Mein schottischer Rebell - Sue-Ellen Welfonder - E-Book

Mein schottischer Rebell E-Book

Sue-Ellen Welfonder

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Beschreibung

Kann sie sein kaltes Herz erweichen?

Als Lady Mariota beschuldigt wird, ihren Geliebten ermordet zu haben, flieht sie verzweifelt in die Highlands, wo sie in einer einsamen Festung Zuflucht findet. Doch kurz darauf trifft der neue Laird der Burg ein. Kenneth McKenzie hat sich geschworen, nie wieder einer Frau zu verfallen, und ist wenig begeistert von seinem unerwarteten Gast. Er hat die feste Absicht, sie zu vertreiben, aber Lady Mariota Macnicol hat ganz andere Pläne ...

»Dieses Buch entführt Sie in eine Welt, die Sie nicht mehr verlassen wollen.« Romantic Times

Historische Liebesromane voll packender Leidenschaft - die Reihe um den MacKenzie Clan von der USA-Today-Bestsellerautorin Sue-Ellen Welfonder:

Band 1: Der Verführer im Kilt
Band 2: Bittersüße Qual der Liebe
Band 3: Der feurige Kuss des Highlanders
Band 4: Mein schottischer Rebel
Band 5: Ritter meiner Leidenschaft
Band 6: Die feurige Braut des Highlanders

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Danksagungen

Das Vermächtnis des Bastardsteins

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

Epilog

Über die Autorin

Alle Titel der Autorin

Impressum

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Über dieses Buch

Als Lady Mariota beschuldigt wird, ihren Geliebten ermordet zu haben, flieht sie verzweifelt in die Highlands, wo sie in einer einsamen Festung Zuflucht findet. Doch kurz darauf trifft der neue Laird der Burg ein. Kenneth McKenzie hat sich geschworen, nie wieder einer Frau zu verfallen, und ist wenig begeistert von seinem unerwarteten Gast. Er hat die feste Absicht, sie zu vertreiben, aber Lady Mariota Macnicol hat ganz andere Pläne ...

Sue-Ellen Welfonder

Mein schottischer Rebell

Aus dem amerikanischen Englisch von Ulrike Moreno

Danksagungen

Schottland schenkt mir Inspiration und Leidenschaft, aus der ich immer wieder neue Kraft für meine Seele schöpfe. Schottland, das so viel mehr ist als nur Berge, Nebel und Heide, Whisky und Kilt tragende Männer, wirft lange Schatten, die bis tief in die Herzen vieler reichen.

Mein eigenes Herz ist unwiderruflich verschenkt, und wenn ich mich in Schottland aufhalte, sind es stets die unberührten Orte, die mich rufen. Nichts bewegt mich mehr als Schottlands abgelegener hoher Norden, aber ich mag auch Nairn, eine kleine Stadt in den Highlands am Moray Firth.

Viele meiner kostbarsten Erinnerungen sind verbunden mit den glitzernden Gewässern eines kleinen Sees nicht weit von Nairn und den Überresten einer Festung, die sich stolz auf einer winzigen Insel in der Mitte dieses Sees erhebt.

Der Geist der wahren Mariota verweilt gewiss noch dort, denn diese Festung war einst ihr Zuhause. Ich weiß, dass ich sie dort gespürt habe. Und auch den großen Mann, der sie mit einer solch glühenden Leidenschaftlichkeit geliebt hat, dass er seiner Welt und Zeit die Stirn bot, um sie zu behalten.

Sie inspirierte mich zu diesem Buch – auch wenn Alexander Stewart sie in Wahrheit niemals hinterging. Ganz im Gegenteil. Ihre Liebe war grenzenlos und besteht noch immer fort auf dieser winzigen, von Wasser umgebenen Insel. Die wirkliche Mariota besaß einen kühnen Geist, viel Kraft und ein großzügiges, liebevolles Herz. Ich wollte sie schon seit einiger Zeit mit einem Roman würdigen. Diese Geschichte ist die ihre – und die des Wolfs.

Mein besonderer Dank geht, wie immer, an meine Lektorin, Karen Kostolnyk, für ihr erfahrenes Auge und ihre sanfte Führung. Sie versteht mein Herz und weiß immer wieder, wie meine Geschichten sich verfeinern lassen. Und natürlich danke ich auch Michele Bidelspach, die ein wahres Juwel ist, dafür, dass sie immer da ist.

Und wie immer meinen unendlichen Dank an meinen sehr gut aussehenden Ehemann, Manfred, meinen Helden im wirklichen Leben, der mich vor Drachen und dunklen Sturmwinden beschützt. Er ermöglicht mir zu träumen. Und natürlich danke ich auch dem kleinen Em, dem Hüter meines ganzen Glücks. Seine hündische Ergebenheit ist meine ganze Kraft.

Das Vermächtnis des Bastardsteins

Vor langer Zeit, in einer der finstersten Epochen der Geschichte Schottlands, aber noch nicht so tief in der Vergangenheit, dass die Zeit die Erinnerung getilgt hätte, lebte ein großer MacKenzie-Clanchef, der sich eines starken Charakters und einer unerschütterlichen Rechtschaffenheit rühmen durfte. Er war ein unbeugsamer Krieger, der als Ranald der Ehrfurchtgebietende berühmt wurde und dessen Name noch weit über die Highlands seines eigenen zerklüfteten Reichs Kintail Respekt gebot.

Dieser kluge Mann, der durchaus in der Lage war, in diesem weiten Land mit seinen düsteren Hügeln und schattigen Tälern Frieden zu bewahren, hatte nur zwei Schwächen: eine gewisse Habgier, die hin und wieder mit der Güte seines Herzens konkurrierte, und einen ausgeprägten Hang zur Überheblichkeit.

Schwächen, die sich als verhängnisvoll erweisen sollten, als ein niedrig geborener, außerehelicher Abkömmling seines Clans sein Herz an die Tochter eines benachbarten Clanoberhauptes verlor. Dieser einfache Kuhhirte namens Cormac konnte sich, was körperliche Kraft und Geschicklichkeit anging, selbst mit dem fähigsten der Söhne Ranalds des Ehrfurchtgebietenden messen, was den mächtigen Clanchef überaus verärgerte.

Cormacs Behauptung, dass das Mädchen, eine wegen ihrer Schönheit und ihres angenehmen Wesens hoch geschätzte junge Dame, ihn mit gleicher Leidenschaftlichkeit begehren würde, garantierte nur, dass das Schicksal sich ihm entgegenstellen musste. Und als er seinen Clanchef um Hilfe bei der Bereitstellung eines angemessenen Brautgelds bat, wurden ihm dann auch in der Tat nur falsche Hoffnungen und leere Versprechungen gemacht.

An einem regnerischen Tag mit starken Winden sollte er sich zu den fernsten Winkeln von Kintail begeben, zu den dunklen Ufern des Loch Hourn, um dort auf den höchsten Punkt der Felswände über dem Meer zu steigen, wo eine ganz bestimmte Gesteinsformation wie eine gigantische Tür erscheint.

Sollte er es schaffen, auf diesem von der Natur geformten Bogen auf einem Fuß zu balancieren, würde er als würdig erachtet werden, um die Hand der Tochter eines jeden Clanchefs anzuhalten.

Und um ihn für seinen Mut und seine Geschicklichkeit zu belohnen, sollte er das Doppelte des gewünschten Brautgeldes erhalten.

Aber leider, wie die Seannchies es so ergreifend schildern, verfing sich Cormacs Fuß am Rand der torähnlichen Felsformation, als er sein unglaubliches Werk beendete und den Abstieg begann, und dabei stürzte er in den Tod und sollte daher nie erfahren, ob sein Lehnsherr nun sein Wort gehalten hätte oder nicht.

Nur Ranald der Ehrfurchtgebietende wusste das, und mit der Zeit wurden seine Schuldgefühle stärker als seine Habgier und sein Stolz, und die wahre Güte seines Herzens siegte über seine dunklere Seite und verbannte sie für den Rest seines Lebens.

Zu Ehren des jungen Cormac wurde diese mächtige Felsformation Der Bastardstein getauft, und in ihrem Schatten wurde eine großartige Festung erbaut: Cuidrach Castle, der Ort der Starken und Entschlossenen.

Und seit jenen frühesten Zeiten ist Cuidrach das stolze Erbe, das den tapfersten Kriegern unter den Bastarden des Clans MacKenzie vorbehalten ist. In jeder Generation wird ein solch kühner Mann von seinem niedrigen Rang erhoben und mit dem Titel des Hüters von Cuidrach beschenkt.

Eine Tradition, die sich viele Jahrhunderte gehalten hat, bis ein solcher Auserwählter so unmenschlich wurde, dass die Kunde von seinen Schandtaten dem Clan keine andere Wahl mehr ließ, als das Privileg zurückzuziehen, eine traurige Einbuße, die dazu führte, dass Cuidrach Jahrzehnte unbewohnt geblieben war.

Doch jetzt war ein neuer Hüter von Cuidrach ernannt worden.

Ein kühner junger Clanangehöriger von der gleichen Charakterstärke und unbeugsamen Rechtschaffenheit wie sein lang verstorbener Vorfahr, Ranald der Ehrfurchtgebietende.

Und wenn die windgepeitschten Hügel an Kintails wilder Küste sich regen könnten, wären sie gewiss sehr unruhig, und der Wind, der über die Felsen pfeift, würde vielleicht von einem alten Unrecht flüstern.

Und darum bitten, es endlich wiedergutzumachen.

1. Kapitel

Drumodyn Castle,im hohen Norden Schottlands, Herbst 1344

Hugh der Bastard.

Die drei Worte waren für Mariota Macnicol wie ein harter Schlag, und jedes einzelne von ihnen setzte sich wie ein glühendes Stückchen Kohle in ihrer Kehle fest, als sie in der Tür des Turmzimmers stand und den Mann anstarrte, den sie mehr liebte als das Leben selbst.

Auf jeden Fall mehr als ihr eigenes, da sie bedenkenlos die Beschwerlichkeiten von Skandal und Ruin auf sich genommen hatte, um seine Frau zu sein, als sie ihrem bequemen und angenehmen Leben den Rücken kehrte, um ihm den Weg zu seinen Träumereien zu ebnen.

Zu seinen hochfliegenden Zielen.

Und nun lebte Hugh Alesone, der Bastard von Drumodyn, nicht mehr.

Oder zumindest nicht mehr lange, denn die funkelnden blauen Augen, die sie immer so bezaubert hatten, waren jetzt ganz glasig und traten beinahe aus ihren Höhlen, und das Entsetzen, das auf seinem gut aussehenden Gesicht erschien, als er sie bemerkte, war wie die sichere Erkenntnis seines unmittelbar bevorstehenden Endes.

Ja, Mariotas blonder Hüne von einem Geliebten war im Begriff, nackt wie am Tag seiner Geburt in seinem Bett zu sterben.

In den Armen einer gleichermaßen splitternackten Hure.

Am ganzen Körper zitternd, starrte Mariota Hugh Alesone an und traute ihren Augen nicht. Schock und Ungläubigkeit raubten ihr den Atem und lähmten sie, bis der grauenvolle Schmerz sie dann schließlich übermannte und als schriller Schrei aus ihr herausbrach.

»Neiiin!«, rief sie, während der Kummer ihr schier das Herz zerriss. »Um Gottes willen! Hugh...«

»Es ist ... das Herz«, stieß er mit letzter Kraft hervor, und seine Augen weiteten sich vor Entsetzen.

Mariota biss sich auf die Lippe, und ihr eigenes Herz verkrampfte sich, als sie sah, wie er sich von der Frau löste, die über seinen Schenkeln hockte, und wie er die Hände an seine blond behaarte, muskulöse Brust presste, die schweißnass war und sich genauso heftig hob und senkte wie die schweren, viel zu großen Brüste seiner Hure.

Auch sein inzwischen entspanntes und für einen solch hünenhaften Highlander erstaunlich kleines Anhängsel glänzte feucht, was vom Kerzenschein auf beinahe obszöne Art betont wurde.

Eine unwiderlegbare Tatsache, die das zerwühlte Bett, die Weinkaraffe und zwei halb geleerte Kelche auf dem Tisch neben dem Kamin sowie die achtlos auf dem Boden verstreuten Kleidungsstücke Mariota nur noch deutlicher vor Augen führten.

All das sowie der unverwechselbare Geruch von Sinneslust, der immer noch so deutlich wahrnehmbar in der Luft hing.

»Um Gottes willen!«, rief Mariota und schlug die Hände vors Gesicht. Es war die einzige Bewegung, die ihr möglich war, weil ihre Beine sich plötzlich schwer wie Blei anfühlten und ihre Füße ihr den Dienst versagten.

Die andere Frau, die ihre Beweglichkeit hingegen nicht verloren hatte, krabbelte so schnell vom Bett, dass ihre unbeholfenen Befreiungsversuche komisch gewesen wären, wenn ihre bloße Präsenz nicht wie ein schraubstockartiger Griff um Mariotas Herz gewesen wäre.

Knurrend und fauchend wie eine aufgebrachte Katze, schlug die Dirne die letzten Bettlaken von ihrem nackten Leib zurück und stieß in ihrer Ungeschicklichkeit den Weinkrug um, dessen blutroter Inhalt sich über die Binsenstreu auf dem Fußboden ergoss.

Während Mariota die Bemühungen der Buhle beobachtete, ballte sie unwillkürlich ihre Hände zu Fäusten. Ihre Schläfen pochten, und die zarte Haut unter ihrem Haaransatz glühte und prickelte, als ihr Blick auf den vergossenen Wein fiel, sah sie doch in der sich rasch vergrößernden roten Pfütze eine Art Spiegelbild von Hugh Alesones würdelosem Ableben.

Eine Ironie, die dem Bastard von Drumodyn entging, da er mittlerweile auf dem zerwühlten Bett zusammengebrochen war und sie aus leeren Augen anstarrte.

Allein diese Augen anzusehen genügte, um Mariota mit eisiger, alles durchdringender Kälte zu durchfluten. »Um Gottes willen«, flüsterte sie, mehr zu sich selbst als zu der noch immer völlig unbekleideten Frau neben dem Bett. »Er stirbt ...«

Aber Hugh Alesone hatte diese Welt bereits verlassen und sich auf den Weg zu seinen Ahnen gemacht, nachdem er seinen letzten unrühmlichen Atemzug getan hatte, ohne auch nur ein einziges weiteres Wort von sich zu geben.

Und mit seinem Dahinscheiden fuhr ein scharfer Windstoß in den Raum, der die Kerzen zum Flackern brachte, mit seinem eisigen Hauch über einen mit Pergamenten bedeckten Arbeitstisch hinwegfegte und die Hugh einst so teuren Schriften im ganzen Raum verteilte.

Bei den meisten handelte es sich um Sonette, für Mariota komponierte Liebesgedichte. Es gab aber auch gewissenhaft gesammelte Handschriften des uralten Geschlechts, von dem Hugh abzustammen behauptet hatte – auch wenn er seiner außerehelichen Herkunft wegen gezwungen gewesen war, von kaum mehr als seinen eigenen schönen Worten und mit Napfschnecken angereicherter Milchbrühe zu leben.

Eine Kost, die ihm anscheinend gut genug gewesen war, bis Mariotas Großzügigkeit dem Möchtegernbarden ermöglicht hatte, seinen gehobeneren Neigungen zu frönen und zu leben, wie es sich für jemanden gebührte, der sich sicher war, dass königliches Blut in seinen Adern floss.

Mariota, die immer noch nicht glauben konnte, dass er tot war, taumelte und stieß dabei fast gegen ihre Rivalin. Aber sie fuhr genauso schnell wieder zurück, denn irgendetwas an den feuchten roten Lippen der Frau und ihren schmalen Augen ließ ihr Schauer über den Rücken jagen.

»Du!«, schrie sie, als es ihr urplötzlich dämmerte. »Du bist ...«

»Elizabeth Paterson«, sagte die Hure, deren graue Augen so kalt und frostig wie ein Wintermorgen waren.

Mariota war wie erstarrt vor Schock, als sie ihr Gegenüber nun mit untrüglicher Sicherheit erkannte. Wenn auch nicht vom Namen her, so doch von ihrem Ruf, denn diese Frau war keine andere als die berüchtigte Tavernenwirtin von Assynt.

Die verwitwete Elizabeth Paterson, die um einige Jahre älter war als Hugh, führte das Burning Bush, ein alles andere als angesehenes Wirtshaus. Man munkelte, dass die temperamentvolle Besitzerin Wandersmännern erheblich mehr als nur warme Mahlzeiten und eine Unterkunft anbot.

Die Luft um Mariota wurde spürbar kälter. »Du bist die Schankfrau«, sagte sie, und die Worte klangen in ihren Ohren, als kämen sie aus weiter Ferne, und ihre Stimme erschien wie die einer Fremden.

»Und das überrascht Euch?« Das Weibsstück war so gänzlich hemmungslos, dass es nicht einmal versuchte, seine fragwürdigen Reize zu bedecken. »Wusstet Ihr denn nicht, dass Hugh auch dunkle, ungebührliche Begierden hatte? Bedürfnisse, die er nur bei jemandem wie mir befriedigen konnte?«

Mariota biss die Zähne zusammen, als ihre Welt zerbrach und zu einer gähnenden Leere wurde, in der es nichts anderes mehr gab als Hughs nackten, regungslosen Körper und das höhnische und triumphierende kleine Lächeln, zu dem sich die vollen, von Hughs Küssen angeschwollenen Lippen der Tavernenwirtin verzogen.

»Hinaus mit dir!«, befahl Mariota und zeigte auf die zerknüllten Kleider auf dem Boden. »Zieh dich an und geh mir aus den Augen.«

Die Hure aber ignorierte ihre Worte und schob das Kinn vor. »Ein Jammer, dass Ihr früher als erwartet zurückgekommen seid, Lady Mariota«, sagte sie mit unverhohlenem Spott in ihrer kehligen Stimme. »Denn wäre es anders gewesen, hättet Ihr Euch Eure Illusionen bewahren können.«

Mariota versteifte sich und spürte, wie etwas in ihr zerbrach.

»Ich bin umgekehrt, bevor ich auch nur in die Nähe von Dunach gekommen war«, sagte sie, und der Name ihres Zuhauses hinterließ einen bitteren Geschmack auf ihrer Zunge. »Dem Himmel sei Dank, dass ich meinen Vater nicht schon wieder um Beistand gebeten habe ...«

Die Tavernenwirtin rümpfte die Nase. »Ich hatte Hugh schon gesagt, dass er von Archibald Macnicol kein Geld mehr zu erwarten braucht. Dass Euer mächtiger Vater seiner Tochter zürnt, ist schließlich allgemein bekannt.«

Die Hure strich langsam mit einer Hand über ihren Bauch und ließ ihre Finger dann auf dem dunklen Haar zwischen ihren Beinen ruhen. »Tja, Mariota von Dunach, Hugh wusste sehr wohl, dass Ihr möglicherweise früher zurückkommen würdet, wollte aber trotzdem nicht auf unser kleines Vergnügen verzichten.«

Mariotas Augen begannen zu brennen, und bittere Galle stieg in ihrer Kehle auf. Aber das Ärgerlichste von allem war, dass sie ihren Blick nicht von dem nackten Leib der Frau abwenden konnte.

Von Elizabeth Patersons unübersehbar anschwellendem Leib.

Zutiefst erschüttert, verbarg Mariota ihre zitternden Hände in den Falten ihres Gewands. »Ihr scheint Euch dieses Vergnügen ja oft genug gegönnt zu haben.«

Die Hure zuckte mit den Schultern. »Das mag schon sein, aber es ist nicht Hughs Kind, das ich erwarte. Nicht, dass ihn das etwa interessiert hätte. Tatsächlich fand er es sogar ausgesprochen reizvoll, von meinen Erlebnissen in der Taverne zu hören.«

Mariota starrte sie nur sprachlos an.

Die Mundwinkel der anderen Frau zuckten. »Und das ist noch längst nicht alles«, fuhr sie fort und streckte eine Hand aus, um mit den Fingern über Mariotas Bauch zu streichen. »Er ergötzte sich sogar an meinem anschwellenden Leib und verglich meine Weiblichkeit mit einer reifen Pflaume. Und das, obwohl er nicht einmal der Vater meines Kindes war.«

Mariota, die sowohl vor der Berührung der Frau als auch vor ihren Worten zurückschrak, brauchte einen Moment, um das vielfarbige Glitzern zwischen den Fingern der Frau zu bemerken, und einen weiteren, um die wahre Absicht hinter der Berührung der Tavernenwirtin zu erkennen.

»Mein Dolch!« Mariotas Herz begann wie wild in ihrer Brust zu hämmern, als sie ihren juwelenbesetzten Dolch in der Hand ihrer Rivalin sah.

Erschrocken griff sie zwischen die Falten ihrer Röcke, und ein eisiges Frösteln durchlief sie, als ihre kalten Finger die leere Scheide ihres Dolchs berührten.

»Du hast meinen Dolch gestohlen!«

»Ach ja?«, entgegnete die Schankwirtin in gespielter Überraschung. »Aber so ist das nicht, Mylady. Ich stehle ihn nicht, ich borge ihn mir nur aus.«

»Du borgst ihn dir?«

Die Frau nickte und verzog den Mund zu einem zufriedenen Lächeln, als sie zu dem Bett zurückging und mit der Klinge von Mariotas Dolch Hughs durcheinandergeratene Pergamente auf den Boden fegte.

Ein Blatt, das am Rand der Matratze liegen geblieben war, spießte sie mit dem Messer auf und schwenkte es vor Mariota. »Vielleicht solltet Ihr wissen, Mylady, dass er Euch in Eurer Gegenwart seine Schöne nannte, Euch hinter Eurem Rücken aber eine Närrin schimpfte«, stellte sie verächtlich fest. »Ich war für ihn weder das eine noch das andere. Unsere Vereinbarung beruhte auf gegenseitiger körperlicher Erfüllung, und ich gedachte ihn ebenso bedenkenlos zu benutzen, wie er mich benutzte.«

Mit funkelnden Augen riss sie das Pergament vom Dolch und warf es auf Hughs Leichnam, und ihr Mund verzog sich zu einem freudlosen Lächeln, als das Schriftstück auf seiner erschlafften Manneskraft zu liegen kam.

Aber dann glitt ihr Blick zu den halb geöffneten Fensterläden auf der anderen Seite des Raums, und irgendetwas an dem harten Glanz in ihren Augen ließ Mariotas Blut gefrieren.

»Wusstet Ihr, dass Euer teurer Hugh Fußstützen in der Außenmauer dieses Turms hat anbringen lassen?« Die Hure sprach mit sanfter Stimme, während ihre Finger spielerisch über die Edelsteine am Griff des Dolches glitten. »Sie wurden aus dem Stein herausgeschlagen, damit ich ganz diskret in diesem Zimmer ein- und ausgehen konnte.«

»Ach ja?« Mariota zog eine Augenbraue hoch. »Ihr scheint mir aber nicht einmal ein Fünkchen Diskretion im Leib zu haben.«

Der seltsame Blick in Elizabeth Patersons Augen wurde noch ausgeprägter, ihr Gesichtsausdruck noch härter. »Aber Diskretion ist ja jetzt auch nicht mehr nötig, oder?«

Mariota hielt dem eisigen Blick ihrer Rivalin stand und hoffte, dass ihr eigenes Mienenspiel genauso kalt erschien. Mit einem tiefen Atemzug versuchte sie, die Furcht, die sie beschlich, zu ignorieren und das wilde Pochen ihres Herzens zu beruhigen.

»Tja, Mylady, das Einzige, was noch bleibt, ist, meinen Rachedurst zu stillen«, fuhr die Frau mit einem verächtlichen Blick auf Mariota fort. »Aye, mein ist die Rache, und ich werde sie an Euch verüben!«, fauchte sie und holte aus, um Mariota ins Gesicht zu schlagen.

Mariota schnappte entsetzt nach Luft, während der harte Schlag sie ins Taumeln brachte. Sie warf noch einen Arm hoch, um weitere Schläge abzuwehren, aber dann gaben ihre Knie nach, und sie brach zusammen.

»Jetzt seid Ihr nicht mehr ganz so stolz, nicht wahr?« Das Gesicht der Hure verfinsterte sich vor Boshaftigkeit.

Mariota blinzelte und versuchte, sich nicht an dem Blut, das sie in ihrem Mund schmeckte, zu verschlucken, während Elizabeth Patersons Drohung und ihr eigener Schmerz sie in eisige Dunkelheit zu stürzen drohten.

»Ha, jetzt wisst Ihr nicht mehr weiter, was?« Die Schankfrau beugte sich mit hasserfüllter Miene zu ihr vor. »Aber Ihr solltet jetzt besser nicht den Kopf verlieren, denn wenn ich aus diesem Fenster dort steige, wird Euer Leben weniger wert sein als diese Binsenstreu hier auf dem Boden«, behauptete sie und hob verächtlich eine Hand voll Streu auf und ließ sie auf Mariotas Kopf hinunterrieseln. »Das ist eine nur angemessene Vergeltung, Mariota von Dunach, denn mit Eurer verfrühten Rückkehr habt Ihr mir mein Leben ruiniert!«

Mariota starrte sie an. Die Unverfrorenheit der Frau gab ihr die Sprache, wenn auch vielleicht noch nicht ihre Kraft zurück. »Du warst es, die ...«

»Ich war es, die Hugh zu einem meisterhaften Barden hätte machen können«, brüstete sich die andere und schwenkte, wie um ihre Worte zu unterstreichen, Mariotas Dolch.

»Ihr stammt von einer langen Linie kämpferischer Vorfahren, von Kriegsherren, die vom Schwertkampf leben, ab«, fuhr Elizabeth Paterson mit wutblitzenden Augen fort. »In mir aber fließt das Blut von Poeten, und ich bin so einflussreich in Dichterkreisen, dass ich Hugh hätte berühmt machen können. Natürlich erst, wenn er genügend Geld für uns angesammelt hätte, damit wir dieses öde Land voller Moorgebiete und düsterer Berge für immer hätten verlassen können.«

»Gott Allmächtiger – du hast ja den Verstand verloren!«, flüsterte Mariota, deren Wange noch immer höllisch brannte. »Hugh hätte nie ...«

»Hugh tat, was er wollte, und er hatte nie die Absicht, dich zu seiner Frau zu machen«, zischte Elizabeth und brachte die Klinge nun gefährlich nahe an Mariotas Gesicht. »Doch falls es dich beruhigt, ich hätte keine Verwendung mehr für ihn gehabt, wenn er sein Versprechen wahr gemacht hätte, mir eine neue Taverne einzurichten – ein feines Haus für weitaus bessere Besucher als die des Burning Bush.«

Mariota richtete sich mühsam auf die Knie auf und verwünschte im Stillen den Schwindel, der sie am Aufstehen hinderte. Dennoch richtete sie einen geringschätzigen Blick auf die Wirtshausdirne. »Und nun stehst du, genau wie ich, mit leeren Händen da.«

»Nicht ganz«, widersprach Elizabeth Paterson und fuhr so blitzartig wieder zum Bett herum, dass ein zischendes Geräusch und kurzes Aufblitzen von Stahl ihr Vorhaben verrieten.

»Nein!« Mariota riss entsetzt die Augen auf, als die scharfe Klinge in Hugh Alesones Brust eindrang. »Herr, erbarme dich!«

»Verwechselt Erbarmen nicht mit Rache«, entgegnete die Hure kalt, nachdem sie ihre grausige Tat begangen hatte, und hob in aller Ruhe ihr Kleid von dem mit Pergamenten übersäten Boden auf und ging zum Fenster.

Dann stieg sie, ungeachtet ihrer Nacktheit und mit nichts als ihrem im Wind flatternden langen Haar bedeckt, auf die breite Fensterbank und warf ihr Kleid in die dunkle Nacht hinaus.

»Ich warne Euch, Mylady. Hughs Männer werden den Lärm gehört haben«, stellte sie zufrieden fest. »Wenn sie kommen, wird Euer Dolch im Herz des Bastards stecken, und sie werden glauben, Ihr hättet ihn ermordet. Das ist meine Rache.«

Und dann war sie auch schon verschwunden, und ihre letzten Worte hallten im leeren Zimmer nach und verliehen Mariota nun endlich doch die Kraft aufzustehen.

Sie wankte zum Bett, um sich ihren Dolch zurückzuholen, sosehr es ihr auch davor graute. Doch kaum hatte sie ihre Finger um den juwelenbesetzten Griff der Klinge geschlossen, ließ das jähe Poltern schneller Schritte sie innehalten. Und dann hörte sie schroffe, in Zorn und Fassungslosigkeit erhobene Männerstimmen.

Die Stimmen von Hughs Männern.

Ein halbes Dutzend Bewaffnete stürmte herein. Ihre bärtigen Gesichter waren vor Wut verzerrt, und jeder Zentimeter ihrer muskulösen, in Plaids gehüllten Körper bebte vor Angriffslust.

Ein kalter Schauer durchlief Mariota, als sie sich ihnen zuwandte. »Gott ist mein Zeuge, dass ich ihn nicht getötet habe. Es war ...«

»Verdammte Hure! Seht selbst, wessen Klinge sein Herz durchstoßen hat!« Der Mann, der dem Bett am nächsten stand, zeigte auf den aus Hughs Brust herausragenden Dolch. Die Juwelen an seinem Griff funkelten und glitzerten, und jeder dieser bunten Steine schien ein nur allzu deutlicher Beweis für Mariotas Schuld zu sein.

»Und da! Seht Euch den Abdruck auf ihrer Wange an!«, schrie ein anderer Mann und packte sie am Arm. »Sie haben sich gestritten, und dann hat sie ihn ermordet, während er schlief!«

Ein dritter Mann spuckte vor Mariota aus.

»Hört mich an, Ihr irrt ...«, versuchte sie zu widersprechen, aber ihre Zunge war zu schwer und der Schmerz in ihrem Kopf und Arm zu lähmend, um sich zu verteidigen.

Mit letzter Kraft riss sie sich los und warf einen Blick zum Fenster. Doch bis auf einen dünnen Nieselregen rührte sich dort absolut nichts.

Elizabeth Paterson hätte ebenso gut ein Mondstrahl gewesen sein können – ein bloßes Trugbild von Mariotas Fantasie.

Aber die Klinge in Hugh Alesones Herz war sehr real.

Und es war die ihre – wie jedem hier auf Drumodyn bekannt war.

Sie wusste, dass sie unschuldig war. Und dass Hugh der Bastard in mehr als einer Hinsicht nur ein Bastard war.

Im Stillen verfluchte und verwünschte sie ihn und seine Niedertracht.

Nachdem sie sich auf diese Weise ein wenig abreagiert hatte, reichte sie dem Mann, der sie kurz zuvor gepackt hatte, ihren Arm und forderte ihn mit einem hochmütigen Blick heraus, sie aus dem Zimmer zu geleiten.

Mariota von Dunach, die stolze, wenn auch fehlgeleitete Tochter des allseits berühmten Archibald Macnicol, wollte eher zweimal verdammt sein, bevor sie vor irgendeinem Mann kuschte.

Und dreimal sogar, und das mit Freuden, falls sie je wieder der Liebe zum Opfer fallen sollte.

»Eher werden Schweine fliegen, bevor ich heirate!«

Nachdem er dies in aller Entschiedenheit erklärt hatte, blickte sich Kenneth MacKenzie an dem in Eilean Creags großem Burgsaal auf einem Podium stehenden Tisch um und hoffte auf Verständnis. Auf ein zustimmendes Nicken vielleicht oder zumindest ein kameradschaftliches Brummen, um die Klugheit seiner Einstellung zu würdigen.

Er erhielt aber weder das eine noch das andere.

Schlimmer noch, er war sich nahezu sicher, dass er sogar ein oder zwei mitleidige Blicke aufgefangen hatte.

Da dies das Letzte war, was er jetzt gebrauchen konnte, blickte er einen Moment lang zu der hohen, gewölbten Decke auf, um das ärgerliche Schnauben zu unterdrücken, das in seiner Kehle aufstieg. Die Männer des Clans MacKenzie lagen ihm wirklich am Herzen, aber wenn es um Frauen ging, schienen sie regelmäßig den Verstand zu verlieren.

Er kannte die Gefahren.

Nicht, dass er die verführerische Süße sanfter, wohlgerundeter und fügsamer Frauen oder ihre Schönheit und andere gleichermaßen betörende Eigenschaften etwa nicht zu schätzen wüsste.

Er genoss dergleichen sogar sehr.

Aber nur mit einem guten Maß an Vorsicht und unter der Voraussetzung, dass Bedürfnisse und Wünsche zur beiderseitigen Zufriedenheit erfüllt werden konnten, ohne Herzen oder Gefühle zu tangieren.

Eine Ehefrau dagegen war eine völlig andere Sache.

Und zwar eine, die für ihn absolut nicht in Frage kam.

»Wenn Schweine fliegen können?« Elspeth, der weibliche Seneschall auf Eilean Creag, schüttelte missbilligend ihren grauen Kopf, während sie eine Platte Haferplätzchen vor Kenneth auf den Tisch stellte. »So spricht man nicht, mein Junge.«

Die einzige Frau, die sich so früh am Morgen in der Halle aufhielt, war auch noch die unverblümteste von allen. Sie wischte sich die Hände an ihren Röcken ab und sah ihn mit funkelnden Augen an, die nur allzu deutlich widerspiegelten, wie wenig sie von seiner unbedachten Rede hielt.

Und wie sicher sie sich war, dass er seine Worte zurücknehmen würde.

Aber Kenneth erwiderte gar nichts.

Und bereute das Gesagte auch nicht.

Ja, wenn die von allen respektierte alte Frau nicht anwesend gewesen wäre, hätte er sogar noch sehr viel offener gesprochen. Und allen glotzäugigen, liebestollen Narren, die diese von Seen umringte Festung ihr Zuhause nannten, deutlich zu verstehen gegeben, was er von ihrem Geschwafel hielt. Aber so, wie die Dinge lagen, kniff er nur die Lippen zusammen und nahm sich eins der Haferplätzchen.

Aber nicht einmal der abweisendste Blick, den er zustande bringen konnte, oder sich den Mund mit Eilean Creags feinstem Gebäck vollzustopfen, hätte ihm die prüfende Musterung der alten Seneschallin ersparen können.

Oder ihre Meinung zu dem Thema.

»Es sollen schon merkwürdigere Dinge als fliegende Schweine in diesen Bergen vorgekommen sein«, sagte sie dann auch prompt und beugte sich vor, um seinen Bierkrug aufzufüllen. »Ein kluger Mann ist vorsichtig mit seinen Behauptungen.«

»Und eine kluge Frau weiß, wann sie ihre Zunge im Zaum halten sollte«, stellte Duncan MacKenzie, der Schwarze Hirsch von Kintail, von seinem reich verzierten Armsessel am Kopf der Tafel fest. »Und sie weiß auch, wann Männer allein gelassen werden wollen.«

Letzteres sagte Kenneth’ Onkel und schaute Elspeth nicht unfreundlich, aber sehr entschieden an. Die alte Frau, die den Wink sofort verstanden hatte, nickte und machte Anstalten, sich zurückzuziehen – aber natürlich erst, nachdem sie den Clanchef der MacKenzies mit einem mindestens ebenso eindeutigen Blick bedacht hatte.

»Merkwürdigere Dinge sind hier schon geschehen, oh ja«, murmelte sie, als sie davoneilte.

»Hört nicht auf sie«, sagte der Clanangehörige links von Kenneth. »Sie will uns doch nur glauben machen, dass sich auch heute noch die wildesten Wesen aus den Legenden an unseren Küsten herumtreiben.«

»Und tun sie das denn etwa nicht?« Ein anderer Mann hieb mit der Faust auf den Tisch. »Ich habe einmal keine zehn Schritte von mir entfernt einen Uraisg am Seeufer entlangschleichen sehen. Er war halb Mensch, halb Ziege, mit einer im Wind flatternden Haarmähne, langen Zähnen und im Mondlicht hell schimmernden Klauen.«

Kenneth runzelte die Stirn. »Es ist mir egal, was in Kintails Wäldern herumschleicht«, sagte er und schloss seine Finger noch ein wenig fester um seinen Bierkrug. »Solange sie mich in Frieden lassen.«

In diesem mehr als wohlverdienten Frieden, fügte er im Stillen hinzu, weil er nicht mit seinen Verwandten streiten wollte, nachdem sie ihn erst wenige Monate zuvor in ihrer Mitte aufgenommen und ihn zum neuen Hüter von Cuidrach ernannt hatten.

Noch immer ganz bewegt von dieser Ehre, streckte er die Hand aus, um über das blaugrüne Plaid zu streichen, das er so lässig über seiner Schulter trug.

Das MacKenzie-Plaid ... aus dem gleichen blau und grün karierten Stoff gefertigt, den fast jeder der anwesenden Männer in Eilean Creags weitläufigem Burgsaal trug. Aber für Kenneth war es auch eine immer unvergesslich bleibende Erinnerung an den erbärmlichen Schuft, der ihn gezeugt hatte.

An den verdammten Lump und berüchtigten Schürzenjäger, der seiner Mutter, Gott sei ihrer armen Seele gnädig, erlaubt hatte, ihrem Sohn seinen Namen zu geben, obgleich er sich nie auch nur bemüht hatte, ihr die Schande zu ersparen, indem er sie zu seiner Frau machte.

Die Erinnerung daran ließ Kenneth die Zähne zusammenbeißen.

Und bestärkte ihn in seiner Entschlossenheit, sich keine Ehefrau aufdrängen zu lassen, egal, wie gut es seine Angehörigen auch mit ihm meinen mochten.

Denn ungeachtet ihres guten Willens hatten sie seine unruhigen Zeiten auf See nicht selbst miterlebt. Harte Jahre, in denen er den Träumen wohlhabenderer Männer nachgejagt war und für ihre Gier sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte. Er allein hatte auf den kalten Decks von sturmumtosten Galeeren geschlafen, mit nichts anderem als der Wolle seines Plaids und der Körperwärme der dicht an dicht liegenden anderen Seemänner, um sich warm zu halten.

Und mit den Erinnerungen an sein Zuhause.

Und seiner Sehnsucht heimzukehren.

Kenneth hob seinen Bierkrug und trank einen Schluck von dem kühlen, schäumenden Gebräu. »Glaubt mir«, begann er und sah die Männer, die ihn noch immer neugierig begafften, einen nach dem anderen an, »ich sehne mich sogar nach Cuidrachs Einsamkeit und werde die Stille hier sehr genießen.«

»Das sagst du jetzt«, gab Duncan MacKenzie zurück. »Aber es ist ebendiese Stille, die uns Sorgen macht. Sie und die langen, dunklen Winternächte, die uns bevorstehen.«

Der Clanchef der MacKenzies beugte sich vor und brachte Kenneth nun genau in die Situation, die er so unbedingt hatte vermeiden wollen.

»Denn weißt du«, beharrte Duncan und sah Kenneth mit durchdringendem Blick an, »es ist nicht die traurige Geschichte von dem Bastardstein oder das Geschwätz einer alten Frau über legendäre Tiergestalten, das uns auf der Seele liegt. Es ist die Leere von Cuidrach selbst, die wir gerne für dich füllen würden.«

Kenneth sagte nichts.

Eine Erwiderung war auch gar nicht nötig. Alle Anwesenden wussten, was ihr Clanoberhaupt eigentlich meinte.

Er wollte, dass Kenneth heiratete.

Und die anderen auch, dem zustimmenden Nicken überall im großen Burgsaal nach zu urteilen.

»Es ist sehr einsam in Cuidrach«, brach eine andere Stimme die eingetretene Stille. »Die Festung wäre ein weitaus freundlicherer Ort, wenn die angenehme Gesellschaft von Frauen, ihre Lebensfreude und ihre Wärme sie beleben würden.«

Kenneth sah den Sprecher, Sir Lachlan Macrae, mit erhobener Augenbraue an. Er war der von ihm selbst gewählte Garnisonsbefehlshaber. Ein Witwer, der ganze zwanzig Jahre älter als er war. Kenneth hatte ihn für eine gute Wahl gehalten, um Cuidrachs Wache zu befehligen, weil er geglaubt hatte, dass auch Sir Lachlan die Abgeschiedenheit der Festung sehr begrüßen würde.

Und vor allem auch, dass es hier keine Frauen gab.

Aber Sir Lachlan starrte ihn genauso wie die anderen an, als ob ihm plötzlich Teufelshörner gewachsen wären.

»Es ist Frieden, wonach ich mich sehne«, beharrte Kenneth und erhob sich. »Wunderbare, von weiblichem Gekicher und Geplapper ungestörte Einsamkeit.«

Als er sich dann aber vom Tisch entfernte, schien ihm ein leises Echo zu folgen. Schwach, fern und verlockend, drang es an sein Ohr und ließ bruchstückhafte Bilder längst erloschener Hoffnungen vor seinem inneren Auge entstehen, die nichts als lästige Überreste niemals preisgegebener Träume waren.

Unsinn, von dem er sich ganz gewiss nicht plagen lassen würde.

Albereien, mit denen er sich nicht befassen wollte.

Und eins wusste er jetzt mit Sicherheit – er würde früher nach Cuidrach abreisen als geplant. Ihm war zwar in den letzten Tagen kein einziges fliegendes Schwein begegnet, aber er wollte sein Glück nicht überstrapazieren.

Er war schließlich ein vorsichtiger Mann.

2. Kapitel

Tief unter der Burg, in Drumodyns Verliesen, warf Mariota sich unruhig auf ihrem Lager aus verklumptem Stroh herum, weil nicht einmal ihre rasenden Kopfschmerzen sie daran hinderten, sich zu fragen, wie sie so dumm hatte sein können zu glauben, Hughs Männer würden auf sie hören. Es war eine Illusion gewesen, eine leere Hoffnung, die nun ihre Empörung schürte und sie aus der barmherzigen Ohnmacht zurückholte, in der sie weiß Gott wie lange auf dem kalten Boden gelegen hatte.

Mit dem Erwachen überfiel sie eine Verzweiflung, die nur mit jener vergleichbar war, die sie an dem Tag empfunden hatte, als ihr Vater sie verstoßen und von Dunach Castle, ihrem Zuhause, verbannt hatte, weil sie sich mit Hugh dem Bastard eingelassen hatte.

Mit einem Mann, den Archibald Macnicol als anmaßenden Emporkömmling betrachtet hatte, als impertinenten Schweinehund, der seiner Tochter derart unwürdig war, dass er nicht einmal den Boden unter ihren Füßen hätte fegen dürfen.

Schmerz, der tiefer ging als das Pochen in ihren Schläfen, durchzuckte Mariota, als sie den Kopf zur Seite drehte und die Augen aufschlug.

Nicht, dass in der Düsternis, die sie begrüßte, etwa viel zu sehen gewesen wäre.

Die kleine steinerne Zelle mit ihren feuchten Wänden und erdrückenden Schatten war bis auf das Glühen eines kleinen Kohlenbeckens völlig dunkel. Es war das einzig Tröstliche, das Mariota wahrnehmen konnte, bevor sie wieder schwarzer Nebel umhüllte.

Nebel und erstaunlicherweise auch die leisen Töne der herrlichsten Musik, die sie je vernommen hatte. Wenn sie ihrer undeutlichen Wahrnehmung vertrauen durfte, spielte da jemand auf einer Laute oder Harfe. Und das Spiel wurde von einem solch lieblichen Gesang begleitet ...

So himmlisch schön wie der Gesang von Engeln.

Ein kalter Schauder lief Mariota jäh über den Rücken. Himmlische Besucher oder nicht, mit Engeln wollte sie absolut nichts zu tun haben. Sie mochte zwar geschwächt und hungrig und durchfroren sein, aber sie war noch nicht bereit, diese Welt schon zu verlassen.

Und der Engel, so betörend sein Gesang auch war, konnte dorthin zurückkehren, wo er hergekommen war. Oder sich jemanden suchen, der empfänglicher für himmlische Besuche war.

Nachdem sie dies beschlossen hatte, richtete sich Mariota auf, stützte sich auf einen Ellbogen und legte den Kopf zur Seite, um der kaum noch hörbaren Melodie zu lauschen.

Oder dem, was sie für Musik gehalten hatte.

Denn jetzt, obwohl sie ihre Ohren anstrengte, hörte sie nur noch das Rauschen ihres eigenen Bluts.

Bis auf das Schnarchen ihres Wärters und das leise Plätschern von Regen hinter dem als Fenster dienenden hohen Schlitz in der Mauer waren keine anderen Geräusche mehr zu hören.

Keine für die Nacht typischen Geräusche, die zwar nicht so bezaubernd schön wie Engelsmusik, aber ihrer Alltäglichkeit wegen noch unendlich beruhigender wären. Bei diesem Gedanken stiegen ihr heiße Tränen in die Augen, und die Trostlosigkeit ihrer Umgebung traf sie wie ein Fußtritt in die Rippen.

Und mindestens genauso schrecklich war, dass die verflixte kleine Zelle sich wieder um sie zu drehen begann, eine Welle der Erschöpfung sie übermannte und sie bedrängte, sich wieder der Dunkelheit zu überlassen.

Der Dunkelheit und ... Was waren das für Geräusche?

Sofort wieder hellwach, hörte sie ein Handgemenge, einen dumpfen Aufprall und ein hastiges Herumhantieren an dem eisernen Riegel ihrer Tür. Dann ging die Tür laut knarrend auf, und in dem von einer Pechfackel erhellten Eingang tauchte eine Gestalt auf. Die schlicht gekleidete und ziemlich wohlbeleibte Frau hatte ganz und gar nichts Engelhaftes an sich.

Aber sie kam Mariota irgendwie bekannt vor ...

»Nessa!« Mariotas Brauen fuhren in die Höhe, als ihre Nase ihre Freundin trotz deren ungewohnter Korpulenz erkannte.

Denn nicht nur ihre Großherzigkeit und ihr Charme waren für Nessa Mackay kennzeichnend, sondern auch ihr Geruch.

Kein unappetitlicher, aber ... ein markanter.

Nach Torfrauch und gesalzenem Hering, guter, fruchtbarer Erde und der See.

Seit sie vor einigen Jahren Witwe geworden war, führte Nessa das Geschäft ihres verstorbenen Mannes weiter, trocknete den Fisch und Aal, den freundliche Menschen ihr brachten, und bestellte ihre kleine Landwirtschaft, so gut sie konnte.

Die ihr gute Dienste leistete, wie Nessa stets zu sagen pflegte, da ihre Bedürfnisse recht bescheiden waren.

»Nessa ...«, wiederholte Mariota, sprachlos vor Verblüffung. »Bist du das wirklich?«

»Höchstpersönlich, wie Ihr sehen könnt!« Nessa stemmte die Hände in die Hüften und sah sich in der Zelle um. »Das ist ja noch schlimmer, als ich dachte. Die Pest soll die Kerle holen, die Euch hierhergebracht haben!«

»Aber wie bist du hierhergekommen?« Mariota schüttelte den Kopf, im verzweifelten Versuch, Klarheit zu gewinnen. »Hugh ist tot. Seine Männer denken, ich ...«

»Ach, ich weiß, was die Kerle sagen. Warum wäre ich wohl sonst in diesem Aufzug hier?« Nessa klopfte auf ihre etwas schiefen Hüften. »Jemand muss Euch doch hier herausholen!«

Sie trat näher und öffnete ihren Umhang eine Handbreit, um Mariota einen Blick auf die Proviantsäcke zu erlauben, die sie um ihre Taille gebunden hatte. »Neuigkeiten sprechen sich in diesen Bergen schnell herum. Wie Ihr seht, bin ich gut vorbereitet hergekommen. Ich habe sogar zwei Pferde mitgebracht. Sie warten in dem Birkenwäldchen hinter den Stallungen.«

Mariotas Herz begann wie wild zu pochen. »Gott segne dich, Nessa, aber da ist noch mehr, was du nicht weißt ...«

»Oh, bestimmt, Mylady. Und mehr sogar noch, als Ihr selber wisst.« Nessa schwenkte ihren Zeigefinger. »Aye, da ist einiges im Busch. Wir müssen noch heute Abend von hier verschwinden.«

Aber Mariota rührte sich nicht von der Stelle und runzelte die Stirn. »Ich kann nicht eher von hier fort, bis meine Unschuld bewiesen ist«, sagte sie mit angespannter, aber entschiedener Stimme. »Mein guter Ruf mag ja beschmutzt sein, aber ich will nicht auch noch als Mörderin bezeichnet werden ...«

»Ihr nicht, aber ich werde von nun an vielleicht tatsächlich mit einem solchen Makel leben müssen«, unterbrach Nessa sie mit einem Blick auf den Wärter vor der Tür.

Der Mann, dessen Schnarchen verstummt war, lag regungslos auf dem Boden direkt vor der Tür.

Nessas Miene wurde hart. »Den da kümmerte das üppige Fleisch, das er an meinen Hüften vermutete, mehr als der Respekt, den man gewöhnlich einem Gast der Burg erweist«, sagte sie und zog ihren Umhang wieder vor der Brust zusammen. »Er griff nach mir, als ich in meiner Verkleidung als reisende Bardin darum bat, Euch sprechen zu dürfen. Ich stieß ihn fort, aber betrunken, wie er war, stolperte er und stieß mit dem Kopf gegen den Eisenriegel an der Tür. Ich habe das wirklich nicht gewollt, aber ich fürchte, er ist tot ...«

»Um Himmels willen!« Mariotas Augen wurden schmal, als sie den Mann genauer ansah und den großen roten Blutfleck unter seinem Kopf bemerkte.

Eine Welle jäher Hitze überflutete sie und ließ auch ihre Wangen glühen. »Aye, wir müssen verschwinden«, stimmte sie Nessa zu, während sie sich abrupt erhob.

Mariota betrachtete den toten Mann und hoffte, dass ihre nächsten Worte nicht missverstanden wurden. »Wahrscheinlich bin ich nur in dieser Zelle, so abscheulich sie auch ist, weil ich eine Dame von Stand bin. Hughs Männer werden mich freilassen, sobald sie wieder zur Besinnung kommen.« Sie hielt inne und befeuchtete ihre Lippen. »Mit dir würde man strenger verfahren, sie würden dich wahrscheinlich gleich an Ort und Stelle mit dem Schwert enthaupten. Das kann ich nicht zulassen ...«

»Pah!« Nessa winkte ab. »Ihr, Mylady, werdet weder etwas zu meinem Schicksal noch zu Eurem zu sagen haben, wenn wir uns jetzt nicht beeilen.« Und damit packte sie Mariota am Arm und zog sie aus der Zelle. »Es ist gerade Euer vornehmes Geblüt, das Euch hier zum Verhängnis wird! Bei Tagesanbruch wollen sie Euch zum River Inver bringen, auf der anderen Seite des Sees ...«

»Was sagst du da?« Eine Erinnerung regte sich in Mariota, die sie aber noch nicht richtig einzuordnen vermochte. »Warum sollten sie mich dorthin bringen?«

Nessa warf ihr einen Blick zu. »Habt Ihr vergessen, dass der Each Uisge, das meist gefürchtete Wasserpferd von ganz Assynt, sich den Gerüchten nach in der Nähe der Flussmündung aufhält?«

Mariota erschauderte. »Jeder hier kennt die Geschichten.«

Und selbst wenn sie sie nicht gekannt hätte, so gingen doch in letzter Zeit die unglaublichsten Erzählungen über ein im Fluss lebendes Ungeheuer um, ein Wesen, das in der Lage war, die Gestalt eines gut aussehenden Mannes anzunehmen und hübsche Mädchen in ein nasses Grab zu locken.

Allerdings hatte der Each Uisge vom River Inver sich seit zehn Jahren keine Frau mehr geholt. Den Klatschmäulern zufolge hatte er einen Pakt mit den braven Bürgern von Assynt geschlossen, demnach ihm alle zehn Jahre ein lebendes Opfer dargebracht werden musste, wenn er dafür in der Zwischenzeit unter der Oberfläche des Flusses blieb.

Und die Zeit für ein neues Opfer stand kurz bevor, erinnerte Mariota sich beklommen und riss entsetzt die Augen auf. »Du meinst doch nicht etwa, dass sie mich dem Wasserpferd zum Opfer bringen wollen?«

»Oh doch, genauso ist es.« Nessa berührte Mariotas dicken Zopf. »Es heißt, die Bestie hätte hübsche junge Mädchen mit dichtem kupferrotem Haar am liebsten.«

Mariota wurde ganz übel, als sie ihren Zopf anstarrte.

Selbst in dem nur schwach erhellten Gang schimmerte ihr Haar wie polierte Bronze.

Einige würden es vielleicht sogar als kupferrot bezeichnen.

»Ich glaube nicht an die Existenz des Each Uisge«, erklärte sie und senkte ihre Stimme, da sie sich der Treppe zum großen Burgsaal näherten. »Solcher Unsinn ist zu nichts anderem gut, als Leichtgläubige in kalten Nächten am Kaminfeuer zu unterhalten.«

»Es spielt keine Rolle, was Ihr glaubt ... sie glauben es.« Nessa warf einen Blick die dunkle Treppe hinauf, als sie daran vorübereilten. »Und – möge der Teufel dafür ihre Zehen rösten – sie sind überzeugt davon, dass das Wasserpferd Euch für einen ganz besonderen Leckerbissen halten wird, weil Ihr eine Dame seid!«

»Sie sind verrückt geworden.« Mariota unterdrückte einen Fluch, als sie mit dem Fuß gegen einen Stapel Kohlenkörbe und leere Kohlenbecken stieß. »Komplett verrückt.«

Nessa schnaubte. »Auch das wird absolut keine Rolle spielen, wenn Ihr gefesselt und geknebelt wie ein Stein im Fluss versinkt.«

Mariota beschleunigte ihre Schritte, und ihr Puls begann zu rasen, als eine nur selten benutzte Tür zum Burghof vor ihnen auftauchte. »Sie würden es nicht wagen, eine solche Schandtat zu begehen.«

»Solange Ihr die Geliebte ihres Anführers wart, hätten sie es wahrscheinlich wirklich nicht gewagt«, meinte Nessa, die schon am Türriegel herumhantierte. »Aber jetzt – und nachdem auch noch die Schankwirtin gestorben ist ...«

Mariota zog scharf den Atem ein. »Du meinst die Schankwirtin von Assynt?«

Nessa nickte und riss die Tür auf. »Genau die«, bestätigte sie. »Sie wurde vor ein paar Nächten tot neben dem River Inver aufgefunden. Es heißt, der Each Uisge habe sie geschändet. Aber was auch immer zu ihrem Tod geführt haben mag, fest steht, dass die Leute jetzt ein neues Opfer für die Bestie fordern.«

»Heilige Maria Mutter Gottes«, flüsterte Mariota, der sich der Magen umdrehte.

Äußerlich gelassen, aber innerlich voller Furcht, folgte sie ihrer Freundin in den Burghof und wappnete sich gegen das stürmische Wetter und den langen Weg, der vor ihr lag.

Ein neues Leben, an das sie nicht einmal einen Gedanken verschwenden wollte, bis sie Drumodyn und seine ganze Finsternis weit hinter sich zurückgelassen hatte.

Vierzehn Tage später zügelte Sir Kenneth MacKenzie, der neu ernannte Hüter von Cuidrach, sein Pferd auf einem hohen, mit Stechginster bestandenen Gebirgskamm und betrachtete die weite Fläche aus Bergen und Meer, die sich vor ihm erstreckte. Die Abendluft war kühl und feucht, aber weder die Kälte noch die zunehmende Dämmerung konnten seine freudige Erregung dämpfen.

Er schluckte und fuhr sich mit der Hand über die Stirn, in der Hoffnung, damit vor den auf ihn zureitenden Männern zu verbergen, wie bewegt er war.

Nicht, dass seine handverlesene Gruppe von Gefährten ihn nicht verstanden hätte, denn dies war Kintail in einem seiner schönsten Augenblicke. Und diese einsame Ecke von Kintail war sein Erbe – eine Landschaft, die er während all der Jahre auf See in seinem Herzen stets mit sich herumgetragen hatte.

Ein Erbe, das er nicht einmal im Traum für sich beansprucht hatte.

Sich an die damals so oft verspürte Sehnsucht nach seiner Heimat noch genau erinnernd, atmete er die feuchte, nach guter, fruchtbarer Erde riechende Luft tief ein und spürte, wie sein Herz prompt schneller schlug.

In der Ferne brachten Windböen die dunklen Wasseroberflächen des Loch Hourn in Bewegung, auf den hohen, steilen Klippen erhob sich der mächtige Bogen des Bastardsteins und fast unmittelbar in seinem Schatten die Ruine von Cuidrach Castle.

»Da liegt sie!« Einer seiner Männer zeigte auf die verlassene Festung. »Aber ich wette, dass Cuidrach nicht so leer ist, wie man uns glauben machen wollte.«

Sofort wandten alle ihre Aufmerksamkeit dem Sprecher zu. Es war Jamie, der Kleine, der in Wirklichkeit ein großer, strammer, junger Bursche war, stets gut gelaunt und immer fröhlich. Nicht nur seine widerspenstige, rotbraune Haarmähne, sondern auch die erstaunliche Größe seines männlichsten Organs gaben einigen der Männer oft genug Anlass, ihn zu hänseln.

Er war einer der Jüngsten aus Kenneth’ Gefolge und besaß ein exzellentes Sehvermögen.

Auf jeden Fall ein besseres als Kenneth, denn der sah nichts als die Weite der Landschaft, ein paar deutlich erkennbare Lücken in Cuidrachs Burgmauern und die zunehmende Abenddämmerung.

Aber Jamie sah sich mit leuchtenden Augen um. »Dort ist eine schwache Rauchfahne«, beharrte er und zeigte wieder auf die Burg. »Jemand hat im Turmzimmer ein Feuer angezündet!«

»Rede keinen Unsinn, Junge, das sind nur Wolken und Nebel, was du siehst«, wies ihn ein älterer Mann zurecht. »Mehr ist da nicht.«

Jamie schüttelte den Kopf. »Ich weiß natürlich nicht, ob es Wandersleute, Heimatlose, Pilger oder sonst was für Leute auch immer sind. Aber ich weiß, dass jemand dort ist«, stellte er entschieden fest. »Ich esse einen Torfziegel zum Abendbrot, sollte ich mich irren!«

»Und ich zwei, wenn du recht behältst«, nahm Kenneth, nicht minder überzeugt, die Wette an. »Wir werden auf Cuidrach nichts als unsere eigenen Schatten finden – und eine gute Nachtruhe, hoffe ich!«

Im nächsten Moment war die Luft ganz plötzlich wie aufgeladen von der knisternden Intensität, die ein sich bald entladendes Gewitter ankündigte. Gott, er konnte sogar spüren, wie sich eine Gänsehaut auf seinen Armen bildete und sein ganzer Körper vor innerer Erregung schier pulsierte!

Kenneth räusperte sich jedoch und ignorierte das Gefühl. »Und wenn wir nicht auf diesem Hügel bleiben wollen, bis wir alt und grau sind, würde ich vorschlagen, dass wir uns beeilen. Lasst uns nach Hause reiten!«

Kaum hatte er die letzten Worte ausgesprochen, trieb er auch schon sein Pferd den Berg hinunter, sodass seinen Männern gar nichts anderes übrig blieb, als ihm zu folgen.

Als sie sich dann aber endlich Cuidrachs Mauern näherten, begann der junge Jamie laut zu lachen.

Es stieg tatsächlich eine feine blaue Rauchsäule aus der Burg auf!

Und ein schwaches gelbes Licht drang aus einem der obersten Fenster.

Kenneth, der sein Pferd dicht vor dem Tor zum Stehen gebracht hatte, legte den Kopf in den Nacken, um besser sehen zu können.

»Na also!«, rief Jamie und platzte fast vor Stolz darüber, recht gehabt zu haben. »Ich sagte doch, ich habe Rauch gesehen!«

»Stimmt«, gab Kenneth zu und blickte zu den Zinnen auf, um nach weiteren Anzeichen für Eindringlinge zu suchen. »Und wehe dem, der es wagen sollte, mir mit einer Hand voll Torf zu kommen ...«

»Beim Heiligen Sankt Columba!«, rief einer der Männer und deutete aufgeregt auf den Turm. »Ein Engel!«

Aber als Kenneth seinen Blick erneut auf das erleuchtete Fenster richtete, sah er keinen Engel, sondern eine Frau.

Die Silhouette einer rothaarigen Schönheit, ganz offensichtlich in der Blüte ihrer Jugend, erschien für einen kurzen Moment am Fenster, um die Läden zuzuziehen. Und um den Männern unten einen kurzen, aber hervorragenden Blick auf ihren wohlgeformten Körper zu gönnen.

Kenneth hätte schwören können, dass er für einen winzigen Moment sogar ihre dunklen, von der Kälte erigierten Brustwarzen gesehen hatte!

Ein gewisser Teil von ihm begann sich zu regen, und er runzelte die Stirn und übergoss diesen Körperteil im Geiste mit kaltem Wasser, während er sich mit der Hand durchs Haar fuhr und verblüfft den Atem ausstieß.

»Grundgütiger«, murmelte er und starrte auf das Fenster.

Ein Fenster, das jetzt fest geschlossen war, sodass man das flackernde Licht kaum noch sehen konnte.

Nicht, dass das noch eine Rolle spielte. Kenneth hatte schon genug gesehen. Und nun wusste er auch, warum er eine solch kribbelnde Ungeduld dort auf dem Berg verspürt hatte.

Es bestand kein Zweifel mehr.

Cuidrach war alles andere als leer.

Eine Frau hatte die Festung in Anspruch genommen, und das war nicht einmal das Schlimmste. Kenneth, dessen Laune sich rapide verschlechtert hatte, biss die Zähne zusammen und fuhr mit einem Finger unter den ihm plötzlich viel zu eng erscheinenden Ausschnitt seiner Tunika.

Denn das Schlimmste war, dass es nicht nur irgendeine Frau gewesen war, die er dort oben gesehen hatte.

Diese Frau war eine nackte Frau gewesen.

3. Kapitel

Grundgütiger!« Mariota wich vom Fenster zurück und presste erschrocken eine Hand an ihre nackte Brust. »Da unten sind Männer«, stellte sie bestürzt fest. »Eine ganze Gruppe Reiter steht dort vor den Toren!«

»Ha!« Die nicht minder nackte Nessa sprang aus derselben Badewanne auf, die Mariota gerade erst verlassen hatte. »Und was seht Ihr mich jetzt so verwundert an?«, fragte sie herausfordernd und stemmte die Hände in ihre wohlgeformten Hüften. »Habe ich Euch nicht gesagt, dass man den Teufel nicht herausfordern darf, wenn man nicht will, dass er erscheint?«

Mariota gestikulierte ungeduldig mit der Hand. »Ich weiß, was du gesagt hast«, erklärte sie und spürte, wie ihr Magen sich verkrampfte. »Aber das ändert jetzt nichts mehr.«

Sie griff nach einem Handtuch und begann ihren nassen, vor Kälte zitternden Körper abzutrocknen. »Heilige Maria Mutter Gottes«, flüsterte sie, und ihre Wangen brannten trotz der kalten Luft an ihrem nackten Körper. »Wer würde sich so tief in diesen gottverlassenen Winkel vorwagen?«

Aufgeregt zeigte sie auf die kahlen Wände, die nicht einmal der kleinste Wandschmuck zierte. Auch ansonsten war das Zimmer, das nur von seiner Größe her an seine einstige Pracht erinnerte, leer bis auf zwei mit Heidekraut gefüllte Matratzen und die kratzigen alten Wollstoffe, die die Frauen als Bettdecken benutzten.

Das schwache Licht einiger weniger Kerzen und einer kleinen Öllampe erhellte die Überreste ihres Abendbrots: ein Kanten grobes braunes Brot, ein Stück angeschimmelter Käse und die leeren Schalen einiger erst vor wenigen Stunden gesammelten Muscheln. Ein einfaches Abendbrot, zu dem sie frisches Quellwasser getrunken hatten.

Ein weiterer Beweis für Cuidrachs Mangel an Bequemlichkeit.

Ein Nachteil, von dem Mariota gehofft hatte, er werde ihnen zugutekommen.

»Selbst wenn jemand hierherkommen wollte«, meinte sie, »bräuchte er in dieser nebligen, regnerischen Nacht schon Adleraugen, um uns zu finden.«

Nessa schnalzte mit der Zunge und wrang das Wasser aus ihrem langen schwarzen Haar. »Es heißt aber doch, dass der Teufel scharfe Augen hat. Er ...«

»Das da unten ist nicht der Teufel, sondern nur ein kleiner Trupp von Männern«, widersprach Mariota, das aufgeregte Pochen ihres Herzens ignorierend. »Es werden Reisende sein«, bekräftigte sie noch einmal und wünschte, ihre schweißfeuchten Hände würden ihr nicht etwas völlig anderes sagen. »Einfache Wandersleute oder Pilger.«

Nessa schnaubte. »Was immer sie auch hierhergeführt hat – hättest du auf mich gehört und die Fensterläden nicht aufgemacht, wären sie weitergeritten und hätten diese Gemäuer hier für nichts anderes als eine verlassene alte Ruine gehalten.« Sie trat zu Mariota und blieb tropfnass vor ihr stehen. »Doch nun haben sie bestimmt das Licht gesehen und wissen, dass hier jemand ist.«

»Das ist möglich.« Mariotas Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken, dass sie wahrscheinlich noch erheblich mehr gesehen hatten als das flackernde Licht von Kerzen.

Die bloße Vorstellung entsetzte sie, als sie schnell den Raum durchquerte und ein Handtuch holte, das sie ihrer Freundin reichte. »Aber wie dem auch sei, wie werden sie so begrüßen, wie wir es besprochen haben. Sobald wir vor ihnen stehen, bin ich die Herrin dieser Burg. Die pflichtbewusste Gattin meines abwesenden Herrn Gemahls, des derzeitigen Hüters von Cuidrach.«

Nessa musste nur eine Augenbraue hochziehen, ihr Gesichtsausdruck war beredter als Worte.

Mariota, die ihr im Stillen recht geben musste, schlüpfte in ihr Kleid, ohne ein Hemd darunter anzuziehen. Aber sie gab sich immerhin die Mühe, wenigstens einen Anschein von Ordnung in ihr langes, feuchtes Haar zu bringen.

»Sie sind nur auf der Durchreise – du wirst schon sehen«, bekräftigte sie erneut und hoffte mit aller Kraft, dass es auch wirklich so war. Sie wartete, bis ihre Freundin sich angekleidet hatte, und fügte dann hinzu: »Wenn sie sehen, dass wir ihnen kaum mehr als eingeweichten Hafer und Wasser anbieten können, werden sie nur allzu gern bereit sein, sich schleunigst wieder auf den Weg zu machen.«

Doch sie hatte den Satz kaum beendet, als unter ihnen auch schon ein gewaltiges Getöse laut wurde. Das dumpfe Klimpern von Pferdegeschirren, das Getrappel von Hufen, das unmissverständliche Klirren von Stahl ... ein Mariota nur allzu gut bekanntes geräuschvolles Durcheinander.

Der unverkennbare Lärm einer gerade ankommenden Gruppe Ritter.

Vieler Ritter, und der von ihnen veranstaltete Radau drang jetzt schon von innerhalb der Burgmauern zu ihnen in den Turm hinauf.

Mit einem äußerst unguten Gefühl im Magen griff Mariota nach einer Kerze und begab sich rasch zur Tür. »Komm«, sagte sie und zog Nessa mit sich auf den dunklen Gang hinaus. »Lass uns sie abfangen, bevor sie sich in ihrer Vermessenheit noch bis in unseren großen Burgsaal vorwagen.«

Eine Dreistigkeit, die aber bereits in vollem Gange war, als die beiden Frauen die Wendeltreppe hinuntereilten.

Eine Invasion aus Mariotas schlimmsten Alpträumen, denn er befand sich nicht mehr sicher in seinem Grab im fernen Assynt, sondern stand mitten in dem großen Saal und grinste sie an.