Der stolze Highlander - Sue-Ellen Welfonder - E-Book

Der stolze Highlander E-Book

Sue-Ellen Welfonder

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Beschreibung

Eine willensstarke Frau, ein stolzer Ritter und jede Menge Leidenschaft!

Amicia MacLean ist glücklich. Sie soll Magnus MacKinnon heiraten, für den sie schon als kleines Mädchen schwärmte. Doch die Hochzeit findet ohne Bräutigam statt, denn der befindet sich noch auf dem Schlachtfeld und ahnt nichts von seinem Glück. Nach seiner Rückkehr muss Amicia feststellen, dass Magnus' Freude sich in Grenzen hält. Die Hochzeit ist einzig zu dem Zweck geschlossen worden, die Schatztruhen der MacKinnons mit dem Gold der wohlhabenden MacLeans zu füllen. Magnus' Stolz ist tief verletzt. Er hat sich vorgenommen, den einstigen Reichtum seines Clans ohne fremde Hilfe wiederherzustellen. Amicia will ihren Ehemann jedoch nicht kampflos aufgeben und greift zu allzu verlockenden Argumenten ...

Große Gefühle in den schottischen Highlands - die spannende Reihe um den MacLean Clan:

Band 1: Fesselndes Verlangen
Band 2: Im süßen Bann der Versuchung
Band 3: Der stolze Highlander

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Seitenzahl: 521

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Danksagungen

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

Epilog

Über die Autorin

Alle Titel der Autorin

Impressum

Grußwort des Verlags

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Über dieses Buch

Amicia MacLean ist glücklich. Sie soll Magnus MacKinnon heiraten, für den sie schon als kleines Mädchen schwärmte. Doch die Hochzeit findet ohne Bräutigam statt, denn der befindet sich noch auf dem Schlachtfeld und ahnt nichts von seinem Glück. Nach seiner Rückkehr muss Amicia feststellen, dass Magnus' Freude sich in Grenzen hält. Die Hochzeit ist einzig zu dem Zweck geschlossen worden, die Schatztruhen der MacKinnons mit dem Gold der wohlhabenden MacLeans zu füllen. Magnus' Stolz ist tief verletzt. Er hat sich vorgenommen, den einstigen Reichtum seines Clans ohne fremde Hilfe wiederherzustellen. Amicia will ihren Ehemann jedoch nicht kampflos aufgeben und greift zu allzu verlockenden Argumenten ...

Sue-Ellen Welfonder

Der stolze Highlander

Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrike Moreno

In liebevoller Erinnerung an meinen Vater, Graf MacDuffy, meinen ersten, mir für immer unvergesslich bleibenden Helden. Groß, rothaarig und ausnehmend gut aussehend, spiegelte seine äußere Erscheinung seine schottische Herkunft wider, aber es waren vor allem sein weiches Herz und seine großzügige Gesinnung, die ihn auszeichneten und ihn bei allen, die ihn kannten, so beliebt machten. Seiner leisen Stimme und bescheidenen, freundlichen Art wegen nannten ihn seine Freunde einen sanften Riesen und priesen ihn als einen Mann, der für jeden, einschließlich Gottes kleinster Kreaturen, stets ein gutes Wort und ein Lächeln hatte. So liebte er Hunde über alles. Und wenn ich tausend Leben leben sollte, werde ich doch niemals aufhören, ihn zu vermissen.

Danksagungen

Schottland ist die Quelle meiner Inspiration, und ich schreibe Romane, die in Schottland spielen, weil Schottland mir den Atem raubt. Das Land, die Leute und die Geschichte lassen mein Herz höher schlagen, beflügeln meine Fantasie und sind der Inhalt aller meiner Träume. Die unberührte Schönheit von Strathnaver im hohen Norden Schottlands ist legendär. Diese weite Fläche von Moorland, Seen und Bergen zu durchstreifen, heißt, sein Herz an diese Landschaft zu verlieren. Sich eins zu fühlen mit der Vergangenheit und zu verstehen, wie solch ein magischer Ort die Menschen, die dort leben, zu beeinflussen vermag.

Ein solcher Mensch war Rob Donn, ein berühmter gälischer Barde aus dem achtzehnten Jahrhundert, dessen goldene Stimme (und Liebe zu Hunden) bis heute in seinem geliebten Strathnaver und auch an vielen anderen Orten in den Highlands unvergessen ist. Und während meiner Recherchen an den Orten, die ihm so am Herzen lagen, begegnete ich dem Hund, der in diesem Buch der alte ›Boiny‹ wurde. Mein vierbeiniger Begleiter für einen Nachmittag erinnerte mich an einen Hund namens Boiny aus einem von Rob Donns Versen – eine wunderbare Passage über einen liebenswerten alten Hund, der sich dem Barden anschließt und ihm nicht mehr von der Seite weicht. Sowohl der Barde wie auch Boiny nehmen einen festen Platz in meinem Herzen ein, und ich werde nie wieder Strathnaver besuchen, ohne diese beiden neben mir zu spüren.

Ein Augenzwinkern und einen Gruß auch an die deutsche Übersetzerin meiner Bücher, Ulrike Moreno, Freundin und Tierfreundin wie ich, und ihren eigenen ›Boiny‹, ihren geliebten Mustafa, der in ihrem Herzen und in ihrer Erinnerung weiterlebt.

Mein besonderer Dank geht an meine Redakteurin, Karen Kosztolnyk, für ihre Sensibilität, ihr Verständnis und ihren Rat, und weil sie nicht nur meine Leidenschaft für Schottland und meine große Liebe zu Hunden, sondern auch meinen unerschütterlichen Glauben an Seelenverwandte versteht.

Und wie immer, meinen tiefst empfundenen Dank an meinen gut aussehenden Ehemann Manfred, meinen Helden im wirklichen Leben, der auch weiterhin Drachen und alle möglichen Belagerer von meiner Dachkammertür fernhält. Und natürlich danke ich auch von ganzem Herzen meinem kleinen Em, meinem eigenen vierbeinigen Beschützer, dessen flauschig-warme Schmeicheleien die Macht besitzen, alle meine Sorgen verblassen zu lassen.

Prolog

Dupplin Moor, August 1332

An einem heißen Sommertag am Ufer des Earn, nicht weit von Perth, lieferten sich Schottlands neuer Statthalter, Graf Donald von Mar, und eine große Armee der edelsten Männer des Reiches bei Sonnenaufgang ein schweres, blutiges Gefecht, das allerdings nur wenige Stunden dauern würde.

Gegen Mittag hatten die sirrenden Pfeile des englischen Feindes die mit Schilden und Langspeeren bewaffneten schottischen Schiltrons dezimiert ... denn diese eigens für die Abwehr der englischen Ritter entwickelten kreisförmigen Formationen waren der außerordentlichen Zielsicherheit der englischen Bogenschützen und ihrem anhaltenden Regen tödlicher Pfeile einfach nicht gewachsen.

Der Kommandeur, zwei schottische Grafen, eine Handvoll Edelleute, sechzig Ritter und einige Tausend tapfere Speerkämpfer lagen leblos auf dem Schlachtfeld. Die englischen Aggressoren und die auch als Entrechtete bekannten schottischen Überläufer, die an ihrer Seite kämpften, verloren insgesamt nur dreißig Mann.

Die wenigen Schotten, die bloß verwundet waren oder auch einfach nur unter den Bergen von Leichen ihrer gefallenen Landsleute begraben lagen, wünschten, auch sie hätte der Tod ereilt.

Auf jeden Fall betrachteten sie es keineswegs als Glück, dass sie noch lebten.

Und mit den endlosen Strömen von Blut, die den Boden an jenem unglückseligen Tag durchtränkten, ließ ein jeder Schotte, der Dupplin Moor den Rücken kehrte, auch sein Herz zurück.

Magnus MacKinnon war einer der Überlebenden.

Aber er ließ sogar noch mehr zurück als die meisten anderen.

Mit seinem Herzen hatte er auch das Vermögen verloren, das er in drei langen Jahren harter Arbeit angesammelt hatte. Geld, das er bei Turnieren gewonnen und dazu hatte benutzen wollen, die zerstörte Galeerenflotte seines Clans wieder aufzubauen.

Und vielleicht auch den einstigen Stolz seiner Familie ein bisschen wiederherzustellen.

Doch sogar solch große Reichtümer zu verlieren, war keineswegs das Schlimmste, was ihm zugestoßen war.

Nein, der bitterste und schwerste Schlag von allen war die völlige Zerstörung seiner Seele.

1. Kapitel

Baldoon CastleIsle of Doon, ein Monat später

Eine Ferntrauung?« Amicia MacLean sprang von ihrem Platz an der erhöhten Tafel auf, und von der guten Laune, die sie Minuten vorher noch beflügelt hatte, war absolut nichts mehr zu spüren. Ihre Freude, ihre beiden Brüder nach über einem Jahr der Abwesenheit endlich wieder unter einem Dach zu haben, wich einem Ausdruck ungläubigen Erstaunens.

»Mit Magnus MacKinnon?« Mit wild pochendem Herzen und nahezu außerstande, auch nur ein Wort zu sagen, starrte sie ihren Bruder, Donall den Kühnen, an, das stolze Oberhaupt des Clans MacLean und der Überbringer der überraschendsten Neuigkeiten, die sie seit langer, langer Zeit vernommen hatte.

Unerwartete Neuigkeiten.

Und auch überaus erfreuliche ... obschon sie keineswegs bereit war, ihre Freude offen zuzugeben.

Zu oft schon war sie enttäuscht worden, zu häufig hatte sie sich umsonst Hoffnung auf eine eigene Familie und ein eigenes Heim gemacht, weil sich solcherlei Ankündigungen als leere Versprechungen herausgestellt hatten.

Wie wunderbar das doch wäre, ein Ehegatte, der sie liebte ...

»Du brauchst seinen Namen nicht so auszusprechen, als wäre er deiner unwürdig, Amicia.« Donall MacLean, der den Grund für ihr Erstaunen ganz offenkundig missverstand, hob die Hand, um Schweigen zu gebieten, als auch andere in dem verrauchten großen Burgsaal ihre Meinung dazu äußern wollten. »Es mag ja sein, dass die MacKinnons deine Mitgift dringend brauchen, aber Magnus ist ein tapferer und einflussreicher Ritter. Du hättest es wahrhaftig schlechter treffen können.«

Ich könnte es gar nicht besser treffen, jubelte Amicia im Stillen, als sie lang gehegte Bilder des gut aussehenden Magnus vor ihrem inneren Auge Revue passieren ließ. Jede dieser flüchtigen Betrachtungen bezauberte sie.

Sie brauchte sich nur sein Lächeln und seine funkelnden Augen in Erinnerung zu rufen, um schon weiche Knie zu bekommen.

Und dabei war er kaum mehr als ein hübscher Junge gewesen, als sie ihn vor Jahren bei einem Turnier auf der Nachbarinsel Islay das letzte Mal gesehen hatte. Jeden Bogenschützenwettbewerb, jede Kraftprobe hatte Magnus gewonnen und allen jungen Damen mit seinem mühelosen Charme, seiner Schlagfertigkeit und seinem Witz den Kopf verdreht.

Magnus der Mann würde ihr bestimmt den Atem rauben.

Aye, daran hegte sie nicht den kleinsten Zweifel.

»Er soll sehr anziehend, leidenschaftlich und ein äußerst angesehener Krieger sein, heißt es«, warf Donalls Gemahlin, die Lady Isolde, etwas weiter oben an der Tafel ein. Ihre Worte bestätigten Amicia allerdings nur, was sie bereits vermutete.

Ihr Puls dröhnte immer lauter in ihren Ohren, als sie den Blick über die Gesichter ihrer Verwandten gleiten ließ, ein paar quälend lange Augenblicke nur schweigend dastand und jeden dieser kostbaren Momente nutzte, um sich innerlich zu wappnen und dafür zu sorgen, dass ihr Ausdruck nichts als kühle Reserviertheit widerspiegelte.

Konnte es wahr sein?

Grundgütiger, durfte sie zu hoffen wagen?

Sie würde es nicht überleben, wenn auch dieser Antrag sich als fruchtlos herausstellte. Würde innerlich verkümmern und Gott und alle Heiligen bitten, sie zu sich zu nehmen und ihr ein schnelles, schmerzloses Ende zu bereiten.

Amicia sah Donall aus schmalen Augen an und befeuchtete ihre plötzlich irritierend trockenen Lippen. »Ist es ein ernst gemeinter Antrag?«, fragte sie und schlang die Arme um sich, als könnte sie sich so vor einer Antwort schützen, die sie lieber gar nicht hören wollte. »Hat Magnus MacKinnon persönlich um meine Hand angehalten, oder ist es auch diesmal nur ein weiterer deiner gut gemeinten, aber sinnlosen Versuche, mich zu verheiraten?«

Ihr anderer Bruder, Iain, setzte seinen Bierkrug ab und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Du liebe Güte, Amicia, glaubst du etwa, Donall oder ich könnten etwas gegen die Probleme unternehmen, die unser Land seit einigen Jahren plagen? Du weißt, warum es so schwierig war, geeignete Heiratskandidaten für dich zu finden.«

Amicia straffte ihre Schultern. »Ich bin mir der zahllosen Gründe, die man uns für jedes gebrochene Versprechen gab, durchaus bewusst«, erwiderte sie und ließ ihren Blick auf den schwarzen Schatten einer tiefen Fensterlaibung ruhen. »Was ich wissen möchte, ist, ob es Magnus MacKinnon persönlich ist, der diese Verbindung wünscht?«

Denn die Worte Ferntrauung und Mitgift brauchen ließen ihr die Knie schlottern.

Das verräterische Schweigen, das sich auf dem Podium am Ende des weitläufigen Burgsaals ausbreitete, beantwortete ihr die Frage. Ihr Magen verkrampfte sich, als sie zu der hohen, gewölbten Decke aufblickte und nervös den Atem ausstieß.

Gott, die Stille war so lastend, dass sie das Zischen und Knistern der Pechfackeln, die den Saal erhellten, hören konnte, das leise Schnarchen der vor dem Kamin schlummernden Hunde und sogar die Brandung der nächtlichen See, die tief unter Baldoons massiven Burgmauern gegen die Felsen schlug.

Mit einem fast unmerklichen Kopfschütteln richtete Amicia den Blick nun wieder auf ihre Brüder und war gar nicht überrascht, als sie einen Anflug von Schuldbewusstsein auf ihren anziehenden Gesichtern wahrzunehmen glaubte.

»Ich mag es nicht, hinters Licht geführt zu werden«, sagte sie, so ruhig und würdevoll sie konnte. Dann nahm sie wieder Platz und gönnte sich einen willkommenen Schluck des ausgezeichneten französischen Weins. »Und ich werde auch nicht zulassen, dass ihr das tut. Nicht, solange ich noch in der Lage bin, zu atmen.«

»Herrgott noch mal, Mädchen, es steht dir wirklich gar nicht zu Gesicht, dass du den Dickkopf spielst.« Donall betrachtete sie aus seinem Lehnstuhl, einem mächtigen, eichenen Ungetüm, dessen Rücken und Armlehnen mit kunstvollen Schnitzereien von mythologischen Seeungeheuern verziert waren. Dann fuhr er sich in einer nervösen Geste durch sein Haar, das genau so blauschwarz wie Amicias war.

»Ich gebe zu, dass Magnus noch nichts von der Verbindung weiß«, räumte er schließlich ein, ohne den Blick von den Augen seiner Schwester abzuwenden. »Aber er wird es gleich nach seiner Ankunft auf MacKinnons’ Isle erfahren. Er war einige Jahre unterwegs und hat an zahlreichen Turnieren teilgenommen, wie du vermutlich weißt, aber in vierzehn Tagen wird er daheim zurückerwartet, und sein Vater ist sich sicher, dass Magnus die Verbindung sehr begrüßen wird.«

Amicia unterdrückte ein sehr undamenhaftes Schnauben und gestattete sich einen herausfordernden Blick auf ihre Brüder und alle anderen an der erhöhten Tafel. »Der alte MacKinnon wird sich wohl vor allem die gut gefüllten Geldtruhen wünschen, die du mir als Mitgift mitgibst. Jeder weiß, dass er die Galeerenflotte, die sie vor etwa einem Jahr bei einem Sturm verloren haben, wieder aufbauen will.«

»Das mag schon sein, aber er liebt auch seinen Sohn und möchte ihn gut verheiratet und glücklich sehen«, erklärte Donall. »Und ich würde mich auch über die Heirat freuen. Unser verstorbener Vater und der alte MacKinnon waren früher einmal gute Freunde. Dich mit Magnus zu verheiraten, würde unseren Waffenstillstand mit den MacKinnons ein für alle Mal besiegeln.«

Amicias Herz schlug schneller, und ein winziger Hoffnungsschimmer erwachte in ihrer Brust. Und deshalb wandte sie rasch den Blick ab, aus Angst, dass ihre ganze verzweifelte Hoffnung ihr an den Augen anzusehen sein könnte. Denn keiner der früheren Heiratspläne hatte auch nur annähernd so solide – oder gut durchdacht – geklungen wie der Vorschlag der MacKinnons.

Keiner außer den hartnäckigen Bemühungen eines etwas einfältigen Angehörigen des niederen Adels, dessen Namen sie schon längst vergessen hatte.

Magnus MacKinnons Namen würde sie jedoch nie vergessen.

Tatsächlich hatte er sich schon in ihrer Kindheit unauslöschlich in ihrem Herzen eingeprägt und geisterte selbst heute noch, wo sie längst erwachsen war, durch die kalte, dunkle Leere ihrer unzähligen einsamen Nächte.

Und so verdrängte sie die warnende Stimme ihrer Vernunft und suchte tief in sich nach dem nötigen Mut zu glauben. Und darauf zu vertrauen, dass auch sie, wie ihre Brüder, Glück finden würde.

Vielleicht hielt das Leben ja doch noch eine andere Aufgabe für sie bereit, als nutzlos und von jedermann bemitleidet in ihrem Elternhaus herumzuschleichen.

Willkommen, ja, aber nicht wirklich dazugehörend.

Euphorie erfasste sie mit einem Mal, ein gefährlich verführerisches Gefühl der Richtigkeit. Bevor sie wieder den Mut verlieren konnte, blickte sie auf und suchte Donalls Blick. »Der alte Clanchef glaubt also, dass Magnus mich zur Gemahlin will?«

Sie musste es wissen.

»Ich gebe dir meinen heiligen Eid darauf«, erwiderte Donall ohne das geringste Zögern.

Amicia atmete erleichtert auf, und ihre Zweifel und ihr Misstrauen fielen von ihr ab, als wären sie von einem warmen Sommerwind vertrieben worden.

»Der alte MacKinnon hat dir sogar den Saphirring seiner verstorbenen Gemahlin geschickt, um unsere Übereinkunft zu besiegeln«, mischte nun auch Iain sich ein. Und dann griff er in den Lederbeutel, der an seinem Gürtel hing, und legte mit einer schwungvollen Bewegung einen schweren Goldring auf den Tisch. »Nach all dem Pech, das seinen Clan in letzter Zeit ereilte, kannst du dir ja wohl denken, dass der alte MacKinnon sich nicht von einem so kostbaren Schmuckstück trennen würde, wenn er nicht wirklich wollte, dass du dich mit seinem Sohn vermählst.«

»Es hat lange auf sich warten lassen, doch diesmal brauchst du nicht daran zu zweifeln«, sagte Madeline, Iains Frau, mit einem warmen Lächeln.

Amicia nickte ihr nur dankend zu, weil ihre Kehle mit einem Mal ganz seltsam eng geworden war. Und brannte, wie auch ihre Augen brannten. Und da sie Tränen hasste und stets bemüht war, keine zu vergießen, griff sie nur heftig blinzelnd nach dem Ring und schloss die Finger um das tröstlich kühle Gold.

Um diesen ermutigend soliden kleinen Ring, der ihr eine völlig neue Welt erschloss.

»So, und was sagst du nun?« Donall verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

Amicia umklammerte noch ein wenig fester dieses kleine Stückchen Hoffnung, das sich schon in ihrer Hand erwärmte, bevor sie ihren letzten Zweifel äußerte. »Sag mir zuerst, warum es eine Ferntrauung sein muss, wenn Magnus schon innerhalb der nächsten zwei Wochen auf MacKinnons’ Isle zurückerwartet wird?«

»Weil er aus Dupplin Moor zurückkehrt«, antwortete Iain anstelle seines Bruders. »Und weil der alte Clanchef hofft, ihm durch die Anwesenheit einer frisch gebackenen Ehefrau die Heimkehr zu versüßen.«

»Na komm schon, Amicia«, ermutigte sie Donall, während er sich vorbeugte, um seinen Weinkelch wieder aufzufüllen. »Ich schwöre dir bei allem, was mir heilig ist, dass ich dich MacKinnon nicht geben würde, wenn ich nicht sicher wäre, dass er gut zu dir sein wird.«

Amicia atmete tief durch und straffte ihre Schultern. Auch sie hegte keinen Zweifel, dass Magnus MacKinnon sie gut behandeln würde.

Aber sie wollte nicht nur gut behandelt, sondern auch begehrt werden.

Begehrt und mit der gleichen Leidenschaft geliebt, mit der auch ihre Brüder ihre Frauen liebten.

Sie streckte die Hand nach ihrem Kelch aus, legte den Kopf zurück und stürzte den Wein, der so stark war, dass er ihr beinahe die Kehle verbrannte, in einem Zug hinunter. Dann, schon halb in Erwartung missbilligender Blicke, schaute sie sich an der Tafel um, aber sie sah nur liebenswürdige, erwartungsvolle Gesichter.

»Also, was ist, Amicia?« Donall griff über den Tisch und stieß sie an. »Wirst du MacKinnon heiraten?«

Amicia senkte ihren Blick auf den mit einem kostbaren Saphir besetzten Ring in ihrer Hand. Der Stein war von dem gleichen intensiven Blau wie Magnus MacKinnons lachende Augen. Während sie sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel wischte, richtete sie einen ernsten Blick auf ihren Bruder und betete zu Gott und allen Heiligen, dass ihre Stimme ihr nicht den Dienst versagen möge.

»Ja, das werde ich, und sogar mit Freuden«, antwortete sie und spürte, wie ihr Herz mit jedem Wort noch höher schlug.

Und sollte Magnus sie aus irgendeinem Grund nicht wollen, würde sie einfach alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihn dazu zu bringen.

Viele Tage später, auf der nebelverhangenen Insel, die seit undenklichen Zeiten schon den Namen der MacKinnons trug, schritt Magnus MacKinnon in dem einstmals prächtigen Arbeitszimmer des Burgherrn von Coldstone Castle auf und ab und konnte fast nicht glauben, was er soeben erfahren hatte.

Eine knisternde Gereiztheit erfüllte den nur karg möblierten Raum und schien sogar von seinen erschreckend kahlen Wänden widerzuhallen.

Aber die Anspannung, die in Magnus brodelte, war sogar noch viel stärker.

Mit grimmig zusammengezogenen Brauen warf er einen weiteren finsteren Blick auf seinen die Hände ringenden Vater. »Ich will sie nicht, hörst du?« Magnus kochte innerlich und unterbrach seine nervöse Wanderung gerade lange genug, um einen schief hängenden Fensterladen zuzuschlagen. »Herrgott noch mal, ich hatte schon fast vergessen, wie zugig dieser alte Kasten ist!«

»Aber sie ist doch eine vornehme junge Dame, Magnus«, versicherte ihm sein Vater. »Und vielleicht sogar die schönste auf den ganzen Inseln.«

Magnus fuhr herum und wünschte prompt, er hätte es nicht getan, denn sein alter Herr war unter eine von der Decke hängende Öllampe getreten, deren flackerndes, weiches Licht jede Falte in seinem sorgenvollen, hohlwangigen Gesicht noch deutlicher hervortreten ließ.

Magnus’ Stirnrunzeln vertiefte sich.

»Es interessiert mich überhaupt nicht, wie vornehm oder wie hübsch sie ist«, entgegnete er aus tiefster Überzeugung.

Die Heiligen waren seine Zeugen, dass er in den letzten Jahren so gut wie keine Zeit gehabt hatte, sich mit Frauen zu beschäftigen. Und jetzt, nach der Katastrophe in Dupplin Moor, hatte er sogar noch weniger Zeit und Interesse für solch leichtfertiges Treiben.

Und ganz besonders nicht mit einer Ehefrau.

Mit grimmiger Miene und dem Gefühl, als wäre ihm ein eisernes Joch um den Hals gelegt worden, durchquerte er den Raum und griff nach dem Riegel eines weiteren Fensterladens. Der hörte nicht auf, gegen die Wand zu schlagen, und das Geräusch ging Magnus langsam wirklich auf die Nerven.

Tatsächlich war er sogar versucht, die ganze verdammte Nacht lang wie ein beschränkter Idiot vor dem Fenster herumzustehen und die Blenden zuzuhalten.

Hauptsache, er hatte etwas, womit er sich beschäftigen konnte.

Etwas, das ihm half, das unerträgliche Gefühl zu ignorieren, dass er gleichsam von innen nach außen gekehrt worden war.

Und dass die Sonne morgen vielleicht nicht mehr aufgehen würde.

Sein Vater, der neben ihn getreten war, sah ihn aus müden Augen flehend an. »Die MacLeans ...«

»... sind sehr begütert. Und das zu Recht«, beendete Magnus den Satz für ihn und kehrte dem hohen, bogenförmigen Fenster und seinen altersschwachen Läden den Rücken zu. »Sie verstehen, sich ihr Vermögen eben zu erhalten.«

»Herrgott noch mal, vergiss doch ausnahmsweise mal deinen Stolz und benutz deinen Verstand, mein Junge! Wir brauchen ihre Mitgift, das streite ich gar nicht ab. Und wir nehmen sie auch gerne an – doch das ist beileibe nicht die einzige Erwägung.« Mit einem leisen Seufzer, der seinen Kummer nur zu deutlich machte, begann der alte Herr mit zitternden Händen ein paar hohe Kerzen anzuzünden.

Magnus wandte den Blick ab und fuhr sich in einer nervösen Geste mit der Hand durchs Haar. Von Mitleid würde er sich ganz gewiss nicht umstimmen lassen. Und er hatte auch keinesfalls die Absicht, eine Frau zu nehmen, um die Geldtruhen nachzufüllen, die er selbst nicht hatte füllen können.

Nicht Amicia MacLean.

Und auch keine andere Frau, die sein vom Alter gebeugter Vater ihm vorzuführen beliebte.

Und wenn sie alle splitterfasernackt erschienen und ihm ihre schönen Brüste präsentierten!

Magnus’ Nacken fühlte sich heißer an als die Fackeln, die an den Wänden hingen, als er durch den Raum zu seinem Vater ging, um ihm die tropfende Kerze aus der zitternden, von Altersflecken übersäten Hand zu nehmen.

»Vielleicht ist die Idee deines Vaters doch gar nicht so schlecht«, warf Colin Grant ein, der es sich auf einer Bank am Kamin bequem gemacht hatte und sein verwundetes Bein der anheimelnden Wärme eines nur noch schwach glimmenden Torffeuers entgegenstreckte. »Ich hätte nichts dagegen, nach Hause zurückzukehren und von meinem Pa zu hören, er hätte eine vornehme und auch noch gut aussehende Braut für mich gefunden.«

Die Worte seines guten Freundes versetzten Magnus einen Stich, und heftiges Schuldbewusstsein begann ihn plötzlich zu beschleichen. Colin, den er von den Turnieren kannte und der später auch mit ihm an den blutdurchtränkten Ufern des River Earn gekämpft hatte, hatte kein Zuhause und keine Familie mehr, zu der er zurückkehren konnte.

Die Burg der Grants war von den Entrechteten und ihren englischen Komplizen bis auf die Grundmauern niedergebrannt worden ... und zusammen mit seinem Zuhause hatte Colin auch seine Freunde und Familie verloren.

Ihm war nicht mehr geblieben als ein Haufen Schutt und Asche.

Das und Colins unerschütterliche Entschlossenheit, die Burg seiner Väter wieder aufzubauen, sobald er seine Kraft zurückgewonnen hatte. Doch selbst wenn es ihm gelingen sollte, was Magnus stark bezweifelte, da Colins Truhen genauso leer waren wie seine eigenen, würde es ihm nicht seine verlorene Familie zurückbringen.

Sie ließ sich von keinem Geld der Welt ersetzen.

»Versteh mich nicht falsch, Pa, ich bin froh, dass ich wieder zu Hause bin«, sagte Magnus, als er die Flamme der Kerze geschickt an die noch unangezündeten Dochte hielt, ohne Talgflecken auf dem Tisch und in der Binsenstreu am Boden zu hinterlassen. »Aber wie ich sehe, bist du während meiner Abwesenheit ein bisschen durcheinandergeraten. Ich will keine Frau.«

»Ich bitte dich, es dir noch einmal zu überlegen«, erwiderte sein Vater, und seine Stimme klang geradezu beschwörend. Er versuchte, den Ärmel seines Sohnes zu ergreifen, doch Magnus zog den Arm zurück.

»Da gibt es nichts zu überlegen«, erklärte er in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. »Ich will nichts mehr davon hören.«

Dann nahm er seine Wanderung durch das Zimmer wieder auf und gab sich alle Mühe, Colins unglücklichen Blick zu übersehen, der ihm bei jedem seiner aufgebrachten Schritte folgte.

Colins vorwurfsvollen Blick.

Und Magnus versuchte, auch die Kargheit dieses Raums zu übersehen und nicht daran zu denken, wie prunkvoll er früher in seiner Jugend eingerichtet war ... Oder wie viel von dieser einstigen Pracht er längst schon hätte wiederherstellen können, wenn das Vermögen, das er in den letzten drei Jahren angehäuft hatte, nicht aus seinem Versteck gestohlen worden wäre, während er in Dupplin Moor einen aussichtslosen Kampf gegen die Engländer geführt hatte.

Er warf seinem Vater einen Blick zu, als er an Colin vorbeiging, und hasste sich selbst für den Kummer, den er im Gesicht des alten Mannes sah. Doch das ließ sich nicht ändern. Mit etwas Zeit und harter Arbeit würde er die Dinge schon wieder in Ordnung bringen.

Und er würde auch die stolze Flotte seines Vaters wieder aufbauen ... selbst wenn er sich dafür die Finger krumm arbeiten und seine Geldschatulle bis zum Boden leeren musste, um es zu erreichen.

»Du brauchst einen Erben. Ich ... ich bin nicht mehr ganz wohlauf, mein Sohn.«

Die leise Stimme seines Vaters ließ Magnus abrupt den Schritt verhalten.

Mit einem unterdrückten Fluch schloss er für einen Moment die Augen. »Ich werde heiraten und Kinder zeugen, nachdem ich unser Vermögen zurückgewonnen habe«, erwiderte er mit belegter Stimme. »Darauf hast du meinen heiligen Eid.«

»Das sagst du so, aber ich ... ich fürchte ...«

»Du fürchtest was?« Bestürzt fuhr Magnus zu dem alten Mann herum, der inzwischen in der offenen Tür des Arbeitszimmers stand und dessen besorgter Blick immer wieder von ihm zu dem dunklen Gang dahinter huschte.

Zu einem der vielen Gänge, die im Dunkeln lagen, weil der einst so angesehene Clan MacKinnon es sich heute nicht mehr leisten konnte, die Gänge seiner Festung angemessen zu beleuchten.

Ein bedauernswerter Zustand, der durch die leichten, vorsichtigen Schritte, die sich aus der Ferne näherten, sogar noch offensichtlicher wurde.

Sein Vater erblasste bei dem Geräusch und bekreuzigte sich schnell. »Heilige Maria Mutter Gottes, steh mir bei«, keuchte der alte Mann und drückte ängstlich eine Hand an seine Brust.

Magnus warf Colin einen Blick zu, aber sein Freund zuckte nur die breiten Schultern. Als Magnus sich wieder seinem Vater zuwandte, stellte er betroffen fest, dass das Gesicht des alten Herrn sogar noch bleicher geworden war.

»Was ist denn nun?«, fragte Magnus irritiert, und das ungute Gefühl, das ihm heiß und kalt zugleich über den Rücken lief, ließ seine Worte schroffer klingen, als es seine Absicht war. »Fühlst du dich nicht gut?«

Ein Ausdruck purer Angst, nein, Panik, erschien auf dem kummervollen Gesicht des alten MacKinnon. »Aye, ich fühle mich überhaupt nicht gut«, bestätigte er und erhob die Stimme, als wollte er die sich rasch nähernden Schritte übertönen. »Aber gleich wird es mir wohl noch viel schlechter gehen.«

Magnus zog verwirrt eine Augenbraue hoch. Irgendetwas war im Busch, das spürte er, und er hatte auch das ungute Gefühl, dass es etwas mit dem Wunsch seines Vaters, ihn mit der MacLean’schen Erbin zu verheiraten, zu tun haben könnte.

Grimmig verschränkte er seine Arme vor der Brust und bedachte seinen alten Herrn mit einem strengen Blick. »Kann es sein, dass deine Krankheit etwas mit meiner Weigerung zu tun hat, die kleine MacLean zu heiraten?«

Ein scharfes Einatmen unmittelbar hinter der Tür war seine Antwort.

Ein weibliches ... und überaus schockiertes Einatmen, schien ihm!

Aber nicht halb so schockiert, wie er selbst es war, als das bezauberndste Geschöpf, das er je erblickt hatte, aus der Finsternis des gewölbten Gangs ins Helle trat.

Sie war es.

Amicia MacLean.

Er hatte sie seit Jahren nicht gesehen, aber es gab für ihn keine andere, die so bestrickend schön sein könnte.

Schon als junges Mädchen hatte ihre vielversprechende, aufblühende Schönheit ihn bezaubert. Einmal hatte ihre Anwesenheit bei einem Bogenschützenwettbewerb ihn sogar so gründlich abgelenkt, dass sein Pfeil um mehrere Meter sein Ziel verpasst hatte.

Und auch jetzt brachte ihre Anwesenheit in dem schäbigen Arbeitszimmer seines Vaters ihn gründlich durcheinander, wenngleich aus völlig anderen Gründen ... Allerdings musste er sich eingestehen, dass ein etwas verwegenerer Teil von ihm beim Anblick dieses exquisiten Geschöpfs durchaus ins Taumeln kam.

»Bei Gott und allen Heiligen!« Sein Vater fand nun endlich seine Stimme wieder und bekreuzigte sich erneut. »Ich hatte vor, es dir zu sagen, Junge. Ich schwöre dir, dass ich es wollte.«

»Mir was sagen?«, fragte Magnus, obwohl er es tief im Innersten schon wusste.

Amicia MacLeans Blässe und der schockierte Ausdruck auf ihrem bezaubernden Gesicht waren beredt genug ... wie auch der Saphir seiner Mutter, der ihn vom Ringfinger ihrer linken Hand anfunkelte!

Das Mädchen straffte die Schultern und schob das Kinn ein wenig vor.

Mit unbewegter Miene erwiderte sie seinen Blick, und der Mut, den sie in diesem für sie wohl ziemlich schlimmen Moment bewies, stimmte Magnus ihr gegenüber sehr viel milder, als wenn sie ihren Umhang geöffnet und ihm all ihre verborgenen körperlichen Reize offenbart hätte.

Sie trat vor, um die Hand seines Vaters zu ergreifen und ihre Finger mit den seinen zu verschränken. »Ich nehme an, Euer Vater hat Euch noch nicht gesagt, dass wir bereits verheiratet sind, Sir. Wir wurden vor einer Woche durch Ferntrauung vermählt«, erklärte sie und bestätigte ihm damit, was er bereits vermutet hatte.

Dennoch fiel Magnus fast die Kinnlade herunter.

Und sein Herz machte einen Satz nach unten.

Ihr Herz stand in ihren Augen, und es dort zu sehen, beängstigte ihn erheblich mehr als alle todbringenden Klingen, denen er sich je gestellt hatte.

Denn mit ihrer Gelassenheit und Anmut würde sie ihre Waffen mit allergrößter Geschicklichkeit bedienen. So viel wusste er schon ohne den geringsten Zweifel.

Aber das Schlimmste von allem war, dass seine verdammte Ehre ihm nicht gestatten würde, die seinen gegen sie zu erheben.

2. Kapitel

Eine Ehefrau.« Magnus sagte es in einem Ton, als ob das bloße Aussprechen des Wortes seine Seele in Gefahr bringen könnte. Nichts erinnerte noch an den Mann, der berühmt war für seinen Charme und seine Schlagfertigkeit, als er sich in einer nervösen Geste mit der Hand durchs Haar fuhr und einen Fluch brummte. »Mögen die Heiligen uns beistehen – durch eine Ferntrauung vermählt!«

Er war so sichtlich fassungslos über das Gehörte, dass er Amicia nicht einmal einen Blick gönnte, sondern nur für einen langen, unbehaglichen Moment zu der mit Wasserflecken übersäten Zimmerdecke aufsah, bevor er konsterniert seinen Vater anstarrte.

Es sprach für den alten Burgherrn, dass er dem finsteren Blick seines Sohnes tapfer standhielt. »Aye, durch Ferntrauung, um ... um dir die Heimkehr zu erleichtern«, erwiderte er stockend, und das leise Zittern seiner Stimme versetzte Amicia einen Stich ins Herz. »Und eine solche Trauung ist genauso rechtsgültig und bindend wie jede andere auch, es sei denn ...«

»Es sei denn, sie würde nicht vollzogen. Und ich sag dir gleich, dass ich nicht die Absicht habe ...« Magnus brach ab, als er spürte, wie seine Wangen erglühten, und atmete tief durch. »Herrgott noch mal, dachtest du wirklich allen Ernstes, diese Nachricht würde mich erfreuen? Von einem Tag zum anderen eine Ehefrau zu haben? Und das ausgerechnet jetzt, wo ich keinen Penny mehr mein Eigen nenne und nichts anderes mehr habe, was mir Ehre macht, als ein abgenutztes Schwert und einen verbeulten Schild?«

Amicia bemühte sich, den Schauder zu ignorieren, der bei seinen Worten über ihren Rücken glitt. Aber der bittere Tonfall seiner Stimme, die so völlig anders war als die warme, ein wenig heisere Stimme seiner Jugend, durchflutete sie mit kalter Angst, als seine Einwände, einer nach dem anderen, das Licht und die Wärme ihrer so liebevoll genährten Träume und Hoffnungen vernichteten.

Dass ich nicht die Absicht habe ...

Die Worte hingen zwischen ihnen wie Eiszapfen, die bei jedem Atemzug ihr Herz frieren ließen und ihr die Röte in die Wangen trieben. Zutiefst gedemütigt, senkte sie den Blick und berührte den Saphir an ihrer Hand. Den Ehering seiner Mutter, der nun der ihre war.

Der Ring, der ihr Trost und Kraft gespendet hatte in all den langen Nächten, in denen sie wach gelegen und Magnus’ Heimkehr erwartet hatte.

Seine Heimkehr und freudige Überraschung, sie zu sehen.

Aber ganz bestimmt nicht diese unverhohlene Ablehnung.

Doch genau die strahlte er mit seiner ganzen Haltung aus. Und jede neue Welle dieser Ablehnung, die Amicia erreichte, griff ihr ans Herz und drohte ihre so mühsam aufrechterhaltene Selbstbeherrschung zunichtezumachen.

Gott, ihre Augen brannten – so sehr, dass ihr ganzes Gesicht schon davon schmerzte, die sich hinter ihren Lidern sammelnden Tränen zurückzuhalten. Er würde ihre Verbindung doch wohl hoffentlich nicht anfechten? Oder sich gar weigern, die Ehe mit ihr zu vollziehen? Der bloße Gedanke ließ ihr Blut gefrieren – obwohl fast gleichzeitig auch eine seltsam prickelnde Hitze ihren Nacken hinaufkroch ...

Amicia blinzelte.

Wieder und wieder, denn die Frauen des Clans MacLean weinten nicht.

Seit undenklichen Zeiten hatten sie den schlimmsten Notlagen getrotzt, sich ihren beeindruckendsten Feinden gestellt und, unerschütterlich und ohne jemals zu verzagen, die dunkelsten Nächte voller Kälte, Wind und Regen durchgestanden.

Und sie, Amicia MacLean, würde es nicht anders halten.

Deshalb schluckte sie den Kloß in ihrer Kehle hinunter, umklammerte die Hand des alten Burgherrn noch ein wenig fester und hielt in unbeugsamem Stolz das Kinn erhoben. So gewappnet, richtete sie ihren unerschrockensten Blick auf Magnus’ ernste, missbilligende Miene, die so völlig unvereinbar war mit dem hübschen, lächelnden Gesicht, das sie so viele lange, nicht enden wollende Jahre in ihrer Erinnerung und in ihrem Herz mit sich herumgetragen hatte.

Genauer gesagt, seit jenem Sommertag nach ihrem dreizehnten Geburtstag, als sie sich während einer Versammlung der Hebriden-Clans vom Turniergelände entfernt hatte und unachtsam genug gewesen war, im feuchten Torfmoos auszurutschen und sich den Knöchel zu verstauchen. Ohne ihre Schmerzen zu beachten, war sie gegen ihre Tränen ankämpfend zurückgehumpelt, bis er plötzlich vor ihr aufgetaucht war und ihr galant ein Zweigchen Heidekraut hinters Ohr gesteckt hatte, um sie ein wenig aufzuheitern.

Und dann hatte er sie lächelnd auf die Arme genommen, sie ganz fest an seine Brust gedrückt und sie durch die öde Moorlandschaft zum Zelt ihrer Familie zurückgetragen. Sie hatten es jedoch kaum erreicht, als er auch schon als ein mit ihrem Clan verfeindeter MacKinnon erkannt wurde, worauf Iain, ihr hitzköpfiger Bruder, ihn prompt einen Emporkömmling und Strolch genannt hatte, der sich über seine Stellung in der Welt noch nicht im Klaren war.

Eine Beleidigung, die ihrem Bruder eine aufgeplatzte Lippe und eine blutende Nase eingetragen hatte, Magnus ein zugeschwollenes Auge und Amicia den Kummer, ihr junges Herz an einen hübschen, dunkelhaarigen Jüngling verloren zu haben, den ihr Clan niemals als gleichgestellt betrachten würde.

Sie konnte nur hoffen, dass er jetzt nicht ihren Schmerz sah, als sie ihn anstarrte und sich Mühe gab, das nervöse Flattern ihres Magens außer Acht zu lassen. Und hoffentlich bildete sie es sich nur ein, dass ihre Hände sich ganz klamm und feucht anfühlten.

Größer, breitschultriger und von sehr viel kräftigerer Statur als in jüngeren Jahren, konnte Magnus MacKinnon nicht mehr nur als hübsch bezeichnet werden. Nein, er war zu einem erstaunlich gut aussehenden Mann herangewachsen.

Zu einem geradezu unglaublich gut aussehenden Mann, wie Amicia sich angesichts der Sehnsucht, die sie jäh erfasste, eingestehen musste.

Und als hätte er erraten, was sie dachte, suchten seine klaren blauen Augen die ihren, und trotz der Peinlichkeit der Situation und der Enttäuschung, die Amicia das Herz zusammenkrampfte, glaubte sie schier vor Wonne zu zerfließen unter diesem Blick.

Sie sagte jedoch nichts und wartete, richtete ihre Aufmerksamkeit lieber auf Magnus als auf ihr eigenes zunehmendes Unbehagen. Irgendwann während der langen Jahre seiner Abwesenheit von MacKinnons’ Isle hatte er die wilde, vom Wind zerzauste Mähne seiner Jugend abgelegt und trug sein Haar nun kurz geschnitten. Es war nicht einmal mehr schulterlang, aber immer noch von dem gleichen warmen Kastanienbraun, das sie schon immer so an ihm bewundert hatte. Und es glänzte auch noch genauso, wie sie es in Erinnerung hatte, sodass es ihr nun förmlich in den Fingern kribbelte, es zu berühren und sich an seiner schimmernden, weichen Fülle zu erfreuen.

Aber in Magnus’ Augen stand nicht einmal ein Hauch von Freundlichkeit, und aus den Grübchen, die einst ihr junges Herz bezaubert hatten, waren zwei tiefe Linien rechts und links seines ernsten, grimmig verzogenen Mundes geworden.

Amicia befeuchtete ihre Lippen und schenkte ihm ein tapferes Lächeln. »Ich freue mich, Euch zu sehen, Sir Magnus. Dem Himmel sei Dank, dass Ihr wohlbehalten und unversehrt zurückgekehrt seid«, sagte sie und versuchte einen höflichen kleinen Knicks.

Das war gar nicht so einfach, da sie sich noch immer an der Hand seines Vaters festhielt und ihre Knie inzwischen so weich waren, dass sie ihr beinahe den Dienst versagten. Fast wäre sie ihm direkt vor die Füße gefallen.

Unter anderen Umständen hätte sie das Ironische einer solchen Situation durchaus zu würdigen gewusst. Sie hätte eine seltsam angemessene Erinnerung an jenen lang zurückliegenden Tag sein können, an dem sie sich zum ersten Mal begegnet waren – falls er sich überhaupt noch daran erinnerte.

Doch zu ihrer Bestürzung erreichte sie mit ihrem vergeblichen Versuch, ihm ein Lächeln zu entlocken, nur, dass seine gut aussehenden Züge sich noch mehr verfinsterten.

»Wohlbehalten, sagt Ihr? Und unversehrt?« Die Hände in die Hüften gestemmt, in sehr gerader Haltung, maß er sie mit einem verärgerten Blick. »Ist Euch denn nicht bekannt, Mylady, dass es Wunden gibt, die nicht einmal für die schärfsten Augen erkennbar sind?«

»Ich sehe einige, Mylord.«

Er zog eine rötlich braune Augenbraue hoch. »Tatsächlich?«

Amicia holte tief Luft, um ihm zu versichern, dass sie nicht nur die Wahrheit sagte, sondern außerdem auch nur zu gut wusste, wovon sie sprach. Gott und die Heiligen waren ihre Zeugen, dass sie selbst einige solcher Wunden davongetragen hatte – die er ihr zugefügt hatte, wenn auch sicherlich nur ungewollt. Doch bevor sie überhaupt etwas erwidern konnte, trat er zurück und begann sich immer weiter von ihr zu entfernen, bis der vor dem Kamin schlummernde Boiny, der alte Hund des Burgherrn, seinen Rückzug jäh beendete.

Da Magnus den Hund anscheinend nicht gesehen hatte, stolperte er fast über das große Tier.

»Herrgott noch mal!«, rief er, wild die Arme schwenkend, um das Gleichgewicht zu halten. »Aber auch das ist was, womit ich hätte rechnen müssen!« Nach einem finsteren Blick auf Boiny zog er das nachlässig über seine Schulter geworfene Plaid zurecht. »Dieses verflixte Biest hatte schon immer seinen Spaß daran, mich zu schikanieren.«

Aber etwas von seinem Zorn schien zu verfliegen, während er das sagte, denn schließlich bückte er sich, um den strubbeligen grauen Kopf des Hundes zu streicheln. Boiny, der sich nicht stören ließ, blickte mit einem schon halb erblindeten, aber immer noch sehr gefühlvollen Auge zu ihm auf und fegte mit seinem struppigen Schwanz über die Binsen auf dem Boden.

Magnus wirkte mehr als nur ein bisschen resigniert, als er sich aufrichtete, den Hund jedoch im Auge behielt, bis der aufhörte, mit dem Schwanz zu wedeln, und sein leises Schnarchen das lastende Schweigen wieder brach. Dann strich er sich mit der Hand über das Gesicht und stieß einen deutlich hörbaren Seufzer aus.

Einen tiefen Seufzer, der müde und verdrossen klang.

»Hol mich der Teufel, Mylady, aber ich versichere Euch, dass meine schlechte Laune kaum etwas mit Euch zu tun hat. Ja, im Grunde sogar überhaupt nichts«, sagte er, während er näher trat und dann mit einem Ausdruck des Bedauerns mit den Fingerspitzen über Amicias Wange strich. »Bitte denkt so etwas nicht, und vergebt mir, falls Ihr einen anderen Eindruck von mir habt.«

Amicia zupfte ein Fädchen von ihrem Ärmel und blickte dann scheu auf. »Vielleicht wäre es angebrachter, wenn andere sich entschuldigen würden – und vor allem auch bei Euch.«

Kaum waren die Worte über ihre Lippen, musste sie auch schon wieder den Blick abwenden, denn die sanfte Berührung seiner etwas rauen Finger an ihrer Wange löste ein ganz besonderes Prickeln in ihr aus. Eine Verwundbarkeit, die sie ihn lieber nicht sehen lassen wollte – oder zumindest jetzt noch nicht.

Und so bemühte sie sich nach Kräften, seinen Zauber abzuschütteln, zwang ihr Herz dazu, ein wenig langsamer zu schlagen, und unterdrückte einen Seufzer des Bedauerns, als er seine Hand zurückzog.

»Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um zu vermeiden, dass noch mehr Kummer aus dieser ... Situation entsteht«, versprach er ihr mit einem raschen Blick auf ihren Ring.

Amicia antwortete mit einem, wie sie hoffte, unbesorgten Achselzucken. »Ich wollte Euch nur willkommen heißen. Ihr werdet Euch schon selber fragen müssen, wie warm Ihr Euch dieses Willkommen wünscht.«

Seine blauen Augen glühten förmlich, und ein eigenartiges Licht erschien in ihnen, das Amicia bis in ihre Seele hinein zu wärmen schien. »Was ich mir wünsche, was ich mir immer schon gewünscht habe ...«

Amicia merkte auf, denn da war etwas in seinen Worten, das ihr Herz wie wild zum Pochen brachte. Gott, sogar die Stille, nachdem Magnus schon verstummt war, dröhnte noch von unausgesprochenen Worten!

Sie zog eine Augenbraue hoch, weil sie hoffte, ihn damit zum Weiterreden zu ermutigen, aber angesichts seines hartnäckigen Schweigens verkniff auch sie sich jede weitere Bemerkung.

Sie konnte ihm ja schließlich nicht gut sagen, dass er sehr viel nötiger Heilung als Vergebung brauchte.

Denn das war für sie nur allzu klar erkennbar.

Es war etwas, das ihm in jede Linie und Falte seines gut geschnittenen Gesichts geschrieben stand.

Aber auch noch etwas anderes, nämlich seine hilflose Wut über die Entdeckung, dass ihm eine ungewollte Gemahlin aufgebürdet worden war, erfüllte sie mit wachsender Beklommenheit. Kalte Furcht legte sich wie ein eisernes Band um ihre Brust und zog sich immer fester zu, bis sie kaum noch Atem holen konnte.

Um sich zu beruhigen, richtete Amicia ihren Blick auf ein nahes Fenster. Das mit den schief in den Angeln hängenden Läden, die ihr frischgebackener Gemahl, Nachfahre einer illustren Reihe berühmter Krieger und auch selbst ein sehr bekannter Mann, vergeblich zu verriegeln versucht hatte.

Kühle, feuchte Luft strömte durch die ungeschützte Fensteröffnung, und Amicia konnte dünne Schwaden aufwabernden weißen Nebels sehen, die sich hinter dem schmalen Rundbogen verdichteten. Der Anblick spendete ihr ein wenig Trost, denn obschon der Nebel ihre Sicht behinderte, konnte er doch nicht die Schönheit von MacKinnons’ Isle zunichtemachen.

Die meilenweiten Sandstrände, zerklüfteten Vorgebirge und wundervollen, geschützten Buchten konnte er nicht stehlen. Konnte nicht die Ehrfurcht mindern, die sie schon bei ihrem ersten Blick auf die goldenen Strände, die die Insel säumten, empfunden hatte, oder ihren Respekt vor den hohen, bis in die Wolken reichenden Gebirgskämmen im Inneren der Insel dämpfen.

So wie Magnus MacKinnons finsteres Stirnrunzeln und seine stürmischen Proteste nicht den Wert des Mannes verringern konnten, der sich dahinter verbarg.

Der Mann, den sie begehrte.

Den sie schon immer gewollt hatte ... trotz jahrelanger absurder Clandispute über angebliche Verunglimpfungen und Freveltaten, an deren Ursprung sich kein noch lebender Mensch erinnern konnte – bis auf die Tatsache, dass es irgendetwas mit einer gestohlenen Braut zu tun hatte.

In den letzten Jahren waren ihre Clans jedoch recht freundschaftlich miteinander umgegangen, und sie war weder gestohlen noch gegen ihren eigenen Willen hier. Und Amicia wusste, dass sie miteinander glücklich werden konnten – wenn Magnus ihr nur eine Chance gab.

Und deshalb straffte Amicia die Schultern und wandte sich ihm wieder zu, mit einer Entschlossenheit, die sich mit der eines jeden Kriegers messen konnte, der schon einmal einen Fuß auf ein Schlachtfeld gesetzt hatte.

»Ich bedaure es sehr, dass es Euch nicht früher mitgeteilt werden konnte«, setzte sie zu ihrem ersten Angriff an, und das Zittern, das sie in Donald MacKinnons bejahrten Händen spürte, half ihr, eine würdevolle Haltung zu bewahren.

Langsam ließ sie ihren Blick über die von der Reise arg in Mitleidenschaft gezogene Kleidung ihres Gatten gleiten. Das Leder seiner abgetragenen Stiefel war mit Schlamm verkrustet, und ihr stockte der Atem und ihr Herz schlug schneller, als sie die verwischten dunklen Flecken auf seinem ausgefransten Plaid bemerkte.

Beängstigende Flecken, die arg nach Blut aussahen.

Ein Frösteln durchlief Amicia, und ihr Magen verkrampfte sich angesichts dieser grimmigen Erinnerung an die Bilder des Schreckens und die vernichtende Niederlage, die Magnus in Dupplin Moor mit angesehen hatte.

»Ihr seid gerade erst angekommen und bestimmt noch müde«, bemerkte sie in mitfühlendem Ton. »Da ist es doch eigentlich kein Wunder, dass Ihr so ungehalten reagiert habt, als Ihr hörtet ...«

»Ich habe nichts erfahren, was sich nicht rückgängig machen ließe«, unterbrach Magnus sie schroff.

Die Worte klangen so hohl, als hätte er jedes einzelne aus dem tiefsten Inneren seiner Seele hervorgezogen. »Eine Heirat ist nicht gültig ohne den Vollzug der Ehe. Eine Mitgift kann unverbraucht zurückgegeben werden. Und eine Braut noch jungfräulich und unberührt.«

»Gewiss, Mylord, das ist mir nur zu gut bewusst«, räumte Amicia ein, ohne den schmerzhaft heißen Knoten zu beachten, der immer heftiger an ihrem Nacken pochte. »Aber ...«

»Herrgott noch mal! Wo bleibt nur Dagda?« Diesmal war es der ältere MacKinnon, der Amicia das Wort abschnitt. Der Burgherr entzog ihr seine Hand und warf einen flehenden Blick zu der noch immer offenen Tür.

Aber Dagda, Coldstones gefürchteter weiblicher Seneschall, sehr zutreffend nach dem Furcht erregenden, männlichen Oberhaupt des sagenhaften Geschlechts irischer Götter benannt, den Tuatha dé Danann, war nirgendwo zu sehen.

Es wartete nichts anderes auf dem düsteren Gang als muffig riechende Kälte und der dünne Rauch einer flackernden Wandfackel. Und statt Dagdas sich nähernder Schritte waren nur das Trommeln des Regens und das Klatschen der Wellen an den nicht sehr weit entfernten Strand zu hören.

»Der Teufel soll dieses dreiste Luder holen, wenn sie uns nicht bald etwas zu trinken bringt!«, schimpfte Donald MacKinnon und geriet vor lauter Aufregung ins Schwanken.

Sofort streckte Magnus eine Hand aus, um seinen Vater zu stützen. »Wenn ihre Knie während meiner Abwesenheit nicht beweglicher geworden sind, wird sie Zeit brauchen, um aus der Küche hier heraufzukommen.«

»Pah!« Der ergraute Clanchef schüttelte die Hand seines Sohnes ab und warf einen weiteren vielsagenden Blick zu dem gähnend dunklen Loch des Gangs hinaus. »Ihr geht es gut genug, wenn sie ihre Nase irgendwo hineinzustecken wünscht, wo sie nicht hingehört.«

Magnus atmete tief ein. »Das mag ja sein, aber du hättest ihr die Mühe sparen können, für mich etwas zu holen. Ich habe heute Abend keine Lust, auf irgendjemandes Wohl zu trinken.« Er unterbrach sich für einen Moment und warf einen Blick über die Schulter. »Aber ich gehe jede Wette ein, dass Colin einen Becher heiße Milch mit Bier oder Wein als Einschlafhilfe sehr begrüßen würde.«

»Heiße Milch?«, ertönte eine tiefe Männerstimme aus den Schatten neben dem Kamin. »Welcher Mann, der diese Anrede verdient, würde sich nach einem Schlaftrunk sehnen, wenn er solch holde Weiblichkeit vor Augen hat?«

Die Stimme erregte Amicias Interesse, und als sie sich ihr neugierig zuwandte, sah sie einen dunkelhaarigen Mann in Magnus’ Alter, der sich vorsichtig von einer niedrigen Eichenbank erhob.

Äußerlich fast genauso anziehend wie Magnus, und auch ebenso schlammbespritzt, kam er mit langsamen, zielstrebigen Schritten auf sie zu. Doch die feine weiße Linie um seine Lippen und sein nur schlecht verhohlenes Zusammenzucken untergruben seine Bemühungen, den Schmerz zu verbergen, den ihm jede einzelne seiner Bewegungen verursachte.

Amicias Herz zog sich zusammen, als sie sah, wie er sich bemühte, sein rechtes Bein nicht zu belasten. »Ihr seid verwundet, Sir. Also bleibt doch bitte sitzen«, bat sie und versuchte, ihn zurückzuwinken. Aber er kam weiter auf sie zu und streckte ihr in solch aufrichtiger Freude die Hände entgegen, dass ihr vor lauter Ergriffenheit der Atem stockte.

Und sie sich wünschte, Magnus hätte sie auch nur halb so warm begrüßt.

»Himmel, Herrgott, Sakrament – wo sind deine Manieren, du Bauernflegel?« Der Mann, der offenbar ein Freund von Magnus war, legte in einer scheinbar missbilligenden Geste eine Hand auf dessen Schulter. Aber die weiß hervortretenden Fingerknöchel an seiner Hand waren ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass er die Stütze dringend brauchte.

Seine Ritterlichkeit benötigte jedoch keine solche Stärkung. »Achtet nicht auf meinen guten Freund«, riet er Amicia. »Dieser große Bengel ist nur zu stur, um zuzugeben, dass Eure Schönheit selbst der sorgenvollsten Stirn die Kümmernisse nehmen würde.«

Dann verbeugte er sich vor ihr, so weit ihm dies mit seiner Beinverletzung möglich war, und ergriff ihre Hand, um einen überaus galanten Kuss darauf zu hauchen. »Ich bin Colin Grant von ... ach, einfach nur Colin Grant, Mylady, und ich stehe Euch voll und ganz zu Diensten.«

Eine leise Röte stieg in Amicias Wangen. »Danke, Sir, ich weiß Euer Angebot zu schätzen«, sagte sie mit einem Seitenblick auf Magnus, der die Lippen zusammenkniff und an dessen Kinn ein Muskel zuckte.

War es möglich, dass er eifersüchtig war?

Der Gedanke ließ Amicias Herz noch schneller schlagen, und sie schenkte dem liebenswürdigen jungen Mann, der sich ihr so kühn als Beschützer angeboten hatte, ein charmantes Lächeln. »Doch Ihr solltet Euch nicht als in meinen Diensten stehend betrachten, sondern als willkommenen, treuen Freund, denn Eure Ritterlichkeit erhebt Euch hoch in meiner Achtung.«

»Wie Ihr wünscht, Mylady.« Colin neigte zustimmend den dunklen Kopf.

Und Magnus’ Gesicht verfinsterte sich sogar noch mehr.

Dann räusperte er sich ... Ein bisschen zu laut, dachte Amicia. »Du wirst kaum Gelegenheit haben, ihren Wünschen zu entsprechen oder ihr Freund zu sein, ob treu ergeben oder wie auch immer«, erklärte er verdrossen. »Ich werde Lady Amicia nämlich zu ihren Brüdern zurückschicken, sobald wir ihre Geldtruhen und den Rest ihrer Aussteuer auf der nächsten vorbeikommenden Galeere, die wir mit unseren Signalfeuern zum Anhalten bewegen können, verladen haben.«

»Der junge Herr Magnus! Wie geht es Euch?«, fragte eine große, kräftige, schon ältere Frau vom Eingang her. »Ach was, sagt mir nichts«, setzte sie hinzu, als sie ihn prüfend musterte. »Ich kann selbst sehen, dass Ihr einen langen, anstrengenden Weg hinter Euch habt.«

»Mir geht es bestens, oder ging es mir ...« Magnus unterbrach sich rasch, um nicht auch noch die Beleidigung unschuldiger Frauen der immer länger werdenden Liste seiner Unzulänglichkeiten hinzuzufügen.

Obwohl Lady Amicia, so wie sie sich versteifte und die Schultern straffte, ohnehin zu wissen schien, was er hatte erwidern wollen.

Von einem geradezu absurden Schuldgefühl erfasst, schickte er sich an, etwas zu sagen, um den Schmerz, den Amicia so tapfer zu verbergen suchte, zu entschärfen.

Doch Dagda kam ihm schon zuvor.

»Ihr braucht keine Signalfeuer anzuzünden«, erklärte sie. »Ihr könnt Eure Braut demnächst schon in ein eigenes neues Schiff setzen, falls Ihr Euch wirklich dermaßen zum Narren machen wollt. Denn ob es Euch passt oder nicht, Mylord – ihre Geldkassetten wurden schon geleert.«

Die Seneschallin, die ein Tablett mit kaltem Seevogelfleisch und knusprigem Brot mit Honig in den Händen hielt, ging mit raschelnden schwarzen Röcken an ihm vorbei.

»Oder habt Ihr die Insel etwa nicht über den Landungssteg betreten?« Dagda stellte das Tablett auf den einzigen Tisch im Raum – ein grob gezimmertes, wackeliges Teil aus vom Alter schon ganz dunkel gewordener Eiche.

Dann drehte sie sich wieder um und wischte sich die Hände ab. »Jetzt sagt bloß, Ihr habt noch nicht gefragt, wo Eure Brüder sind?«, fragte sie und warf dem alten Burgherrn einen vorwurfsvollen Blick zu. »Hat er Euch denn noch nicht gesagt, dass diese beiden Bengel und alle anderen verfügbaren Männer der Insel Tag und Nacht geschuftet haben, um Eure verlorene Flotte wieder aufzubauen?«

Magnus erstickte fast. »Davon weiß ich nichts«, stammelte er, als er endlich wieder Atem fand. »Es waren andere unerwartete Angelegenheiten, die mich davon abhielten, mich nach Hughs und Dugans Wohl ... und ihrem Tun und Treiben zu erkundigen.«

Das mulmige Gefühl, das er schon die ganze Zeit im Magen hatte, verstärkte sich jetzt sogar noch. »Die MacDonald’sche Galeere, auf der mein Freund und ich herüberkamen, setzte uns bei den Klippen draußen vor dem Eingang zur Bucht ab. Auf meinen Wunsch – weil ich es nicht ertragen hätte, den mit Wrackteilen übersäten Landungsstrand zu sehen.«

Dagda schnaubte sehr undamenhaft. »Diese Schiffswracks sind schon lange nicht mehr da«, erklärte sie und strich mit beiden Händen das steife schwarze Leinen ihrer Witwenkleidung glatt. »Wir brauchten das Holz als Brennstoff und für Instandsetzungsarbeiten auf der Burg.« Sie nickte Amicia zu, und ihre strengen Züge wurden für einen Moment ein wenig weicher. »Dank Eurer frischgebackenen Braut werden nun bald schon zwanzig feine, neue Galeeren vor MacKinnons’ Isle vor Anker liegen.«

»Um Gottes willen! Neeeiiin!« Magnus spürte, wie ihm nun auch noch der letzte Rest seiner Würde durch Dagdas stolze Verkündung zu entgleiten drohte. »Unsere Flotte hätte mit unserem Geld und keinem anderen wieder aufgebaut werden sollen.« Er schüttelte den Kopf und versuchte seine Empörung zu beherrschen. »Das ist unerträglich. Ich kann nicht zulassen ...«

»Du lässt zu, dass der Schmerz vergangener Tage dich blind macht für das, was gut und richtig ist.« Colin legte die Hand um den Arm seines Freundes und drückte ihn, um seinen Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen. »Und du verletzt die, die du besser lieben und vor solchen Ausbrüchen bewahren solltest.«

Die letzten Worte waren ein kaum zu hörendes Flüstern, das nur für Magnus’ Ohren bestimmt war.

Schroff entzog dieser seinem Freund den Arm und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Auch sie war schweißbedeckt – wie alles andere von ihm ... wahre Bäche eisig kalten Schweißes, die in Strömen über seinen Rücken rannen.

Und angesichts der Wahrheit, die in Colins vorwurfsvollen Worten lag, begann er sogar noch stärker zu schwitzen.

Das Gemurmel seines Vaters, er sei ein todgeweihter alter Mann, machte die Sache auch nicht gerade besser.

Magnus begann sich selbst alt und besiegt zu fühlen, als er Amicia einen Blick zuwarf und ihn wieder heftige Gewissensbisse angesichts der jähen Blässe ihres bezaubernden Gesichts erfassten.

Seinen Vater allerdings bedachte er mit einem sehr erbosten Blick. »Das ist dein Werk!«, stieß er hervor, und seine Wut ließ seine Worte schärfer klingen, als es seine Absicht war. »Ich hatte geschworen, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, als ich von hier fortging, und das hätte ich auch getan. Und zwar so schnell wie möglich.«

»Du hast ja keine Ahnung, welch übler Wind hier auf der Insel wehte«, wandte Donald MacKinnon mit erstickter Stimme ein. »Wir hatten nichts als Schwierigkeiten, was immer wir auch ...« Er hielt inne und krümmte sich unter einem anfallartigen rauen Husten.

Als der nachließ, richtete der alte Mann sich wieder auf und drückte eine zitternde Hand an seine Brust. »Donall MacLean hat sich als guter Freund erwiesen«, sagte er, obwohl es ihn sichtlich Mühe kostete, zu sprechen. »Er hat uns genügend gute schottische Holzplanken geschickt, um die Arbeit sogar schon vor Lady Amicias Ankunft auf der Insel zu beginnen.«

»Dies hier hat nichts mit MacLeans Großzügigkeit zu tun. Es gibt niemanden hier auf diesen Inseln, der bestreiten würde, dass er ein feiner, anständiger Mann und auch ein guter Clanchef ist. Ich wollte ihm keineswegs zu nahe treten.« Magnus unterbrach sich und stieß ärgerlich den Atem aus. »Ich wünschte nur, ihr hättet bis zu meiner Rückkehr abgewartet.«

Donald MacKinnon kaute an seiner Unterlippe und wurde sichtlich rot. »Nein, nein, nein, mein Junge«, erwiderte er schließlich. »Das konnten wir nicht. Nicht, nachdem wir die Mitgift deiner Gemahlin hatten, die buchstäblich wie ein Geschenk des Himmels für uns war.«

In einer eigenartigen Mischung aus Trotz und ... Furcht starrte er Magnus an. »Wir konnten keinen weiteren Tag mehr abwarten, verstehst du. Der Flu...«

»Zum Donnerwetter noch einmal!« Magnus verlor die Geduld. »Der einzige Fluch, der je auf dieser Insel lastete, ist die Unfähigkeit ihrer Besitzer, ihr Vermögen zusammenzuhalten!«, erklärte er, ohne sich die Mühe zu machen, seine Stimme auch nur ein wenig zu senken. Der bittere Geschmack von Galle stieg in seiner Kehle auf, und er maß alle Anwesenden im Raum mit einem aufgebrachten Blick. »Das ist die reine Wahrheit – das kann ich euch versichern!«

»Nein, da irrst du dich, mein Junge. Schon seit undenklichen Zeiten liegt ein Schatten über uns«, belehrte sein Vater ihn mit einem Hauch von Kampfeslust in seiner dünnen Stimme. »Mit absoluter Sicherheit jedoch von dem Tag an, an dem der erste Clanchef, Reginald der Siegreiche, das Fundament zu dieser Festung legte.«

»Reginald der Siegreiche, möge er in Frieden ruhen, war der Herr seines Schicksals – so wie wir es alle sind.« Mit einer weit ausholenden Handbewegung deutete Magnus auf die kahlen Wände des Arbeitszimmers. »Keine Macht der Finsternis hat sich jemals gegen ihn oder diese Burgmauern erhoben. Es ist nichts als unser eigenes verdammtes Unvermögen, das das Glück des einst so großen Clans Fingon beschattet!«

Ein schier unerträgliches Bewusstsein seiner eigenen Unzulänglichkeit begann sich seiner zu bemächtigen. In einer etwas hilflosen Geste strich er mit der Hand über seine fest zusammengepressten Lippen und begann nervös im Zimmer auf und ab zu gehen. Aber seine schlechte Laune folgte ihm und hatte ihn schon viel zu fest im Griff, um sich noch abschütteln zu lassen.

Ja, selbst die geradezu jämmerlich karge Einrichtung des Zimmers schien ihn zu verhöhnen. Und die wenigen verbliebenen Möbelstücke führten ihm höchstens noch deutlicher vor Augen, wie wenig Bequemlichkeiten Coldstone Castle bot. Ein Makel, der ihn bis ans Ende seiner Tage quälen würde, wenn er ihn nicht bald beheben konnte.

Nicht sicher, wie er das überhaupt erreichen sollte, trat er vor eine der hohen, mit Rundbögen versehenen Fensterlaibungen, wo ihm ein kalter Windstoß feuchter, salzhaltiger Luft ins Gesicht fuhr. Der ließ ihn erschauern und verschlechterte seine Stimmung noch.

Mit grimmiger Miene zog er sein Plaid fester um sich und blickte versonnen in die düstere Wandvertiefung und auf die nutzlosen, von der Feuchtigkeit verzogenen Fensterläden. Aber es waren die beiden Bänke rechts und links der Fensterlaibung, die seine Aufmerksamkeit auf sich zogen.

Ihrer einst so prächtigen Kissen beraubt und leer geräumt bis auf den nackten Stein, erwiderten sie trotzig seinen aufgebrachten Blick. Zwei kalte graue Steinplatten starrten ihn an und schienen jedem seiner Schritte durch den Raum zu folgen, in einer stummen Anklage, die ihn ebenso sehr bedrückte wie der Kummer in den Augen seines Vaters.

Und die Enttäuschung in Amicia MacLeans bezauberndem Gesicht.

Oder das Mitleid in Colins traurigem Kopfschütteln und der unverkennbare Tadel in den Worten der scharfzüngigen alten Seneschallin.

Magnus wünschte nur, er hätte seine eigene scharfe Zunge besser im Zaum gehalten. Er fuhr zu seinem Vater herum, um ihn anzusehen. »Ich würde es dir nie zum Vorwurf machen, dass du solchen Unsinn glaubst. Gott weiß, dass diese Insel im Laufe der Jahrhunderte von genug Pech heimgesucht wurde, um uns verflucht zu nennen. Doch ich hätte die Sache eben trotzdem lieber selbst erledigt. Ohne fremde Hilfe. Weder die Donalls des Kühnen noch die seiner unbestreitbar schönen Schwester. Mit niemandes Hilfe, Pa. Ich ...«

Er verzichtete darauf, den Satz zu beenden, da seine Stimme vor Erregung brach. Um sich weitere Demütigungen zu ersparen, wandte er sich zur Tür, um sich in aller Eile zu verabschieden. Aber da spürte er plötzlich eine sanfte Hand auf den Kettengliedern seines Ärmels.

»Auf ein Wort, Sir.«

Zu seiner Überraschung – oder vielleicht auch nicht – brachten diese leichte Berührung und die Besorgnis, die er in Lady Amicias dunkelbraunen Augen sah, ihn nicht minder wirkungsvoll zum Stehen als Colins sehr viel handfesterer Griff.

Und obwohl er sich instinktiv von ihr distanzierte, blieb er stehen und wartete, doch sie schenkte ihm nur ein schwaches Lächeln. Ein ganz kleines, etwas zögerndes Lächeln, so als wäre auch sie nicht ohne Sorgen.

Als bräuchte sie ihn vielleicht sogar.

Doch das war ein Gedanke, der zu gefährlich war, um sich näher damit zu befassen.

Und deshalb verdrängte Magnus ihn und fand auch seine Stimme wieder. »Ja?«

»Könnten wir nicht ein paar Schritte gehen?«, bat sie, und der singende Tonfall ihrer Stimme war so verführerisch wie das Mitgefühl, das er in ihren von dichten schwarzen Wimpern umrahmten Augen sah. Sie drückte ein wenig seinen Arm. »Vielleicht zu den Wehrgängen hinauf, wo wir ungestört und unbeobachtet miteinander reden können?«

Magnus schüttelte den Kopf und gab sich alle Mühe, ihren warmen, femininen Duft nicht einzuatmen. »Es gibt nicht viel zu reden, solange ich noch keine Zeit hatte, über diese ... diesen Zustand nachzudenken und darüber, was ich deswegen unternehmen kann«, erwiderte er steif.

Sie zog ihre Hand von seinem Arm zurück und strich nun mit den Fingerspitzen über seine Wange. »Seid Ihr sicher, Sir?«

»Ich war mir niemals einer Sache sicherer«, entfuhr es Magnus, als er unter ihrer sanften Berührung von einer Woge wohliger Empfindungen durchflutet wurde. »Mit Euch auf den Zinnen herumzuspazieren, würde mir nicht die Ruhe geben, die ich benötige, um nachzudenken.«

Und aus völlig anderen Gründen, als sie dachte!

»Also gut.« Sie ließ ihre Hand wieder sinken. »Doch gestattet mir dann wenigstens eine Bemerkung.«

»Solange Ihr hier seid, braucht Ihr mit Eurer Meinung nicht hinter dem Berg zu halten«, antwortete Magnus mit einem Seitenblick auf seinen Vater und auf Dagda. »Ich halte nicht viel von Intrigen und Geheimnissen.«

»Dann sollt Ihr wissen, dass ich Euch vorhin frösteln sah, als Ihr an dem offenen Fenster vorbeigingt«, begann sie, ohne eine Miene zu verziehen. »Und Ihr solltet bedenken, Sir, dass der gleiche kalte Wind, der graue Wolken mitbringt, ebenso gut die Finsternis vertreiben kann, um der warmen Sonne Platz zu machen.«

Magnus starrte sie nur sprachlos an.



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