Bedingungslose Liebe - Robert Busch - E-Book

Bedingungslose Liebe E-Book

Robert Busch

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Beschreibung

Das Leben im Ausland besteht nicht nur aus Sonne, Strand und Glückseligkeit. Eine Geschichte von einem Aussteiger, der auf seiner Reise immer wieder mit altbekannten Problemen konfrontiert wird. Angetrieben von dem Wunsch nach einer Familie, stolpert er durch die Welt und verliert sich dabei in unglücklichen Liebesbeziehungen. Bis er zu einer Erkenntnis gelangt, die sein Leben schlagartig verändert.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Robert Busch

Bedingungslose Liebe

und andere Unfälle

© 2019 Robert Busch

Umschlag, Illustration: Casey Michelle Wakely

Lektorat, Korrektorat: Kirsten Schenk-Lalk

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359

Hamburg

ISBN

Paperback:

978-3-7497-2882-4

e-Book:

978-3-7497-2883-1

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Vorwort

In meinem ersten Buch „Generation Aussteiger“ habe ich die Geschichte erzählt, wie es dazu kam, dass ich aus dem scheinbar vorgegebenen Lebensentwurf „Schule-Studium-Job-Familie-Rente“ ausgestiegen bin. Als ich mich 2012 dazu entschied mein Studium der Politikwissenschaften abzubrechen, war ich mit der großen Frage konfrontiert: „Was nun?“

Nicht nur ich selbst stellte mir diese Frage, sondern auch mein Umfeld war sich nicht ganz so sicher, ob ich da die richtige Entscheidung getroffen hatte. Nach nun sieben Jahren möchte ich mit dieser Geschichte einen Eindruck vermitteln, was es beutetet sich bewusst gegen das „Hamsterrad“ der Leistungsgesellschaft zu entscheiden. Die folgende Erzählung berichtet von den Herausforderungen auf diesem Weg und wirft die Frage auf, was wir wirklich brauchen um glücklich zu sein.

1.1. Ich bin Yogalehrer - und was nun?

Nach Abschluss meiner Therapie im Frühjahr 2012, war ich nun also zertifizierter Yogalehrer und Studienabbrecher. Ich war stolz darauf meine Ausbildung abgeschlossen zu haben und freute mich darauf nun endlich Yoga zu unterrichten.

Entgegen meiner Erwartung war es jedoch zunächst nicht leicht potenzielle Schüler oder feste Stunden in einem Sportstudio zu finden. Da ich zu der Zeit finanziell nicht viel von meinem neuen Job erwarten konnte, entschied ich mich dazu erneut in Hansi’s Sportgeschäft zu arbeiten. Also arbeitete ich tagsüber als Aushilfe und versuchte in meiner freien Zeit, Freunde dafür zu begeistern, an meinen Yogastunden teilzunehmen. Zu der Zeit hatte ich natürlich noch keine Räumlichkeiten gemietet, also schaffte ich Platz in meinem Wohnzimmer und erklärte es kurzerhand zu meinem ersten Yogastudio. Auch war zu der Zeit niemand wirklich bereit Geld dafür zu bezahlen, um bei jemandem, der gerade seine Ausbildung abgeschlossen hatte, Privatstunden zu buchen.

Aus dieser Situation heraus entschied ich mich dazu meine ersten Stunden auf Spendenbasis anzubieten. Schließlich war auch mir klar, dass ich erst einmal Erfahrung sammeln müsse.

Auf mein Angebot hin Privatstunden für kleines Geld anzubieten, meldeten sich nach und nach einige Freunde und Bekannte bei mir.

Die ersten Stunden waren für mich zunächst einmal sehr ernüchternd. Fast alles, was wir in unserer Ausbildung gelernt hatten, war auf Schüler ausgerichtet, die bereit dazu waren, sich dem Yoga voll und ganz hinzugeben und bereits eine gewisse Beweglichkeit aufwiesen. Schnell wurde mir klar, dass Atemübungen und Mantras singen nicht jedermanns Sache sind. Die Mehrheit der ersten Teilnehmer klagte über körperliche Einschränkungen, die entweder auf Mangel an Bewegung oder Verletzungen zurückzuführen waren.

Gleichzeitig war ich zu der Zeit geradezu süchtig danach Yoga zu praktizieren. Das führte dazu, dass ich inzwischen sehr beweglich war und mich insgesamt in einem recht guten körperlichen Zustand befand. Der Abstand zwischen mir und meinen Schülern war ähnlich, wie der von mir selbst zu meinem alten Ich, bevor ich meine ersten Stunden besuchte.

Anstatt mich darüber zu ärgern mit meinen Schülern bei null anfangen zu müssen, suchte ich Wege, um meine Erfahrung als völlig unbeweglicher Anfänger zu Beginn meiner Yogazeit, als Qualitätsmerkmal meines Unterrichts zu kultivieren. Schließlich wollte ich niemanden davon abschrecken Yoga auszuprobieren. Es war meine Absicht zu vermitteln, dass auch ich mich am Anfang sehr schwer mit fast allen Übungen tat und daher der Meinung war, dass jeder Mensch mit ein wenig Praxis beachtliche Fortschritte erzielen könne.

Meine erste Werbeaktion hatte den Titel: „Yoga für Hinz und Kunz“.

Die ersten Monate hatte ich insgesamt neun Personen, die regelmäßig Privatstunden bei mir nahmen. Während dieser ersten Stunde erkannte ich mich selbst häufig in meinen Schülern wieder. Ich wusste, wie es ist, wenn man seine Füße nicht anfassen kann und einem beim Vorbeugen schwindlig wird. Allerdings war ich mir auch sicher, dass sich schnell Fortschritte bemerkbar machen würden.

Etwa die Hälfte dieser Teilnehmer konnte bereits nach wenigen Wochen deutliche Verbesserungen in ihrer Beweglichkeit feststellen. Leider führte die mangelnde Bereitschaft regelmäßig am Ball zu bleiben, bei der anderen Hälfte dazu, dass rein gar nichts passierte.

Ich gab mir selbst die Schuld daran, dass ich diese Personen vielleicht nicht ausreichend motiviert hatte und fand mich so in meiner ersten kleinen Krise als Yogalehrer. Abgesehen davon war es mitunter anstrengend nach Feierabend in meinem normalen Job, auch noch täglich Menschen in meiner Wohnung zu begrüßen, um diese fast kostenlos zu unterrichten. Solange ich mich durch die Erfolge meiner Schüler belohnt sah, war es das jedoch wert für mich. Gleichzeitig ärgerte ich mich mehr und mehr über jede spontane Absage oder mangelnde Motivation der ersten Kunden. Einerseits war ich aufgrund der eigenen Erfahrung mehr als überzeugt von meinem Angebot, andererseits begann ich mehr und mehr daran zu zweifeln, ob ich jemals ausreichend treue Schüler finden würde, um tatsächlich irgendwann davon leben zu können.

Als mein Vertrauen in den neuen Lebensweg im Begriff war nach und nach im Sand zu verlaufen, erreichte mich ein Anruf, der meine Hoffnungen wieder wachsen ließ.

Die Yogalehrerin in dem Fitnessstudio, dass ich seit Jahren besuchte, wurde schwanger und suchte eine Vertretung für die kommenden Monate. Ohne lange zu überlegen sagte ich zu und hatte somit auf einmal vier Stunden pro Woche in einem angesehenen Studio.

Meine erste Stelle als Yogalehrer.

1.2. Der erste Job.

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Stunde dort. Akribisch hatte ich die Sequenz dafür mit einer Auswahl an Musik abgestimmt und konnte es kaum erwarten loszulegen. Dort angekommen bemerkte ich jedoch, dass ich meinen iPod nicht an die dortige Musikanlage anschließen konnte und mein Plan damit erst einmal gescheitert war. Die Besitzerin des Studios sprang mir, wie so oft, helfend zur Seite und gab mir eine CD mit Entspannungsmusik, die ich vorher noch nie gehört hatte.

Rückblickend betrachtet, passte meine Sequenz überhaupt nicht zu diesen Klängen und ich wurde während der Stunde immer nervöser. In der Gruppe befand sich eine der anderen Yogalehrerinnen dieses Studios, vermutlich um zu überprüfen, ob ich ausreichend qualifiziert für diesen Job sei. Unnötig zu erwähnen, dass mich dies noch mehr beunruhigte.

Als die Stunde vorbei war bedankten sich die Teilnehmer bei mir und ich wusste nicht so recht, ob das jetzt gut oder schlecht gelaufen sei. Plötzlich kam eben jene besagte Lehrerin auf mich zu und suchte das Gespräch mit mir.

Zu meiner Überraschung war sie relativ begeistert von meiner Stunde und machte mir Mut diesen Weg weiter zu verfolgen. Noch heute denke ich mehr als dankbar an ihre Worte zurück.

In den folgenden Monaten unterrichtete ich weiterhin bei mir zu Hause auf Spendenbasis und gab wöchentlich vier Stunden in diesem Sportstudio. Um mich mehr auf meine angehende Karriere als Yogalehrer zu konzentrieren, entschied ich mich dazu nun etwas weniger in Hansi’s Sportgeschäft zu arbeiten als zuvor. Doch dieser erste Aufschwung währte nicht allzu lang. In dem Moment, als ich bereits dachte, dass sich nun alles zum Guten wendet, erreichte mich eine Nachricht, die mein bisheriges Leben nachhaltig verändern würde.

Meine Mutter teilte mir mit, dass unser Familienunternehmen Insolvenz anmelden müsse. Erneut saßen wir bei ihr zu Hause. An dem Ort, an dem ich erfuhr, dass mein Vater an Krebs erkrankt war, ich meiner Mutter gestand eine Therapie zu benötigen und sie mir mitteilte Brustkrebs zu haben. Noch heute beschleicht mich ein ängstliches Gefühl, wenn ich dort sitze. So viele traumatische Erinnerungen, die alle am selben Ort ihren Anfang nahmen. Im Grunde war ich froh, dass es „nur“ um Geld ging und nicht um die Gesundheit meiner Mutter. Dennoch stellte diese anstehende Veränderung mein bisheriges Leben auf den Kopf.

Die Gewissheit stets auf meine ererbten Firmenanteile zurückgreifen zu können, hatte mir bis zu diesem Zeitpunkt das Gefühl gegeben, dass ich das Risiko Yogalehrer zu werden, durchaus eingehen könne. Doch auf einen Schlag war diese finanzielle Unabhängigkeit verschwunden und ich bekam es mit der Angst zu tun.

Sollte ich vielleicht doch lieber auf Nummer sicher gehen und mein Studium wieder aufnehmen oder mir gar einen „richtigen“ Job suchen?

Nach vielen schlaflosen Nächten entschied ich mich, mit der moralischen Unterstützung meiner Mutter, dazu es weiterhin als Yogi zu versuchen. Glücklicherweise war meine nächste Fortbildung zu diesem Zeitpunkt bereits bezahlt und ich versuchte alle Zweifel zunächst einmal bei Seite zu schieben.

In dem Wissen, dass dies vermutlich meine letzte Reise für eine lange Zeit werden würde, machte ich mich also erneut auf den Weg nach Costa Rica. Dort angekommen erzählte ich meinen Lehrern von der neuen Situation. So sehr ich sie als Lehrer auch achte, musste ich jedoch feststellen, dass diese mir abgesehen von gut gemeinten Aufmunterungen zu dieser Zeit nicht allzu viel zu bieten hatten. Der Ratschlag, dass ich eine positive Zukunft mit Kraft meiner Gedanken herbeizaubern solle, machte mir mehr Angst, als dass er mir Hoffnung gab. Allerdings waren alle anderen Teilnehmer dieser Fortbildung ebenfalls bereits aktive Lehrer und so hatte ich zumindest die Gelegenheit meine bisherigen Erfahrungen mit diesen auszutauschen. Nach vier Wochen im Dschungel von Costa Rica und vielen inspirierenden Unterhaltungen, entschloss ich mich dazu die Flucht nach vorne anzutreten und mein letztes Geld darauf zu verwenden mein eigenes Yogastudio zu eröffnen.

Mein erster Yogalehrer in Deutschland stellte dankenswerterweise einen Kontakt zu einer Vermieterin her, die zu der Zeit einen kleinen Kellerraum anbot. Ohne lange zu zögern unterschrieb ich meinen ersten geschäftlichen Mietvertrag. Bis dahin hatte ich, zusätzlich zu meinem Engagement im Fitnessstudio, einmal pro Woche eine kleine Turnhalle von der Stadt gemietet, um dort einen Kurs anzubieten. Ein eigener Raum, den ich jederzeit nutzen konnte, war daher ein großer Schritt nach vorne.

Da ich inzwischen auch eine Ausbildung zum Kinderyogalehrer gemacht hatte, bewarb ich mich bei ein paar Schulen in meiner Heimatstadt. Erneut half mir mein erster Yogalehrer dabei eine Stelle in einer Förderschule zu bekommen. Meine Dankbarkeit für seine Unterstützung ist bis heute schwer in Worte zu fassen.

Diese Arbeit war, von allem was ich bis dahin als Yogalehrer gemacht hatte, eine der schönsten Erfahrungen. Ich würde zwei bis dreimal die Woche dort auftauchen, um Zeit mit den Jugendlichen zu verbringen. Einmal die Woche hatte ich einen Yogakurs und die anderen Tage würde ich bei der Nachmittagsbetreuung helfen. Abgesehen davon, dass ich mehrfach körperliche Konflikte zwischen den Kindern schlichten musste und dabei mehrfach gekratzt, gebissen und angespuckt wurde, war der Job sehr erfüllend. Die Kinder kamen nicht selten aus Familien, in denen der Vater nicht vorhanden war. Neben einem überaus engagierten Lehrer, der sich vorbildlich um die Jugendlichen kümmerte und das Nachmittagsprogramm koordinierte, war ich die einzige männliche Person, die für die Jugendlichen verfügbar war. Ich werde nie vergessen, wie mir ein 8-jähriger Junge beim Mittagessen erzählte, dass er noch nie in seinem Leben Salat gegessen hatte. Sein großer Bruder habe ihm gesagt, dass das schwul sei. Nachdem wir geklärt hatten, dass schwul sein keine Beleidigung sein sollte, widmeten wir uns der Salatfrage. Als er sein erstes Salatblatt zu sich nahm, spuckte er es sofort wieder aus und sagte mir, dass das ekelhaft schmecken würde. Gleichzeitig bemerkte er aber auch, dass ich meinen Salat sehr gerne aß. In der Woche danach berichtete er mir voller Stolz, dass er inzwischen geübt habe und nun auch Salat essen könne. Ein kleiner Schritt für ihn, aber es erfreute mich sehr einen zumindest kleinen Einfluss auf ihn genommen zu haben. Diese Episode ist nur ein Beispiel von vielen, die aufzeigt, wie wichtig es ist sich aufrichtig mit Jugendlichen auseinanderzusetzen und ihnen ein gutes Vorbild zu sein.

Also hatte ich nun meine Stunden im Sportstudio, das Angebot in meinem eigenen Studio, eine Stelle in der Nachmittagsbetreuung einer Förderschule und natürlich der Job in Hansi’s Sportgeschäft.

Zu der Zeit war ich zwar ständig auf Achse und unterrichtete täglich, ohne einen freien Tag zu haben. Trotz meiner Bemühungen zeichnete sich jedoch ab, dass das daraus erwirtschaftete Einkommen nicht dafür ausreichte, um meinen bisherigen Lebensstandard vor der Firmeninsolvenz beizubehalten.

Der Job in der Förderschule war dabei zumindest ein Hoffnungsschimmer. Meine Zeiten dort wurden nach und nach mehr ausgeweitet. In meinem letzten Halbjahr dort, hatte ich die große Freude einer Gruppe von syrischen Flüchtlingskindern zu betreuen. Da es in erster Linie, um deren Integration ging, befanden sich in der Gruppe auch deutsche Kinder. Das war nicht immer einfach, da die jungen Zuwanderer anfangs nur sehr schlecht deutsch sprachen. Immer wieder redeten sie untereinander arabisch, was die deutschen Kindern nicht gut fanden. Einer der deutschen Jungs konnte eines Tages nicht mehr an sich halten und brüllte die syrischen Kinder an:

„Hört auf hier ständig ausländisch zu reden, wir sind hier in Deutschland.“

Ich war erschrocken über die Vehemenz dieses kleinen Jungen und mir gleichzeitig darüber im Klaren, dass er diese Gedanken wohl bei seinen Eltern aufgeschnappt hatte. Ich nahm ihn nach der Stunde beiseite und versuchte ihm zu erklären, dass die syrischen Kinder in den letzten Monaten einiges durchgemacht hatten und ihr Bestes taten, um deutsch zu lernen. Doch dies sei nun mal nicht so einfach. Widerwillig entschuldigte er sich beim nächsten Mal bei seinen Mitschülern.

Nach einigen Wochen bemerkte ich, dass die jungen Migranten unglaublich große Fortschritte mit der deutschen Sprache gemacht hatten. Noch bevor das Halbjahr endete, waren zwei der vier syrischen Kinder in der Lage eine Regelschule zu besuchen. Ein Ziel, dass für die anderen beiden auch bereits in Aussicht stand. Es erfüllte mich mit Freude zu sehen, dass diese Arbeit an der Förderschule einen solchen gesellschaftlichen Beitrag leisten konnte. Gleichzeitig erinnerte mich der Umgang mit den jungen Flüchtlingen daran, wie gut wir es doch alle haben. Nicht nur die Kinder hatten einiges von mir gelernt, ich hatte in diesem Job eine sehr wertvolle Lektion über Privilegien, Fremdenfeindlichkeit aus Unsicherheit und ein friedvolles Miteinander gelernt. Noch immer verdiente ich nicht sonderlich viel Geld, aber ich war glücklich mit dem, was ich tat.

Doch es war natürlich nicht alles nur Sonnenschein zu der Zeit.

Ein Phänomen, das mich bis heute verfolgt, machte mir, zu der Zeit, besonders zu schaffen. Immer wieder traf ich auf Schüler, die offenkundig sehr unter Stress litten und sich schwer damit taten abzuschalten. Ein triftiger Grund, um es einmal mit Yoga zu versuchen. Gleichzeitig zeigten diese Personen jedoch keinerlei Bereitschaft ihr eigenes Handeln zu reflektieren. Ich weiß nicht, woher der Eindruck entsteht, aber einige Menschen scheinen ernsthaft zu glauben, dass es ausreichend sei ein paar Yoga Posen einzunehmen, um sich von allem Leid in der Welt zu befreien. Der Versuch ihnen zu erklären, dass es beim Yoga nicht nur um ein paar Dehnübungen geht, scheiterte teilweise kläglich. Sicherlich ist es wichtig die einzelnen Positionen korrekt einzunehmen und zu wissen wo welcher Fuß hingehört, um mögliche Verletzungen zu vermeiden. Aber am Ende des Tages geht es in erster Linie darum, durch kontrolliertes Atmen und bewusste Ausführung der Bewegungen unsere Selbstwahrnehmung zu schulen und zur Ruhe zu kommen. Viele Menschen leiden darunter eine extrem kurze Aufmerksamkeitsspanne zu haben, was durch die ständige Reizüberflutung unserer modernen Gesellschaft bedingt ist. Wenn wir in unserem Alltag mit komplexen Herausforderungen konfrontiert werden, führt dies häufig zu einem Gefühl der Überforderung, Reizbarkeit oder sogar Panik. Der Grund dafür ist, dass wir von Natur aus in der Lage sind instinktiv auf Stress zu reagieren. Sobald wir einen externen Reiz wahrnehmen, macht unser Nervensystem sich bereit etwas zu unternehmen. In der Steinzeit signalisierte uns das Rascheln einzelner Blätter im Wald, dass eventuell eine Gefahr durch herannahende Raubtiere droht. Unser Nervensystem reagiert darauf, in dem es unseren Puls hochfährt und unsere Muskeln sich dafür bereit machen, die Flucht zu ergreifen. Heutzutage müssen wir uns nicht vor wilden Tieren fürchten, aber unsere Nerven nehmen beispielsweise eine Nachricht von unserem Chef als ähnliche Bedrohung war. Sogar das Vibrieren unseres Telefons kann einen Stressimpuls auslösen, da unser Gehirn unterbewusst eine Gefahr wittert. Die Evolution hat es so angelegt, dass wir instinktiv auf Bedrohungslagen reagieren und unseren Körper auf eine Flucht vorbereiten, auch wenn dies heutzutage in den meisten Fällen gar nicht nötig ist. Die Fähigkeit zu entspannen wird von der Evolution jedoch nicht als überlebensnotwendig angesehen. Daher sind wir als Mensch nicht von Natur aus in der Lage zu entspannen. Es handelt sich hierbei um eine Fähigkeit, die wir erst erlernen müssen. Yoga kann dabei sehr hilfreich sein, wenn wir uns dieser Umstände bewusst sind.

Dazu ein kleines Beispiel anhand zwei verschiedener Schüler.

In den meisten Yogastilen ist es von großer Bedeutung am Ende der Stunde bewegungslos und mit geschlossenen Augen auf der Matte zu liegen, um den eigenen Körper wahrzunehmen. Manch einer würde sogar sagen, dass dies der Hauptzweck einer Yogastunde ist und alle Bewegungen davor nur eine Vorbereitung auf diese Entspannungsphase seien.

In unserem Beispiel haben wir nun also eine Schülerin, die fast alle Bewegungen in Perfektion ausführen konnte, aber am Ende der Stunde mit aufgerissenen Augen auf der Matte lag und sich mit den Fingernägeln geradezu am Boden festkrallte. Der andere Schüler wiederum stolperte mehr oder weniger erfolgreich durch die Stunden und tat sich schwer damit seinen rechten vom linken Arm zu unterscheiden. Oft hat er als Einziger im Raum völlig von der Vorgabe abweichende Bewegungen ausgeführt, ohne dies überhaupt zu merken. Gegen Ende der Stunde war er jedoch in der Lage, völlig verschwitzt, in eine tiefe Entspannung zu verfallen. Wer war nun also der erfolgreichere Yogi?

Der oft unglücklich agierende Schüler berichtete mir davon, dass er sich sehr auf die Yogastunden freuen würde, da er hier endlich die benötigte Entspannung finden würde. Die erstgenannte Schülerin hingegen konnte es am Ende der Stunde häufig kaum abwarten, mich nach den Details der einzelnen Sequenzen auszufragen, um diese beim nächsten Mal noch besser ausführen zu können. Während der eine Schüler einen großen Nutzen aus den Yogastunden ziehen konnte, hatte ich den Eindruck, dass die andere Schülerin ihr persönliches Stress-Level durch Yoga nicht senkte, sonder sogar steigerte. Das Bedürfnis nach Perfektion war ihr größtes Hindernis auf dem Weg zur Entspannung. Dabei geht es im Yoga nicht wirklich darum, wer am Beweglichsten ist oder es schafft einen Handstand zu machen, auch wenn sogenannte