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Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. Christian hatte sich während der Zeit, in der er auf den Pfarrer wartete, ziemlich erholt. Wo es der Weg zuließ, marschierte er neben Sebastian. Sogar steile Stellen überwand er ohne Hilfe, wenn auch sehr bedachtsam und ausgesprochen vorsichtig. Nach einiger Zeit, in der sie wortlos abgestiegen waren, fragte Christian: »Darf ich es kurz machen, Herr Pfarrer?« »Natürlich. Schieß' einfach mal los.« »Ich hab' die Astrid an dem Tanzabend gesehen und war ihr auf der Stelle regelrecht verfallen. Als ich mich angeboten hab', sie hinauf zur Jankeralm zu führen, hatte ich sehr wohl Hintergedanken. Weil das so war, hab' ich die Gisela angelogen, und ich hätt' sie wahrscheinlich auch betrogen, wenn sich die Gelegenheit ergeben hätt'.« »Das klingt sehr ehrlich«, lobte Sebastian. »Wie stehst du jetzt zur Astrid?«, fragte er sogleich. »Ich weiß, dass sie nix von mir wollt'. Das behauptet sie jedenfalls. Sie hat mit mir geflirtet, mit mir getanzt, und sie ist mit mir zur Jankeralm aufgestiegen. Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass sie alles getan hat, um in mir die Hoffnung zu wecken, dass ich bei ihr Chancen hab'. Jetzt dank' ich dem Himmel, dass mir das Unwetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Ich weiß jetzt, an wessen Seite mein Platz ist. Daher werd' ich mich bei der Gisela entschuldigen und alles tun, um ihr Vertrauen zurückzugewinnen.«
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Christian hatte sich während der Zeit, in der er auf den Pfarrer wartete, ziemlich erholt. Wo es der Weg zuließ, marschierte er neben Sebastian. Sogar steile Stellen überwand er ohne Hilfe, wenn auch sehr bedachtsam und ausgesprochen vorsichtig. Nach einiger Zeit, in der sie wortlos abgestiegen waren, fragte Christian: »Darf ich es kurz machen, Herr Pfarrer?«
»Natürlich. Schieß‘ einfach mal los.«
»Ich hab‘ die Astrid an dem Tanzabend gesehen und war ihr auf der Stelle regelrecht verfallen. Als ich mich angeboten hab‘, sie hinauf zur Jankeralm zu führen, hatte ich sehr wohl Hintergedanken. Weil das so war, hab‘ ich die Gisela angelogen, und ich hätt‘ sie wahrscheinlich auch betrogen, wenn sich die Gelegenheit ergeben hätt‘.«
»Das klingt sehr ehrlich«, lobte Sebastian. »Wie stehst du jetzt zur Astrid?«, fragte er sogleich.
»Ich weiß, dass sie nix von mir wollt‘. Das behauptet sie jedenfalls. Sie hat mit mir geflirtet, mit mir getanzt, und sie ist mit mir zur Jankeralm aufgestiegen. Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass sie alles getan hat, um in mir die Hoffnung zu wecken, dass ich bei ihr Chancen hab‘. Jetzt dank‘ ich dem Himmel, dass mir das Unwetter einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Ich weiß jetzt, an wessen Seite mein Platz ist. Daher werd‘ ich mich bei der Gisela entschuldigen und alles tun, um ihr Vertrauen zurückzugewinnen.«
»Du bereust also«, versetzte Sebastian, und es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Von ganzem Herzen, Herr Pfarrer. Ich werd‘ die Gisela um eine Aussprache bitten und ihr meinen Fehltritt eingestehen. Vielleicht vergibt sie mir. Ich werd‘ ihr auch mein Wort geben, dass so etwas nie wieder vorkommt.«
»Sie war in großer Sorge, nachdem du heut‘ Früh spurlos verschwunden warst. Die Gefühle, die sie für dich gehabt hat, sind net abgestorben. Sie liebt dich nach wie vor, weiß aber net, ob sie dir noch vertrauen kann. Daran musst du arbeiten. Darum rat‘ ich dir, jeden Kontakt zur Astrid zu vermeiden. Es wär‘ der Gisela auch gar net recht, wenn du lediglich eine freundschaftliche Beziehung zu ihr aufrechterhalten würdest.«
»Das hab‘ ich auch net vor, Herr Pfarrer«, beteuerte Christian. »Ich werd‘ nix unversucht lassen, damit die Gisela und ich wieder miteinander klarkommen, dass sie mir vertraut, und dass wir uns auf eine gemeinsame Zukunft einstellen. Ich werd‘ sie dann fragen, ob sie meine Frau werden will, und wenn sie ja sagt, steck‘ ich ihr einen Verlobungsring an den Finger. Bei dieser Gelegenheit schwör‘ ich ihr ewige Treue. Das hab‘ ich mir ganz fest vorgenommen. Meine ganze Hoffnung beruht darauf, dass sie mir eine zweite Chance gibt.«
»Ich denk‘, sie verzeiht dir, und es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis euer Verhältnis wieder auf einem festen Fundament steht. Ihr seid meiner Meinung nach füreinander geschaffen, und wenn du der Gisela keinen Anlass mehr lieferst, der sie an dir zweifeln lässt, dann wird alles wieder gut. Dessen bin ich mir ganz sicher.«
»Das wär‘ mein sehnlichster Wunsch, Herr Pfarrer«, murmelte Christian.
»Es wird ganz an dir liegen, Christian«, sagte der Pfarrer, und er sprach es mit Nachdruck. »Eine andere Frage«, fügte Sebastian hinzu. »Hast du dich eigentlich schon beim Loisl bedankt. Hätt‘ er mich nämlich net alarmiert, wär‘ die Sache wahrscheinlich um einiges schlechter für dich und die Astrid ausgegangen. Kein Mensch wär‘ auf die Idee gekommen, wegen euch die Bergwacht zu mobilisieren, weil niemand daran gedacht hätt‘, dass ihr da oben dem Unwetter hilflos ausgeliefert seid.«
»Gut, dass Sie mich dran erinnern, Herr Pfarrer«, gab Christian zu verstehen. »Ich werd‘ das unverzüglich nachholen.«
»Ich bitt‘ drum«, sagte Sebastian. »Unter Umständen verdankt ihr dem Loisl sogar euer Leben, du und die Astrid.«
»Ich werd‘ den Loisl aufsuchen, Herr Pfarrer.«
Damit war alles gesagt. Von nun an konzentrierten sie sich wieder auf den Abstieg. Sie kamen schließlich heil unten an und Sebastian chauffierte Christian in den Ort, wo er ihn bei seiner Wohnung absetzte. »Solltest du ein weiteres Mal Probleme wegen der Gehirnerschütterung haben«, sagte der Bergpfarrer zum Abschied, »dann nimm ärztliche Hilfe in Anspruch. Damit ist net zu spaßen. Wer soll dir helfen, solltest du in deiner Wohnung umkippen? Schaff‘ dir außerdem so schnell wie möglich wieder ein Handy an. Du hättest net mal jemand informieren können, als du auf dem halben Weg zur Klamm schlappgemacht hast. Es war dein Glück, dass das Ehepaar dahergekommen ist.«
»Ich werd‘ heut noch den Telefonladen aufsuchen, Herr Pfarrer. Doch vorher ruf‘ ich die Gisela an und bitt‘ sie um ein Gespräch.«
»Ich wünsch‘ dir, dass ihr euch wieder einig werdet, die Gisela und du, Christian«, erwiderte Sebastian. »Gegebenenfalls kannst du dich jederzeit an mich wenden, wenn du einen Rat benötigst oder – etwas Trost und Zuspruch suchst. Du weißt, wo du mich erreichst.«
»Vielen Dank für das Angebot, Herr Pfarrer. Ich werd‘ drauf zurückkommen - wenn’s notwendig werden sollt‘.«
Christian stieg aus, schlug die Autotür zu, winkte noch einmal und wandte sich dann der Haustür zu. Sebastian fuhr nach Hause. Dort angekommen stellte er sein Auto in der Garage ab und begab sich ins Pfarrhaus. Sophie Tappert, seine treue Haushälterin, empfing ihn mit den Worten: »Haben S‘ den Christian gut vom Berg heruntergebracht, Hochwürden? Hoffentlich haben S‘ ihm eine gehörige Standpauke gehalten, nachdem er uns alle in Angst und Schrecken versetzt hat.«
»Er ist daheim. Ja, der Abstieg war problemlos. Er hat sich endlich dazu durchgerungen, die Wahrheit zu sagen. Mit seinem Geständnis will er sich auch an die Gisela wenden und alles tun, damit sie ihm verzeiht und wieder vertraut. Er hat eingesehen, dass er Bockmist gebaut hat.«
»Einsicht ist der erste Weg zur Besserung, Hochwürden«, kommentierte Sophie die Äußerungen des Pfarrers. Dann fügte sie hinzu: »Wollen wir hoffen, dass sich alles wieder einrenkt bei ihm und der Gisela, und dass der Christian solchen Verlockungen, die ihn aus der Bahn werfen können, künftig widersteht.«
»Ich glaub‘, Frau Tappert, der Bursch‘ ist geheilt«, erklärte der Pfarrer. »Ich hab‘ selten jemand gesehen, der reumütiger rübergekommen ist als der Christian. Er will zu gegebener Zeit sogar um die Hand der Gisela anhalten, hat er mir versichert. Sollt’ er allerdings diese zweite Chance, die die Gisela ihm einzuräumen bereit ist, versaubeuteln, dann ist ihm nimmer zu helfen.«
»Dann darf man ihm auch gar nimmer helfen, Hochwürden«, ergänzte Sophie und wechselte das Thema, indem sie sagte: »Ich hab‘ Ihr Mittagessen in den Kühlschrank gestellt. Kann ich es jetzt aufwärmen? Sie haben doch gewiss Hunger, haben S‘ doch seit dem Frühstück nix mehr in den Magen bekommen.«
»Ich sag‘ erst Christians Eltern und der Gisela sowie der Ria Bescheid, dass der Christian in Sicherheit ist. Dann können S‘ mir das Essen aufwärmen, Frau Tappert.«
Während Sebastian sein Büro aufsuchte, kehrte Sophie in die Küche zurück. Christians Mutter war überglücklich, als sie aus dem Mund des Pfarrers erfuhr, dass ihr Sohn wohlbehalten zu Hause angekommen ist. Ria Stubler versprach, Astrid Volkmer und Ulrike Neulinger zu unterrichten, und Gisela sagte: »Mir fällt ein Stein vom Herzen, Herr Pfarrer. Hat er wenigstens eingesehen, dass er Mist gebaut hat?«
»Von welchem Mist sprichst du, Madel?«, fragte Sebastian. »Von dem, als er dich angeschwindelt hat, oder von dem, den er sich heut‘ geleistet hat, als er, ohne jemand Bescheid zu sagen, zur Klamm aufgestiegen ist – besser gesagt aufsteigen wollt‘.«
»Sowohl als auch, Herr Pfarrer«, antwortete Gisela lachend. Es war deutlich: Sie war glücklich, dass Christian heil und gesund war.
»Er weiß, was er falsch gemacht hat, und bereut es aus tiefster Seele, Madel. Mehr will und kann ich dazu allerdings net sagen, denn er hat mir sein Herz als seinem Beichtvater ausgeschüttet. Er hat aber beteuert, dass er mit dir reden wird, und er wird nimmer versuchen, irgendetwas schönzureden oder abzustreiten. Du wirst ihm doch ein Gespräch net verweigern, Gisela?«
»Natürlich net, Herr Pfarrer. Ich bin ja auch bereit, ihm noch einmal eine Chance einzuräumen. Allerdings werd‘ ich einige Bedingungen damit verknüpfen.«
»Er wird auf dich zukommen. Ich hab‘ ihm im Übrigen empfohlen, einen Arzt aufzusuchen, wenn ihm die Gehirnerschütterung wieder Probleme bereiten sollt‘. Den Abstieg hat er jedenfalls ohne nennenswerte Schwierigkeiten gemeistert.«
»Der wird wieder«, verlieh Gisela ihrer Überzeugung Ausdruck. Sie lachte. »Ich könnt‘ ja auch sagen: Unkraut vergeht net. Aber das wär‘ bös‘, und darum sag‘ ich’s net.«
»Du meinst es ja net bös, Madel«, erwiderte Sebastian. »Und im Spaß darf man einiges äußern. Was sich liebt, das neckt sich.«
»Sie haben das richtig erkannt, Herr Pfarrer«, sagte Gisela, und sie klang jetzt ausgesprochen ernst. »Ich liebe den Christian trotz allem. Man muss ihn einfach mögen. Ich werd‘ ihn aber – trotz aller Liebe -, net darüber im Unklaren lassen, dass er mit einer dritten Chance net rechnen darf.«
»Das ist dein gutes Recht, Gisela«, pflichtete ihr Sebastian bei.
*
Christian verabredete sich mit Gisela für den Abend. Sie lud ihn zu sich in ihre Wohnung zum Abendessen ein und bat ihn, gegen achtzehn Uhr bei ihr zu erscheinen.
Für Christian war die Einladung ein sicheres Zeichen, dass Gisela bereit war, ihm zu verzeihen und ihm noch eine zweite Chance einzuräumen. Es hob seine Stimmung in einem beträchtlichen Maße. Er wollte aber auch etwas vorweisen können, wenn er sie besuchte. Er wollte ihr berichten können, dass er den Grund, der den Keil zwischen ihn und sie getrieben hatte, ein für alle Mal aus der Welt geschaffen hatte.
Mit seinem Festnetztelefon rief er bei der Pension Stubler an. Ria meldete sich. Christian bat sie, Astrid ans Telefon zu holen. »Einen Moment, bitte«, sagte Ria. Christian wartete, und nach etwa einer Minute meldet sich Astrid. »Ich bin drüber informiert, dass du wohlbehalten bist. Wie konntest du in deinem Zustand eine Bergtour machen.« Es klang vorwurfsvoll. »Jedes kleine Kind weiß, dass man mit einer Gehirnerschütterung nicht versuchen soll, Bäume auszureißen. Hoffentlich war es dir eine Lehre. Wie geht es dir denn? Ich hoffe, den Umständen entsprechend gut.«
»Ja, es geht mir gut«, erwiderte Christian. »Ich wollte dir nur sagen, Astrid, dass wir beide uns nimmer sehen werden. Ich liebe die Gisela, sie und ich gehören zusammen. Eine andere Frau hat in meinem Herzen und in meinem Leben keinen Platz.«
Die Worte waren regelrecht aus ihm herausgesprudelt, so, als hätte er sie vorher auswendig gelernt.
Christian hörte Astrid schlucken. Dann stieß sie hervor: »Hab‘ ich vielleicht versucht, mir einen Platz in deinem Herzen zu erobern? Du wolltest was von mir ...«
»Du hast mich soweit gebracht. Jeder Blick von dir, jede Geste - dein ganzes Benehmen haben mir doch signalisiert, dass ich eine Chance bei dir hab‘. Du hast mit mir geflirtet, und das hat mir geschmeichelt, sodass ich darauf eingegangen bin. Ich war verblendet. Aber jetzt ist mir klar, zu wem ich gehör‘. Das wollt‘ ich dir nur gesagt haben.«
»Ich glaube, du verwechselst da etwas, Christian«, verteidigte sich Astrid, nachdem sie alles, was er von sich gegeben hatte, verinnerlicht hatte. »Ich hab‘ dich bei dem Tanzabend im Hotel erst wahrgenommen, als du vor mir gestanden und um den Tanz gebeten hast. Denkst du, ich hab‘ mir dabei was gedacht? Natürlich hab‘ ich sehr schnell festgestellt, dass du total auf mich abgefahren bist. Du hättest ja beinahe eine Rauferei provoziert, nur, weil ein anderer Bursche es gewagt hat, mich zum Tanz aufzufordern. Du hast dich mir aufgedrängt, du hast dich angeboten, mich auf der von dir erschlossenen Route zur Jankeralm zu führen ...«
»Dich und die Ulrike«, fiel ihr Christian ins Wort.
»Zum einen haben wir das ohne Wissen Ulrikes vereinbart, zum anderen hast du kein Wort des Bedauerns geäußert, als ich am nächsten Tag alleine erschienen bin. Im Gegenteil. Der Blick, mit dem du mich angeschaut hast, war beredt genug ...«
»Hab‘ ich net gesagt, dass es schade ist, dass sie wegen ihrer Allergie net mitkommen kann?«
»Diese Äußerung war net mal halbherzig, sie war rein rhetorisch. Meinst du, ich bin von gestern? Ich hab‘ doch gemerkt, dass du von mir was wolltest. Nur zu deiner Orientierung: Ich hätte auf keinen Fall mitgemacht. Ich hab‘ nichts gegen einen Flirt, nichts gegen eine Urlaubsbekanntschaft. Aber ich hab‘ Grenzen abgesteckt, Grenzen, die ich niemals überschreiten würde, und die ich jedem unmissverständlich aufzeige, der versucht, sie bei mir zu überschreiten. Nun, ich musste dir meine Grenzen nicht aufzeigen, denn das Unwetter hat dir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Also erübrigen sich auch weitere Ausführungen. Nur eins will ich dir noch sagen, mein Lieber: Hätte ich gewusst, dass du eine Freundin hast, hätte ich mich überhaupt nicht mit dir eingelassen. In diesem Fall kann einem nur deine Freundin leidtun, die du ohne mit der Wimper zu zucken hintergangen hättest.«
»Dann sind wir uns ja einig«, brummte Christian, der sich das Gespräch mit Astrid ein bisschen anderes vorgestellt hatte. Sie hatte sozusagen den Spieß umgedreht, und seine Betroffenheit war nach der kleinen Auseinandersetzung sicherlich größer als ihre. Er führte es darauf zurück, dass sie wütend auf ihn war, weil er ihr - seiner Meinung nach - einen Korb erteilt hatte. »Wir gehen uns von Stunde an gegenseitig aus dem Weg«, gab er zu verstehen. »Es dürft‘ das Beste für alle Beteiligten sein.«
Astrid beendete ohne ein weiteres Wort zu verlieren das Gespräch.
Christian murmelte eine Verwünschung und stellte den Hörer in die Station. Astrids Reaktion machte ihn wütend. Er war der Meinung gewesen, dass sie nach seiner Eröffnung, dass es für sie in seinem Herzen und in seinem Leben keinen Platz gebe, total geknickt sein würde. Tatsächlich aber hatte sie ihm unverblümt zu verstehen gegeben, dass sie nie etwas von ihm wollte. Darunter litt sein Ego ausgesprochen beträchtlich.
Nur nach und nach brachte er den Aufruhr seiner Gefühle unter Kontrolle. Als er glaubte, in sich gefestigt zu sein, rief er im Pfarramt an, und als er den Pfarrer an der Strippe hatte, sagte er: »Ich war net untätig, Herr Pfarrer. Der Astrid hab‘ ich klar gemacht, dass wir uns nimmer sehen werden während der Zeit, die sie noch in St. Johann verbringt, und mit der Gisela hab‘ ich heut‘ Abend in ihrer Wohnung eine Verabredung. Sie hat mich sogar zum Abendessen eingeladen.«
»Wie hat es denn die Astrid aufgenommen?«, fragte Sebastian.
»Sie hat fast ein bissel trotzig, um net zu sagen zornig reagiert«, antwortete Christian. »Aber die Sache ist erledigt. Sie weiß Bescheid. Es hat mich zwar Überwindung gekostet, denn ich denk‘, dass ich ihr wehgetan hab‘, aber ich hab’s durchgezogen.«
»Weiß die Gisela, dass du diesen rigorosen Schritt gegangen bist?«, erkundigte sich Sebastian.
»Nein. Das werd‘ ich ihr heut‘ Abend verraten. Darin wird sie ermessen können, dass es mir verdammt ernst ist und dass ich dran arbeit‘, mir ihr Vertrauen zurückzuerobern.«
»Das ist ein sehr guter Weg, Christian«, lobte der Pfarrer. »Ich bin mir sicher, dass ihr – die Gisela und du – wieder zueinander findet.«
»Daran wär‘ mir sehr gelegen, Herr Pfarrer«, versicherte Christian, dann verabschiedete er sich.
*
Sebastian kontaktierte Ria Stubler. »Habe die Ehre, Ria«, grüßte er, als sie das Gespräch entgegennahm. »Der Krügelstein-Christian hat mit der Astrid telefoniert«, fuhr er sogleich fort. »Er meint, dass sie ziemlich zornig reagiert hat, außerdem befürchtet er, ihr wehgetan zu haben. Kannst du mir dazu was sagen?«
»Ich bin danebengestanden, als die beiden telefoniert haben«, berichtete Ria. »Ich weiß ja net, was sich der Christian dabei gedacht hat, als er davon sprach, dass ihm die Astrid schöne Augen gemacht und ihm regelrecht signalisiert hätt‘, dass er ihr gefällt, worauf er in seiner Verblendung auf sie abgefahren sei. Er wisse jetzt, zu wem er gehöre, und er lege keinen Wert mehr darauf, sie zu sehen oder zu treffen.«
»So hat er das formuliert?«, fragte Sebastian geradezu ungläubig, um nicht zu sagen fassungslos.
