Ihr fliegen die Herzen der Kleinen zu - Britta Frey - E-Book

Ihr fliegen die Herzen der Kleinen zu E-Book

Britta Frey

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Beschreibung

Die Kinderärztin Dr. Martens ist eine großartige Ärztin aus Berufung, sie hat ein Herz für ihre kleinen Patienten, und mit ihrem besonderen psychologischen Feingefühl geht sie auf deren Sorgen und Wünsche ein. Die Kinderklinik, die sie leitet, hat sie zu einem ausgezeichneten Ansehen verholfen. Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme. Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert! Jens Butenbrink würde es vor anderen nie zugeben – aber er war immer noch bis über beide Ohren verliebt in Heide, die er vor einem Jahr geheiratet hatte. Er hatte nicht nur Heide geheiratet, sondern mit ihr auch ihre kleine Tochter aus erster Ehe, die kleine Silke, die sich kaum an ihren richtigen Vater erinnern konnte, weil er viel zu früh gestorben war. Silke war nun acht Jahre alt und Butenbrinks ganzer Stolz. Er hätte sie nicht inniger und zärtlicher lieben können, wenn sie seine leibliche Tochter gewesen wäre. Aber sie war ein Teil von Heide und er liebte alles, was auch nur in lockerem Zusammenhang mit seiner Heide stand. Er betrachtete Silke als so zu sich gehörig, wie er es als leiblicher Vater nicht mehr hätte tun können. Der Kommissar und Silke hatten ein fabelhaftes Verhältnis zueinander. Mit einem Wort gesagt – sie hingen aneinander wie die Kletten, wie Heide oft lachend und glücklich behauptete. Ihrer Ansicht nach hätte es auch ganz anders sein können. Aber Jens und Silke waren so aufeinander eingeschworen, daß kein Mensch es glauben mochte, wenn er erfuhr, daß Jens Butenbrink nicht der wirkliche Vater seiner kleinen Tochter war. Er kam gar nicht auf den Gedanken, es könnte ihm etwas fehlen, weil er bisher noch kein gemeinsames Kind mit seiner Heide hatte. Deshalb war er auch um so überraschter, als sie ihn eines Tages, als er gerade dienstfrei hatte und Silke bei einer Freundin zu Besuch war, voller Liebe und Zärtlichkeit anschaute und spitzbübisch fragte: »Fehlt dir eigentlich gar nichts mehr zum richtigen Glücklichsein, Jens?« »Nein«, sagte er, entschieden etwas erstaunt, »gar nichts, Liebling. Du bist bei mir, wir haben in Silke eine gute Tochter, wie wir sie uns nicht besser wünschen könnten, und…« »Na, überleg doch mal!« sagte Heide versonnen, nahm spielerisch seine Hand in die ihre und schmiegte ihre Wange hinein. Jens mochte das sehr, denn er fand, damit zeigte sie ihm, wie sehr sie ihn liebte und brauchte. Genau so, wie er sie liebte und brauchte. Manchmal war ihm, als hätte er gar nicht richtig gelebt, bevor sie einander geheiratet hatten.

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Seitenzahl: 145

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Kinderärztin Dr. Martens Classic – 60 –Ihr fliegen die Herzen der Kleinen zu

Britta Frey

Jens Butenbrink würde es vor anderen nie zugeben – aber er war immer noch bis über beide Ohren verliebt in Heide, die er vor einem Jahr geheiratet hatte. Er hatte nicht nur Heide geheiratet, sondern mit ihr auch ihre kleine Tochter aus erster Ehe, die kleine Silke, die sich kaum an ihren richtigen Vater erinnern konnte, weil er viel zu früh gestorben war. Silke war nun acht Jahre alt und Butenbrinks ganzer Stolz. Er hätte sie nicht inniger und zärtlicher lieben können, wenn sie seine leibliche Tochter gewesen wäre.

Aber sie war ein Teil von Heide und er liebte alles, was auch nur in lockerem Zusammenhang mit seiner Heide stand. Er betrachtete Silke als so zu sich gehörig, wie er es als leiblicher Vater nicht mehr hätte tun können.

Der Kommissar und Silke hatten ein fabelhaftes Verhältnis zueinander. Mit einem Wort gesagt – sie hingen aneinander wie die Kletten, wie Heide oft lachend und glücklich behauptete. Ihrer Ansicht nach hätte es auch ganz anders sein können. Man hatte da schon die tollsten Sachen gehört…

Aber Jens und Silke waren so aufeinander eingeschworen, daß kein Mensch es glauben mochte, wenn er erfuhr, daß Jens Butenbrink nicht der wirkliche Vater seiner kleinen Tochter war.

Er kam gar nicht auf den Gedanken, es könnte ihm etwas fehlen, weil er bisher noch kein gemeinsames Kind mit seiner Heide hatte. Deshalb war er auch um so überraschter, als sie ihn eines Tages, als er gerade dienstfrei hatte und Silke bei einer Freundin zu Besuch war, voller Liebe und Zärtlichkeit anschaute und spitzbübisch fragte: »Fehlt dir eigentlich gar nichts mehr zum richtigen Glücklichsein, Jens?«

»Nein«, sagte er, entschieden etwas erstaunt, »gar nichts, Liebling. Du bist bei mir, wir haben in Silke eine gute Tochter, wie wir sie uns nicht besser wünschen könnten, und…«

»Na, überleg doch mal!« sagte Heide versonnen, nahm spielerisch seine Hand in die ihre und schmiegte ihre Wange hinein. Jens mochte das sehr, denn er fand, damit zeigte sie ihm, wie sehr sie ihn liebte und brauchte. Genau so, wie er sie liebte und brauchte. Manchmal war ihm, als hätte er gar nicht richtig gelebt, bevor sie einander geheiratet hatten. Jedenfalls erschien ihm im nachhinein das Leben noch besonders leer und öde gewesen zu sein – ohne Heide und Silke.

»Am besten, du hilfst mir auf die Sprünge«, sagte er und küßte sie zärtlich. »Wenn man mich fragen würde, was ich mir wünschte, müßte ich nämlich eingestehen, daß ich wunschlos glücklich bin.«

»Ehrlich – ganz wunschlos glücklich, Jens? Ich meine – fehlt dir nicht noch so etwas… so etwas wie vielleicht das berühmte Tüpfelchen auf dem i?« bohrte Heide mit seltener Hartnäckigkeit weiter.

Nun setzte er sich aufrecht hin und hielt sie auf Armeslänge von sich ab. Forschend betrachtete er sie.

»Du willst mir doch anscheinend etwas Bestimmtes sagen, oder? Weißt du nicht, wo und wie du anfangen sollst?« Er betrachtete sie zärtlich. Sie war ein wenig voller geworden – ein ganz, ganz klein wenig nur – aber er fand, das stand ihr ausgezeichnet. Es machte sie in seinen Augen noch begehrenswerter.

»Manchmal sind die klügsten und intelligentesten Männer doch schrecklich begriffsstutzig, mein Lieber«, sagte sie und lächelte dazu auf eine Weise, die ihm fremd an ihr war. Er sah sie stumm an und schüttelte dann den Kopf.

»Tut mir leid«, gab er zu, »ich weiß immer noch nicht, was ich von deinem Verhalten denken soll.«

»Und dabei habe ich nur wissen wollen, ob dir nicht doch noch etwas zum Glück fehlt… ein gemeinsames Kind vielleicht.« Sie schob die Unterlippe ein wenig vor und sah aus wie ein trotziges kleines Mädchen, das sich den Erwachsenen gegenüber auf jeden Fall behaupten will.

Im ersten Augenblick saß der Kommissar ganz still auf seinem Platz auf der breiten, geblümten Couch. Er sog ganz langsam und ganz tief die Luft in sich hinein. Und dann griff er nach ihr, hielt sie bei beiden Schultern fest und sah sie starr an.

»Du willst also damit sagen – du meinst also – ich finde – ach, Heide!« Es wurde ihm gar nicht bewußt, daß er nur noch stammeln konnte. Er hätte nie zu beschreiben vermocht, was sich jetzt in seinem Inneren abspielte.

Ein Kind! Ein gemeinsames Kind. Eines, das ihn und Heide in sich vereinte, eines, das ein hilfloses kleines Wesen war, das er aufwachsen sehen konnte, während er sich immer wieder sagen mußte, daß es sein Kind war, sein Sohn oder seine Tochter. Ein Stück von ihm, das noch da sein würde, wenn er schön längst Vergangenheit war!

Er sah das verdächtige Funkeln in Heides Augen. Und da zog er sie ganz sacht, ganz sanft und behutsam, in die Arme. Lange hielt er sie so fest. Und auch sie rührte sich nicht. Sie begriffen beide, daß dies hier eine Sternstunde in ihrem Leben war, von der sie jeden einzelnen Augenblick auskosten mußten.

Heide rührte sich als erste in seinen Armen und sah zu ihm auf. Sie lächelte, als sie sein andächtiges Gesicht erkannte und strich ihm zärtlich mit der Hand über das dichte Haar.

»O Jens«, flüstere sie, »Jens, ist das nicht das schönste Geschenk, das wir uns vom Leben wünschen können?«

»Bist du ganz sicher, Liebes?« wollte er wissen.

Sie nickte. Plötzlich war sie ganz ruhig. Es war alles gut, es war nicht nur gut, es war einfach wundervoll. Schöner konnte das Leben gar nicht sein: »Ja«, sagte sie leise, als scheute sie sich davor, die herrliche Stimmung durch ein zu lautes Wort zu zerstören, »ja, ich bin ganz sicher. Ich – ich bin sogar in Celle gewesen und habe mich genau untersuchen lassen, obwohl ich auch vor dieser Untersuchung schon meiner Sache ganz sicher gewesen bin. Eine Frau fühlt so etwas, denn sie spürt, daß sich etwas in ihr verändert hat. Genau so war es auch damals bei Silke. Ach, ich hätte die ganze Welt umarmen können, als der Arzt in der Klinik mir bestätigte, daß ich tatsächlich ein Kind erwarte. Ein Kind, Jens. Dein und mein Kind! Ich war außer mir vor Freude und Glück. Aber dann bin ich auch unsicher geworden.«

»Unsicher? Warum? Willst du mir das nicht erklären?« fragte er verständnislos. Er wollte sie so gern verstehen, er wollte ihre geheimsten Gedanken wissen, damit er sie auch mit ihr teilen konnte.

»Ich hatte plötzlich Angst, du könntest das Kind, das doch dein eigenes ist, mehr lieben als Silke. Ich hatte Angst davor, sie könnte es spüren und darunter leiden. Schließlich sind alle beide meine Kinder, mußt du wissen. Und ich habe sie beide gleich lieb.«

»Sag mal – mir traust du wohl nicht zu, daß ich auch beide Kinder gleich lieb haben kann, oder?« fragte er in gespielter Empörung. »Silke trägt meinen Namen. Sie ist mein Kind, ebensogut, wie sie deines ist. Und dieses Kind, das du uns, Silke und mir, bald schenken wirst, wird ebenso geliebt werden wie unsere Silke. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.«

»Ach Jens – es ist ja nicht so, daß ich dir gegenüber mißtrauisch gewesen wäre – aber vielleicht brauchte ich diese Bestätigung ganz einfach. Ich – nun, ich glaube, ich wollte diese Worte von dir hören, ich habe geradezu darauf gewartet, daß du sie auch aussprechen möchtest.«

»Nun, das ist ja jetzt geschehen, und ich hoffe doch sehr, daß du zufrieden bist – oder brauchst du noch weitere Beteuerungen?« Neckend sah er sie an.

Da drückte sie ebenso erleichtert wie zärtlich den Kopf gegen seine breite Brust. Sie sagte nichts, sondern lauschte nur auf den starken, gleichmäßigen Schlag seines Herzens. Und sie wußte, daß jeder Schlag dieses Herzens ihr gehörte. Es war ein herrliches Gefühl. Und es war wirklich eine Sternstunde des Glücks, die sie nie im Leben missen mochte.

»Wann?« fragte Butenbrink endlich leise und drängend. »Ich meine, wann wird das Kind zur Welt kommen?«

»Nun, ein wenig wirst du dich wohl noch gedulden müssen. Wir stehen noch ganz am Anfang, Jens. Ich bin erst im zweiten Monat.«

»Man sagte doch immer, diese Zeit des Wartens ginge schneller vorbei, als man es sich träumen läßt«, murmelte er und küßte sie spielerisch auf die zärtlich schimmernden Augen.

»Ja«, flüsterte sie, während sie seine kleinen Küsse ebenso zärtlich erwiderte. »Ja, das sagt man, aber ich glaube, das sagt man erst, wenn alles vorbei ist. Dann scheint einem hinterher alles viel kürzer gewesen zu sein, als man vorher glaubte.«

»Welchen Rat hat dir der Arzt gegeben? Ich möchte gern wissen, wie wir uns jetzt verhalten müssen.«

»Verhalten?« fragte sie verblüfft und lachte ihn endlich an. »Da gibt es keine besondere Verhaltensweise. Ein Kind zu erwarten ist keine Krankheit, Jens. Es ist, jedenfalls für eine Frau, ein ganz natürlicher Vorgang. Ich werde jetzt nur öfter mal die Füße hochlegen und mich davor hüten, schwere Dinge zu tragen. Sonst werden wir genau so weiterleben wie bisher auch.«

»Ja, aber wir müssen doch…« begann er, wurde aber von ihr unterbrochen, indem sie die Spitze ihres Zeigefingers küßte und sie ihm dann auf den Mund legte.

»Du hältst mich doch hoffentlich für eine einigermaßen vernünftige Frau, Jens, oder?« wollte sie wissen. Er nickte. O ja, das war sie wirklich, und das war nicht als Kompliment gemeint.

»Na, siehst du«, fuhr sie zufrieden fort. »Ich werde es dir gleich sagen, wenn ich mich mal mies fühlen sollte. Das ist meistens nur am Anfang einer Schwangerschaft. Aber ich fühle mich pudelwohl. Bei Silke habe ich mich auch so wohl gefühlt und kaum gemerkt, daß ich ein Kind erwartete, bis ich endlich schwerfälliger wurde und so sehr an Umfang zunahm, daß ich mich schließlich kaum noch richtig bewegen konnte.«

»Falls du befürchten solltest, daß du dann nicht mehr anziehend auf mich wirkst – das ist nicht so. Ich werde dich immer lieben, ganz gleich, wie auch immer du ausschauen magst.«

»Wenn ich dich nicht schon so sehr lieben würde – ich würde mich schon allein dieser Worte wegen in dich verlieben. Ach, Jens, wie schön ist doch das Leben!«

Er drückte sie an sich und küßte sie dann. Ja, er fand auch, daß das Leben nicht schöner hätte sein können.

In dieser Stunde des innigen Beisammenseins ahnten beide noch nicht, daß sich am Horizont schon längst Wolken zusammengebraut hatten.

Noch waren sie fern, aber sie würden immer schneller und schneller werden, bis sie sie endlich erreicht hatten und sich über ihnen entladen würden…

*

Heide Butenbrink hatte eigentlich ein wenig Furcht davor gehabt, es Silke zu sagen. Bisher war Silke ein Einzelkind gewesen. Sie fragte sich bang, wie Silke es aufnehmen würde, wenn sie erfuhr, daß sie nun nicht mehr die einzige sein würde, wie Jens sie gern nannte. Und Silke hatte ihm immer sehr deutlich zu verstehen gegeben, daß es ihr ausnehmend gut gefiel, seine einzige zu sein.

Das würde sich jetzt durch das neue Menschlein, das in ihr dem Leben entgegenwuchs, schlagartig ändern. Wie würde Silke damit zurechtkommen?

»Da gibt es nur eine Alternative«, sagte Jens Butenbrink und sah Heide an, als begreife er nicht, daß sie sich wegen so etwas überhaupt Gedanken machte.

»Ja, wirklich?« fragte sie lebhaft und sah ihn so hoffnungsvoll an, als erwarte sie von ihm das Nonplusultra. Aber so sehr Jens Butenbrink es sich auch gewünscht hätte – es fiel ihm rein gar nichts ein. »Sag schnell«, forderte Heide ihn ungeduldig auf. Da lachte er, eigentlich mehr aus Verlegenheit, und sagte langsam und bedächtig, wie es eigentlich sonst gar nicht in seiner Art lag: »Wir sagen es ihr einfach. Es ist doch selbstverständlich, daß ein Paar, das sich liebt, auch Kinder haben möchte. Ich wette, Silke ist begeistert, wenn wir ihr sagen, daß sie ein Geschwisterchen haben wird.«

»Wenn du es so sagst, klingt es ganz einfach.« Heide sah ihn bewundernd an. Jens wußte immer, wie man sich verhalten mußte. Sie ahnte nicht, daß er sich mindestens so unsicher fühlte wie sie. Er warf sich ordentlich ein wenig in die Brust.

»Silke ist ein verständiges kleines Ding. Sie wird entzückt sein.«

»Ich hoffe es so sehr.«

Er nahm sie wieder fest in den Arm. Das tat er immer, wenn er spürte, daß sie unsicher war. Er fühlte, daß sie sich dann ganz schnell beruhigte und wieder sicherer wurde.

»Am besten, wir sagen es ihr gemeinsam.« Sie hatten beide nicht bemerkt, daß Silke, die im letzten Jahr einen ordentlichen Schuß in die Höhe getan hatte, heimgekommen war. Sie stand unsicher im Rahmen der Tür und wollte wissen: »Hab ich was ausgefressen? Seid ihr böse auf mich?«

Da lachte Heide glücklich auf und streckte ihr die Arme entgegen. Silke ließ sich nur zu gern umarmen. Es war herrlich zu wissen, wie sehr sie geliebt wurde.

»Paps und ich wollten dir etwas sagen, Liebling.« Sie warf Butenbrink einen flehenden Blick zu, den er beruhigend erwiderte. Da wußte sie, daß sie sich auf ihn verlassen konnte.

»Es muß etwas sehr Wichtiges sein, bei der Einleitung.« Silke sah von einem zu anderen. Und dann schrie sie plötzlich auf: »Jetzt kann ich mir auch erklären, was ihr mir gemeinsam sagen wollt. Ich bekomme ein Brüderchen oder ein Schwesterchen, stimmt’s?« Stolz sah sie sich in der Runde um, als wolle sie ergründen, ob die anderen wohl bemerkten, wie verständig sie sich benahm.

Heide nahm ihre kleine Tochter ganz fest in die Arme und sagte leise: »Ich glaube, es war sehr dumm von mir, daß ich mich davor fürchtete, es dir zu sagen. Ich – ich dachte, du würdest vielleicht ganz schrecklich traurig sein, weil du ja eifersüchtig sein könntest, nicht wahr?«

»Aber Mami!« Silkes rundes Kindergesicht, dem man jetzt schon an­sehen konnte, daß sie sich einmal zu einer wahren kleinen Schönheit entwickeln würde, zeigte nichts weiter als Vorwurf und Nichtbegreifen. »Mami! wie kann man denn auf ein so niedliches kleines Baby eifersüchtig sein? Ich jedenfalls nicht. Ich freue mich, ach, Mami, ich bin ja so glücklich. Ich glaube, ich bin in meinem ganzen Leben noch nicht so glücklich gewesen, noch nicht mal an dem Tag, an dem du und Paps geheiratet haben.«

Heide spürte einen dicken Kloß im Hals. Schnell schluckte sie ihn hinunter und sagte lächelnd und glücklich: »Ach, ich habe mich so sehr danach gesehnt, daß du so und nicht anders reagieren würdest, mein Liebes. Ich habe es mir so gewünscht. Und doch war da noch ein letzter Rest von Angst, daß du dich am Ende zurückgesetzt fühlen könntest und…«

»Ach, denk doch einfach gar nicht mehr dran, Mami. Es ist ja alles gut. Du weißt ja, daß du dich geirrt hast und alles ganz anders ist, nicht wahr? Was könnte da noch gesagt werden?«

»Ich bin so froh, daß du mein verständiges Mädchen bist. Und – du bist ja jetzt nicht mehr mein kleines Mädchen, sondern meine Große. Ich glaube, ich kann eine ganze Menge mit dir besprechen und überlegen. Wir werden gemeinsam all die winzigen kleinen Dinge für das Baby kaufen und…«

»O Mami, es wird einfach wundervoll sein!« sagte Silke andächtig. Und da schwieg Heide. Es brauchte nichts mehr gesagt zu werden. Sie verstanden sich auch ohne Worte.

*

Von diesem Tag an hatte Heide, wie sie manchmal lachend behauptete, das Gefühl, unter Kuratel zu stehen. Silke paßte auf, daß sie nicht zu schwer hob, nicht zu lange auf den Beinen war und sich immer wieder zwischendurch setzte, um sich auszuruhen und zu entspannen.

Jens brachte ihr eigens eine kleine Fußschaukel mit, damit sie die Füße hochlegen konnte. Er sagte, er habe mal irgendwo gelesen, daß es wichtig für Schwangere sei, wenn sie ab und zu die Füße hochlegen konnten.

Der Kommissar brachte eine Menge Bücher über Schwangerschaft und Babyerziehung mit heim. Heide fragte ihn oft lachend, wo um alles in der Welt er diese Literatur aufgetrieben hatte.

Dann pflegte er nur zu lachen und sagte dazu: »Der Büchermarkt ist voll davon, Liebes. Man weiß manchmal gar nicht, welches Buch man wählen soll. Aber ich muß zugeben, daß man dort immer gut beraten wird. Ich habe mich bisher ja nicht dafür interessieren müssen – aber jetzt bin ich doch maßlos erstaunt, wie viele junge Väter sich die einschlägige Literatur kaufen und auch ganz ungeniert darüber sprechen. Es ist auch ganz selbstverständlich, daß sie ihre Erfahrungen austauschen. Manchmal bin ich ganz neidisch und fühle mich schrecklich dumm, weil ich nicht mitreden kann, denn das, was die einen haben, ist bei dir nicht zu entdecken. Und dann bin ich immer heilfroh, weil die anderen mich bewundernd anschauen und mir immer wieder versichern, wie glücklich ich sein kann, daß bei dir alles so problemlos geht.«

»So war es auch, als ich Silke erwartete. Mir war niemals schlecht. Aber ich hatte auch immer schrecklich Appetit auf saure Gurken, genau so wie jetzt.«

»Ich werde dir jeden Wunsch erfüllen, so es in meiner Macht steht«, beteuerte er und fühlte sich wieder einmal schrecklich nutz- und hilflos, weil er ihr nicht mehr helfen konnte. Die ganze Arbeit mußte er sie allein machen lassen! Und dabei hätte doch eigentlich er es sein müssen, der den größten Teil erledigte.

Langsam fiel ihm auf, daß das starke Geschlecht eigentlich das schwache Geschlecht war, wenn er es auch nicht gern zugab. Aber er fand, vor sich selbst könnte er das wohl schon ruhig zugeben.