Beyoncé - Crazy in Love - Anna Pointer - E-Book

Beyoncé - Crazy in Love E-Book

Anna Pointer

3,8

Beschreibung

Beyoncé - Die exklusive Biografie erzählt die außergewöhnlichste Lebensgeschichte einer der schillerndsten Popsängerinnen der letzten Jahre: Beyoncé Knowles. Sie sang schon mit neun Jahren in ihrer ersten Popgruppe, und mit Destiny's Child führte sie die erfolgreichste weibliche Band der Welt an. Den letzten Schritt zum großen Ruhm tat sie dann allein - 2003 schlug Beyoncé eine Solokarriere ein und wurde endgültig zum Weltstar. Seitdem konnte sie nicht nur für ihre Solowerke 17 Grammys einheimsen, sie wurde auch für ihre Leistung als Schauspielerin mehrfach für die Golden Globes nominiert. "Beyoncé" ist die derzeit einzige deutschsprachige Biografie der Sängerin, und sie zeichnet nicht nur ihre beruflichen Erfolge nach, sondern bietet einen intimen Einblick in ihr Privatleben und erzählt ausführlich, wie sie und ihr Ehemann, der Rapper Jay-Z, zum einflussreichsten Power-Paar der Welt aufstiegen. Nachdem kürzlich Gerüchte über eine bevorstehende Trennung die Runde machten, wird hier unter die Lupe genommen, wie die beiden damit unter den Augen der Weltöffentlichkeit umzugehen wussten. Das Buch analysiert außerdem Beyoncés Rolle als Mutter ihrer jungen Tochter Blue Ivy und dokumentiert wenig bekannte Krisen aus vergangenen Tagen, wie z.B. ihre fehlgeschlagene Schwangerschaft, ihren langen Kampf gegen Depressionen und ihren schmerzhaften Konflikt mit ihrem Manager und Vater Mathew. "Beyoncé - Die exklusive Biografie" wirft ein Licht auf ihre größten Erfolge und enthüllt, wer "Queen Bey" wirklich ist ...

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Aus dem Englischen übersetzt

von Paul Fleischmann

www.hannibal-verlag.de

Impressum

Die Autorin: Anna Pointer

Deutsche Erstausgabe 2015

Englische Originalausgabe by Coronet, einem Imprint von Hodder & Stoughton, a Hachette UK Company, mit dem Titel

„Beyoncé – Running The World – The Biography“

ISBN 978-1-473-60733-0

© 2014 by Anna Pointer

Coverfoto: © REX/Kristin Callahan

Lektorat: Verena Zankl

Übersetzung: Paul Fleischmann

Layout und Satz: Thomas Auer, www.buchsatz.com

© 2015 by Hannibal

Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen

www.hannibal-verlag.de

ISBN 978-3-85445-469-4

Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-468-7

Hinweis für den Leser:

Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Es kann jedoch keinerlei Gewähr dafür übernommen werden, dass die Informationen in diesem Buch vollständig, wirksam und zutreffend sind. Der Verlag und der Autor übernehmen weder die Garantie noch die juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für Schäden jeglicher Art, die durch den Gebrauch von in diesem Buch enthaltenen Informationen verursacht werden können. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

Zitat

„Ich weiß, dass ich sehr stark bin … Ich bin sogar stärker,

als es mein Verstand verarbeiten und verstehen kann.“

Beyoncé

Inhalt

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Bildnachweise

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Während der donnernde Applaus langsam abebbt, begibt sich das kleine Mädchen zur Mitte der Bühne und grinst in die gierigen Gesichter, die den Theatersaal füllen. Obwohl es gerade einmal sieben Jahre alt ist und kaum über das hölzerne Rednerpult ragt, um ins Mikrophon zu sprechen, weiß es genau, was es sagen will. Es wirkt, als ob es genau dorthin gehöre. Es trägt ein buntes Partykleidchen, die Haare sind sorgfältig angeordnet und es hat sich gerade die Seele aus dem Leib gesungen, um einen großen nationalen Talentwettbewerb zu gewinnen. Das Mädchen holt tief Luft und beginnt zu sprechen. Sein Dank gilt den Eltern und den Juroren, die es als Siegerin auserkoren haben. Und dann – als ob es schon seit Jahren im Scheinwerferlicht stehen würde – führt es die Hand zum Mund und schickt dem Publikum ein Küsschen. Die Geste steckt voller Charme und jugendlichem Showbiz-Flair und demonstriert eine natürliche Verbundenheit mit dem Publikum, das sich nun von den Sitzen erhebt und es dem Mädchen mit noch mehr ohrenbetäubendem Jubel und Applaus dankt. Die Fähigkeit, einen ganzen Konzertsaal zu fesseln, ist ihm sein ganzes Leben lang nicht mehr abhandengekommen und zu einem Markenzeichen seines Erfolgs geworden.

Gehen wir ein Jahr weiter. Das kleine Mädchen ist zu einer echten Performerin erblüht. Jede Bewegung sitzt und wirkt ausbalanciert. Die junge Sängerin strahlt totales Selbstvertrauen aus, während sie jede einzelne Note trifft. Sie nimmt zwar nicht mehr am Wettbewerb teil, aber sie ist noch einmal in die Konzerthalle zurückgekehrt, um dieselbe Talentshow, die sie im Jahr zuvor so überzeugend gewinnen konnte, mit einem Gastauftritt zu beehren. Als sie nun erneut hier auf der Bühne steht, liefert sie so einen umwerfenden Auftritt ab, dass gar kein Zweifel an ihrer strahlenden Zukunft aufkommen kann. Beyoncé Knowles ist auf einem guten Weg, die größte Sängerin der Welt zu werden.

Musik ist Beyoncé seit jeher im Blut gelegen. „Mein Dad erzählte mir, dass ich als Baby immer durchgedreht bin, wenn ich Musik hörte, und zu tanzen versucht habe, noch bevor ich überhaupt gehen konnte“, enthüllte sie inSoul Survivors, der Autobiografie ihrer Band Destiny’s Child. „Er hat ein paar peinliche Videos, um es zu beweisen!“ Ihr Vater, Mathew Knowles, würde diese Videos weniger als peinlich denn vielmehr als eines seiner wertvollsten Besitztümer bezeichnen. Er ist seit jeher stolz auf seine ältere Tochter gewesen – genauer gesagt seit dem 4. September 1981, als Beyoncé Giselle Knowles im Park Plaza Hospital in Houston die große Bühne des Lebens betrat. „Meine Mom behauptet, dass es eine einfache und relativ schmerzfreie Geburt gewesen sei – anders als ein paar meiner anderen Auftritte“, schrieb Beyoncé inSoul Survivors. „Meine Eltern einigten sich vor meiner Geburt darauf, dass mein Dad meinen zweiten Vornamen und meine Mutter den ersten aussuchen dürfe. Also stammt ‚Beyoncé‘ von ihr – eigentlich war das ihr Mädchenname.“

Um genau zu sein, ist es eine Ableitung des Mädchennamens ihrer Mutter. Tina hatte als Celestine Ann Beyincé das Licht der Welt erblickt. Um den Namen auch nach ihrer Heirat am Leben zu erhalten, kam sie auf Beyoncé – was bei ihrem eigenen Vater, Lumiz Beyincé, nicht unbedingt gut ankam. „Meine Familie war nicht glücklich darüber“, gestand Tina gegenüber demRolling Stone. „Mein Dad sagte, dass sie sauer auf mich sein würde, da sich der Name vom Nachnamen meiner Familie ableitete.“ Lumiz sollte Recht behalten: Als junges Mädchen hasste Beyoncé ihren Namen. „Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, ihn zu lieben, aber als ich klein war, war das für die anderen Kinder einfach nur ein weiterer Grund, mich zu hänseln“, erörterte sie inSoul Survivors. „Jeden Morgen, wenn der Lehrer die Anwesenheit überprüfte, hätte ich mich am liebsten unter meinem Pult verkrochen.“

Aber bevor Beyoncé in die Schule kam, war ihr natürlich nicht bewusst gewesen, dass ihr Name irgendwie ungewöhnlich wäre, und es hatte nichts gegeben, was einen Schatten auf ihre ersten Lebensjahre geworfen hätte. Zuhause wurde sie „Bey“ oder einfach nur „B“ gerufen und beide Koseformen hielten sich bis in ihr Erwachsenenalter. Frühe Fotos zeigen sie als lächelndes, unbeschwertes Kleinkind mit einem süßen runden Gesicht und einem dunkel gelockten Haarschopf. Sobald sie gehen konnte, begann sie, zur Musik im Radio und den Schallplatten ihrer Eltern – etwa von Michael Jackson, Luther Vandross und Prince – zu tanzen. Mathew und Tina hatten es ebenfalls bereits als Kinder geliebt zu singen und auch selbst schon an Talentshows teilgenommen. Tina hatte außerdem in einer Gruppe namens Beltones gesungen. Die Gruppe war nach dem Vorbild von Diana Ross und den Supremes konzipiert gewesen und ihre Kostüme waren von ihr selbst entworfen worfen. Im Haus lief stets Musik und Beyoncé erinnert sich gerne daran, wie sie Lieder mit ihrem Dad, der sie am Keyboard begleitete, sang. Eine ihrer frühesten Erinnerungen ist, wie sie ihrer Mutter einen Song, den sie in der Schule gelernt hatte, vortrug. „Ich war in der ersten Klasse, als mich meine Mom fragte, was ich heute in der Schule gelernt hätte, und ich ihr antwortete: ‚Einen Song.‘ Sie stand am Spülbecken und kümmerte sich um das Geschirr, trocknete sich die Hände an ihrer Schürze ab, drehte sich zu mir und sah mich an. ‚Nun, das ist ja nett‘, sagte sie, ‚dann lass mal hören.‘ Ich saß am Küchentisch, stand aber auf, um ihr vorzusingen, wie es der Lehrer mir gezeigt hatte. Ich werde dieses Gefühl nie vergessen“, erklärte sie inSoul Survivors. „Ich liebte es, für meine Mutter einen Auftritt hinzulegen – es war wie ein Rausch.“ Obwohl Musik seit jeher im Leben von Mathew und Tina eine Rolle gespielt hatte, verfügten sie auch über eine natürliche Begabung für Geschäftliches und waren entschlossen, gegen alle Widrigkeiten finanziell erfolgreich zu sein.

Der mittlerweile 64-jährige Mathew Knowles war 1951 in Gadsden, Alabama, geboren worden, als noch strikte Rassentrennung zwischen Weißen und Schwarzen geherrscht hatte. Seine Familie war arm und lebte in einem winzigen, baufälligen Haus, das kein eigenes Badezimmer hatte. Aber seine Eltern waren fleißige und erfinderische Menschen. Sein Vater, auch er hieß Mathew, war Lastwagenfahrer und überredete die Besitzer seines Trucks, ihm zu erlauben, das Fahrzeug in der Nacht dafür zu verwenden, um das Altmetall, das er von alten Autos und Häusern gesammelt hatte, zu verkaufen. Mathews Mutter arbeitete als Dienstmädchen und verkaufte in ihrer Freizeit Steppdecken und Lebensmittelkonserven. Sein Großvater, der zur Hälfte Cherokee-Indianer war, besaß 300 Morgen Land, die er an eine Papiermühle vermietete. Das Beispiel, das ihm seine Eltern und sein Großvater gaben, inspirierte Mathew dazu, ein Geschäftsmann zu werden. Bereits in der Schule unternahm er erste Schritte als Unternehmer, indem er billig Süßigkeiten einkaufte und sie mit Gewinn an seine Kameraden weiterverkaufte. „Ich wollte schon immer ein Geschäftsmann sein. Ich ging los und kaufte mir für einen Dollar Süßigkeiten und machte damit aus dem einen Dollar in Folge drei Dollar“, erzählte er gegenüber dem MagazinEmpower. „Ich hatte zwar eigentlich keine Ahnung von dem, was ich da tat, aber es funktionierte.“

Seine Eltern förderten nicht nur seine unternehmerischen Ambitionen, sondern auch seine schulische Bildung – und seine Liebe zur Musik. Mathew erinnert sich etwa daran, dass er nach dem sonntäglichen Abendessen im Familienkreis regelmäßig als DJ fungierte, während seine Mom und sein Dad im Wohnzimmer tanzten. „Mein Dad war über einen Meter neunzig groß und wog fast 140 Kilo, konnte für so einen großen Kerl aber echt gut tanzen. Ich habe Musik immer schon geliebt“, sagte er. In der Schule sang er im Chor und hatte gemeinsam mit anderen Jungs eine Band, aber er enthüllte später, dass seine heranwachsende Tochter Beyoncé ihren Daddy stets darum bat, bloß nicht zu singen.

Mathew erhielt ein Basketball-Stipendium der University of Tennessee, wechselte aber schließlich an die Fisk University in Nashville, um dort Volks- und Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Als Student an der Fisk begann er darüber nachzudenken, musikalische Talente mit der Hilfe eines lokalen Radiosenders zu fördern. Nachdem er 1974 seinen Abschluss gemacht hatte, legte er dieses Interesse erst einmal auf Eis, um eine Karriere im Verkauf einzuschlagen und für Firmen zu arbeiten, die ihren Kunden etwa Lebensversicherungen oder medizinische Ausrüstung anboten. Schließlich landete er in der Abteilung für bildgebende Diagnostik der Firma Xerox und war dort so erfolgreich, dass er, als 1981 seine erste Tochter zur Welt kam, auf ein sechsstelliges Jahresgehalt verweisen konnte und gemeinsam mit Tina ein komfortables Heim im texanischen Houston bewohnte.

Auch Tina, mittlerweile 60 Jahre alt, stammt aus bescheidenen Verhältnissen. Als jüngstes von sieben Kindern louisianisch-kreolischer sowie außerdem noch afrikanischer, indianischer, französischer und irischer Abstammung wuchs Tina in Galveston, Texas, auf. Ihre Mutter Agnèz ermöglichte ihr den kostenpflichtigen Besuch von katholischen Privatschulen, indem sie für Herrschaften der gehobenen Gesellschaft Kleidung schneiderte. „Meine Mutter zahlte einen Teil der Schulgebühren auch damit, indem sie Roben für Ministranten, Umhänge für Priester und Messgewänder anfertigte“, erzählte sie dem MagazinEbony. „Sie war wirklich sehr begabt. Leute kamen zu ihr, damit sie ihnen Kleider für den Schulball und schicke Abendkleider schneiderte.“

Mitte der Siebzigerjahre arbeitete Tina in einer Bank und lernte Mathew auf einer Party kennen. Allerdings sollte zuerst noch ein Jahr vergehen, bevor sie anfingen, fest miteinander zu gehen. 1979 heirateten sie schließlich. Sie waren ein erfolgreiches und glamouröses junges Ehepaar, das sich dank des Gehalts, das Mathew bei Xerox verdiente, einen beneidenswerten Lebensstil leisten konnte. Sie hatten ein schönes Haus, Autos und Geld. Da war es nur logisch, dass sie darüber nachdachten, Kinder zu haben, und zu Weihnachten 1980 war Tina schließlich schwanger mit ihrem ersten Baby.

Als Beyoncé dann auf der Welt war, kündigte Tina ihren Job bei der Bank und eröffnete mithilfe ihrer Ersparnisse einen Frisörsalon namens Headliners. Er wurde die angesagteste Adresse für betuchte Afroamerikaner in Houston und oftmals wurden während der Blütezeiten des Salons gar 24 Kunden gleichzeitig betreut. Tatsächlich lief das Geschäft so gut, dass es sich die Familie leisten konnte, in ein Haus mit sechs Schlafzimmern in einer grünen Straße namens Parkway Drive im vornehmlich von Afroamerikanern bewohnten Viertel Third Ward zu ziehen. Beyoncés Erinnerungen an ihre Kindheit würden stets von fundamentaler Bedeutung für sie sein. Das würde immerhin so weit gehen, dass sie ihr späteres Management-Team Parkwood taufte.

1986 gebar Tina eine zweite Tochter – Solange. Zwischen den beiden Schwestern lagen fünf Jahre, was sie allerdings nicht davon abhielt, eine sehr enge Bindung zueinander zu entwickeln. Als ältere Schwester behandelte Beyoncé Solange besonders fürsorglich und liebte es, sie zu umhegen, zu bemuttern, sie als Baby zu halten und dabei zu helfen, sie zu baden, zu füttern oder ihr die Windeln zu wechseln. Sie war ihrer Mutter eine große Unterstützung. Tina sagt außerdem, dass auch später, als die beiden heranwuchsen, Streitereien Seltenheitswert besaßen. „Es gab mal eine Phase, in der Solange Beyoncé auf die Nerven ging, weil sie sich dauernd Klamotten ausborgte, ganz typisches Verhalten eben. Aber sie passten schon immer aufeinander auf und stehen sich sehr nahe“, erzählte sie gegenüberAccess Hollywood. „Da gab es nie die Art von Rivalität, die die Leute manchmal gerne zu sehen glauben. Sie sind einfach Schwestern so wie andere Schwestern auch und sie lieben und unterstützen einander.“

Der Frieden wurde in erster Linie dadurch bewahrt, dass Solange, wie sie sagt, sich weigerte, Vergleiche zwischen sich und ihrer großen Schwester zu ziehen. „Für meine Familie war ich immer die Rebellin“, erzählte sie inTexas Monthly. „Ich zog mich immer ganz anders an. Ich habe mich nie über meine Schwester definiert.“

Tina beschrieb sich selbst stets als überaus familienorientiert und ihre Töchter genossen all die üblichen Vorzüge der Kindheit. Weihnachten war immer eine besonders fröhliche Zeit. Es wurden Weihnachtslieder angestimmt, ein glitzernd dekorierter Baum wurde aufgestellt und es gab Truthahn mit allem Drum und Dran. Ein weiterer besonderer Termin im Kalender der Familie war die Houston Livestock Show inklusive Rodeo. Die Mädchen freuten sich jedes Jahr darauf. „Es war wie ein riesiges Familien-Picknick. Wir aßen frittierte Snickers-Riegel“, erinnerte sich Beyoncé später im MagazinEssence.

Heute, als Mutter, blickt Solange voller Zuneigung auf ihre gemeinsame Kindheit zurück und besteht gleichzeitig darauf, dass diese sich nicht besonders von jener anderer Leute unterschied. „Meine Schwester und ich bekamen keine teuren Klamotten. Als Kinder wollten wir unbedingt diese Fila-Sneakers, aber meine Mutter nahm uns stattdessen mit zum Flohmarkt, wo sie uns Imitate kaufte“, erzählte sie imGuardian. „Schaut euch nur die frühen Videos von Destiny’s Child an, da könnt ihr sie sehen!“

Auch wenn der innige Wunsch nach den Markenturnschuhen unerfüllt blieb, waren die beiden Schwestern immer die reizendsten Kinder, wobei Beyoncés Schüchternheit von Solanges Unverblümtheit ausbalanciert wurde. Ein frühes Foto zeigt sie in zueinander passenden Schottenröcken: Beyoncé blickt gelassen in die Kamera, wohingegen Solange die Zunge herausstreckt und mit beiden Händen winkt.

Um etwas Taschengeld dazuzuverdienen, kehrte Beyoncé den Fußboden und sang für ein kleines Trinkgeld in Tinas Salon, womit sie sich in der Regel ihre Saisonkarte für den Themenpark Six Flags AstroWorld finanzierte. Die Attraktion hatte zwar mit Thunder River einen künstlichen Wasserlauf mitsamt Stromschnellen sowie mit Greezed Lightin’ eine Achterbahn, die Beyoncé liebte, im Programm, der Park musste aber 2005 dennoch die Pforten schließen. Die beiden Schwestern besserten ihr Budget außerdem auf, indem sie kleine Shows bei sich zuhause organisierten und Eintrittskarten dafür verkauften. „Niemand wollte zu uns nach Hause kommen, weil wir buchstäblich aus allem, was wir fanden, eine Bühne machten“, erzählte Beyoncé NBC. „Wir stapelten Zeug übereinander, rissen die Einrichtung nieder und der Kassettenrekorder ragte über allem … Und wir verkauften Eintrittskarten. Die kosteten so um die fünf Dollar, was einigermaßen gewagt war.“

Im Bewusstsein, dass ihre beiden Töchter nichts mehr liebten, als vor anderen aufzutreten, ließen Tina und Mathew hinter dem Haus eine Konstruktion bestehend aus mehreren Ebenen errichten, um den Mädchen eine ansehnliche Bühne bieten zu können. Sie versuchten, jeden Tag eine Show auf die Beine zu stellen. Tina sagt: „Das machte einen großen Teil ihres Lebens aus und das war, was sie am liebsten taten. Sie versuchten, Shows zu organisieren.“ Solange erinnert sich auch noch daran, wie ihre Schwester ununterbrochen vor dem Spiegel übte. „Ich habe ganz, ganz frühe Erinnerungen daran, wie sie alleine in ihrem Zimmer probt“, erzählte sieGQ. „Ich kann mich ganz genau daran erinnern, dass sie sich eine Textzeile aus einem Song oder einer Nummer vornahm und immer und immer wieder wiederholte, bis sie perfekt saß und stark rüberkam … Wenn jeder sonst längst gesagt hätte, dass er müde sei und eine Pause benötige, machte sie noch weiter, um die Sache zu meistern.“

Als Beyoncé fünf war, nahmen sie ihre Eltern zu einem Event mit, der ihr Leben verändern sollte – einem Konzert von Michael Jackson. „Ich war fünf Jahre alt und es war mein erstes Konzert“, sollte sie später in der australischen TV-ShowSunday Nighterzählen. „An diesem Abend wurde mein Lebenssinn entschieden. Er ist der Grund, warum ich tue, was ich tue. Ohne ihn hätte ich diese Magie nie zu spüren bekommen.“

Ungefähr zur selben Zeit entstand ein Heimvideo, das Beyoncé mit Zahnlücken dabei zeigt, wie sie einen Rap über sich selbst vorführt und dabei ein Selbstvertrauen an den Tag legt, das den meisten Kindern dieses Alters fremd sein dürfte. Sie schnippte mit den Fingern und bewegte sich geschickt zu ihrem Reim:

I think I’m bad

Beyoncé’s my name

Love is my game

So take a sip of my potion

and do it in slow motion

She thinks she’s bad

Baby, baby don’t make me mad.

Mathew und Tina waren tiefreligiös und der Besuch in der Kirche ein sonntäglicher Fixtermin. Als Beyoncé sieben war, sang sie dort auch im Kirchenchor. Ursprünglich besuchte die Familie einen katholischen Gottesdienst, wechselte aber später in die St. John’s United Methodist Church, wo sie regelmäßig die Messe besuchte. Die junge Beyoncé liebte es, Gospel zu singen, und erzählte VH1: „Er ist in der Lage, einen zu berühren und Emotionen zu behandeln, wie gesprochene Worte das nicht können. Es ist die schönste Musik, die es gibt.“

Sobald das Schuljahr zu Ende war, besuchten die beiden Schwestern ihre Cousine Angie Beyincé, mit der sie sehr eng befreundet waren. „Am letzten Schultag holte mich Tante Tina ab“, sagte Angie demObserver. „Ich verbrachte den ganzen Sommer bei ihnen zuhause. Am Abend vor dem ersten Schultag wurde ich dann wieder zurückgebracht. Beyoncé und Solange liebten Janet Jackson“, erinnerte sie sich. „Wir quatschten die ganze Nacht und gucktenShowtime at the Apollo. Meine Schlange Fendi kroch über den Fußboden. Sie saß auf unseren Köpfen, während wir fernsahen.“ Angie sollte eine essenzielle Rolle in Beyoncés Zukunft spielen, als sie schließlich Vizepräsidentin des 400 Mitarbeiter umfassenden Teams bei Parkwood wurde und ihr außerdem dabei half, viele ihrer Songs zu schreiben.

Eine weitere von Beyoncés Lieblingsshows war die Verfilmung vonA Star Is Born– später würde sie sich sogar um eine Rolle im Remake bewerben. „So wurde ich zu einem Barbra-Streisand-Fan. Dann sah ich schließlich Judy Garlands Version vonA Star Is Bornund realisierte, dass alle 20 bis 30 Jahre ein neuer Star geboren wird, der als neues Talent eine ganze Generation und Ära repräsentiert. Ich dachte nicht, dass ich jemals die Gelegenheit bekommen würde, dieser Star zu sein“, sagte sie.

Während Beyoncé zuhause glücklich war und sich geborgen fühlte, erschwerte ihre intensive Schüchternheit ihr Schulleben an der St. Mary’s Elementary in Fredericksburg, Texas. Die Hänseleien, die ihr Name provozierte, entfachten Unsicherheiten bezüglich ihres Erscheinungsbildes und sie wurde zu einem stillen, in sich gekehrten Kind, das sich nicht traute, im Unterricht die Hand zu heben. „Ich war so ein Kind, das es nicht ertrug, wenn es jemand nicht mochte“, erzählte sie einmal MTV. „Typischerweise musste ich dann darüber nachgrübeln und die Sache in Ordnung bringen.“

Beyoncé war durchaus bewusst, dass sie ein paar der Mädchen ablehnten, weil die Jungs sie süß fanden, obwohl sie vermied, mit ihnen zu sprechen. Sie war so schüchtern, dass sie lieber das Weite suchte, als eine direkte Unterhaltung zu riskieren. Im Unterricht war sie besonders still und nervös und hatte in vielen Fächern zu kämpfen. „Manche Kinder müssen nicht viel büffeln. Aber ich musste mich für die Schule definitiv ins Zeug legen“, schrieb sie inSoul Survivors. Mathe erwies sich als besonders beschwerlich: „Ich hatte Angst vor den Zahlen, sie schüchterten mich ein – genauso wie der Junge neben mir. Er nannte mich dumm und hässlich. Ich war ja ohnehin schon so unsicher, also glaubte ich ihm. Ich trug ständig Jungsklamotten, weil ich so stämmig war, und er verunsicherte mich noch mehr.“

Beyoncé hatte zu dieser Zeit noch keine Ahnung, wie umwerfend sie in Wirklichkeit war. Sie hielt sich nicht nur für übergewichtig, sondern war auch davon überzeugt, dass sie mit ihren Ohren Dumbo Konkurrenz machen könnte. Sie versuchte, sich so gut wie möglich im Hintergrund zu halten, und wählte Kleidung, die ihr dabei half, sich unsichtbar zu machen. Auf einem Schnappschuss aus ihrer Schulzeit trägt sie etwa einen Kleiderrock mit einem langärmeligen weißen Pullover darunter – kein Vergleich zu den rassigen Kostümen, die sie heute auf der Bühne trägt. „Ich tat alles, um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Die Leute bilden sich ihre Meinung über dich, egal, was du tust oder wie du aussiehst“, sagte sie. „Man hielt mich für eingebildet … manche Leute missinterpretieren Schüchternheit und denken, du wärst einfach nur arrogant. Die geben dir dann nicht einmal eine Chance.“

Um das Selbstvertrauen ihrer Tochter aufzupolieren, engagierten Tina und Mathew einen Nachhilfelehrer, der ihr mit ihren schulischen Verpflichtungen helfen sollte, und ermutigten sie außerdem, an der Schule Tanzstunden zu nehmen. Diese Stunden waren schließlich der erste Schritt auf ihrem Weg zum Superstar, da ihre Lehrerin, Darlette Johnson, ihr Potenzial erkannte. Beyoncé kann sich noch genau an den Tag erinnern, als Darlette sie singen hörte. In einem Fernsehinterview sagte sie: „Sie meinte bloß: ‚Baby, sing für mich. Ich habe dich da drüben zu diesem Song singen gehört. Also sing mal für mich.‘ Das tat ich dann auch und sie sagte: ‚Du kannst ja richtig gut singen.‘ Sie sagte, ich solle bei einer Talentshow auftreten, und ich verliebte mich in die Bühne. Ich verdanke ihr sehr viel.“ Darlette erinnert sich so: „Ich wusste, dass sie ein Star war. Ich wusste es einfach. Sie war noch im Tanzstudio und war die letzte im Raum. Ich sang einen Song ziemlich falsch und sie beendete ihn für mich – und traf dabei genau den Ton. Deshalb sagte ich: ‚Sing ihn noch einmal.‘ Sie war vielleicht sechs oder sieben Jahre alt. Ihre Eltern kamen, um sie abzuholen. Ich sagte ihnen: ‚Sie kann singen! Sie kann richtig gut singen!‘ Ich ließ sie bei ein paar Tanz- und Gesangswettbewerben antreten, und der Rest ist Geschichte. Als ich sie zum ersten Mal singen hörte, wusste ich bereits, dass sie etwas Besonderes war.“

Es war auch Darlette, die Beyoncé ermutigte, an einer Schulaufführung teilzunehmen und dabei John Lennons „Imagine“ zu singen. Sie war gerade erst sieben Jahre alt und so eingeschüchtert von dem Gedanken, vor einem Publikum zu singen, dass sie vor Angst fast erstarrte. Sie fürchtete sich davor, dass sie nicht in der Lage sein würde zu sprechen – geschweige denn zu singen! Aber sobald die Musik einsetzte, entspannten sich ihre Nerven wie von Zauberhand. „Ich hatte eine Heidenangst und wollte es nicht mehr tun, aber Darlette sagte: ‚Komm schon, Baby, raus mit dir.‘ Ich erinnere mich, wie ich rausging und mich fürchtete, bis die Musik einsetzte. Ich weiß nicht, was da vor sich ging. Auf einmal war ich anders.“

Beyoncé hatte ganz einfach ihre Stimme gefunden, und sie war so süß wie Honig. Neben ihr verblassten alle anderen teilnehmenden Kinder, die mitunter schon 15, 16 Jahre alt waren. Das Publikum würdigte sie mit stehenden Ovationen. „Ich beschloss, dass die ganze Welt meine Bühne sein würde“, sagte sie. „Ich fühlte mich nur wohl, wenn ich sang oder tanzte. Ich wollte Performerin werden. Bis ich zu performen begann, war ich ein schüchternes Mädchen gewesen.“

Als ihre Eltern sie bei der Talentshow mit so viel Inbrunst und Selbstvertrauen „Imagine“ singen hörten, wurde auch ihnen klar, über was für ein außergewöhnliches Talent ihre Tochter verfügte. Mathew sagte gegenüber dem MagazinBillboard: „Ihre Mutter und ich sahen uns an: ‚Das kann doch nicht unsere Beyoncé sein, denn die ist schüchtern und still.‘ Wir kannten uns nicht mehr aus. Wir waren gekommen, um sie zu unterstützen, aber auf der Bühne war sie plötzlich eine ganz andere Person als die Beyoncé, die wir als ihre Eltern kannten.“ Tina meinte dazu auf CBS: „Auf der Bühne wurde sie lebendig und hatte Selbstvertrauen. Ich dachte mir: ‚Wer ist das denn?‘ Das war eigentlich der Anfang von allem. Wir ermutigten sie dabei, weil dadurch ihre Persönlichkeit zur Geltung kam.“ Beyoncé selbst erklärte inBillboard, wie sehr sich ihre Welt veränderte, als sie ihre Stimme entdeckte: „Ich ließ mich fallen, wenn ich auf der Bühne war. Es war die angenehmste Zeit für mich. Die Bühne war ein Ort, an dem ich nicht scheu sein konnte.“

Sie hatte ihre Berufung gefunden, und ihre ganze Familie wurde davon mitgerissen. Mathew und Tina meldeten sie für ungefähr 30 Talentwettbewerbe an. Ein paar dieser Veranstaltungen waren zum Teil Talentshow und zum Teil Schönheitswettbewerb – ein Aspekt, der ihr nicht sonderlich behagte, da sie sich von Natur aus eher burschikos gab. Allerdings kam sie mittlerweile mit ihrem Selbstbild zurecht und gewann jeden dieser Wettbewerbe. Die Ablagen in ihrem Zimmer ächzten nun unter der Last der glänzenden Trophäen. „Sie wurde nie Zweite, immer nur Erste“, erinnerte sich Mathew voller Stolz. Wie sie später so eloquent in der TageszeitungUSA Todayzu Protokoll gab, musste sie sich nicht einmal anstrengen: „Alles, was ich je gemacht habe, ist ganz natürlich gekommen. An meiner ersten Talentshow nahm ich mit fünf Jahren teil. Songs schrieb ich dann mit neun … Es steckte einfach in mir drin. Ich denke, wenn man für gewisse Dinge wie geboren ist und man die Dinge einfach im Herzen hat, warum sollte man das dann nicht so stark wie möglich ausleben?“

Der elektrifizierende Augenblick, als sie ihren ersten landesweit ausgetragenen Wettbewerb in einem Houstoner Veranstaltungssaal für sich entscheiden konnte, kam schließlich 1988. Er lieferte die Initialzündung zu ihrem weiteren Leben. Veranstalter des Wettbewerbs war People’s Family Workshop, eine prominente Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, Kunst in Houston zu fördern. In der Kategorie „Baby Junior Talent“ – die Altersklasse für Siebenjährige und noch Jüngere – zu gewinnen, war eine enorme Leistung, doch Beyoncé nahm das gelassen zur Kenntnis. Die alten Videoaufnahmen ihrer Dankesrede zeigen, wie ihr kleines Gesicht gerade so über das Podium ragt. Sie spricht mit ihrem starken texanischen Akzent: „Ich möchte mich bei den Juroren dafür bedanken, dass sie sich für mich entschieden haben, und bei meinen Eltern, die ich sehr liebhabe. Ich liebe euch, Houston!“ Diese finalen Worte wurden begleitet vom bereits erwähnten Kusshändchen, das sie wie ein routinierter Profi ins Auditorium warf.

Als sie im Jahr darauf für den Gastauftritt zum selben Wettbewerb zurückkehrte, berichtete die Präsentatorin der Show dem Publikum von der beeindruckenden Leistung, die Beyoncé im Vorjahr abgeliefert hatte. „Jedes Mal, wenn ich ihren Namen sagte, brandete Applaus auf“, sagte sie. Als Beyoncé schließlich die Bühne betrat, war sie kaum mehr als das Kind, das zwölf Monate zuvor auf der Bühne gestanden hat, zu erkennen. Sie sang „Home“, eine alles andere als leichte Nummer aus dem MusicalThe Wiz, und trug ein von der Hauptfigur Dorothy beeinflusstes Outfit bestehend aus einem blauen Trägerrock über einer weißen Bluse mit Puffärmeln. Sie war geschminkt, trug glitzernde Ohrringe und ihre Haare waren glänzend und gelockt. Ihr Look und ihr Gesang ließen sie wie einen jungen Star erscheinen. Sie wirbelte über die Bühne, ohne dabei auch nur eine Note nicht zu treffen.

Obwohl ihr Talent für sich selbst sprach, hielten Mathew und Tina es für eine gute Idee, für ihre Tochter einen professionellen Gesangslehrer anzuheuern, um sicherzustellen, dass ihre Stimme richtig geschult würde. 1989 wandten sie sich also an einen Mann namens David Lee Brewer, einen international auftretenden Operntenor, der mit der Houston Ebony Opera zusammenarbeitete und nun auch Privatstunden gab. Wenig überraschend versetzte Beyoncé, deren Stimme als Mezzosopran – eine mittlere Stimmlage und die herkömmliche bei Frauen – eingestuft wurde, ihren neuen Gesangslehrer in Erstaunen. „Beyoncé war ein achtjähriger Engel, als wir uns zum ersten Mal trafen“, vermerkt David auf seiner Website. Tina bat ihn, ihrer Tochter beim Singen zuzuhören. Dieser Bitte kam David ein paar Tage später gerne nach. „Dieses kleine Mädchen in einem Rüschenkleid und dazu passenden Söckchen holte langsam Luft und öffnete dann den Mund, um loszulegen. Was sie nun entfesselte, war einer der beeindruckendsten Klänge, den ich je von einem Kind zu hören bekommen hatte. Irgendetwas dabei ergriff mich und ließ mich nicht mehr los. Der Sound erinnerte an geschmolzenes Gold, sie hatte ein ganz besonderes Timbre. Außerdem besaß Beyoncé anscheinend eine angeborene körperliche Verbindung zur Musik. Das hier war mehr als nur eine Stimme, dachte ich, es war eine Seele.“

Irgendwann zog David sogar in das Apartment über der Garage der Familie und mit seiner Unterstützung erhielt Beyoncés Stimme noch einen zusätzlichen Schliff. Ihre Eltern kauften ihr eine Karaoke-Maschine, mit deren Hilfe sie nun versuchte, die Leistungen ihrer Vorbilder aus dem R&B-Genre zu toppen. „Karaoke machte mir viel Spaß“, erzählte sie demGuardian. „Ich verbrachte den ganzen Tag damit, nahm mich zu den Songs anderer auf und schrieb gelegentlich die Texte ein wenig um.“

Aber als sie schließlich regelmäßiger bei Talentshows aufzutreten begann, benötigte sie etwas, das ihr dabei half, mit ihrem Lampenfieber, das sie seit jeher vor jedem Auftritt plagte, umzugehen. Und so entstand ihr Alter Ego – Sasha Fierce. Dabei handelt es sich um eine imaginäre Figur, die das Kommando übernahm, wann immer Beyoncé in der Öffentlichkeit sang. Sasha war eine mutige, unbeirrbare Persönlichkeit mit einer kräftigen Stimme, die auch gegen die herbste Kritik immun war. Ihre Cousine Angie ließ sich den Namen einfallen und Beyoncé bekannte in einem TV-Interview mit ABC, dass diese Taktik sie vor dem intensiven Druck, mit dem sie sich als Kind auseinandersetzen musste, beschützte. „Sasha ist so selbstbewusst und furchtlos und hat eine Menge Dinge drauf, die ich nicht draufhabe“, erklärte sie. „Sie beschützt mich. In meinem Kopf sage ich: ‚Okay, jetzt übernimm bitte, bitte, bitte. Ich bin Sasha, ich bin Sasha.‘ Ich muss mich selbst in diesen Zustand versetzen, wenn ich Angst habe.“ Im Grunde genommen wurde Sasha ein allgegenwärtiger Bestandteil von Beyoncés Leben – bis zum Jahr 2010, als sie die große Entscheidung fällen würde, Sasha in den Ruhestand zu schicken.

Beyoncé schlug sich in der Schule weiterhin durch. Eine ihrer wichtigsten Rollen war es außerdem, ebendort auch ein Auge auf ihre Schwester Solange, die ein paar Klassen unter ihr war, zu haben. „Ich kann gar nicht sagen, wie viele Jungs und Mädchen davon berichten können, dass Beyoncé ihnen eine Tracht Prügel androhte, wenn sie mich nicht in Ruhe ließen“, vertraute SolangeGQan. Solch eine Bindung mag selten sein, und auch Beyoncé selbst betonte regelmäßig öffentlich ihre Gefühle gegenüber ihrer Schwester, wie etwa gegenüberHarper’s Bazaar: „Ich war immer die große Schwester. Ich bin fünf Jahre älter als Solange und hatte einfach immer das Bedürfnis, sie zu lieben und zu beschützen. Ich hatte nie den Wunsch, mit meiner Schwester zu streiten. Wir sind beide sehr verschieden in Bezug auf die Dinge, die uns gefallen oder wie wir Dinge angehen, aber diese Unterschiede tragen zu unserer Freundschaft nur noch bei. Die Liebe, die ich für sie empfinde, ist unbeschreiblich.“

„Sie ist schon immer – seit ich ein Baby war – so fürsorglich und protektiv in Bezug auf mich gewesen“, sagte Solange. „Wenn du dich meiner Schwester gegenüber respektlos zeigst, werde ich dir gegenüber komplett durchdrehen“, bestätigt Beyoncé diese Aussage.

1990 kam die neunjährige Beyoncé an die Parker Elementary School in Houston, die dafür berühmt war, das musikalische Talent ihrer Schüler zu fördern. Während es den meisten ihrer Mitschüler jedoch in erster Linie darum ging, ihre Hausübungen rechtzeitig abzugeben, als eine Musikkarriere zu planen, war Beyoncé vollkommen anders gestrickt. Ihr Ziel war es, eine berühmte Sängerin zu werden. Es genügte ihr nicht länger, in der überschaubaren Szene lokaler Talent- und Schönheitswettbewerbe zu bleiben, und ihre Ambitionen wuchsen rapide, als sie auf ihre Klassenkameradin LaTavia Roberson traf. „Wir lernten uns in der Grundschule kennen und wuchsen praktisch miteinander auf“, erzählte LaTavia der ZeitschriftBlack Beat.

Das Duo liebte es, gemeinsam zu singen. Als Mathew und Tina von einem Vorsingen für eine Girlband in der Stadt hörten, nahmen sie die beiden dorthin mit. Nachdem sie die Jury mit ihren ansteckenden Harmonien verblüfft hatten, wurden Beyoncé und LaTavia mit drei anderen Mädchen auch prompt in die neue Gruppe Girls Tyme aufgenommen. LaTavia erzählte viele Jahre später auf MTV: „Da waren richtig viele Mädchen, ich meine,richtigviele. Aber von den 65 Mädchen schafften es Beyoncé und ich in die Band.“ Auch LaTavias Cousinen, die Schwestern Nikki und Nina Taylor, sowie ein Mädchen namens Ashley Támar Davis gehörten zum Line-up. Zwar wurde die Besetzung in den kommenden Monaten regelmäßig verändert, doch war es wohl unvermeidbar, dass Beyoncé die Rolle der Leadsängerin zufiel.

Als die Gruppe zusammengestellt wurde, entschloss sich die Geschäftsfrau Andretta Tillman dazu, etwas Geld in die Mädchen zu investieren und im Gegenzug auch den Posten der Managerin zu übernehmen. Nur wenig später wurde die Formel von Girls Tyme um eine weitere Variable erweitert: Kelly Rowland, eine von LaTavias Freundinnen. Sie sollte nicht nur zu einem wichtigen Mitglied der Band, sondern überhaupt zu einer Schlüsselfigur in Beyoncés Leben werden. LaTavia und Beyoncé hatten begonnen, sich regelmäßig mit Kelly zu verabreden. Die Mädchen trafen sich im örtlichen Schwimmbad, spielten gemeinsam mit ihren Barbies oder stellten Zelte im Freien auf. Kelly war ein großer Fan von Whitney Houston und stimmte jedes Mal, wenn sie miteinander spielten, eines ihrer Lieder an. LaTavia schlug Kelly nach einer dieser Demonstrationen ihrer harmonischen Stimme vor, Beyoncés Eltern vorzusingen. Nachdem sie das getan hatte, wurde sie schließlich umgehend ebenfalls ein Mitglied von Girls Tyme.

Kelly, deren eigentlicher Name Kelendria lautete, war erst unlängst mit ihrer Mutter von Atlanta nach Houston gezogen. Sie war sieben Monate älter als Beyoncé und legte, seit sie mit vier im Kirchenchor zu singen begonnen hatte, eine ähnliche stimmliche Begabung wie sie an den Tag. Und genau wie Beyoncé träumte auch sie davon, berühmt zu werden – so wie ihr Idol Whitney Houston. Allerdings hatte Kelly einen schwierigeren Background: Ihre Mutter Doris hatte ihren Vater Christopher, einen Trinker, verlassen, da er ein unberechenbares Gemüt hatte. Das Geld war immer knapp und Doris mühte sich als Kindermädchen ab, um über die Runden zu kommen. Nachdem sie nach Houston übersiedelt waren, sah Kelly ihren Vater nur noch selten. Später sprach sie darüber, dass sie die Trennung sehr traurig gemacht habe: „Ich sah die anderen Kids in der Schule und wie sie von ihren Dads abgeholt wurden. Das war etwas, das mir abging. Jedes kleine Mädchen braucht ihren Papa“, erzählte sie derDaily Mail. „Musik war meine Flucht. Das ist sie immer noch. Ich fühlte wahrscheinlich, dass ich etwas verpasste, weil mein Vater nicht da war.“

Allerdings wurde Kelly stets warmherzig beim Knowles-Clan willkommen geheißen und es dauerte nicht lange, bis sie mehrere Male die Woche dort übernachtete. Sie und Beyoncé blieben bis spät in die Nacht wach, kicherten und erzählten sich Geschichten. Außerdem sangen sie regelmäßig gemeinsam mit Mathew und Tina. Viele Jahre später erinnerte sich Kelly in der Autobiografie von Destiny’s Child daran, dass es wie eine allabendliche Pyjama-Party gewesen sei – und eine ziemlich lautstarke dazu.

Mit Kelly an Bord und Andrettas Unterstützung begannen Girls Tyme in jeder freien Minute, das heißt, so oft es ihre Stundenpläne gestatteten, zu proben. Während sie Pop- und R&B-Nummern sangen und rappten, gingen einige von Mathews und Tinas wertvollen Gegenständen, darunter sogar eine gläserne Kastentür, zu Bruch, da sie bei den Proben im Vorraum der Familie Knowles gerne wild herumsprangen. Die Girls testeten ihre energiegeladenen Performances außerdem gerne an Tinas Kundinnen im Haarsalon aus, wobei sie mitunter für ihren Aufwand mit großzügigen Geldspenden belohnt wurden. Während Tina Haare schnitt, choreografierte Mathew die Moves der Mädchen und bat danach um ehrliches Feedback. „Manchmal wollten die Leute auch gar nicht zuhören“, vertraute Tina demTexas Monthlyan. „Die Mädchen schrien, dass sie mitklatschen sollten, und die Kundinnen verdrehten die Augen. Das war ein zähes Publikum.“

Stets lerneifrig in Bezug auf neue Tanzschritte, sahen sich die Mädchen in ihrer Freizeit alte Musikvideos an, um von Gruppen wie den Jackson Five und den Supremes zu lernen. Da klar war, dass auch das Image eine Rolle dabei spielen würde, die Aufmerksamkeit der Vertreter der Musikbranche auf sich zu ziehen, erklärte sich Tina bereit, die Mädchen in ihrem Salon zu stylen. Darüber hinaus entwarf sie noch ihre farbenfrohen Kostüme. Sie entwickelten sich langsam zu einem perfekten kleinen Pop-Paket.

Obwohl es harte Arbeit war, betonte Beyoncé stets, dass der Fokus trotz allem darauf lag, eine gute Zeit zu verbringen. Sie bestand darauf, dass ihre Eltern sie zu nichts drängten, wie es manchmal unterstellt wurde. „Ich empfand die Proben als Vergnügen“, schrieb sie inSoul Survivors. „Es war die Zeit, in der ich mir Tanzeinlagen und Gesangsarrangements ausdachte. Das war wie eine Spielstunde.“

1991 zog Kelly bei den Knowles ein und begann damit, Tina „Tante“ und Mathew „Onkel“ zu nennen. Ein Arrangement, das allen entgegenkam. „Meine Mom wohnte als Kindermädchen bei einer Familie“, erzählte sie später dem MagazinInterview. „Wir probten jeden Tag und wegen ihrer Arbeitszeiten konnte meine Mom mich nicht ständig zu den Proben hinbringen und dann wieder abholen. Deshalb erkundigte sich meine Mom bei Tina: ‚Kann Kelly den Sommer über bei euch wohnen?‘ Und aus dem einen Sommer wurde … wie lange noch mal? Aber es war wie eine große Familie, weil Mom jeden Abend vorbeikam, um mir einen Gute-Nacht-Kuss zu geben. Ich sage gerne, dass ich drei Elternteile habe – Tina und Mathew und meine Mom – drei weise Menschen, die mich unterstützen.“ Beyoncés Eltern liebten sie jedenfalls wie eine eigene Tochter. Tina bekannte später: „Kelly bringt große Freude in mein Leben. Ich werde sehr traurig sein, wenn der Tag kommt, an dem sie bei uns auszieht.“ Obwohl es hartnäckige Gerüchte gab, denen zufolge sie und Mathew Kelly adoptiert oder die rechtliche Vormundschaft für sie übernommen hätten, verneinte Tina dies stets. „All diese Gerüchte sind verrückt“, ärgerte sie sich im MagazinEbony. „Kellys Mom hatte Schlüssel zu unserem Haus und zu unserem Auto. An den meisten Wochenenden wohnte sie bei uns. Sie nahm jeden Tag an Kellys Leben teil.“

Beyoncé war ihrer besten Freundin nun näher als je zuvor. „Wir schliefen im selben Bett, wachten jeden Morgen gemeinsam auf, sangen den ganzen Tag und liebten jede einzelne Minute“, erklärte sie der ZeitschriftBlender. Außerdem waren sie für jede Menge Chaos verantwortlich, wie sie Jahre später bei einem Besuch in Graham Nortons Show kichernd gestand: „Wir waren böse kleine Bälger, aber wir hatten Spaß … Wir schafften etwa alle Matratzen aus dem Haus und bauten uns Rutschen. Aus Vorhängen bastelten wir Schaukeln. Wir versuchten, kleine Kätzchen in unser Haus zu locken – meine Mom kam nach Hause und da waren bereits so um die 20 Katzen, die durchs Haus rannten!“

Die Mädchen unterhielten sich auch über ihre Hoffnungen. Ungefähr zu dieser Zeit hielt Beyoncé ihre Ziele für die Zukunft akribisch auf einem Videoband fest. Anstatt nur zu verkünden, dass sie ein Popstar werden wolle, erklärte sie auf für ihr Alter überraschend detaillierte Weise, dass es ihr Ziel sei, ein Album aufzunehmen, das eine Goldene Schallplatte gewinnen würde. Das nächste Album solle dann schon Platin einfahren und das dritte wolle sie gänzlich selbst schreiben und produzieren. Niemand – nicht einmal Mathew und Tina – hätten je vorhersehen können, dass sie all diese Ziele noch vor ihrem 21. Geburtstag erreichen würde.

Ihre Mitschüler hatten jedenfalls keine Ahnung von ihren geheimen Plänen, weil Beyoncé es vorzog, ihre Talente für sich zu behalten. Als Schülerin der Welch Middle School war sie genauso scheu wie eh und je und mühte sich mit den Fächern ab, sogar wenn sie ihren Verstand nicht herausforderten. Sie achtete darauf, nicht aufzufallen, nachdem ihre Cousine sie eingehend gewarnt hatte, dass sich andere Mädchen durch sie bedroht fühlen würden und ihr sogar ihre langen Haare abschneiden könnten, wenn sie von ihren gesanglichen Ambitionen erfahren würden. Das wirkte sich so stark auf Beyoncé aus, dass sie ihre Haare für die ersten sechs Monate an der neuen Schule in einem Dutt zusammengebunden trug. Erst nachdem der Unterricht beendet war und sie zu den Proben mit Girls Tyme davongeeilt war, kam ihre wahre Persönlichkeit wieder zum Vorschein.

Abseits der Schule fand die fromme Beyoncé immer noch Zeit, um wöchentlich die St. John’s United Methodist Church zu besuchen. Das war auch der Ort, an dem ihr Kelly 1993 einen hübschen Jungen namens Lyndall Locke vorstellte. Mit seinen 13 Jahren war er ein Jahr älter als sie, aber die beiden verstanden sich auf Anhieb und begannen, sich so oft wie möglich nach der Schule zu treffen – solange es ihre Proben zuließen. Beinahe jeden Abend unterhielten sie sich am Telefon – oft sogar so lange, dass einer der beiden mit dem Hörer in der Hand vor Müdigkeit einschlummerte. An den Wochenenden liebten sie es, ins Kino zu gehen oder einfach bei ihr zuhause abzuhängen, Musikvideos anzusehen und „Vier gewinnt“ zu spielen. Nachdem sie ein Jahr befreundet gewesen waren, fragte Lyndall Beyoncé offiziell, ob sie seine feste Freundin sein wolle. Sie willigte ein. Trotzdem änderte sich nur wenig, da ihre kleinen „Dates“ weiterhin sehr unschuldig blieben. Letzten Endes blieben sie sieben Jahre lang ein Paar. Beyoncé meinte später: „In diesem Alter ist das eine lange Zeit. Ich war ein bisschen reifer als er und ihm gegenüber immer sehr treu.“ Lyndall erzählte derSun, wie verknallt er gewesen sei, und verglich sie mit einem Engel. Für ihn war sie das schönste Mädchen, das er je gesehen hatte.

Im frühen Stadium ihrer Beziehung verbarg Beyoncé allerdings noch ihr Doppelleben als Sängerin, da sie fürchtete, er würde sie für arrogant oder lächerlich halten. „Sie war einfach so schüchtern und in der Schule ein bisschen eine Außenseiterin. Sie sang nicht einmal im Chor. Zwei Jahre lang wusste ich nicht, dass sie überhaupt singen konnte“, sagte er. Immerhin war ihm nicht entgangen, dass sie eine gute Tänzerin war, da er sie und Solange endlose Nummern bei ihnen zuhause aufführen gesehen hatte.

Obwohl sie damals vielleicht wie ein Traumpaar gewirkt haben mochten, spielte Beyoncé in späteren Jahren ihre Beziehung herunter, indem sie etwa sagte, dass ihr erster gemeinsamer Kuss „ätzend“ gewesen sei. GegenüberElleenthüllte sie: „Es war schrecklich. Ich biss die Zähne zusammen, damit er mir nicht seine Zunge in den Hals stecken konnte … Ich erzählte Kelly, dass es das Schlimmste auf der Welt sei.“

Lyndall erinnerte sich an diesen Kuss ganz anders. Er erzählte später in derSun, dass er Beyoncé zu einem Konzert mitgenommen habe und ihm ein Eimer mit Popcorn auf den Boden gefallen sei. „Als wir uns beide bückten, um ihn aufzuheben, stießen wir mit den Köpfen zusammen und küssten uns zum ersten Mal. Wir hatten uns beide einfach angesehen und hatten begriffen, dass die Funken zwischen uns beiden nur so sprühten. Es war ein märchenhafter Kuss, wie man ihn sonst nur aus Filmen kennt. Das war der erste Moment wahrer Liebe zwischen mir und Beyoncé. Bis heute habe ich nie mehr einen so leidenschaftlichen Kuss wie diesen erlebt.“

Beyoncé äußerte sich in einem Interview mitCOSMOgirlwiederum weniger schmeichelhaft über Lyndall: „Mein erster Freund war echt zum Vergessen. Er passte einfach nicht zu mir. Wir unterhielten uns am Telefon und es lief ungefähr so: ‚Hallo?‘ ‚Hallo.‘ ‚Was machst du so?‘ ‚Nichts.‘ Das war echt nervig. Er war öde und hatte null Ehrgeiz.“

Obwohl sie Lyndall in den frühen Jahren gemocht hatte, ließ sie es nicht zu, dass er ihrem größeren Plan im Weg stehen würde. Während ihre Eltern der Beziehung mit ihrem Freund ziemlich entspannt gegenüberstanden, waren sie doch rigoros bezüglich dessen, was sich unter ihrem Dach abspielte. Seitdem ihre Mädchen auf der Welt waren, hatten sie Beyoncé und Solange Sinn für Moral eingetrichtert, was sich auch in ihren musikalischen Projekten widerspiegelte. In diesen frühen Tagen war Tina unerbittlich in Bezug auf Schimpfwörter oder sexuelle Inhalte in den Liedern, die die Mädchen sangen.

Nach vielen weiteren Monaten intensiven Übens und einem Level an Hingabe, das über ihr Alter hinwegtäuschte, gelang es Girls Tyme, eine Reihe von kleineren Auftritten, darunter etwa bei einem Schönheitswettbewerb zur Miss Black Houston, an Land zu ziehen. Zu dieser Zeit begannen sie auch generell, auf sich aufmerksam zu machen. So flog etwa ein R&B-Produzent namens Arne Frager ein, um sie zu sehen, und war höchst beeindruckt vom Engagement der Mädchen. Auch ihr Gesang und ihre raffinierten Dance-Moves hinterließen bei ihm einen bleibenden Eindruck. Vor allem war er von Beyoncés Stimme und ihrer Persönlichkeit begeistert.

Nachdem die Gruppe seiner Einladung nach Kalifornien gefolgt war, entschied er, dass sie im großen Stil der Öffentlichkeit vorgestellt werden müsse, wenn sie einen Plattenvertrag einheimsen wolle, weshalb er sie bei einer großen, landesweit im Fernsehen übertragenen TV-Talentshow namensStar Searchanmeldete. Dieser Vorläufer von Shows wie etwaThe X FactorundAmerican Idolwurde während der Achtziger und Neunziger ausgestrahlt und präsentierte miteinander konkurrierende Acts, die von vier Juroren mit Sternen ausgezeichnet wurden. Neben Beyoncé und ihren Bandkolleginnen bei Girls Tyme traten im Laufe der Jahre zahllose aufstrebende Auftrittskünstler sowie künftige Weltstars, wie etwa die noch sehr jungen Alanis Morissette, Britney Spears, Justin Timberlake und Jessica Simpson, in der Show auf.

Girls Tyme trugen bunte Regenmäntel, dazu passende Shorts und glänzende, handgefertigte Stiefel, in denen sie über die Bühne tanzten und rappten. Jedoch lief es für sie nicht ganz so wie gewünscht und sie landeten mit nur einem Stern weniger als die schroffe Heavy-Metal-Combo Skeleton Crew, die den Sieg davontrug, auf dem zweiten Platz. Natürlich waren die Mädchen am Boden zerstört und Beyoncé erinnert sich an den Schmerz, den die Mädchen angesichts ihrer Konkurrenz empfanden: „Wir verkniffen uns unsere Tränen und rangen uns ein geheucheltes Lächeln ab.“ Nachdem die Show vorüber war, wurde es zu viel und die Mädchen rannten hinter die Bühne, wo schließlich alle Dämme brachen und sie in bittere Tränen ausbrachen. Doch rückblickend waren sie alle der Meinung: „Wir haben es verhaut.“ LaTavia stellte in den Raum, dass womöglich die Wahl des Songs ihren jungen Stimmen nicht sonderlich entgegengekommen war. „Sie ließen uns einen Rap-Song performen, obwohl wir lieber etwas gesungen hätten“, sagte sie. „Sie installierten für uns sogar eine neue Hip-Hop-Kategorie. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, halte ich es aber dennoch für eine wichtige Lernerfahrung, die wir nie vergessen werden.“

Beyoncé äußerte sich viel später in einem Video, das 2013 zeitgleich mit ihrem AlbumBeyoncéerschien, folgendermaßen über diesen Schlüsselmoment: „Es war ein absolut prägendes Erlebnis meiner Kindheit. Ich hatte mir ausgemalt, dass wir beiStar Searchauftreten, gewinnen und einen Plattenvertrag bekommen würden. Das war damals mein Traum. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass die Möglichkeit bestünde, nicht zu gewinnen. Ich war erst neun Jahre alt, weshalb ich damals nicht begriff, dass man für etwas superhart arbeiten, alles geben und trotzdem verlieren konnte. Das war für mich die wichtigste Erkenntnis.“ Sie fügte noch hinzu: „Die Realität sieht so aus, dass man manchmal eben verliert. Man ist nie zu gut, um nicht auch mal verlieren zu können. Man ist nie zu groß, um zu verlieren. Man ist auch nie zu clever dafür. Es passiert einfach. Und es passiert dann, wenn es eben passieren muss. Man muss das auch zu schätzen wissen.“

Im Anschluss an diese Niederlage hätte man den Mädchen durchaus verzeihen können, wenn sie gedacht hatten, ihr Traum sei vorüber, bevor es überhaupt richtig losgegangen war. Aber dem stets optimistischen Mathew schwebten ganz andere Dinge vor. Er hatte einen flüchtigen Blick auf die blendende Zukunft seiner Tochter werfen dürfen und war nun nicht bereit, kampflos die Segel zu streichen. Während eines Vortrags an der Thornton School of Music, die zur University of Southern California gehört, sagte er 2011: „Aus irgendeinem Grund raffen sich diejenigen, die beiStar Searchunterliegen, erneut auf, um schließlich Erfolg zu haben.“ Um diesen Erfolg einfahren zu können, beschloss er, sich mehr einzubringen, und bat Andretta, als Co-Manager einsteigen zu dürfen. Es heißt, dass Mathew sogar damit gedroht habe, Beyoncé aus der Gruppe zu nehmen, nachdem sie dieser Idee anfänglich ablehnend gegenübergestanden war, was dazu führte, dass sie schließlich einwilligte. Nachdem Andretta nach jahrelangem Leiden an ihrer Lupus-Erkrankung, einer seltenen Autoimmunerkrankung, verstorben war, sagte ihr Bruder Lornonda Brown, dass ihr gar keine Wahl geblieben sei als zuzustimmen: „Sie wusste, dass sie musste. Mathews Tochter war seine Trumpfkarte.“

Nun, da er am Steuer saß, wusste Mathew, dass er mit der Band noch einmal ganz von vorne beginnen müsse, vor allem, da die Mädchen noch einmal Zuwachs in Form eines neuen Mitglieds bekommen hatten. Es handelte sich mit LeToya Luckett dabei um ein talentiertes Mädchen, das mit Beyoncé in der Grundschule in dieselbe Klasse gegangen war. In einem Interview mit demIndependentmeinte LeToya: „Beyoncé fand heraus, dass ich singen konnte, als wir beide fürPinocchiovorsangen. Wir teilten uns die Hauptrolle in dieser Schulaufführung und lernten dafür gemeinsam die Songs und Tanzschritte.“

Durch das neue Mitglied erhielt die Band eine neue Dimension und Mathew und Andretta entschieden daraufhin, die Originalbesetzung der Band drastisch zu dezimieren. Nachdem die Anzahl der Bandmitglieder von sieben auf nur mehr vier verringert worden war, bestand die Gruppe nun aus Beyoncé, LeToya, Kelly und LeTavia. Jedes der Mädchen brachte eine andere Qualität mit und so deckten sie endlich die gesamte gesangliche Bandbreite ab. Kelly verfügte über ein breites Spektrum, was sich gut für die schnelleren Nummern eignete, sie konnte auch die tiefen Töne noch singen. LeToya erreichte mit ihrer Sopranstimme luftige Höhen. Und was Beyoncé betraf, so vermochte sie es mit ihrem nunmehr kultivierten, souligen Gesang, einem jeden in Hörweite befindlichen Individuum eine Gänsehaut über den Rücken zu jagen.

Von nun an als Vierergespann unterwegs, begann die richtig harte Arbeit. Mathew war von Anfang an hundertprozentig fokussiert: Das war nun nicht länger eine Gruppe von Mädchen, die einfach nur ihren Spaß haben wollten. Im Verlauf der folgenden 18 Monate schleifte er sie in eine Art „Mini-Bootcamp“, indem er sie vor der Schule durch die Parks von Houston hetzte und sie während des Joggens zusätzlich auch noch singen ließ, damit sie lernten, auch bei körperlicher Anstrengung nicht aus der Puste zu kommen. Sie fingen an, einen fettreduzierten Speiseplan einzuhalten. Beyoncé aß nun üblicherweise kalorienarme Tiefkühlmahlzeiten sowie zuckerfreie Götterspeise zum Abendessen und verzichtete auf die herzhaften, frittierten Gerichte, die sie so liebte. Die Mädchen wurden außerdem darin unterwiesen, ihre energiegeladenen Tanznummern in High-Heels zu proben, was ein paar verdrehte Knöchel zur Folge hatte. „Jedes Mal, wenn er mich pushte, wurde ich noch stärker“, sagte Beyoncé später über Mathews Führungsstil. Sie berichtete auch davon, dass sie viele Opfer bringen mussten, wie etwa das Cheerleading aufzugeben. Für gesellschaftliche Ereignisse im Kreise der Schulfreunde gab es nur mehr wenig Platz. „Mein Leben bestand aus Arbeit. Ich ging also nicht einmal wirklich auf einen Schulball“, erzählte sie demDaily Telegraph. „Nun, ich ging auf den Ball meines Freundes als sein Date, aber dort kannte ich nicht wirklich jemanden und musste früh zu Hause sein!“

Teil von Mathews großem Plan war, dass er mit den Mädchen an eigenen Songs, die sie zusätzlich zu den Nummern anderer Künstler performen sollten, arbeiten würde. Die Hauptinspiration für die Texte ihrer Songs fand Beyoncé in Tinas Haarsalon, in dem sie die Unterhaltungen, die die Kundinnen über ihre missratenen Männer führten, belauschte. „Frauen sind beim Frisör viel offener als Männer“, verriet sieElle. „Sie blättern in Modezeitschriften, hören Anita Baker und plaudern über ihre untreuen Männer. Da geht es viel pikanter zu als bei den Männern.“

Mathew schrieb den Mädchen auch vor, dass sie mindestens einmal in der Woche ein lokales Konzert – in der Schule, der Kirche oder bei einer Modenschau – zu absolvieren hätten. Und in den Schulferien sogar noch öfter. „Nichts war zu klein oder zu groß“, meinte er im Gespräch mitForbes. „Üben, üben. Beyoncé war schon immer so leidenschaftlich bezüglich ihrer Musik gewesen, dass sie sich nie über die vielen Wiederholungen beschwert hätte.“

Sie traten sogar zu verschiedenen Anlässen in Beyoncés liebstem Themenpark, Six Flags AstroWorld, auf – allerdings musste sie dort auch eine der schlimmsten Erfahrungen ihres Bühnenlebens über sich ergehen lassen. Dem Fernsehmoderator Graham Norton erzählte sie von dem peinlichen Auftritt: „Meine Freunde waren im Publikum und es war eiskalt. Mein Gesicht war taub. Bevor ich mich versah, bemerkte ich, dass sich vor mir etwas aufblähte. Meine Nase war echt rot … und da ist plötzlich eine riesige Schnodderblase. Es war mitten während unserer Performance und ich rannte von der Bühne, um die Sache in Ordnung zu bringen, aber alle meine Freunde konnten es sehen. Es war schrecklich peinlich.“

Aber obwohl viele behaupteten, dass Mathew die Mädchen zu hart rannahm, besteht Beyoncé darauf, dass stets alles in ihrem Sinne gewesen sei, wie sie auch gegenüber dem MagazinScholastic Actionbestätigte: „Als ich jünger war, gingen die meisten Leute auf Partys. Ich konzentrierte mich auf die Proben. Während andere Kinder draußen spielten, wollte ich drinnen sein, um Songs zu schreiben und Tänze zu trainieren.“

Indem er seine ständig zunehmenden Kontakte spielen ließ, gelang es Mathew, eine höchst einflussreiche A&R-Managerin bei Columbia Records namens Teresa LaBarbera Whites davon zu überzeugen, von New York nach Houston zu fliegen, um sich einen Auftritt der Mädchen in einem jüdischen Gemeindezentrum anzuhören. Allerdings lief es nicht wie gewünscht: Die Mädchen waren am Vortag gemeinsam beim Schwimmen gewesen und hatten deshalb nasale Stimmen. Während eines Videos, das den Auftritt zeigt, kann man einen erzürnten Mathew hören, wie er inmitten eines Songs ruft: „Es ist mir egal, ob Teresa da ist. Merkt ihr, was der Preis dafür ist, dass ihr schwimmen wart?“

Ein paar Jahre später gestand LeToya, wie hart der Drill für sie gewesen sei. „Es war sehr anstrengend, schon so jung Mitglied einer ernsthaft arbeitenden Band zu sein“, erklärte sie demIndependent. „Wir mussten um sechs Uhr früh zu Gesangsstunden erscheinen und opferten einen Teil unserer Kindheit. In der sechsten Klasse wurden wir aus dem Schulleben gerissen, weshalb wir nichts mit dem ganzen Abschlussball- oder Ballköniginnen-Kram zu tun bekamen. Es war aber schon aufregend. Wir waren sehr brav und konzentriert für einen Haufen Kids.“

Da sie alle im selben Maße fromm waren, beteten die Mädchen zu Gott, dass er ihnen einen Plattendeal bescheren solle. Die Situation der Mädchen erinnerte an die ähnlich strikt geregelten Anfänge der Jackson Five. „Wir nannten Mathew ‚Joe Jackson‘“, gab LaTavia zu. „Er war sehr streng. Beyoncé war die einzige, die mutig genug war, sich gegen ihn zu stellen.“ LaTavia, die Mathews Ansatz gegenüber vermutlich am kritischsten eingestellt war, meinte außerdem: „Wir arbeiteten echt hart. Immer nur proben, proben, proben. Es gab da uns vier Mädchen, und er war unser Drill-Sergeant. Als es Sommer war, holte er uns in ein Camp bei sich zuhause in Houston. Er weckte uns früh am Morgen auf und fuhr uns in den Herman Park. Da gab es eine dreieinhalb Meilen [5,6 km] lange Laufstrecke. Wir mussten singen, während wir liefen. Dann fuhren wir zurück zum Haus und probten. So sahen unsere Tage aus, sieben Tage die Woche. Rückblickend hat uns diese harte Arbeit unsere Kindheit gekostet. Aber damals konzentrierten wir uns darauf, unseren Traum zu leben.“

Im Alter von 13 kam Beyoncé an die angesehene Houston School for the Performing and Visual Arts. Die Fotos aus ihrem Jahrbuch zeigen sie, wie sie zu einer natürlich schönen, jungen Frau erblüht ist. Mit ihrer makellosen Haut, dem strahlenden weißen Lächeln und den geflochtenen Haaren wäre sie auch leicht als Model durchgegangen. Jedoch war ihr die Musik stets wichtiger gewesen als ihr Aussehen, und während sie und die anderen Mädchen ihre Schulkarriere fortsetzten, setzte Mathew alles daran, ihnen Auftritte als Vorgruppe vor etablierteren R&B-Gruppen zu besorgen.

Endlich begann sich sein Aufwand auszuzahlen: Sie wurden zu mehreren Vorsingen von Plattenfirmen eingeladen, unter anderem auch bei Elektra Records, wo sie Darryl Simmons kennenlernten. Grobkörnige Videoaufnahmen von dieser Vorführung zeigen die vier Mädchen in beigen Jeans und schwarzen Trägerhemdchen, wie sie eine hübsch choreografierte Tanznummer zu ihrem Song „Wide Open“ performen. Alles in allem klang ihr Gesang nun um einiges tighter, wodurch sie geschliffener und erwachsener wirkten.

Nachdem sie sich jahrelang hatten abrackern müssen, waren die Girls und Mathew absolut begeistert, als Darryl eine Schlüsselfigur bei Elektra, Sylvia Rhone, die bereits die extrem erfolgreichen En Vogue unter Vertrag genommen hatte, hinzuzog. So wie die meisten, die die Gruppe hörten, fand auch sie, dass Beyoncés Stimme hervorstach, und beauftragte Darryl, den Mädchen einen Vertrag zu geben – und Beyoncé ins Zentrum zu rücken.

Nur kurze Zeit später wurde die Band nach Atlanta geflogen, von wo aus Darryl arbeitete, und ins Studio geschickt, wo sie an den Gesangsspuren für ein Album arbeiten sollten. Sie waren gemeinsam mit Darryls Assistenten in einem kleinen Haus untergebracht. Der Trip verströmte das Flair eines Ferienlagers, allerdings verpassten die Mädchen auch viele Schultage. Da dies die Eltern beunruhigte, wurden Privatlehrer engagiert. Nach ein paar Monaten zeichnete sich jedoch eine Katastrophe ab. Es war noch kein Datum für die Veröffentlichung besprochen worden und es schien, als würde Elektra die Entscheidung auf die lange Bank schieben wollen. Schließlich flatterte ein Brief von einem hohen Tier beim Label ins Haus, der die Gruppe davon unterrichtete, dass man die Band fallen lassen würde. Das MagazinEssenceberichtete, dass die Entscheidungsträger einen dramatischen Sinneswandel durchlaufen hätten und nun denken würden, dass die Mädchen „zu jung“ und „zu ungeschliffen“ seien, um den nächsten Schritt setzen zu können. Die Frustration darüber, vorzeitig abgesägt zu werden, saß tief, wie Beyoncé Jahre später der ZeitschriftQanvertraute: „Wir dachten, dass die Welt untergehen würde.“ 2002, auf dem Zenit ihres globalen Erfolgslaufs angelangt, blickte Kelly augenzwinkernd zurück: „Ich hoffe, dass derjenige bei Elektra, der entschieden hat, uns in die Wüste zu schicken, die Grammy-Preisverleihung von 2000 mitverfolgt hat.“

Zurück in Houston motivierten die enttäuschenden Neuigkeiten Mathew zu einem drastischen Schritt. Er kündigte seinen hochdotierten Job, um sich als Manager nun ausschließlich um die Belange der Band kümmern zu können. „Der ausschlaggebende Moment war, als sie von Elektra fallen gelassen wurden“, sagte er. „Ich kündigte meinen Job, und alle dachten, ich hätte sie nicht mehr alle.“ Mathews Hingabe an seinen Beruf war bereits seit längerer Zeit dahingeschwunden. „Ich war 20 Jahre im Geschäftsleben gewesen und 18 davon waren phänomenal gewesen“, erzählte er inEmpower. „Aber die letzten beiden Jahre fehlte mir die Leidenschaft und ich spürte, wie ich einen Wandel durchlief.“ Sein Beschluss, diese Welt hinter sich zu lassen, wurde ihm erleichtert, als bekannt wurde, dass seine Co-Managerin Andretta zusehends von ihrer Lupus-Erkrankung geschwächt wurde.

Er traf auch noch eine weitere einschneidende, für die Zukunft der Gruppe wegweisende Entscheidung. Da er fand, dass der Name „Girls Tyme“ zu jung klang, war es an der Zeit, die Band mithilfe eines anderen Namens neu zu erfinden. Unter den Vorschlägen fanden sich „Somethin’ Fresh“ und „Borderline“, aber nichts passte so recht – ebenso wenig wie „Cliché“ oder „Da Dolls“. Schließlich wurde „Destiny“ in die Runde geworfen, doch der Name war bereits vergeben. Letztlich einigte man sich auf „Destiny’s Child“. Beyoncé erklärte im MagazinInterview, wie es dazu gekommen sei: „Immer, wenn ich wegen etwas verwirrt bin, frage ich Gott, mir die Antworten auf meine Fragen zu schenken – und er tut es. So fanden wir unseren Namen – wir schlugen die Bibel auf und da stand das Wort ‚Destiny‘.“ LaTavia führte weiter aus: „Eines Tages wollte Beyoncés Mom gerade in der Bibel lesen und schlug sie auf, um eine Stelle im Buch Jesaja zu lesen. Da fiel ihr ein Foto von uns hinunter und an der Stelle, an der es landete, stand in fetten Lettern das Wort ‚Destiny‘. Wir spürten, dass Gott uns diesen Namen schickte, fanden aber heraus, dass bereits viele Gruppen so hießen, deswegen ergänzten wir noch ‚Child‘, um eine Art Wiedergeburt von ‚Destiny‘ anzudeuten.“