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Kristjan Knall

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Beschreibung

DISCLAIMER:   DIESES BUCH BERUHT AUF EINER WAHREN BEGEBENHEIT. IN DER ZUKUNFT VERSTEHT SICH. ALLE PERSONEN, DIE AUFTAUCHEN, WERDEN GENAU DAS ERLEBEN, WAS BESCHRIEBEN WURDE. ÄHNLICHKEITEN, URHEBERRECHTSVERLETZUNGEN UND BELEIDIGUNGEN SIND INTENDIERT UND ERNST GEMEINT. NICHTS AN DIESEM WERK IST IRONISCH, ES IST KEINE KUNST UND MUSS NICHT INTERPRETIERT WERDEN. ES IST EIN DIREKTER AUFRUF ZUR REVOLUTION. UNTERDRÜCKTE ALLER LÄNDER VEREINIGT EUCH – FRIEDE DEN HÜTTEN – KRIEG DEN PALÄSTEN – ICH RUFE HIERMIT ZUM SOFORTIGEN MORD AN DER FUNKTIONSELITE AUF!   BERLIN, DEN 22.4.2013   Kristjan Knall     "Warum also soll man sich mit einem weiteren dieser Autoren treffen? Zumal der Verlag auch noch selbst davor warnt." - Der Tagesspiegel, 19.3.2013. "Fast durchgängige Meinung: Kristjan Knall hat einen Knall." - Berliner Kurier, 19.2.2013 "Vieles an Knalls Beschreibungen ist maßlos übertrieben und landet oft unter der Gürtelline." - Berliner Morgenpost, 24.3.16. "Dass er in der Verkleidung wie eine jüngere Ausgabe von Helge Schneider wirkt, war ihm nicht bewusst, ist ihm aber recht." - Süddeutsche Zeitung, 28.11.14 "Im Online-Auftritt des Berliner Kuriers hinterlässt ein Leser am 18. Februar in der Kommentarspalte hinter dem Bericht über die Flaggenverbrennung folgende Nachricht: "Für den Vogel sollten wir Berliner sammeln, um ihm ein Ticket nach Russland zu spendieren, am besten dorthin, wo der Meteorit runtergekommen ist. Oder an die Elfenbeinküste, da kann er ja dann die Menschen weiter beleidigen. Mal sehen, was die dann mit ihm machen." - Cicero, 20.6.2013   Weiteres vom Meister des Abfucks:   Berlin zum Abkacken. Eulenspiegel, 2013 111 Gründe Berlin zu hassen. Schwarzkopf, 2016 Stoppt die Klugscheißer!. Eulenspiegel, 2013 Europa ist geil, nur hier nicht. Eulenspiegel 2014   Edition Umsonst:   Fuck Berlin - A Not-Guide, 2022 Wir Lügner – wie Google uns uns entlarvt, Bookrix, 2017 Als Mehmet Yildiz: Neukölln, ein Frontbericht. Bookrix, 2017 IS-Idioten – was mal gesagt werden muss, Bookrix, 2017 Hassfick - Pick-Up Artists, Tinder, Liebe und Hass. Bookrix, 2016 Land ohne Eigenschaften - Eine Reise durch Dunkeldeutschland. Bookrix, 2016 Berliner Armee Fraktion - Der Kampf beginnt. Bookrix, 2016 Fuck Trump - Sind die Amis wirklich so bescheuert? Bookrix, 2015 Fake News – Zu schräg, um wahr zu sein?, Bookrix, 2015 Shitstorm - Der letzte Thriller. Bookrix, 2015   twitter.com/Kristjan_Knall facebook.com/dakristjanknall/ [email protected] 

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Kristjan Knall

Berliner Armee Fraktion

Der Kampf beginnt

  Ever Tried. Ever Failed. No Matter. Try Again. Fail Again. Fail Better.   Samuel Beckett   Dank an: Robert Kurz, die RAF, den Trash, der Antikapitlaisten und Antifaschisten aller Länder, Breat Easton Ellis, Dirk Bernemann, King Kool SAVAS, Anonymous, Napoleon und dem Internetz, Quentin Tarantino, Chuck Palanhiuk, Gaspar Noe, Mathieu Kassovitz BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Altkluge Zitate

 

 

 

Freiheit ist der kurze Moment, in dem der Pflasterstein die Hand verlässt, bis zum Moment, wo er auftrifft!“

 

„Wir sind die Guten“ - Bildband

 

 

 

 

Für mich heisst das Wort zum Sonntag Scheiße.

 

Ton Steine Scherben

 

EINS

EINS

Pressemeldung: "Neukölln: 100-Meter-Mann“ fast entkommen"

# 0347

 

 

Zu kurz war die Entfernung, die ein Randalierer gestern nach der Tat zurückgelegt hatte, um sich zu verstecken. Zunächst hatte er sich gegen 02 Uhr 50 an einer Bushaltestelle in der Herrfurthstraße zu schaffen gemacht und mithilfe eines Spezialschraubenziehers das Plakat ausgewechselt. Als aufmerksame Passanten ihn festhalten wollten, flüchtete der Täter. Als die Polizei bereits am Tatort war, um den Sachverhalt zu protokollieren, kam einer der Passanten, der die Tat miterlebt hatte zurück und teilte mit, dass er den Täter an der nächsten Ecke in einer Kneipe gesehen habe. Alarmierte Polizisten eilten hin und konnten den 21-Jährigen, der von allen Zeugen wiedererkannt wurde, nur noch über den Hinterhof flüchten sehen. Der Polizeiliche Staatsschutz ist für die Verhinderung und Bekämpfung politisch motivierter Straftaten ermittelt. Der Rechteeigentümer wurde wegen Urheberrechtsverletzung benachrichtigt.

 

 

Mai

Der neue Duft des Frühlings ist Tränengas.Tücher werden vors Gesicht gebunden, rote Augen stieren in den Nebel. Langsam tauchen dicht gedrängte gewaltoptimierte Polizisten auf. Bilde Helme, flankiert von Wasserwerfern: Macht unlimited. Auf den Dächern entzünden Vermummte bengalische Feuer. Die Angst der Bullen soll zum Himmel stinken. „Nie, nie, nie wieder Deutschland!“, grölen die ersten. Trotzig bewegt sich die Wand auf Fleisch gewordenem Recht vorwärts. Marschstiefel sehnen sich nach Kiefern, unter Ihnen knirschen Pappteller, Flyer und Wohlstandsmüll, das Straßenfest wurde verscheucht.

Jeden Frühling sind wir da, jeden Frühling sind wir dumm genug gegen Goliath zu kämpfen. Aber hey, was bist du, wenn du nie ausgebrochen bist? Wenn du immer nur ein scheiß Egoist warst? Wenn du nichts riskiert hast? Was willst du in einer Welt, die aber so was von drauf scheißt, dass 30.000 Kinder täglich sterben, sind ja nur Scheißneger. In der Milliarden hungern, weil andere Hummer mit Walfischpenisledersitzbezug fahren müssen? Deren Bewohner so hirngefickt sind, dass sie noch immer denken, Arbeit mache frei? Und dass sie keine Nazis wären? In der man nicht aus einer Kloschüssel trinken kann, ohne Ausschlag zu kriegen?

Der Chor weiß Bescheid: „Deutsche Polizisten - Mörder und Faschisten!“, hallt es von den engen Gründerzeitfassaden zurück. Wissend schließen alt eingesessene Türkische Familien die Fenster. Ein Junge mit dicken Männertitten presst sich ans Fenster. Infogeile Hipster bleiben demonstrativ auf Fensterbrettern sitzen. Sie kennen das aus dem Fernsehen und sind heute mittendrin, statt nur dabei. Blut sehen, ja, Blut schmecken, nein.

Die Straße wird abgesperrt, die Menge ist gefangen. Ein paar Hundert Kapuzen, tausende Schlagstöcke. Kein zurück mehr, jetzt ist Zahltag. Und es wird teuer. Ein „Haut ab!“ schwillt an, immer lauter und dröhnender, bis alle Zweifel sich mit Grausen abwenden. Plötzlich explodiert eine Rohrbombe zwischen den Fronten, es blitzt weiß (war das Gott?), es regnet Glasscherben. Auf ein unausgesprochenes Kommando fliegen Pflastersteine und Einkaufswägen auf die Polizei. Ein Bildreporter wird später 2 Molotow-Cocktails dazuphantasieren, das verstaute Schwein. Der Mob stürmt los und prescht in die Bereitschaft. Die ist vor allem bereit zur Flucht, der Wasserwerfer legt den Rückwärtsgang ein, als ihn ein Ölbeutel auf der Scheibe trifft.

Einige Hundert Meter verfolgen die Autonomen die grünen Männchen noch, dann lassen sie locker. Einige ziehen Müllcontainer auf die Straße und zünden sie an. Was man halt so macht wenn Anarchie ist. Andere stellen sich zu viert neben einen neuen Mercedes, der rein zufällig hier parkt und frisch hyperversichert ist. Kurz angehoben, und schon liegt er auf dem Dach. Weil es so schön ist wir der noch angezündet, sonst würde die Versicherung nicht zahlen. Ein Barbesitzer schaut amüsiert zu, als eine Bankfiliale zertrümmert wird. Seine Gäste sind begeistert bis erbost, da das ja ehrlicher Leute Geld ist da drinnen.

Nach ein paar Minuten Revolution halten einige inne. Zwischen den Flammen und verhallenden Schreien herrscht Ruhe. Absolut absolutistische Ruhe. Hier ist er, der kleine Freiraum, den sie sich erkämpft haben. Ein, zwei Straßen befreites Gebiet. Ein Witz, verglichen mit der Kontrollmaschinerie, die die Welt erdrückt. Aber es ist ihr Witz. Ihr Mittelfinger im Gesicht des Vergewaltigers. Der ärgert sich grün und blau. Der versteht keinen Spaß. Oder er hat seine eigene Vorstellung davon. Zum Beispiel mit doppelter Mannschaftsstärke um die Ecke gerannt kommen. Die großen schwarzen potenten Schlagstücke zu zücken. Das Gesindel mit den Donnern ihres Trupps zurückzutreiben.

Spatzenschwärme schwirren auf, wer kann flieht. Einer schafft es nicht mehr rechtzeitig. Die Reihen der Polizisten saugen ihn auf, er bekommt das volle Penetrationsprogramm. Einmal mit alles, schon nach Sekunden sieht er aus wie Dönerrest. Das Gute in der Welt hat eine Kreuzberger Althippieoma verarscht und lässt sie jetzt vor die Tür treten. Schwerhörig und außerdem bekifft bis Oberkante Unterlippe merkt sie erst, was passiert, als sie und ihr mit Fingerfarben bemaltes Rad plattgetrampelt werden. Ein gnädiger Beamter gibt ihr einen mit dem Schlagstock, das Licht geht sofort aus. So was passiert mit Dorgensüchtigen, meine Liebe.

Flucht zum anderen Ende der Straße. Grade noch schaffen es ein paar ganz schnelle um die Ecke zu biegen, dann machen die Bullen auch hier die Grenze zu. Finger werden knackend gedehnt, Quarzhandschuhe übergestreift. Nur so erreicht man den optimalen Knochenbruch mit minimalem Aufwand. Einer Winkt sogar, man könnte ihn für den netten Eichmann von um die Ecke halten.

Die kleine Gruppe in der Straße ist am Arsch. Zögernd bleibt sie vor der Mauer stehen. Wenige schmerzfreie Sekunden bleiben noch, bevor die andere Truppe sie einholt. Ein Hipster zieht sein I-Phone hervor und filmt. Warme Schauer setzen sich in tief ausgeschnittenen Hemden neben ihn, beim Gedanken an die Facebooklikes to come. Ein Fettsack in einem Eisenpimmel T-Shirt wirft seine aufgedunsene Ruhrpottgestalt an eine Haustür. Ein, zweimal, dann bricht sie krachend auf. Er hält sie offen, während der Großteil der Gruppe rein strömt. Als er vom feisten Arm des Gesetzes gefasst wird, wirft er sich von außen gegen die Tür. Hinter dem bebendem Milchglas kann man Stöcke auf ihn eindreschen sehen. Punktgenaue Gerechtigkeit.

Der traurige Rest klettert über einen meterhohen Zaum in den Nachbarhof. Als die letzte Vermummte Gestalt grade über den Stacheldraht steigen will, stürmt ein Polizist nach. Offensichtlich hat sich da wer im Stacheldraht verheddert, wie schade. Beherzt reißt der Polizist sich den Helm vom Kopf. Sein breites Grinsen quittiert den Dienst.

„Naaaaaa“, blubbert er in einer Mundart, die sich durch Generationen von Inzest zur vollendeten Hässlichkeit gesteigert hat. „ist eure kleine Party schon zu Ende?“

„Fick dich.“, antwortet das Stacheldrahtknäul.

„Vorsicht, das ist Beamtenbeleidigung. Aber ich habe vergessen, für Euch gelten die Regeln ja nicht? Ihr meint ihr habt eine Extrawust verdient? Na, das haben wir jetzt davon.“

„Gotteskomplex, wa?“, der Stacheldraht gibt langsam blutige Beine frei. Der Vermummte könnte abspringen, leistet sich aber noch einen Blick auf das Schweinchen. Seine feisten Bäckchen, die kessen Segelohren, den doppelplusselbstgerechten Blick. Ist da noch Menschlichkeit drin?

„Nein, Gott brauche ich nicht, wo Recht herrscht.“, langsam hebt er einen Pflasterstein auf „Habt ihr einen Vergessen?“

Der vermummte schreckt kurz auf, aber die Panik gibt dem Körper nur unsinnige Befehle: Schwitzen, Stuhlgang, Drang nach Tigerbalsam.

„Weißt du, manchmal muss man bei so Kandidaten wir euch sogar ein bisschen Recht walten lassen, als recht ist.“. Blitzschnell wirft er den Stein zielgenau auf das Bein des Vermummten.

Dies ist die Geschichte von einem Vermummten, der aus 5m von 'nem Zaun fällt. Während er fällt, wiederholt er, um sich zu beruhigen, immer wieder: ‚Bis hierher lief's noch ganz gut, bis hierher lief's noch ganz gut, bis hierher lief's noch ganz gut...‘. Aber wichtig ist nicht der Fall, sondern die Landung!“

Kurz vor dem Aufprall hört er sein strammes: „Gruß aus Sachsen!“

Morgen

 

Christians Beine zucken, er purzelt in den Tag: „...nur noch über den Hinterhof flüchten sehen.“,plärrt es: Hand drauf, Schnauze. Wie der letzte Guerilla versteckt Christian sich in den wohligen Tiefen des Schlafs. Doch keine Chance, die faschistischen Bastarde räuchern ihn raus. Werfen Wort für Wort Trashnapalm über dem dunklen Dickicht ab, bis alle unfertigen Gedanken kreischend mit brennender Haut ins Helle stürzen. Polierte Armeestiefel knacken ihre Schädel wie Eierschalen auf der lehmigen Straße: Alltag, Alltag, Alltag. Keiner kann sich verstecken. Vögel steigen auf: Wer kann flieht.

Licht fällt durch Isoglasfenster, die ersticken das Leben. Es entblößt Christian nackt in den Laken. Eine Lüge, die sich etabliert hat. Die einst klein war, aber er hat sich verstrickt, er kann sie nicht mehr zugeben. Was sich angesammelt hat, ist einfach zu hässlich.

 

Hässlicher ist nur Simone, zumindest jetzt. Im Spiegel sieht er hinter sich ihre verschmierten Wimpern. Das, was gestern noch definitiv fickbar war, ist heute nur ekelerregend. Bedacht geräuschlos richtet er sich auf, das Bett knarrt ihn böse an. Verantwortung in Form von 4 Klemmschraubhölzern, 30 Dübel-Set von IKEA. Unbehandeltes Holz; kann geölt oder lasiert werden. Für persönliche Note und strapazierfähigere Oberfläche. Investition, die sich lohnen will. Vor ihm breitet sich der Alptraum aus, den Simone in ihrer Wohnung beschwört. Kindlichkeit, die man kaufen kann, teurer als rumänische Kindernutten an der Kurfürstenstraße: Blaue Schränke materialisiert aus Tim Burton Filmen, Felle aus Kunstleiche, winzige Bilder von zu Krüppeln gezüchteten Hunden. Er schiebt sich durch die perfide exakte Vermöbelung, die Leben für Luxus erstickt. Die makellos lackierte Diele unter ihm stöhnt. Sie hätte das nicht machen müssen, die gehässige Scheißfotze, tat es aber trotzdem und blickt ihn nun aus toten Holzaugen an.

Es wälzt sich im Bett und lautiert. Kurz genießt er noch die Ruhe. Versinkt bis zu den Knien in den Erinnerungen an sein Versteck, bevor ihre Halbwertszeit abgelaufen ist. Weichlinge haben in dieser Welt nichts verloren.

 

„Mmmh...Bist du schon wach?“ ,fragt Simone und wirft einen Blick auf die – türkise – Uhr. Die Lagerkommandantin weiß, dass noch kein Ausgang ist.

Heiß ergießt sich Kopfschmerz unter Christians Schädeldecke. Er reißt seine Mundwinkel nach oben und präsentiert seine Grimasse, seine beste Miene um die Zeit. Der Spiegel zertifiziert ihm, dass er bestanden hat, er ist eben immer noch der Beste.

„Natürlich, du dreckiges Stück Scheiße, sehe ich aus als würde ich schlafen?“, sagt er, aber sein innerer PSA (Personal Society Assistant) Jean formuliert dezent um in:

„Ich mach Frühstück“.

„Du bist der Beste.“

Christian und Jean sind sich einig: Wenigstens da hat sie recht.

 

In der Küche ist Christian ganz in seinem Element: Mit sich. Nicht, dass er Frühstück machen könnte. Die Espressomaschine wird mit Filterkaffee zwangsernährt, und als das nicht funktioniert Espressopulver türkisch ins Glas gerührt. Jean verkauft das ganze als Marktforschung. Toast gleich ab ins Krematorium, was bei Drei noch steht wird runter geschmissen. Frühstück, dass ist unter Christians Radar, er ist zu größerem geboren. Das wissen auch die kleinen weißen Pillen, die ins Wasserglas wandern. Dem Wasser haben sie nicht viel zu sagen, aber in Christians Kopf setzen sie sich an die Schaltzentrale und sagen Sachen wie: Alles ok. Eigentlich kann man das aushalten hier. Schöner Tag. Wir sind stolz auf dich. Du schaffst das, großer.

 

Und ja, er schafft das. Er hat es bis jetzt immer geschafft. Auch wenn die Wände anfangen zu zittern und die Augen sich aus dem Schädel pressen, Christian steht da, wo er stehen soll, hält die Stellung.

 

Simone kommt rein und präsentiert das, was sie kann: sich. Jean, die Pillen und was von Christians Empfinden übrig ist, sind sich einig: Simone ist geil. Sie weiß das und genießt es. Ihre blonden Haare wehen ihr hinterher und zitieren den Kanon aller Werbespots seit 1952, ihre lange Beine spotten dem Glauben ans Altern. Sie trägt ein frisches Schlafhemd, das 10cm zu kurz für ein züchtiges Frühstück ist. Christian liebt sie dafür, er möchte ihr ein Kind opfern. Sobald sie die Schnauze aufmacht, wird das vorbei sein.

 

„Frühstück für Anfänger, was?“. Jetzt. Hasst. Er. Sie. Wieder. Der Hass lauert unter der Abdeckfolie, bricht sich immer Bahn, wenn er nicht von Bedürfnissen in Schach gehalten wird. Simone materialisiert ein abgepacktes Frühstück aus dem Kühlschrank (Innenwandfarbe: türkis): „Voilà!“ Ihr Codewort für: Du hast ab jetzt nichts mehr zu sagen. Unterwirft dich dem Comfortregime. Be my own pet. Und Christian macht das. Der macht das weil es so einfach und so angenehm ist. Weil er schon lange seinen Stolz an der Demarkationslinie verloren hat. Er macht sich CoCo-Pops. Kein Nährwert, aber so viel Zucker, dass Freude manchmal kurz aufblitzt, bevor das Zittern kommt. Schmeckt nach der Zeit, in der man fürs idiotisch sein gelobt wurde.

 

Da sitzen Sie nun, sitzen und kauen sich an. Schütten Kaffee in sich rein um den Tag zu ertragen, der sich ungefragt in ihr Leben drängt. Sein fettes helles Kinderschokoladegesicht schmerzt ihnen in den Augen. Es gibt nicht mehr zu sagen. Magazine rascheln.

 

Christians MensHealth bringt Männer in Form: Mit Tipps für Waschbrettbauch, Workouts, Männergesundheit, Abnehmen, Männerdiät, Flirten, Penis, Rauchstopp, Autos...Es proklamiert den Freispruch für Schnautzer, Koteletten & Co. Denn coole Bärte sind Trend, wie diese 7 Leser beweisen. Plus: Stilberatung für die unterschiedlichen Bartformen. Ein adretter Jungunternehmer mit kantigem Gesicht und dünnen braunen Haaren blickt ihn beim Umblättern kurz an. Wie ein eisiger Wind zieht das an Christians Leben vorbei. Jean hingegen schreibt eifrig mit.

 

Simones EMOTION bietet Inspiration und Impulse für Frauen, die ihr Leben selbstbestimmt gestalten und sich weiterentwickeln wollen. In unverwechselbarem Design und hoher journalistischer Qualität bietet EMOTION kompetente Information echte Gefühle, überraschende Sichtweisen auf die Gesellschaft, Schicksalsgeschichten, die bewegen und Mut machen – und bei allem eine klare Haltung. Die Rubrik "Woman and Work" richtet sich speziell an beruflich engagierte Frauen und liefert ihnen mit Informationen, Anregungen und Hintergründen – von Selbstmanagement über Netzwerkbildung bis hin zur Geldanlage – den entscheidenden Mehrwert für ihr Berufsleben. Simone wird ganz heiß, als sie ein Bild von Christian unter Junge Aufsteiger findet. Sie lässt die fetten Seitenwülste auf den Tisch klatschen.

 

Christian schaut auf, verärgert, da ihn interessiert hätte, wieso die Missionalstellung das Schnitzel des Sex ist. Aber Jean hat das im Griff, was rüber kommt ist schlimmstenfalls glasig und bestenfalls, für Simone, irgendwie süß.

 

„Wir sollten heiraten.“, proklamiert sie. Stille. Der Pillenkaffee in Christians Magen frisst sich in Gedärme. Er weiß, dass das Fenster zwei Meter rechts von ihm ist. Den Sprung aus dem dritten Stock würde er überleben, aber vielleicht verkrüppelt. Jean wirft ein, das wäre nicht vereinbar mit den Job. Dann folgt Leere, blanke Angst.

 

„Du Dummerchen!“, flötet Simone, „Aber nächste Woche ist Mandys Hochzeit, kommst du mit?“

 

„Klar, wenn man mir sonst den Schwanz abschneidet, gerne.“

 

„Es wird ein richtiges Event, im Felix, Moni ist da, Frank, es soll sogar ein Fernsehteam kommen.“

 

„Das könnte dann ja glatt als Holocaustreenactment durchgehen.“, brummt Christian in die Zeitung.

 

„Du bist ein Schwein.“. Simone sieht in direkt an, sie performt ehrliche Entrüstung perfekt.

 

„Ich weiß“, sagt Christian unentschieden. Seine Emotionen zergleiten, wie der Kaffee, den er gleich umschmeißen wird.

 

Denn Jean hat den Wecker gestellt, 13 Minuten und 45 Sekunden, mehr mutet er Christian nicht mit Simone am morgen zu. Damit sollte die Sexualschuld mehr als beglichen sein. Die restlichen 50 Sekunden, in denen sie den Kaffee wegwischen muss, den Christian jetzt umschmeißt, als er erschrocken vom Stuhl hoch schießt, kann sie als Trinkgeld behalten.

 

130 Sekunden später ist Christian vor der Tür. Das Hintergrundrauschen des Universums wird durch die Straßen Berlins milliardenmal verstärkt und schreit ihn an. Eisern marschiert er in den Schlund einer Stadt, die ihn nicht braucht, aber will. Sein Rating ist AAA+: Anzug, Apple, Arisch. In den Straßen Prenzlauer Bergs fällt er nicht auf. Die ersten seiner Sorte haben den Stadtteil getötet, gefickt, und stolzieren jetzt mit ihm über seine gentrifizierte Leiche. Junges Unglück mit Retrokinderwägen. Christian likes. Aber zu off.

 

Ein Penner stellt sein minderwertiges Mistleben in den Ihm vorgezeichneten Pfad zur Arbeit. Hält einen Becher einer Kaffegesellschaft, die ihn schon deswegen verklagen sollte. Christian spuckt rein. Der Penner fängt einen Doppeltongesang zwischen Beschimpfung und Flehen an, Christian zeigt ihm den Finger. Ohne sich umzudrehen. Natürliche Auslese, Baby. Krähen wissen auch wie hässlich sie sind und betteln nicht. Eine Hippiefotze spielt Gitarre. Niemand braucht ihr Scheiß Lied. Er verschwindet in der Menge der Menschen, die langsamer sind als er. Und das sind alle. Die Unterperformer. Hier, auf der Hauptstraße, lungern Touristen und schleichen Bettflüchtige in Hartz-4-Geschwinigkeit. Wenn er an der Macht ist, und bis dahin ist es nicht weit, kommen die alle ins Lager.

 

Der Wind aus dem U-Bahntunnel kündigt die Bahn an, das nächste kleine Etappenziel, die nächste Prüfung. Christian besteht immer: Die roten Lichter haben fast ausgeblinkt, die Türen schließen sich, Christian springt durch. Schafft Platz, wo keiner war. Ein Geschwür im Volkskörper. Der drängt sich warm und stinkend um ihn herum. Achselhaare zeigen auf ihn, mit Edding gemalte Wimpern drohen abzufärben, kiloweise Winkfett wabert gefährlich nahe: Sieh Herr, was aus deiner Schöpfung geworden ist. Platzangst überkommt ihn, nimmt ihn von hinten in den Schwitzkasten. Jean ist alarmiert, als er schnell atmet und kleine weiße Sterne durch das Blickfeld zu regnen beginnen. Klar würde er sich umbringen, aber Suizidgedanken sind nur Massage der Seele. Kann er sich nicht leisten.

 

Um nicht sofort kotzen zu müssen zückt er sein Smartphone. Kurz überlegt er Simones Nummer zu löschen, eine der wenigen, die ihm in der Rubrik „Privat“ noch bleiben. Nein, er checkt lieber Mails: Da wartet viel, zu viel, um es selbst bearbeiten zu können, wie immer. Dafür hat er eine 100 Sekretäre in Indien. Seine Sekretärinist zu doof um nur einen Anruf anzunehmen. Er hat sie wegen ihres Arsches. Trotzdem: Das Überfliegen der Emails erzeugt in ihm eine kleine dreckige Freude. Es ist die Erfüllung der Sicherheit der Macht. Ich bin wichtig, also bin ich. Es vertreibt die Sterne.

 

Unter der Erde verlässt die Menschenwurst das resthippe Terrain und schiebt sich über den Sozialäquator in Richtung wichtig. Christian ist an die Scheibe gepresst und beobachtet wie die Tunnelwände saftig werden wie Mohnkuchen. Er wird hier wohnen. Sobald das Fahrverbot aus seinem kleinen Koksmalheur vorbei ist, sobald er eine neue Freundin hat, sobald er seinen Chef beerbt. Heute ist es soweit. In wenigen Minuten redet er seinen Weg in den Olymp. Er ist das Wurstende.

 

 

On Air

 

Ein kleines Backsteinhaus versucht sich gegen die Stahlbetonexzesse der absoluten Innenstadt zu behaupten. Es liegt auf der falschen Seite des Bahnhofs, da, wo der Bratfettgestank aus den wilden 90ern noch in den Ritzen hängt. Niemand von Belang fährt hier vorbei. Deshalb muss das Haus rumschreien, wenn es gehört werden will. Und das will es.

 

Christian nimmt sich vom Bahnhof ein Taxi, Kurzstrecke, Maximum Repräsentation für ein Minimum an Geld, wie geplant 75 Sekunden zu spät. Sähe jemand ihn aussteigen, dächte er unwillkürlich an längst vergangene 3 Wetter-Taft-Werbungen: Moskau, -25 Grad, Eissturm, die Frisur hält, Jerusalem, 1000 Grad, Jüngstes Gericht, die Frisur hält, Berlin 15 Grad, Wolken – Die Frisur hält, dank 3 Wetter Taft! Leider ist keiner da, der Film läuft alleine für Christian, und hier kann man nicht mal wichsen. Noch nicht.

 

„Herr Christian, da sind Sie ja endlich“! Drinnen schlägt ihm die stickige Luft entgegen, die er verdient hat. Und endlich: Achtung. Geschäftige Menschen in Geld irren umher, Blätter fliegen, Brillengläser beschlagen über dicklichen Altkinderbacken. Erste Regel im 1x1 der Macht: Sei Teflon. Je zudringlicher die Helferlein werden, desto unberührbarer wird Christian. Es geht enge Treppen hoch, zu dicht vorbei an Marja, der PR-Assistenz, die zu wenig entrüstet ist. Selbst hier leiert das Radio, die Partei versucht mit den Leuten von heute Schritt zu halten: „All the other kids with the pumped up kicks

You'd better run, better run, outrun my gun.“ Morden für Turnschuhe. So ehrlich sind hier nur wenige, einer davon wartet hinter der nächsten Tür.

 

„Aufnahme“ steht darauf, der nächste Raum ist das Herz, Hirn und die – laute – Stimme des kleinen Gebäudes. Hier rechtfertigt es seine Existenz dadurch, dass es immer wieder behauptet zu sein. Zwei Männer stehen auf blauem Hintergrund. Geräte und Kabel verstecken sich im Dunkel dahinter. Es summt Spannung in den Platinen, alle sind bereit loszulegen. PR-Chefstratege Paul ohrfeigt ihn mit einem Blick. Ein Scheißer aus dem Kindergarten, der Jungorganisation, labert ihn zu: „...eine Ehre, dass ich heute hier sein darf. Wir fiebern echt total mit Euch mit. Ich meine, es wird Zeit, dass die Leute aufwachen, oder? Es kann nicht so weiter gehen. Die Leute müssen wieder Verantwortung für sich selbst entwickeln. Der Päppelstaat, das bringt doch nichts...“

 

„Christian, wir dachten schon du kommst nie“, donnert Paul, der Scheißer wird einen Kopf kleiner.

 

Maximal kompetenter Handschlag, Pauls Anzug sitzt selbst in der Beuge perfekt. Routiniert as fuck, Hurensohn. Der wandelnde Emotizid. Christian möchte ihn mit einem Fleischermesser bearbeiten.

 

„Paul. Kanns los gehen?“

 

„Herr Christian, es ist mir eine Ehre...“, stottert der Scheißer los und grabscht nach Christians Hand. Sein Lächeln erstirbt, als Christian sich nicht rührt. Wie er diesen Moment liebt. Lächeln ist überbewertetet. Würden die Menschen bewusst jedes sterbende Lächeln beobachten, wären sie vorsichtiger, wem sie eins schenkten – oder wie viel dafür verlangten.

 

„Entschuldigen sie Herr...äh, wir stehen kurz vor der Liveschaltung, wenn ich sie bitten dürfte...“, mehr fällt Paul nicht nein, mehr brauch er nicht, die Tür fällt hinter dem Scheißer ins Schloss. Guter Mann, der Paul. Läuft wie ein Uhrwerk. Ein Machthipster wie er im Buche steht. Mit etwas Glück, mehr Können und verdammt viel Ruchlosigkeit kommt er in, na sagen wir 5 Jahren auch dahin. 2 Jahre schneller als Paul gebraucht hat. Seine erste Amtshandlung wird es sein ihn achtkantig aus der Tür zu treten.

 

„Wer lässt die immerrein?“, brummt er, während er sich umdreht und ein Mikrophon von seinem Vorbestimmten Platz aufnimmt. „I try to be tolerant but then there are people.“

 

„Penner, ja. Ich kann die ganze scheiße nicht mehr hören. Mann müsste. Mann könnte. Man darf nicht.“

 

„Und dann noch die armen Kinder und Hausfrauen!“

 

„Wenn mir irgendwer mehr am Arsch vorbei gehen sollte wurde ich darüber noch nicht gebrieft.“

 

Paul fällt ein Lächeln aus dem Gesicht, während er an Christians Kragen herumfingert. Hinter ihnen taucht eine Tribüne und das FDP Logo in schreiendem Gelb auf.

„Bist du heute Abend dabei, Party bei Steve?“

 

„Mal sehn...habe eigentlich ein Date mit Moni, glaube ich, aber vielleicht...“. Nichts hat er. Selbst wenn er Moni nicht ab und an stumpf ficken würde, für eine Party bei Steve würde er sie die nächste Klippe runter schubsen. Partys bei Steve, da muss man sein. Wer dort nicht ist, ist nicht.

 

Paul kneift die Augen zusammen und schaltet wieder auf Arbeit: „Also, bist du die Formulierungen nochmal durch gegangen?“

 

„Ein anständiger Deutscher liebt Probleme mehr als ihre Lösungen?“

 

„Reiß dich zusammen, das ist wichtig jetzt.“

 

„Es gibt so große leere Worte, daß man darin ganze Völker gefangen halten kann.“, Christian weiß was er braucht. Was spannendes, was zum spielen und ein Zitat von ihm. Das er auch geklaut hat, aber darauf kommt es nicht an.

 

„Und den ganzen Mist nochmal auf Kohärenz geprüft? Die Newspisser zerreißen uns wenn die was finden.“

 

„Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“. Paul schaut ernst auf, seine Augen pressen sich aus den Sockeln. Kurz bevor sie platzen bricht er in schallendes Lachen aus.

 

„30 Sekunden bis zur Sendung!“, grölt es auf dem Dunkel. Angstvoll huschen Schatten umher.

 

„Vergiss nicht“, zischt Paul, „es geht um viel, wenn nicht um alles. Zeig denen, wo der Hammer hängt. Die wollen glauben, gib ihnen die volle Packung. Keine Skrupel. Vergiss nicht, du bist der Beste der Besten der Besten.“

 

Natürlich war Paul der Beste, das wussten beide. Aber Christian punktete mit seinem Gesicht. Und das Interessiert den Wähler mehr als das Gelaber über Geld und Frieden. Die Leute wollen lieb gehabt werden, und ein wenig unterhalten. Sie sind so verzweifelt, dass sie mit der stumpfsten Illusion Vorlieb nehmen, und da kommen Christian, Paul und die FDP ins Spiel.

 

Das Tuscheln zwischen den Kabeln nimmt ab, Paul entfernt sich wie der Trainer vorm entschiedenen Kampf, die Linsen stellen sich scharf. Eine Präsenz rollt auf diesen Ort zu, das Auge der Welt richtet sich für kurze Zeit auf diese kleinen Ameisen. So muss sich Goebbels im Sportpalast gefühlt haben. Christian holt Tief Luft, sein Anzug schimmert leicht, er sieht ein rotes Licht aufleuchten: Es ist Zeit für den totalen Krieg.

 

 

UND

 

„Meine sehr verehrten Damen und Herren,

liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde,

 

ich bin vor 19 Jahren in die FDP eingetreten. Es waren schwierige Zeiten. Eine Landtagswahl nach der anderen ging verloren und den Tiefpunkt hatten wir 1994 bei der Bundestagswahl erreicht. Unser Slogan war „Wer Kohl will, muss die FDP wählen“. Und wer kann Kohl nicht wollen? Aber, liebe Freunde, es war für mich enttäuschend, dass an dieser Stelle nur noch das Funktionsargument stand und nicht mehr unser liberales Programm.

 

Ich habe mir damals mit vielen anderen Parteifreundinnen und Parteifreunden eines

geschworen: solch eine Situation darf sich für die Freien Demokraten in Deutschland nicht

noch einmal wiederholen. Und deswegen ist Freiheit nach wie vor unser zentrales Prinzip. Freiheit ist der Wert, für den es sich lohnt, im Alltag zu arbeiten, aber eben auch in schwierigen Situationen wie jetzt zu kämpfen. „Frei geboren zu werden ist Schicksal, frei zu leben nicht. Und frei zu sterben, das ist Pflicht.“

 

Aber was heißt eigentlich Freiheit: Freiheit heißt für uns, dass jeder die Möglichkeit

hat, seinen Lebenstraum zu verwirklichen. Ich weiß nicht, wie Ihr Lebenstraum aussieht.

Wollen Sie eine Familie gründen? Fußballer werden? Vielleicht wollen Sie aber auch einfach nur einen Hund wie meine Zwillinge, oder einen Handwerksbetrieb. Es geht uns als Liberale überhaupt nichts an, wie Ihr Lebensentwurf aussieht.

 

Aber liebste Freunde, wir sehen uns in der Verantwortung, alles dafür zu tun, dass jeder in

unserer Gesellschaft die Möglichkeit hat, seinen Lebenstraum zu verwirklichen. Es ist die Leistung, die bestimmt, wer zur Elite zählt. Sein eigenes Leben in die eigenen Hände zu nehmen, um es selbst und frei zu gestalten. Das, meine Damen und Herren, ist unsere Vorstellung von gelebter Freiheit.

 

Und viele fragen sich, wo ist denn in unserem Rechtsstaat in Deutschland die Freiheit

eigentlich überhaupt noch bedroht. Guido Westerwelle hat sich die Frage gestern auch

gestellt. Und in der Tat ist die Antwort richtig. Es gibt keine großen Umbrüche, die die Freiheit gefährden, aber die kleinen Veränderungen sind manchmal noch viel gefährlicher als die großen. Ich weiß nicht, ob Sie das kennen. Das Experiment mit dem Frosch. Wenn Sie einen Frosch in heißes Wasser werfen, dann hüpft er sofort heraus. Wenn Sie einen Frosch in kaltes Wasser setzen, und dann langsam die Temperatur erhöhen, wird er zuerst nichts merken und nichts machen. Und wenn er etwas merkt, dann ist es zu spät, für den Frosch.

 

Der erste Generalsekretär der Freien Demokratischen Partei, Karl-Hermann

Flach, der hatte nichts mit grünen Fröschen, aber er hat ein kleines grünes Buch geschrieben. „Noch eine Chance für die Liberalen“ und dort hat er genau das beschrieben, was Guido Westerwelle gestern erwähnt hat „die Freiheit stirbt scheibchenweise, Schnitt für Schnitt, und deswegen ist es Aufgabe einer liberalen Partei, überall da, wo versucht wird, der Freiheit ein Stück weit ein kleines Stückchen abzuschneiden, vehement diesem Versuch entgegen zu treten.“

 

 

Einmal mit Alles

 

„NEEEEEEEEEIINN, nichtnichtnicht, bitte!“. Das frisch geschliffene Dönermesser fährt am exzessiv gebräunten Hals vorbei. Man hört die Klinge die verstopften Poren öffnen. Es ist dunkel und warm, die nackten Backsteinwände fressen gierig alle Schreie. Draußen dröhnt die Badstraße autistisch vor sich hin.

 

Wenige hundert Meter entfernt bewegt sich der Mittelpunkt der Welt auf den dunklen Raum zu. Berlin, 15 Grad, der Schritt sitzt. Das Haar trieft vor Gel. Der breite Gang vor Potenz. Das Schwanken macht jedem Besoffski Ehre, ist aber Berechnung. Handy- und 50 Cent-Läden zum Amokkaufen ramschen die Straße voll. In den Scheiben spiegelt sich die schwarze Glanzdaunenjacke. Sie macht klar, dass es keinen Zufall gibt. Nur die Vorhersehung. Von Volkan. Dem Herrscher der Unterwelt.

Wolla, ein scheiß Punker geht auf seinem Weg, geht nicht weg. Soll kommen, alta. „Was guckst du, hä?“, seine Hand drückt das Klappmesser in der Tasche. Eine scheißfeuchte Plasikgebärmutter, aus der Leid in die Welt kommen will. Aber der Punk weicht aus, kein Plan, wohl besoffen. Keine Ehre. An ihm ist völlig vorbei gegangen, dass er nur ganz knapp einem Krieg entgangen ist. Denn das ist das Leben auf der Straße. „Hows und Pimps, du musst Kämpfen um zu Leben, Maskulin Gangster, duck' dich denn ich schieße, Nigger!“, zischt Volkan KKS vor sich hin. Als er noch nicht Fake war, natürlich. Jetzt ist er ein Opfa, wie alle. Außer Volkan. Zwei Kinder trinken Red Bull, er so mitten durch sie hindurch.