Beste Beziehungen - Gustav Ernst - E-Book

Beste Beziehungen E-Book

Gustav Ernst

4,4

Beschreibung

Lisa und Franz haben zwei nette kleine Kinder und arbeiten auf das gemeinsame Haus hin, deshalb soll Franz sich gefälligst um seine Beförderung bemühen, wie Lisa findet; Jack ist Büroleiter des Wirtschaftsministers und mitten im Wahlkampf, sieht seine Frau selten und seine Affäre gelegentlich; dass Hanno mit Exfrau Sabine und seiner neuen Freundin unter einem Dach wohnt, findet er in Ordnung, aber nur er; und Stöger, der pflichtbewusste Deutschlehrer, will seiner Nichte Pia eigentlich nur Nachhilfe geben ... Ungefiltert und ungeschönt lässt Gustav Ernst in seinem neuen Roman seine Figuren sprechen. In ihren bestechend authentischen Dialogen schwelt die Abneigung, keimt leise Aggression auf, stumpfen Gefühle allmählich ab und die Moral verfällt. Und dann kommt der Punkt, an dem alles eskaliert. Gustav Ernst erweist sich in Beste Beziehungen als unbarmherziger Autor, der dort weiterspricht, wo andere längst schweigen - und er ist dabei glaubwürdiger, als einem lieb ist.

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Seitenzahl: 302

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HAYMONverlag

Gustav Ernst

BesteBeziehungen

Roman

© 2011HAYMON verlagInnsbruck-Wienwww.haymonverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7099-7514-5

Umschlag- und Buchgestaltung, Satz:hoeretzeder grafische gestaltung, Scheffau/TirolCoverfoto: Dragon30/photocase.com

Diesen Roman erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.haymonverlag.at.

I

Lisa fährt für gewöhnlich, wenn sie die Firma um 16 Uhr verlässt, um zirka 16 Uhr 35 mit der U-Bahn unter ihrem Haus durch und denkt sich: Jetzt fahre ich unter unserem Haus durch. Aber nicht jedes Mal. Meist ist sie damit beschäftigt zu überprüfen, welche der Männer, die sie von der täglichen Fahrt kennt und die für sie als Männer in Betracht kommen, ihr wohlwollende Blicke zuwerfen und welche nicht. Wobei sie die Frage, warum der oder jener ihr keinen Blick zuwirft, am meisten beschäftigt. Hab ich die falsche Bluse an? Ist mein Make-up mangelhaft? Passt die Frisur nicht? Sehe ich abgehärmt aus? Vor allem aber interessieren sie die Blicke der Männer, die sie noch nie auf ihrer Heimfahrt gesehen hat. Heute, findet sie, kann sie zufrieden sein. Beim Aussteigen hat sie das Gefühl, gerade bei diesen einen guten Eindruck hinterlassen zu haben. Einer hat sie besonders lang angesehen und ihren Blick gesucht. Ein gut aussehender und gut angezogener Herr, deutlich jünger als ich, denkt sie, dem sie, und sie fühlt sich nahezu glücklich bei der Erinnerung daran, einen Blick auch gewährt hat, und geht, mit der Rolltreppe oben angekommen, obwohl sie nichts einzukaufen vorgehabt hat, über die Straße in den Supermarkt, um noch etwas einzukaufen.

Was hackst du schon wieder herum auf mir?, sagt Franz. Kaum komme ich bei der Tür herein, schon hackst du herum auf mir. Stell ich die Golfschläger einmal nicht dorthin, wo du willst, dass sie stehen, schon hackst du herum auf mir. Stehen ja sonst immer dort, oder? Und wenn einmal nicht, musst du nicht gleich herumhacken auf mir und sagen: Franz, wieso stehen die Golfschläger schon wieder dort, wo sie nicht stehen sollten? Und gleich darauf: Den Konrad wirst du sicher wieder nicht angerufen haben. Und immer dieser Vorwurf in der Stimme. Warum immer dieser Vorwurf in der Stimme? Ich hab den Konrad angerufen. Was fragst du mich nicht vorher, ob ich den Konrad angerufen hab? Bevor du mir vorwirfst, ich hätte ihn wieder nicht angerufen. Und dass ich sicher wieder nicht zur Geburtstagsfeier deiner Kusine gehen möchte. Warum sollte ich nicht wollen? Ich bin nur nicht gleich Feuer und Flamme. Muss ich denn immer gleich Feuer und Flamme sein, wenn es heißt, wir gehen zu deiner Kusine? Muss ich jubelnd bei der Tür hereinkommen und rufen: Endlich hat deine Kusine wieder Geburtstag, endlich können wir wieder zu deiner Kusine gehen? Und ich werde den Herrn Winter schon einladen. Ich weiß selbst, dass es nicht schlecht ist, den Herrn Winter einzuladen. Du musst mir nicht dauernd sagen: Lad endlich den Herrn Winter ein, der ist gut für dein Fortkommen. In der Früh sagst du es. Wenn wir telefonieren, sagst du es. Am Abend sagst du es. Ich bin gut in meiner Arbeit. Das weiß der Herr Winter. Da brauche ich ihn nicht ständig einzuladen. Das wäre doch kontraproduktiv, wenn er merkt, ich lade ihn nur deswegen ein, weil Umstrukturierungen ins Haus stehen. Weil ihn jetzt alle einladen. Ja, ich weiß schon, dass es andererseits wieder gut wäre, ihn gerade jetzt, wo ihn alle einladen, auch einzuladen. Aber ich muss mir das überlegen, sagt Franz. Ich muss überlegen, wie ich ihm das sage. Wann ich ihm das sage. Wann die Stimmung dafür am besten ist. Das kannst du nicht beurteilen. Das musst du schon mir überlassen. Vorpreschen, sagt Franz. Ich kann nicht so vorpreschen wie du. Ich mach das auf meine Art. Du brauchst nicht immer zu sagen: Wenn du das auf deine Art machst, dann wird nie was daraus. Es wird was daraus. Du brauchst nicht immer auf meiner Art herumzuhacken. Mir vorzuwerfen: Mit deiner Art wirst du nie etwas erreichen. Mir zu sagen: Du hast eine abturnende Art. Schon wie du auftrittst. Du brauchst mir nicht ständig aufzuzählen, was mir im Leben alles nicht gelungen ist, aufgrund meiner Art. Was mir im Leben nie gelingen wird. Es ist mir schon viel gelungen. Jawohl, auch wenn du es nicht gerne hörst: Mir ist im Leben schon einiges gelungen. Und nicht, wie du ständig behauptest, nur mit deiner Hilfe. Und es wird mir noch viel mehr gelingen. Du wirst sehen, was mir noch alles gelingen wird. Und zwar ohne deine Hilfe. Jawohl, liebe Lisa, ohne deine Hilfe. Und du brauchst nicht ständig zu sagen: Reiß dich zusammen. Ich reiß mich schon zusammen. Auch wenn du es nicht siehst. Du siehst eben nicht alles, Lisa. Du brauchst nicht zu glauben, du siehst alles. Du wirst dich noch wundern, was mir alles gelingen wird. Du wirst noch von den Socken sein. Du glaubst, du kennst mich. Du kennst mich überhaupt nicht. Du schaust ja nur auf mich drauf. Nie schaust du in mich hinein. Du kannst ja gar nicht in mich hineinschauen, weil du ja immer nur auf dich schaust und in dich hinein. Bei allem, was ich tue, horchst du zuerst einmal in dich hinein: Bin ich zufrieden mit dem, was er tut? Tut er es so, wie ich es will, dass er es tut, oder tut er es so, wie ich es nicht will? Du redest ja immer nur mit dir selber, wenn du mit mir redest. Ist dir das noch nicht aufgefallen? Natürlich ist dir das noch nicht aufgefallen. Sonst würdest du ja merken, dass ich ganz anders bin. Du lachst! Du lachst dauernd. Wieso lachst du dauernd? Glaubst du mir nicht? Findest du wirklich alles so komisch, was ich sage? Wieso findest du es komisch, wenn ich sage: Mir ist schon viel gelungen, und es wird mir noch mehr gelingen? Wieso lachst du, wenn ich sage, ich werde den Herrn Winter schon einladen? Und es ist immer höhnisch, dein Lachen. Wie man bei Kindern lacht, wenn sie behaupten, sie könnten das oder jenes. Nur lacht man bei Kindern nicht höhnisch, sondern liebevoll und gerührt. Aber bei mir lachst du nie liebevoll oder gerührt, sondern immer nur höhnisch. Auch wenn du es abstreitest. Es ist immer ein durch und durch höhnisches Lachen. Mit dem du genauso auf mir herumhackst. Genau, dein Lachen ist ein einziges Auf-mir-Herumhacken. Ich möchte einmal, dass du lachst, wenn ich was sage oder tue, ohne dass es zugleich ein einziges Auf-mir-Herumhacken ist.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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