Apfelgrün und blutrot - Christa Bohlmann - E-Book

Apfelgrün und blutrot E-Book

Christa Bohlmann

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Beschreibung

Gisela Koch fühlt sich pudelwohl in ihrem neuen Zuhause in Osterbinde, einem Ortsteil der schönen Kleinstadt Bassum. Zusammen mit ihren Mitbewohnern einer Senioren-WG, ihrem Partner Martin und dem sehbehinderten Anton, könnte sie ihr Rentnerdasein in vollen Zügen genießen. Doch stattdessen stolpert die sympathische Hobby-Detektivin über blutverschmierte Fundstücke, die mit einem Mordfall zu tun haben könnten. Doch es gibt keine Leiche! Ihr Bauchgefühl täuscht sie nicht. Lückenlos setzt sie ein Puzzleteil an das nächste und deckt so mit Hilfe ihrer Mitbewohner einen Mordfall und weitere Verbrechen auf.

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Vorwort

Gisela Koch, die Protagonistin aus meinem Roman „Bittersüß“, wollte mich weiter beschäftigen und es formten sich schnell die Gedanken für ein neues Buch. Als „moderne Miss Marple“ musste sie ja wieder in einen Mordfall verwickelt werden. Es war schon verzwickt, verschiedene Verbrechen in meiner Heimat Osterbinde, einem Ortsteil der Kleinstadt Bassum, passieren zu lassen.

Die Handlung und die Hauptakteure sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen wäre rein zufällig. Auch den Handlungsort, die Apfelplantagen und das Anwesen der Lindemanns sind frei erfunden.

Dennoch trifft der Leser auf bekannte Personen, Straßen und Plätze, die tatsächlich existent sind. Es war mir ein Vergnügen, Fiktion und Realität zu vermischen.

Mein Dank gilt meinen lieben Helfern:

Rosi für die Dienste als Lektorin,

Heinz für seine Geduld,

Biene, die sich auf Fehlersuche begab,

Eckhard für den technischen Rat,

Alfred, dem das Fotoshooting sichtlich Spass machte

und natürlich Brigitte, die sich wieder für das

Titelfoto zur Verfügung gestellt hat.

Dicken Dank euch allen.

Ich bitte den lieben Gott, mir die Zeit für ein weiteres Buch aus dieser Reihe zu geben, die Ideen für eine Fortsetzung reifen bereits.

Apfelgrün und blutrot

Gisela blickte nachdenklich aus dem Fenster. Im Grunde konnte sie mit ihrem Leben mehr als zufrieden sein. Dennoch vermisste sie was. Etwas, das nicht einmal sie selbst bezeichnen oder beschreiben konnte. Leise war Martin hinzugekommen und berührte sanft ihre Schultern.

„Was grübelst du? Das sind doch wohl keine Sorgenfalten auf deiner Stirn, meine Schöne?“, fragte er sie, küsste zuerst ihren Hals und arbeitete sich dann langsam weiter vor.

„Ach Martin, wenn ich dich nicht hätte! Du hast meinem Leben einen ganz neuen Sinn gegeben. Es ist so schön, dass es dich für mich gibt. Aber du hast Recht, denn irgendetwas fehlt mir und ich glaube auch zu wissen, was es ist. Früher, als ich noch in der Kanzlei arbeitete, habe ich tagsüber so einiges bewegt. Abends wusste ich, welche Aufgaben am nächsten Tag vorrangig zu erledigen waren. Natürlich kam häufig etwas dazwischen, das meine Pläne durchkreuzte. Aber abends wusste ich genau, was ich geleistet hatte. Und jetzt? Wohnung putzen, Essen kochen – das kann nicht mein Lebensinhalt sein! Die Zeit, die ich mit dir und Anton verbringe, ist wunderschön. Natürlich besonders die Zeit mit dir! Trotzdem fühle ich da eine Leere in mir, die mich irgendwie unzufrieden macht. Bitte versteh mich richtig, es soll nicht heißen, dass ich mit dir nicht glücklich bin.“

Gisela drehte sich zu Martin um und sah ihm verliebt in seine dunkelbraunen Augen, in deren Winkeln feine lustige Lachfältchen aufblitzten.

Unglaublich, noch vor fünf Monaten hatte sie nicht einmal gewusst, dass es ihn überhaupt gab. Sie selbst war erst im Dezember nach Osterbinde gezogen, um im Haus der Lindemanns eine kleine aber feine Senioren-Wohngemeinschaft zu gründen. Mit ihr und Martin Jansen wohnte Anton Winkler, eine Frohnatur. Anton war sehbehindert und hatte sein Reich, wie auch Gisela, im Erdgeschoss. Martins Räume lagen im oberen Stockwerk. Alle drei hatten ihre eigenen Räume: Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad. Gemeinschaftlich nutzten sie im Erdgeschoss eine geräumige Küche, dazu ein großes gemütliches Wohnzimmer. Außerdem stand ihnen ein schönes helles Gästezimmer zur Verfügung.

Die Lindemanns waren sehr zufrieden mit ihren neuen Mietern, mit denen sie unter einem Dach lebten. Die Senioren-WG war die ideale Lösung für die Nutzung des großen Hauses, das die Hausbesitzer von ihrem verstorbenen Arbeitgeber geerbt hatten.

Es klopfte an Giselas Tür: „Darf ich?“, vernahmen die beiden Antons Stimme.

„Klar, komm rein. Ach Anton, willst du uns mal wieder zeigen, welchen Baumwollanteil dein Sweatshirt hat?“, bemerkte Gisela lächelnd, weil Anton das Oberteil mal wieder links herum trug. Der fasste schnell in seinen Nacken und fühlte das Markenschildchen mit Waschanleitung und Größenbezeichnung.

„Ich wollte nur mal sehen, ob ihr auf mich aufpasst“, grinste er und zog sich den Pullover über den Kopf. Gisela sah zum ersten Mal seinen muskulösen Oberkörper. „Alle Achtung“, dachte sie. Dabei konnte es ihr völlig egal sein, wie stark Antons Arme waren, denn ihren Martin liebte sie seit dem ersten Moment. Liebe auf den ersten Blick war es für beide gewesen, als Martin sich für die WG interessierte.

„Setz dich hin, ich massiere noch mal schnell deine Schultern. Weiß der Himmel, weshalb sie so verspannt sind.“

Gern ließ Gisela sich von Anton behandeln, der noch bis vor ein paar Monaten als Physiotherapeut beschäftigt war. Wenn das nichts war: Hinter ihr stand Anton, knetete und walkte ihre Schultern und vorn hielt Martin Händchen.

„Was liegt heute Abend an? Habt ihr schon etwas vor?“, wollte Anton wissen.

Noch ehe Martin Luft holen konnte, antwortete Gisela:

„Es gibt doch einen neuen „Tatort“ mit Ulrike Folkerts. Ihr müsst ja nicht, aber ich will ihn unbedingt sehen.“

„Du und deine Krimis“, antworteten beide Männer fast wie aus einem Mund und Anton fügte hinzu: „Du sollst bald Adelheid Marple heißen!“ Anton sonderte sich nicht ab, wenn die beiden einen Krimi anschauten. Ihm blieb die Geräuschkulisse, alles Sehenswerte kommentierten Gisela oder Martin für ihn. Auf ganz besondere Weise konnte Anton über die Stimme die gemimte Gefühlslage der Schauspieler deuten und leitete daraus Gefahr, Angst, Überlegenheit oder andere Gemütsverfassungen ab.

„Lasst mir doch mein Vergnügen. Früher hatte ich keine Zeit dazu, aber jetzt sehe ich eben gerne deutsche Krimis.“

„Das wissen wir doch. Ich staune immer wieder über dein Gespür für Logik. Uns wird der Mörder erst im letzten Moment präsentiert, aber du hast längst kombiniert und Zusammenhänge erkannt, die uns verborgen blieben. Du bist einfach ein Phänomen“, meinte Martin und Anton nickte zustimmend.

Die meisten ausländischen Krimis mochte Gisela nicht, denn die waren ihr zu brutal und häufig wirklichkeitsfremd. Aber so ein „Tatort“ hatte schon was. Sie war auch ein Fan vom „Großstadtrevier“ und dem „Alten“. Ihre Lieblingsserie war „Adelheid und ihre Mörder“ gewesen, was wohl an der gelungenen Mischung aus Kriminalfall und dem richtigen Quäntchen Komik lag.

Früher hatte Gisela sich selten die Zeit genommen, einen Fernsehfilm zu verfolgen. In all den Jahren, in denen sie sich ihrer Aufgabe als Chefsekretärin in einer Anwaltskanzlei gewidmet hatte, fehlte ihr dazu die Muße. Zum Krimi war sie ja im Grunde erst gekommen, nachdem sie im Jahr zuvor in diesen Fall um Ottos Tod hineingeraten war. In der Rolle von Kommissaren und Ermittlern fühlte sie sich wohl. Immer wenn sie Kontakt mit ihrer Nichte Gaby und deren Lebensgefährten Kalle Korn hatte, nutzte sie die Gelegenheit, um ihn nach aktuellen Fällen auszufragen. Nein, Kalle war kein Schmuddeldetektiv. Korn war Ermittler, ein sehr sympathischer und erfolgreicher dazu. Manchmal hatte Gisela Glück und er ließ sich ausquetschen, wobei er aber immer Diskretion wahrte. Er verriet vielleicht etwas über seinen Auftrag und den Fall an sich, nannte dabei aber niemals die Namen der Beteiligten oder beschrieb die Einzelheiten. Erst nachdem ein gelöster Fall in der Presse breitgetreten wurde, konnte es sein, dass er sich mehr Details entlocken ließ. Schon häufig hatte sie ihn heimlich um seinen interessanten Job beneidet und sich gewünscht, ihn unterstützen zu können.

In den letzten Wochen passierten in ihrem Umfeld eigenartige Vorfälle, die sie früher vermutlich überhaupt nicht wahrgenommen hätte. Sie sah jetzt genau hin, wenn ihr etwas Ungewöhnliches auffiel. So wie vor ein paar Tagen: Zusammen mit Martin hatte sie kurz vor Einbruch der Dämmerung noch einen Spaziergang unternommen, als sie auf einer Seitenstraße ein gesatteltes Pferd ohne Reiter entdeckten, das zielstrebig seines Weges trabte. „Da ist doch etwas passiert!“, rief Gisela entsetzt. „Wieso? Ist doch alles in Ordnung. Du siehst doch, dass das Pferd ganz ruhig ist.“ Gisela ließ nicht locker: „Ist da hinten nicht ein Reiterhof? Es heißt, dass ein Pferd seinen Weg allein zum Stall zurück findet. Also kann es doch möglicherweise seinen Reiter in entgegen gesetzter Richtung verloren haben. Ich hol mal schnell den Wagen und fahre die Strecke ab.“ Trotz verschiedener Einwände durch Martin war Gisela nicht zu bremsen. Tatsächlich fand sie ein elfjähriges verletztes Mädchen am Straßenrand. Der alarmierte Krankenwagen brachte das Kind mit blutender Kopfwunde und Armbruch ins Krankenhaus. Gisela war froh, dass sie spontan reagiert hatte.

Aber sie machte noch viele andere Beobachtungen. Vor einigen Tagen hatte sie mit ihrer Nichte Gaby in Bremen ein Nobelrestaurant besucht. Das Essen war als eine kleine Wiedergutmachung für Giselas Nichte gedacht, die sich manchmal etwas vernachlässigt fühlte. Dennoch freute Gaby sich für ihre Tante, als die sich über beide Ohren in den netten Ex-Schornsteinfegermeister Martin Jansen verliebt hatte.

Beiläufig warf Gisela einen Blick auf die anderen Gäste. Am Fenster saßen zwei junge Männer, die sich zunächst ein Getränk bestellten. Die vorgelegte Speisekarte studierten sie zwar, signalisierten dem Kellner aber, dass sie mit ihrer Entscheidung bis zum Eintreffen von Freunden warten wollten. So erklärte es sich auch, dass sie ihre Aufmerksamkeit auf den Parkplatz richteten. Für Gisela und Gaby gab es reichlich Gesprächsstoff, weil sie sich ein paar Tage lang nicht gesehen hatten.

Es erschienen neue Gäste: Ein gepflegtes Pärchen mittleren Alters betrat das Lokal. Lässig spielte der Mann mit seinen Autoschlüsseln, warf sie kurz in die Luft, um sie dann wieder aufzufangen und danach in der Manteltasche verschwinden zu lassen. Die beiden Männer vom Fensterplatz nickten sich zu, warfen einen Schein auf den Tisch, eilten an die Garderobe und griffen zielstrebig in die fremde Manteltasche, um sich die Autoschlüssel zu schnappen. Gisela hörte einen Motor aufheulen und sah das Auto mit quietschenden Reifen davonrasen und schaute einem silbergrauen Porsche hinterher. Umgehend informierte Gisela die völlig überraschten Besitzer des Autos vom Geschehen, die sofort die Polizei verständigten. Da ein Polizeiwagen aus unmittelbarer Nähe die Verfolgung aufnehmen konnte, waren die Täter bereits gestellt, als Gisela und Gaby sich gerade mit dem letzten Rest des Desserts befassten.

Gaby bewunderte ihre Tante, die in dieser Situation erstaunlich ruhig, aber zielstrebig vorging. Ihr selbst wäre vermutlich, wie all den anderen Gästen, der Vorfall entgangen. Das Ehepaar ließ es sich nicht nehmen, die Rechnung von Gisela und Gaby zu begleichen.

Zwei Tage darauf war Gisela mit Martin in Bremen zum Einkaufen unterwegs. Von weitem sahen sie zwei Männer auf sich zu rennen, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Als sie näher kamen, war es unverkennbar, dass hier offenbar jemand versuchte, einen Gauner aufzuhalten. Im richtigen Moment spreizte Gisela ihren Stockschirm mit den Bassum-Motiven zur Seite und brachte so ganz lässig den Gejagten zu Fall. In der Tat verfolgte ein Zivilfahnder einen Verbrecher. Charmant lächelnd sah Gisela zu, wie die Handschellen angelegt wurden. Martin bekam vor lauter Bewunderung den Mund nicht mehr zu.

Ja, Gute und Ganoven ließen Gisela nicht los. Früher hatte ihr Chef sie verteidigt, mal die eine Seite, mal die andere. Otto hatte als Richter so manchen Spitzbuben hinter Gitter gebracht. Und Kalles Aufgabe war es, Halunken aufzustöbern, von denen es definitiv zu viele gab.

Otto – noch häufig musste Gisela an ihn denken. Er war eine Seele von Mensch gewesen. Noch immer gelang es ihr nicht, seinen Tod zu verwinden. Dass es einer ihm körperlich unterlegenen Frau gelungen war, ihn mit einem Sofakissen zu ersticken, blieb für sie völlig unfassbar. Wäre Otto froh über ihr neues Glück oder eher eifersüchtig? Manchmal blickte sie in den Himmel und zwinkerte dem Freund innerlich zu.

Vor ein paar Nächten hatte die Bassumer Feuerwehr die Kameraden aus einer Nachbargemeinde unterstützt, die das Feuer in einem leerstehenden Haus zu löschen hatten. In der Zeitung war zu lesen, dass die Kripo wegen Brandstiftung ermittelte, weil Brandbeschleuniger gefunden wurden. Gisela war am Tag vor dem Brand an einer Tankstelle ein junger Mann aufgefallen, der trotz des extrem hohen Benzinpreises zwei Kanister mit Benzin füllte, aber sein Fahrzeug nicht betankte. Spontan griff sie zum Hörer, um die Polizei zu verständigen. Martin hörte erstaunt als Gisela erklärte: „Der Mann war um die Dreißig und trug ein schwarzes Sweatshirt. Die Unterseite des Kragens war blau. Volksbank-blau! Er fuhr einen alten schwarzen Polo mit dem Kennzeichen DH - VH 252.“

„Wieso hast du dir das Kennzeichen gemerkt?“, fragte Martin erstaunt. „Ganz einfach. Mein Chef hatte exakt das gleiche Kennzeichen, allerdings in Bremen zugelassen.“

Mit Hilfe von Giselas Hinweisen konnte der Brandstifter tatsächlich schnell gefasst werden.

„Würde ich dich nicht so lieben, wärest du mir fast ein bisschen unheimlich. Aber mach nur so weiter. Wenn du mal meine Hilfe brauchst, kannst du auf mich zählen“, bemerkte Martin. „Sei vorsichtig, ich nehm' dich beim Wort“, kündigte Gisela an und kuschelte sich verliebt in Martins Arme.

Das Ehepaar Lindemann hatten ihre drei Mieter zum Abendessen eingeladen, bei dem Herr Lindemann sie über Neuigkeiten informieren wollte. Nach dem Essen ließ er die Katze aus dem Sack: „Wir kamen ja schon vor Ihrem Einzug auf die Idee, in der Lagerhalle da drüben weiteren Wohnraum zu schaffen. Da es wohl ein solider Bau ist, wollten wir einen Umbau vornehmen. Nach reiflicher Überlegung sind wir aber zu dem Entschluss gekommen, das Gebäude komplett abreißen zu lassen. Das Fundament kann weiterhin benutzt werden, hat mir der Bauunternehmer erklärt. Da der Pachtvertrag mit dem Ostbauern Tegge abgelaufen ist und er auch keine Verlängerung des Vertrages wünscht, steht dem Bauprojekt nichts mehr im Weg. Die Bauzeichnungen liegen schon bei der Stadt zur Genehmigung vor. Wir hoffen, dass das nicht allzu lange dauert. Hier ist schon mal eine Kopie. So soll es einmal aussehen.“

Frau Lindemann meldete sich zu Wort: „Wenn es um die Auswahl neuer Bewerber für die neue Senioren-WG geht, sind Sie uns doch bestimmt wieder behilflich, Frau Koch?“ Gisela stimmte gern zu.

Frau Lindemann ergänzte: „Dann können wir uns darauf verlassen, dass Sie die Richtigen finden. Aber noch ist es zu früh, wir können uns Zeit damit lassen. Wir hätten aber eine Bitte an Sie. Auch wenn wir nebenan ein schönes neues Haus errichten, wünschen wir uns, dass gerade Sie Drei weiterhin mit uns unter einem Dach wohnen. Wir haben uns so aneinander gewöhnt.“

Martin, Anton und Gisela schlossen sich dem einstimmig an. Besonders die Männer diskutierten noch weiter über Vor- oder Nachteile zwischen Neubau und Umbau. Herr Lindemann gab ein Ergebnis seiner Beratungsgespräche weiter: „Wenn im Gebäude Äpfel gelagert wurden, müsste die Halle auch noch jahrelang danach riechen. Wer möchte schon im Apfelduft schlafen, so angenehm der auch sein mag. Aber auf Dauer? Die Tore liegen ja auf der gegenüberliegenden Seite. Wir wissen gar nicht, ob Herr Tegge die Halle in den letzten zwei Jahren überhaupt genutzt hat. Uns ist nichts aufgefallen. Die Kühlanlage läuft über seinen Stromzähler, so hatten wir auch keine Kontrollmöglichkeit. Solange er die Pacht rechtzeitig bezahlte, sollte uns ja auch egal sein, ob und wie er die Halle genutzt hat. Bezahlt hat er jedenfalls immer pünktlich. Er selbst hat eine große Kühlhalle neben seinem Wohnhaus stehen. Vielleicht war die für seine Ernteerträge ausreichend.“

Martin mutmaßte: „Möglicherweise lagert Herr Tegge ja etwas anderes in der Halle? Eventuell Maschinen, die zur Obsternte benötigt werden oder leere Obstkisten?“ Obwohl Herr Lindemann kein Experte war, wusste er: „In einer Kühlhalle werden ausschließlich Äpfel gelagert. Für die Kurzzeitlagerung gibt es Kühlhäuser, in denen die Äpfel bei zwei bis vier Grad gelagert werden. Für die Langzeitlagerung werden die Äpfel in sogenannten CA-Lagern bis in den Sommer hinein schlafen gelegt. Bei einer Luftfeuchtigkeit von neunzig Prozent wird ihnen Sauerstoff entzogen. Dadurch reduzieren die Äpfel ihren Stoffwechsel und halten so etwas wie einen Winterschlaf. So bleiben sie erntefrisch und nährstoffreich. Niemals wird ein Obstbauer seine Äpfel zusammen mit Arbeitsmaschinen lagern oder sie womöglich in einem umgebauten Schweinestall unterbringen. Der Apfel soll ausschließlich nach Apfel schmecken und riechen und nach sonst nichts.“

Die drei Freunde staunten über so viel Information über den weniger bekannten Erwerbszweig in dieser Gegend. Als die Gespräche in eine andere Richtung gehen wollten, ergriff Herr Lindemann das Wort: „In der nächsten Woche fahren wir zur Silberhochzeit meines Bruders nach Süddeutschland. Leider hat sich gerade für diese Zeit der Abbruchunternehmer angesagt. Obwohl wir uns sehr bemüht haben, ließ sich der Termin nicht verschieben. Aber weder Sie noch wir haben ja etwas damit zu tun. Nur bleibt Ihnen die Lärmbelästigung in dieser Zeit nicht erspart. Sieht ja fast so aus, als wollten wir davor fliehen.“

Die Drei beruhigten das besorgte Ehepaar. In der Tat brauchte der Abbruchunternehmer weder Helfer noch Zuschauer. Anton meinte grinsend: „Ob Sie nun da sind oder nicht, der Lärm bleibt doch der gleiche. Da müssen wir durch.“

Frau Lindemann bat Gisela, während ihrer Abwesenheit die Blumen zu gießen. Auch das sollte kein Problem für sie sein. Es war fast Mitternacht, als die drei Mieter sich nach einem gemütlichen Abend von den Lindemanns verabschiedeten.

Ende April zeigten die Kirschbäume pünktlich ihre weiße Blütenpracht. Die unzähligen Apfelbäume hatten dicke rosa Knospen und zogen bereits einige Spaziergänger an. Wie schön sollte der Anblick erst sein, wenn die Knospen aufblühten und den Landstrich weiß erscheinen ließen?

Die Lindemanns waren am Vortag in Richtung Süddeutschland aufgebrochen. Martin lud Gisela und Anton in seinen Wagen und zu Dritt machten sie eine Tour durch die ländliche Umgebung. Anton hörte den Beschreibungen der beiden anderen zu und konzentrierte sich mehr auf den Blütenduft und das Summen der Bienen. Den Freunden entging durch ihre Abwesenheit auch der Lärm, den die Arbeiter des Abbruchunternehmens erzeugten. Ein großer Bagger und sogar ein Kran waren im Einsatz. Die Lastwagen wurden mit Bauschutt beladen, um den umgehend zu entsorgen. Der Krach war wirklich nur schwer zu ertragen. Umso mehr bedauerten die Drei die Arbeiter mit ihren blauen Schutzhelmen, die dem Geräuschpegel den ganzen Tag lang ausgesetzt waren. Es hörte sich seltsam an, wenn ganze Mauerteile zusammenbrachen.

Als sie von ihrem Ausflug zurückgekehrt waren, trieb sie die Neugier auf die Abbruchstelle. Gisela ging noch einmal ins Haus, um sich die ältesten Jeans anzuziehen. Die waren noch nicht mal ein Jahr alt. Früher hatte sie ausschließlich klassische Kostüme oder Hosenanzüge getragen. Sie war immer noch froh darüber, dass ihre Nichte Gaby sie zum Tragen sportlicher Kleidung überredet hatte, denn die war viel bequemer und passte jetzt besser zu ihr.

Anton blieb vorsichtshalber außerhalb der Absperrung stehen. Gisela betrat die Baustelle. Martin, sehr um Giselas Wohlergehen bemüht, begleitete sie über das unwegsame Gelände. Der Anblick der Bauruine stimmte sie irgendwie wehmütig. Sie trösteten sich aber damit, dass sie hier in Kürze ein schönes neues Wohngebäude vor Augen haben würden.

„Oh sieh mal da! Was ist denn das?“, fragte Gisela überrascht. Martin schüttelte den Kopf. Was seine Liebste da wohl wieder entdeckt hatte? Ein Teil der roten Backsteine war von einer Seite farbig: silbrig, andere wieder schwarz oder auch rot. Jetzt reagierte Martin doch: „Das sieht aus wie Autolack! Sieh mal, hier sind sogar verschiedene Farben übereinander gespritzt worden. Von wegen Apfel-Kühlhalle! Sieht aus, als wenn hier eine Autoschieberbande tätig gewesen wäre.“ Gisela war ganz aufgeregt: „Ob Tegge davon gewusst hat? Und die Lindemanns? Nein, die bestimmt nicht!“

„Lass gut sein, mein Schatz. Was auch immer da passiert ist – es ist vorbei. Spätestens übermorgen liegt der ganze Bauschutt auf einer Deponie oder man hat schon Wege damit befestigt.“

„Ich könnte ja mal bei der Zeitung nachfragen, ob es hier in den letzten zwei Jahren eine Autoschieberbande gab.“ Gisela war schon wieder ganz in ihrem Element. Martin stiefelte zurück zu Anton, um ihm von der Beobachtung zu berichten. Nur eine dachte noch nicht daran, die Baustelle zu verlassen – Gisela. Die Wände zur Süd- und Ostseite standen noch aufrecht. Martin warnte: „Betreten auf eigene Gefahr! Wir haben hier nichts zu suchen. Komm her, Gisela, sonst brichst du dir noch den Hals.“

Die aber kletterte längst weiter über Balken, Steine und Dachziegel. Plötzlich schrie sie auf. Im äußersten Winkel machte sie eine seltsame Entdeckung: Sie fand eine zusammengeknüllte Wolldecke und ein kariertes Sporthemd, auf dem sie sich sicher war, reichlich Blutspuren zu erkennen. Graue Klebebandreste lagen am Boden. Möglicherweise hatte man jemanden damit gefesselt und geknebelt.

Martin war nicht entgangen, dass Gisela etwas ganz Außergewöhnliches entdeckt haben musste und kam noch einmal zurück. Auch er traute seinen Augen kaum. Mit dem Fuß schob er die Wolldecke etwas zur Seite und entdeckte einen Hammer, der ebenfalls Blutspuren aufzuweisen schien. Beide sahen sich ratlos an. Was sollten sie tun? Alles deutete auf einen Tatort hin. Morgen früh würden die Bagger auch noch die letzte Spur restlos beseitigen.

„Wir müssen den weiteren Abbruch stoppen!“, brach es aus Gisela heraus. „Aber Schatz, wir sind doch nicht die Auftraggeber. Der Unternehmer hält sich an seine Termine und lässt sich durch uns bestimmt nicht aufhalten. Außerdem haben wir nichts als einen Verdacht, dass hier ein Verbrechen passiert ist.“

„Dann rufe ich eben die Polizei an. Oder besser: ich telefoniere gleich mit Kalle. Der weiß bestimmt einen Weg.“

Nur der einsetzende Regen hielt Gisela davon ab, nach weiteren Spuren zu suchen. Wieder im Haus griff sie aufgeregt zum Telefon, um mit Kalle zu sprechen. Gaby meldete sich und teilte mit, dass Kalle noch in Dortmund sei.

„Was ist denn los? Du bist ja ganz außer dir!“, fragte sie ihre Tante, die ihr brühwarm von der gruseligen Entdeckung berichtete.

„Du hast Recht, da ist wohl etwas Ungewöhnliches passiert. Kalle wird sich bei dir melden, sobald er zurück ist. Sprich erst mit ihm und warte noch mit dem Anruf bei der Polizei. Wäre ja interessant zu wissen, ob in der letzten Zeit ein Mensch als vermisst gemeldet wurde. Dass du aber auch immer in so unglaubliche Geschichten hineingeraten musst!“

Gisela seufzte tief. Sie wollte die Angelegenheit jetzt erst einmal mit Martin und Anton besprechen. Anton meinte sich zu erinnern, dass es im letzten oder sogar vorletzten Jahr in der Gegend eine Vermisstenmeldung gegeben habe. Die Behörden waren damals auf der Suche nach illegal Beschäftigten fündig geworden. Das passte allerdings nicht zwangsläufig zu dem mysteriösen Fund.

Martin riet: „Wir rufen gleich morgen früh bei der Polizei an. Vielleicht kann Kalle dir ja wirklich noch einen guten Rat geben. Wenn Lindemanns zurück sind, werden sie uns berichten, ob es seltsame Vorfälle gab. Jetzt entspann dich und vergiss das alles. Denk an was Schönes! Was auch immer da passiert ist, es liegt schon längere Zeit zurück. Und schließlich hast du keine Leiche gefunden! Meine Güte, das hätte uns gerade noch gefehlt.“

Im Laufe des Abends versuchte Martin, Gisela abzulenken und sprach über Urlaubspläne. Schon vor längerer Zeit hatten sie beschlossen, zu dritt ins Ausland zu reisen.

„Wolltest du nicht einmal wieder nach Lanzarote und deinen früheren Chef besuchen?“, fragte Martin Gisela. Anton äußerte keinerlei Wünsche, denn gerade bei einem Auslandsaufenthalt war er besonders auf die Hilfe der beiden angewiesen. Gisela blieb in Gedanken ganz woanders. Erleichtert sprang sie ans Telefon, als es kurz nach 22 Uhr endlich klingelte. Hastig berichtete sie Kalle von dem Fund in der Ruine und war gespannt auf seine Reaktion. Mit diesem Rat hatte sie nicht gerechnet: „Gisela, melde dich morgen früh gleich bei der Polizei. Dann hast du deine Pflicht getan. Ich habe wenig Hoffnung, dass sie der Sache nachgehen. Welchen Fall sollen sie damit in Verbindung bringen? Wen sollen sie suchen? Wenn jemand verletzt oder misshandelt wurde, hat der das doch längst bei der Polizei gemeldet.“

„Und wenn er gar nicht mehr lebt?“

„Dann muss es irgendwo eine Leiche geben. Ich würde dir gerne helfen, aber sag mir, wonach ich suchen soll. Es gibt für mich keinen Auftraggeber. Bitte verstehe mich richtig. Michael und ich stecken bis zum Hals in Arbeit. Hier würden wir nach einer Nadel im Heuhaufen suchen. Bitte tu mir den Gefallen, melde dich gleich morgen früh bei der Polizei und belaste dich nicht weiter damit. Versprich mir das!“

Irgendwie war Kalles Reaktion einleuchtend, doch Gisela konnte und wollte sich nicht damit zufrieden geben.

Die Nächte verbrachten Martin und Gisela ganz unterschiedlich: Manchmal schliefen sie in Martins Reich, an anderen Tagen in Giselas Bett, jedoch selten getrennt. In dieser Nacht hatte Martin das Bedürfnis, noch mehr als sonst für seine Gisela da zu sein. Aber wie kann man sich ernsthaft kümmern, wenn man selbst müde ist? Für Gisela dagegen war an Schlaf überhaupt nicht zu denken. Sie wartete so lange, bis sie Martins ruhige und tiefe Atemgeräusche hörte. Erst als sie auch noch ein leises Schnarchen vernahm, war sie sicher, dass er eingeschlafen war. Obwohl der Regen gegen die Fensterscheibe schlug, stand ihr Entschluss fest. Leise stand sie auf, schnappte ihre Sachen und kleidete sich hastig an. Dann suchte sie nach Haushaltshandschuhen, einem Müllsack und einer großen Taschenlampe. Auf leisen Sohlen schlich sie aus dem Haus in Richtung Abbruchstelle. Ihr war alles andere als geheuer zu Mute.

„Papperlapapp“, sprach sie zu sich selbst. Wer soll um diese Zeit schon hier sein? Jetzt mitten in der Nacht! So verrückt kann auch nur ich sein!“ Mit der Kapuze auf dem Kopf schützte sie sich vor dem Regen. So mühsam hatte sie sich den nächtlichen Ausflug nicht vorgestellt. Vom Vollmond war nichts zu sehen, weil dicke Regenwolken am Himmel hingen. So blieb ihr nur das Licht der Taschenlampe, um nicht über Balken oder Steine zu stolpern. Plötzlich hörte sie ein Rascheln und erschrak kurz vor einer aufgescheuchten Ratte. Endlich erreichte sie die Stelle mit den Beweisstücken. Nacheinander steckte sie Wolldecke, Hemd, Hammer und Klebebandstücke in den Müllsack. Gründlich leuchtete sie die Stelle ab, fand aber weiter nichts. Sie zog noch einmal das Hemd aus dem Beutel und richtete die Lampe auf das Materialschildchen: „Made in Poland“. Der Rückweg war noch beschwerlicher, weil sie jetzt auch noch den Müllsack zu tragen hatte. Ihre Beute versteckte Gisela in der Garage. Wenn sich schon kein anderer um den seltsamen Fund kümmern wollte, sie würde es tun.

„Warum eigentlich?“, fragte sie sich plötzlich und wusste schon kurz darauf eine Antwort. Während ihres Berufslebens war sie oft genug mit Recht und Unrecht in Berührung gekommen. Um im letzten Jahr die Mörderin ihres Freundes Otto überführen zu können, hatte sie viel recherchieren müssen. Im Nachhinein hatte sie festgestellt, dass es ihr gefallen hatte, den Fall zu lösen. Damals war erschwerend dazu gekommen, dass es sich bei dem Opfer um eine ihr nahestehende Person handelte und Gisela selbst sogar in Gefahr geriet. Jetzt hatte sie genug Zeit, es war unwahrscheinlich, dass sie im aktuellen Fall Täter oder Opfer kannte. Diesmal konnte sie unbefangen zur Tat schreiten. Ob sie auf Martins Hilfe hoffen konnte? Oder würde er sie bremsen? Als Gisela im Haus war, fühlte sie sich insgesamt besser. Leise schlich sie nach oben und legte sich in Martins Schlafzimmer ins Bett. Der würde sicher Augen machen, wenn er am nächsten Morgen ohne sie aufwachte.

Alle drei hatten gründlich verschlafen und wurden erst von dem Lärm der Baufahrzeuge wach. Martin war mit einem Schlag hellwach, als er das Bett neben sich leer und kalt vorfand. Er sprang aus den Federn und suchte Gisela in der Küche und im Bad. Wo um alles in der Welt war sie? Er raste die Treppe hoch um Gisela in seiner Wohnung zu suchen. Da lag sie und schlummerte fest. Wie sehr er diese Frau doch liebte. Leise flüsterte er ihr ins Ohr: „Ma belle Giselle, aufwachen! Der Kaffee ist gleich fertig.“

Er war erleichtert, dass die Bauarbeiter schon in Aktion waren. Jetzt war es zu spät, um die Polizei zu benachrichtigen. Gisela würde den Fund vergessen müssen. Ab jetzt war jede Spurensicherung zwecklos. Vielleicht hätte man nach dem Regen ohnehin keine DNA-Spuren mehr feststellen können. Aber da war er sich nicht sicher.

Gisela rieb sich die müden Augen: „Du hast ganz schön geschnarcht.“ Das war nicht einmal geflunkert, denn geschnarcht hatte Martin ja wirklich. Doch so ließ sie ihn im Glauben, dass dies der Grund für den nächtlichen Umzug war. Gähnend stieg sie aus dem Bett und zog sich erst einmal in ihr Bad zurück, um sich ein wenig frisch zu machen. Am liebsten frühstückte sie im Nachthemd und duschte erst danach. Martin liebte diesen morgendlichen Anblick seiner Partnerin, die noch etwas verschlafen am Tisch saß und trotz ihres reifen Alters eine Schönheit für ihn war.

Martins Miene verfinsterte sich, als er an der Garderobe Giselas durchnässten Anorak sah. Ungehalten fragte er: „Du bist doch nicht etwa nachts allein auf der Baustelle gewesen?“

„Doooch!“

„Warum? Wie konntest du das tun? Was hätte alles passieren können? Und was wolltest du da überhaupt?“

„Beweise sicherstellen!“

„Und wo hast du sie jetzt gelassen?“

„Geheimnis!“, antwortete Gisela und wusste genau, dass diese Art von Reaktion Martin zur Weißglut brachte.

Der fuhr sie an: „Brauchst mich gar nicht so anzuschauen, als könntest du kein Wässerchen trüben. Was hab ich mir bloß mit dir eingehandelt. Verdammt noch mal, ich mache mir doch Sorgen um dich!“

„Bitte versteh mich doch. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass da etwas ganz Schlimmes passiert ist und dass ich ja möglicherweise das Rätsel lösen kann. Schimpf doch nicht mit mir, versprich lieber, mir zu helfen.“ Anton hatte beim Betreten der Küche die angespannte Stimmung gespürt und wollte sie mit einem Witz überspielen. Ohne Erfolg. Am Frühstückstisch wurden nur wenige Worte gewechselt und die Stimmung war auf dem absoluten Nullpunkt. Es dauerte eine ganze Weile bis Martin wissen wollte: „Was hast du jetzt vor?“ Gisela wusste es nicht.

„Ich will auf jeden Fall abwarten, bis Lindemanns zurück sind. Vielleicht können sie mir noch Informationen liefern. Ich muss in Ruhe überlegen, wie ich vorgehen kann.“

„Meinst du, es ist gut, wenn sie wissen, dass du die Sachen hast?“

„Ich bin sicher, dass wir ihnen trauen können. Sie haben bestimmt nichts damit zu tun. Ich habe das bereits in der Nacht erledigt, weil die Polizei wohl nicht sofort gekommen wäre. Inzwischen wären die Beweise womöglich schon im Schutt verschwunden.“

Jetzt mischte sich Anton ein: „Wer weiß, wozu das gut gewesen wäre? Was macht dich eigentlich so sicher, dass da ein Verbrechen passiert ist? Ach ja, du hast ja von den Klebestreifen erzählt. Dann ist es vielleicht wirklich keine harmlose Schlägerei gewesen. Aber wie willst du vorgehen?“