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Kristjan Knall

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Beschreibung

Ein mieses Stück scheiße rennt dem ganz großen Ding hinter und verläuft sich? Knochen brechen, Drogen beginnen zu wirken, du bist die Abschussparty? Ausverkauf von allem und jedem, bis die heiß gelaufene Maschine sich selbst verheizt? Bisschen Sadomaso geht schon klar, man gönnt sich ja sonst nichts? Aus ganz großer Literatur wird Schund, Goethe, nur Goethe kann man noch ertragen? Knüppel in die Fresse vom Freund und Helfer? Schon mal gehört, aber wieder vergessen, aber eine Milliarde Klicks? Eine SMS während du versuchst deinen käsigen Fischkörper über wen drüber zu schieben? Deine dicke fette Moma? Ausrasten, abkacken, abdrücken, alles mit Blut und Scheiße beschmieren? Dein Leben?   Dann ist das was für dich.   Wenn nicht verpiss dich du armseliger Zellhaufen und mach deinem Trauerspiel von Opferdasein ein Ende. Denk dran, wenn du verreckst, und wenn das nicht schnell genug geht helfe ich nach: Hier hast du die einzige Gelegenheit verpasst, die du je hattest.   "Warum also soll man sich mit einem weiteren dieser Autoren treffen? Zumal der Verlag auch noch selbst davor warnt." - Der Tagesspiegel, 19.3.2013. "Fast durchgängige Meinung: Kristjan Knall hat einen Knall." - Berliner Kurier, 19.2.2013 "Vieles an Knalls Beschreibungen ist maßlos übertrieben und landet oft unter der Gürtelline." - Berliner Morgenpost, 24.3.16. "Dass er in der Verkleidung wie eine jüngere Ausgabe von Helge Schneider wirkt, war ihm nicht bewusst, ist ihm aber recht." - Süddeutsche Zeitung, 28.11.14 "Im Online-Auftritt des Berliner Kuriers hinterlässt ein Leser am 18. Februar in der Kommentarspalte hinter dem Bericht über die Flaggenverbrennung folgende Nachricht: "Für den Vogel sollten wir Berliner sammeln, um ihm ein Ticket nach Russland zu spendieren, am besten dorthin, wo der Meteorit runtergekommen ist. Oder an die Elfenbeinküste, da kann er ja dann die Menschen weiter beleidigen. Mal sehen, was die dann mit ihm machen." - Cicero, 20.6.2013   Weiteres vom Meister des Abfucks:   Berlin zum Abkacken. Eulenspiegel, 2013 111 Gründe Berlin zu hassen. Schwarzkopf, 2016 Stoppt die Klugscheißer!. Eulenspiegel, 2013 Europa ist geil, nur hier nicht. Eulenspiegel 2014   Edition Umsonst:   Fuck Berlin - A Not-Guide, 2022 Wir Lügner – wie Google uns uns entlarvt, Bookrix, 2017 Als Mehmet Yildiz: Neukölln, ein Frontbericht. Bookrix, 2017 IS-Idioten – was mal gesagt werden muss, Bookrix, 2017 Hassfick - Pick-Up Artists, Tinder, Liebe und Hass. Bookrix, 2016 Land ohne Eigenschaften - Eine Reise durch Dunkeldeutschland. Bookrix, 2016 Berliner Armee Fraktion - Der Kampf beginnt. Bookrix, 2016 Fuck Trump - Sind die Amis wirklich so bescheuert? Bookrix, 2015 Fake News – Zu schräg, um wahr zu sein?, Bookrix, 2015 Shitstorm - Der letzte Thriller. Bookrix, 2015   twitter.com/Kristjan_Knall facebook.com/dakristjanknall/ [email protected] 

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Kristjan Knall

Shitstorm

Der letzte Thriller

Ihr, die Ihr eintretet, lasset alle Interpretationsversuche fahren, denn hier steht von wem geklaut wurde. Dank an diese perversen Schweine: Bret Easton Ellis und Mary Harron für American Psycho, Paul Auster für Schlagschatten, Dirk Bernemann für Satt. Sicher. Sauber. und andere Werke, Jaques Derrida für sein Werk, dem Internet außer Twitter, Chuck Palahniuk und David Fincher für Fight Club, Joachim Gärtner für Ich bin voller Hass – und das liebe ich, sowie Dylan Klebold und Eric Harris für ihre Aufzeichnungen, Allah für den Koran, allen anderen Göttern für ihren Rap, Zapf für Baby Born, Irene Welsh für Trainspotting, Vice Magazine für Cold Turkey Kids, den Randalierern Englands für die Krawalle, Francis Ford Coppola für Aplocalypse Now, Raoul Eshelman für Performatismus, Oscar Wilde, Vice Magazine, Zoophilie-Organisation ZETA Beschimpfungen und Heiratsanträge gerne an: [email protected] BookRix GmbH & Co. KG81371 München

1. Richtig

Nichts beginnt jemals. Alles passiert immer schon, verändert sich unaufhörlich, Selbiges stirbt und hinterlässt Gleiches. Das Heidnische heiligt sich, das Tragische macht sich lächerlich, die Liebe wird sentimental, Dämonen zu Spielzeugen, alles zu Trash. So wahr, so fruchtbar, so scheißegal.

Denn alles ist Verhältnis. Stimmt das nicht, bricht es dir das Genick.

Higgs hat keinen Nerv für solche Überlegungen. Er fährt sein Hirn in einer Schuhschachtel von Büro hoch und versucht, aus Gedanken Miete zu melken. Miete, das finanzielle Atmen. Die Daseinsberechtigung, die Zeit, die Schuld.

Was soll das für ein Scheißleben sein? Von einem miesen Job zum nächsten kriechen, im Wettkampf um das schnellste Altern. Hinten und vorne reicht es nicht, obwohl man der Beste ist, der Allerbeste, wirklich der verfickte Überflieger. Die Beste aller Möglichkeiten, aber keiner nimmt das zu Kenntnis. Sie lassen einen mit gerissenem Schließmuskel in der Gosse liegen. Man wird so stromlinienverformt, dass man für jeden unerwarteten Gedanken unerreichbar ist.

Was ist das für eine Vergangenheit? Die Tage sind Zeitsättigungsbeilage zwischen den Wochenenden, an denen man sich so zuhämmert, dass sie vergessen bevor sie gelebt sind. Der Rückblick ist das Einzige, der einen erinnert, dass es noch Hässlicheres gibt als die Realität. Auf dem liegt zumindest die Nuttenschminke des Jetzt.

Was waren das für Affären, mit denen man abgestürzt ist? Die jetzt so fett und hässlich sind, dass man sie nicht wiedererkennt, wenn man für ihre Dienste bezahlt? Was für Eltern, die einen in die Welt geschissen haben, nur um einen durch alle Farben zu prügeln? Die einfach mal Körpersäfte durch die Gegend gespritzt haben und dann beieinander geblieben sind, weil man das halt so macht, wenn Mensch passiert. Und dann keine Ahnung hatten, was sie mit einem anfangen sollten. Ihr Leben war nur Ende, das eigene sollte nicht anders verlaufen. Dann stehen sie alle beieinander, viel zu eng, die Menschen und wissen nicht, was sie miteinander anfangen sollen. Also ficken sie sich. Wenn das nicht geht bescheißen sie sich. Oder töten sich. Aber egal wie viele abgeräumt werden, immer kommen welche nach. Es wird immer enger und stickiger. Alle waten in Scheiße und Blut. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man niedergetrampelt und im Matsch zerdrückt wird. Allein der Gedanke daran was zu ändern, ist so schrecklich, dass die meisten ihn meiden wie die leibhaftige Pest. Über allem donnert Musik, Gerede, Information. Das Rülpsen aus den Duschen, das sie noch kurz hoffen lässt. Dann kommt das Gas.

Du bist ein Nichts. Du bist weniger als nichts, du bist nicht mal mehr der Schein. Du bist minderwertiger als die Füllwörter, die dich umgeben. Deine Hackfresse lässt echte Menschen sich mit Grauen abwenden, dein Kopf ist gefickt und liegengelassen. Charakter? Du bist ein Scheusal. Es braucht schon einen ganzen Coworkingspace, um dich angemessen hassen zu können. Nicht mal mit Geld kannst du protzen, bei dir helfen keine Prothesen, außer man schlägt sie dir mit voller Wucht in die Fresse. Du widerlicher, dreckiger, verformter Murkel, tu´ allen einen Gefallen und verpiss´ dich aus den Ereignissen. Und selbst dazu bist du noch zu dämlich. Das sieht dann so aus:

Higgs Welt ist hochkonzentriert und pasteurisiert in seiner Perspektive. Alle Information läuft bei ihm zusammen, sollte es noch andere geben, sind es Fehlermeldungen. Freiheit über Sicherheit, klar, besser Detektiv sein als Bulle, so weit reicht es gerade mal. Als ihm das Gekumpel im Dienste des Guten, Wahren und schön Ereignislosen gefährlich verlockend erscheint, schneidet ein Onlineanruf dazwischen. Es schiebt sich ein Gesicht an das Milchglas der wabernden Verbindung. Hertz legt keinen Wert auf Standortbestimmung, Grußworte und Aussehen. Sein Gesicht ist beleidigend schlecht mit externer Software verpixelt, sodass das Ruckeln seiner Bewegungen es fast unkenntlich macht. Wahrscheinlich aus Gnade, denn das, was man erkennen kann, ist hässlich bis abstoßend. Ja, Higgs ist wirklich Detektiv, und ja, Herr Hertz hat einen Fall für ihn. Ganz einfach. Einen Fall, einen Sachverhalt, mit dem man sich unter einem bestimmten Aspekt beschäftigen muss. Einheit einsatzbereit. Fantastisch, denkt Higgs, und man kann es ihm nicht mal mehr verübeln. Sieht es doch so aus, als könne alles beim Alten bleiben. Der Fall scheint simpel: Beschattung, eine kurze Beschreibung, die Wohnung gegenüber ist schon angemietet, monatliche Zahlung. Hier, 500 erst mal vor den Latz geknallt. Ein Maileingang kündigt unten rechts kokett eine Sofortüberweisung an. Wie lange der Fall gehen werde ist nicht klar. Aber Zeit ist Geld und je weniger er davon verschwendet, desto mehr bekommt er ausgezahlt. Das Fallgesetz: Nur Hertz stellt den Kontakt her, ein bisschen Spannung muss sein. Zustimmend maximal kompetent Nicken, zum Abschied eine gesellschaftlich anerkannte Grimasse; Hertz ab. Geld da. Higgs noch immer nicht ganz. Sein Kalenderprogramm schon, die Zukunft drängt. Termine werden abgesagt und das Sozialleben portalweise auf Abruf liquidiert. Dann ab in die Tasche mit der Maschine. Den kleinen Bruder Egil, das Smartphone, auch, dazu Abhörequipment und alles, was den Körper frisch und blütenrein hält. Familie Higgs bitte zum Gate. Flug 500 nach Nirgendwo, untertauchen. Higgs ist Untergrund- wenn er rappt, fliegt die U-Bahn. Auf dem Weg durch die Stadt protestiert Egil. Besoffen vom schlechten mobilen Internet stottert er Higgs Brocken der Entrüstung entgegen, von denen, die sich nicht kampflos abstellen lassen wollen. Nietzsche wollte im Kampf in Stiefeln sterben, heute hätte es nur fürs Postfach gereicht, denkt Higgs. Selbst das wäre besser als die überlieferte Wirklichkeit, in der er dement nackt in einer Pfütze badete. Der große Philosoph endet als hässliches Entlein. Zu viel gedacht, Verlierernatur.

Auf der lärmenden Straße freut der Fall Higgs. Klare Grenzen, in denen man seine Menschlichkeit ausleben kann. Es ist wie immer im Leben: Es gibt dich und die Masse. Sobald man mit ihr zu tun hat, spaltet sie sich in die Verbündeten und die Gegner. Sicher, die meisten sind schön neutral, aber das geht nur, so lange man es sich leisten kann. Wenn Geld ins Spiel gebracht wird, treibt die Gier alle gegeneinander. Higgs darf jetzt loyal zu Hertz sein und sein Opfer ausnutzen, verachten, hassen. Seine Bestimmung sanktioniert sein Tun, Higgs hat den Messias mal wieder gefunden. Ab jetzt darf er von nichts gewusst haben. Das grelle Tageslicht performt überambitioniert und überlastet sein Nervensystem und blendet ihn im Erlösungsschauer.

Higgs ist da, die Techniktasche grüßt Dielen, Qualität kracht auf Qualität. Annehmbar. Besser als seine Büroplatte, aber schlechter als individuell. Er sieht sich um. Im Licht eines frühen Maiabends sieht das Zimmer folgendermaßen aus: Über dem mit Gas betriebenen Kamin aus weißem Marmor und Granit hängt ein echter David Onica. Es ist ein 1,80 x 1,20 großes Werk. Hauptsächlich ein in gedämpften Grau – und Olivtönen gehaltenes Portrait einer nackten Frau, die auf einer Chaiselongue sitzt und twittert. Der Hintergrund ist eine Marslandschaft, eine glühende malvenfarbene Wüste, übersät mit toten, ausgenommenen Fischen; zerbrochene Teller steigen hinter dem gelben Kopf der Frau empor wie ein plötzlicher Sonnenaufgang, das Ganze ist in schwarzes Aluminium gerahmt. Das Gemälde blickt herab auf eine weiße daunengefüllte Couch und einen Flachbildschirm von Toshiba mit 170m Bildschirmdiagonale. Daran angeschlossen ist ein Pc Ultraforce Extreme - I7 3960x @ Gtx 580 Tripple Sli; es ist ein hochauflösendes Modell mit einem Prozessor Intel Core i7 3960X, (@ bis zu 6x 4,90GHz), 3x Nvidia GeForce GTX 580, (3x 3072MB VRAM), 32GB DDR3-1600 RAM, (G.Skill, PC3-12800), 2x 2TB SATA III Festplatte, (ST32000641AS), Blu-ray Combo Sata Lg black 10x, (BluRay Brenner, Hd Rom, DVD Brenner), Mainboard Asus Rampage IV Extreme, (INT2011, X79, ATX), Netzteil Enermax 1200W, (Platimax 90+), 2x 256GB SSD Festplatte, (Crucial M4 Sata-III), 2x 256GB Sata-III Ssd, (Crucial, 2,5 ), 22x Dvd-Brenner (Lightscribe, schwarz ), Cpu Wasserkühlung (Corsair H80). In jeder Ecke des Wohnzimmers steht eine Halogenlampe. Schmale weiße Jalousien bedecken alle acht raumhohen Fenster. Vor dem Sofa steht ein Couchtisch mit Glasplatte und Eichenbeinen von Turchin, darauf sind gläserne Steuben-Tierfiguren sorgfältig um kostbare Kristallaschenbecher von Fortunoff arrangiert, obwohl es nicht nach Rauch riecht. Neben der Wurlitzer-Jukebox steht ein Baldwin Konzertflügel aus Ebenholz. Ein polierter weißer Eichenholzboden zieht sich durchs ganze Apartment. Auf der anderen Seite des Zimmers befinden sich Bett und Schreibtischensemble, angestimmt mit geschwungenen Fluchten, die zu dynamischer Arbeit und produktiven Power-Naps animieren sollen. Leichter Minimalismus-, schwerer Markenfetsich, ein bisschen wie ein Vorführzimmer beim Möbeldesigner. Higgs ist ein guter Schachspieler, hat eine Abneigung gegen chinesisches Essen, aber nur aufgrund einer schlechten Erfahrung in der Kindheit, als ein chinesischer Drache ihn auf einem Umzug tödlich erschreckt hat. Er spielt sich auf als einer dem keiner kann, dabei ist er eigentlich ganz verletzlich und hat immer nur die falschen Leute kennengelernt. Er würde gerne mal Drachen steigen gehen, und natürlich liebt er den Geruch von Kaffee am Morgen, besonders wenn er ihn nicht selbst gemacht hat und auf einer Terrasse über himmelblauem Meer sitzt. Man muss ihn einfach gern haben. Gleich mehrere dunkle Geheimnisse plagen ihn und lassen das Emotionale bei ihm dann durchbrechen, wenn er am kontrolliertesten sein will. Spannend, wenn Leute leiden. Das alles gleichzeitig und noch viel mehr! Es lohnt sich, Higgs als wahren Menschen auszuprobieren, die ersten Eindrücke stehen kostenlos zum Download zur Verfügung. Sein Charakter ist nicht nur rund, er ist vierdimensional. Minimum heutzutage, zeitlich auf den Nutzer abgestimmt. Weinen, Lachen, überrascht werden und alleine aufs Klo gehen – alles zu seiner Zeit. Seine Timeline ist offen für Kommentare, besonders von Wall, er ist ein einziger Permalink. Alles ganz einfach über die App. Die Vollversion ist schwer zu finden, gibt es aber sicher, irgendwo, klar, die App der Zukunft ist sozial.

Der Luxus bedrückt Higgs, die relative Größe der Anzahlung schwindet gegen den Wert der Einrichtung. Es geht in diesem Fall um mehr, denkt Higgs, und liegt damit kläglich richtig. Nicht, dass es ihm nicht zustünde. Er hat sich von ganz unten hochgearbeitet und mehr Scheiße gefressen, als die meisten jemals hinterlassen werden. Im Heim haben ihn Ellenbogen und Schläge in die noch weiche Fresse gelehrt, sich auf niemanden zu verlassen. Später bedeutete das: nie glauben, was einer vorschreibt. Immer vergleichen, es gibt bessere Erklärungen. Die Freiheit zu suchen ist die Freiheit zu sein. Aber suchend wird nur, wem es schlecht geht. Higgs verachtet die auf Samtkissen in die Welt Geschissenen nicht nur, er hasst sie. Sie halten die Welt auf, sie suchen nicht, sie stehen im Weg. Sie sind die Stolpersteine, die zwischen Higgs und der Endlösung seines Falls liegen, und manchmal auch seine Opfer. Higgs baut sein Selbstvertrauen gegen den Flügel auf: Er war es, der den weichlichen Haussklaven im Parlament fand und auspresste. Ausgiebig, bis es saftete. Die Mühe war es wert, er wimmerte, und dank ihm konnte er eine ganze Reihe Repräsentanten an den Medienpranger stellen, alle korrupt wie afghanische Warlords . Den Lohn fuhren sich aber andere ein, wie immer. Diesmal will Higgs alles besser machen. Detektiv sein ist was für Arschlöcher. Ein Leben vom Streit, Unglück und der Eifersucht der anderen. Die Welt ist voller Wände, und das nutzt er aus. Er verschafft freien Überblick. So tröstet er sich, auch bei unrühmlicheren Jobs, bei denen schonmal ein Oppositioneller in einem Kamelfickerstaat für immer ins Loch geworfen wird. Immerhin spekuliert er nicht mit Nahrungsmitteln darauf, dass Menschen verhungern, oder versenkt Atommüll in löchrigen Endlagern. Durch die Werbung sind wir heiß auf Klamotten und Autos, machen Jobs, die wir hassen, kaufen dann Scheiße, die wir nicht brauchen. Wir könnten uns vertragen und damit aufhören, aber das wäre ein Theaterstück ohne Konflikt, ein Buch ohne Ende. Wer will das schon? Als er klein war, glaubte er, Geld sei das Wichtigste im Leben. Heute, da er älter ist, weiß er: Es stimmt. Deswegen ist es hart, in jedem Geschäft. Man muss sich über dem Ölschleier auf dem Wasser halten. Die Besten der Besten der Besten, brummt er und scheitert am Flügel am Anfangsakkord von Man In Black. Deformierte Tongebilde brechen sich am Kristallglas. Angeekelt wirft Higgs den ersten Blick aus dem Fenster und sieht zum ersten Mal sein Opfer. Der sich auf dem Dach selbst betitelnde Exposition Complex® ist eine Stadt aus Glas. Modernstmöglich biegt er sich zu einem C, in der Mitte ist ein Loch für das Feng Shui. Chang, der clever outgesourcte Architekt in Shanghai hat ihn ganz alleine gemacht. Er ist schon groß. Der Mietausfall wird durch den Einfall von tonnenweise Feng Shui kompensiert, was sein Arbeitgeber aber nicht so lustig fand, und jetzt baut Chang nur noch Sandburgen in einem Arbeitslager, die von superdeutschen moralisch gerechtfertigt gelieferten Leopardpanzern überfahren werden. Dann ist er traurig. Aber Fakt ist: Zu lange hat er sich mit unnützem Gedankenmüll beschäftigt, das frisst einen auf, wenn man es als etwas anderes als zum Spaß tut, z.b. für Geld. Im Schlagschatten ihm gegenüber sitzt Wall an seinem Computer: Ein unscheinbarer, harmloser Cis-Mann mittleren Alters, potentiell ein guter Konsument. Sein Zimmer sieht kein bisschen dezenter aus – entweder ist er ein ebenbürtiger Gegner, oder wenigstens ebenfalls mit der Einrichtung gestraft, die darauf wartet, Gastopfer hinter verschlossenen Türen anzuspringen. Wall sieht kurz auf- aber nur, um einen Anruf anzunehmen. Wird er ein wenig bleicher? Danach versinkt sein Gesicht wieder im Bildschirm.

Higgs fängt an, sich in seiner Ausrüstung, nein, seinem Equipment einzubauen. Kabelsalat frisst mögliche Ereignisse. Kabelsalat ist der Fleischsalat der Zeit, niemand mag ihn. So lange er nicht weiß, was Wall macht, ist der Fall sinnlos. Ihm ist kaum aufgefallen, wo er ist. So auf den Fall konzentriert vernachlässigt er völlig die Broschüre, die ihm eins der Kristalltiere präsentiert. Besser als jeder Blick aus dem Fenster würde Sie zusammenfassen, was das Besondere dieses Ortes ausmacht.

Das Exposition Complex®® Prinzip

Sicherheit - Komfort - Luxus

Stellen Sie sich vor, Sie sind mitten in der Metropole, in der Großstadt in ihrer eigenen, kleinen, grünen Oase. Sie müssen von der Großstadt absolut nicht mitbekommen. Nachbarn, Kiez, Kultur – nein danke. Um Sie herum spielen Ihre arischen Kinder, Sie entspannen im Whirlpool oder verbessern am Putting Green Ihr Handicap während der Neger ihren Ball holt oder ihre bearbeitet. In Ihrem Garten, direkt vor der Haustür auf Ihrer Etage, vor Frau und Kindern. 

Sie sind mitten drin, aber trotzdem privat. Sie hören das Herz der Großstadt schlagen, wohnen aber wie im eigenen Geschwür auf dem Land.

Stellen Sie sich vor, Sie verfügen über alle käuflichen Annehmlichkeiten und Angebote des Stadtlebens ohne die Nachteile, die eine Gesellschaft, die das ermöglicht und eine Großstadt mit sich bringen.

Sie wollen das Besondere? Willkommen in der Welt von Exposition Complex®®.

Parkplatzsuche? Angst, dass ihr Auto beschädigt wird? Unsicherheit in dunklen Nebengassen und Tiefgaragen? Angst vor Linken, Ausländern, oder einfach nur Sozialschmarotzern?

Das sind Sorgen aus der Vergangenheit.

Stellen Sie sich vor, Ihr New- oder Oldtimer parkt sicher auf Ihrer Etage. In ihrem Bett. Der Auspuff vorgewärmt zum Liebesspiel. Mit Hilfe des CarLifts, einem speziellen Autoaufzug für Behinderte, sind Sie in zwei Minuten auf der Straße - oder in ihrer Wohnung. Ein Transponder übermittelt Ihre Zugangsberechtigung und die Zieletage, die Annäherung anderer Personen aktiviert sofort den Sicherheitsdienst. Ohne auszusteigen werden Sie sicher und komfortabel in Ihrem Wagen direkt in Ihr Loft gebracht.

Ich habe gar kein Auto denkt Higgs, als er die Broschüre auf dem Klo doch noch durchliest, und fühlt sich ein bisschen italienisch.

Aber im Ernst, der Exposition Complex® ist gleich um die Ecke. Zentral gelegen, aber die Parks sind in Reichweite. Wer sich legal betäuben will kann in Richtung unrepräsentativ auch ein paar Bars finden, wenn nicht noch schlimmeres. Der Rest des Zentrums ist zum Bersten voll von Shopping. Kein Quadratmeter, der nicht so viel wert wäre wie ganze Wälder. Komplett totgekauft. Ziemlich viele Leute haben hier gelebt, als das noch eine lebendigere Stadt war. Ihre Biographien kann man jetzt hinter Glas stehen sehen, sodass ihre nachkolorierten Aufmerksamkeit heischenden Werbegesichter zum reinschlagen animieren. Er steht auch unweit der Brücke, deren nervöses Verkehrszittern man im Boden noch merken würde hätten die optimal performenden Architekten nicht mit der Erdbebenvorsorge auch dieses Problem behoben. Fast jeder ist schon mal hier gewesen, und wer nicht, der würde schwören können, es gewesen zu sein. Die Stadt ist ein einziger Funktionalnichtort. Prima zum Durchfahren. Ungeeignet um sich länger dort aufzuhalten. Wenn man sich zu Hause fühlen will, dann hat man dazu in den Auftaufraß- und Heißgetränkeketten Gelegenheit. Da schmeckt alles wie überall anders auch, sieht so aus wie überall anders. Da liegen die gleichen Zeitungen, in denen der gleiche Mist drinsteht, ob jetzt vielleicht ein Treffen zwischen einer protofaschistisch Marktliberalen und einer marktbefürwortenden vollfaschistischen Partei stattfindet. Warum bemühen sie sich so heftig, unser aller Weltkenntnis zu unterbieten? Die Gesichter der Politiker sind ganz groß, damit man sie schön identifizieren und die Sachverhalte sparen kann- ein Gesicht sagt mehr als tausend Worte. Mentale Sättigungsbeilage sind Geschichten über Bekannte, die das mit Reichtum oder eben Bekanntheit rechtfertigen. In früheren Zeiten bediente man sich der Folter. Heutzutage bedient man sich der Presse. Die ganze Menschlichkeit, die von der Stadt abprallt und für die nicht genug Eigenkapital vorhanden ist, um sie im Konsum auszuleben, kann man hier ablassen wie einen Furz nach langem Magenkrampf. Und das ist auch gut so, was sollte sonst drin stehen? Niemand möchte jeden Tag lesen, dass wieder 30.000 Kinder verhungert sind oder dass der Planet den Bach runter geht. Verdirbt einen den Appetit. Man will Infotainment, Bildschirme im Hintergrund über die ständig Zahlenreihen laufen, Magazine, Blogs, Radio. Es geht darum, das mentale Rauschen so laut zu drehen, dass man nicht mehr wirklich nachdenken muss. Denn was würde das bringen? Wer will schon der blöde Hippie sein und sich an Bäume ketten? Sieht man doch, wohin das führt: Drogen, Depression, Rückzug in minderbemittelte Sozialjobs.

Was man nicht ändern kann muss man arrangieren, denkt Higgs und platziert das Richtmikrophon. Bis auf Frustrationsstöhnen und das vereinzelte „Scheiße“ und „Mann“ ist nichts zu hören. Higgs dreht den Regler auf, bis ihn eine metallische Rückkopplung anfaucht. So viel zu Grenzen. Leicht gereizt lässt er drei Vitaminbrausetabletten in einem Wasserglas von Ikea vergehen, und ext sie zusammen mit einem Formfleischschnitzel am Rechner. Krankheit fressen Körper auf. Krebsdinner Mensch. Lecker, lecker, lecker Lunge. Nicht so lecker Gehirn, das immer so kaputte Gedanken hat. Seine Tischgesellschaft Wikipedia sagt: Exen sei eine Segelyacht der Familie Krupp. Ein schnittiges Schiff, das auch hier ins Zimmer passen würde. Auch Wall scheint die Nahrungsaufnahme vorzubereiten. Hypnotisiert von der Mikrowelle schält er eine Banane.

Schon widert ihn die Banalität von Walls Verhalten an, der Schlafentzug lässt ihn von Déja Vu zu Kennickdoch schlittern. Wäre er von Bedeutung oder hätte auch nur Geschmack, würde er sein eigenes Kerzenlichtdinner veranstalten. Sogleich ärgert sich Higgs über sich: Vielleicht ist alles nur Taktieren, will Wall ihn täuschen, oder ist strikt auf seine Arbeit fokussiert. Jesus wäre auch nicht dinieren gegangen, es sei denn sein eigenes Formfleisch und Blut. Higgs beginnt sich ein- und auf Arbeit auszurichten. Er fertigt einen peniblen Bericht für Hertz an, ein Denkmal an die Sachlichkeit und Langeweile. Er löscht ihn aus Versehen. Clever wie Higgs ist, holt er ihn aus den Untiefen des Arbeitsspeichers zurück. Die digitale Welt vergibt alles, alles ist rückgängig zu machen, Auferstehung immer möglich. Womit Jesus vor 2000 Jahren die halbe Welt verrückt machen konnte, ist heute banaler als scheißen.

Wer ist dieser Higgs, wo kommt der her? Wie jeder hat er eine Familie gehabt, aber im Laufe der Zeit ist ihm die abhanden gekommen. Die Kosten-Nutzen-Nerven-Relation stimmte nicht. Frauen zum Emotionen abholen gab es, benutzerfreundlich und mitunter gar nicht so abstoßend. Das nennen die meisten dann Liebe, weil sie kein anderes Wort kennen und es für ein Gesetz halten. Wenn er lange genug neben ihnen saß und ihre Pheromone einatmete überwog das Verlangen und es schaltete den Ekel aus, man teilte seine Geschlechtsorgane und war froh, wenn es vorbei war. Mann könnte ganz viel da reininterpretieren, wie Higgs das geprägt hat, aber es wäre alles falsch. Menschen sind nicht das Produkt ihrer Erzeuger und deren Spleens. Jahrzehntelanger Massenexodus von Einflüssen aus der Welt in sein Gehirn haben Higgs zu dem gemacht, was er ist. Ab einem bestimmten Punkt im Leben kann man sich frei genug entscheiden, bei manchen ist das um das 14te Lebensjahr, bei manchen erst mit 25, bei vielen nie. Seine Voraussetzungen waren nicht prickelnd, aber er hätte mehr daraus machen können als die Pisse, die es letztendlich geworden ist.

Die Arbeit beginnt nicht, sie ist immer schon da, und zieht sich nach sich. Arbeit, die Geißel der trinkenden Klassen. Detektiv sein, dass bedeutet heute vor allem Bürotätigkeit, wie fast jeder Beruf. Vom Kämpfer für Menschenrechte über die Kauffrau bis zum letzten Künstlerwrack: Alle werden vor dem fahlen Licht des Bildschirms gleich bleich.

Auftritt Bildschirm, leuchtend.

Higgs: Ich habe nicht viele Informationen, aber ich scheuche sie mit Nachdruck in die Weiten des Internets.

Auftritt Maus: Klick, klick, klick …. , klick- klick, klick.

Auftritt Tastatur: Klack, klack, klack, klack, klack.... klack.

Auftritt Suchmaschine.

Suchmaschine, dezent: Ungefähr 4.780.000.000 Ergebnisse (0,24 Sekunden).

Auf – und Abtritt D.I.E – Detektive im Einsatz.

Higgs: Hm.

Auftritt Beschatter2.0.net

Be-chatter2.0.net: Fall #7635: Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet. Die Köchin der Frau Grubach, seiner Zimmervermieterin, die ihm jeden Tag gegen acht Uhr früh das Frühstück brachte, kam diesmal nicht. Das war noch niemals geschehen. K. wartete noch ein Weilchen, sah von...“

Auftritt Erinnerung Postfach. Ein Glück, Higgs ist schon jetzt genervt von der Langsamkeit des Denkers. Bestimmt ist er alt, früher konnten sich die Leute das noch leisten. Eins nach dem anderen, der Horror. Produktive Arbeit erfordert Flexibilität, erfordert Multitasking. In einem Smartphone sind heute mehr Informationen gespeichert, als im Leben eines Renaissancemenschen vorkamen.

Erinnerung Postfach, bestimmt: Sie haben Post!

Wie zu oft führt eine Mail zur nächsten. Erstaunlicherweise hatte Hertz schon geantwortet und sagte zu wenig, um der latenten Dringlichkeit zwischen den Zeilen nachkommen zu können. Unmerklich erhöht er die Fallgeschwindigeit. Higgs ist fertig, bevor alle Mails bearbeitet sind. In seinem Blickfeld flackert ein Universum aus Farbandeutungen. Zu wach, um zu schlafen und zu müde, um wach zu sein. Zitternd versucht er zwischen zu viel Information und zu wenig (was er für Bewegung hält) die Waage zu halten.