BDSM extrem! - Bianca Demel - E-Book

BDSM extrem! E-Book

Bianca Demel

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Beschreibung

Trotz eiserner Grundsätze, uns nicht am Spiel unserer Interviewpartner zu beteiligen, geraten wir im Strudel eines Fesseltreffens selbst zwischen die Seile. Der dritte Band der Gesprächsserie mit Paaren, die BDSM spielen und alle Facetten dieser magischen Sexualität ausleben, hat das Autoren-Duo wieder kreuz und quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz geführt. Das Spektrum dieses Teils reicht von einem begnadeten Schreiner, der für sich und seinen Partner höllische Foltermöbel konstruiert, über ein Paar, dass fast ihr komplettes Ferienhaus in einen SM-Spielplatz verwandelt hat (inklusive Pflöcken auf der Wiese dahinter), bis zu dem Kunden einer Domina, der in der Erwartung auf richtig schmutzige Spiele in einer Kneipe aus dem Hundenapf trinkt und brav unter dem Tisch ausharrt. In sechzehn Kapiteln berichten die beiden Journalisten detailliert wie humorvoll über ganz unterschiedliche Menschen und ihre schmerzhaften Erlebnisse, persönliche Entwicklung vom Zeltlager in den Folterkeller und ganz besonders düstere Leidenschaften, wie Orgien mit Gleichgesinnten und verschwitzte Bondage-Praktiken im durchsichtigen Regenmantel. Die Kapitel sind (reichlich) unanständig illustriert vom Karlsruher Fotografen Hermann Zeichen, der in diesem Band ausschließlich Bilder in düsterem Schwarzweiß präsentiert. Hier ein paar Leckerbissen aus dem Inhalt: - über ein Fetisch-Furzkissen > Kapitel "Länger frisch" - lange Knien ohne Klo > Kapitel "Alle Achtung" - harte Hiebe zwischen die Beine > Kapitel "Von zart zu hart" - eine Schale Wasser für den Hund > im ersten Teil des Kapitels "Alte Schule" - voll gefesselter Toilettengang > Kapitel "Wunsch wird wahr" - Reisekissen als Atemhilfe > Kapitel "Wasserspiele" - munterer Partnertausch > Kapitel "BDSMWG" - an Pflöcken gefesselt die Nacht auf der Wiese verbringen > Kapitel "Freiluft Bodenhaltung" - durch Bisse zum Höhepunkt > Kapitel "Al dente" - die eigene Geburt rückgängig machen > Kapitel "Von der Rolle" - einen arm-dicken Dildo ins Rektum befördern > Kapitel "Spieß gedreht" Und vieles mehr…

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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BDSM extrem!
Paare sprechen über Bondage, Fetisch, Strafen & andere Perversionen
Bianca Demel & Stefan Meyer
Contents
Title Page
So sieht's aus!
Copyright
Passt's?
Achtung!
Das ist drin!
Gesucht! Gefunden!
Wir haben es (wieder) getan!
Wasserspiele
Von der Rolle
BDSMWG
Freiluft Bodenhaltung
Von zart zu hart
Alte Schule
Wunsch wird wahr
Länger frisch
Alle Achtung
Aufmachen!
Al dente
Prinzip Lust(ig)
Seil(Gesell)Schaft
Spieß gedreht
Dominum Domino
Miese Möbel-Macher
Alles durchgestrichen
Erreichbar
Tiefer gehen: Böse!
Höher, schneller, weiter: Kink!
So sieht's aus!
Copyright
Copyright by Bianca Demel & Stefan Meyer, 2023
Herausgeber: Bianca Demel & Stefan Meyer
Wichtige Informationen für die Nutzer dieses Buchs:
Herausgeber und Autoren haben größtmögliche Sorgfalt aufgewendet, dieses Buch zu publizieren. Alle Informationen in diesem Buch sind sorgfältig von Herausgeber und Autoren erwogen und geprüft. Für die Richtigkeit der Informationen kann keine Garantie übernommen werden. Der Herausgeber und die Autoren übernehmen keine juristische Verantwortung für die Nutzung der publizierten Inhalte und Informationen. Eine Haftung der Autoren, des Herausgebers und seiner beauftragten Personen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Das Werk ist einschließlich seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ohne Zustimmung des Herausgebers ist unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
1. Auflage, August 2023
Autoren: Bianca Demel & Stefan Meyer
Projektleitung und technische Publikation: Stefan Meyer
Titelgestaltung & Fotos: Hermann Zeichen
Model(Titelseite) : Moni G.
Passt's?
Normalos: + +
Interessierte: + + + + +
BDSM-Einsteiger: + + + +
BDSM-Profis: + + + +
Fetischisten: + + +
Und bitte:
Achtung!
Alle Personen und Handlungen in diesem Buch sind frei erfunden. Die hier beschriebenen Praktiken (ob sexuell oder nicht) sind Fiktion und sollten nicht in die Tat umgesetzt werden, denn sie können die Gesundheit aller Beteiligten gefährden. Also: Nur lesen, nicht nachmachen!
Hinweis zu den Fotos: Sämtliche Bilder, Collagen und Zeichnungen dienen nur der Illustration der Kapitel. Die in den Texten erwähnten Personen sind auf den Bildern nicht dargestellt.
Und weil es gerade ein aktuelles Thema ist: Die Texte in diesem Buch sind frei von künstlicher Intelligenz und von richtigen Menschen mit zwanzig fleißigen Fingern getippt worden. Sie werden von uns professionell unterhalten und nicht mit sinnfreien Leertexten überschwemmt. Alles, was Sie hier lesen, ist von zwei gut ausgebildeten und routinierten Gehirnen so sorgsam wie möglich verarbeitet worden!
Das ist drin!
Trotz eiserner Grundsätze, uns nicht am Spiel unserer Interviewpartner zu beteiligen, geraten wir im Strudel eines Fesseltreffens selbst zwischen die Seile. Der dritte Band der Gesprächsserie mit Paaren, die BDSM spielen und alle Facetten dieser magischen Sexualität ausleben, hat das Autoren-Duo wieder kreuz und quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz geführt.
Das Spektrum dieses Teils reicht von einem begnadeten Schreiner, der für sich und seinen Partner höllische Foltermöbel konstruiert, über ein Paar, dass fast ihr komplettes Ferienhaus in einen SM-Spielplatz verwandelt hat (inklusive Pflöcken auf der Wiese dahinter), bis zu dem Kunden einer Domina, der in der Erwartung auf richtig schmutzige Spiele in einer Kneipe aus dem Hundenapf trinkt und brav unter dem Tisch ausharrt.
In sechzehn Kapiteln berichten die beiden Journalisten detailliert wie humorvoll über ganz unterschiedliche Menschen und ihre schmerzhaften Erlebnisse, persönliche Entwicklung vom Zeltlager in den Folterkeller und ganz besonders düstere Leidenschaften, wie Orgien mit Gleichgesinnten und verschwitzte Bondage-Praktiken im durchsichtigen Regenmantel.
Die Kapitel sind (reichlich) unanständig illustriert vom Karlsruher Fotografen Hermann Zeichen, der in diesem Band ausschließlich Bilder in düsterem Schwarzweiß präsentiert.
Hier ein paar Leckerbissen aus dem Inhalt:
●    über ein Fetisch-Furzkissen > Kapitel "Länger frisch"
●    lange Knien ohne Klo > Kapitel "Alle Achtung"
●    harte Hiebe zwischen die Beine > Kapitel "Von zart zu hart"
●    eine Schale Wasser für den Hund > im ersten Teil des Kapitels "Alte Schule"
●    voll gefesselter Toilettengang > Kapitel "Wunsch wird wahr"
●    Reisekissen als Atemhilfe > Kapitel "Wasserspiele"
●    munterer Partnertausch > Kapitel "BDSMWG"
●    an Pflöcken gefesselt die Nacht auf der Wiese verbringen > Kapitel "Freiluft Bodenhaltung"
●    durch Bisse zum Höhepunkt > Kapitel "Al dente"
●    die eigene Geburt rückgängig machen > Kapitel "Von der Rolle"
●    einen arm-dicken Dildo ins Rektum befördern > Kapitel "Spieß gedreht"
Und vieles mehr…
Gesucht! Gefunden!
»Kreative BDSM-Pärchen für Interviews gesucht! Wir sind zwei Journalisten, die für ein Buchprojekt die Menschen und ihre ungewöhnlichen Sexualpraktiken kennenlernen, verstehen und darüber schreiben wollen. Je ausgefallener das ist, was ihr tut, desto schneller solltet ihr euch melden. Für die Gespräche kommen wir gerne in eurer Stadt vorbei! Der Kaffee und das Bier gehen auf uns!«
Seit 2018 wurde dieser Text von uns so oder in ähnlicher Form in zahlreichen Internetforen veröffentlicht. Es gab massenhaft Antworten!
Wir haben es (wieder) getan!
Die eine gute Nachricht über die bösen Spiele halten Sie gerade in Ihren Händen beziehungsweise betrachten Sie auf ihrem E-Book-Reader: Dabei haben wir uns nicht einmal schwer getan, aus unseren Aufzeichnungen der Interviews zum dritten Mal eine spannende Mischung persönlicher Geschichten von Menschen zusammenzustellen, die den außergewöhnlichen Neigungen des BDSM in verschiedenster Form und Farbe verfallen sind (natürlich ganz im positiven Sinne).
Die andere gute Nachricht: Wir haben uns mit den drei Bänden dieser Reihe ebenfalls weiterentwickelt. Autor Stefan war vollkommen klar, dass sein Zitat, dass er beim Schlürfen des Schaums von einem großen Cappuccino von sich gegeben hat, irgendwo auf diesen Seiten auftauchen würde: »Ich habe meine Frau beim Sex jetzt schon ein paar mal gefesselt. Und obwohl das noch nicht so richtig klappt, macht es uns schon irgendwie Spaß!«
Ihn hat der Bericht einer jungen Frau fasziniert, die sich viel intensiver auf die Stimulation ihres Partners konzentrieren konnte, wenn ihr bewusst war, dass es durch die Fesselung kein Entkommen gab. »Viele Menschen ziehen während oder kurz nach dem Orgasmus gerne weg und verschwinden aus dem Aktionsradius ihres Partners.« Sie kann nicht fliegen, wenn sie am Bett mit ausgestreckten Armen und Beinen festgebunden ist und damit muss sie das Streicheln weiter ertragen, obwohl sie längst ihren Höhepunkt überschritten hatte. »Ein irres Gefühl«, sagt sie über diese Momente. »Aber ohne die Bondage würde ich aus dem Fenster springen, wenn er mich dann weiter anfasst.«
Bondage ist – nach unserer Erfahrung – vermutlich die am weitesten verbreitete Praktik des BDSM. Fesseln halten einen Flüchte-Gern fest fixiert an Ort und Stelle. Der (dominante) Partner kann auch dann noch weiter streicheln, wenn der Höhepunkt erreicht oder überschritten ist und der andere vielleicht gar keine Lust mehr auf Streicheln hat. »Das ist definitiv ein starkes Gefühl von Macht, weil sie nicht mehr bestimmen kann, ob ich weitermachen oder wann ich aufhören soll.«
Solche Sätze kannten wir gar nicht, bevor wir die ersten Gespräche mit den sorgfältig ausgewählten Paaren hinter uns hatten – schließlich wollten wir nicht an gefährliche Spinner geraten, die uns absurde Geschichten auftischen. Und weil wir angeboten hatten, die Anreise auf uns zu nehmen (sowie Getränke und Speisen zu zahlen), haben wir bei den Mails genau hingesehen. Und können im Nachhinein stolz behaupten, dass jede Begegnung ein Erlebnis war – nicht nur in beruflicher Hinsicht, sondern wir haben wirklich nette und oft auch eindrucksvolle Menschen getroffen, die ihre Sexualität nicht nur in vollen Zügen ausleben und genießen, sondern sich darüber hinaus sehr viele Gedanken über das machen, was sie da tun.
»Natürlich misst man das eigene Leben an solchen Gesprächen.« Interviews über Drogen, Waffenhandel und mit Schwerverbrechern sorgen für eine gewissen Distanz, aber mit begeisterten Pärchen über deren sexuelle Machenschaften sprechen, die so weit weg vom eigenen Geschlechtsverkehr sind? Das macht neugierig und motiviert tatsächlich auch zum Selbstversuch (hat bei uns allerdings das Schreiben von fast drei Büchern gedauert).
Und Autorin Nummer zwei? Kurt aus Österreich hat Bianca einen klassischen, simplen Ballknebel geschenkt: Rotes Gummi am schwarzen Riemen. Dem Mann vom Bodensee war der Klassiker zu harmlos (aufwändiger Harness mit mehr Riemen, mehr Nieten und mehr Stacheln bevorzugt), außerdem hatte er schon mehrere solcher Exemplare im Schrank. Sogar Bruce Willis trägt im Film Pulp Fiction ein komplizierteres Modell mit Doppeltem Riemen im Nacken und Ringen links und rechts vom Knebel auf Höhe der Wangen. Aber der sei durchaus für den Einstieg geeignet und erfüllt seinen Zweck genauso wie aufwändigere Modelle – meinte jedenfalls Kurt. Und Bianca hat nicht abgelehnt, sondern das Stück – ohne auch später ein weiteres Wort darüber zu verlieren – mit einem unschuldigen Lächeln im Gesicht in ihrer Handtasche versenkt.
»Bei dem Film ist mir zum ersten Mal klar geworden, dass es BDSM und solche Spielzeuge tatsächlich gibt«, erzählt Bianca aus ihrem Teenager-Jahr 1994. »Und dort sah das schon brutal aus, aber auch irgendwie sexy.« Als sie diesem Spielzeug mehr als fünfzehn Jahre später wieder begegnete und es selbst in der Hand hielt, kamen die Erinnerungen von damals wieder hoch. »Auch wenn es im Film keine Sexszene war, in der das Ding benutzt wurde, hatte ich es im Kopf sofort mit Sex in Verbindung gebracht.«
Und es ist tatsächlich passiert: »Klar habe ich den Knebel ausprobiert«, sagt sie. Aber angeblich nicht beim Sex mit ihrer Partnerin. »Es ist ein schauriges Gefühl, wenn die Kiefer von dem harten Ball gnadenlos auseinander gedrückt werden«, berichtet sie vom Selbstversuch alleine in der stillen Kammer.
Es hat sich was gedreht in unseren Köpfen: Statt den Perversen mit der sachlichen Miene des neutralen Journalisten zuzuhören, stecken wir plötzlich mittendrin im wilden Spiel rund um Fesseln, Fetisch, Fisten und Flogging (Englisch für auspeitschen oder prügeln). Nebenbei: Nach Abschluss der Recherchen für eine Reportage über Hochbeete haben wir beide uns ebenfalls einen Kasten mit Kräutern auf den Balkon gestellt – auch wenn es sich dabei natürlich um eine ganz andere Liga handelt, die sich kaum mit sexueller Interaktion vergleichen lässt…
Wir sind schon beim Schreiben vom zweiten und noch mehr bei diesem dritten Buch neue Wege gegangen. Im ersten Band (böse!) noch mit viel Schrecken und dem erhobenen Zeigefinger, sind wir im zweiten Band (kink!) deutlich lockerer im Tonfall geworden, was schon an den Titeln sichtbar ist: von »böse« wie in »böser Hund« zu »kink«, das sich mit »bizarrem und/oder unkonventionellem Sex« übersetzen lässt und als ein belustigt, empörter Ausruf auf Englisch richtig gut klingt – nicht mehr nach einer sinnesschweren Form gestörter Sexualität, sondern mehr nach dem Aufruf, fröhlich und mutig mit dem Thema zu spielen.
Dieser Teil folgt einer etwas anderen Struktur als die beiden vorherigen Bände: Anfangs haben wir Themen in Kapitel gebündelt und damit größtenteils mehrere Paare unter einer Überschrift gemeinsam und teilweise bunt durchmischt zu Wort kommen lassen. Der Vorteil war, dass Themen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wurden.
In diesem Band lassen wir den Interviews mehr Platz und spendieren jedem Paar (zumindest in den meisten Fällen) ein volles Kapitel für ihre ganz persönliche Geschichte. So bleibt Zeit, auch ein wenig hinter die Kulissen der Spiele dieser Menschen zu schauen und etwas von ihrer persönlichen sexuellen Entwicklung zu erfahren. Auf der anderen Seite werden die Themen dadurch subjektiver, gewinnen aber gleichzeitig an Details und sinnlicher Tiefe.
Auf jeden Fall wünschen wir Ihnen viel Spaß beim Lesen (genauso viel, wie wir beim Schreiben hatten) und sind gespannt auf Ihre Meinung. Wie Sie Kontakt zu uns aufnehmen können (denn wir sind tatsächlich erreichbar), erfahren Sie am Ende des Buchs. Jetzt wünschen wir Ihnen aber erst einmal einen abwechslungsreichen und inspirierenden Start in die Erfahrungen netter Menschen mit ihren bösen Spielen!
> Bianca & Stefan, September 2023
Wasserspiele
Es ist nicht das, was Sie jetzt vermutlich denken werden. Dieses Kapitel handelt von Selters und nicht von dem, was im Sex-Slang als Sekt oder Natursekt (also Urin) bezeichnet wird. Stattdessen ist auf den nächsten Seiten das Gegenteil von Freischwimmer, Seepferdchen und Baywatch angesagt!
Wir treffen Daniela und Mike in der Braustube einer Traditionsbrauerei in der Altstadt von Münster. Berüchtigt ist die Gaststätte nicht wegen Bier oder Essen, sondern es sind die Tischplatten, von denen viele Besucher erzählen: In das dicke Holz haben Gäste (früher viele Studenten) ihre Namen, Daten und Sprüche geschnitzt. An der einen oder anderen Ecke sogar eine kleine Zeichnung. Die Furchen sind dunkel und speckig. Wir lesen und tasten uns Zentimeter für Zentimeter und Buchstabe für Buchstabe durch die Geschichte des Tischs und bemerken dabei nicht, dass das Paar, mit dem wir verabredet sind, schon eine ganze Weile neben uns steht, mit zwei breiten Lächeln auf den von der Kälte geröteten Gesichtern.
Der Winter ist auch hier drinnen zu spüren. Die Luft ist hitzig und feucht und der Boden zwischen den Tischen nass und mit Rollsplitt übersät. Die beiden tragen dicke Winterjacken und Mützen: zweimal rot, zweimal blau. Dazu lange Schals und Fäustlinge. Er hat auch noch einen Rucksack dabei. Unter den Jacken tragen sie gestrickte Winterpullover mit Elchen, Rentieren oder Hirschen.
Putzig, mollig und ein wenig ungeschickt sind die beiden. Daniela kegelt einen Stuhl durch die halbe Gaststube, als sie sich auf die Bank an der Wand hinter den Tisch schiebt. Mike schießt ein – zum Glück leeres – Bierglas mit der Hand vom Nachbartisch, kriegt es aber im letzten Moment zu fassen, muss sich dabei aber mit der flachen Hand auf der Brust einer Dame am Nebentisch festhalten, um das Gleichgewicht zu halten.
Slapstick in der Kneipe! Während wir das Schmunzeln mit einiger Anstrengung hinunterwürgen, machen die beiden es sich bequem und studieren zuerst ausführlich die Speisekarte, als wären wir gar nicht da. Das gibt auch uns Zeit, ein nettes Pärchen anzuschauen, die nach allem aussehen, nur nicht nach dem, was Daniela uns ein paar Monate zuvor geschrieben und mit ihrem Bericht besonders neugierig gemacht. Wieder einmal stolpern wir über die üblichen Vorurteile, wie Menschen aussehen oder sich verhalten, die sich aktiv mit BDSM beschäftigen.
Selbstgebastelte Weihnachtsgeschenke wären ein passendes Thema gewesen, das zu unserer Gruppe am Tisch gepasst hätte. Aber wir sind nicht ins Münsterland gefahren, um mit den beiden über harmlose oder gar banale Themen zu sprechen. Und weil Daniela ihre erste Mail nicht mit dem Satz »ich schreibe euch, weil…« begonnen hat, haben wir gleich eine gute Frage für den Einstieg in dieses Interview.
»Er ist kein abgebrühter Sadist«, sagt Daniela über ihren Mann, mit dem sie seit fünf Jahren verheiratet ist. Das Paar hat sich gefunden und ist ruckzuck in die Ehe gestartet. Zusammen sind sie noch keine 60 Jahre alt und auch in Sachen BDSM bezeichnen sie sich eher als Einsteiger, die mit anderen Partnern vor ihrer Begegnung keine Erfahrung gesammelt hatten.
Das gilt zumindest für Daniela. »Ich bin sowieso eher unterwürfig«, sagt sie über sich. Die Erzieherin ist ein verständnisvoller Typ. Im Gespräch zieht sie ihre Meinung blitzschnell zurück, wenn sie das Gefühl hat, jemanden damit auf die geistigen Füße zu treten. Wir können uns vorstellen, wie sie in einer rasenden Gruppe von Kindern steht und freundlich bittet, die Kleinen sollten doch bitte etwas ruhiger sein. Das wäre doch schön!
Fasziniert hat uns, mit welcher Präzision und Klarheit sie uns die Machenschaften der beiden beschrieben hatte. Und auch jetzt ist sie es, die mit ganz viel Gefühl und reichlich Details von ihrem gemeinsamen Treiben erzählt.
»Naturdevot ist kein Wort, das mir gefällt«, sagt sie. »Aber ich gehöre in die Gruppe von Menschen, die beim Sex keine großen Ansagen machen.« Daniela nimmt sich keinen Mann, weil er ihr gefällt und sie es mit ihm treiben will. Sie wird genommen – und sie freut sich darüber, wenn ihr Partner Dinge mit ihr anstellt, die vor allem ihm Lust machen.
Fühlt sie sich dabei nicht übergangen? Daniela schüttelt mit dem Kopf und lacht laut. »Mike ist ein toller Mann und er fragt sicher tausendmal, ob mir etwas Spaß macht und ob es dieses oder jenes wirklich tun soll.« Wenn sie bei diesen Fragen in sich hineinhört, dann tönt immer die gleiche Antwort tief aus ihr heraus: »Wenn es ihm Spaß macht, dann mache ich auf jeden Fall mit!« Als sie diesen Satz sagt, streichelt Mike lächelnd über den Rücken seiner Partnerin.
»Meine Frau hat andere Methoden zum Gegensteuern.« Mike unterrichtet Deutsch, Geschichte und Politik an einem Gymnasium im Umland. Er erzählt weniger überlegt, aber auch nicht weniger deutlich, über die gemeinsame Chemie, die zwischen den beiden seit Jahren heftig reagiert.
»Sie ist eine Nachteule und kann bis fünf Uhr morgens SM-Webseiten durchstöbern. Da schlafe ich schon sechs Stunden und verpasse meistens, wenn sie sich nach dem Lesen selbst befriedigt.« Und wenn die beiden es miteinander treiben, dann weiß sie immer mehr, während er durch Ausprobieren lernt. »So kann sie mich steuern«, sagt er und lacht. »Aber das stört mich kein bisschen, weil ich so merke, dass sie sich für unseren Sex interessiert.« Außerdem erfährt er so, wie weit er gehen kann oder wann er nicht weit genug geht, damit es ihr richtig Lust bereitet.
Im Zeltlager ist Mike als Teenager über seine sexuelle Vorliebe gestolpert. »Ich glaube, die meisten Menschen werden alleine mit sich und ihren Gedanken zu Sadomasochisten.« Mitten in der Nacht sind die Jungs mit Taschenlampen und Seilen ausgerüstet losgezogen, und haben die Mädchen in den Zelten überfallen und sie an Händen und Füßen gefesselt – ein Spaß, der bei Mike im Kopf viel mehr ausgelöst hatte. »Ich habe dazwischen gesessen und wie hypnotisiert zugeschaut, wie die Mädchen lachend oder kreischend versucht haben, sich von von den Fesseln zu befreien.«
Den Hogtie hatte er in dieser Nacht kennengelernt, bevor er viele Jahre später den Begriff dafür lernte: »Wir haben alle gleich festgebunden: In Bauchlage, Hände und Ellenbogen hinter dem Rücken und mit dem Rest des Seils die angewinkelten Füße nach oben gezogen und das ganze zu einem Paket verschnürt.« Bei einem Mädchen hat ein Junge das lange Seil zusätzlich um den Pferdeschwanz gewickelt, dass ihr Kopf nach hinten gezogen wurde und sie sich kaum noch bewegen konnte.
»Ich habe neben einem Mädchen Wache gehalten, der die großen Zehen zusammengeschnürt waren.« Unmengen von Hormonen fluteten seine Blutbahn, während er schweigend und nachdenklich im Dunkeln hockte, die verschnürten Körper, die Seile und die gefesselten Füße betrachtete. Mit jeder Minute wurde es stiller im Zeltlager, als die Mädchen sich der Gefangenschaft hingaben, während Mike immer erregter wurde.
»Das ist immer noch seine Lieblingsstellung«, mischt Daniela sich leise, vorsichtig und von der Seite in seinen Bericht ein. Dann schaut sie plötzlich, als hätte sie ihn unberechtigt oder gar vorlaut unterbrochen. Aber statt sie streng und dominant zurechtzuweisen, nimmt er ihre Hand, lächelt sie an und drückt ihr einen Kuss auf die Wange. Schließlich ist sie die Gegenwart seiner Phantasie. »Ohne meine Frau könnte ich meine Sexualität nicht ausleben.« Wir haben beide großen Respekt vor diesem Satz.
Aber lange bevor er sie kennenlernte, ist Mike Abend für Abend in Gedanken zurückgekehrt ins Zeltlager. »Für mich gab es für Jahre keine andere Vorstellung mehr, die mich erregte«, erklärt er. In der Zeit seiner Pubertät hat er sich damit festgefahren auf einen sexuellen Stil, der sich nicht mit jedem praktizieren lässt. »Damit habe ich mich schon früh als Außenseiter gefühlt, wenn es um Freundinnen ging.« Während seine Freunde mit dem prahlten, was sie mit ihren Mädchen machten (vorwiegend Zungenküsse und glatt gelogener Oralverkehr), hing Mike weiterhin im Traum vom Zeltlager fest.
Seine Wangen sind nicht mehr von der Kälte, aber jetzt vom dunklen Starkbier gerötet (deutlich stärker als vorher). Es fällt ihm nicht leicht, über seine Perversionen zu sprechen, vor allem, weil das eine, einschneidende Erlebnis aus seiner Zeit als Junge stammt. Aber das kräftige Bier hilft ihm, sich uns zu offenbaren. Die zweite Hälfte seines Glases schweigt er und wir sehen, wie er ein paar Minuten ganz für sich über seine sexuelle Entwicklungsgeschichte nachdenkt.
»Ich finde das unglaublich unbequem«, erklärt Daniela, wie es sich anfühlt, wenn sie in der Stellung gefesselt ist, die ihm nach wie vor am besten gefällt. »Durchblutung von Armen und Beinen ist nur noch Glückssache, und an die wichtigen Stellen kommt er dann auch nicht mehr dran.«
Einleuchtend: Hogtie ist in der digitalen Bondage-Welt überall präsent. Wer unterschiedliche Wörter in die Suchmaschine tippt, die mit Fesselungen zu tun haben, kriegt genau das zuallererst zu sehen. Frauen sind von oben bis unten verwickelt in Seile und Riemen. Stöckelschuhe und Ballknebel runden die Hochglanzbilder ab. Das Gesicht im Vordergrund, die Seile und die gefesselten Beine am anderen Ende mit den High-Heels im verschwommenen Hintergrund geben ein eindrucksvolles Motiv ab.
Fummeln, anfassen oder penetrieren ist in dieser Stellung aber völlig unmöglich. Die Knie sind eng aneinander gedrückt, die Vorderseite der Dame liegt flach und unerreichbar auf Bett oder Boden, Seile und Beine laufen hinten (oben) über das Gesäß und verbarrikadieren auch dort den Zugriff auf das Zentrum der weiblichen Lust.
»Ich wiege fast neunzig Kilo«, gibt Daniela zu. »Da ist dann zusätzlich die eine oder andere Speckrolle ihm Weg, was bei einem hageren Modell eher nicht der Fall ist.« Ihr empfindliches Gewebe ist ein weiterer Grund, der das Spiel mit den Seilen erschwert: »Wenn er mich zu fest bindet, habe ich ganz schnell blaue Flecken oder große Blutergüsse.« Bei Spielen während der Sommerferien musste sie schon öfters spießige Bademode nachkaufen, um überhaupt noch am Pool oder am Strand liegen zu können.
Beide Probleme auf einmal zu lösen hat nicht funktioniert. Eine bequeme und offene Bondage wollte ihnen nicht gelingen. Dann hatten beide die Idee, dass sie ihr Spiel wenigstens von Boden oder Matratze befreien wollten. »Wir haben uns für einen Shibari-Workshop angemeldet und sind dafür extra für ein Wochenende nach München gefahren.«
Mike hat schon davor Haken in die Decke geschraubt. Die Hängebondage sollte ihm eine bessere Erreichbarkeit ihrer Geschlechtsteile ermöglichen. In der Raumfahrt werden riesige Raketen eingesetzt, um der Gravitation zu entkommen. Und auch im Schlafzimmer ist das ein nicht weniger anstrengendes Unterfangen: Selbst mit »reichlich« Seilen brach sie jede Form des »schwebenden Luders« (eigentlich Schwebende Jungfrau) nach ein paar Minuten ab – atemlos oder wegen zu starken Schmerzen in unterschiedlichen Teilen ihres Körpers. »Vermutlich bin ich einfach zu schwer oder zu empfindlich für diese Akrobatik.«
Ihr Mann ist nicht der gnadenlose Sadist, der trotzdem weitermacht und sie heulend (oder geknebelt und gedämpft heulend) weiter von der Decke hängen lässt. »Ich will, dass sie spürt, machtlos zu sein«, erklärt er. »Ich will nicht, dass sie es unbequem dabei hat.« So wechselten die beiden von scharf-schneidenden Seilen zu weicheren Riemen und später zu breiten Lederfesseln. Sogar eine Liebesschaukel haben die beiden angeschafft, um mehr Flexibilität und Freiheit in unterschiedlichen Fessel-Stellungen zu bringen.
Die Lösung für die gravierenden Schwierigkeiten beim Spiel entdeckten sie eher zufällig beim Ausflug in ein Freizeitbad: »Im Whirlpool haben wir geknutscht und er hat mich wie schwerelos auf den Armen getragen.« Aber die Vorstellung vom Spiel im Bad schien schwierig umsetzbar zu sein: »Unsere Badewanne ist zu klein und wir konnten uns ja schlecht nachts über den Zaun ins Freibad schleichen.«
Aufgeben war keine Option für die beiden: Mit weißen Kabelbindern, die er unter seinen Badeshorts versteckt hatte, sind sie nochmal losgezogen ins Freizeitbad und dort direkt in den Whirlpool. »Wir dachten, die Luftblasen würden verbergen, was wir vorhatten.«
Immerhin hatte Mike es geschafft, seiner Daniela im Blubberwasser die Hände auf den Rücken zu fesseln und sie ein wenig zwischen den Beinen zu streicheln. »Aber es war an dem Tag einfach zu voll«, erzählt Daniela von dem abenteuerlichen Ausflug. »Wir hatten keine Chance, zusätzlich die Beine zu fesseln.« Was ihr Scheitern noch schmerzhafter machte: Die beiden hatten endlich eine Lösung gefunden, Daniela bequem und schwerelos zusammenschnüren zu können. »Zwischendurch waren wir höchstens ein paar Minuten alleine, bevor die nächsten Badegäste zu uns in den Pool stiegen.« Zwei höflich gequälte Lächeln, um die neue Gesellschaft zu begrüßen.
Wasser war die klare Lösung! Den nächsten Versuch startete das Paar bei einem Wochenendausflug nach Österreich. In einem Tal in der Nähe des Wörthersees hatte Mike ein Wellness-Hotel aufgetan, das sowohl ein Schwimmbad als auch Hot-Tubs auf den Terrassen der Zimmer hatte. »Ein teures Vergnügen«, erklärt Daniela und rollt mit den Augen. Trotz aller Lust und Vorfreude blieb es bei Wellness, denn das Schwimmbad wurde abends geschlossen und die Terrasse hatte zwar Sichtschutz nach links und rechts, aber wo tagsüber der Blick auf die Alpen wie ein Poster aus dem Fotokatalog zu sehen war, gähnte in der der Nacht ein schwarzes Loch.
»Schon angezogen habe ich mich in dem Zimmer mit offenen Vorhängen beobachtet gefühlt«, berichtet Daniela. Draußen bei Dunkelheit sei es noch schlimmer gewesen. »Außerdem hatte der Bottich einen Rand aus Holzlatten, die messerscharf waren.« Sie hatten geplant, dass er sie erst fesselt und dann ins Wasser hebt. Aber da hätte Mike seine Frau niemals ohne Schrammen drüber heben können.
Wieder zu Hause angekommen, bezahlten sie über fünfhundert Euro für einen aufblasbaren Whirlpool. Eine zeitlich passende Investition, denn wegen Corona saß das Paar – wie der Rest der Republik auch – in Corona-Quarantäne fest. Mike tackerte Schilfmatten an die Hauswände und die Pergola, so dass sie im warmen Wasser unbeobachtet und unter sich waren.
»Das war das erste Mal, dass wir in aller Ruhe experimentieren konnten.« Statt mit harten Kabelbindern wickelte er sie mit weichen Seilen aus Baumwolle zusammen und hielt sie im Wasser mühelos auf einer Hand mit dem Gesicht immer knapp über der Oberfläche. »Immer nahe am Untertauchen zu sein, war ein zusätzlicher Kick.« Sie atmete feuchtwarme Luft und Tropfen sprizten in ihr Gesicht, so dass sie kaum etwas von ihrem Partner sehen konnte. »Dafür spürte ich die Fesseln und seine Hände überall an meinem Körper.«
Außerdem konnte er sie fester zusammenschnüren als im Trockenen. Der Auftrieb entlastete ihren Körper und selbst ein wirklich fester Hogtie wurde erträglich. Aber so viele neue Spielarten das warme Wasser ihnen bot, hatten es auch ein paar Nachteile: »Ich musste unglaublich aufpassen, dass sie nicht mit dem Gesicht unter die Wasseroberfläche rutschte.« Wenn er mit ihren Füßen beschäftigt war oder beide Hände brauchte, um ein Seil zu knoten, wurde es kompliziert, weil er sie gleichzeitig mit Mund und Nase an der Luft halten musste. Außerdem konnte er nur langsam und vorsichtig seine Position wechseln, ohne dass er sie gleich unter Wasser zog oder eine von seinem Oberkörper erzeugte Welle über ihr Gesicht rauschte.
»Zuerst haben wir mit einem Reisekissen experimentiert.« Sie trug den U-förmigen, aufblasbaren Kragen am Hals. So blieb ihr Kopf meistens über Wasser, wobei auch damit eine Drehung nicht möglich war. Ganz im Gegenteil: Schwamm sie mit dem Hörnchen-Kissen bäuchlings im Wasser, konnte sie nicht einmal den Kopf heben, um wenigstens etwas Luft zu erhaschen. »Einmal wäre das fast richtig schief gegangen.«
Die zweite Lösung aus dem Sportgeschäft funktionierte besser: Daniela trägt nun eine klare Schnorchelmaske, mit der sie mehr sehen kann und auch ein paar Sekunden unter Wasser kein Problem mehr sind. »Das Atemrohr hat ein Sicherheitsventil, das sich schließt, sodass kein Wasser reinlaufen kann«, erklärt Mike. »Das Teil erinnert außerdem an eine Gasmaske, die wir mal in einem Fetisch-Video gesehen haben.« Das Paar ist mit dieser Lösung in jeder Hinsicht zufrieden.
Ungelöst sind weiterhin kleinere Probleme mit Fessel-Zubehör und der wässrigen Umgebung: Die Knoten in den Baumwollseilen lassen sich im nassen Zustand kaum lösen. »Ich habe sie schon öfters mit dem Teppichmesser befreien müssen«, erzählt Mike. Einmal wollte er sie über die weiche Kante des Pools ans trockene Ufer heben, wobei durch ihr Gewicht die Gummiwand so lange nach unten gerückt wurde, dass der Pool nachher nur noch halb voll mit Wasser war. »Was für eine Energieverschwendung!«
Der Pool war perfekt. Daniela und Mike wagten sich an neue Experimente, die aber teilweise unerwünschte Nebenwirkungen zeigten: Die Metallklammern für Nippel und Schamlippen fielen dem Rost zum Opfer. »Mittlerweile föhnen wir die Sachen nach dem Spiel, damit sie nicht oxidieren und wir sie öfter als einmal benutzen können.« Und auch viele Vibratoren versprechen, wasserdicht zu sein, sind es aber bei längerem Gebrauch unter Wasser nicht. »Zum Glück sind da nur Batterien drin, sonst wären wir längst an einem Stromstoß gestorben«, scherzt Mike.
Mittlerweile gehen die beiden mit einem Teewagen vom Flohmarkt baden. »Der hat genau die richtige Höhe, dass sich ihr Körper beim Hogtie knapp unter der Wasseroberfläche befindet.« Und genauso, wie er es als Teenager im Zeltlager gesehen hat, bindet er ein Seil um ihren Pferdeschwanz, um daran den Kopf nach hinten und oben zu ziehen, damit der knapp über dem Wasser gehalten wird – gerade so viel, dass sie noch durch Mund und Nase atmen kann, solange er keine zu großen Wellen macht. »So kann ich sie mit beiden Händen überall anfassen, ohne ständig aufpassen zu müssen.«
Auf den völlig zerschnitzten Tischplatten suchen und finden die Hände der beiden immer wieder zusammen, auch wenn sie sich für den nächsten Schluck aus einem Glas kurz voneinander trennen müssen. Wieder einmal sind wir erstaunt, wie groß die Lücke zwischen privater Perversion und dem ganz normalen Alltag eines etwas fülligen und etwas gemütlichen Paares ist. Obwohl wir uns anstrengen, können wir uns die beiden nicht in den Szenen vorstellen, von denen sie erzählen.
Nette Menschen! Der Titel dieses Buchs ist bei diesem Treffen Programm wie sonst nur selten. Der Krach der Gaststätte und das pikante Thema erschweren unser Gespräch, das sich – eigentlich wie immer – bis kurz nach Mitternacht hinzieht. Wir verlassen das Lokal, als die Bedienungen versuchen, den Rollsplitt mit dem Mob zusammenwischen und die letzten leeren Gläser von den verlassenen Tischen fischen. Draußen reden wir ein paar Minuten weiter, denn das Paar hat Pläne, das aufblasbare Becken gegen einen größeren, festen Whirlpool auszutauschen. »Der hätte dann auch eine Liegefläche, die genau die richtige Tiefe hat.« Dann müsste Mike den Teewagen auch nicht mehr mit Schutzlack gegen Rost einpinseln. »Die Farbe von dem Zeugs ist grässlich«, fügt Daniela dem Thema hinzu.
»Schlagen wäre schön«, sagt Daniela und ihr Atem fliegt als weißer Nebel die Straße hinunter. Der Synthetikstoff der Thermojacken raschelt von den Bewegungen der Personen, die darin warm eingewickelt sind. Wir denken an eine Szene aus einer Jules-Verne-Verfilmung, in der Taucher auf dem Meeresgrund in Zeitlupe spazieren gehen und kaum das Gleichgewicht halten können. »Würde ich ihre Füße über der Wasseroberfläche verprügeln, besteht wieder das Risiko, dass uns einer der Nachbarn vielleicht doch sehen könnte.« Auch wenn um den Pool jede Menge Sichtschutz angebracht ist, findet ihr Spiel verborgen im warmen Blubberwasser statt.
»Unser Spiel entwickelt sich weiter«, sagt Daniela. »Im Wasser zu spielen ist ein tolles Erlebnis, aber es hat eben auch seine Grenzen.« Wir spüren den Wunsch des Paares, mal wieder ins Trockene zu wechseln. Es ist vor allem Mike, der sich mit jeder Session weiter von seinen Zeltlager-Erinnerungen löst. »Es war ein wunderschönes Erlebnis«, sagt er. »Aber irgendwann muss man sich davon loslösen und neuen Erlebnissen zuwenden, sonst hängt man sein Leben lang einer uralten Erinnerung hinterher.« Dabei schaut er verliebt zu seiner Daniela hinüber. Sie hilft ihm, die eigene Erregung auf die Beziehung zwischen den beiden zu übertragen und neue, aufregende Schritte zu gehen.
»Wir wollen demnächst mit Klemmen experimentieren, die durch Schrauben zusammengedrückt werden können.« Ob die rostfrei sind, wird sich nach dem ersten Bad im warmen Wasser zeigen. »Strom haben wir auch schon überlegt, aber bekanntlich leitet Wasser den sehr gut«, sagt Mike. Deswegen haben die beiden Experimente mit Elektroschock-Geräten fürs Erste verworfen. Irgendwo glüht doch noch der Wunsch, mal im Trockenen zu spielen. »Da könnten wir schon ganz andere Sachen machen.«
Wir staunen über die unglaubliche Offenheit, die beide uns während des ganzen Gesprächs entgegengeschleudert haben. Würden wir so offen über unseren Sex reden? Würden wir nicht!
Auch beim Abschied nehmen sie kein Blatt vor den Mund, denn für Daniela und Mike ist das Gespräch hier draußen auf der verlassenen Straße zwischen den hübschen, alten Häusern von Münster für immer und ewig beendet: »Falls wir uns irgendwann wiedersehen, tun wir einfach so, als würden wir uns nicht kennen!«
> Daniela (devot) & Mike (dominant), Münster
Von der Rolle
Schon im ersten Buch (böse! Gespräche über kreative Spiele zwischen Dominanz und Demut) wollten wir ein Kapitel über Rollenspiele schreiben, weil wir viel davon bei unseren allerersten Recherchen im Internet gelesen hatten. Das Rollenspiel verlässt die Welt der Spielzeuge und Kostüme. Es findet zum Großteil in den Köpfen der Beteiligten statt. Wir können Könige sein und Diebe, entführte Prinzessinnen und wagemutige Drachentöter. Und weil es beim reinen Rollenspiel nichts zum Schauen oder zum Anfassen gibt, kann es weit über das Vorstellbare (und Machbare) hinausgehen.
Leider war in den Interviews von ganz abgehobenen Vorstellungen wenig zu hören. Selbst Cowboy und Indianer oder Räuber und Polizist in sadomasochistischer Form sind uns nie und nirgendwo begegnet, obwohl solche Kinderspiele bestimmt prägende Erfahrungen sein können, die ins erwachsene Sexualverhalten mitgeschleppt werden. Öfters hörten wir von Menschen, die sich gegen größere Brüder oder Freunde behaupten mussten oder Mutproben absolvierten, die zum lebenslangen Begleiter wurden – und gelegentlich in BDSM-Spielen der Erwachsenen mündeten.
Wir sind überzeugt, dass die Geschichte von Siegfried und Brünnhilde (aus dem Nibelungenlied: sie hängt Gunther nachts gefesselt an die Wand, um in Ruhe schlafen zu können) in irgendeinem Schlafzimmer da draußen aufgeführt wird. Deswegen wollten wir auf das Thema auch nicht verzichten.
Nicht, um dem Leser die romantische Geschichte vom Stadtmädchen und dem Ziegenhirten zu erzählen, in der er sie übers Lederhosen-Knie legt und mit ein paar frisch geschnittenen Stöcken den Hintern im Spitzenhöschen versohlt. Sondern weil Rollenspiele Gipfel und Grauzone der BDSM-Szenarien darstellen. Rollen werden dann gespielt, wenn die Phantasie so drastisch ist, dass sie nicht mehr in die Tat umgesetzt werden kann oder darf.
Der moralische Untergrund dieser Vorstellungen ist häufig wachsweich. Der Grundsatz »pervers ist es erst, wenn keiner mehr mitmacht« verschwindet im Nebel, weil beim Rollenspiel natürlich nur so getan wird, als ob… Im Bericht einer professionellen Domina auf einer Videoplattform hat sie vor laufender Kamera erklärt, dass ihr sogar strafbare Themen im Tausch gegen Geld vorgeschlagen wurden. Bei Recherchen im Internet sind wie ebenfalls auf (seltsame) Berichte gestoßen, wo vorwiegend Männer unerlaubte Phantasien mit (ihren) Frauen im Rollenspiel auslebten.
Niemand hat uns etwas offenbart, das moralische Grenzen so deutlich verlassen hätte. Dennoch haben wir den Mut unserer Gesprächspartner oft bewundert, weil sie sich auch mit außergewöhnlichen Wünschen ihrem Partner und auch uns anvertraut haben.
Mit dieser Ehrlichkeit muss professionell umgegangen werden. Wenn wir über etwas schreiben, dann sollte es neutral dargestellt werden (weder lächerlich noch dramatisch überzogen) – auch dann, wenn es unseren moralischen Rahmen oder den unserer Leser verlässt.
Beispiele gefällig? Ein Ehemann hatte den Wunsch, dass seine Frau ihm beim Spielen in den Hals kacken sollte (im Kapitel "Hart" in böse!). Sie erklärte uns (und ihm), sie würde sich für immer und ewig weigern, ging aber immerhin beim Dirty-Talk und mit körperlichen Andeutungen auf seine Phantasien ein. Seit Jahren erregt sie ihn, indem sie mit Worten seine Gedanken auf Hochtouren bringt und immer wieder mit dem nackten Hintern auf seinem Gesicht Platz nimmt.
Eine junge Frau aus München brauchte mehrere Monate, um ihren Freund zu entlocken, wie er sie am besten durchkitzeln sollte, um davon sexuell erregt zu werden (im Kapitel "Kitzelnerven" in kink!). Obwohl sie versuchte, seinen Gedanken so exakt wie möglich zu realisieren, konnte sie den Nerv nie richtig treffen. »Er hatte in seinen Träumen einfach eine falsche Vorstellung davon aufgebaut, wie so etwas abläuft.« Trotzdem war er glücklich mit dem, was sie ihm bieten konnte.
Um besser zu verstehen, wie und warum Menschen über Dinge sprechen, die sie sonst nur denken, ist unsere erste Anlaufstelle die Jungdomina Mona aus Berlin. Auf dem Rückweg von einem der letzten Interviews machen wir erneut einen Abstecher in die Hauptstadt und haben aus vorigen Erfahrungen mit Mona vorsorglich ein Hotel gebucht.
Mona ist leidenschaftlich, fast besessen von ihrem Beruf. Sie nimmt ihre Kunden ernst und setzt sich intensiv mit dem auseinander, was sie an fünf bis fünfzehn Tagen und Nächten pro Monat in verschiedenen Studios in Berlin und auch anderswo in Deutschland und in der Schweiz für zahlende Männer inszeniert. Ist sie erst einmal in Redelaune, dann stoßen selbst die lockeren Regeln für Sperrstunden in Berlin an ihre Grenzen. Außerdem haben wir bei ihr keine Chance, alkoholfreie Getränke zu bestellen. Er wird also immer spät und lustig.
Mona ist auffallend hübsch (knapp über zwanzig Jahre alt laut ihrem Internetprofil, aber geschätzt knapp vor dreißig, wenn man genau hinschaut). Mit diesem Aussehen und einem strahlenden Charakter hat sie – bei weiblichen wie männlichen Bedienungen – immer das erste und das letzte Wort. Der Vorschlag für die erste Getränke-Runde kommt von ihr und sie nimmt auch letzte Korrekturen vor und lässt das Mineralwasser streichen, wenn wir versuchen, aufrecht gehend den Abend beenden zu wollen.
Beim letzten Treffen hat sie mehrfach Wodka mit Gurkenscheiben im Kupferbecher (Moscow Mules) geordert. Eigentlich nichts für unsere sensibel-kreativen Schreibergehirne, aber zum Glück gibt es digitale Diktiergeräte, die dann übernehmen, wenn die Hand-Motorik durch den Alkohol langsam den Geist aufgibt.
Mit frischen Batterien im Diktiergerät und dem Vorsatz, uns das Wasser nicht von der Bestellung streichen zu lassen, treffen wir Mona in einem Café an einem großen Kreisverkehr in Kreuzberg. Rote Bänke aus Plüsch und dunkelgrüne Sessel aus dem gleichen Stoff füllen den Raum. Wir suchen einen Tisch im hinteren Teil der Bar, dessen Wände mit Rohrschach-Mustern beklebt sind, die beim Überschreiten der ersten oder zweiten Promille-Grenze vermutlich zum Leben erwachen. Vielleicht ein guter Test, wie weit die junge Frau uns diesmal treiben wird.
Mona hat einen freien Tag und überrascht mit einem für sie unüblichen Outfit: Jeans und Batik-T-Shirt, außerdem barfuß in ausgetretenen Sneakers statt wie sonst in einem engen schwarzen Kleid, Business-Outfit und auf jeden Fall Schuhe mit reichlich Absatz.
Bei einem weiteren Treffen – Kapitel "Alte Schule" weiter unten in diesem Buch – hat sie sogar einen Sklaven (Kunden) dabei, der sich nach unserem Gespräch ein wirklich schmutziges Geschäft von ihr erhoffte.
Highballs für alle – ein eher harmloses Getränk, das bei der Hitze des trockenen Berliner Sommers allerdings zu schnell getrunken wird. Der Mixer verwöhnt seine Gäste mit einer großzügigen Mischung mit viel Alkohol. Jeder Schluck schmeckt wie ein Schluck direkt aus der Wodkaflasche. Worüber andere Gäste sich freuen, ist ein Nachteil für uns, wenn wir dem Gespräch lange aufmerksam folgen und den nächsten Morgen ohne Kopfschmerzen erleben wollen. Unser Glück, dass Mona zusätzlich eine Karaffe mit Wasser geordert hat. So verlagern wir das Stillen unseres Durstes auf die kleinen Gläser.
Machst du auch Rollenspiele? Für Mona ist das die Alarmfrage schlechthin. »Die großen Studios haben Themenzimmer, in den neunzig Prozent der Vorlieben ausgelebt werden können.« Räume im Barock- und Bordellstil für klassische Huren- und Konkubinen-Szenarien. Kerker, Folterkammern und Kliniken für die eher typischen SM-Vorlieben. »Manche Studios haben spezielle Ankleidezimmer für Lack und Leder, in denen jeder Fetischist voll auf seine Kosten kommt.« Dabei geht es nicht nur um das Anziehen. »Ich habe viele Kunden, die kann ich kniend zwischen den aufgehängten Kleidern parken und sie sind mehr als glücklich, wenn sie eine Weile nichts als schnüffeln und anfassen können.«
»München hat ein Studio, in dem gibt es einen Strassenstrich und eine Riesen-Vagina für Geburtsspiele.« Wir müssen schlucken, während Mona munter weiter plaudert und die Sonderausstattungen spezieller Studios auflistet. Während das voll-gekachelte Bad heute zum Standard eines Studios gehört, finden Kenner bei intensiver Online-Suche auch Gummizellen, Bestattungszimmer (Mona zeigt uns das Foto eines Altars, auf dem ein leerer Sarg aufgebahrt ist), Leichenhallen und Obduktionsräume. »Ich habe mal mit einem Studiobetreiber gesprochen, der einen Opfertempel und sogar einen Friedhof nachbauen wollte.« Wobei solche Pläne nicht für ein paar exotische Vögel gedacht sind: »Der Wunsch, lebendig begraben zu werden, ist gar nicht so selten.«
Wer nicht einmal in dieses sehr breite Spektrum der BDSM-Vorlieben und Fetische passt, der fragt Mona (oder eine andere Domina seiner Wahl) nach Rollenspielen. »Diese Männer haben Phantasien im Kopf, die sich nicht verwirklichen lassen.« Mona pustet tonlos Luft aus den gespitzten Lippen. Eigentlich müsse man zwischen zwei Typen von Wunschvorstellungen unterscheiden: »Die harmlose Sorte Kunden weiß nicht, was ich alles machen kann, und rückt deswegen nicht mit der Sprache raus, weil sie Angst haben, ich wäre mit einem Vorschlag überfordert oder hätte keine Lust drauf«, erklärt sie.
Machbare Wünsche werden von der Berlinerin sofort und hemmungslos verwirklicht: »Ein Kunde hat sich immer vorgestellt, seine Frau würde ihn nachts gefesselt vor der Tür des Studios abstellen, die Klingel drücken und sich aus dem Staub machen.« Zusammen mit einer Kollegin haben sie ihm das Spiel so realistisch wie möglich gestaltet. »Leider ist er aus dem Wagen gefallen, als wir die Kofferraumklappe aufgemacht hatten«, berichtet Mona. Das Gespräch wird von einer Minute Gelächter unterbrochen. Nachdem wir uns die Tränen aus dem Gesicht getupft haben, redet Mona weiter: »Wir dachten, er hätte sich alle Knochen gebrochen, dabei fand er es geil, dass wir so hart mit ihm umgesprungen sind.«
»Die zweite Sorte rückt am Telefon meist nicht sofort mit der Sprache raus, weil sie wissen, dass sie sich auf moralisch dünnem Eis bewegen.« An dieser Stelle wird die Domina zur Psychologin und hat oft selbst die Qual der Wahl: »Die meisten legen auf, ein paar reden sich raus und legen dann auf, einige haben nicht genug Mut, die Wahrheit zu sagen, was dann eine harmlose aber für den Kunden vermutlich unbefriedigende Session wird und der kleine Rest hat irgendwas auf Lager, bei dem sogar ich blass werde.« Mona verzieht das Gesicht. »Es ist immer schwierig, wenn ich raten muss.« Auch die anscheinend allmächtige Herrin kann nicht in den Kopf eines Sklaven schauen.
Dann tischt die Domina Deftiges auf: Klassiker unter den Rollenspielen seien – bitte nicht erschrecken – Schlachtungen, Kannibalismus, Kastration, Kreuzigungen, Amputationen… »Ein Kunde wollte gerne von innen nach außen gekrempelt werden«, schließt sie die Auflistung ab. Analprolabs ist der Fachbegriff für den (eigentlich gefährlichen) Austritt des Mastdarms aus dem Rektum, der seit ein paar Jahren gerne in der Pornoindustrie praktiziert wird, weil diese Bilder irgendwo zwischen furchteinflößend und erschreckend rangieren. »Ich muss ihm regelmäßig meine Hand oben wie unten so tief wie möglich reinschieben. Aber das meiste davon spielt sich in seinem Kopf ab.«
Wir bitten Mona höflich, unsere Schreibblöcke nicht mit weiteren Beispielen zu füttern. »Es gibt reichlich Dominas, die so etwas machen, weil sie Rollenspiele tatsächlich harmloser finden als richtiges Schlagen.« Mona ist da rigoroser: »Wenn es mir keinen Spaß macht, dann mache ich es auch nicht«, sagt sie nach einer kleinen Denkpause. »Und wenn es moralisch nicht in Ordnung ist, sage ich dem Mann das auch ganz deutlich und er kann wieder gehen.«
Es gibt aber auch lustig: »Er hatte sich als ganz normaler Kunde angemeldet«, beginnt Mona die nächste Kunden-Geschichte. Eine der schrägeren Anfragen saß ihr im letzten Jahr im Studio gegenüber, ohne sich telefonisch angekündigt zu haben.
»Der Mann wollte gerne unsichtbar sein«, erzählt Mona. Bei der Erinnerung an den ungewöhnlichen Termin muss sie selbst lachen. Wir gönnen uns eine Sprechpause, um den Alkoholpegel in unserer Blutbahn mit den frisch-servierten Highballs weiter zu erhöhen. »Er wollte sich nackt auf den Boden ins Studio legen und ich sollte über ihn drüber laufen, Zigarettenasche auf ihn schnippen, mich über sein Gesicht stellen, dass er gucken konnte.« Die erfahrene Domina ahnte, dass mehr dahinter stecken könnte. Aber der Kunde ruderte fast eine halbe Stunde mit vagen Argumenten herum, ohne etwas wirklich Greifbares von sich zu geben. »Irgendwann weißt du genau, dass einer dir etwas verschweigt.« Menschenkenntnis ist eine unbezahlbare Zugabe in diesem Job.
Und dann kam der Teil, den Mona irgendwie schon erwartet hatte: »Er gestand mir dann, dass er so unsichtbar immer in meiner Nähe sein wollte. Er wollte sehen, wie ich andere Kunden dominiere, er wollte hinten im Auto mitfahren, er wollte in der Ecke kauern, wenn ich unter der Dusche stehe oder auf dem Klo sitze.«
Gefühlt bettelt jeder zweite Kunde um eine devote Festanstellung. »Am Telefon hätte ich den sowas von abblitzen lassen«, sagt sie. Die Domina ignorierte den Antrag und spielte eine Stunde mit, war mit den Gedanken aber woanders: »An dem Abend bin ich mit einem unguten Gefühl aus dem Studio gegangen. Es hätte mich nicht gewundert, wenn der Kerl mir aufgelauert hätte.« Glücklicherweise blieb er – wie er es sich gewünscht hatte – komplett unsichtbar und meldete sich bei der jungen Berlinerin auch nie wieder. »Kann aber auch schiefgehen«, meint die junge Frau. »Ein ziemlich großes Berufsrisiko!«
Laut Mona sind solche Annäherungsversuche nicht unüblich. »Mir hat ein Kunde schon angeboten, seinen Job zu kündigen und seine Familie zu verlassen, wenn ich ihn als Langzeit-Sklaven annehme.« Viele Rollenspiele drehen sich um die Gunst der Herrin. »Das Sklaven-Bewerbungsgespräch ist Sieger unter den Rollenspielen«, schätzt Mona. »Und die Hintergedanken dazu sind klar.« Männer hoffen auf die wirkliche Gunst der unwirklichen Damen und glauben, auf diese Weise den Grundstein für eine lange und glückliche Beziehung zu legen.
»Die wollen manchmal gar nicht verstehen, dass das Studio nicht meine Wohnung und die Männer nicht meine Freunde oder Partner sind.« Wenn bei einem Geschäft Emotionen im Spiel sind, kann es zu solchen Missverständnissen kommen. »Bei Terroristen wird das als Stockholm-Syndrom bezeichnet«, sagt die Frau, kichert und leert ihr halbes Glas mit einem Zug. Mittlerweile haben wir uns gewöhnt an Monas drastische Vergleiche.
> Mona (Domina), Berlin
Ferocious (aus dem Englischen übersetzt »grausam«) können wir gar nicht oder nur mit der Aussprache eines Betrunkenen von uns geben. »Einfach Luzi«, sagt Lady Luzi Ferocious. Wir sind entzückt (nicht beeindruckt, nicht erstaunt). Die zierliche, blond-gelockte Frau ist professionelle Domina in Hamburg, arbeitet allerdings nicht im Rotlichtviertel auf der Reeperbahn, sondern bedient ihre Kunden in einem Studio im Süden der Stadt – weit weg von jeder Hafen- und Bordell-Kulisse. Außerdem geht sie regelmäßig auf Tournee kreuz und quer durch Europa. Gefragt scheint untertrieben, wenn wir den Worten der durch und durch gestylten und trainierten Frau glauben wollen.
»Domina ist meine einzige Beschäftigung«, erklärt sie sachlich. »Davon kann man leben und man hat immer was zu erzählen.« Luzi macht kein Geheimnis aus ihrem Job. Freunde und Bekannte wissen angeblich, was sie tut. »Bei Männern ist das manchmal schwierig, weil die sofort auf Machtspiel umschalten oder glauben, ich würde es mit jedem treiben«, sagt sie. Ihre Freundinnen nehmen es dagegen alle locker und haben kein Problem mit dem eher ungewöhnlichen Job. »Ausser meine heimlich-devoten Mädels, die alle auf eine Gratis-Session hoffen.«
Ihre Mail ist uns fast ein Jahr vorher aufgefallen, weil sie sich in einem langen Text darüber ausgelassen hatte, dass es zu viele Männer gibt, die zu ausgefallene Wünsche haben, die nicht mehr im »Grenzbereich« liegen. Luzi ist die Elbe flussaufwärts aufgewachsen. Zu DDR-Zeiten war die Kleinstadt Lauenburg eben genau so ein Grenzbereich, den sie noch als Kleinkind erlebt hatte: »Vom Büro meines Vaters konnte er ins andere Deutschland schauen«, erzählt sie.
Drei Espresso Martini stehen vor uns auf dem polierten Tresen (Wodka und Espresso werden mit reichlich süßem Kaffeelikör vermischt, damit dieser sogenannte New Era Drink genießbar wird). Dahinter an der Wand posiert ein vergoldeter Löwe. Das Ambiente ist elegant, edel und ruhig in dieser Bar, die sich in einer Seitenstraße einen Steinwurf vom Hamburger Rathaus entfernt befindet. Draußen taucht die Mischung aus Weihnachtsbeleuchtung und reichlich Regen die Häuser in goldene Lichtspiele. Was von innen betrachtet hübsch aussieht, ist in Wirklichkeit nass und bitterkalt.
Luzi sorgt nicht nur mit ihrer quirligen Art für Unruhe. Sie kommt direkt aus dem Studio und trifft eine halbe Stunde zu spät ein. Uns bleiben neunzig Minuten, bis die Bar schließt. Und wir wollen das Gespräch bei diesem Wetter auf keinen Fall im Freien weiterführen.
Schon bei der Begrüßung fällt uns auf, dass ihr an beiden Händen ein paar falsche Nägel fehlen. »Ist ein Job, der Kraft und Körpereinsatz verlangt«, beantwortet sie die Frage, die wir gar nicht erst laut stellen müssen. »Letzten Monat hatte ich Zerrungen in beiden Schultern und davor habe ich mir den Knöchel verstaucht, weil ich zu hohe Schuhe getragen hatte.«
Mit den Kunden sind professionelle Damen scheinbar behutsamer als mit sich selbst: »Alle Dominas lehnen Verletzungen jeder Art ab.« Die juristische Haftbarkeit und das Risiko von Klagen und Anzeigen sei einfach zu groß. »Schon Striemen auf dem Rücken können bei verheirateten Männern zum Problem werden«, erzählt sie. »Andererseits ist der Wunsch nach richtig brutalen Spielen gigantisch.« Wir brauchen ein paar Minuten, um uns an die superlative Sprache von Luzi zu gewöhnen.
»Was mich wirklich super-nervt, sind Männer, die ihre ganz irren Kopf-Spiele mit mir durchziehen wollen, obwohl sie wissen, dass das alles übersteigt und ich es auch nicht mitmache.« Das Online-Profil regelt bei ihr – wie bei vielen anderen professionellen Dominas auch – das Angebot und die Tabus. »Und das ist wirklich ehrlich gemeint, obwohl viele denken, es sei eine Frage der Verhandlung oder der Sympathie.«
Luzi spielt beispielsweise gerne die strenge Lehrerin oder die gehörnte Ehefrau, die sich mit reichlich Prügel an ihrem Mann rächen will. »Von solchen Sachen träumen gut zwei Drittel der Männer.« Obwohl fast alle Kunden von ihr die Standard-Session wollen, denken sich vermutlich einige etwas anderes dabei.
»Ich habe einen Kunden, der mich Mama oder Mutter nennt, wenn ich ihm im Latexkostüm den Hintern versohle.« Normalos schalten üblicherweise das Licht aus, machen die Augen zu und schweigen beim Denken, wenn sie den Sex in ihre Phantasie-Welt befördern.
Im Gegensatz dazu schauen viele Dominas tief in die Seele ihrer Kunden. »Wer das nicht aushält, sollte den Job nicht machen«, meint Luzi. »Ich bin auch komplett völlig abgebrüht«, erklärt sie. »Ich versuche in den meisten Fällen zu verstehen, woher solche ungewöhnlichen Vorlieben und Vorstellungen kommen, besonders dann, wenn der Kunde sehr schräge Wünsche äußert.«
Ein Stammkunde von ihr will am Anfang der Session – nur gespielt – zu Tode stranguliert werden. »Dann vergreife ich mich eine Stunde an einer gespielten Leiche«, versucht die junge Frau zu scherzen, sieht aber an unseren erschreckten Gesichtern, dass es nicht funktioniert.
Luzi ordert einen Gin Basil Smash – die Spezialität des Hauses mit einem Basilikum-Zweig als Garnitur auf einer Handvoll Eiswürfel, die im Glas von Gin und Zitronensaft umspült werden. »Ist super-süß«, sagt die Domina, nachdem sie den halben Drink mit einem Schluck getrunken hat, ohne vorher das Gewürz-Grün herauszunehmen.
»Das letzte Mal hat er einen echten Leichensack mitgebracht«, erzählt sie weiter. »Der stellt sich so tot, dass ich sein gesamtes Körpergewicht hin und her ziehen und durch den Raum schieben muss.« Dominieren ist Kraftsport, bei dem manchmal auch die Fingernägel brechen. »Ein Wunder, dass ich noch keine Schwielen an den Händen habe wie ein Maurer.«
Die simulierte Nekrophilie ist kein Problem für die Frau, die nach eigener Aussage weder naturblond noch unter dreißig Jahre als ist (obwohl beides in ihrem Online-Profil steht). »Ich sage dann Sachen wie: tot ist er viel attraktiver als lebendig und auch sein Schwanz ist härter durch die Leichenstarre.« Wir schmunzeln, halten die Luft an und müssen dann alle drei herzlich und lange lachen. Das ist echter schwarzer Humor.
»Demnächst will ich ihm so einen Zettel an den Zeh binden, wie es in Krimiserien zu sehen ist.« Moralisch hat die Domina keine Probleme mit diesem eher schwierigen Thema. »Ist ja nur ein Spiel«, sagt sie. »Würde er sich umgekehrt einen toten Spielgefährten wünschen, würde die Sache natürlich anders aussehen.« So verbringt sie ungefähr einmal im Monat ein paar Stunden mit einem Schein-Toten, den sie zum Schluß der Sitzung immer wieder erfolgreich aus dem Reich der Toten zurück holt.
»Ich prügle ihn und steigere Härte und Tempo so lange, bis er anfängt zu jammern«, erklärt sie. Dann liegen sich die beiden glücklich-weinend in den Armen und feiern die Auferstehung des Sklaven. »Auch wenn alles nur gespielt ist, verliert der Mann jedes Mal die Fassung und bricht tatsächlich in Tränen aus.« Luzy vermutet, er habe sonst eher wenig Gelegenheit, diese ungewöhnliche Phantasie in die Tat umzusetzen.
Luzy ist davon überzeugt, dass auch in den Gehirnen von Durchschnittsbürgern schräge (extreme) Sachen durch die Denk-Windungen wabern. Der Unterschied zwischen Schrebergarten und SM-Studio: »Bei Menschen wie mir, kommt das alles an die Oberfläche, was sonst vermutlich nicht mal im eigenen Ehebett ausgesprochen wird.«
Aber eigentlich haben wir uns mit der jungen Domina in Hamburg verabredet, weil ihre gruseligste Geschichte mit einem Thema zu tun hat, dass uns gleichermaßen interessiert wie Schauer über den Rücken jagt: »Die Frage nach Zwangsschlachtungen und Kannibalismus kommt gar nicht so selten«, meint Luzy, was uns erneut die Sprache verschlägt. Zum Glück lassen sich solche Augenblicke mit einem langen Schluck aus dem Cocktailglas souverän überbrücken.
Sie macht sich das künstliche Blut für solche Spiele selbst: »Die käuflichen Flüssigkeiten riechen teilweise schrecklich.« Die Mischung aus ein wenig Mehl, Wasser, Lebensmittelfarbe und Kakao lagert sie im Kühlschrank des Pausenraums vom Studio und stellt die Flasche bei Bedarf kurz in die Mikrowelle. »Warm ist es authentischer und das selbstgemachte Blut riecht auch ganz gut durch den Kakao.« Wir bemerken, dass sie von Blut spricht und nicht von einer farbigen Flüssigkeit; die wie Blut aussieht, haken aber bei dieser psychologischen Kleinigkeit nicht weiter nach.
»Der Kunde wollte, dass ich ihn bis aufs Blut peitsche.« Bis auf diese – mehr oder weniger ungewöhnliche – Kleinigkeit begann die Session wie die übliche Routine einer kommerziellen Domina in Hamburg wie überall auf der Welt.
»Eine Kollegin macht sich in der Pause immer Rührei mit Schinken«, erzählt Luzy weiter. Sie lieh sich ein paar Streifen geschnittenen Bacon von der Dame aus dem gemeinsamen Kühlschrank und platzierte diese auf dem Hinterteil ihres Kunden, bevor sie mit einem breiten Leder-Paddel zuschlug (macht viel Krach, tut weh, hinterlässt aber relativ schwache Spuren). »Ich habe das Fleisch dann während des Schlagens mit reichlich Blut bespritzt.«
Dem Kunden erzählte sie, die Strafe sei so hart, dass sich die Haut schon von seinem Gesäß schälen würde. Als Beweis hielt sie einen blutgetränkten Streifen vom geräucherten Schwein vor sein Gesicht. »Was dann passierte, hat mich ernsthaft erschreckt«, erzählt Luzy weiter. »Obwohl mich eigentlich kaum etwas so leicht erschrecken kann.«
Der Kunde sei wie im Rausch gewesen. Er hat der Frau den Schinken aus der Hand gerissen und sich das rot-tropfende Stück gierig in den Mund gesteckt.
»Es sollte einfach nur etwas realistischer wirken«, erklärt die Domina mit einem flüsterleisen Unterton der Rechtfertigung. »Aber irgendwie hatte ich damit einen sensiblen Nerv getroffen.« Fassungslos schaute die Domina zu, wie der Kunde sich Scheibe für Scheibe gierig einverleibte. »Den letzten Streifen saugte er aus einer Pfütze am Boden und schluckte ihn herunter, ohne einmal gekaut zu haben.«
»Hätte er das am Anfang erwähnt, wäre es vielleicht halb so schlimm gewesen, aber seine Reaktion kam plötzlich und war einfach zu heftig.« Zum Glück war die Session am Ende angelangt. Wie in Trance hatte die Domina den Kunden in die Dusche befördert und den Raum vom Kunstblut befreit (den Schinken hatte der Mann ja selbst entsorgt). Auch das schwärmerische Abschlussgespräch ließ sie eher geistesabwesend über sich ergehen. »Ich hoffte, er wollte mich nicht weiterempfehlen.«
»Ich war froh, als er weg war«, gesteht sie. »Wie der ganz mit Blut beschmiert das Fleisch frisst – den Anblick werde ich niemals vergessen.« Auch wenn alles nur ein Spiel gewesen ist, schien in diesem Moment ein wenig von der Wahrheit einer wirklich ungewöhnlichen Phantasie durch.
Die Barkeeper waren gelassen, als wir die Öffnungszeiten überschritten und Luzi uns noch eine letzte, schräge Geschichte mitgeben wollte: »Ein Kunde wollte mal seine Geburt rückgängig machen«, beginnt sie, nachdem wir einen hellgelben Likör aus kleinen Gläsern getrunken haben, der auf Kosten des Hauses und zum eigentlichen Abschluss des Abends gedacht war.
Während wir in unseren Gehirnen in der Kategorie Todessehnsucht herumstöbern, klärt die Frau uns rasch auf: »Er hatte die Vorstellung, zurück in den Mutterleib kriechen zu wollen.« Die experimentierfreudige Domina fand das interessant und brach das Vorgespräch nicht ab. »So etwas spontan umzusetzen war eher das Problem, schließlich bin ich unten herum für einen hundert Kilo Mann nicht weit genug gebaut.«
Im Gummi-Raum des Studios fand sie einen riesigen LKW-Reifenschlauch, dessen Durchmesser fast ihrer Körpergröße entsprach. »Mit Hilfe einer Kollegin schafften wir es, in der Mitte ein Seil um den Schlauch zu wickeln.« Dadurch wurden die Seiten zusammengedrückt und es entstand eine Form, die einer Vagina oder geschlossenen Lippen ähnelte.
»Zuerst hatte ich den Mann in einen Latexanzug gesteckt und mir dann das Teil zwischen die Beine geklemmt.« Luzi überschüttete alles mit Gleitgel und schließlich gelang es dem Kunden, sich durch den verschnürten Schlauch hindurch zu winden. »Ich musste fast einen Spagat machen«, erklärt die Frau die völlig absurde Szene.
Auf der anderen Seite angekommen, steckte sie ihn in einen schweren Latexsack und verschnürte seinen Körper mit breiten Riemen. »Ich wollte ihm das Gefühl geben, im Geburtskanal oder in der Gebärmutter zu stecken.«
Um das fantasievolle Rollenspiel sinnvoll aufzulösen, bestrafte sie ihn nach einiger Zeit, indem sie ihn mit einem vorgespielten Kaiserschnitt aus dem Schoß aus Gummi wieder befreite. »Wir waren beide am Schluss sehr zufrieden«, erzählt Lucy. Obwohl der Kunde auf jede Art von Kontakt zu seinen Geschlechtsteilen verzichtet hatte, war er mit Sternen in den Augen abgezogen. »Und ich war stolz, dass ich spontan eine so gute Idee hatte, aus dem Schlauch eine riesengroße Muschi zu basteln.«
> Lady Luzi Ferocious (Domina), Hamburg
BDSMWG
»Ursprünglich stand WG für weitergeben«, sagt Jill. »Aber mit der Zeit haben wir uns in der Gruppe auf Wilde Gemeinschaft geeinigt.« AG stand anfangs ebenfalls zur Diskussion, aber die Abkürzung kann sowohl mit Arbeitsgemeinschaft als auch mit Aktiengesellschaft übersetzt werden – unpassend für die explosive Idee, Gelüste von Gruppensex und BDSM miteinander zu vermischen, und außerdem hat dieser sexuelle Freizeitsport so gut wie nichts mit Arbeit zu tun. »Ich dachte die ganze Zeit an Monster AG«, sagt Juni und gluckst laut. »Was wir machen, ist aber genau das Gegenteil von Kinderfilmen.«
Die BDSMWG gibt es seit fast fünf Jahren in stetig wechselnder Zusammensetzung. »Wir beiden und ein anderes Paar sind von Anfang an dabei«, erklärt Juni. Aber die Mitglieder würden sich oft beruflich oder familiär verändern. »Unsere Kontaktanzeigen sind praktisch dauernd aktiv«, erzählt sie weiter, weil sich immer wieder jemand aus der Gruppe verabschiede. »Scheidungen und Umzüge sind wohl die häufigsten Gründe, warum die Runde sich gelegentlich verkleinert«, meint Jill.
Aber ihre Partnerin Juni ist da anderer Meinung: »Die meisten steigen entweder nach dem ersten Treffen sofort wieder aus, weil es ihnen nicht gefällt, oder sie bleiben länger dabei, weil es ihnen Spaß macht.« Die Machenschaften der Gruppe polarisieren. »Den meisten gefällt es extrem gut, aber wir sind schon sehr speziell.«
Wir treffen das lesbische Pärchen in einem Brauhaus in der Südstadt von Karlsruhe. Das Subzentrum hat wenig vom Glanz der übrigen Fächerstadt. Die Hauswände sind mit Graffiti besprüht, jeder zweite Laden ist entweder eine kleine Kunstgalerie oder ein mit billigem Hausrat vollgestopftes Antiquitätengeschäft. »Vergleichbar mit Kreuzberg in Berlin«, meint Jill. »Etwas heruntergekommen, aber lebendig und vielfältig.«
Wir heben unsere Biergläser, stoßen an und trinken alle einen langen Zug, weil die wärmste Region in Deutschland sich an diesem Sommertag von der besonders heißen Seite zeigt. Auf dem schmalen Platz zwischen den Mietshäusern steht die heiße Luft still, sodass sogar das Atmen schwerfällt.
»Karlsruhe ist eine bunte Stadt.« Womit Jill kulturell bunt meint – deswegen sind die beiden hier: Viele Lesben, viele Schwule . »Lesbisch und sadomasochistisch gibt's dagegen nicht so oft«, sagt Juni. »Zumindest sind wir bisher keinen anderen weiblichen Pärchen begegnet, die das machen.« Bei den Schwulen gebe es mehr Fans von BDSM: »Ein rein männliches Paar hätten wir auch gerne in unserer Runde, aber bisher hat sich niemand passendes gemeldet.«
»Wir beide lebten damals noch mit Junis damaligen Ehemann zusammen.« Es gab öfter messerscharfe Sessions zu dritt. Jill und der Gatte gegen Juni, die beim Geschlecht flexibel ist.
---ENDE DER LESEPROBE---