Annas neue Liebe - Toni Waidacher - E-Book

Annas neue Liebe E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer Sebastian Trenker hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Sein größtes Lebenswerk ist die Romanserie, die er geschaffen hat. Seit Jahrzehnten entwickelt er die Romanfigur, die ihm ans Herz gewachsen ist, kontinuierlich weiter. "Der Bergpfarrer" wurde nicht von ungefähr in zwei erfolgreichen TV-Spielfilmen im ZDF zur Hauptsendezeit ausgestrahlt mit jeweils 6 Millionen erreichten Zuschauern. Wundervolle, Familienromane die die Herzen aller höherschlagen lassen. Sebastian Trenker war ein Stein vom Herzen gefallen, als er eben mit Daniel Wagner, der in Berlin noch einige persönliche Angelegenheiten zu erledigen hatte, telefoniert hatte. Daniel war entsetzt von Annas aggressivem Auftritt Susi gegenüber zu hören und hatte versichert, dass er mit Susanne kein falsches Spiel spiele. Mit seiner Ex-Verlobten Annas Niklas habe er keinen Kontakt mehr. Sebastian glaubte ihm das. Daniel wollte die einsam in St. Johann ausharrende Susi sofort anrufen, um sie zu trösten und zu beruhigen und von seiner ehrlichen Liebe zu ihr zu überzeugen. Sebastian hatte die Aufgabe übernommen, Susanne Reisinger vor Anna Niklas, die nach St. Johann zurückgekehrt war, um hier ihre Enttäuschung und ihren Zorn abzureagieren, zu schützen. Es war früher Montagnachmittag. Noch immer stand die kräftige Maisonne hoch am Himmel. Sebastian betrat die Pension Stubler. Da er niemand antraf, schlug er mit der flachen Hand auf die Klingel bei der Rezeption, und sogleich erschien Ria, die Pensionswirtin. Ihre Miene hellte sich auf, als sie den Besucher erkannte. »Grüß Gott, Hochwürden.« »Grüß dich, Ria«, erwiderte Sebastian. »Wie geht's dir?« »Gut, ich kann net klagen.« »Dem Florian geht's auch gut?« »Ja.

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Der Bergpfarrer Extra – 15 –

Annas neue Liebe

Kann eine zufällige Begegnung alles ändern?

Toni Waidacher

Sebastian Trenker war ein Stein vom Herzen gefallen, als er eben mit Daniel Wagner, der in Berlin noch einige persönliche Angelegenheiten zu erledigen hatte, telefoniert hatte. Daniel war entsetzt von Annas aggressivem Auftritt Susi gegenüber zu hören und hatte versichert, dass er mit Susanne kein falsches Spiel spiele. Mit seiner Ex-Verlobten Annas Niklas habe er keinen Kontakt mehr. Sebastian glaubte ihm das.

Daniel wollte die einsam in St. Johann ausharrende Susi sofort anrufen, um sie zu trösten und zu beruhigen und von seiner ehrlichen Liebe zu ihr zu überzeugen.

Sebastian hatte die Aufgabe übernommen, Susanne Reisinger vor Anna Niklas, die nach St. Johann zurückgekehrt war, um hier ihre Enttäuschung und ihren Zorn abzureagieren, zu schützen.

Es war früher Montagnachmittag. Noch immer stand die kräftige Maisonne hoch am Himmel. Sebastian betrat die Pension Stubler. Da er niemand antraf, schlug er mit der flachen Hand auf die Klingel bei der Rezeption, und sogleich erschien Ria, die Pensionswirtin. Ihre Miene hellte sich auf, als sie den Besucher erkannte. »Grüß Gott, Hochwürden.«

»Grüß dich, Ria«, erwiderte Sebastian. »Wie geht’s dir?«

»Gut, ich kann net klagen.«

»Dem Florian geht’s auch gut?«

»Ja. Er ist vorgestern nach Beilngries gefahren, um seinen Sohn und seine Tochter zu besuchen. Er hat’s schon gar nimmer erwarten können, seine Enkelkinder wieder in die Arme schließen zu können.«

»Es freut mich immer, wenn ich hör’, dass alles passt«, erklärte der Bergpfarrer, dem Harmonie und Frieden in seiner Gemeinde sehr am Herzen lagen. »Bei dir ist doch die Frau Niklas abgestiegen, Ria. Ich hätt’ gern mit ihr gesprochen.«

Jetzt überschattete sich Rias Miene. »Was stimmt mit der Frau net?«, fragte sie. »Ich hab’ mit dem Reisinger-Sepp gesprochen, und er hat einige Andeutungen gemacht, wonach Frau Niklas anscheinend nur nach St. Johann gekommen ist, um der Susi das Leben schwerzumachen.«

»Ja, das sieht ganz so aus«, versetzte Sebastian, dann erklärte er Ria mit wenigen Worten, was sich zugetragen hatte.

Ria murmelte erschüttert: »Das ist ja allerhand. Aber ich hab’ mir gleich gedacht, dass die Frau Niklas auf Krawall gebürstet ist. Irgendwie hab’ ich das gespürt. Ihr Benehmen war schon, als sie eingecheckt hat, recht seltsam.«

»Sie hat die Susi ziemlich heftig attackiert«, sagte Sebastian. »Und zwar grundlos. Ich hab’ mit dem ehemaligen Verlobten der Frau Niklas gesprochen und er hat mir versichert, dass er von nix weiß, vor allen Dingen hat Susi mit dem Scheitern der Verlobung net das Geringste zu tun. Da hat's schon schwer gekriselt, als Frau Niklas und Herr Wagner im Wachnertal eingetroffen sind. Das war auch der Grund für den Urlaub. Sie wollten in den zwei Wochen retten, was zu retten war. Aber es gab nix mehr zu retten. Dass sich der Herr Wagner in die Susanne verliebt hat war nur noch der letzte Tropfen.«

»Und jetzt möchten S’ mit der Frau Niklas reden, Hochwürden, um sie zu veranlassen, die Susi in Ruhe zu lassen, net wahr?«

»Ja. Ich hoff’, sie ist für vernünftige Worte zugänglich.«

»Nehmen S’ doch im Aufenthaltsraum Platz. Die Frau Niklas ist, nachdem sie vom Hotel zurückgekehrt ist, auf ihr Zimmer gegangen. Ich sag’ ihr Bescheid, dass Sie sie sprechen wollen.«

»Danke, Ria.«

»Sie können sich, wenn S’ Lust drauf haben, eine Tasse Kaffee nehmen, Hochwürden. Wo der Kaffeeautomat steht, wissen S’ ja.«

»Vielen Dank, Ria. Ein Tasserl Kaffee nehme ich gern.«

Sebastian ging in den Aufenthaltsraum, wo auch der Kaffeeautomat stand. Er zapfte eine Tasse Kaffee und setzte sich an einen der Tische. Da läutete sein Handy.

Es war Sepp Reisinger, der Hotelier. »Ich wollt’ mich nur noch einmal bei Ihnen dafür bedanken, Hochwürden, dass Sie gleich den Daniel angerufen haben. Er hat mit der Susi geredet und das Madel ist jetzt wieder die personifizierte Glückseligkeit.«

»Das freut mich. Ich bin in der Pension Stubler und wart’ auf die Frau Niklas … Ah, da kommt sie ja schon. Wir sprechen später, Sepp. Schöne Grüße an deine Frau.«

Tatsächlich betrat Anna den Aufenthaltsraum. Sie schien nicht so recht zu wissen, was sie vom Besuch des Bergpfarrers halten sollte, und musterte ihn mit gemischten Gefühlen. »Guten Tag, Herr Pfarrer. Sie möchten mich sprechen?«

»Richtig, Frau Niklas«, erwiderte Sebastian und erhob sich, um Anna zu begrüßen. »Grüß Gott, Frau Niklas.«

Sie erwiderte den Gruß mit etwas dünner Stimme.

Sebastian wies auf einen Stuhl: »Bitte, nehmen S’ Platz. Vielleicht können S’ sich schon denken, weshalb ich Sie aufsuch’. Es ist wegen Ihres Auftritts heut’ Nachmittag im Hotel.«

Anna ließ sich nieder und blickte trotzig drein. »Was heißt hier Auftritt, Herr Pfarrer? Ich hab’ Susanne Reisinger erklärt, dass ich mir von ihr nicht den Mann wegnehmen lasse, mit dem ich verlobt bin.«

»Sind Sie wirklich der Meinung, dass Ihnen Susi Reisinger den Verlobten weggenommen hat?«, hakte Sebastian nach.

»Natürlich! Auf dem Weg zu dieser Streusachhütte hat er mir erklärt, dass er sich in Susanne verliebt hat. Dabei hatten Daniel und ich den Vorsatz gefasst, in den zwei Wochen Urlaub hier unserer Beziehung einen frischen Kick zu verleihen. Sie hatte ein wenig unter dem Alltagsstress und der täglichen Gewohnheit gelitten, und wir wollten eine neue gemeinsame Basis finden. Aber das hat Susanne torpediert, indem sie meinem Verlobten schöne Augen gemacht hat. Wenn Sie mich fragen, Herr Pfarrer, dann hat sie ihn verhext. Ja, das ist es! Sie hat ihn verhext.«

»Ich bitt’ Sie, Frau Niklas! Kein Mensch kann einen anderen verhexen! Ich hab’ vorhin mit Herrn Wagner telefoniert. Er hat mir versichert, dass zu dem Zeitpunkt, als er Ihnen gestand, sich in Susi verliebt zu haben, diese keine Ahnung von seinen Gefühlen ihr gegenüber hatte. Auch hat Susi net mit ihm geflirtet oder ihn sonst in irgendeiner Weise ermuntert. Die Susi ist nämlich keine, die sich in eine Beziehung drängt.«

»Das sehe ich anders!«

»Herr Wagner hat, nachdem sie so überstürzt abgereist sind, immer wieder versucht, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen, Frau Niklas«, sagte Sebastian. »Es ist ihm net gelungen. Er wollte unter anderem klarstellen, dass die Susi nix zum Scheitern Ihrer Verlobung beigetragen hat.«

»Aber Daniel hat doch Schluss gemacht, nachdem er diese Hoteliertochter kennengelernt hatte«, stieß Anna hervor. »Es ist mir nicht entgangen, wie er immer wieder versucht hat, ihren Blick einzufangen und sich bei ihr in Szene zu setzen. Sie hat mitgemacht. Es stand ihr regelrecht auf die Stirn geschrieben, dass sie seine Annäherungsversuche genoss.«

»Ich muss Sie berichtigen, Frau Niklas. Net der Daniel hat Schluss gemacht, sondern Sie. Sie haben ihn auf dem Weg zur Streusachhütte stehen lassen und sind umgekehrt. Dann haben Sie St. Johann verlassen. Außerdem haben Sie ihr Handy gesperrt, damit er sie telefonisch net erreichen kann.«

»Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, mich zu erreichen. Wir haben auch einen Festnetzanschluss in der Wohnung …«

»Aus der Sie ausgezogen sind.«

Jetzt traten Anna die Tränen in die Augen.

»Ich hätt’ doch alles dafür getan, um unsere Beziehung zu retten«, erklärte sie mit brüchiger Stimme. »Aber dann hat Daniel der Susanne schöne Augen gemacht und ich bin fast krank geworden vor Eifersucht …«

»Dass er gern mit anderen Frauen scherzte und seine Anziehungskraft immer gern wieder unter Beweis stellte, wussten Sie. Das hat mir der Daniel anvertraut. Sie wussten aber auch, dass er seine Grenzen kannte und niemals weitergegangen wäre, als es ihm der Verlobungsring an seinem Finger gestattet hat.«

»Bei Susanne hatte ich das Gefühl, dass es anders war als bei den anderen Frauen«, murmelte Anna. »Und es hat sich schließlich ja auch bestätigt. Als er zugab, sich in sie verliebt zu haben, ist für mich eine Welt zusammengebrochen, Herr Pfarrer. Ich habe nicht mehr ein noch aus gewusst. Können Sie sich denn nicht in meine Lage versetzen?« Ihr Kinn sank auf die Brust und sie begann bitterlich zu weinen.

Sebastian begriff, dass ihr Handeln nicht der Gehässigkeit oder der Rachsucht zuzuschreiben waren, sondern der Verzweiflung. Und er verspürte Mitleid. Ihr Weinen schnitt ihm ins Herz.

*

Sebastian ließ der jungen Frau Zeit, ihre aufgewühlten Emotionen wieder unter Kontrolle zu bringen. Ihre Seelenqual hatte ein Ventil gesucht, und nach und nach beruhigte sich Anna. Sie wischte sich die Tränen ab, schniefte und schaute Sebastian aus geröteten Augen an. »Ich habe Daniel immer noch geliebt«, murmelte sie. »Und wenn ich ehrlich bin, dann habe ich erwartet, dass er mir sofort nach Berlin folgt, nachdem ich abgereist war. Als er nicht gekommen ist, war mir klar, dass ich ihn verloren habe.«

»Was wollten Sie denn erreichen mit Ihrer Rückkehr nach St. Johann?«, fragte Sebastian.

Anna senkte schuldbewusst den Blick. »Ich war voller Zorn auf Susanne, denn sie war meiner Meinung nach Schuld daran, dass unsere Beziehung endgültig zerbrochen ist.«

»Was wollten S’ denn damit bezwecken, Frau Niklas? Indem S’ dem armen Madel zusetzen, das ja am allerwenigsten für ihre Enttäuschung und ihren Frust kann, hätten S’ doch keine Änderung ihrer Situation herbeigeführt. Im Gegenteil! Daniel würd’ sich noch mehr von Ihnen distanzieren. Meinen S’ net?«

»Ich hab’ nicht groß nachgedacht, Herr Pfarrer«, gestand Anna. Der trotzige Ausdruck war aus ihren Augen gewichen und sie zeigte sich plötzlich einsichtig. »Ich wollte es Daniel und der Susanne vergelten. Irgendwie habe ich auch gehofft, dass ich vielleicht wieder eine Chance bei Daniel bekomme, wenn es mir gelingt, zwischen ihn und Susanne einen Keil zu treiben.«

»Glauben Sie denn, Sie können in dieser Angelegenheit etwas übers Knie brechen, Frau Niklas? Die Liebe zwischen Daniel und Ihnen war längst gestorben. Er hat sich - unabhängig davon - in Susi verliebt. Wenn S’ dieses Spiel, das Sie begonnen haben, weiterspielen, dann garantier’ ich Ihnen, dass am Ende nur einer verliert, nämlich - Sie.«

»Ich habe mich betrogen gefühlt, Herr Pfarrer. Anderthalb Wochen lang hab’ ich nichts als hilflose Wut in mir herumgetragen …«

»Wut und Zorn sind schlechte Ratgeber, Frau Niklas. Nach meinem Gespräch mit ihm vorhin hat der Daniel Susanne angerufen und ihr geschworen, dass es für ihn nur noch eine einzige Frau gibt, und das ist sie. Es wär’ net recht von Ihnen, wenn S’ das Scheitern ihrer Beziehung der Susanne anlasten würden, Frau Niklas. In der Liebe kann man einfach nix erzwingen. Meinen S’ net, dass Sie ein bissel überreagiert haben? Sie sind doch jung, Sie sind ausgesprochen hübsch, und das Leben geht weiter. Eine zerbrochene Verlobung bedeutete doch net, dass für Sie nun alles vorbei ist. Akzeptieren Sie’s einfach, und Sie werden sehen, dass sie darüber hinwegkommen. Und dann haben Sie auch alle Chancen, wieder glücklich zu werden.«

Anna starrte gedankenvoll vor sich hin. »Es ist schwer, nach drei Jahren vor den Trümmern einer einst glücklichen Beziehung zu stehen, Herr Pfarrer. Aber vielleicht hab’ ich mein Glück selbst verspielt. Jetzt, nachdem Sie mich zum Nachdenken gebracht haben, schließe ich das nicht mehr aus. Ich war rechthaberisch, egoistisch und zuletzt über die Maßen eifersüchtig. Damit habe ich wohl nach und nach Daniels Gefühlen für mich den Garaus gemacht.«

»Nichts ist beständig auf dieser Welt«, philosophierte Sebastian. »Das Zusammensein zweier Menschen hat viele Gesichter. Oft bleibt nur noch ein weinendes übrig. Und dann muss man die Konsequenzen ziehen. Und man muss vor allem loslassen können.«

»Es war dumm von mir, nach St. Johann zu kommen«, gab Anna zu. »Sie haben mir die Augen geöffnet. Am Ende hätte ich mir in Daniel einen Feind geschaffen, und nichts liegt mir ferner als das. Es ist wohl tatsächlich so, dass er und ich von vorneherein nicht füreinander bestimmt waren.«

»Was werden Sie jetzt tun, Frau Niklas?«

»Was raten Sie mir, Herr Pfarrer?«

»Sie sollten noch einmal das Gespräch mit Herrn Wagner suchen. Wie ich schon gesagt habe: Er hat versucht, Sie zu erreichen, denn er wollte nicht, dass ihre Beziehung ohne eine letzte klärende Aussprache endet. Also wird er einem Gespräch net abgeneigt sein. Nach einem sachlichen Gespräch können S’ auch in Frieden, vielleicht sogar in Freundschaft, auseinandergehen. Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, dass man sich verfeinden muss, wenn man feststellt, dass es net passt.«

»Nichts liegt mir ferner. Ich begreife jetzt, dass ich nicht nur Daniels Liebe verloren habe, sondern dass ich auch noch die Sympathie, der er für mich hegt, aufs Spiel gesetzt habe.« Schuldbewusst senkte Anna den Blick. »Es tut mir leid. Ich werde Daniel anrufen.«

»Dieses Gespräch sollt’ aber net am Telefon erfolgen, Frau Niklas. Treffen S’ sich mit dem Daniel irgendwo, wo Sie unter vier Augen miteinander sprechen können. Klären Sie alles. Und wenn S’ dann auseinandergehen, dann tun S’ das in aller Freundschaft.«

»Danke, Herr Pfarrer. Ich bin jetzt froh, dass Sie mich aufgesucht haben. Ich war verblendet und hab’ mich von gekränkten Gefühlen treiben lassen. Ich weiß es ja selber, dass unsere Beziehung keine mehr war. Der Urlaub hier war der letzte Versuch, das zu ändern, doch bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob dafür noch eine echte Chance bestanden hat. Wir hatten uns schon viel zu weit voneinander entfernt.«

»So ähnlich waren die Worte, die ich von Daniel zu hören bekommen habe«, sagte Sebastian. »Er wird im Übrigen in den nächsten Tagen nach St. Johann zurückkehren. Er und sein Kompagnon sind sich einig geworden. Herr Rath kauft Daniel dessen Geschäftsanteil ab.«

Von Anna kam ein verblüffter Laut. »Der Engelbert – will – Daniel dessen Anteil an der Firma abkaufen?«, ächzte sie.

Sebastian hatte nicht bedacht, dass Anna das ja nicht wissen konnte, hatte es zwischen ihr und Daniel doch keinerlei Kontakt mehr gegeben. Einen Moment lang bedauerte er es, sich so weit aus dem Fenster gelehnt zu haben, aber dann sagte er sich, dass er nichts verraten hatte, was Anna nicht sowieso in nächster Zeit erfahren haben würde. »Ja«, bestätigte er. »Daniel will nach St. Johann ziehen und sich hier eine neue Existenz aufbauen.«

Mit runden Augen starrte sie den Pfarrer ungläubig und fassungslos an. Ihre Lippen bebten, sie wollte etwas sagen, fand aber keine Worte.

Sebastian trank von seinem Kaffee. Wieder hüllte er sich in Geduld. Das Gehörte war für Anna sicher nicht so leicht zu verarbeiten.

Aber dann fand sie ihre Sprache wieder und murmelte: »So sehr liebt er Susanne, dass er alle Brücken hinter sich abbricht?«

»Es sieht ganz so aus«, bestätigte Sebastian. »Zu mir hat er gesagt, er habe sich zu diesem Schritt entschieden, und nichts werde ihn davon abbringen.«

»Das ist …« Anna brach ab. »Er wird es tun, Herr Pfarrer. Ich kenne seine Konsequenz.« Sie schluchzte. »Er soll mich nicht in schlechter Erinnerung behalten, darum werde ich mit ihm reden. Um meinen guten Willen zu zeigen, werde ich mich auch bei Susanne entschuldigen. Das wird Daniel auf jeden Fall von mir erwarten, und ohne diese Entschuldigung wird eine Trennung in Freundschaft wohl auch nicht möglich sein.«

»Dieser Entschluss ist sehr, sehr lobenswert, Frau Niklas«, erklärte Sebastian. »Ich denk’, Sie werden eine Wendung zum Guten bewirken. Zu Ihrer Entscheidung kann ich Sie nur beglückwünschen.«

»Sie ist Ihrem Einfluss zuzuschreiben, Herr Pfarrer. Als ich Sie das erste Mal gesehen habe, war mir sofort klar, dass Sie ein besonderer Mensch sind. Dieser Eindruck hat sich in den letzten zwanzig Minuten noch vertieft. Ich danke Ihnen für alles.«