Angela hat einen Schutzengel - Britta Frey - E-Book

Angela hat einen Schutzengel E-Book

Britta Frey

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Beschreibung

Die Kinderärztin Dr. Martens ist eine großartige Ärztin aus Berufung, sie hat ein Herz für ihre kleinen Patienten, und mit ihrem besonderen psychologischen Feingefühl geht sie auf deren Sorgen und Wünsche ein. Die Kinderklinik, die sie leitet, hat sie zu einem ausgezeichneten Ansehen verholfen. Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme. Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert! Karina Mendel erwachte durch lautes Vogelgezwitscher, das durch das offene Fenster in ihr Zimmer drang. Und die Sonne malte schon goldene Kringel auf den Teppichboden. Es versprach ein wunderschöner Tag zu werden. Während sich Karina dehnte und streckte, dachte sie: Ich bin unendlich glücklich, denn ich liebe und werde wieder geliebt von dem wunderbarsten Mann, dem ich je begegnet bin. Seit vier Wochen war sie mit Simon Bauer verlobt, und beide hatten sich vorgenommen, ihr großes Glück ganz fest zu halten, denn sie kannten auch das Sprichwort: Glück und Glas, wie leicht bricht das. Karina war zweiundzwanzig und sie wußte, daß sie schön war. Ihr Spiegel zeigte es ihr jeden Tag. Sie hatte ein ovales Gesicht, eine schmale Nase und einen schönen Mund. Zu ihrem halb­langen schwarzen Haar bildeten ihre tiefblauen Augen einen wunderbaren Kontrast. Sie arbeitete als Fotomodell für eine gute Agentur. Der Starfotograf, Markus Köhler, hatte ihr erst gestern wieder Komplimente gemacht, als er einige Aufnahmen machte. Er lobte sie auch, weil sie nicht so übermäßig schlank war wie die meisten Models, die gar keine Rundungen mehr hatten. Als sie ihm vor ein paar Tagen gesagt hatte, daß sie sich verlobt habe, fragte er mit heruntergezogenen Mundwinkeln: »Mußte das sein?« Sie schüttelte verneinend den Kopf, denn sie wußte, was er meinte. Dann wollte er gleich wissen, ob sie weiter mit ihm arbeiten würde. Karina hatte ihm keine definitive Antwort geben können, denn sie hatte mit Simon noch nicht darüber gesprochen. In Gedanken sah sie nun den Geliebten vor sich. Leise sagte sie: »Ich liebe dich so sehr, Simon, daß es fast schon ein wenig weh tut.« Er war einen Kopf größer als sie, und sie mochte es gern, sein blondes, leicht gelocktes Haar mit ihren Händen zu zerzausen. Seine hellen blauen Augen blickten sie dann streng an, und er brummte: »Ich warne dich, kleine Hexe.«

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Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Kinderärztin Dr. Martens Classic – 56 –Angela hat einen Schutzengel

Britta Frey

Karina Mendel erwachte durch lautes Vogelgezwitscher, das durch das offene Fenster in ihr Zimmer drang. Und die Sonne malte schon goldene Kringel auf den Teppichboden. Es versprach ein wunderschöner Tag zu werden.

Während sich Karina dehnte und streckte, dachte sie: Ich bin unendlich glücklich, denn ich liebe und werde wieder geliebt von dem wunderbarsten Mann, dem ich je begegnet bin.

Seit vier Wochen war sie mit Simon Bauer verlobt, und beide hatten sich vorgenommen, ihr großes Glück ganz fest zu halten, denn sie kannten auch das Sprichwort: Glück und Glas, wie leicht bricht das.

Karina war zweiundzwanzig und sie wußte, daß sie schön war. Ihr Spiegel zeigte es ihr jeden Tag. Sie hatte ein ovales Gesicht, eine schmale Nase und einen schönen Mund. Zu ihrem halb­langen schwarzen Haar bildeten ihre tiefblauen Augen einen wunderbaren Kontrast.

Sie arbeitete als Fotomodell für eine gute Agentur. Der Starfotograf, Markus Köhler, hatte ihr erst gestern wieder Komplimente gemacht, als er einige Aufnahmen machte. Er lobte sie auch, weil sie nicht so übermäßig schlank war wie die meisten Models, die gar keine Rundungen mehr hatten.

Als sie ihm vor ein paar Tagen gesagt hatte, daß sie sich verlobt habe, fragte er mit heruntergezogenen Mundwinkeln: »Mußte das sein?« Sie schüttelte verneinend den Kopf, denn sie wußte, was er meinte. Dann wollte er gleich wissen, ob sie weiter mit ihm arbeiten würde.

Karina hatte ihm keine definitive Antwort geben können, denn sie hatte mit Simon noch nicht darüber gesprochen.

In Gedanken sah sie nun den Geliebten vor sich. Leise sagte sie: »Ich liebe dich so sehr, Simon, daß es fast schon ein wenig weh tut.«

Er war einen Kopf größer als sie, und sie mochte es gern, sein blondes, leicht gelocktes Haar mit ihren Händen zu zerzausen. Seine hellen blauen Augen blickten sie dann streng an, und er brummte: »Ich warne dich, kleine Hexe.« Dabei hob er sie hoch und wirbelte sie im Zimmer umher, bis sie um Gnade flehte.

Karina dachte nun sehnsüchtig an seine zärtlichen Küsse, seine Liebkosungen, die sie nun für einige Tage entbehren mußte. Simon war heute früh am Morgen nach Berlin geflogen, weil er wichtige Besprechungen mit verschiedenen Geschäftspartnern führen mußte. Er hatte in Hannover in der Calenbergstraße ein Architekturbüro – und war mit seinen dreißig Jahren schon ein gefragter Mann.

Karina sah nun auf ihre Uhr, schloß noch einmal die Augen, denn sie hatte heute keinen Fototermin. Sie hörte nicht, daß ihre Tür geöffnet wurde, und erschrak deshalb sehr, als ein naßkalter Waschlappen auf ihr Gesicht klatschte.

»Bist du verrückt, mich so zu erschrecken?« schrie sie ihre Schwester Carolin an.

»Wenn du nicht sofort aufstehst und freiwillig das Frühstück machst, wirst du verdonnert, es zwei Wochen lang zu machen.« Mit einem spöttischen Lachen verließ Carolin das Zimmer.

»Warum bin ich nur mit so einer boshaften Schwester bestraft?« sagte Karina leise. Sie wußte, es wäre besser gewesen, als ihre Mutter vor drei Jahren wieder heiratete und mit ihrem Mann nach Amerika ging, wenn sie die Wohnung Carolin überlassen hätte. Damals jedoch waren sie beide froh gewesen, die Eigentumswohnung der Mutter zu haben, denn jeder hatte nur die Hälfte der Nebenkosten zu tragen. Und viel hatten sie beide noch nicht verdient.

Carolin wird froh sein, wenn ich Simon heirate, dann hat sie die Wohnung für sich. Aber von Heirat war vorerst nicht die Rede. Simon hatte nur ein kleines Appartement neben seinem Büro. Er hatte zwar in den letzten Wochen ein Haus entworfen und auch ein Modell davon angefertigt. Karina war hell begeistert von den großzügigen Räumen und der Terrasse, doch das entsprechende Grundstück für ihrer beider Traumhaus hatte er noch nicht gefunden.

Nun stand Karina auf, öffnete weit die Fenster und machte ein paar gymnastische Übungen, dann ging sie ins Bad. Kaffeeduft stieg ihr in die Nase, und sie freute sich, daß Carolin doch Frühstück gemacht hatte. Sie hatte sich umsonst gefreut, denn auf dem Tisch stand nur ein gebrauchtes Gedeck. Die Kaffeekanne war leer, nur der Duft hing noch in der Küche. Im Kühlschrank war weder Butter noch sonst was Eßbares. Auch im Brotkasten lag kein Stückchen Brot.

»So ein Biest«, schimpfte Karina und brühte sich frischen Kaffee auf. Da fiel ihr ein, daß in der Handtasche, die sie immer bei Fototerminen mit hatte, noch ein paar Kekse sein müßten. Als hätte sie einen Schatz gefunden, fiel Karina über diese geschmacklosen Dinger her.

Schon wieder lächelnd dachte sie, die Zeit, die sie noch mit ihrer Schwester zusammensein mußte, würde auch einmal vorbei sein. Sie wollte heute wieder großzügig sein und den Kühlschrank auffüllen, auch wenn Carolin an der Reihe war. Die Schwester verdiente als Sekretärin nicht so viel wie sie.

Nachdem sie ihr karges Frühstück hinter sich hatte, räumte sie die Wohnung auf – Carolins Zimmer war für sie tabu – ihr reichte schon das Wohnzimmer, das manchmal wie nach einer Schlacht aussah.

Plötzlich klingelte das Telefon. Und zu ihrer Freude war Simon am Apparat. »Hallo, mein Herz, ich vermisse dich jetzt schon… Also sag ganz schnell, daß du mich liebst.«

»Ich liebe dich sehr, Simon. Die Tage ohne dich werden entsetzlich leer sein.«

»Es wäre wunderschön, wenn du hier sein könntest. Berlin ist eine herrliche Stadt.«

»Ich weiß, denn ich war schon ein paarmal dort. – Hattest du einen guten Flug, Simon?«

»Ja, Gott sei Dank, ganz ohne Turbulenzen. Du weißt ja, daß ich nur ungern in so einen Vogel steige.«

»Ich weiß, aber ich finde fliegen herrlich.«

»Karina – ich umarme dich in Gedanken ganz fest. Jetzt muß ich wieder zur Besprechung. Ich rufe dich heute abend noch einmal an.«

»Ja, ich freu’ mich drauf.«

*

Was Karina auch nicht wußte: Markus Köhler, der Starfotograf, war über ihre Verlobung sehr enttäuscht. Er hatte gehofft, diese wunderschöne Frau mit den faszinierenden Augen für sich zu gewinnen. Als er aber dann von ihr hörte, daß die Hochzeit noch nicht festgelegt war, beflügelte ihn neue Hoffnung.

Er hatte viele Bekannte unter den besten Fotografen der Welt – und er ließ seine Verbindungen spielen. Die schönsten Aufnahmen von Karina schickte er an ein paar Kollegen, und eines Tages klappte es. Er bekam einen Anruf aus Paris, Georges Bernard gefielen die Aufnahmen Karinas ganz besonders gut.

»Markus, ich dachte schon, daß du diese Schönheit für immer unter Vertrag genommen hast.«

»Leider nicht. Karina hat sich verlobt, und ich bin sicher, daß sie bald heiraten wird, denn der Glückspilz ist Architekt und noch dazu vermögend.«

»Bring diese Karina nach Paris, und ich gebe ihr einen Vertrag, den sie nicht ablehnen wird. So ein Model suche ich schon lange. Ehrlich, gern hätte ich sie dir abgeworben, doch das macht man ja nicht unter Kollegen.«

»Ich möchte aber weiter mit ihr arbeiten, denn ich kenne sie am besten und weiß sie zu motivieren. Kannst du mich brauchen?«

»Das ist die Lösung, denn ich bin zur Zeit mit Aufträgen mehr als eingedeckt, aber ich bin sicher, Karina kommt in Paris hundertprozentig an. Wann kommst du mit ihr, Markus?«

»Ich muß warten, bis Karinas Verlobter wieder verreist, denn ich glaube, er würde es ihr ausreden, für länger nach Paris zu gehen.«

»Du bist doch ein schlauer Fuchs, Markus. Aber ich verlaß mich auf dich. Und du wirst auch mehr als zufrieden sein.«

»Ich rufe dich sofort an, wann wir kommen, und ich bin sicher, daß alles nach unseren Wünschen läuft.« Was er Georges nicht sagte, war, daß er in Karina verliebt war und sehr hoffte, sie in Paris für sich zu gewinnen.

Und das Schicksal oder der Zufall, ganz gleich, wie man es nennen will, kam Markus Köhler zu Hilfe.

Simon Bauer, Karinas Verlobter, mußte überraschend für mehrere Tage nach Rom. Und obwohl Markus Köhler mit seinem Auftrag noch nicht ganz fertig war, sagte er einen Tag später zu Karina: »Ich habe ein Attentat auf Sie vor, Karina.« Als sie ihn erstaunt ansah, meinte er lächelnd: »Für ein paar Tage muß ich dringend nach Paris. Georges Bernard, ein Freund, möchte unbedingt von Ihnen ein paar Modeaufnahmen machen. Er hat Sie in einem Magazin gesehen und er rief mich gestern an, ob er Sie einmal ausleihen darf.«

»Mich?« fragte sie zweifelnd.

»Ja, Sie, Karina. Und er zahlt enorm gut, denn er will Sie auf dem Titelblatt der ›Vogue‹ haben.«

»Wie lange wären wir in Paris?«

»Ich denke drei, vier Tage.« Daß er Karina Lügen auftischte, denn er wollte sie mindestens ein halbes Jahr dort haben, störte ihn nicht im geringsten, denn der Zweck heiligt die Mittel, dachte er kühl.

»Ich weiß nicht recht«, meinte sie zögernd. »Ich fürchte, mein Verlobter wird damit nicht einverstanden sein.« Doch der Gedanke, auf der Titelseite der bekanntesten Modezeitschrift zu sein, war der Traum eines jeden Models. Und sie wäre sicher wieder daheim, bevor Simons Arbeit in Rom beendet war. Sie wußte aber nicht, ob er darüber erfreut sein würde.

»Na, was ist? Ein paar Tage Pariser Luft schnuppern? Eine Stadt, schäumend wie Sekt, und nur ein paar Aufnahmen für ein Superhonorar, lockt Sie das nicht?«

Als sie noch zögerte, meinte er gelassen: »Ich werde Lydia fragen – und bin sicher, daß sie begeistert zustimmen wird.« Lauernd sah er sie an.

»Wann würden wir fliegen? Und wann wieder zurück sein?«

»Wir könnten schon für heute abend einen Flug buchen. Es ist erst elf Uhr, also haben wir noch Zeit, die letzten Aufnahmen zu schießen. – Sag schon ja, Mädchen, du wirst es nicht bereuen.«

Karina hatte gar nicht bemerkt, daß er sie geduzt hatte, denn sie sagte nachdenklich: »Ich weiß, daß Simon mich am Abend anrufen wird, und wenn ich nicht da bin, wird er sich sonst was denken.«

»Mußt du ihm über jede Stunde des Tages Rechenschaft ablegen?« fragte er ein wenig spöttisch.

»Natürlich nicht. Aber seit wann sind wir per du?«

»Entschuldige, das ist mir nur so rausgerutscht.«

»Ist auch nicht wichtig. – Also gut, ich fliege mit.«

»Fantastisch! Wir machen Aufnahmen, da steht die Modewelt Kopf!« Am liebsten hätte Markus nun Karina umarmt, doch er beherrschte sich.

Karina mußte über seine Begeisterung lachen und sie dachte: Was ist schon dabei, wenn ich ohne Simons Wissen nach Paris fliege? Ich mache ja keine Vergnügungsreise, es wird harte Arbeit werden. Und bestimmt freut er sich, wenn ich Erfolg habe.« Wie konnte sie auch ahnen, daß diese Entscheidung ihre Liebe zerstören würde?

Die Tage in Paris waren für Karina wie ein Traum. Nach mehreren hervorragenden Aufnahmen wurde sie gefeiert und zum besten Model der Saison ernannt.

Am zweiten Abend rief sie bei ihrer Schwester an, die zufällig daheim war. Als sie fragte, ob Simon aus Rom angerufen habe, verneinte Carolin. »Wenn er morgen anruft, sage ihm bitte, daß ich in zwei Tagen wieder daheim bin.«

»Ich richt’s ihm aus«, war Carolins knappe Antwort.

Zwei Tage später floß schon mittags der Champagner. Alle Aufnahmen, die Markus gemacht hatte, waren einmalig gut.

Georges Bernard, dessen Mutter Berlinerin war, sprach perfekt deutsch. Enthusiastisch sagte er: »Karina, du hast eine Ausstrahlung, die jeden in den Bann zieht. Darauf laß uns anstoßen!« Er erhob sein Glas und prostete erst ihr, dann Markus zu. Dieser hatte mit Georges ausgemacht, daß Karina mit einem sehr guten Vertrag überrumpelt werden müßte.

»Das können wir nicht machen, Markus. Den Vertrag soll sie nicht in Champagnerlaune unterzeichnen.«

»Dann schließt sie den Vertrag nie ab«, war seine Antwort.

»Ich bin ein reeller Modefotograf, ich möchte sie nicht zu etwas zwingen, was sie nicht freiwillig tun würde.«

»Willst du sie oder nicht?« fragte Markus unwillig.

»Natürlich, sie ist etwas ganz Besonderes, und ihr natürliches Wesen ist faszinierend.«

»Wir wollen sie ja nicht betrunken machen, lieber Freund, zwei Gläser genügen, und Karina unterschreibt.«

»Bist du sicher…?«

»Ganz sicher, denn sie trinkt kaum Alkohol.«

»Ich mache dich verantwortlich, wenn sie den Vertrag nicht einhält.« Georges sagte dies mit hochgezogenen Brauen.

»Karina hält ihn ein, wenn sie unterschrieben hat, sie ist die anständigste Frau, die ich kenne.« Seine Gedanken verriet er nicht, daß er hoffte, sie eines Tages für sich zu gewinnen.

Als dieses Gespräch zwischen den beiden stattfand, war Karina in ihr Zimmer gegangen, um sich frisch zu machen und sich umzuziehen. Als ­Georges gehört hatte, daß sie schon ein paarmal in Paris gewesen war, aber Moulin Rouge noch nicht kannte, hatte er sie und Markus dorthin eingeladen.

Während sie in das azurblaue, mit Silberfäden bestickte Abendkleid schlüpfte, fragte sie sich, wann Georges ihr sein Angebot unterbreiten würde.

Als sie dann unten in der Hotelbar Markus allein sah, fragte sie ihn direkt: »Wann, denkst du, legt er mir den Vertrag vor?« Sie hatte die Haare nach oben mit glitzernden Kämmen festgesteckt, und Markus war von ihrer Schönheit überwältigt. Er starrte sie nur an.

»Was ist, hat es dir die Sprache verschlagen?«

»Ja, du siehst wieder umwerfend aus, Karina. – Möchtest du einen Drink?« Sie schüttelte verneinend den Kopf und fragte erneut: »Also, wann, denkst du, wird er mir den Vertrag vorlegen?«

»Noch heute abend, denn Georges muß morgen früh mit der ersten Maschine nach Monte Carlo.«

»Und weißt du, wie lange er mich in Paris haben will?«

»Nein, ich soll nur die ersten Wochen mit dir die Aufnahmen machen, weil er sehr viel zu tun hat.«

»Ich sage dir aber gleich, Markus, daß ich ohne Simon keine Entscheidung treffen werde, wie gut auch der Vertrag sein mag.«

»Ist doch klar, Karina.« Bewußt belog er sie, denn der Vertrag war schon fertig, und wenn sie heute Abend keine Unterschrift bekamen, würde es keine Karina in Paris geben.

Der Besuch im Moulin Rouge war für Karina ganz interessant, aber es waren zu viele Leute da, und es war zu laut. Außerdem knurrte ihr der Magen, denn sie hatte gedacht, daß sie erst eine Kleinigkeit essen würden.

Georges bestellte gleich Champagner, den der Garcon gekonnt eingoß.

Als Georges sein Glas erhob und Karina und Markus mit den Worten zuprostete: »Auf eine gute Zusammenarbeit!« trank auch Karina, wie die anderen, ihr Glas aus.

Er schmeckt himmlisch, dachte sie, und er nimmt mir ein wenig den Hunger. Sie fragte: »Gibt es hier nicht eine Kleinigkeit zu essen?«

Markus lachte und sagte: »Wir bleiben nicht lange, denn du willst doch dann den Vertrag sehen.«

Karina trank nun ganz langsam mit Genuß das zweite Glas leer. Der Champagner war so köstlich, gern hätte sie noch ein drittes Glas getrunken, doch sie wußte, daß sie dann nicht mehr klar denken konnte. Jetzt sagte sie leise: »Schade, daß Simon nicht auch da ist.«

Als sie dann das Lokal verließen, hatte Karina das Gefühl zu schweben, und sie fand den Zustand herrlich. Sie hatte nichts dagegen, als Markus sie zum Taxi führte und ihr hineinhalf. So ein kleiner Schwips ist doch ganz schön, dachte sie, und meine Gedanken sind ganz klar, wenn ich den Vertrag durchlese.

Monsieur Bernard hatte eine große Terrassenwohnung über den Dächern von Paris. Karina war entzückt von der grandiosen Aussicht. Ein Lichtermeer überstrahlte die Stadt, als wären viele Sterne vom Himmel gefallen. Und als sie in der Ferne den beleuchteten ­Eiffelturm entdeckte, glaubte sie zu träumen.

Markus riß sie aus ihrer Verzauberung. »Karina, ich dachte, du bist hier, um den Vertrag anzusehen. Georges wartet auf dich in seinem Arbeitszimmer.«

»Ja, der Vertrag. Hast du ihn schon gesehen? Und soll ich ihn unterschreiben?«

»Das mußt du allein entscheiden, Karina. Aber ich finde ihn ganz fantastisch. Georges bezahlt dir das vierfache Honorar.«

Sie atmete tief durch, dann betrat sie das Arbeitszimmer. An den Wänden hingen keine Bilder und Gemälde, sondern nur Aufnahmen von den bekanntesten Fotomodellen, die Georges alle unter Vertrag gehabt hatte. Würde ihr Foto auch einmal hier hängen?

Georges bot ihr lächelnd Platz an, dann reichte er ihr zwei Verträge, einen in deutscher Sprache, den anderen in französisch. »Bitte, lies alles genau durch, ob du für mich zu den Bedingungen arbeiten willst.«

Karina nahm den in deutscher Sprache verfaßten Vertrag in die Hand. Sie blinzelte, weil die Buchstaben so klein waren und vor ihren Augen verschwammen.

Es hörte sich alles fantastisch an. Das Honorar war wirklich enorm und die Arbeitsbedingungen gut. Alle Vierteljahre zwei Wochen Urlaub und dazwischen freie Tage, an denen sie heimfliegen konnte.

Simon wird mich verstehen, wenn er von diesem Angebot erfährt. Wir wollten ja erst heiraten, wenn unser Haus fertig ist, außerdem ist Simon ja auch viel unterwegs.

Daran dachte sie nicht mehr, daß sie erst unterschreiben wollte, wenn sie mit ihm gesprochen hatte.

Mit sicherer Hand unterschrieb sie die Formulare und bekam einen in Deutsch und einen in Französisch verfaßten Vertrag.

*

Während des Fluges von Paris nach Hannover wunderte sich Markus nicht über Karina, die schweigend mit geschlossenen Augen neben ihm saß. »Ist dir schlecht?« fragte er, als sie einmal tief atmete.

»Nein – ich hab nur viel zu denken.«

Er ließ sie in Ruhe, denn sie überlegte sicher, wie sie es Simon beibringen würde, daß sie sich für ein Jahr gebunden hatte. Hoffentlich hat sie keine Schwierigkeiten, dachte er.

Ein paar Stunden später schloß Karina die Wohnungstür auf. Lautes Lachen war aus dem Wohnzimmer zu hören. Carolin hat Besuch, dachte sie. Als sie an der offenen Tür vorbeiging, stand plötzlich Simon vor ihr, der sie stürmisch umarmte.

»Endlich hab’ ich dich wieder, mein Liebling.« Seine Küsse waren wunderbar.

»Wie muß Liebe schön sein«, hörten sie Carolin spöttisch sagen.