz und setzte sich zu mir. „Mona und Kurti waren einmal ein Liebespaar. Draußen auf dem Gutshof wohnen die beiden Zwillingsschwestern Senta und Jasmin Schirmer, ihnen gehört das Gut, sie haben es von ihren Eltern geerbt. Sie waren einmal beide in den gleichen Mann verliebt. Zuerst waren Jasmin und Peter ein Paar, dann, so sagt man, hat sich Senta in Peter verliebt und ihn verführt. Daraufhin hat er Jasmin verlassen und Senta geheiratet. Aber Jasmin war schwanger von Peter und gebar eine Tochter, die sie Mona nannte. Senta war sehr eifersüchtig auf Jasmin, denn sie selbst wollte auch gern ein Kind von Peter, aber es wurde nichts daraus. Peter entdeckte bald, dass seine wahre Liebe Jasmin war, und so versuchte er, mit Jasmin ein Verhältnis anzufangen. Als Senta das merkte, jagte sie ihre Schwester Jasmin mit Mona vom Gutshof und versuchte, Peter wieder ganz für sich zu gewinnen. Er aber begann zu trinken, wurde sehr krank und starb. Nun war Senta nicht mehr in der Lage, den Gutshof alleine zu führen. Sie suchte in der Stadt nach Jasmin, die dort mit ihrer Tochter lebte und bat sie, ja, sie flehte sie an, wieder zurück zu ihr auf den Gutshof zukommen. Jasmin gab schließlich nach und zog wieder zurück nach Sankt Augustine. Mona war ein hübsches, sensibles und sanftes Mädchen, sie wurde von allen geliebt. Sie lernte bald Kurti kennen, einen jungen Polizisten und sie verliebten sich ineinander. Mona hatte viele Verehrer und Kurti war oft sehr eifersüchtig, deswegen hatte das Paar auch sehr viel Streit, obwohl Mona ihrem Kurti immer treu war. Es war damals bei einem großen Fest, als sich die beiden wieder gestritten hatten. Da war Mona plötzlich verschwunden. Man fand sie erst viel später, tot, viele Kilometer von hier und die Polizei versuchte festzustellen, was geschehen war. Der Verdacht fiel auf Kurti, man vermutete, dass er etwas mit Monas Tod zu tun hatte. Deswegen wollte ihn die Polizei befragen, aber es gab ein paar Stimmen im Ort, die ihn schon als Täter, als Mörder abstempelten. Da nahm sich Kurti das Leben…“

Ich schluckte. „Eine tragische Geschichte!“ Gebannt starrte ich auf die beiden weißen Figuren. „Irgendetwas stört mich daran. Vielleicht können sie ja noch einmal eine neue Skulptur schaffen, in der sie die beiden vereinen, Mona und Kurti?“

„Ich bin sicher, die beiden sind im Himmel vereint. Aber sehen Sie, Abigail, der Fall ist hier auf der Erde nicht geklärt worden. Solange der Fall nicht aufgedeckt ist, lasse ich die beiden Figuren auch mit ausgestreckten Händen um Klärung flehen, man ist es ihnen schuldig.“

„Kann man diesen Fall denn wieder aufrollen? Warum haben denn die beiden Schwestern vom Gutshof nicht dafür gesorgt, dass weiter nachgeforscht wurde? Und was ist danach aus ihnen geworden?“

„Jasmin und Senta haben versucht, mit der ganzen Vergangenheit abzuschließen. Sie haben sich versöhnt und gemeinsam versucht, alles zu vergessen. Der Name Peter ist aus ihrem Wortschatz gestrichen, nur an das Grab von Mona stellen beide täglich frische Blumen.“

Ich nahm mein Glas und trank es einem Zug aus. „Eine sehr traurige Geschichte! Hatte denn Kurti keine Verwandten, denen es wichtig gewesen wäre, den Fall aufzuklären, ihn eventuell zu rehabilitieren?“

„Nein, er hatte damals nur noch eine alte Tante, und die sah seinen Selbstmord als Eingeständnis seiner Schuld an. Bald darauf ist sie auch verstorben.“

„Hat man denn gesehen, dass Kurti bei seinem Streit mit Mona handgreiflich geworden ist? Was hat man denn von dem Streit überhaupt gesehen und gehört?“

Moro Rossini griff nach der Weinflasche. „Darf ich Ihnen etwas Wein einschenken?“

„Danke, nein. Ich bleibe lieber bei Wasser.“

Er füllte mein Glas mit Wasser nach. „Jeder im Ort wusste alles und nichts. Die einen behaupteten, er habe ihr gedroht, die anderen meinten, sie hätten sich wütend angeschrieen und wieder andere behaupteten, Kurti sei handgreiflich geworden. Der Streit war am späten Abend gewesen, es war ja schon dunkel, und viele der Einwohner hatten zu dem Zeitpunkt einigen Alkohol getrunken. Ich denke, es gab kaum zuverlässige, eindeutige Aussagen. Die Polizei ging davon aus, dass niemand anderer als Kurti ein Motiv hatte, denn obwohl Mona viele Verehrer hatte, hätte sich doch keiner getraut, Kurti in die Quere zu kommen. Einmal wegen seiner Eifersucht, zum anderen eben, weil er Polizist war. Und so sind die Menschen hier im Ort heute froh, dass über die ganze Sache Gras gewachsen ist.“

Ich schüttelte den Kopf. „Ich kann das Ganze nicht verstehen, das sind alles hier so hübsche, freundliche Häuser und die beherbergen eine solch dunkle Geschichte, aber so ist es wohl oft im Leben. Aber Sie sind wohl nicht davon überzeugt, dass Kurti der Täter ist, stimmt es?“

Er lächelte mich an. „Das haben Sie gut erkannt. Kurti hatte ein sehr großes Temperament, und er war eifersüchtig, aber er liebte Mona sehr, ich glaube nicht, dass er ihr jemals etwas getan hätte. Nicht einmal im Affekt.“

„Dann kannten sie ihn gut?“

„Oh ja! Wir haben viele Gespräche miteinander geführt.“

„Sie haben ihn auch gemalt?“

„Nein, wir hätten besondere Gesprächsthemen. Wie sie wissen, bin ich in Italien geboren, ganz im Süden auf Sizilien in der Stadt Catania, ganz nah an dem bekannten Vulkan Ätna. Ich hatte eine sonnige und behütete Kindheit in einer Familie mit viel Herz. Später bin ich dann in den Norden Italiens gezogen, denn dort fand ich Arbeit. Ich ging zur Polizei und wurde Carabiniere, das war damals zu der Zeit ein noch gefährlicherer Beruf als heute, denn es war die Zeit der großen Attentate der ehemaligen Südtiroler.“

Ich sah ihn überrascht an. „Das hätte ich jetzt nicht gedacht, bei der Polizei kann ich Sie mir so gar nicht vorstellen als großer Künstler.“

„Nicht wahr?! Aber auch diese Spannbreite meines Lebens werden Sie in meinen Werken wieder finden. Wie Sie mit den 40 Jahren ihres Lebens bestimmt bemerkt haben, Abigail, besteht das Leben aus Licht und Schatten, aus Höhen und Tiefen, die auch mein eigenes Leben kennzeichnen und in meinen Werken wieder zu finden sind.“

Ich nahm einen großen Schluck Wasser. „Das kann ich mir gut vorstellen, so gibt es bestimmt auch einen Grund, aus dem sie Italien verlassen und hierher nach Sankt Augustine gekommen sind?!“

Er lächelte mich vergnügt an, seine Augen leuchteten. „Ja, das war ein großer Schritt in meinem Leben, den ich erst vor wenigen Jahren gewagt habe. Und das ist eine ganz besondere Geschichte, die Geschichte einer großen Liebe. Aber die möchte ich Ihnen noch nicht heute zählen, denn dazu kennen wir uns noch nicht gut genug. Wenn Sie mir noch einmal folgen möchten, zeige ich Ihnen weitere Skulpturen, die ich hier in dieser Halle versammelt habe, weil sie meine Lieblingswerke sind.“

Ich stand auf und folgte ihm in die hell erleuchteten Teile des Raumes zu den ausgestellten Skulpturen.

„Schauen Sie sich nur um“, riet er mir. „Lassen Sie sich ruhig Zeit und warten Sie ab, bis Sie etwas finden, das Ihnen etwas sagen will.“

Ich schlenderte zwischen den Kunstwerken einher und betrachtete sie ausgiebig.

„Hier habe ich etwas entdeckt, das etwas Bedrohliches für mich ausstrahlt. Es sieht aus wie eine mittelalterliche Waffe, hat das auch mit Ihrem Leben als Carabiniere zu tun, oder soll das etwas ganz anderes bedeuten?“ Ich deutete auf eine große weiße Skulptur, die eine Hand darstellte mit sehr spitzen Gegenständen darin.

Moro Rossini nickte, sein Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig. Da war nichts mehr von sorgloser Arroganz. Schmerzfalten durchzogen sein Gesicht „Es war Anfang der Sechzigerjahre, als die Attentate viele von uns töteten. Ich habe einige Freunde verloren, die dem Sprengstoff zum Opfer fielen. Es war eine schreckliche Zeit, überall lauerten die Gefahren. Wir waren dafür da, Ordnung zu halten und Menschen zu schützen, aber wir konnten uns selbst nicht schützen und haben unsere Arbeit oft mit dem Leben bezahlt. Und Sie können sich sicher vorstellen, dass man nach solchen Erlebnissen die schönen Dinge der Erde und des Lebens zu schätzen weiß.“

„Ja, das glaube ich sofort. Bei mir gab es auch nicht nur Sonnenschein im Leben, aber soviel Leid und Elend wie Sie habe ich noch nicht erlebt.“ Wieder nahm mich der Anblick einer weißen Skulptur gefangen, sie zeigte den Kopf eines älteren Mannes. „Das sind nicht Sie“, stellte ich fest. „Ist das eine wichtige Person in Ihrem Leben?“

Rossini nickte und ging zur Sitzecke zurück. „Das ist die wichtigste männliche Person in meinem Leben, es ist mein Vater, den ich verehre und liebe.“ Er setzte sich auf das Sofa und wischte sich die Augen. Er weinte.

Ich folgte ihm und fühlte mich hilflos. Am liebsten hätte ich ihn jetzt in den Arm genommen und getröstet, aber das wagte ich nicht. „Er muss ein wunderbarer Mensch gewesen sein“, sagte ich. „Und Sie beide müssen eine wunderbare Verbindung zueinander gehabt haben, es waren bestimmt ganz große Gefühle.“

Moro Rossini nickte. „Ja, das stimmt. Sie müssen mich jetzt entschuldigen! Das alles hat mich doch jetzt etwas sehr angestrengt. Ich werde mich jetzt für eine halbe Stunde zurückziehen Bitte bleiben Sie hier und schauen Sie sich die Skulpturen in Ruhe an. Sie können sich ja schon einmal Notizen machen und Ihre Fragen notieren, die Sie dazu haben. Sie dürfen auch in die Nebenzimmer gehen und sich die Bilder anschauen, die ich gemalt habe. Fühlen Sie sich inzwischen wie zuhause und bedienen Sie sich nach Herzenslust!“ Er nickte mir noch einmal zu und schlurfte dann hinaus.

***

Ich schaute zu den großen Pantoffeln, die dieses merkwürdige, schlurfende Geräusch verursachten und hatte die Gelegenheit, Rossini in seiner ganzen Statur zu betrachten. Er war mittelgroß, hatte ein Bäuchlein, sein gebückter Gang deutete auf Schäden der Wirbelsäule, er trug sein dünnes graues Haar hinten etwas länger, das gab seinem aristokratisch wirkenden Profil einen Touch künstlerisches Aussehen, vielleicht auch die Ähnlichkeit mit einem alten Indianer.

Nachdem ich mich einen Augenblick lang gesammelt und etwas Wasser getrunken hatte, schlenderte ich durch die Reihen der Skulpturen und ließ sie einzeln auf mich wirken. Da gab es Statuen und Büsten, realistische Abbildung von Personen, fantasievolle Gebilde, bei denen ich mir meist nicht sicher war, was sie zu bedeuten hatten. Ein Merkmal trugen sie alle, sie waren von einer einfachen Schönheit, so als trügen sie die Essenz eines Themas zur Schau. Alle Skulpturen waren in reinem Weiß gehalten aus verschiedenen weißen Materialien, da gab es welche in Gips, manche in Ton, einige aus Stein, und einige wenige sogar in Marmor gehauen. Die Sammlung drückte für mich eine Einheit aus, und ich fragte mich, ob er auf der Suche gewesen war nach einer Grundordnung und Ästhetik. Er hatte offen und ehrlich zu mir gesprochen, zusammen mit dem Eindruck, den ich nun auch aus den Skulpturen gewonnen hatte, war ich jetzt davon überzeugt, dass er ein ehrlicher offener Mensch war.

Ich nutzte nun die Zeit, um mir einige Notizen zu machen, begann auch schon, eine Auslese festzulegen von den Skulpturen, über die ich besonders berichten wollte.

Es mochte eine halbe Stunde vergangen sein, ich war immer noch allein. Daher nutzte ich jetzt die Zeit, in die Nebenräume zu gehen und die Bildergalerien zu betrachten.

Ich stellte bald fest, dass es, im Gegensatz zu den Skulpturen, fast gar keine Bilder mit gegenständlichen Motiven gab, sondern viele konstruierte Farb- und Formen-Motive in unterschiedlichsten Variationen, hauptsächlich in Acryl gemalt. Dabei war der Künstler so akkurat vorgegangen, dass viele Bilder wie Drucke aussahen. Auch hier wimmelte es von Strukturen und geradlinigen Formen und Anordnungen. Ich notierte für mich, dass er in manchen Dingen wohl ein penibler Arbeiter war.

Es gab Bilder, die mich sofort in den Bann zogen durch leuchtende Farbkombinationen oder gewagte Formen. Aber so verrückt auch manchmal die Idee seines Ausdrucks war, so erstaunlich war es, jedes Kunstwerk ergab immer ein harmonisches Ganzes. Natürlich gefiel mir nicht jedes Gemälde, manches abstrakte Bild würde nicht einmal als Druck die Wände meiner Wohnung schmücken, aber die Klarheit seiner Bilder beeindruckte mich.

Wieder war eine halbe Stunde vergangen. Ich überlegte gerade, ob ich vielleicht lieber den Heimweg antreten sollte, als Moro Rossini wieder ins Atelier eintrat.

Er lächelte mich gewinnend an. „Entschuldigen sie bitte, dass ich Sie so lange allein gelassen habe. Ich habe mich inzwischen etwas ausgeruht, aber vielleicht war es ja auch meine Absicht, Sie mit meinen Schöpfungen allein sprechen zu lassen. Jetzt bin ich wieder ganz für Sie da.“ Er setzte sich zu mir in die Sitzecke. „Vielleicht möchten Sie mir jetzt etwas sagen? Oder haben Sie Fragen?“

„Einen ersten Einblick und Eindruck habe ich mir schon verschafft. Sie haben einen ganz eigenen Stil, der völlig unverwechselbar ist. Viele Ihrer Werke haben mir sehr gut gefallen, und ich möchte gern in den nächsten Wochen über die einzelnen Skulpturen und Bilder mit Ihnen reden. Die Reihenfolge kann ich auch Ihnen überlassen, denn ich selbst bin mir noch nicht sicher, ob ich da etwas in chronologischer Reihenfolge anfertige oder lieber etwas fokussiere.“

Jetzt lächelte er mich verschmitzt an. „Sie haben die Werke meiner dritten Leidenschaft noch nicht gesehen. Man sagt mir nach, ich sei ein begnadeter Fotograf. Tatsächlich habe ich schon in meiner Jugend leidenschaftlich gern Schnappschüsse gemacht, dieses Hobby habe ich dann immer weiter ausgebaut. Es gibt da eine ganze Menge von Landschafts-Fotografien, Tierbildern, Aufnahmen aus der Pflanzenwelt, aber hauptsächlich Aktbilder. Meine Fotosammlung befindet sich in den oberen Räumen des Schlosses in verschiedenen Zimmern, ich denke, wir werden noch genug Gelegenheit haben, sie zu besichtigen. In den früheren Jahren kamen reihenweise Frauen zu mir, die sich von mir ohne Kleider fotografieren lassen wollten, einige taten es für die Kunst. Wieder andere wollten mit einem Foto von mir berühmt werden, und die dritte Kategorie der Frauen wollte mit mir schlafen oder sogar ein Verhältnis mit mir anfangen. Haben Sie schon Fotos von meiner Person aus früherer Zeit gesehen?“

„Nein, ich wollte Sie erst einmal so wahrnehmen wie Sie jetzt sind, dann hatte ich vor, im Internet zur googeln und mir die nötigen Informationsfotos dort zu suchen.“

Er stand auf, ging an ein Regal, ergriff dort ein Fotoalbum und reichte es mir. „Da ich ja wusste, dass Sie zu mir kommen wollten, habe ich hier etwas vorbereitet. Schlagen Sie es nur auf!“

Er reichte es mir, und ich blätterte darin herum. Die ersten Fotos zeigten ein molliges Baby mit langem schwarzen Haar und großen dunklen Augen. Von der Kindheit gab es wenig Fotos. Ein schlanker Junge mit sonnengebräunter Haut und dunklen Haaren zeigte sich rund um den Ätna herum. Es fiel mir auf, dass sich sein Blick oft melancholisch in unbekannten Weiten verlor. Es gab ein Familienfoto, das ihn mit seinen Eltern und seinen beiden hübschen Schwestern in Catania zeigte.

Auf dem nächsten Foto bestaunte ich ihn als jungen Mann in Uniform, kein Zweifel, ich konnte es gut nachempfinden, dass ihm die Frauen scharenweise nachgelaufen waren. Seine Augen glühten dunkel in Seelentiefe, man ahnte große Emotionen mit einem Hauch von Melancholie.

Das nächste Foto zeigte ihn als Bräutigam zusammen mit einer schönen jungen Frau mit feinen Gesichtszügen.

„Ein wunderschönes Foto! Ist das Ihre große Liebe?“

„Nein. Mit dieser Frau, mit Susanna habe ich viele Jahre gelebt. Meine große Liebe, Adelaide, habe ich vier Jahre vorher kennen gelernt, als ich 25 Jahre alt war. Geheiratet habe ich dann mit 30, wir hatten eine Affäre und Susanna bekam ein Kind von mir, und zu dieser Zeit gerade im altmodischen Italien wurde dann natürlich auch sofort geheiratet. Aber mein Glück aus dieser Ehe ist mein Sohn, der dann auch heiratete und mich mit Enkelkindern beschenkte. Es war keine gute Ehe, uns verband die Familie, aber in der Liebe und in der Kunst sind wir uns nie wirklich begegnet.“ Er sah mich wehmütig an. „Was sagen Sie dazu?“

„Das ist sehr traurig, oder… oder vielleicht Schicksal oder eine Aufgabe. Ich weiß es nicht, wie und warum es passiert, warum sich Menschen zu unerfüllten Partnerschaften zusammenfinden. Aber wenn zwei Menschen zusammen sind, gibt es immer Kompromisse, es ist immer eine Aufgabe zu wachsen. Gab es denn wirklich keine Möglichkeit, Ihre große Liebe zu heiraten?“

„Nun, soviel kann ich Ihnen vielleicht schon heute erzählen. Sie ist aus Deutschland, aber die Entfernung zwischen ihr und mir war nie der Grund dafür, dass wir nicht räumlich zusammenkommen konnten. Aber in meinem ganzen Leben war ich ihr ja immer auch aus der Entfernung heraus näher als Susanna, die neben mir saß, stand oder lag.“

„Sie ist aus Deutschland? Warum sind Sie denn jetzt nicht mit ihr zusammen? Lebt sie denn nicht mehr?“

„Oh doch! Ja, ich bin sehr glücklich, dass sie hier auch noch auf dieser Erde ist. Und doch gibt es da so einiges…, aber ich möchte jetzt noch nichts vorwegnehmen. Schauen sie sich die Fotos erst einmal ruhig weiter an!“

Ich blätterte weiter, sah ihn anfangs oft mit seiner Familie, später mit seinen Auszeichnungen auf Ausstellungen mit Preisen und Ehrungen. Er wirkte auch auf den weiteren Fotos attraktiv und männlich, und auf manchen Fotos sah man es ihm an, dass es ihm Freude machte, besonders auch im Kreis hübscher Frauen zu sein. Die letzten Fotos zeigten ihn gemeinsam mit seinen Werken, besonders mit den weißen Skulpturen.

„Halten Sie Ihre Skulpturen absichtlich alle in weiß? Ich weiß, es ist eine blöde Frage. Sie sind ja alle in weiß, Sie hatten bestimmt ein Grund dazu.“

„Ja, für meine Skulpturen ist weiß die einzige Farbe, in der ich mir diesen Ausdruck vorstellen kann. Ein Bild, oder ein Foto sind da etwas anderes, sie leben, bewegen sich, sprechen und agieren. Die Skulpturen dagegen sind ein Gesetz und ein Denkmal. Statuen und Statute sind miteinander verwandt und vereinigen sich hier in meinen Werken. Hinzu kommt, dass Weiß als Reinheit die Gedanken formen und eine Essenz gestalten. Ich kann es mir gar nicht anders vorstellen.“

Während ich ihn anschaute, bemerkte ich, dass seine Augen müde wirkten, obwohl er sich doch eben angeblich ausgeruht hatte. Daher stand ich auf und verabschiedete mich. „Ich habe doch schon heute sehr viel von Ihnen erfahren, dafür möchte ich mich recht herzlich bei Ihnen bedanken. Wir hatten zwar für heute noch eine weitere Stunde eingeplant, aber wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich mich gern jetzt zurückziehen und alles, was ich erfahren habe, zu Papier bringen und ein wenig sortieren. Und wenn Sie daran festhalten, möchte ich morgen Früh gern wie geplant zu einem weiteren Stündchen kommen.“

Er sah mich freundlich an und nickte. „Ja, dann soll es mir recht sein, wenn Sie heute schon schließen möchten. Es war sehr nett, Sie kennen zu lernen und mit Ihnen zu plaudern. Und ich freue mich auf die nächste unterhaltsame Stunde mit Ihnen.“

Er geleitete mich bis zu dem großen alten Holztor, öffnete es mir galant und schenkte mir noch ein liebenswürdiges, charmantes Lächeln.

Eine ganze Weile winkte er mir noch nach.

***

Jetzt musste ich erst einmal meine Gedanken sammeln. Ich überlegte, ob ich schon einen Gesamteindruck von Moro Rossini hatte. Gewiss, er wirkte ein wenig wie ein Macho, er wusste, wer er war und was er tat, aber seine liebenswerte Art und sein Charme ließen es nicht zu, dass man es ihm übel nahm, man musste ihm einfach etwas Eitelkeit zugestehen, mehr noch als allen Künstlern im Allgemeinen.

Ich beschloss, noch eine Weile spazieren zu gehen, das Wetter hatte sich trocken gehalten und die Frühlingswiesen lockten mit Duft und Farben.

Ich bog nicht in den Ort ein, sondern in die entgegengesetzte Richtung, in der ich die alte Dorfkirche, vermutlich aus der Barockzeit, entdeckte, an die sich auf der rechten Seite stadtauswärts ein Friedhof anschloss.

Tatsächlich lag ich mit meiner Vermutung richtig, im Inneren der Kirche fand ich den Bau und das Inventar in Ausführung des Barock, und die Gemälde entzückten mich eine ganze Weile. Ich zündete eine Kerze an, setzte mich auf eine Bank, meditierte etwas und betete. Danach fühlte ich mich erfrischt und munter.

Als ich aus der Kirche trat, gesellte sich eine Frau zu mir, die mit einigen Gartenutensilien vom Friedhof kam. Sie war groß und schlank, hatte blondes Haar und trug ein weißes Kopftuch. Ihr schmales, ungeschminktes Gesicht wandte sich mir freundlich zu. „Sie sind bestimmt Frau Mühlberg nicht wahr?“

Und als ich nickte, fuhr sie fort. „Man hat Sie hier schon erwartet. Besonders der Bürgermeister erhofft sich von Ihrem Artikel einen weiteren Zulauf an Feriengästen. Ich bin übrigens Jasmin Schirmer, meine Schwester und ich, wir betreiben gemeinsam den Gutshof am anderen Ende des Ortes.“

„Nett, Sie kennen zu lernen“, ich streckte ihr die Hand entgegen, die sie nahm und kräftig schüttelte. Ich entdeckte in ihrem Gesicht einige Kummerfalten. „Aber das wird nicht nur ein Artikel, sondern ein richtiges kleines Buch, ich denke, dass im Anhang sogar Einiges über diesen netten Ort veröffentlicht wird. Der eine oder andere Kunstliebhaber wird sich für Herrn Rossini interessieren, seine Kunst anschauen und natürlich dann auch herkommen. So vermuten und hoffen wir es wenigstens.“

„Ich habe gehört, Frau Mühlberg, dass Sie eine ganze Weile bleiben. Kommen Sie doch einmal zu uns hinaus zum Gutshof! Sie finden ihn, wenn Sie den Hinweisschildern nach Gut Langenau folgen. Sie werden bestimmt Freude haben an den Pferden und Sie dürfen auch reiten, wenn Sie möchten.“

„Das ist ein nettes Angebot, danke! Bisher hatte ich noch nie die Gelegenheit zum Reiten, aber bei Ihnen könnte ich es ja einmal probieren. Ich denke, ich bin lange genug hier, und außerdem muss man zwischen der Arbeit immer mal wieder den Kopf frei bekommen, um wieder neue Kraft zu tanken. Wie ich gehört habe, bewirtschaften Sie das große Gut ganz allein mit Ihrer Schwester?!“

„Nun ja, so ganz allein auch nicht. Wir haben schon ein paar Aushilfskräfte und seit kurzer Zeit sogar einen Tierarzt, der auch bei uns wohnt. Das hat sich in kurzer Zeit schon als gute Ergänzung erwiesen. Dr. Lang hat sogar bei uns einen kleinen Praxisraum für seine Landpraxis, und er reitet selbst sehr gern.“

„Ich denke, da haben Sie Glück gehabt. Man kann auch Schwierigkeiten mit seinen Mietern haben. Solche Ergänzungen sind nicht selbstverständlich“, fand ich.

„Ja, er liebt das Landleben und hat keine Angst davor, trotz seiner vielen Arbeit in diesen Dorfverein einzutreten, der hier immer eine große Verantwortung hat.“

Ich sah sie fragend an. „Dorfverein? Ist das hier nicht schon eine kleine Stadt mit ihren historischen Stätten? Ich schätze, es hat eine ähnliche Größe wie Rothenburg oder Dinkelsbühl.“

„Das könnte hinkommen. Dieser Verein ist schon sehr alt, er ist aus der Zeit, als dieser Ort tatsächlich noch eine Art Dorf war und sehr viele Bauernhäuser hatte. Die Mitglieder des Dorfvereins haben hier eine Bedeutung wie anderenorts Ratsmitglieder. Im späten Mittelalter sollen sie sogar Perücken getragen haben, erzählt man sich.“

„Ist das denn irgendwo schriftlich überliefert?“ erkundigte ich mich.

„Es gab mal ein handgeschriebenes, gezeichnetes Buch, das hatten wir bei uns in einer kleinen alten Kate gefunden. Darin waren Zeichnungen von diesen Männern mit Perücken. Aber es kann natürlich auch sein, dass sich jemand dieses Märchen ausgedacht hat. Meine Schwester Senta und ich liebten dieses Buch als wir Kinder waren, und wir sahen es uns immer wieder an. Später, als meine Tochter klein war, schleppte Mona dieses Buch immer mit sich herum. Und dann war es auf einmal verschwunden. Niemand weiß, wo es hingekommen ist.“

Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, schließlich wusste ich ja bereits, was Mona passiert war. Sollte ich einfach weiter auf das Buch eingehen?

Jasmin Schirmer schien mein Schweigen als Aufforderung zum Fortfahren aufzufassen und fuhr fort: „Sie werden es ja doch sowieso erfahren hier im Ort. Es ist jetzt schon eine Zeit lang her, da verschwand meine Tochter plötzlich, sie war damals ein junges, hübsches Mädchen, und lange, lange Zeit später fand man sie, weit weg von hier, tot. Was genau damals geschehen ist, wurde nie geklärt, denn ihr Freund, der mit ihr am Abend des Verschwindens einen Streit hatte, hat sich das Leben genommen.“

„Das tut mir leid! Das ist sehr traurig für Sie und sehr grausam. So etwas kann man nie vergessen, und Sie werden Ihre Tochter sicher jeden Tag vermissen. Ich kann mir so etwas gar nicht vorstellen, vermutlich sind Sie immer noch sehr traurig."

„Ja, obwohl man versucht, wieder in das Leben zu finden, hört diese Traurigkeit nie auf.“

„Und Sie haben nie daran gedacht, es könnte gut sein, die Geschichte aufzuklären?“

„Nein, früher bestimmt nicht. In der ersten Zeit war ich total blockiert, ich hatte das Gefühl, gar nicht in dieser Welt zu leben, ich wollte den Tod meiner Tochter einfach nicht wahrhaben. Später dann, als mir bewusst wurde, was eigentlich geschehen war, fand ich es zu schmerzhaft die Erinnerung wieder herbeizurufen und alles wieder aufzuwühlen. Vor zwei Jahren habe ich eine Therapie gemacht, die hat mir sehr geholfen, mich ein wenig in diesem Leben wieder neu zu finden. Erst in der letzten Zeit habe ich manchmal das Gefühl, ich kann mit der schrecklichen Sache erst abschließen, wenn alles aufgeklärt ist. Dennoch, das wird gar nicht so einfach sein. Man hat Mona im Wasser gefunden, man konnte nicht mehr feststellen, ob man sie hinein gestoßen hatte, und schon gar nicht, wer es gewesen sein könnte. Man ging einfach damals von dem Motiv aus, Mona und Kurti hatten einen Streit, also fiel der Verdacht gleich auf Kurti. Ich habe damals gar nicht so sehr darüber nachgedacht, weil ich wusste, man konnte Kurti nicht mehr fragen.“

„Auch wenn es sehr lange her ist, ich denke, Sie können jederzeit wieder mit Nachforschungen beginnen."

Sie sah mich aufmerksam an. „Wahrscheinlich haben Sie Recht: Ich werde es mir einmal überlegen." Wir waren am Ortseingang angekommen. „Möchten Sie noch mit zu mir kommen? Auf den Gutshof zu einer Tasse Kaffee?“

Ich lehnte dankend ab. „Vielleicht ein anderes Mal? Danke! Für heute habe ich doch jetzt noch eine Menge zu schreiben.“ Wir verabschiedeten uns, und ich beeilte mich, zur Traube zu gelangen.

Nachdem ich mich etwas erfrischt hatte, ließ ich mich auf das Bett fallen und ließ den Tag noch einmal vor meinen Augen spazieren gehen. Moro Rossini hatte einen großen Eindruck auf mich gemacht. Es war schon ein besonderes Erlebnis gewesen, ihn kennen zu lernen, als Mensch und als großartigen Künstler. Ein Mensch wie er braucht keinen Psychotherapeuten, dachte ich. Wenn er etwas erlebt hat, verarbeitet er es in einer seiner künstlerischen Schöpfungen. Die Skulpturen und Bilder sind die Epochen seines Lebens. Und die Aktbilder? Der Garten Eden? Ein Modell muss sich doch geehrt fühlen, einen Weg in sein Künstlerauge zu finden. Stopp! War es ihm jetzt auch gelungen, mich mit seiner Ausstrahlung, seinem Charme einzuwickeln? Lieber gar nicht weiter darüber nachdenken! Es konnte mir doch nur recht sein, wenn ich meine Arbeit bei einem charmanten älteren Herrn ausführen durfte. So machte das Ganze doch nur noch mehr Spaß. Jedenfalls hatte ich mich vor diese Reise ganz umsonst gefürchtet, es gab kein langweiliges Nest, und erst recht keine langweiligen Personen. Im Gegenteil, das ganze schien sich zu einem Abenteuer auszuweiten. ***

Nachdem ich mir den Rest des Nachmittags Notizen gemacht, ein paar Texte geschrieben und sortiert hatte, stieg ich am Abend hinunter in die Gaststube, um einen kleinen Abendimbiss einzunehmen. Ich hatte die Wahl zwischen dem etwas luxuriöser ausgestatteten Speiseraum und der einfachen Gaststube. Jetzt war ich neugierig geworden auf den Ort und seine Leute, daher wählte ich bewusst die rustikale Gaststube, in der sich hauptsächlich Leute aus dem Ort aufhielten.

Thekla Bühler, die Gastwirtin begrüßte mich höflich, Nina eilte herbei und fragte mich nach meinen Wünschen, und ein paar Minuten später hatte ich auch Thorsten Bühler, den Gastwirt selber kennen gelernt. Er verkörperte das ganz typische Gastwirt-Klischee. Von runder, behäbiger Statur, mit einem gutmütigen, freundlichen Gesicht zeichnete er sich mit seiner Fröhlichkeit als perfekter Gastgeber aus. Er wusste für jeden ein nettes Wort, was bedeutete, dass er natürlich auch jeden kannte und über jeden informiert war. Das bezog sich besonders auf den Bereich an der Theke. Dort saßen ein paar jüngere Leute, die ihren Tagesfrust wortreich abließen, während Bühler sie mit den gewünschten Getränken versorgte.

Da ich in der Nähe der Theke saß, war es ganz unvermeidbar, die Gespräche mit anzuhören. Doch offensichtlich machte sich niemand etwas daraus, dass ich in der Zone ihrer Privatsphäre saß, im Gegenteil, bevor mir Nina den bestellten Salat serviert hatte, hatten mir die jungen Leute, zwei Männer und zwei Frauen ein Glas Wein bestellt. Ich hob es, dankte ihnen und prostete ihnen zu. Ich machte mir einen Spaß daraus, aus den Gesprächen ihre Berufe oder ihre Funktionen zu erraten. Bei Ben war es einfach, er trug seine Polizeiuniform und trank Radler. Ich vermutete, dass er gerade Dienstschluss hatte. Die junge rothaarige Frau mit Namen Cordula gab mir eine ganze Zeit lang Rätsel auf, denn sie sprach in der Hauptsache über das aktuelle Tagesgeschehen. Erst als Frau Bühler sie fragte: „Na, was macht der neue Roman?“ ahnte ich, dass sie eine junge Autorin war. Den Beruf der blonden Isa herauszufinden, war ein Kinderspiel, denn sie erzählte pausenlos von den vielen kranken Tieren, die sie heute in der Praxis erfolgreich behandelt hatte. Ich schloss daraus, dass sie auf dem Gutshof bei dem Tierarzt Dr. Lang beschäftigt war, was sich später auch bestätigte. Etwas schwerer machte es mir Max, dessen Kleidung, ein T-Shirt und eine Jeans nicht auf seinen Beruf schließen ließen. Erst nachdem ich das letzte Blättchen Salat genossen hatte, erhielt ich eine Chance, seinen Beruf zu erraten.

Ben war es, der ihn zuerst fragte: „Hey Max, was gab es denn heute bei der Baronin? War die alte Hexe gut gelaunt?“

„Sie ist nie schlecht gelaunt“, antwortete Max ein wenig genervt. „Sie ist immer gut gelaunt und geduldig, und hat mir heute ein gutes Trinkgeld gegeben. Ich kann mich nicht beschweren, wenn ich statt bei ihr in einem Krankenhaus arbeiten würde, hätte ich es bestimmt schwerer.“

„Wenn sie gut gelaunt war, hatte sie bestimmt etwas getrunken“, vermutete Ben grinsend.

„Ach Unsinn!“ protestierte Max. „Sie trinkt schon seit Jahren keinen Alkohol mehr. Sie ist jetzt 71 und ich glaube, sie hat mit 63 Jahren das letzte Glas Wein getrunken. Dann wurde sie krank, und sie begann eine gesündere Lebensweise.“

Cordula, die junge Autorin kicherte. „Du musst mir unbedingt mehr von ihr erzählen, einige sagen doch, sie sei eine Hexe. Ich würde ganz gern einen Roman über sie schreiben.“ Aha, dann war sie also wirklich die Autorin Cordula Winter, die für den Theaterverein spielbare Stücke schrieb. Ich nahm mir vor, sie bei nächster Gelegenheit einmal näher kennen zu lernen.

„Ach was!“ Max sah verärgert aus. „Sie ernährt sich gesund, trinkt statt Wein und Kaffee ihren Kräutertee und beschäftigt sich halt mit der Astrologie. Es ist teilweise ganz interessant, mir hat sie auch schon ein Horoskop erstellt und ich muss sagen, ich habe ganz schön gestaunt. Es ist unglaublich, was man darin alles sehen kann.“

„Und so einen Quatsch glaubst du?“ Ben lachte. „Hast du dir schon einmal den ganzen Sternenhimmel angeschaut?! Der ist doch voll von angestrahlten runden Körpern. Wie sollen die denn hier unsere Erde im Griff haben?! Ich glaube, Baronin hin und her, deine Ada von Breitenbrunnen spinnt ganz schön. Sie ist bestimmt nicht mehr ganz richtig im Kopf.“

„Bevor du dich darüber lustig machst, solltest du mal zu ihr in den Turm gehen und dir von ihr etwas sagen lassen. Dann merkst du, dass sie geistig noch topfit ist, und du kannst dir auch eine Scheibe davon abschneiden. Es ist unglaublich, was die alles weiß, und was die für eine Lebenserfahrung hat. Sie hat mir manches aus ihrem Leben im Vertrauen erzählt, deswegen werde ich es euch auch nicht weiter quatschen. Nicht alle hätten ein so schwieriges Leben so tapfer gemeistert. Vor allen Dingen werden viele dann im Alter grantig und ungenießbar, aber Ada ist immer freundlich und gelassen.“

„Mich würde das schon mal interessieren“, überlegte die Tierarzthelferin Isa. „Ich habe auch schon einmal davon gehört, dass die Astrologie früher sogar eine richtige Wissenschaft war, und dass man damit eine Menge anfangen kann. Aber deine Baronin sitzt doch im Rollstuhl, da geht es ihr doch bestimmt nicht gut genug, um viel zu arbeiten. Was hat sie denn überhaupt?“

„Darüber darf ich auch nicht sprechen, tut mir leid, ihr Lieben! Aber ich weiß, dass sie sich von ihrer Arbeit trotz ihrer Krankheit nicht abhalten lässt.“

„Aber wer geht denn zu der Alten die vielen Treppen hoch in den Turm?!“ zweifelte Cordula.

Max schüttelte den Kopf. „Mädchen, was bist du doch doof. Sie empfängt sowieso keine Besuche. Es gibt ja auch Telefon, und es gibt auch Internet, genug Möglichkeiten der Telekommunikation. Komm, spendier noch mal eine Runde! Du bist doch jetzt reich mit deinem Bestseller!“

Alle vier lachten laut. Diese Gelegenheit benutzte ich, um mich für mein Getränk zu revanchieren. Sie bedankten sich, und prosteten mir zu, nachdem ihnen Bühler die Getränke serviert hatte.

Ben lud mich ein, zu ihnen an die Theke zu kommen, aber für heute hatte ich genug. Ich verabschiedete mich von dem Quartett, wünschte auch Thekla und Thorsten Bühler eine gute Nacht und winkte noch einmal Nina zu, die gerade in einer Ecke einen Tisch säuberte.

Nachdenklich stieg ich die Stufen zu den Gästezimmern hoch. Ich hatte wieder etwas mehr erfahren, und langsam begannen die winzigen Puzzle-Teile sich ein wenig zusammenzusetzen. Wenn Moro Rossini einige dieser Einwohner mit Skulpturen oder Bildern verewigt hatte, gab es sicher noch interessante Geschichten. Ob der Künstler wohl diese beiden hübschen jungen Frauen Isa und Cordula schon für seine Aktsammlung gemalt oder fotografiert hatte? Ob er vielleicht wieder befreundet war Ben, dessen Erlebnisse im Polizeidienst in Rossinis Erinnerungen Altes wachrufen konnten? Und was war nun wirklich mit dieser Ada von Breitenbrunnen, über die Max nichts erzählen wollte. Ich musste sie unbedingt auch einmal kennen lernen. Hatte sie auch eine Verbindung zu Rossini?