Bittersüße Qual der Liebe - Sue-Ellen Welfonder - E-Book

Bittersüße Qual der Liebe E-Book

Sue-Ellen Welfonder

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Beschreibung

Eine eigensinnige Lady, ein kampferprobter Ritter und eine Lektion in Sachen Verführung!

Dunlaidir Castle, Schottland: Lady Caterine Keith hat kein Interesse an der Ehe. Sie kann ihre schottische Festung ohne die Hilfe eines Mannes bewachen und wehrt jeden unerwünschten Verehrer erfolgreich ab. Doch ihre Schwester ist besorgt und schickt ihr einen Ritter, der sich um die Burg und seine Bewohner kümmern soll. Lady Catherines abweisende Art weckt sofort den Ehrgeiz des vom Kampf geschundenen Sir Marmaduke Strongbow. Er beschließt, ihr Herz zu erobern und weckt eine Flamme der Leidenschaft in Catherine, die sie für längst erloschen gehalten hatte ...

Historische Liebesromane voll packender Leidenschaft - die Reihe um den MacKenzie Clan von der USA-Today-Bestsellerautorin Sue-Ellen Welfonder:

Band 1: Der Verführer im Kilt
Band 2: Bittersüße Qual der Liebe
Band 3: Der feurige Kuss des Highlanders
Band 4: Mein schottischer Rebel
Band 5: Ritter meiner Leidenschaft
Band 6: Die feurige Braut des Highlanders

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Danksagung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Epilog

Über die Autorin

Alle Titel der Autorin

Impressum

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Über dieses Buch

Dunlaidir Castle, Schottland: Lady Caterine Keith hat kein Interesse an der Ehe. Sie kann ihre schottische Festung ohne die Hilfe eines Mannes bewachen und wehrt jeden unerwünschten Verehrer erfolgreich ab. Doch ihre Schwester ist besorgt und schickt ihr einen Ritter, der sich um die Burg und seine Bewohner kümmern soll. Lady Catherines abweisende Art weckt sofort den Ehrgeiz des vom Kampf geschundenen Sir Marmaduke Strongbow. Er beschließt, ihr Herz zu erobern und weckt eine Flamme der Leidenschaft in Catherine, die sie für längst erloschen gehalten hatte ...

Sue-Ellen Welfonder

Bittersüße Qual der Liebe

Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrike Moreno

Danksagung

Die, die mich gut kennen, wissen von meiner großen Liebe und leidenschaftlichen Begeisterung für den heldenhaften schottischen König Robert the Bruce. Er war ein großherziger Mensch, der anderen Männern haushoch überlegen war und dessen Tapferkeit, Unerschrockenheit und Mitgefühl Liebe und Hingabe in allen weckten, die ihm folgten, und widerwilligen Respekt bei jenen, die dies nicht taten. Sein Licht brannte so hell, dass sein Glanz die Jahrhunderte überdauerte und immer noch die Macht besitzt, die Herzen derer, die Schottland lieben, zu entflammen und zu gewinnen. Meins gehört ihm jedenfalls, und es war einer der glanzvollsten Momente seines Lebens, sein großartiger Sieg über die Engländer in Bannockburn, von dem ich mich zu Sir Marmaduke Strongbow inspirieren ließ.

Sir Marmaduke Tweng, eine reale historische Persönlichkeit, war ein angesehener englischer Ritter jener Zeit und als Ehrenmann bekannt. Als er im Verlauf der Schlacht aus dem Sattel geworfen wurde, suchte er Robert the Bruce auf und weigerte sich strikt, irgendjemand anderem sein Schwert zu übergeben. Aus Respekt und Achtung vor Sir Marmadukes Unerschrockenheit lud Robert Bruce ihn in sein königliches Zelt ein und bewirtete ihn an seiner eigenen Tafel.

Der reale Sir Marmaduke wurde anschließend, ohne Lösegeld bezahlen zu müssen, auf freien Fuß gesetzt und durfte in Frieden nach England zurückkehren. Als ich erkannte, dass ich Duncan in Der Verführer im Kilt einen tapferen englischen Ritter als besten Freund zur Seite stellen wollte, erinnerte ich mich an Robert Bruce und Sir Marmaduke. Kein anderer Name schien mir gut genug für diese Persönlichkeit ... und ich hoffe, dass beide Männer lächeln würden, wenn sie es wüssten.

Ich möchte all den Lesern auf meiner Adressenliste danken, die sich in Der Verführer im Kilt in Sir Marmaduke verliebt haben. Ihre zahlreichen Bitten um ein eigenes glückliches Ende für diesen speziellen Charakter haben bewirkt, dass diese Geschichte zu Stande kam.

Mein aufrichtigster Dank gilt meiner wundervollen Agentin und Freundin, Pattie Steele-Perkins, die Sir Marmaduke von Anfang an liebte, sowie meiner sehr geschätzten Redakteurin, Karen Kosztolnyik, für ihr außerordentliches Geschick darin, mir dabei zu helfen, ihm das beste Buch zu widmen, das ich konnte. Ich bin euch beiden sehr zu Dank verpflichtet.

Und wie immer danke ich auch meinem gut aussehenden Ehemann, Manfred, meinem eigenen Drachentöter, für das Ertragen meiner langen Nächte und gehetzten Abendessen, und dafür, dass er es mir ermöglicht, meine Träume zu verwirklichen.

Kapitel 1

Dunlaidir Castle,Ostküste Schottlands, 1330

Was Ihr braucht, Mylady, ist ein Beschützer.« Lady Caterine Keith versteifte sich in Anbetracht des gut gemeinten Ratschlags ihrer Gesellschafterin und starrte weiter durch die mit Rundbögen versehenen Fenster ihres Turmzimmers. Tief unten brauste und toste die Nordsee, deren schiefergraue Wellen von weißem Schaum gekrönt waren und deren aufgewühlte Oberfläche ein perfektes Spiegelbild ihres eigenen inneren Aufruhrs war.

Ein lastendes Schweigen breitete sich zwischen den beiden Frauen aus, bis das Prasseln des Kaminfeuers und das hohle Pfeifen des frischen Herbstwinds zu beinahe ohrenbetäubenden Geräuschen anwuchs.

Regen mit sich bringende Windböen peitschten gegen Dunlaidirs dicke Steinmauern und rüttelten so heftig an den Fensterläden, dass es Caterine nicht überrascht hätte, wenn diese aus ihren Verankerungen gerissen und in die See geschleudert worden wären.

Ein quälendes Gefühl der Vorahnung beschlich sie, das einem bösen Omen gleichkam. Eine schlimme Vorahnung, kalt und unerbittlich wie die dunklen Wellen, die gegen die Klippen schlugen, auf denen Dunlaidir Castle so majestätisch thronte.

Trotzdem sagte sie noch immer nichts.

Denn der Vorschlag ihrer Gesellschafterin verdiente keinen Kommentar.

Ohne sich von Caterines Schweigen beirren zu lassen, schwärmte Lady Rhona weiter. »Ich kann ihn buchstäblich schon vor mir sehen: ein mächtiger Krieger, der ein starkes Schwert führt, ein im Kampf erprobter Ritter, der zudem auch noch den Ruf besitzt, ein Kavalier zu sein«, begeisterte sie sich, und ihre junge Stimme war ganz heiser vor Erregung.

Voller trügerischer Fantasien, an die Caterine schon längst nicht mehr glaubte.

An die sie vielleicht noch nie geglaubt hatte.

Nie hatte glauben dürfen, egal, wie sehr ihr junges Herz sich einst auch bemüht haben mochte, an solch unsinnigen Träumen festzuhalten.

»Mylady«, sagte Rhona flehend, bemüht, Caterines Aufmerksamkeit zu gewinnen. »Bedenkt doch nur! Ein kampferprobter Ritter, der im Stande wäre, Eure Feinde allein mit einem bloßen Blick zu bezwingen. Ein tapferer Mann, bereit, sie auf ein bloßes Wort von Euch in Stücke zu zerhacken. Ein großartiger Beschü...«

»Ich will keinen Beschützer.« Caterine fuhr zu ihrer Freundin herum. »Ich will nichts anderes, als dass man mich in Ruhe lässt.«

»Und ich sage, was Ihr braucht, ist Leidenschaft!«, entfuhr es der unverbesserlichen Romantikerin Rhona, doch dann schlug sie verlegen eine Hand vor ihren Mund, und eine zarte Röte färbte ihre Wangen.

Sie schlüpfte hinter Caterine, zog die Fensterläden energisch zu, womit zwar Wind und Regen ausgeschlossen, der Raum allerdings gleichzeitig in Dämmerlicht getaucht wurde. »Grundgütiger Himmel!«, ereiferte sie sich und beeilte sich, ein paar Talgkerzen anzuzünden. »Ich wollte nicht respektlos sein. Es ist nur so, dass Ihr noch nie ...«

»Ich weiß sehr gut, was Ihr gemeint habt«, unterbrach Caterine sie rasch, bevor die jüngere Frau weiterschwatzen und sie beide in Verlegenheit bringen konnte. Sorgsam darauf bedacht, eine aufrechte Haltung zu bewahren, ließ sie sich auf den weichen Kissen der in die Fensterlaibung eingebauten Sitzbank nieder.

Es kümmerte sie kaum, dass die fein bestickten Kissen durch den schräg gegen die Burg schlagenden Regen feucht geworden waren. Caterine hatte weitaus ernstere Angelegenheiten zu erwägen als die Möglichkeit, sich zu erkälten.

»Eure Sorge ist sehr lobenswert, aber gänzlich fehl am Platz«, bemerkte sie mit einem Seitenblick auf Rhona. »Ich kenne mich mit Männern aus. Glaubt Ihr allen Ernstes, ich sei noch unerfahren, nachdem ich zwei Ehemänner zu Grabe getragen habe?«

»Natürlich nicht, Mylady«, erwiderte Rhona, während sie geschäftig mit den Kerzen herumhantierte. »Niemand ist sich Eurer verzweifelten Lage besser bewusst als ich. Hätte ich nicht Euer Bestes im Sinn, würde ich Euch gar nicht so bedrängen, männlichen Schutz zu suchen.«

Mit einer ungeduldigen Handbewegung erklärte Caterine: »Ihr sprecht von Leidenschaft. Ich brauche eine Lösung für meine Probleme, für Dunlaidirs Probleme, und keinen Mann, der mir das Bett wärmt.«

Sie beugte sich vor, um Leo, ihren kleinen goldbraunen Hund, auf den Schoß zu nehmen. »Ich werde mich nicht noch einmal um die Aufmerksamkeit eines Mannes bemühen, ganz egal, zu welchem Zweck. Leo ist das einzige männliche Wesen, das in diesem Raum willkommen ist ... und das müsstet Ihr langsam begriffen haben.«

»Leo kann Euch nicht vor einem so mächtigen Mann wie Sir Hugh beschützen. Dieser Kerl ist ein heimtückischer Feigling, der sehr gemein und gefährlich werden kann. Euch bleibt gar nichts anderes übrig, als Eure Schwester zu bitten, Hilfe herzuschicken.«

»Glaubt Ihr etwa, ein einziger Highlandkrieger sei im Stande, einen englischen Grafen abzuschrecken, der eine komplette Garnison berittener Soldaten zur Verfügung hat?« Caterine drückte Leo an sich und fühlte sich von der weichen Wärme seines kleinen Körpers ein wenig getröstet. »Sogar ein mächtiger MacKenzie hätte große Schwierigkeiten, de la Hogue daran zu hindern, Dunlaidir durch eine Heirat mit mir in seinen Besitz zu bringen.«

Rhona legte ihren dunklen Kopf zur Seite. »Dann müsst Ihr eine solche Verbindung von vornherein unmöglich machen, indem Ihr Euren Beschützer heiratet.«

Caterine reagierte mit Empörung. »Ich habe keinen Beschützer. Und ich werde auch nicht Linnets Gunst ausnutzen, indem ich sie darum bitte, mir einen zu schicken. Und selbst wenn ich geneigt wäre, es zu tun – was ich nicht bin –, wäre es auch nicht akzeptabler, mich an einen solchen Mann zu binden, als Sir Hugh zu ehelichen.«

»Woher wollt Ihr das wissen, wenn Ihr dem Mann, den Euch Eure Schwester schicken wird, noch nie begegnet seid?«

Caterine warf ihrer Freundin einen scharfen Blick zu. »Ich werde keinen dritten Ehemann erdulden, ob er nun mein Beschützer wäre oder nicht.«

Statt zu antworten, begann Rhona im Zimmer umherzuwandern und tippte sich dabei immer wieder mit dem Zeigefinger an ihr Kinn. Caterine wappnete sich innerlich schon für den Schwall absurden Geschwätzes, der, wie sie wusste, jeden Moment von den nachdenklich geschürzten Lippen der jungen Frau kommen würde.

Denn nach Jahren des Zusammenlebens kannte sie ihre Freundin gut. Ihr nervöses Fingertippen war stets ein Vorbote für Ausbrüche von Albernheit. Sinnloses Gerede, das außer Rhona selbst niemand verstand.

»Ich hab’s!«, rief Rhona da auch schon und klatschte in die Hände. Ein triumphierendes Lächeln überzog ihr hübsches Gesicht. »Ihr gebt einfach nur vor, den Mann zu heiraten, den Euch Eure Schwester schickt.«

Caterines Augenbrauen schossen in die Höhe. »Vorgeben?«

»Aye.« Ihre Freundin strahlte sie an und schien offensichtlich darauf zu waren, dass Caterine die Genialität ihrer Idee erkannte.

Doch Caterine erkannte gar nichts.

Nichts außer ihrer wachsenden Verärgerung über Rhonas unablässiges Drängen.

Brüsk erhob sie sich, trug Leo über den mit Binsen bestreuten Boden und setzte ihn auf sein Bettchen auf das für ihn neben dem Kamin liegende weiche Schaffell. »Ich fürchte, Ihr habt es immer noch nicht begriffen. Ich werde meine Schwester nicht um Hilfe bitten, und ich werde auch keine weitere Ehe in Betracht ziehen. Nicht einmal eine vorgetäuschte«, bekräftigte sie in einem Tonfall, von dem sie hoffte, Rhonas Überschwang eindämmen zu können.

Streng und unnachgiebig.

Vor allem unnachgiebig.

»Aber es wäre die beste Gelegenheit für Euch, Sir Hugh loszuwerden«, versuchte Rhona erneut, ihr zuzureden. »Habt Ihr vergessen, dass er geschworen hat, eine Verfügung seines Königs zu erwirken, um Euch zu zwingen, Euch zu fügen, solltet Ihr mit der Heirat am Michaelistag nicht einverstanden sein?« Rhona hob flehend ihre Hände. »Und der Michaelistag ist längst vorüber, Mylady.«

»Tatsächlich?« Caterine zupfte an einer nicht vorhandenen Fussel an ihrem Ärmel. »Da unsere Vorräte zu spärlich geworden sind, um den Tag des heiligen Michael zu feiern, hatte ich gar nicht bemerkt, dass er schon vorüber ist. Und es interessiert mich auch nicht, was Edward der Dritte mir zu tun befiehlt. Denn noch wird dieses Land für den jungen David von Schottland gehalten.«

»Mylady, bitte«, flehte Rhona. »Ihr habt gar keine andere Wahl.«

Von jähem Zorn erfasst, ballte Caterine die Fäuste. Hinter den verschlossenen Fensterläden wurde Donner laut, und sein leises Grollen war wie ein Echo der schmerzlichen Verbitterung tief in ihrem Inneren.

Rhona irrte sich. Sie hatte andere Möglichkeiten.

Doch wie so oft in ihrem Leben behagten sie ihr alle nicht.

Sie hatte immer unter der Herrschaft eines Mannes gelebt. Selbst heute noch, gerade erst zur Witwe eines älteren, aber nicht unliebenswürdigen Ehemanns geworden und zu einem Zeitpunkt, als sie gehofft hatte, endlich wenigstens einen Anschein von Frieden zu finden.

Frieden und Alleinsein.

Ungebeten tauchte plötzlich Sir Hugh de la Hogues vor ihrem inneren Auge auf – sein feistes Gesicht mit den kleinen, vor Befriedigung glänzenden Schweinsäuglein, das Geräusch seines schweren Atems, der seiner lüsternen Natur Ausdruck verlieh.

Caterine bekam eine Gänsehaut. Der bloße Gedanke, von den dick beringten Fingern dieses Engländers berührt zu werden, jagte ihr vor lauter Abscheu einen Schauder über den Rücken und ließ Galle in ihrer Kehle aufsteigen.

»Mylady, Ihr seid blass geworden.« Rhonas besorgte Stimme vertrieb das abstoßende Bild. »Soll ich die Blutegel holen?«

»Nein, mir geht’s gut«, log Caterine mit ausdrucksloser Stimme.

Ihre dunklen Augen voller Sorge, trat Rhona hastig vor, um Caterines Hände zu ergreifen. »Ach, Mylady, Ihr müsst nachgeben. Die MacKenzie-Männer sind fähig und beherzt. Der Gatte Eurer Schwester ist ein fairer Mann, er wird Euch den zuverlässigsten Kämpfer seiner Truppe schicken.«

Rhona ließ Caterines Hände los und begann wieder auf und ab zu gehen. »Erinnert Ihr Euch, wie er und Eure Schwester vor ein paar Jahren zu Besuch hier waren? Du liebe Güte, all die Frauen in der Burg waren vollkommen aufgelöst, wenn er auch nur einen Blick ...«

»Es gibt Wichtigeres an einem Mann als die Breite seiner Schultern und sein charmantes Lächeln«, unterbrach Caterine das Geplapper ihrer Freundin. »Ich will gar nicht abstreiten, dass der Mann meiner Schwester einen erfreulichen Anblick bietet und einen anständigen Charakter hat, aber ich warne Euch, denn Duncan MacKenzie ist absolut kein Mann, an dem man andere messen kann. Einen Mann wie ihn findet man nur sehr selten. Meine Schwester kann sich glücklich schätzen, ihn zu haben.«

Für einen kurzen Augenblick schien Rhona hinreichend zurechtgewiesen, doch kurz darauf plapperte sie weiter, und ihr Gesicht begann wieder vor Begeisterung zu glühen. »Ich schwöre, es war mehr als nur sein gutes Aussehen, was mich an diesem Mann beeindruckte. Nie werde ich vergessen, wie er beim Tjost Dunlaidirs besten Reiter aus dem Sattel warf, aber trotzdem anständig genug war, sich von Eurem verstorbenen Gemahl besiegen zu lassen.«

Rhona richtete einen nachdenklichen Blick auf Caterine. »Aye, Laird MacKenzie ist ein gerechter Mann. Er wird einen starken, tapferen Krieger mit enormen kämpferischen Fähigkeiten für Euch aussuchen, einen Mann von Ehre, der Euch beschützen kann.«

Einen Mann von Ehre.

Caterine schluckte die scharfe Antwort, die ihr auf der Zunge lag, hinunter. Von allen Frauen hatte gerade sie besonders wenig Grund an die Existenz eines solch mustergültigen Mannes zu glauben. Obwohl sie viele Seiten der Männer, denen sie in ihrem bisherigen Leben begegnet war, kennen gelernt hatte, war Ehre eins der Attribute, an denen es den meisten von ihnen sehr gemangelt hatte.

Nur ihr erst kürzlich verstorbener Ehemann hatte ein gewisses Maß daran besessen.

Allerdings auch nur eine eher magere Portion.

Sie verschränkte ihre Arme. »Und Ihr glaubt, dieser berühmte und mächtige Highlander, dieser Mann von Ehre, würde seine Moralvorstellungen vergessen und sich bereit erklären, sich als mein dritter Ehegatte auszugeben?«

Rhona gab ihre Wanderung auf, schien ihre Gedanken abzuwägen und lächelte dann. »Er wird der Ehre wegen zustimmen. Welcher Mann, der einen Funken Mitgefühl im Körper hat, könnte einer Edelfrau in Not etwas verweigern?«

»Glaubt Ihr?«

»Ich bin mir sicher.« Wieder begann das Fingertippen. »Vor allem, wenn Ihr Lady Linnet über den drohenden Untergang Dunlaidirs informiert. Ist der Ernst unserer Lage erst einmal bekannt, wird kein Mann, der nach den Gesetzen der Ritterlichkeit lebt, Euch etwas verweigern.«

Seien die Heiligen ihr gnädig, aber das glaubte sogar Caterine nicht.

Dann sei es so, hätte sie beinahe gesagt, aber bevor sie diese einlenkenden Worte äußern konnte, brachte lautes Donnergrollen sie zum Schweigen.

Eine ganze Reihe aufeinander folgender krachender Donnerschläge erschütterten die Dielenbretter und versetzten die Fensterläden in Bewegung.

Die hemmungslose Wut des Sturmes war ein böses Omen, daran zweifelte Caterine nicht.

Ein Zeichen, dass die Götter das frevelhafte Verhalten, zu dem Rhona sie zu überreden versuchte, missbilligten.

Oder schlimmer noch – ein Zeichen, dass sie Rhonas Meinung zustimmten und über Caterines Weigerung, den Ratschlag ihrer Freundin zu befolgen, verärgert waren.

Etwas, was sie nicht tun wollte und nicht tun konnte.

Caterine wartete, bis die erste Wucht des Sturmes nachgelassen hatte, dann strich sie die Falten ihres wollenen Gewandes glatt. Bevor sie ihre Entschlossenheit und ihren Mut verlieren konnte, straffte sie die Schultern und zwang sich auszusprechen, was gesagt werden musste.

»Lady Rhona, ich respektiere Euren Rat und weiß, dass Ihr immer auf mein Wohl bedacht seid«, sagte sie mit erstaunlich ruhiger Stimme. »Aber ich verbiete Euch, dieses Thema noch einmal anzuschneiden. Ich werde keinen Beschützer kommen lassen.«

*

Vierzehn Tage später, auf der anderen Seite Schottlands, tief in den westlichen Highlands, kämpfte ein einsamer Krieger gegen einen unsichtbaren Feind. Nichts anderes als das wiederholte Zischen seines mächtigen, durch die kalte Morgendämmerung sausenden Schwertes störte die friedliche Stille.

Sogar Loch Duich, das hinter der Kirchhofsmauer verborgen lag, verhielt sich heute still, seine dunkle Oberfläche vermutlich glatt wie fein geschliffenes Glas, denn nicht einmal ein Murmeln, ja nicht einmal das sanfte Plätschern der an die kiesbedeckte Küste rollenden Wellen war zu hören.

Es war noch weit vor Tagesanbruch, die Tageszeit, die Sir Marmaduke Strongbow für seine Fechtkunstübungen bevorzugte. Bald würde Eilean Craig Castle erwachen, der leere Burghof würde sich mit regem Treiben füllen, und die Knappen des Burgherrn würden auf den Friedhof strömen, um sich Marmaduke anzuschließen, jeder Einzelne von ihnen begierig, die Klinge mit ihm zu kreuzen und sich von ihm in der Fechtkunst unterweisen zu lassen.

Um ihre eigene zu verbessern.

Im Moment jedoch war er noch ganz allein.

Frei, seine geheimen Feinde herauszufordern, und kühn genug, sich mit dem gefährlichsten von allen auseinanderzusetzen: seinem eigenen Ich und den selbsterschaffenen Dämonen, die in ihm steckten.

Er hielt inne, um tief Luft zu holen und sich dann mit dem Arm über seine feuchte Stirn zu fahren. Sollte doch die Pest seine Sorgen holen. Die Heiligen waren seine Zeugen, dass er sehr viel hatte, wofür er dankbar sein konnte. Bald würde seine eigene Burg fertiggestellt werden. Ja, wenn er nicht ein Mann gewesen wäre, der den Komfort schätzte, dann würde er jetzt gleich, wahrscheinlich noch heute, in Balkenzie einziehen.

Aber er hatte Jahre gewartet, um sein Banner über seiner eigenen Bastion zu hissen, da sollten ihn ein paar weitere Monate auch nicht mehr allzu viel Geduld kosten. Dann würde alles fertig sein, und er würde sein neues Heim in Besitz nehmen.

Eine Burg, die er und sein Lehnsherr, Duncan MacKenzie, überaus sorgfältig entworfen hatten.

Ein strategisch ideales Festungswerk, gebaut, um die südliche Grenze des MacKenzie-Landes zu bewachen.

Ein in jeder Hinsicht vollkommenes Heim, von einer Ausnahme abgesehen.

Im Gegensatz zu seinem Lehnsherrn und engsten Freund fehlte Marmaduke noch eine schöne Ehefrau an seiner Seite. Seine Burg würde ausschließlich von Männern bevölkert werden.

Marmaduke unterdrückte die Verbitterung, die ihn so oft befiel, wenn er allein war, umfasste den lederbezogenen Griff seines Schwerts noch fester und stürzte sich von neuem auf seine unsichtbaren Feinde. Schneller und schneller durchschnitt seine Klinge die frühe Morgenluft, während er herumwirbelte und sich duckte, vorstieß und zurückwich, geschickt seine Zweifel und Reuegefühle in Stücke hieb und sie einen nach dem anderen verbannte.

Bis zum nächsten Tag, wenn er sich ihnen aufs Neue stellen würde.

»Sir ...« Die leise Stimme hinter ihm war kaum mehr als ein Wispern in seinen Ohren, gleichzeitig aber auch ein gewaltiges Gebrüll für seine kriegerischen Instinkte. Augenblicklich senkte Marmaduke sein Schwert und drehte sich zu der Dame um, die ihn angesprochen hatte.

»Gnädigste, ich freue mich immer, Euch zu sehen, doch Ihr müsstet eigentlich wissen, dass man sich einem Mann, der sich gerade in der Fechtkunst übt, nicht von hinten nähern sollte«, sagte er, während er sein Schwert in die Scheide steckte. »Und ich glaube auch nicht, dass es Euch guttut, in dieser kalten Morgenluft hier draußen zu sein.«

»Ich bin noch gut in Form«, konterte Linnet MacKenzie und zog ihren wollenen Umhang noch etwas fester um sich, bevor sie eine Hand auf ihren schon recht umfangreichen Bauch legte. »Ich wollte Euch unter vier Augen sprechen, bevor die anderen aufwachen.«

Sir Marmaduke blickte die Frau seines Lehnsherrn prüfend an. Ihr hübsches Gesicht schien blasser, als es hätte sein sollen, und falls die Sehkraft seines einen gesunden Auges ihn nicht trog, lagen ins Violette spielende Schatten unter ihren Augen.

Und ihm gefiel auch nicht, wie schwer sie atmete. Dass sie sich auf der Suche nach ihm überanstrengt hatte, war nur allzu offensichtlich.

»Ihr solltet im Bett sein, Gnädigste«, tadelte er sie, um einen strengen Ton bemüht, doch außer Stande, auch nur ansatzweise streng zu ihr zu sein. »Weiß Euer Mann, wo Ihr seid?«

Die leichte Röte, die in ihre Wangen stieg, genügte ihm als Antwort.

»Ich muss Euch sprechen«, wiederholte sie und legte eine kalte Hand auf seinen Unterarm.

»Dann lasst uns in die Kapelle gehen.« Er legte seine Hand auf ihre und führte sie zu Eilean Creags kleinem, aus Stein erbautem Gotteshaus. »Sie liegt näher als der Burgsaal, und wir sind dort ungestörter.« Sanft drückte er ihre Hand. »Ich möchte, dass Ihr Euch im Warmen befindet, bevor ich mir anhöre, was Ihr auf dem Herzen habt.«

Er hatte sie kaum in die Kapelle geführt, als deren massive Holztür auch schon hinter ihnen zuschlug. Krachend prallte sie gegen die weiß getünchte Wand.

»Heilige Maria und Josef!« Duncan MacKenzie schäumte vor Wut und ignorierte die Heiligkeit dieses geweihten Ortes. Äußerst gereizt, sein Unbill umhüllte ihn wie ein dunkler Umhang, steuerte er geradewegs auf seine Frau zu. »Hast du den Verstand verloren, Frau? In deinem Bett solltest du sein. Der gesamte Haushalt sucht dich schon!«

Seine geballten Fäuste in die Hüften stemmend, bedachte er Marmaduke mit einem finsteren Blick. »Warum überrascht es mich nicht, dich hier bei ihr zu finden?«

»Beruhige dich, mein Freund«, bat Sir Marmaduke, seine warme Baritonstimme gänzlich unbeeindruckt vom Gezeter des anderen Mannes. »Ihr ist nichts geschehen.«

»Wenn sie deine Gemahlin wäre, würdest du sie auch in Sicherheit wissen wollen, Strongbow.« Duncan fuhr sich mit der Hand durch sein zerzaustes Haar.

»Sie liegt mir genauso sehr am Herzen, als ob sie meine Gemahlin wäre, und das weißt du.« Marmaduke stemmte nun ebenfalls die Hände in die Hüften. »Ihr Wohlergehen ist mir genauso wichtig wie dir. Es gibt nichts, was ich nicht für sie tun würde.«

»Meine Herren, bitte.« Linnet lehnte sich an die Skulptur eines früheren MacKenzie-Kriegers, eine Hand noch immer schützend auf ihren Bauch gelegt. »Ich habe euch gesagt, dass dieses Mal nichts schiefgehen wird. Ich weiß es. Meine Gabe hat es mir gezeigt.«

Duncan MacKenzie starrte ihr prüfend ins Gesicht, und seine gut geschnittenen Züge waren von ähnlich maskenhafter Starre wie die seines in Stein gemeißelten Vorfahren. Nach einem weiteren finsteren Blick in Marmadukes Richtung fuhr er abrupt herum und durchquerte mit großen Schritten die Kapelle.

Dann ließ er sich auf ein Knie nieder und machte sich daran, ein kleines Kohlenbecken in der Ecke neben dem Altar anzuzünden. »Hast du es ihm gesagt?«, fragte er seine Frau, als er sich wieder aufrichtete.

»Was soll sie mir gesagt haben?«, fragte Marmaduke mit erhobener Augenbraue.

»Meine Gemahlin möchte dich um einen Gefallen bitten.« Duncan warf Linnet einen Blick zu. »Einen großen Gefallen.«

Sir Marmaduke ignorierte sowohl die Betonung, die sein Freund in die letzten drei Wörter gelegt hatte, als auch das schiefe Grinsen, das plötzlich seine Lippen umspielte. Er würde Lady Linnets Bitte in jedem Fall vorbehaltlos begegnen. Seit sie vor fünf Jahren nach Eilean Creag gekommen war, hatte er sie beschützt, und sie hatte ihm seine Ritterlichkeit wahrlich wiedergutgemacht.

In ihrer Gegenwart konnte er die Narbe vergessen, die sein einst so gut aussehendes Gesicht entstellte, und sich einbilden, dass sein Äußeres und nicht sein routinierter Charme die Frauen dazu veranlasste, ihre Köpfe nach ihm zu verdrehen.

Ja, er verehrte Lady Linnet sehr.

»Kein Gefallen, um den Mylady mich bitten könnte, ist zu groß«, beteuerte Marmaduke. Dann wandte er sich ihr zu und verbeugte sich vor ihr. »Wie kann ich Euch zu Diensten sein, Mylady?«

Statt zu antworten, senkte Linnet ihren Blick und begann mit der Fußspitze über den Steinfußboden der Kapelle zu scharren.

Ohne die nur schlecht verhohlene Verblüffung seines Freundes zu beachten, hob Marmaduke mit einer Hand ihr Kinn an und zwang sie damit, ihn anzusehen. »Nennt mir Euren Wunsch, und er sei Euch gewährt«, versuchte er, sie zu ermutigen.

Sie schaute ihm in die Augen, sagte aber noch immer nichts. Nach einer Weile befeuchtete sie ihre Lippen und meinte: »Jetzt, da ich vor Euch stehe, fürchte ich fast, es ist zu viel verlangt.«

Marmaduke warf Duncan einen Blick zu und wünschte dann sogleich, es nicht getan zu haben. Sein gut aussehender Freund zeigte ein freches Lächeln.

Ein etwas zu freches Lächeln.

In Marmaduke begann sich ein merkwürdiges Unbehagen auszubreiten; wie eine scharfkantige Scherbe schnitt es in seine Gedärme und wurde von Minute zu Minute unerträglicher.

Das Lächeln auf Duncan MacKenzies Gesicht wurde noch breiter, und das Glitzern in seinen Augen schien nichts Gutes zu verheißen.

Marmaduke wandte sich wieder Linnet zu. »Ich kann Euch nicht helfen, wenn Ihr mir nicht sagt, was ich für Euch tun soll.«

»Ich kann nicht«, flüsterte sie und schüttelte den Kopf.

»Und du?« Er sah Duncan an und erschrak, als er sah, dass das Lächeln seines Freundes sich mittlerweile in ein albernes Grinsen verwandelt hatte. »Wirst du dieses gewaltige Geheimnis lüften?«

»Mit Vergnügen«, antwortete Duncan mit unverkennbarer Belustigung in seiner Stimme. »Die Schwester meiner Gemahlin braucht einen Beschützer.«

Marmaduke hob eine Augenbraue. »Ich kann nichts Amüsantes daran finden, wenn eine Dame in Not geraten ist.«

»Dann werdet Ihr ihr helfen?«, fragte Linnet, und die Hoffnung und Erregung, die in ihrer Stimme mitklangen, berührten Marmadukes Herz.

Nur durch eiserne Selbstbeherrschung konnte er die zunehmende Anspannung in seiner Brust unterdrücken, das dumpfe Pochen eines Herzens, das voller anderer Pläne war, als wegzureiten, um die Drachen irgendeiner ihm unbekannten Edelfrau zu töten.

»Glaubt Ihr, dass ich der Richtige bin, um sie zu beschützen?«, ließ seine Tapferkeit ihn fragen, bevor sein Herz seine Zunge am Sprechen hindern konnte.

»Wir kennen keinen besseren«, antwortete Duncan an Stelle seiner Frau. »Lady Caterine wurde gerade erst Witwe und wird schon jetzt von einem hartnäckigen englischen Grafen bedrängt, der sie zwingen will, ihn zu heiraten. Ihre Festung, Dunlaidir Castle im Osten, befindet sich in einem ausgesprochen schlechten Zustand. Ohne Hilfe wird sie sowohl den Frieden, den sie sich ersehnt, wie auch das Heim, das ihr so am Herzen liegt, verlieren.«

Liebevoll legte er einen Arm um Linnets Schultern und zog sie an sich. »Und es ist in diesen unruhigen Zeiten auch keineswegs in unserem Interesse, eine so strategisch wichtige Festung wie Dunlaidir in englische Hände fallen zu lassen.«

Marmaduke rieb sich den Nacken. »Warum schickst du nicht eine Einheit fähiger Männer hin, die ihr helfen? Du hast eine Menge kampferprobter Krieger, unter denen du gut eine Auswahl treffen könntest.«

»Nenn mir einen einzigen von ihnen, der ein besserer Schwertkämpfer ist als du.« Duncans Finger kneteten nervös die wollenen Falten des Umhangs seiner Frau. »Wer wäre geeigneter als du, ein Sassenach von edlem Geblüt, einem englischen Earl die Stirn zu bieten? Du mit deinen kriegerischem Geschick und deiner Beredsamkeit bist besser als zwanzig kampfbereite Schotten für diese Aufgabe geeignet.«

Noch immer nicht ganz überzeugt, schüttelte Sir Marmaduke den Kopf. »Eine komplette Truppe wäre ihr bestimmt dienlicher als ein einzelner Mann.«

»Dunlaidir verfügt über eine solide Garnison. Sie benötigen nur Führung. Eine feste Hand und einen besonnenen Mann, der sie befehligt. Und so kurz vor der Fertigstellung von Balkenzie kann ich hier ohnehin nicht mehr als ein paar Mann erübrigen. Nein, Strongbow, diese Aufgabe fällt dir zu.« Inzwischen wieder ernst geworden, richtete Duncan einen durchdringenden Blick auf Marmaduke. »Oder würdest du der Schwester meiner Gemahlin deine Hilfe etwa verweigern?«

»Du weißt, dass ich das nicht kann. Es ist nur so, dass ...« Marmaduke brach ab, seine gewohnte Redegewandtheit ließ ihn ganz unversehens im Stich. Er fuhr mit einem Finger unter den Ausschnitt seiner Tunika. Die etwas muffige, nach Weihrauch riechende Luft in der Kapelle erschien ihm plötzlich so erdrückend, dass er beinahe würgen musste. »Ich hatte eigentlich vorgehabt, bald in Balkenzie einzuziehen.«

Eine lahme Ausrede, sicher, aber er hatte wirklich sehr gehofft, noch vor Samhain sein eigenes Banner über der Burg hissen zu können.

»Ich hatte gehofft, die Burg gut garnisoniert und gesichert zu haben – für dich gesichert –, bevor der Winter kommt«, sagte Marmaduke.

»Und das wirst du auch.« Duncan lächelte nun wieder. »Bei deiner Rückkehr.«

Bevor Marmaduke seinem Freund, der ihn mit seinen letzten Worten beinahe vor vollendete Tatsachen gestellt hatte, widersprechen konnte, brachte dieser ihn schon mit erhobener Hand zum Schweigen. »Spätestens bis Yuletide wirst du dich gemütlich zwischen den Mauern deiner eigenen Festung eingerichtet haben«, erklärte sein Lehnsherr. »Und dann werden wir uns alle an Balkenzies Kamin versammeln und auf die Gesundheit meiner Gemahlin trinken.«

»Und auf die unseres Kindes«, fügte Linnet hinzu, und die in ihrer Stimme wie in ihren Augen liegende Überzeugung trug mehr dazu bei, Sir Marmadukes Widerstand zu brechen, als all die resoluten Worte ihres Ehemanns.

Duncan schien die nachlassende Willenskraft seines Freundes zu spüren, und Duncan legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ein schwer bewaffneten Krieger wie du wird doch wohl kaum viel Zeit benötigen, um mit einem einzigen lästigen Engländer fertig zu werden?«

Er versetzte Marmaduke einen freundschaftlichen Stoß zwischen die Rippen. »Einem sehr dicken und sehr ungelenken, wenn man den Klatschmäulern glauben darf.«

Marmaduke schluckte.

Irgendetwas stimmte hier nicht.

Und was immer es auch sein mochte, es kroch seinen Rücken hinauf, kühl und glatt wie eine Schlange, um sich dann um seinen Hals zu schlingen und immer fester zuzudrücken, je länger er das mutwillige Funkeln in den Augen seines Freundes sah.

Marmaduke runzelte die Stirn. »Es gibt da etwas, was ihr mir verschweigt.«

Linnet wandte den Blick ab, und Duncan streckte die Arme über den Kopf und ließ seine Fingerknöchel geräuschvoll knacken. Sein albernes Grinsen wurde noch ein wenig breiter. »Wie immer kann ich nichts vor dir verbergen«, räumte er ein, und seine tiefe Stimme klang nun nahezu vergnügt. »Ich hege schon lange den Verdacht, dass du mit der gleichen hellseherischen Gabe gesegnet bist wie meine schöne Frau.«

An die kalte Steinskulptur seines vor langer Zeit verstorbenen Vorfahren gelehnt, erläuterte Duncan. »Lady Caterine möchte, dass du dich als ihr Ehemann ausgibst. Sie glaubt sich von ihren gegenwärtigen Bedrängnissen nur befreien zu können, wenn sich herumspricht, dass sie sich zum dritten Mal vermählt hat.«

Marmaduke starrte seinen Freund an, zu verblüfft, um etwas zu erwidern. Niemand würde bestreiten, wie sehr er seinem besten Freund und seiner Frau ergeben war. Herrgott noch mal, er würde mit Freuden sein Leben für die beiden opfern! Doch was sie ihm da vorschlugen, ging über jeden vorstellbaren Wahnsinn weit hinaus.

Es war einfach ein unerhörtes Ansinnen, dass er sich als Ehemann irgendeiner Frau ausgeben sollte, egal, wie unerfreulich ihre Lage war.

Egal, wer ihre Schwester war.

Etwas Absurderes hatte er noch nie gehört.

»Ihr verlangt zu viel«, sagte er, als er endlich seine Stimme wiederfand. »Ich werde der Dame den vollen Nutzen meines Schwertarms anbieten und sie mit meinem Leben beschützen, solange sie meine Hilfe braucht, aber ich werde keine gotteslästerliche Beziehung zu irgendeiner Frau eingehen.«

Er verkniff sich eine noch schroffere Absage, als er die Hoffnung in Linnets Augen schwinden sah. »Kruzifix, Duncan«, fluchte er, so leise er konnte, »gerade du solltest wissen, dass ich kein Mann bin, der nur so tun würde, als legte er die heiligen Gelübde ab.«

»Dann tu es eben nicht«, versetzte Duncan mit unverkennbarem Triumph in seiner Stimme. »Und mach sie wirklich zu deiner Braut.«

Mach sie wirklich zu deiner Braut.

Die Schlussbemerkung seines Freundes hing noch lange im Raum, nachdem Duncan und seine Gemahlin gegangen waren. Wie der eintönige Singsang der Litanei eines Mönchs hallte diese spöttische Empfehlung von den Steinmauern wider, schwoll mehr und mehr an, bis die Worte nicht nur Marmadukes Kopf, sondern auch die ganze Kapelle auszufüllen schienen.

Mach sie zu deiner Braut ...

Bei Gott und allen Heiligen, wollte sein Lehnsherr ihn verspotten? Duncan MacKenzie wusste genau, welche Einsamkeit Marmaduke in den finstersten Stunden der Nacht quälte. Ebenso kannte er Marmadukes geheimsten Wunsch: endlich wieder eine gute, tugendhafte Gemahlin für sich zu finden.

Und eine Schwester der Lady Linnet konnte nur eine gute, tugendhafte Dame sein.

Steckte vielleicht tatsächlich mehr hinter dem Beharren seines Freundes, nur er könne diese unglückliche, in Not geratene junge Witwe beschützen?

Ein schwaches Lächeln erschien um Marmadukes Mundwinkel, und eine angenehme Wärme, wie er sie seit vielen Jahren nicht mehr empfunden hatte, begann sich um sein Herz zu legen.

Mach sie zu deiner Braut ...

Die Worte klangen nunmehr wie ein Lied.

Ein frohes Lied.

Hoffnung keimte tief in seinem Herzen, er ging zum Altar, sank auf die Knie und beugte den Kopf.

Irgendwann später, er wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, fiel ein Strahl vielfarbigen Lichts durch eines der Buntglasfenster der Kapelle und warf seinen rosig goldenen Schein auf seine gefalteten Hände. Der Lichtstrahl erleuchtete seinen Siegelring, verwandelte ihn in geschmolzenes Gold und ließ den großen Rubin, der ihn schmückte, aufleuchten, als stünde er in Flammen.

Dann, so plötzlich, wie das bunte Licht erschienen war, verschwand es wieder, ausgelöscht, als hätte eine Wolke sich vor die aufgehende Sonne geschoben.

Doch Marmaduke hatte das Licht auf seinem Ring gesehen.

Ein Vorzeichen von oben.

Wieder murmelte er ein Gebet. Ein Gebet des Dankes und der Hoffnung. Als er sich schließlich erhob, war sein Entschluss gefasst.

Sobald er die wenigen Männer versammelt haben würde, die Duncan ihm überlassen konnte, würde er Schottland durchqueren, um einer Dame in Not beizustehen, einer Dame, der er nicht nur seine kriegerischen Fähigkeiten und seinen Schutz anbieten würde, sondern auch die Ehe.

Eine wahre Ehe.

Vorausgesetzt, dass Gott ihm gnädig war und sie ihn wollte.

Kapitel 2

Kalter Regen prasselte auf die Außentreppe des hoch aufragenden Bergfrieds von Dunlaidir Castle und befeuchtete nicht nur die steilen Steinstufen, sondern auch den groben Wollstoff von Lady Caterines Umhang. Allerdings zog sie es vor, eher bis auf die Haut durchnässt zu werden, als beiseitezutreten und dem vor ihr stehenden Engländer Einlass zu gewähren. Seiner Arroganz begegnete sie mit der abweisendsten Miene, zu der sie fähig war.

»Ihr werdet meine mangelnde Gastfreundschaft entschuldigen, Sir Hugh«, sagte sie höflich, wobei ihre eiskalte Stimme ihre wahren Gefühle jedoch nicht verbarg. »Die Stunde der Vesper naht, und ich fürchte, unser bescheidener Eintopf aus Trockenerbsen und Wasser ist Eures erhabenen Geschmacks nicht würdig.«

»Gnädigste, in Eurer holden Gesellschaft würde mir selbst ein Stück trockenes Brot genauso köstlich munden wie eine gut zubereitete Wildschweinkeule.« Sir Hugh de la Hogue schenkte ihr ein schwaches Lächeln. »Wenn Ihr endlich Eure sinnlosen Versuche aufgeben würdet, mir zu widerstehen, würde ich dafür sorgen, dass Ihr für den Rest Eures Lebens nie wieder etwas anderes als die feinsten Speisen zu Euch nehmt.«

Um Abstand zwischen sich und den feisten, aufgeblasenen Sir Hugh zu bringen, trat Caterine zurück, bis sie gegen die halb geöffnete Tür zum Burgsaal stieß.

Obwohl es ihre ganze Willenskraft erforderte, Haltung zu bewahren, hielt sie trotz des ihr die Stirn hinunterlaufenden Regens den Kopf erhoben. »Was ich esse, braucht Euch nicht zu kümmern«, entgegnete sie auf das blumige Geschwätz ihres Verehrers. »Da unser gesamtes Vieh in den letzten Monaten verschwunden ist, habe ich mich an wässrige Suppen und Seevögelpasteten inzwischen ganz gut gewöhnt.«

»Eine Schande, dass Eure Pächter so tief gesunken sind, ihrer eigenen Gutsherrin das Vieh zu stehlen.« Der Graf tat so, als betrachtete er die Ringe, die seine feisten kleinen Finger schmückten. »Würdet Ihr Edwards Verfügung anerkennen und mir Eure Reverenz als Eurem neuen Lehnsherr und Gemahl erweisen, würde ich kurzen Prozess mit diesem diebischen Volk machen.«

»Es gibt den einen oder anderen, der bezweifelt, dass unsere eigenen Leute etwas mit dem Verschwinden des Viehbestands zu tun haben«, entgegnete sie mit einem verächtlichen Blick auf de la Hogue. »Gute Nacht, Sir. Ihr werdet mich entschul...«

Sir Hughs Arm schoss vor, seine feisten Finger krallten sich um ihren Ellbogen. »Verehrteste, ich rate Euch, es mit Eurem Stolz nicht zu übertreiben«, warnte er. Sein Gesicht war plötzlich wie aus Stein gemeißelt, und ein drohendes Glitzern stand in seinen Augen.

Dann warf er einen viel sagenden Blick auf den von Mauern umgebenen Burghof unter ihnen. Seine Gefolgsleute saßen in arroganter Haltung auf ihren nervös stampfenden Pferden, deren eisenbeschlagene Hufe auf dem vom Regen glatten Kopfsteinpflaster hohle, klickende Geräusche machten.

Diese mit Kettenhemden bekleideten Ritter wirkten alle mindestens so feindselig wie ihr Herr, und ihre Hände lagen bedrohlich nahe an den Griffen ihrer Schwerter, in einer stummen, doch unmissverständlichen Demonstration von Macht.

Eine Warnung, die nur jemand, der so verzweifelt war wie Lady Caterine, zu ignorieren wagen würde.

Sein eiserner Griff um ihren Arm begann sich in eine Ekel erregende, entschieden zu intime Liebkosung zu verwandeln. »Es würde Euch teuer zu stehen kommen, mich zu verärgern. Ich habe es allmählich satt, im Regen zu stehen. Provoziert mich nicht noch mehr.«

Caterine schob ihr Kinn noch ein Stück vor. »Dann lasst Euch doch nicht länger aufhalten. Ich wünsche Euch eine glückliche Reise zu der regenlosen Zuflucht Eures eigenen Saals.«

Sie begegnete seinem Blick mit ebenbürtiger Arroganz und gönnte sich nicht einmal, die Regentropfen wegzublinzeln, die von ihrer Stirn auf ihre Wimpern und in ihre Augen tropften.

Noch ärgerlicher jedoch war, dass ihre nutzlosen Versuche, ihren Arm aus dem Griff des Grafen zu befreien, seine Belustigung nur noch zu steigern schienen.

Und andere Interessen weckten.

Denn nachdem er sie endlich freigegeben hatte, ließ er nun seinen durchdringenden Blick provozierend langsam über ihren ganzen Körper wandern. Sein Atem wurde schneller und mit jedem Atemzug hob und senkte sich sein umfangreicher Wanst. Der faulige Geruch, den er ausstieß, stieg Caterine in die Nase und ließ sie angewidert zurückfahren.

Ganz unverfroren starrte er auf ihre Brüste, um seinen schamlosen Blick dann über die wenigen noch verbliebenen Rundungen ihres viel zu dünnen Körpers wandern zu lassen, der durch ihre abgetragenen, durchnässten Kleider nur noch dürftig geschützt war.

Vor lauter Ekel lief ihr eine Gänsehaut über den Rücken, als er auf das Dreieck zwischen ihren Schenkeln glotzte.

Mit offen stehendem Mund tastete er nach seinem Schwert. Aber im Gegensatz zu seinen finster dreinblickenden Rittern, deren Hände einfach nur in der Nähe ihrer Waffen ruhten, ließ Sir Hugh seine Finger mit dem lederbezogenen Griff spielen, als ob er mit ihnen eine Frau liebkosen würde.

Oder sich selbst.

Caterine erschauderte. Beide Bilder waren zu abstoßend, um auch nur darüber nachzudenken. Zu deutlich waren die Erinnerungen an andere englische Hände, die abscheuliche Dinge getan hatten, düstere Erinnerungen, die am besten unter dem Gewicht der Jahre begraben blieben.

Übelkeit, überwältigende Wellen des Abscheus und des Grauens, flammend heiß in einem Augenblick und bitterkalt im nächsten, drehte ihr den Magen um, und dennoch blieb sie hoch erhobenen Hauptes stehen. Unnachgiebig, und hoffentlich auch ohne die Furcht zu zeigen, die Sir Hugh und seine Handlanger in ihr weckten.

»Ihr würdet gut daran tun, nicht zu vergessen, dass ich derjenige bin, der über Kerkerhaft und Galgen bestimmt«, warnte er, als er seinen Augen endlich wieder zu ihrem Gesicht erhob. »Genau so wie meine Autorität sich auch auf Eure Ländereien erstreckt, Lady Caterine.«

Während er nach wie vor den kugelförmigen Knauf befingerte, der seinen Schwertgriff zierte, warf er einen weiteren raschen Blick auf seine Leute. »Es geht das Gerücht um, einige Frauen in Eurer Familie trügen das Zeichen einer Hexe. Ich sehe mich nicht veranlasst, Euch zu untersuchen und mich selbst davon zu überzeugen, dass Ihr keinen solchen Makel an Euch habt. Dennoch.« Er hielt inne, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Solltet Ihr auch weiterhin mein Missfallen erre...«

Nahezu am Ende ihrer Beherrschung angelangt, trat Caterine vor und brachte ihr Gesicht ganz dicht an das von Sir Hugh. »Ich wünschte, ich besäße solche Kräfte«, fauchte sie, zu aufgebracht, um ihre Zunge noch in Zaum zu halten. »Dann würde ich Euch in eine Kröte verwandeln!«

»Mir war gar nicht bewusst, dass Ihr so heißblütig sein könnt«, entgegnete der Graf mit unverhohlener Belustigung. »Es dürfte ein wahrer Hochgenuss sein, meine Gelüste mit Eurer Hilfe zu stillen«, spottete er, und seine Stimme triefte förmlich von Überheblichkeit. »Ich bin ein Mann mit starken Gelüsten.«

»Eher würde ich durchs Fegefeuer gehen, als Euch zu Willen zu sein«, schwor Caterine und hoffte nur, dass er das Beben ihrer Stimme für Zorn und nicht für Angst hielt.

»Niemals wird meine Herrin Euer Bett zieren, Sir!« Rhona zwängte sich durch die Türöffnung und funkelte den Grafen böse an. »Sie ist bereits versprochen. Ein berühmter gälischer Krieger wird in Kürze hier eintreffen, um sie zu seiner Braut zu machen. Der Gemahl ihrer Schwe...«

»Rhona!« Caterine fuhr zu ihrer Freundin herum und spürte, wie der letzte Rest ihrer mühsam aufrechterhaltenen Würde ihr durch Rhonas törichte Verkündung zu entgleiten drohte. »Schweigt ...«

»Ich sage nichts als die reine Wahrheit«, rief Rhona und tat Caterines Einwände mit einer gereizten Handbewegung ab. »Die Schwester meiner Herrin ist mit dem MacKenzie von Kintail verheiratet, dem Schwarzen Hirsch, einem gefürchteten Krieger. Er hat eine ausgesprochen vorteilhafte Heirat für meine Herrin arrangiert. Sie wird den fähigsten Ritter seiner Garnison heiraten. Einen Beschützer.«

Alle Belustigung verschwand aus dem Gesicht des Grafen. »Ist das so?« Mit einer eigenartigen Mischung aus Zorn und Ungläubigkeit starrte er Caterine an. »Ihr würdet es wagen, die Wünsche Edwards von England derart zu missachten? Er hat geschworen, Eure Hand einem Engländer zuteilwerden zu lassen – mir. Er will Dunlaidir in Sicherheit, in englischen Händen wissen. Das hat er verfügt.«

»Die Wünsche Eures Königs bedeuten mir nicht viel, seine Verfügungen noch viel weniger. Einem englischen Machthaber schulde ich keine Ergebenheit.« Caterines Abneigung gegen alles Englische brodelte in ihr auf. »Und ich werde auch niemals einen Engländer heiraten«, sagte sie, und bei jedem ihrer Worte beschleunigte sich ihr Puls. »Weder Euch noch irgendeinen anderen Mann von diesem verdorbenen Geblüt. Lieber würde ich an den Pocken sterben, als Dunlaidir in englische Hände fallen zu lassen.«

»Ihr wollt also irgendeinen Highland-Krieger heiraten?«, fragte Sir Hugh in einem Ton, der vor Selbstgerechtigkeit triefte. »Edward wird darüber sehr verärgert sein. Genauso wie ich sehr verärgert bin.«

Caterine presste die Lippen zusammen. Sollte dieser Lump ihrem Schweigen doch entnehmen, was er wollte. Sie würde ihre eigenen Antworten erhalten, von Rhona, sobald dieser widerliche Graf und seine grimmig dreinblickenden Spießgesellen sich aus ihrer Burg zurückgezogen hatten.

Sir Hughs Augen verengten sich unter den schweren Lidern zu Schlitzen. »Ich glaube Euch nicht.« Sein Blick durchbohrte sie und raubte ihr erbarmungslos den letzten Rest Stolz, mit dem sie sich für diese jüngste Konfrontation mit ihrem Widersacher zu wappnen versucht hatte.

»Ich glaube nicht, dass Ihr noch einen weiteren Ehemann akzeptieren würdet, egal, ob Engländer oder Gäle.« Sein wissender Blick schien bis in die dunkelsten Winkel ihrer Seele einzudringen. Ohne eine Spur seiner früheren Bemühungen um Galantarie verhöhnte er sie jetzt ganz offen. »Ihr seid viel zu ausgetrocknet und scharfzüngig, um Euch einem Mann hinzugeben, egal von welchem Blut er auch ist. Nein, ich glaube es einfach nicht.«

»Macht, dass Ihr fortkommt, und möge Euch die Pest holen!« Rhona stürzte vor und stieß den Grafen buchstäblich die Treppe hinunter. »Geht, wenn Ihr nicht wollt, dass ich ein Schwert hole und Euch eigenhändig damit durchbohre!«

»Rho...« Caterine versuchte, ihre treue Gefährtin zurückzuhalten, aber ihre Stimme versagte und erstarb in einem Krächzen, weil ihre Kehle plötzlich so ausgetrocknet war, wie Sir Hugh ihren männermüden Körper genannt hatte.

Als hätte er genau gewusst, wie er sie verletzen konnte.

Noch peinlicher von seinen Verunglimpfungen berührt, als sie es sich eingestehen mochte, blieb sie steif auf der obersten Treppenstufe stehen und beobachtete, wie ihre Freundin Sir Hugh hinunterscheuchte. Am Fuß der Treppe schüttelte er Rhonas wild herumfuchtelnde Arme ab und blickte noch einmal zu Caterine auf.

»Eins sage ich Euch – ich werde die Ankunft dieses gälischen Kriegsherrn erwarten!«, schwor er mit gehässiger und wütender Stimme. »Und sollte er kommen, werde ich bei Eurer Hochzeit zugegen sein, denn erst dann werde ich es glauben.«

Er wischte sich den Regen von der Stirn und funkelte sie böse an. »Sollte er nicht binnen der nächsten vierzehn Tage eintreffen, werde ich diese Burg und Euch für mich beanspruchen. Vierzehn Tage, Verehrteste, dann werde ich mit meiner Geduld am Ende sein.«

Alles an ihm strahlte kalten Zorn aus, als er über den verregneten Burghof zu seinen wartenden Männern ging, deren ernste Mienen Missbilligung zum Ausdruck brachten.

Caterine stand wie aus Stein gemeißelt da, ihre Hände fest vor sich verschränkt, als Sir Hugh und sein Gefolge aus dem Burghof und über die schmale Landbrücke ritten, die die tiefe Kluft zwischen Dunlaidirs Vorgebirge und den Bergen des Festlands überspannte, eine beeindruckende Landspitze, die nun jedoch durch den strömenden Regen und die dichten Nebelwände nahezu unsichtbar war.

Als das letzte Hufgetrappel verklungen war und die Pferde wie ihre Reiter nicht mehr zu sehen waren, entspannte Caterine sich ein wenig und gestattete sich endlich, ihre Schultern sinken zu lassen.

Erst jetzt strich sie sich das nasse Haar aus der Stirn und wischte sich die kalte Feuchtigkeit von ihrem Gesicht. Erst jetzt erlaubte sie sich zu zittern. Ihr ganzer Körper zuckte und bebte so unkontrolliert wie verdorrtes Laub an einem herbstlich kahlen Baum.

»Kommt herein, Mylady«, versuchte Rhona, sie zu beruhigen. Sanft legte sie einen Arm um Caterines Schultern und zog sie in den Schutz des warmen Saals. »In frischen, trockenen Kleidern und mit heißer Suppe in Eurem Bauch werdet Ihr Euch besser fühlen. Ihr dürft Sir Hughs Beleidigungen keine Beachtung schenken. Er ist nur wütend, weil Ihr seine Pläne durchkreuzt habt.«

»Aye«, erwiderte Caterine flach. »Und es sieht ganz so aus, als versuchtet nun auch Ihr, meine Pläne zu durchkreuzen. Oder darf ich hoffen, dass Euer törichtes Geschwätz über einen angeblichen Beschützer, den mir Linnet schickt, nichts weiter war als das ... Geschwätz?«

»Ich schwätze nie.« Rhona lächelte sie an, als sie den nur schwach erhellten großen Saal betraten. »Ich mag mich zwar hier und dort ein bisschen einmischen, aber wenn, dann nur zu Eurem Besten«, fügte sie hinzu und blieb stehen, um die eisenbeschlagene Tür zu schließen.

»Und was für Einmischungen waren das?«, fragte Caterine, deren Blut nun von einer gänzlich andersartigen Erregung pochte. »Wenn Ihr meine Wünsche ignoriert habt und einen Beschützer kommen ließet, dann habt Ihr nicht nur Sir Hughs, sondern auch Eure eigenen, leichtfertigen Pläne durchkreuzt.«

»Inwiefern?« Rhona legte den Kopf zur Seite. »Ich mag zwar nicht ganz das Recht dazu gehabt haben, einen Kurier zu Eurer Schwester zu schicken, aber wenn Duncan MacKenzies Mann erst einmal hier ist, werdet Ihr sehen, welchen Vorteil es mit sich bringt, einen geübten und tapferen Kämpfer auf der Burg zu haben, der Euch beschützt.«

»Wie? Indem er vorgibt, mich zu heiraten?« Caterine war so erbost, dass die Worte ihr kaum über die Lippen kommen wollten.

Rhona warf ihr einen solch unschuldigen Blick zu, dass Caterine ihren Zorn beinahe vergaß.

Aber nur beinahe.

»Habt ihr bedacht, dass es äußerst schwierig sein wird, in Sir Hughs Anwesenheit eine vorgetäuschte Trauung durchzuführen?«

Rhonas dunkle Augen wurden rund, und ihre Lippen formten ein kleines O. Als sie zu den von Ruß geschwärzten Deckenbalken aufblickte und mit einem Finger an ihr Kinn zu tippen begann, ließ Caterine sie stehen und durchquerte den nahezu leeren Saal so schnell, wie sie es mit ihren durchnässten Kleidern konnte.

Sie wollte gar nicht hören, was für neue Erkenntnisse ihre Freundin ihr zuteilwerden lassen wollte. Sie hatte nämlich längst einen Verdacht, wie diese aussehen würden.

Rhona würde lächeln, sie mit diesem verklärten Blick ansehen und ihr sagen, dass eine tatsächliche Heirat mit dem von Linnet gesandten Beschützer sich womöglich als die beste Lösung für Caterines Probleme erweisen könnte.

Aye, solche oder ähnliche Worte würden aus dem losen Mundwerk ihrer Freundin kommen.

Rhona würde weiterplappern, bis sie Caterine dazu überredet oder vielmehr beschwatzt hatte, ihr zu glauben. Das Problem war, dass Caterine ihr nicht glauben wollte.

Nicht heute Abend.

Und auch nicht morgen.

Und erst recht nicht, solange noch ein winziger und fast unerträglich hartnäckiger Funke Hoffnung in den verborgensten Winkeln ihres einsamen Herzens glühte.

*

Irgendetwas stimmte nicht.

Ein quälendes Gefühl des Unbehagens beschlich Sir Marmaduke, als er die imposanten Mauern der hoch auf einem Fels thronenden Burg betrachtete, die das Ziel ihrer langen, anstrengenden Reise war.

Dunlaidir Castle lag auf der Kuppe einer massiven, bis weit in die Nordsee hinausragenden Felsformation und war nur durch einen schmalen Landstreifen mit dem Festland verbunden. Glatte Felswände fielen auf allen Seiten beinahe senkrecht ins Meer, was die Festung nahezu uneinnehmbar machte ..., wenn bloß jemand Stellung bezöge in dem leeren Torhaus, das den einzigen Zugang zu der Burg bewachte.

Aber nichts als einige kreisende Seevögel, ein paar zähe Unkräuter und ein steifer Seewind schienen Dunlaidirs wichtigste Verteidigung zu bewachen.

Keine Bewaffneten erschienen vor dem Tor, um Sir Marmaduke und seine vier Begleiter nach ihrem Begehr zu fragen.

Das Torhaus war verlassen und ließ den Zugang zu dem weit verwundbareren Inneren der Burg weit offen.

Marmaduke wendete seinen Kopf nach hinten, um die vier schottischen Ritter hinter ihm anzusehen, und blickte jeden Einzelnen von ihnen prüfend an. Ihre Gesichter spiegelten sein eigenes Misstrauen wider, und die Haltung, in der sie auf ihren stämmigen Hochlandpferden saßen, zeugte von ausgeprägter Wachsamkeit.

»Duncan sagte, Dunlaidir würde über eine solide Garnison verfügen«, bemerkte Sir Lachlan, der jüngste der gälischen Krieger. »Es sieht aber ganz so aus, als wäre sie alles andere als solide.«

Marmaduke nickte dem erst kürzlich zum Ritter geschlagenen jungen Mann zu und warf dann einen weiteren raschen Blick zu dem anscheinend verlassenen Torhaus. In der Ferne hoben sich die mit Zinnen versehenen Mauern Dunlaidirs stolz gegen den bleigrauen Himmel ab, aber es sah nicht so aus, als ob auch nur eine einzige Wache die beeindruckenden Wehrgänge besetzen würde.

»Es sieht alles sehr verlassen aus, und doch würde ich schwören, dass unsichtbare Augen jede unserer Bewegungen beobachteten, seit wir heute Morgen Keiths Land betraten.« Marmaduke zog sein mächtiges Schwert und legte die scharfe Klinge beinahe wie zufällig über seine Schenkel. »Ich glaube nicht, dass diese Augen den Dörflern gehörten, die das Weite gesucht haben, als sie uns sahen.«

Seine Kameraden nickten zustimmend. Sir Alec, der älteste und kampferprobteste der Gälen, spuckte auf den felsigen Boden und wischte sich dann mit dem Handrücken über den Mund. »Ein übler Wind weht hier«, sagte er und zog nun ebenfalls sein Schwert. »Das gefällt mir gar nicht.«

Die grimmigen Gesichter der übrigen Männer verrieten Marmaduke, dass sie wie Alec dachten.

Und wie er selbst.

Ein wirklich böser Wind peitschte die Festung auf den Klippen, eine gewaltige Zerstörungskraft, die Dunlaidirs massive Mauern Stein um Stein in das kalte Wasser der See zu stürzen drohte, wenn nicht bald etwas unternommen wurde, um dem Verfall überall um sie herum entgegenzuarbeiten.

Selbst die zur Burg gehörenden ausgedehnten Ländereien schienen auf beängstigende Weise vernachlässigt worden zu sein: die einst weit reichenden, landwirtschaftlich nutzbaren Felder lagen unbestellt und brach, die wenigen Nutztiere, die sie auf dem Weg gesehen hatten, waren mager und schlecht ernährt gewesen, die heruntergekommenen Bauernkaten desolat und uneinladend ... leer wie der Haufen Steinhäuser, die das Dorf darstellten – und nun auch noch das Torhaus und die Burg.

Die wenigen Leibeigenen, denen sie begegnet waren, hatten sich rasch davongeschlichen, ihre hageren Gesichter abgewandt, als fürchteten sie, zu Stein zu erstarren, falls sie Marmaduke und seinem kleinen Trupp MacKenzies auch nur einen Blick zuwarfen.

Grundgütiger, die Armut hier war so allumfassend, dass Marmaduke ihren widerlichen Geschmack auf seiner Zunge spüren konnte.

Dann durchbrach das laute Jaulen eines Hunds die Stille. Das Geräusch kam von weit her, ein beinahe willkommenes Geräusch in einer grauen, kalten Welt, die sich als noch ungastlicher erwies, als Marmaduke sich vorzustellen gewagt hatte.

»Es scheint sich ja wohl zumindest ein Bewohner Dunlaidirs dazu aufgerafft zu haben, uns zu begrüßen«, sagte er und trieb sein Pferd auf das Torhaus und die hinter diesem sichtbar werdende schmale Landspitze zu.

»Kommt, macht euch bereit, die Bekanntschaft dieses kleinen Kerls zu machen – und wenn die Heiligen mit uns sind, auch die von Lady Linnets schöner Schwester«, rief er über die Schulter seinen Kameraden zu, als sie ihm folgten. »Gnade Gott den Übeltätern, sollte ihr etwas zugestoßen sein.«

Ohne weiteres Aufheben ritt er unter dem erhobenen Fallgitter hindurch, dessen scharfen Eisenspitzen, so hochgezogen, wie sie waren, und ohne eine aufmerksame Wache, die das Fallgitter herabließ, sollte ein Feind es wagen zu versuchen, diese erste entscheidende Verteidigung zu durchbrechen, harmlos und völlig ohne Nutzen waren.

Doch die einzigen Beobachter, die sie das Tor passieren sahen, waren die über ihnen kreisenden Möwen und einige wenige schnellfüßige Nagetiere.

In der Ferne erklang wieder das Hundegebell, diesmal aber schon ein Stückchen näher, und Marmaduke stieß seinem Pferd die Knie in die Flanken, weil er es kaum erwarten konnte, die kurze Entfernung zu Dunlaidirs beeindruckenden, aber unbemannten Mauern zu überbrücken.

Dort gab es ein zweites Fallgitter, das jedoch ebenfalls in einer völlig nutzlosen Position unterhalb der gewölbten Decke eines weiteren Tunnels befestigt war, der direkt in den Fels hineingeschlagen war, auf dem die Festung stand.

Und auch hier trat ihnen niemand in den Weg. Und auch kein Schwall übel riechender Abwässer oder siedenden Öls rauschte auf sie herab, um sie am Zutritt zu der Burg zu hindern.

Absolut nichts hielt sie auf, bis sie in Dunlaidirs inneren Burghof einritten und Marmaduke der Frau gegenüberstand, deren Herz er zu gewinnen trachtete.

Die Frau, von der er hoffte, sie werde seine langen Jahre der Einsamkeit beenden und zahllosen, in einem leeren, kalten Bett verbrachten Nächten ein für alle Mal ein Ende setzen.

Sie stand nicht weit entfernt von der Außentreppe, einen kleinen braunen Hund in ihren Armen, ihr Gesicht – das engelsgleich wäre, wenn sie lächeln würde – umwölkt von einem Ausdruck, den Marmaduke nur als ruhige Resignation bezeichnen konnte.

Seine Männer ritten näher zu ihm heran und brachten ihre etwas kleineren Pferde in einer gut trainierten Formation zum Stehen, zwei zu seiner Rechten, zwei zu seiner Linken. Marmaduke nahm kaum Notiz von ihnen, so geblendet war er von der Erscheinung vor ihm.

Das scharfe Atemholen seiner Gefährten ließ keinen Zweifel daran, dass die hinreißende Schönheit und Anmut der Dame auch sie stark beeindruckte.

Tatsächlich waren es sogar zwei hübsche junge Damen, die sie auf dem Hof empfingen, die eine groß und blond, die andere etwas molliger und dunkelhaarig, aber Marmaduke wusste sofort instinktiv, welche dieser beiden Frauen die seine war.

Die Blonde.

Er hatte es im Gefühl, und nicht nur der schwachen Ähnlichkeit mit ihrer Schwester wegen.

Es war der Ausdruck von Verwundbarkeit in ihren großen, dunkelblauen Augen, der ihn berührte und ihm ihre Identität verriet. Die unsichtbare Bürde lang ertragenen Kummers, eine unsichtbare, aber dennoch spürbare Resignation, die auf ihren so stolz und aufrecht gehaltenen Schultern lastete.

Sein Lehnsherr und seine Gemahlin hatten die Wahrheit gesagt. Hier war eine Edelfrau, die unbedingt einen Beschützer brauchte, und zwar womöglich in noch so manch anderer Hinsicht, als es ihnen bewusst gewesen war.

Und mit einem brennenden Ungestüm, das Marmaduke seit mehr Jahren, als er zählen wollte, nicht mehr empfunden hatte, drängte es ihn, sie zu beschützen. Er brannte geradezu darauf, die Schatten aus ihrem Gesicht zu vertreiben und sie durch das Strahlen des Glücks ... der Liebe zu ersetzen.

Während sein Herz mit dem Überschwang eines unerfahrenen Jünglings gegen seinen Kettenpanzer pochte, schwang er sich aus dem Sattel und begann mit entschiedenen Schritten auf sie zuzugehen. Als er sich ihr näherte, setzte Lady Caterine den kleinen Hund auf das Kopfsteinpflaster. Dieser bleckte prompt die Zähne und knurrte Marmaduke an, verbarg sich aber schon einen Augenblick später hinter den Röcken seines Frauchens.

Caterine, die die Farben der MacKenzies erkannt hatte, die der auf sie zukommende Ritter so stolz über der Schulter trug, wappnete sich gegen die beeindruckende Erscheinung des Mannes und reichte ihm ihre Hand, als er sich vor ihr auf ein Knie niederließ.

Caterines alte Amme, Elspeth, die Frau, die sie und ihre Schwestern aufgezogen hatte, hatte ihnen immer eingeschärft, einen Menschen nie allein nach seiner Erscheinung zu beurteilen.

Sie hatte ihnen vermittelt, dass allein die Herzensgüte eines Menschen, seine inneren Werte wichtig waren. Die Narbe, die das ansonsten anziehende Gesicht des Ritters entstellte, stammte unzweifelhaft von irgendeiner noblen Tat oder einer Verwundung auf dem Schlachtfeld.

Obwohl es Caterine lieber gewesen wäre, wenn er nicht gekommen wäre, wusste sie, dass Linnet ihr niemals einen Mann geschickt hätte, dem sie nicht vertrauen oder auf den sie sich nicht verlassen konnte – auch wenn es vielleicht etwas schwierig war, diesem Mann offen ins Gesicht zu blicken.

Denn außer der Narbe schien er zudem auch noch auf einem Auge blind zu sein, aber der Ausdruck in seinem schönen, braunen, gesunden Auge sprach von aufrichtigem Mitgefühl und Wärme. Und zu ihrer eigenen Überraschung empfand sie die Berührung seiner schwieligen Hand, als er die ihre zu einem Kuss an seine Lippen zog, als gar nicht so unangenehm.

Noch nie hatte ein Mann sie so ehrerbietig angefasst. Tatsächlich hielt er ihre Hand mit einer solchen Zärtlichkeit, dass Caterine der Gedanke kam, er befürchtete womöglich, ihre Finger könnten unter den seinen zerbrechen.

»Mylady«, begann er, und sein englischer Akzent ließ das leise innere Kribbeln, das seine Galanterie in ihr entfacht hatte, fast augenblicklich verschwinden. »Erlaubt mir, mich vorzustellen«, sprach er sie in fließendem Gälisch an, das bis auf einen fast unmerklichen Akzent perfekt war. Dieser verriet Caterine jedoch, dass seine Muttersprache Englisch war.

»Ich bin Sir Marmaduke Strongbow, demnächst von Balkenzie Castle im Westen, und ich komme im Auftrag Eurer Schwester, der Lady Linnet, um Euch zu beschützen.«

»Ihr seid Engländer.« Die Worte klangen scharf und kalt, kälter, als es ihre Absicht war.

Sogleich ließ Marmaduke ihre Hand los und stand auf. Er nickte. »Ja, Mylady, ich bin von englischem Geblüt, doch mein Herz schlägt nur für Schottland. Ihr habt keinen Anlass, mich zu fürchten.«

»Ich fürchte die Engländer nicht.« Caterine raffte ihre Röcke, um sich rasch zurückzuziehen. »Ich verabscheue sie«, erklärte sie, drehte sich um und eilte auf die Treppe zu, dicht gefolgt von ihrem kleinen Hund.

Immer gleich zwei Stufen auf einmal nehmend, hastete sie die Treppe hinauf und konnte es kaum erwarten, die massive Eichentür und die dicken Mauern des Burgsaals zwischen sich und diesen englischen Ritter zu bringen, den ihre Schwester ihr auf solch unüberlegte Art nach Dunlaidir geschickt hatte.

Leider war es jedoch nicht so leicht, vor dem bestürzenden Aufflackern romantischer und sehnsüchtiger Gemütsbewegungen davonzulaufen, die seine Galanterie in ihr entfacht hatte.

Kapitel 3

Einige Stunden später saß Caterine in frostiges Schweigen gehüllt an Dunlaidirs erhöhter Speisetafel und bemühte sich nach Kräften, ihr ausgeprägtes Interesse an ihm zu ignorieren. Sie musste ihn nicht einmal ansehen, ja, ihn einfach nur unter ihrem Dach zu wissen löste ein ganz eigenartig warmes Kribbeln in ihr aus.

Und so täuschte sie Gleichgültigkeit vor und strich mit den Fingern über den Rand des stark verschrammten Tischs. Fackellicht fiel auf den kunstvoll geschnitzten Lehnstuhl ihres verstorbenen Gemahls und lenkte unübersehbare Aufmerksamkeit auf die Leere dieses Sessels.

Und den Ernst ihrer Situation.

»Stört Euch seine Narbe?« Rhonas leise gesprochene Worte durchdrangen die Stille.

Erschrocken ließ Caterine von den tiefen Messerschrammen ab, die sie mit den Fingern nachgezeichnet hatte. Eine törichte Beschäftigung, die keinen anderen Zweck hatte, als sie davon abzuhalten, Marmaduke verstohlene Seitenblicke zuzuwerfen.

Ruhig erwiderte sie den prüfenden Blick ihrer Freundin. »Haltet Ihr mich für so oberflächlich?«

Rhona strich langsam mit dem Finger über den Rand ihres Kelchs. »Nein, aber der frostige Gesichtsausdruck, den Ihr zur Schau tragt, seit er den Saal betreten hat, veranlasst mich, mir diese Frage zu stellen.«

Jäher Ärger stieg in Caterine auf. »Ihr müsstet wissen, was mich an ihm stört.«

»Es ist mehr an einem Mann als nur die Breite seiner Schultern und sein charmantes Lächeln. Das waren Eure eigenen Worte, Mylady«, erinnerte Rhona sie. »Vielleicht ist dann ja auch mehr an einem Mann als sein Geblüt? Immerhin ist er hergekommen, um Euch zu beschützen.«

»Er ist Engländer.«

»Eure Schwester hat ihn Euch geschickt.«

Damit war das Maß für Caterine voll. »Dann hat er Linnet wohl so in seinen Bann geschlagen, dass sie vergessen hat, warum ich niemals einen Engländer in meinem Haus willkommen heißen würde!«