Blanker Wahnsinn - Sara Simon - E-Book

Blanker Wahnsinn E-Book

Sara Simon

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Beschreibung

Viel zu früh erleidet Rosa einen Herzinfarkt. Doch das ist erst der Anfang: gesundheitliche Probleme folgen Schlag auf Schlag. Obwohl völlig klar sein sollte, dass eine Kiefersanierung angebracht wäre, wird Rosa zwischen den Kliniken hin- und hergeschickt. Nach und nach wird klar, dass sie sich schon längst in den Fängen von korrupten Machenschaften befindet, die nur eines verhindern wollen: ihre Gesundheit. Wird sich Rosa befreien können und nach einer schmerzhaften Odyssee durch die Kliniken die rettende Operation erhalten?

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Kapitel

Epilog

Prolog

Das Leben der Rosa Lang verlief nicht so, wie sie es erwartet und geplant hatte. Sie wurde durch bewusst schlampige Handlungen, durch perfide handelnde Menschen, ein langjähriges Opfer von Macht und Gewalt. Ihr brisanter Leidensweg wurde von bestimmten Personen in leitender Stellung geschaffen. Einmal in den Fängen von bewusster Macht involviert, vorwiegend durch geheime Mächte, gab es für sie kein Entrinnen daraus. Ihr halbes Leben lang führt sie einen sie seelisch zermürbenden Kampf, allein nur um Gesundheit und Gerechtigkeit. Zutiefst betroffen wird ihr bewusst, dass sie in die Hände von Gewalt und Willkür, durch besessene Despoten geraten war. Einmal vergewaltigt von Macht und Gewalt, wurde ihr weiteres Leben der reinste Albtraum und ein wahrer Höllenritt. In ihrem brisanten Tatsachenbericht ist erkennbar, dass auch in unserer … wertegeschaffenen Demokratie kritisierende Menschen durch machtbesessene Despoten wahrsten Psychoterror erleiden müssen. Rosas ständige Albträume, von desaströser Qualität geprägt, durch brutale seelische Gewaltaktionen lassen sie durch eine wahre Hölle gehen. Einige ihr helfen wollende, kompetente Menschen in leitender Funktion betitelten nach Einblick in Rosas … beweisenden Tatsachen Bericht ihre perfiden Erlebnisse mit »Blanken Wahnsinn.«

In diesem Buch werde ich über eine wahre Lebensgeschichte Rosa Lang betreffend berichten. Sie erzählte mir die bewegendsten und ergreifendsten Geschichten aus ihrem Leben. Den Mut zu haben, ihre Lebensgeschichte veröffentlichen zu lassen, verdankte Rosa Lang einem riesigen Plakat, auf dem in großen Lettern ein imposanter Spruch stand:

… Mut ist, wenn man kämpft, obwohl der Gegner in der Überzahl ist! Sowie die Großmutter ihr stets erklärt hatte: … Wer nicht kämpft, hat schon verloren!

Diese beiden Sprüche stärkten ihren Mut und gaben auch den Anlass für ihren dramatischen und langjährigen Kampf, allein ums Überleben. Ihr jahrelanger Kampf gegen Willkür und bewusste Körperverletzung durch Ärzte machten Rosa auch stark. Ihren gestärkten Selbsterhaltungstrieb verdankend, begann sie später, ohne Aussicht, jemals wieder gesund zu werden, ihre ständigen Schmerzen bewusst zu verdrängen. Um diesen ihren ominösen Dauerschmerz verdrängen und bekämpfen zu können, widmete sie sich der Musik. Sie hat derzeit, passend zu ihrem Tatsachenbericht, eigene Lieder getextet und die Musik dazu komponiert. Ihre selbst produzierten Lieder wird sie »Melodien der Sehnsucht« nennen.

1. Kapitel

Rosa erlebte trotz der schlimmen Kriegszeit eine recht behütete Kindheit. Noch heute hört sie in ihren Albträumen das dumpfe Rollen von russischen Panzern, die auf der gepflasterten Dorfstraße entlangfuhren. Sehr oft versetzen ihre Albträume sie in diese Zeit zurück, obwohl sie erst 5 Jahre alt war. Die Großmutter war damals, in ihrer Kindheit, für ihre kleine Enkeltochter verantwortlich. Rosas Vater war während dieser Zeit in Sibirien im Krieg. Ihre Mutter war ständig krank und konnte sich leider nicht um ihre Tochter kümmern. Rosa musste schon in ihrer frühesten Kindheit mit Arbeiten und verantwortungsvollen Tätigkeiten beginnen.

Völlig unerwartet verstarb später ihr geliebter Vater mit 62 Jahren an einem Herzinfarkt. Viel zu jung und für sie völlig unfassbar.

Nach langer und tiefer Trauer stand für Rosa fest, dass sie aus der Not heraus, obwohl nicht besonders gewollt, das väterliche Friseurgeschäft übernehmen müsste. Mit nicht unerheblichem Stolz führte sie dann das Friseurgeschäft ihres Vaters in seinem Sinn weiter.

Doch alles … Gute und Erfreuliche hat nicht nur seine gewissen Vorteile, sondern auch viele, zuvor nicht vorhersehbare Schattenseiten, wie sie später feststellen konnte.

Ihre dann doch große Freude, ein eigenes Friseurgeschäft im elterlichen Wohnhaus zu haben, wurde bald durch missgünstige verwandte Personen vereitelt. Relativ kurz nach der Geschäftseröffnung begann der Ausbau ihrer eigenen Wohnung im Elternhaus. Bedauerlicherweise behinderte ein … besonders neidischer Mensch … ihr spontanes Vorhaben. Abrupt und unvermeidbar kam für Rosa dann ein nicht vorhersehbares, katastrophales Ende. Ihre erträumte Zukunftsillusion zerplatzte innerhalb von kürzester Zeit wie eine luftige Seifenblase, feucht spritzend und schließlich verpuffend in der Luft.

Mit deutlichem Unbehagen begutachtete sie verzweifelt ihr durch familiäre Missgunst vereiteltes unfertiges Bauwerk. Betrachtete es jedoch, nichts ändern könnend, dann doch als Ironie des Schicksals. Aber immerhin ein dramatisches, recht trauriges, nicht erwartet habendes Schicksal für Rosa.

Nach näherem Betrachten und vielen schlaflosen Nächten wurde ihr deutlich bewusst, dass das sogenannte … Schicksal ein durch menschliches Handeln herbeigeführtes, negativ oder positiv gesteuertes Eingreifen darstellt und zu erheblichem Leid führen kann. Somit war ihr Traum vom Elternhaus mit eigenem Friseurgeschäft und dazugehörigem ausgebauten Dachgeschoss geplatzt und ausgeträumt.

Ihr wunderschöner Traum, kaum begonnen, war schon bald zerronnen!

Vergeblich versuchte Rosa daher, ihr nicht zu beeinflussendes Schicksal zu verkraften, schaffte es trotz resoluter Bemühung nicht so ganz. Nicht entfernbar blieb ein schmerzvoll stechender Stachel hartnäckig in ihrem Bewusstsein sitzen.

Reiflich überlegend, zusätzlich bedingt durch … private und geschäftliche Familienstreitigkeiten, gab sie schweren Herzens das ihr anteilmäßig gehörende Elternhaus mit dazugehörendem eigenen Friseurgeschäft, dabei auch an ihren Vater denkend, letztendlich auf. Somit verließ sie verzweifelt mit schwermütigem und seelischem Kummer im Gepäck dann überstürzt ihr geliebtes Elternhaus.

Angeschlagene Herzen brauchen Ruhe und Frieden. Daher sehnte Rosa sich verzweifelt nach ihrem Vater, einer erträumten Ruhe und einem Leben so ganz ohne Familienstreitigkeiten.

»Materieller Wert ersetzt keine Gesundheit«, sagte sie sich, »schon gar nicht Herzensschmerz und seelischen Kummer.« Kaum ein Tag verging, an dem sie nicht mit Tränen in den Augen und stets voller Sehnsucht an ihren Vater und ihr Elternhaus dachte. Ständige Albträume versetzten Rosa oft ungewollt in ihre sorgenfreie Kindheit und Jugendzeit zurück. Unaufhaltsame Tränen sammelten sich in ihren Augen und kullerten wie kleine nasse Kugeln an den Wangen hinab.

Nicht wissen und nicht ahnen könnend, was die Zukunft ihr bringen wird, siedelte sie massiv bedrückt und recht verzweifelt 1979 in eine Großstadt der DDR um. Mit allen ihr verfügbaren Mitteln und Kräften versuchte sie, sich in dieser Stadt einzuleben und sich dort eine neue Existenzgrundlage mit dazugehörendem Friseurgeschäft zu schaffen. Rosa benötigte nicht unerheblichen Mut und ein starkes Wollen, gebündelt mit Ausdauer auf gesamter Linie, um Erfolg zu haben.

Allein mit ihrer Tochter Lisa auf fremde Menschen angewiesen zu sein, weder Wohnung noch Arbeit in Aussicht zu haben, nahm sie trotz allem ihr ungewisses Schicksal tatkräftig in ihre zarten Hände.

In dieser Großstadt begann für Rosa ein sie seelisch stark belastender und schmerzvoller Horrortrip. Ursächlich bedingt durch schlampige Arztbehandlungen von einigen Zahnärzten und Kieferchirurgen. Ab diesem Zeitpunkt begannen für sie dramatische Behandlungsalbträume durch einige inkompetente, machtbesessene Ärzte.

Durch belastende Träume wurde Rosa oft in eine Zeit zurückversetzt, die sie in ihrem Elternhaus verlebte hatte. Sie fand sie sich stets in ihrem gewohnten sorgenfreien Leben wieder. Nach gescheiterter Ehe war sie allein für ihre Tochter Lisa verantwortlich und deutlich überarbeitet, da sie gleichzeitig neben Beruf und Kinderbetreuung noch eine Ausbildung in einer dermatologischen Klinik absolvierte. Wie aus heiterem Himmel geschah eine unvorhersehbare Katastrophe, die Rosa hätte das Leben kosten können.

Plötzlich, völlig ahnungslos und unerwartet, noch während der Arbeit, überfiel Rosa heftige Übelkeit, und ein stark brennender Schmerz zerriss ihr förmlich die Brust. Erhebliche Schweißausbrüche folgten und setzten sie binnen kürzester Zeit mit derber Wucht außer Gefecht.

»Verdammt«, schimpfte sie, »was wird das denn jetzt?«

Spontan schwirrten zig Fragen und Überlegungen durch ihren Kopf. Massiv versuchte sie daher, gegen diese unheimliche und schmerzvolle Macht anzukämpfen.

Jeder Atemzug, den Rosa einsog und wieder ausstieß, war ab sofort mit stechendem Schmerz und beklemmendem Luftmangel verbunden. Jedoch nach längerer Verschnaufpause und angestrebter Ruhe verbesserten sich feststellbar diese eigenartigen, ihr nicht bekannten und trotzdem beängstigenden brennenden und stechenden Brustschmerzen, die sich wie ein glühender Stein in ihre Brust bohrten. Nach leichtem Abklingen dieser sonderbaren Beschwerden dachte Rosa unaufhörlich an diese merkwürdige Sondereinlage. Ahnende Verdachtsmomente drifteten bereits ab in eine nicht wissende, doch immerhin bestimmte Richtung.

Auf jeden Fall bedeutete dieses sonderbare Ereignis für Rosa leider nicht sonderlich Erfreuliches.

Doch aber was?, versuchte sie zu ergründen.

In ihrem Unterbewusstsein baute sich ein vager, sie nicht minder quälender Verdacht auf.

Hoffentlich kein Herzinfarkt?

Eine ernüchternde Schockwirkung erschütterte sie, und schon fegten angstvolle Überlegungen durch ihr Gehirn.

Womöglich sterben? Unmöglich. Keine Zeit dafür. Nein! Niemals.

Anfallartige Schmerzattacken dieser Art waren Rosa unbekannt, doch erinnerten sie sie an etwaige Beschwerdeerscheinungen wie bei ihrem Vater kurz vor dessen Herzinfarkt. Den er aber leider nicht überlebt hatte.

Unmittelbare Übereinstimmungen waren auch hier bei Rosa erkennbar. Trotz alledem versuchte sie, nicht an eine derartige Möglichkeit zu denken, geschweige diese Möglichkeit zu akzeptieren.

Ihr Bewusstsein sträubte sich hartnäckig dagegen, einen Herzinfarkt anzunehmen, da dieser zur völlig falschen Zeit auftrat und nicht erwünscht und vorgesehen war. Rosa hatte keine Zeit für derartige Launen der Natur. Diesbezügliche Überlegungen ausblendend, versuchte sie, die hartnäckigen, sie zermürbenden Beschwerden zu verdrängen. Sie wollte damit auch nichts zu tun haben.

Doch voller Unbehagen und mit eisigem Grausen im Nacken ließ sie der Gedanke an einen möglichen Herzinfarkt nicht mehr los. Zweifellos war sie mit Sicherheit viel zu jung, gerade mal 36 Jahre alt, für solch einen makabren Scherz der Natur?

Nach einer fast beschwerdefreien Nacht, bereits wieder am nächsten Morgen, wiederholten sich spontan diese vom Vortag identischen, heftigen Schmerzattacken. Doch diesmal begleitend mit zusätzlicher, extrem großer Atemnot, starken Schweißausbrüchen und bis in ihren linken Arm ausstrahlenden, stechenden Schmerzen.

Rosas Mutter Elise, umgehend das desaströse Problem erkennend, trat sofort in rege Aktion, da sie durch Erfahrung mit dem Herzinfarkt ihres Mannes ebenfalls einen solchen bei ihrer Tochter Rosa vermutete. Allzu deutlich war ihr noch der Tod ihres Mannes, mit gerade einmal 62 Jahren, in Erinnerung. Das war gerade mal ein Jahr her.

Umgehend tätigte ihre Mutter Elise einen Notruf an ihre Arztpraxis. Sie schilderte dortiger Ärztin die Problemsituation, worauf diese sofort den Bereitschaftsnotdienst alarmierte, der dann mit Blaulicht und Martinshorn kurz darauf erschien.

Nach heftigem Sträuben der zierlichen Rosa, im Rettungswagen mitzufahren, wurde ein Sanitäter despotisch und verfrachtete sie resolut auf eine Trage, ins Rettungsfahrzeug hinein. Konsequent und professionell wurde noch im Rettungswagen eine erste gründliche Untersuchung durchgeführt. Und es wurde tatsächlich, wie erahnt, ein Herzinfarkt diagnostiziert. Pech für Rosa, aber wiederum großes Glück für sie, eine schnelle, unverzügliche Hilfe bekommen zu haben.

Das Glück war ihr besonders hold, denn der Rettungsarzt und die Sanitäter waren alte Bekannte aus einer Hautklinik, in der Rosa zur Zeit eine 3-jährige medizinische Ausbildung absolvierte. Durch ihre anschließende Diplomarbeit erhielt sie die staatliche Anerkennung im Gesundheitswesen in Potsdam.

Unvermeidbar waren allerdings weitere gründliche Untersuchungen und Behandlungen. Rosa war äußerst besorgt um ihren Gesundheitszustand, da nur in seltensten Fällen Personen einen Infarkt mit 36 Jahren bekamen. Jedoch setzten dortige Ärzte alle notwendigen Möglichkeiten ein, um Rosas Gesundheitszustand wieder herzustellen.

Zig Fragen belästigten sie und tauchten immer wieder bei ihr auf, zwecks reeller Ursache dieses nicht zeitgemäßen Herzinfarktes. Daher musste Rosa leider die nicht unerheblich anstrengenden Untersuchungen über sich ergehen lassen. War auch gut so. Sie musste ja möglichst bald wieder gesund werden. Lisa braucht ja ihre Mutter.

Völlig erstaunlich für sie war jedoch die Frage nach eventuellen … Entzündungsherden in der vergangenen Zeit.

Natürlich gab es … diese.

Große Lymphknotenschwellungen am Hals, immer wiederkehrende starke Kopfschmerzen und öfter Übelkeit setzten Rosa von Zeit zu Zeit erheblich zu. Jedoch vermied sie, ihre ständigen Vermutungen von möglichen Entzündungen an den Zähnen zu erwähnen. Sie wollte sich nicht lächerlich machen. Doch nach schlaflosen, unruhigen Nächten brachte sie dann doch den Mut auf, äußerst vorsichtig von ihrem Verdacht, dass eventuell an ihren Zähnen Eiterherde und Zysten sein könnten, zaghaft zu berichten.

Schneller als erwartet erhärtete sich jedoch der Verdacht, dass Entzündungen im Oberkieferbereich tatsächlich eine mögliche Ursache ihres Herzinfarktes sein könnten.

Die Rosa sorgsam und fürsorglich behandelnden Klinikärzte gaben ihr nach reiflichen Überlegungen und fachlich korrekter Beratung eine Überweisung für weitere Untersuchungen ihres Kopfes, um eventuelle Entzündungsherde als mögliche Infarktursache auszuschließen.

Niedergeschlagen sowie massiv und deutlich am Boden zerstört durch folgendes Untersuchungsergebnis: Es konnten leider keine genauen Entzündungen im Kopfbereich diagnostiziert werden?

Rosas innere Überzeugung sowie auch ihre sie selten täuschenden Ahnungen sagten ihr aber, dass sie doch fest an ihren Verdacht bezüglich der Entzündungen an den Zahnwurzeln festhalten würde. Zumal ihre periodisch wiederkehrenden Kopfschmerzen, besonders im Stirnbereich, darauf hinwiesen.

Tatsächlich bewahrheitete sich kurze Zeit später ihr stetiger Verdacht, dass die Möglichkeit bestünde, dass als Auslöser ihres Herzinfarktes doch eventuelle Entzündungsherde an den Zähnen als Ursache in Betracht kamen. Inzwischen wurde auf Rosas drängenden Wunsch hin eine Sputum-Untersuchung getätigt, nach deren bakteriologischer Untersuchung sogar zahlreiche Bakterienstämme registriert wurden. Leider war dann der gesamte Untersuchungs- und Behandlungsablauf diese Problematik betreffend eine unmögliche Farce, da man derzeitig mit einem solchen Ergebnis nichts anfangen konnte, leider auch keine positive Verwendung dafür hatte. Diese herbe Enttäuschung nahm Rosa seelisch stark mit.

Zu dieser Zeit fehlten in der Tat diesbezüglich spezialisierte ärztliche Profis.

Aus eindeutiger Erkenntnis der Rosas Herzinfarkt behandelnden Ärzte wurde ihr Herzinfarkt, großer Vorderwandinfarkt, doch durch eine massive bakterielle Entzündung ausgelöst. Die diesbezügliche notwendige Behandlung wurde ein derber Reinfall, unter dem sie stark zu leiden hatte.

Immer öfter sah sie mit erschreckender Deutlichkeit ihre nicht geröntgten, daher leichtfertig überkronten Zähne in Gedanken vor sich.

Sollten doch … Entzündungsherde an ihren Zahnwurzeln sein, könnte das eine Katastrophe heraufbeschwören, ließ Rosa ihren Gedanken freien Lauf.

Des Öfteren beschäftigte sie die Tatsache, dass weitere Infarkte sie heimsuchen könnten, da der Auslöser des Infarktes, mögliche Entzündungen, nicht gefunden wurden, oder einfach fachliche Interesselosigkeit bestand.

Missgestimmt, körperlich geschwächt und durch den Infarkt gehemmt, streiften heikle Überlegungen durch ihren Kopf. Vorstellungen von nochmaligem Herzinfarkt nahmen reale Formen an. Folglich daher mit seelischen und körperlichen Tiefs.

Mit erheblich reduzierten Kräften nahm Rosa dann aus der Not heraus ihre Arbeit wieder auf. Eine Träumerei von … krankfeiern erstickte sie umgehend im Keim, da Derartiges als selbstständige Friseurmeisterin aus Kostengründen nicht realisierbar war.

Ihre Ausbildung zur medizinischen Kosmetikerin mit Diplom im Gesundheitswesen und die Weiterführung des väterlichen Friseurgeschäftes gaben ihr erheblichen Aufwind, und die täglichen Anforderungen ließen zeitweise ihre Sorgen und Nöte sowie ihre belastenden Beschwerden in den Hintergrund treten.

»Totale Verdrängung von Problemen«, nannte sie es.

So ganz nebenbei, während ihrer täglichen selbstständigen Arbeit, war sie auch noch für ihre Tochter Lisa mit anfallenden Sorgen und Nöten und den dazugehörenden Problemen verantwortlich und zuständig.

Zwischenzeitlich kontaktierte Rosa Arztpraxen in den Fachgebieten HNO-Neurologie und Zahnärzte. Zu ihrer besonders großen Verwunderung wurde leider … keiner dieser Ärzte fündig.

Daher tauchte bei ihr immer wieder die Frage auf: Konnte oder wollte kein Arzt die tatsächliche Ursache ihres Infarktes finden? Oder war Desinteresse am Werk?

Rosas starke Kopfschmerzen sollten weiterhin wie ein geheimnisvolles Gespenst in ihrem Kopf wüten, aber nicht greifbar sein.

Schon bald hatte ihr erhebliches Arbeitspensum für ihre körperliche Verfassung beträchtliche Folgen. Deutlich verstärkt machten sich ihre Kopfschmerzen wieder bemerkbar.

Ihre Alarmglocken läuteten, sie musste ihr Arbeitspensum resolut reduzieren. Vorstellbar für Rosa war aber, dass bei angeblich nicht auffindbaren Entzündungen die Drosselung ihres Arbeitspensums nicht helfen würde. Schon bald versuchte sie resolut, nach solchen geheimnisvollen Erregern zu suchen.

Notlösungen waren dann zusätzliche Antibiotikabehandlungen, die aber nur bedingt halfen.

Was lief hier bei Rosas Behandlung so extrem falsch?

Ein unheimlicher, reger Verdacht begleitete sie Tag und Nacht. Missgestimmt überlegte sie, ob nicht doch Interesselosigkeit, Unfähigkeit oder sogar mangelnder Arbeitseifer einiger Ärzte schuld an ihrem schmerzhaften Problem waren.

Ständige Sorgen belasteten Rosa nicht unerheblich. Sie grübelte: Wo nur versteckten sich diese diagnostizierten Plagegeister, die Entzündungen auslösten, aber nicht entdeckt und geortet werden konnten?

Bedrückt und niedergeschlagen gelangte sie zu der Erkenntnis, Rat hin, Rat her, sie bräuchte einen sehr guten Arzt.

Wo aber war ein solcher zu finden? Wo nur? Hielt sich sicher im Verborgenen.

Hoffentlich würde sich Rosas Wunsch bald erfüllen, einen … solchen zu finden.

Erheblich deprimiert nach Einnahme von Medikamenten mit beruhigender, schmerzstillender Wirkung, die langsam einsetzte, versuchte sie es zusätzlich mit einigen erlernten Entspannungsübungen. Allein nur, um dem belastenden Schmerz Einhalt zu gebieten und diesem zu entfliehen.

Später nach Erwachen stellte Rosa fest, dass sie durch diese Maßnahmen vom Schlaf quasi überrumpelt wurde. Schwebend weggetragen wurde in eine andere, ihr unbekannte Welt.

Schon sofort nach Erwachen registrierte sie erstaunt, dass ein bedrückender Albtraum sie eingefangen hatte, wie schon … weitere zuvor.

Diese unheimlichen, beängstigenden Träume hatten oft unglaubliche Handlungen, meist handelten sie inhaltlich von erlebten Begebenheiten. Des Öfteren wiederholte sich in ihren Träumen ihr Herzinfarkt, verbunden mit bedeutsamen Angstzuständen, letztendlich bekam sie in diesen seltsamen Träumen kraftkostende Beklemmungen, die nach Erwachen noch spürbar waren. Auch griff eine beängstigende, sie einengende Furcht nach ihr, die ihr versuchte glauben zu machen, sie könnte nicht mehr aus diesen Albträumen aufwachen.

Um besser schlafen zu können, trank Rosa hin und wieder ein kleines Gläschen Wein vor dem Einschlafen. Erschreckenderweise hatte sie nicht bedacht, dass sie Medikamente einnahm, und schon bald wurde sie mit einer … ernüchternden Wirkung, sicher durch Alkohol, konfrontiert.

Eine Autofahrt am nächsten Morgen mit ihrer Tochter Lisa zum Kindergarten endete abrupt vor einem dicken, klotzigen Straßenbaum, der jedoch immerhin von ihr verschont blieb.

Tatsächlich war Rosa, wenn auch nur kurz, eingenickt und … Gottlob nur einige Zentimeter vor dem doch recht großen düsteren Ungeheuer stehen geblieben.

Ab sofort war Alkohol von der Einkaufsliste gestrichen. Die Restbestände dieser Droge, obwohl sie auch gute Zwecke erfüllte, wurden rigoros verbannt.

In ihrer Not suchte Rosa nach besseren Einschlafmitteln und dachte sehnsüchtig an weniger Arbeit und mehr Entspannungsmöglichkeit. Doch diese Sehnsucht blieb eine wundervolle Träumerei.

Die damalige DDR ließ ihr keine Möglichkeit, weniger zu arbeiten, denn alle Bürger, ob Männlein oder Weiblein, mussten im Sinne des … Sozialismus ihre Pflicht zur Arbeit erfüllen. Dieser sozialistische und zugleich diktatorische Staat war durchaus in der Lage, den Menschen große diktatorische Bürden aufzuhalsen, eben eine Bombendiktatur.

Ärzte sicher auch Diktatoren für Patienten? Auf jeden Fall Ärzte in den leitenden Positionen, auch als Stasimitarbeiter, ansonsten hätten diese nicht ihre Posten erhalten. Viele waren inoffizielle Mitarbeiter der Stasi. Rosa hat nach der Wende zahlreiche dieser Leute getroffen und erkannt.

Vergeblich bemühte sich Rosa, die immer häufiger wiederkehrenden lästigen Schmerzen zu ignorieren, doch alle Versuche schlugen fehl. Unermüdlich und tapfer kämpfte sie verbittert dagegen an. Doch der Schmerz klammerte und nistete sich erbarmungslos in ihren Körper ein. Daher versuchte sie abermals, einen Arzt zu finden, der gewillt war, ihr zu helfen, es aber auch konnte.

Von einem ansässigen Hausarzt wurde ihr ein neues, sehr wirksames Schmerzmittel verschrieben, gänzlich ohne jegliche Nebenwirkung, was leider für Rosa unvorstellbar war. Von dringend notwendiger Untersuchung kam jedoch kein Sterbenswort, geschweige eine derartige Andeutung. Somit war diese Kampagne für Rosa ebenfalls gestorben.

… Hinhaltetaktik.

Derart medizinisches Wunderprodukt war auch zur Beruhigung ihrer angespannten nervlichen Situation gedacht. Dachte auch dieser Wunderdoktor, sie wäre nicht bei Sinnen? Hoffentlich nach Einnahme nicht wieder katapultierend ab in ein Albtraumland?

Deprimiert und verzweifelt, vor Schmerz oft die Hände zu Fäusten ballend, verspeiste sie aus der Not heraus gleich zwei von diesen Wunderpillen.

Eigentlich sollte sie nur eine dieser Pillen vertilgen, aber sie nahm dem Umstand entsprechend doch gleich zwei, obwohl ihr eine deutliche innere Warnung zuflüsterte: … Tu es nicht. Warnungen sollte man aber beachten? Leider missachtete Rosa diese.

Und das war ihr großer Fehler!

Schon bald setzte eine ihr unbekannte Wirkung ein. Deutlich wahrnehmbarer Schwindel, die Sehkraft ließ nach, sowie erhebliche Sprachstörungen stellten sich ein. Sie war nicht mehr in der Lage, ein Wort zu sprechen, nur noch ein jämmerliches Lallen hervorbringen. Noch ein weiteres Übel folgte.

Rosas Zunge funktionierte nicht mehr, und die heftigen Kopfschmerzen ließen kaum nach.

»Wo blieb nur die versprochene Wirkung dieses Mittels«, fragte sie sich verzweifelt. »Was für ein Teufelszeug hatte mir dieser Doktor da verpasst?«

Besonders aber, wie sollte sie unter diesen Umständen arbeiten und es auch können?, fragte sie sich ständig.

Außer erheblichen Schwindelerscheinungen handelte es sich um einen … identischen Zustand, den Rosa noch heute 2017 verspürt, so wie nach ihren zahlreichen unnötigen operativen Gesichtsnerveingriffen, die unfähige Ärzte, besonders Kieferchirurgen in Deutschland, auch Neurochirurgen an ihr auf dubiose Art bewusst vorgenommen hatten. Diese unnötigen operativen Eingriffe an ihrem Gesichtsnerv wurden in der Tat ohne diesbezüglich diagnostizierte Krankheitsursache getätigt. Noch dazu besonders perfiderweise auf irreparable Weise. Ihre tatsächliche Erkrankungsursache, die großen Zysten in ihrem Oberkiefer, wurden bewusst ausgespart.

Die Folgebehinderung durch die bewusst unnötigen und total falschen operativen Behandlungen stellt bis zum heutigen Zeitpunkt eine dauerhafte Behinderung in Rosas Gesicht dar.

Durch eine völlig unnötige Gesichtsnerv-Operation litt Rosa bereits seit 1983 an den Folgen dieses bewusst falschen operativen Eingriffes ihres Gesichtsnervs. Folglich ein bewusst geschaffener Tatbestand.

Heute beim Schreiben von Rosas Geschichte, erklärt sie mir, dasselbe Gefühl in ihrem Gesicht zu spüren wie damals bei dieser Überdosierung mit einem starken Schlaf- und Schmerzmedikament.

Ein grauenvoller, quälender und deprimierender Zustand.

Rosa war wieder in ärgster Bedrängnis durch pochende Kopfschmerzen, so blieb ihr nur eine HNO-Klinik am Wochenende zur Auswahl. Nach langer Wartezeit wurden einige Röntgenaufnahmen angefertigt. Das Ergebnis war äußerst ernüchternd … Rosas rechte Kieferhöhle war stark vereitert und musste sofort punktiert werden.

Große Enttäuschung im Programm, da die Klinik keine sterilen Punktionsnadeln vorrätig hatte. Somit hieß es für sie wieder einmal warten. Am nächsten Morgen jedoch war sie die erste Patientin. Es wurde ein äußerst unangenehmer, jedoch notwendiger Eingriff durchgeführt. Der Chefarzt persönlich führte mit professionellen Händen selber diesen operativen Eingriff durch.

Ausführlich erklärte er Rosa, wie dringend notwendig diese Kieferhöhlenpunktion war.

Erstmalig bekam sie ein gutes Gefühl, dass ihre Behandlung in die richtige Richtung lief.

Voller Optimismus erhoffte Rosa endlich eine Linderung ihrer so schmerzvollen Beschwerden. Sie versuchte, sich träumend vorzustellen, wie es ganz ohne diese verdammten Schmerzen sein könnte.

Lebensqualitätssteigerung, nannte sie es in ihrer Vorstellung.

Kurzfristig trat tatsächlich eine Schmerzlinderung ein. Sagenhafte Last fiel von ihr ab, und schon sah sie sich wieder fröhlich und erleichtert an ihre täglichen Pflichten gehen.

Jedoch erhob sich eine leise innere Stimme und flüsterte Rosa zaghaft zu: »Warte ab, es könnte ein erster Lichtblick am Horizont sein, aber auch ein gewaltiger Trugschluss könnte sich anbahnen.«

Sehnsuchtsvolle Vorstellungen von einem schmerzfreien Leben nisteten sich in ihre Zukunftsvorstellungen ein und verdrängten weitgehende Zweifel, an mögliche entzündliche Zahnherde zu denken.

Gedanklich versuchte sie, nicht in Grübeleien zu geraten.

Grübeln zermürbt und macht depressiv.

Schon bald setzten Rosa spürbare Wundbeschwerden der Kieferhöhlenpunktion in Form von drastischen Kopfschmerzen zu. Von Herzen wünschte sie sich einen … Jemand, dem sie ihr gebeuteltes Leben mit angeknackstem Herz hätte ausschütten können.

Doch wer würde sich ein Jammern und Herzausschütten anhören wollen?

Rosa war seit Verlassen ihres Elternhauses völlig auf sich allein gestellt, außer einigen Bekannten, die konnte sie leider nicht mit ihren Schmerzproblemen belästigen. Händeringend sehnte sie sich nach Linderung ihrer Beschwerden, doch vergebens.

Nicht immer erfüllen sich erhoffte Wünsche.

Weiterhin körperlich eingeschränkt durch ihren Herzinfarkt, war Rosa wesentlich schneller erschöpft als üblich. Verminderte Leistungsfähigkeit war eine fatale Behinderung und Einschränkung ihrer Lebensqualität, daher gönnte sie sich Ruhepausen.

Sie hatte diese auch bitter nötig.

Während solcher Erholungspausen schlief sie öfters ungewollt tief und fest ein. Um anschließend jedoch recht benommen aus bedrückenden Albträumen zu erwachen.

Die ständige Sorge um ihre Tochter war: Was sollte aus ihr werden, sollte sie ein abermaliger Herzinfarkt heimsuchen? Sie aber diesen Infarkt fatalerweise nicht überleben?

Was würde, dadurch bedingt, aus ihrer Tochter werden?

Und wer könnte sich um sie kümmern und wer für sie sorgen?

Nach Rosas Auffassung waren derartige Sorgen in ihrem Kopf gespeichert. Aus diesem Material formten sich ihrer Meinung nach all ihre aufregenden Albträume, von denen sie öfter als gewollt heimsucht und meist in Panik versetzt wurde.

Erschöpft legte sich Rosa einmal auf ihr gemütliches Sofa, mit dickem, kalten Waschlappen bestückt, den sie auf ihr von Schmerz gepeinigtes Gesicht drückte. Allein, um nur für ein paar Minuten ihre brennenden und tränenden Augen schließen zu können.

Kaum hatte sie ihre Augen geschlossen, landete sie wie von wolkenleichtem Schweben getragen in einer unwirklichen Welt. Konnte nur eine Fantasiewelt sein, in die Rosa überhaupt nicht wollte und doch rasant hineingetragen wurde.

In solchen Träumen gab es weder Schmerzen noch spürbares Leid. Vor allen Dingen keine sorgenvollen Gedanken, alles war wunderbar leicht. Einfach wunderbar, so ganz ohne peinigende Schmerzzustände, und es lud zum ständigen Verweilen ein.

Die tatsächlich erlebten, teils wahrheitsgetreuen Geschichten hatten oft granatharte Wirkungen, die Geist und Seele auf vernichtende Art sowie auch die körperliche Verfassung erheblich belasten.

Schon bald entstand für Rosa eine wahre Traumwelt, die sie in eine zeitverschobene, unwirkliche Welt einhüllte.

Früh am Morgen machte sie ihr kleines Auto startklar, um ihre Tochter in den Kindergarten zu bringen. Zu ihrem großen Erstaunen sprang ihr kleines, schon recht altes, klappriges Auto trotz vergeblicher Bemühung einfach nicht an. »Verdammt noch mal«, schimpfte sie laut, »was ist bloß mit dieser dämlichen Kiste los?« Besonders verärgert und gereizt attackierte Rosa die Zündung ihrer alten Kiste. Sie war einer drastischen Kapitulation nahe. Schon im nächsten Moment wurde es plötzlich kalt und feststellbar immer kälter, begann letztlich zusehends stark zu frieren, dazu fiel Schnee und immer mehr Schnee. Ihre Finger begannen, klamm zu werden, wurden deutlich immer eisiger, dazu ein Gefühl, als wären sie erfroren. »Du liebe Güte«, schnaufte Rosa, da sie schon bald vor Kälte kaum noch Gefühl in ihren Händen hatte. Ihre Finger waren bereits steif gefroren und nahmen eine bläulich-violette Färbung an.

Hier war etwas faul, stellte sie schockiert fest.

Die Autoscheiben begannen, langsam zuzufrieren, und schon bald waren an den Scheiben wunderschöne kristallene Eisblumen zu erkennen. Der Blick durch die Scheiben dadurch bedingt völlig verhindert, und somit konnte Rosa nichts mehr erkennen. Eine dicke, glitzernde Eisschicht umhüllte ihr gesamtes Auto. Wütend brummte sie vor sich her über diesen bizarren Zustand.

Was war hier bloß los?

Wir haben doch noch keinen Winter?

Ich muss doch meine Tochter in den Kindergarten bringen?

Völlig ratlos und schon panisch verzweifelt, packte eine nicht unerhebliche Angst nach ihr. Diese Angst attackierte ihr deutlich angegriffenes Herz, sodass es wie verrückt hämmerte und klopfte. Obwohl es der Ruhe bedurft hätte. Rosas gesamter Körper begann, vor Kälte zu zittern, dazu gesellte sich ein bemerkenswerter Schüttelfrost. Ein Kälteschauer nach dem anderen sauste ungebremst über ihren schmalen Rücken. Diese sausenden, sie erzittern lassenden Kälteschauer spürte sie noch nach Erwachen aus diesem merkwürdigen Albtraum.

Der Mund war wie verklebt und ihre Nasenlöcher waren plötzlich dicht. Sie konnte nicht mehr atmen, bekam keine Luft, da beide Nasenlöcher fest zu gefroren waren.

»Ist das vielleicht«, es traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel, »das Sterben?«, überlegte Rosa verängstigt.

»Bin ich erfroren und nicht mehr am Leben?«

Rosa konnte nicht einmal mehr schimpfen. Ihre Gedanken wirbelten rasant durcheinander und gaben selbstständige Morsezeichen:

»Ich darf noch nicht sterben, ich werde noch lange gebraucht.

Vielleicht aber auch nicht« dachte sie verzweifelt.

»Ich kann und darf noch nicht sterben.«

Ein Aussteigen aus dem Auto war für Rosa nicht möglich. Die Autotür klemmte, und sie bekam die alte, recht verbogene Autotür trotz fleißigster Bemühungen nicht auf. Das Schloss war voller Eis und auch dick eingefroren. In eine traumatisierte Stimmung versetzt, versuchte sie, sich bereits am Rand einer Verzweiflung befindend bemerkbar zu machen, um irgendjemanden um Hilfe zu rufen. Doch ihre Stimme versagte völlig, funktionierte nicht mehr, da auch … diese durch Frost geschädigt und eingefroren war.

Irre, nicht zu begreifende Fragen tauchten in Windeseile in Rosas Bewusstsein auf.

»Wie soll ich dieses Trauma bloß überstehen?«

Letztlich hilflos kapitulierend und auf sich allein gestellt, versank sie in eine schaukelnde, schwarze und frostig kalte Dunkelheit.

Rosas Tochter Lisa stand in unmittelbarer Nähe des alten knallroten Autos. Sie konnte sie aus einer ungenauen Entfernung hören, da sie ängstlich und verzweifelt immer wieder: »Mami!« und nochmals »Mami!«, schrie.

Rosa vernahm dieses angstvolle Stimmchen noch beim Erwachen ganz klar und deutlich. Doch sie war nicht in der Lage, irgendetwas zu empfinden, geschweige denn zu tun. Sie war einfach total erschöpft und wie in einem lähmenden Trancezustand versetzt.

Mit größter Anstrengung versuchte Rosa, Aufmerksamkeit zu erregen. Von innen begann sie, das Auto gewaltsam zu schütteln, jedoch waren ihre drastischen Bemühungen vergeblich. Frustriert und aggressiv werdend, da ihre Tochter pünktlich im Kindergarten sein musste, setzte sie besonders gewaltsame Kraftanstrengungen ein, um die fest zugefrorenen Autotüren aufzubekommen und sich zu befreien. Mit dem Gefühl des Versagens stellte sie schockiert fest, dass es ihr nicht gelang, sich aus dieser perfiden Situation zu befreien.

»Werde ich jetzt doch langsam und sicher erfrieren, vielleicht sogar nicht mehr aus dieser unwirklich erscheinenden Farce aufwachen?«, schossen erschütternde Geistesblitze durch Rosas frostgeschädigtes Gehirn.

Gott sei Dank erwachte sie dann bald, zwar noch stark frierend, aus diesen Kraft kostenden Traum auf. Anschließend total erschöpft, noch glänzende Schweißperlen auf der Stirn habend, überlegte sie, wie solch ein unwirklich erscheinender Albtraum derart real erlebbar sein konnte. Sodass dieser einfach an nervliche und seelische Grenzen stieß. Sogar kolossale Angst vor dem Sterben erweckte.

Nach Rosas Auffassung spielte in solchen kraftkostenden Träumen, die Nerven merkbar strapazierend, das Gehirn den Träumenden gewaltige Streiche.

Unerwartet, auch besonders kräftig, setzten nach kurzer Pause wieder ihre heftigen Kopfschmerzen ein. Große Betroffenheit machte sich in Rosa breit und sorgte für eine ungeahnte Entmutigung.

Ihre letzte überwältigende Hoffnung, gesund zu werden, bekam abermals einen gewaltigen Dämpfer, denn sobald hatte sie nicht mit der Wiederkehr dieses … Monsters gerechnet.

Ihr Traum von schmerzfreier Zukunft war schnell geplatzt.

Für Rosas Begriffe viel zu schnell!

Der Gedanke daran, dass die Kieferhöhlenvereiterung nur eine Begleit- oder Folgeerscheinung von doch möglichen Entzündungen an den Zähnen sein könnte, ließ sie nicht los. Verzagt und am Boden zerstört griff sie somit wieder nach ihren hilfreichen Schmerzmitteln.

Ihr Kopf war voll von trüben Gedanken, die sie mürrisch machten, da sie nicht wusste, wie es weiter gegen sollte.

Wohin diese ungewisse Erkrankung führen würde?

Komplizierte Fragen wie »Werde ich irgendwann völlig gesund sein?« stürzten wie eine Sintflut mit unheimlicher Macht auf Rosa ein.

Eine Beantwortung diese Frage war fast unmöglich.

An belastenden Nebenwirkungen von Schmerzmitteln bereits gewöhnt, befiel Rosa nach Einnahme ihrer Schmerzmedizin eine sanfte Müdigkeit und sie hörte sich noch sagen:

»Nur nicht wieder einschlafen, es ist noch viel zu tun.«

Doch schon im selben Moment wurde es um Rosa beängstigend still, ihr Körper griff ein und befahl ihr einzuschlafen. Unvermeidbar war Rosa abermals in einer aufregenden Traumwelt gestrandet.

Auf ihrem Sofa liegend, nahm alles … Weitere seinen natürlichen Lauf.

Mit ihrer Tochter Lisa unternahm sie eine Reise zu einem Bauernhof. Tiere waren die große Leidenschaft von Tochter Lisa, ganz besonders die kleinen Ponys. Dort auf dem Bauernhof gab es viele unterhaltsame und begeisternde Beschäftigungen. Nun war der Bauernhof sehr groß und Rosa bekam Angst, ihre Tochter könnte sich verlaufen, da die Umgebung recht urwüchsig und besonders felsig war. Die Zimmer waren freundlich und hell eingerichtet und sogar mit sehr bunten, farbigen Bettdecken bestückt. Beide konnten darin ihr gesamtes Gepäck unterbringen. Rosa war gerade mit einer Gartenarbeit beschäftigt, ihre Tochter Lisa hielt sich mit anderen Kindern bei den Pferden auf, als jemand laut schrie: »Es brennt!«

»Aber wo denn«, rief Rosa sich erschrocken umsehend.

Diesbezüglich konnte sie weder etwas sehen noch erkennen. Die Landschaft war relativ bergig, somit waren mögliche Flammen kaum zu sehen. Jedoch bei näherem Hinschauen sah sie schon rauchende und lodernde Flammen. An mehreren Stellen in der Umgebung waren sie ausgebrochen. »Wir müssen uns schnellstens zur Flucht vorbereiten«, erklärte der aufgebrachte, mit seinen Händen gestikulierende Bauer. In seiner feststellbaren und sichtbaren eigenen Not war er selbstverständlich für seine Feriengäste verantwortlich.

Daher schrie er völlig hysterisch: »Das Feuer breitet sich viel zu schnell aus und wir sind bereits überall sichtbar von Flammen eingekreist.«

»Welche Möglichkeiten zur Flucht hätten wir, um so schnell wie möglich das brennendende Gelände verlassen zu können?«, schoss es Rosa wie heißes Adrenalin durch den Kopf.

Äußerst hektisch und recht angstvoll rief sie dem Hofbesitzer zu: »Wo sollen wir denn nur so schnell hin, wenn alles rundherum brennt und kein Ausweg zu sehen ist?«

»Als Notlösung«, schrie der Bauer völlig überlastet, »könnten wir alle gemeinsam mit unseren alten Autos und den Fuhrwerken des Bauernhofs flüchten.« Schockiert und panisch vor Sorgen gestattete sich Rosa zu fragen: »Was wird mit den Tieren geschehen, die wir doch beschützen sollten?«

Noch entrüsteter, die Angst saß ihr bereits im Nacken, fragte sie vorwurfsvoll: »Wo bleiben denn die Feuerwehren der Umgebung, um diese Brände zu löschen? Gibt es überhaupt Feuerwehren?«

Ohne Feuerwehr wäre es ein fatales Unterfangen. Dann prost Mahlzeit.

Auf diese berechtigte, aufgebrachte Frage von ihr folgte eine sehr beängstigende Antwort.

»Die Feuerwehrmänner sind im Urlaub und hätten keine Ersatzmänner«, lautete die knappe und katastrophale Antwort des Bauern.

»Dafür fehlt mir jegliches Verständnis«, schimpfte Rosa laut. »Feuerwehren im Urlaub? Feuerwehren vielleicht auch noch zum Tanzen?«, meckerte sie weiter.

Eine plötzliche Hektik setzte ein, alle waren in … Alarmbereitschaft, und eifrige, panische Packereien von Gegenständen und Gepäckstücken begannen. Ein jeder versuchte, wenige wichtige Habseligkeiten zum Mitnehmen einzupacken. Rosa konnte ihre Tochter plötzlich nicht mehr sehen. Daher suchte sie sie und schrie verzweifelt nach ihr. Sie schrie und schrie, konnte nicht aufhören. Jedoch sah Rosa sie dann überaus erleichtert hinter einem alten Schuppen, schmutzig und vor Angst bebend, hervorkriechen.

Gott sei Dank war Lisa da.

Rosas Herz schmerzte und die Luft wurde ihr knapp. Mit hektischer und übereifriger Initiative ergatterten beide das erstbeste Auto, das am Wegrand stand. Aber, o Schreck, es fehlten die Räder. Bei einem weiteren Auto dasselbe traurige Dilemma.

»Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu«, murmelte Rosa vor sich hin. Aber was?, fragte sie sich.

Die Flammen kamen näher, breiteten sich rasant aus und fraßen sich gierig in die Landschaft. Immer neue Brandherde loderten auf, langsam wurde es bedrohlich heiß und die Hitze feststellbar immer größer.

Die Kinder begannen letztlich zu schreien, und einige ältere Urlauber jammerten inzwischen, da sie bereits Verbrennungsverletzungen hatten.

»Wie kommen wir hier nur, ohne Schaden zu nehmen, raus?«, klagte Rosa.

»Wir können doch hier nicht alle gesamt verbrennen?«, stöhnte sie bereits einige Brandblasen an ihren Händen habend.

Mit Todesangst in den Augen schrien mehrere Menschen völlig aufgelöst, reagierten bereits panisch, nach Hilfe. Nackte, verheerende Angst stand ihnen mitten im Gesicht geschrieben. Bedrohlich heißer und stickiger wurde es in unmittelbarer Nähe der Flammen. Zu Rosas größtem Erstaunen, völlig unerwartet, waren wie aus dem Nichts die Sirenen von Feuerwehren zu hören. Doch instinktiv konnten alle sich in Verbrennungsgefahr befindenden Menschen registrieren, dass diese von ihnen sehnsüchtig erwartete Feuerwehr sich immer weiter vom Ort des Geschehens entfernte. Somit waren alle weiterhin in dieser Feuersbrunst gefangen.

»Wo fuhr diese Feuerwehr bloß hin?«, fragten all die Betroffenen.

»Machte sie etwa einen Bogen um uns?«, fragte Rosa den Bauern verzweifelt.

Die sehnsüchtig erwartete Feuerwehr, die so dringend benötigt wurde, kam uns leider nicht zu Hilfe.

Sie fuhr einfach weg vom lodernden, brennenden Geschehen. Ungeheuerlich.

Rosa packte mit zitternden und fahrigen Händen eiligst weitere wichtige Dinge ein. Sie suchte noch nach anderen Möglichkeiten, zu retten, was zu retten war, vor allen Dingen aber ihre Tochter und sich selbst.

Ihre wimmernde Tochter wickelte sie geschwind, so schnell sie konnte, in eine alte nasse, schmutzige, Bauerndecke ein, um sie vor dem Feuer zu schützen. Es trafen immer mehr Menschen aus der Umgebung ein, die auch in Nöten vor dem Feuerteufel waren. Schon hörte Rosa panische Schreie von Brandopfern in unmittelbarer Nähe.

Ein heißes Grausen packte Mutter und Tochter und hielt beide wie mit heißen Klammern fest.

Rosa fühlte sich gewaltsam in eine heiße Zwangsjacke gedrängt, unentrinnbar eingeengt, daher versuchte sie, mit massiver letzter Kraftreserve rigoros diesem Geschehen zu entrinnen.

»Lieber Gott hilf uns bloß«, jammerte sie. »Wenn du kannst, verschone uns bloß vor dem Verbrennen.«

Plötzlich, genau im grauenvollen Durcheinander, sah sie einen grandiosen Ausweg. Sie erblickte ein altes, klappriges Fahrrad, noch dazu fahrtüchtig. Doch es fuhr nicht, brach beim Aufsteigen einfach zusammen. Waren sie etwa in einem Spukland gestrandet? Verwunderlich war die gesamte Situation.

Die rote, heiße Feuersbrunst schlug schon tosend über Rosa und Lisa zusammen.

Lautes, beängstigendes »Angstschrei« begann im wahrsten Sinne.

Blutüberströmte und halb verbrannte Menschen liefen, laut vor Panik und Schmerz schreiend, wie eine Horde wilder Flammenteufel durcheinander. Auch Rosa entwich ein schmerzvolles Stöhnen, jedoch nur, weil sie sich durch eiserne Klammern, die ihren Körper schmerzvoll einengten, nicht bewegen konnte. Eingeklammert und unbeweglich, mobilisierte sie all ihre noch vorhandenen Kräfte und sprengte mit geballter Kraft die sie einengende Klammerung. Nur der starke Wille, ihre Tochter zu retten, hatte ihr zu dieser ungeahnten Kraft verholfen.

Dann geschah plötzlich etwas Wundervolles! Es wurde merklich kühler und begann plötzlich zu regnen. Die Flammen erloschen langsam stark qualmend und laut zischend.

Das geräuschvolle Zischen der Flammen war noch zu vernehmen, als Rosa benommen langsam wieder in die Wirklichkeit zurückkehrte.

Aus einem in letzter Zeit sich öfter wiederholenden, beängstigenden Albtraum, der jedoch real wie im wirklichen Leben war.

Nach derart pulserhöhenden, sie aufreibenden Traum fühlte sich Rosa total ausgelaugt, schwach und feststellbar erschöpft, als hätte sie die Geschehnisse dieses Albtraums tatsächlich erlebt.

Feststellbar traten bei ihr solche beängstigenden Träume meist während einer kurzen Erholungspause sowie auch in den frühen Morgenstunden kurz vor dem Erwachen auf. Diese Träume erlebte sie stets als nackte Realität.

Völlig real!

Noch recht benommen vom letzten Albtraum, flitzten ihre Gedanken schon wieder in Richtung:

Sorgen um ihre Tochter.

Derart unaufhaltbare Ängste verfolgten sie sogar oft während ihrer Arbeit. Doch ihr wurde, gelinde gesagt, bewusst, dass Grübeln und Sich-Sorgen-Machen nicht weiter halfen.

Unvorbereitet gesellte sich zu Rosas permanenten Kopfschmerzen abermals heftige Übelkeit.

Niedergeschlagen und sich neben der Spur fühlend, konsultierte sie einen neuen praktischen Arzt. Diesem Arzt von ihrer bisherigen mysteriösen Erkrankung berichtend, überwies dieser sie umgehend in eine Klinik für innere Erkrankungen. Bestand auf eine gründliche Diagnostik.

Konnte sie weiteren Ärzten noch ihr Vertrauen entgegenbringen? Allzu oft wurde sie derb enttäuscht. Daher ging sie auf Nummer sicher und wollte wachsam bleiben.

In ihren jüngeren Jahren hatte Rosa Kraftsport betrieben. Es bestand durchaus die Möglichkeit einer Wirbelsäulenschädigung. Durch nicht unerhebliche Verbiegungen war eine solche Schädigung immerhin möglich.

Schneller als erwartet bekam sie den Einzugstermin in genau dieselbe große Uniklinik, in der sie später von Professor Müller abserviert werden sollte. Doch jetzt war es eine Klinik für innere Erkrankungen.

Die Untersuchungen schritten rasant voran, und schon bald stand eine außergewöhnliche, nicht besonders ruhmreiche Diagnose fest.

Außer: »Sie sind zu dünn, Sie brauchen ein bisschen Eisen und Vitamin C«, war weiter nichts Nennenswertes festgestellt worden. Mit offenem Mund, hochgezogener Stirn und sichtlich erstauntem Blick ließ sich Rosa dazu verleiten zu fragen: »War kein weiterer krankhafter Befund feststellbar?«

Damals schon … 1969 wurde sie erstmalig mit einer bedeutsamen Schlamperei in dieser großen Uni-Klinik in Berlin konfrontiert. Nochmals hakte sie nach.

Der dortige Radiologe rückte, nachdem ihn Rosa rigoros attackierte, dann doch mit einer Befundkleinigkeit raus: »An in Ihrem Dickdarm ist feststellbar ein birnengroßer Schatten, der dort nicht hingehört«, quälte er seine gestellte Diagnose heraus.

»Was könnte das sein?«, fragte Rosa.

»Kann ich nicht sagen, weiß ich nicht«, plapperte dieser Arzt entnervt wirkend.

Das war nicht begreifbar für Rosa.

Ebenso auch nicht nachvollziehbar.

Sogar unterlassene Hilfeleistung? Oder dreiste Schlamperei?

Daher also Ursache ungewiss?

Bedarf auch keiner weiteren Klärung?

Eine Patientin wurde unverrichteter Dinge entlassen, kann gehen, trotz ungewissem, aber doch deutlich sichtbarem Befund!

Abermals von Ärzten stark enttäuscht, verstand Rosa nicht, was da vor sich ging. Verließ daher in verärgerter und bedrückter Stimmung diese Klinik für innere Erkrankungen.

Auf jeden Fall ein merkwürdiger Tatbestand.

Interessierte anschließend auch niemanden, schon gar nicht diesem Radiologen?

Rosas Wissensdurst war durch die derart fatale ärztliche Panne geweckt. Sie wollte unbedingt wissen, was der Schatten, der an genannter Stelle nicht hingehörte, aber deutliche Beschwerden hervorrief, sein könnte. Sämtliche alten Arztbücher mussten dran glauben. Omas Bücher, auch die aus der gesamten Nachbarschaft machte sie sich zu eigen.

Nach verhältnismäßig kurzer Zeit glaubte sie, für Ihre Begriffe vorstellbar, die weitaus richtige Diagnose, zu kennen. Rosa glaubte es zumindest. Ihre Selbstdiagnose war dann, hoffte sie, eindeutig die richtige. Es handelte sich mit großer Sicherheit, so ihre Vorstellung, um eine total verlagerte Niere.

Schon recht fatal, aber auch sicher nackte Tatsache.

Das sollte sich schon bald beweisen.

An dieser vorstellbaren, selbst diagnostizierten Ursache hielt Rosa siegesgewiss fest und setzte sich vollends dafür ein, in einer urologischen Klinik erneut untersucht zu werden.

Schadenfroh und mitleidig wurde sie im Bekanntenkreis belächelt. Mit Sicherheit dachten alle, sie hätte eine kleine Schraube locker und sich nur eine Krankheit ausgedacht.

Doch ihre eigene Diagnose sollte tatsächlich eine reale Tatsache werden. Belächelt wurde sie ebenfalls dann in der Sprechstunde eines Chefarztes für Urologie im Berliner Hedwigs-Krankenhaus, als sie von ihrem Verdacht, eine Senkniere oder Wanderniere zu haben, erzählte. Gerade noch rechtzeitig konnte der hohe Chef sich ein Lachen verkneifen, doch ein Schmunzeln seinerseits war noch lange in seinem Gesicht zu erkennen.

Schelmisch lächelnd äußerte dann der Chefarzt:

»Wir werden schon herausfinden, was es mit ihrer Vermutung auf sich hat«, erklärte ihr dieser sich auf ihre Kosten amüsierende Chefarzt, sich sein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen könnend.

Trotz alledem wäre er begeistert, immer noch lächelnd, dass eine Patientin ihre eigene Diagnose mitbringen würde, so etwas sei nicht alltäglich.

Nicht unerheblicher Stolz erfasste Rosa und ließ sie sogar ein Stückchen wachsen.

Nach dann umfangreichen Untersuchungen, Rosa abermals im Sprechzimmer des Chefarztes vorsprechend, stürzte Herr Chefarzt strahlend auf sie zu und gratulierte ihr zur Feststellung ihrer eigenen – tatsächlichen – Diagnose.

Doch die dann total verwirrende Frage des Chefarztes »Wann können Sie hier einziehen?« warf sie fast aus ihrer gradlinigen Bahn.

Rosas rechte Niere lag im unteren Teil ihres Körpers und hatte keinen eigenen Harnleiter. Hinzu kam noch, dass sie kurz vor einer fatalen Harnvergiftung stand. Nach einer doch dann großen OP wurde getrennt, ersetzt und angenäht, was notwendig war. 21 Tage genoss sie einen schmerzvollen Aufenthalt, davon 18 Tage ans Bett gefesselt, in dieser von freundlichen Nonnen umgebenen Klinik.

Somit hatte die Uni-Klinik in der Großstadt eindeutig versagt, oder nahmen die Ärzte es dort nicht so genau mit den Diagnosen und ihren helfenden Behandlungen? Könnte auch an mangelndem Interesse liegen.

Immerhin ein trauriges Beispiel für doch so gelobte ärztliche Arbeit in Uni-Kliniken.

Ungewollt, aber recht sinnvoll und schneller als gedacht, wurde somit Rosa eine längere Ruhepause beschert.

Bald schon wurde ihr bewusst, dass ihre starken Kopfschmerzen nicht im Zusammenhang, eher unabhängig, mit der Nierenerkrankung und der OP auftraten.

Weiterhin ein bedeutsames Rätselraten?

Da Rosa zu dieser Zeit noch in ihrem Elternhaus wohnte, in der DDR, und ihr Vater während ihrer Nierenerkrankung in der Tat echt mitgelitten hatte, buchte er resolut einen 5-tägigen Flug nach Moskau. In die sozialistischen Länder konnten ja die Bewohner der DDR ohne Einschränkung reisen.

Diese Länder gehörten ja sozialistischen Freunden, mit ebenfalls sozialistischen Spitzeln und Stasihelden. Rosa sollte sich nach ihrer großen Nieren-OP ein wenig erholen.

In Berlin-Schönefeld, den nicht fertig werdenden Flughafen, startete dann der Flieger in diese sozialistische Stadt. In Berlin-Schönefeld flogen Rosa und Eltern bei ca. 12 Grad Wärme los, in Moskau landeten sie bei Schneesturm und 21 Grad Kälte. Nach Aussteigen aus dem Flieger erfolgte eine erste heitere Überraschung. Rosas Mutter Elise, einer Hütchen tragenden Mama, flog das schicke Hütchen vom Kopf. Wie ein Wiesel, das aus einer Falle entwischt, spurtet sie ihrem Hütchen hinterher. Das Gelächter, das dann auf dem Flughafengelände ausbrach, war eine reinste Show. Besonders, da ihr das Hütchen immer wieder entschlüpfte.

Rosa, von ihrer großen Operation noch erheblich geschwächt, verbrachte, da sie fror und bibberte wie vom Baum fallendes Espenlaub, die meiste Zeit in einer heißen Badewanne. In sämtlichen der Hotelzimmer herrschte nur eine Temperatur von gerade mal 18 Grad. Die Zeit verging schnell, und schon bald kam der Rückflug. Durch die heftige Kälte bedingt zog sich Rosa wärmer an.

Im Flugzeug gab es für die Passagiere echten Krimsekt. Rosa und Papa sprachen diesem herrlich wärmenden Getränk eifrig zu. Kurz vor der Landung dann in Berlin geschah etwas nicht Vorhersehbares. Leicht umnebelt vom Krimsekt, jedoch feststellbar, setzte das Flugzeug nicht zur erforderlichen Landung an. Es kreiste und kreiste wie ein Drehwurm um sich selbst. Rosa aus dem Fenster sehend, konnte erkennen, dass der Flughafen von außen rundherum von Feuerwehren und Rettungswagen dicht umstellt war.

Was war da passiert?

Unfall?

Doch bei derart vielen Hilfsfahrzeugen konnte es sich nur eine größere Notangelegenheit handeln. Hoffentlich beglückte man sie nicht doch noch mit einer psychischen Variante? Die Passagiere des Flugzeuges wurden leicht unruhig, da es immer noch nicht zur Landung aufgerufen wurde. Dann urplötzlich kam eine Durchsage vom Flugkapitän. Dieser sprach mit angeschlagener und belegter Stimme. In der Tat handelte es sich um Rosas Flugzeug, das in katastrophaler Not schwebte. Laut Ansage des Kapitäns schwebten alle Fluggäste in solcher lebensbedrohlichen Not. Alle Passagiere mussten sich daher für eine Notlandung, die leicht zu einer Bruchlandung werden konnte, vorbereiten. Man hörte förmlich die vielen Herzen vor Todesangst in manche Hosen rutschten. Rosa nochmals nach unten schauend, entdeckte, dass über die gesamte Landungsbahn ein weißer, wie Schnee aussehender Teppich ausgebreitet wurde. Und dann erfolgte wie ein warnender regelrechter Todesruf: »Jetzt müssen wir alle runter, da der Treibstoff alle ist!«

»Oje, lieber Gott, hilf uns in dieser Not«, hörte Rosa viele Menschen jammern. Andere blieben einfach abwartend, jedoch wie gelähmt auf ihren Sitzplätzen sitzen.

Sich gut für diese hoffentlich nicht eine Todeslandung vorbereitet habend, ging es in Richtung der weißen Schaummasse. Rosa zuckte hoch, hörte, wie die Räder des Flugzeugs rollten, und wusste sofort, es ist noch einmal gut gegangen. In letzter Sekunde hatte sich das Fahrgestell ausgeklinkt. Tiefes geräuschvolles Aufatmen erfolgte. Ein rasender … »Juchhuh« schreiender Flugkapitän hüpfte, wie ein vor Freude tanzender Indianer, durchs Flugzeug. »Wir werden nicht sterben, wir sind alle Kinder Gottes«, so dieser Flugzeugpilot. Sie würde noch nicht sterben müssen.

Eine heile Welt daher wieder für Rosa und ihre Eltern.

Bedenklich zerknirscht über den Tatbestand »Kopfschmerz« nachdenkend, platzte unerwartet eine tolle Idee mitten in ihr Hirn hinein. Ihr erneutes tatkräftiges Handeln sollte ab sofort sein, eigenhändig und selbstbewusst nach ihrer eigenen Diagnose … Schmerz zu suchen.

Massenhaft medizinische Literatur stapelte sich inzwischen auf ihren Tisch. Euphorisch machte sie sich an die Arbeit, um die Ursache ihrer belastenden Kopfschmerzen zu finden. Instinktiv und uneingeschränkt war sie sich ziemlich sicher, dass die Zähne mit Entzündungen an den Wurzeln die wahrscheinlichste und einzig richtige Ursache all ihrer Schmerzprobleme waren.

Rosas Überzeugung war nun eine Sache, die Auffassung der Ärzte eine völlig … andere. Doch wer würde in diesem … desaströsen Spiel nun recht haben und behalten? Sie, die Betroffene, wollte es nun, wenn auch mit großer Ungeduld, einfach wissen. Ihr unaufhörliches Recherchieren beanspruchte sie mehr als erwartet, und somit griffen, wie aus dem Nichts, drastische Kopfschmerzen nach ihr. Diese hämmerten, bohrten und brachten ihren gesamten Tagesablauf durcheinander, den sie völlig anders geplant hatte. Auf keinen Fall durch Schmerzen so massiv behindert.

Ein Verscheuchen dieses belastenden Zustandes gelang ihr nur mit starken Schmerzmitteln. Danach, meist gleich ablaufend, bei wiederholtem Einschlafen belagerte Rosa mit Sicherheit wieder einer ihrer bedrückenden Albträume, die sie allmählich deutlich belasteten. Wie bereits erahnt, lag eines dieser Monster schon auf der Lauer.

Merkbar schon schläfrig und recht benommen vom Schmerzmedikament, welches Rosa voller Unwillen und Ekel hinuntergeschluckt hatte, nistete sich das Traummonster abermals bei ihr ein.

Kurz danach war sie bereits in einer überwältigenden Traumwelt gelandet, in der sie in eine Klinik zum Notdienst fahren wollte, um sich helfen zu lassen, da die Schmerzen wie Geier über sie herfielen und sie regelrecht folterten. Ihr kleines, klappriges Auto fuhr im rasanten Tempo auf einer Landstraße entlang. Erstaunlich für Rosa, ungläubig und unfassbar, fuhr es plötzlich völlig selbstständig, sodass sie kein Gas zu geben brauchte. Jedoch lenkte es ebenso selbstständig in eine völlig andere Richtung, als wie sie es geplant und beabsichtigt hatte.

»Wo will es nur hin?«, versuchte sie schockiert festzustellen. Doch sie hatte keinen Einfluss auf dieses bemerkenswert theatralische Geschehen, denn es fuhr unbeeindruckt weiter und wurde immer schneller. Rosa daher misstrauisch werdend, bezüglich des Zielortes, konnte immer noch nicht erkennen und sich vorstellen, wohin ihr Auto sie bringen wollte. Plötzlich wurden, wie durch Geisterhand, ihre Augen zugedrückt. Jegliche Bemühung, sie zu öffnen, scheiterte jämmerlich. Daher hatte sie jegliche Orientierung zwecks Richtung der Fahrt verloren.

Rosas Augen blieben fest verschlossen, wie für die Ewigkeit.

Ihr angeknackstes Herz wurde unruhig und hämmerte wie der Hammer auf einem Amboss. Es war ja auch ein recht strapaziertes Herz, und nun noch diese beängstigende Ungewissheit.

Sie fühlte sich heimtückischen Angstgefühlen ausgeliefert, war nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Sie erlebte innerliche zermürbende Machtkämpfe.

Unerwartet, dann spontan aufhorchend, vernahm sie ein leiser werdendes Brummen ihres flotten Fahrzeuges. Besonders erstaunt aber, dass ihr Auto leiser und immer leiser wurde. Bis es holpernd und ruckend überraschend zum Stillstand kam. Mit geschlossenen und verklebten Augen saß Rosa, langsam ihre Situation erfassend, in ihrem Wunder von Auto. Zusehends, langsam, vorerst nur einen kleinen Schlitz, dann Stück für Stück konnte sie zu ihrer Überraschung die sich wie verkleistert anfühlenden Augen wieder öffnen.

Oh Wunder!

Es wurde wieder hell.

Sollte sie schon erwachen?

Doch unsicher mit noch verschleierten Augen schaute sie sich fragend um:

Wo … um Himmels willen war sie hier?

Was sollte sie in einer derart unwirklich erscheinenden und einsamen Gegend?

Staunend sah sich Rosa, um und ihr Blick erhaschte eine herrliche Berglandschaft mit tosenden Wasserfällen. Dazugehörend bot sich ihr eine Augenweide von wunderschönen bunten, rot leuchtenden Blüten und mit stachligem Blattwerk bewachsenen Sträuchern an einigen Berghängen an. Zu ihrem besonderen Erstaunen bemerkte sie im etwas versteckt liegenden Hintergrund einige alte, zum Teil verfallene graufarbige Baracken. Zu ihrer größten Verwunderung hatten diese alten, grauen und vergammelten Baracken, auch alten Kirmesbuden ähnelnd, ein rotes Kreuz auf ihrem Dach, wie bei Rettungs- und Sanitätseinrichtungen. Sollten ihre Ahnungen sie nicht täuschen, war sie einem alten, aus der Kriegszeit übrig gebliebenen russischen Lazarettdorf gestrandet, da diese Landschaft sich bemerkenswert russisch darstellte.

Hoffentlich nicht noch aus dem Zweiten Weltkrieg, denn dann wäre sie nicht nur verkehrt gestrandet, sondern auch in eine falsche Zeitepoche versetzt worden.

Was Rosa an dieser Ausnahmesituation stark verunsicherte:

Wie kam sie nur hierher und warum?

Bizarre Vorstellungen von möglicher Schmerzbehandlung in diesen Gammelbuden war totaler Schwachsinn und unvorstellbar.

Nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorstellbar.

Äußerst zweifelnd und in dramatischen Schock- und Ausnahmezustand versetzt, fragte sie sich permanent, besonders durch den Anblick dieser trostlosen Gegend schockiert, was sie um Himmels willen hier sollte. Und was hatte sie hier verloren, doch mit Sicherheit keine zu erwartende und erhoffende Schmerzbehandlung?

Von einer plötzlichen Hoffnungslosigkeit erfasst, suchte Rosa nach einem möglichen Weg, um dieser bedenklichen Unwirklichkeit zu entfliehen. Doch die Berge gerieten rundherum in Bewegung und legten zusehend und bedenklich an Höhe zu. Nahmen noch dazu bedrohlich wirkende dunkle und düstere Farben an. Merkbar ängstlich, sich in einem Gefühlschaos befindend, war sie bereits am Rand einer panischen Verzweiflung.

Ungläubig stellte sie fest, dass es doch Tausende von Kilometern waren, die dieses Lazarettdorf von ihrer Heimat trennten. Sollte sie sich etwa in einer Zeitmaschine befunden haben?

»Gänzlich unmöglich«, schimpfte sie.

»Das ist doch reinster Unfug«, wetterte sie weiter.

Außerdem war es für Rosa nicht fassbar, was sie hier verloren hatte. Auch konnte sie sich keinen Reim darauf machen, was sie in dieser wie eine bizarre Märchenwelt aussehenden Landschaft erwarten würde. So schnell wie möglich dieser Traumlandschaft den Rücken kehren und einfach verschwinden, ganz schnell weg, so weit wie möglich weg von dieser Unwirklichkeit, drifteten ihre Gedanken rasant durcheinander. Im unmittelbar selben Moment kamen von allen Seiten, fast schleichend und leicht watschelnd, weiß gekleidete bizarre Gestalten auf sie zu.

»Schock lass nach und türme ganz, ganz schnell«, ratterten ihre bereits verängstigten und durchgeschüttelten Sinne.

»Was sind das für merkwürdig aussehende und doch menschlich wirkende Gestalten? Und was wollen diese von mir?«, versuchte sie schockiert zu ergründen.

Verwundert und von großer Neugierde gepackt, da sie diese außergewöhnliche und unheimliche Situation besonders beschäftigte, versuchte sie zu entschlüsseln, wer und was diese merkwürdigen mysteriösen Gestalten waren und wo sie so ganz plötzlich herkamen.

Noch mehr beschäftigte Rosa, wer diese sonderbaren und komischen Lebewesen waren, und was ihre dortige Notwendigkeit sein konnte und darstellte.

Auf jeden Fall kamen diese Wesen feststellbar aus Richtung der Gammelbuden und auf sie schleichend zu.

Diese sonderbaren Gestalten hinterließen bei ihr den deutlichen Eindruck von eventuellen Kriegsverletzten, die nach dem letzten Krieg und Nachkriegszeit hier in Vergessenheit geraten waren. Es könnte sich aber auch um weggesperrte Ärzte handeln, sinnierte sie überlegend, die möglicherweise Behandlungsfehler begangen hatten und in dieser Einöde über ihre Fehler an Patienten nachdenken sollten, um in Zukunft weitere ärztliche Schäden zu vermeiden.

Wäre eine gute Sache und sollte Anwendung finden!

Äußerst irritiert und unangenehm berührt vernahm sie dann ein unverständliches, raues Stöhnen, gurrendes Brabbeln und leidvolles Jammern, das von diesen unrealistischen, komischen menschlichen Wesen ausging. Schon bald ihre bereits erheblich strapazierte Geduld und Fassung verlierend, tauchte in ihr der Gedanke auf, dass es vielleicht auch seelische Krüppel sein könnten, die hier in dieser öden und kargen Einsamkeit dahinvegetierten und einfach weggesperrt worden waren.

Warum nur?

In Rosas Augen schien dieses wahnwitzige Erlebnis total unwahr und nicht als normal anzusehen.

Daher bemühte sie sich zu begreifen, was hier vor sich gehen könnte. Diese sonderbare eigenwillige Situation beschäftigte ihr Unterbewusstsein derart, sodass sie in Erfahrung bringen wollte, wozu und aus welchem ersichtlichen Grund sie hier in dieser einem anderen Stern ähnelnder Landschaft gestrandet war.

Mit einer solch bizarren und unwirklichen Situation war Rosa weitaus überfordert.

Auf jeden Fall erschien das unvorstellbare Ganze wie ein Stück aus einem Hitchcock-Film und hinterließ bei ihr den Eindruck von einer völlig unwirklichen Welt im Universum, einfach unreal, einfach Utopie. Rosas Gehirn arbeitete und rotierte, suchte nach einer Erklärung für diese Unwirklichkeit, fand aber keinen Reim darauf.

Als diese mysteriösen Gestalten zu ihrem Gebrabbel zusätzlich noch relativ plötzlich mit ihren Köpfen und Händen komisch gestikulierten, wurde ihr klar, sie war mit Sicherheit auf einem psychiatrischen Klinikgelände mit dazugehörender Anstalt gelandet.

Psychiatrie war ihr bekannt, das hatte sie schon einmal erlebt.

Nach der … Beantragung ihrer Ausreise in die BRD zur ärztlichen Behandlung wollte der Staatsrat der DDR, Abteilung Gesundheitswesen, mit Beteiligung einiger Stasiärzte Rosa zwecks Behandlung in eine … Psychiatrie einweisen lassen, um ihre Ausreise zu verhindern.

Hatten diese bestimmten Ärzte es nun doch geschafft, sie dort unterzubringen, um sie nicht ausreisen zu lassen? Einfach eingewiesen, weggesperrt und medikamentös ruhiggestellt. In Rosa brach spontan ein Gefühlschaos aus. Eine bereits schon einmal durchlebte Höllenqual ergriff Rosa und drohte ihr gesamtes Innenleben zu zerreißen. Das Glück war ihr damals in ihrer perfiden Situation hold, da der damalige Chefarzt der Psychiatrie Professor Nisch sie rettete. Er hatte durch seine Hilfe ihre makabre Einweisung in seine Psycho-Klinik verhindert. Rosa hatte damals total erleichtert aufatmen können.

Ihre aus Angst heraus versuchten Bemühungen, aus dieser Situation, zu türmen, scheiterten völlig, weil ihr geliebtes klappriges Auto verschwunden war. Auch wegrennen gelang ihr nicht, weil ihre Beine schlappmachten und einknickten. Sie kapitulierten und versagten regelrecht, obwohl Rosa doch recht sportlich war.

Was bloß tun in höchster Not?

Schreien und abermals laut um Hilfe schreien?

Nur, wer hört Rosa?

Wohl keiner, der ihr helfen könnte!

Und schon gar nicht hier in dieser unwirklichen Pampa? Auf jeden Fall kein gesunder Mensch!

Recht verschlafen und noch keinen klaren Gedanken fassen könnend, vernahm sie ein ihr befremdliches Geräusch. Registrierte kurz darauf ein Öffnen ihrer Zimmertür und hörte verdutzt leise jemanden sagen: »Alles in Ordnung mit dir?«

»Hast du gerade so gehetzt klingend geschrien?«, wurde sie von leise klingender Stimme gefragt.

»Das war mit Sicherheit nicht ich«, lautete Rosas spontane Antwort zwecks Verteidigung. »O Schreck, war das wieder einer dieser bescheuerten Albträume?«, seufzte Rosa.

Weshalb spielten sich darin nur solche fatalen und beängstigenden Ereignisse ab? Diese Tatsache blieb für sie stets ein Rätsel. War auch nicht von ihr aufhalt- und steuerbar, geschweige denn zu verhindern.

Auch fühlte sich Rosa nach derart belastendem Albtraum völlig zerschlagen und abgekämpft. Weil sie in der Tat einem besonderen Geschehen realistisch nahe kam?

Oder weil in ihrem Kopf makabre Erlebnisse gespeichert und einprogrammiert waren?

Besondere Erlebnisse also gespeichert und auf Abruf verfügbar so wie in ihrem Albtraum.

An Rosas rechter Halsseite wuchs ein Lymphknoten, nahm bedenkliche Größe an und schmerzte außerdem noch. Notgedrungen suchte sie einen Zahnarzt auf, um eine vermutete Zahnerkrankung auszuschließen. Der Zahnarzt konnte leider nichts feststellen. Auch eine HNO-Einrichtung war ratlos und konnte keine Ursache der vergrößerten Lymphknoten am Hals entdecken. Das Erscheinungsbild der vergrößerten Lymphknoten deutete tatsächlich auf einen Entzündungsprozess hin, daher unverständlich, warum es für Ärzte so dramatisch schwer sein sollte, einen simplen Entzündungsherd zu finden und zu behandeln. Rosa konnte solchen Tatbestand und fatalen Behandlungsablauf nicht begreifen.

Eine für sie schier beunruhigende und heikle Situation.

Tatsächliche Ursache der vorhandenen großen Lymphknotenschwellung warf eindeutig beängstigende Fragen zum Ursachenproblem auf. Wozu HNO-Ärzte in Anspruch nehmen, wenn fachlich kompetente Mediziner nichts feststellen können, nichts sehen können, daher auch nicht behandeln können?

Waren diese etwa gelangweilt?

Oder hatten diese in der DDR nur eine schlechte Ausbildung?

Vielleicht konnte eine starke Vergrößerungsbrille Abhilfe schaffen.

Gleiches Modell traf auch für die Zahnärzte zu. Solch eine Tatsache wäre für … alle nicht sehen könnenden Ärzteprofis ein teurer Spaß.

Brillengeschäft für Arztpraxen wäre angebracht?

Wäre auch ein sicheres Zusatzgeschäft?

Schon seit Längerem beschäftigte Rosa sich gedanklich mit diesem äußerst fragwürdigen Entzündungsproblem. Angeblich war die Ursache ihrer unerträglichen Kopfschmerzen nicht zu diagnostizieren?

In einer neurologischen Ambulanz, nach Untersuchung ihres Kopfes, wurde ihr schriftlich bestätigt, dass sie an keiner neurologischen Erkrankung litt.

Neurologischer Rat dann, mit Nachdruck darauf drängend, dass die HNO-Ärzte sowie die Zahnärzte endlich ihre Arbeit ordentlich und gewissenhafter erledigen sollten.

Solche Aussagen machten Rosa nicht nur betroffen, verunsicherten sie eher immer mehr.

»Albtraum oder doch Realität?«, fragte sie sich.

Konnte sie Ärzte gegen ihren Willen zwingen zu sehen, was nicht gesehen werden wollte, vielleicht auch nicht fachlich gekonnt wurde?

Abermals ein unbegreiflicher Tatbestand.

Auf einen solchen Tatbestand hinzuweisen galt sicher als … Besserwisserei, konnte somit als fachliche Unkenntnis abgetan werden.

Zwischenzeitlich wurden Rosa zwei Zähne gezogen, Zahnlücken ausgefüllt, und einen tadellosen weißen Ersatz bekam sie gratis dazu.

Wie schön?

Schmerzhafte Perlen?

Hoffentlich nicht so bald ein ebenso weiß lackiertes Prachtstück von Gebiss?

Machbar war alles?

Ärzte ermöglichen vieles, können nur keine richtige Diagnose stellen.

Enttäuschend auf gesamter Linie aber war, dass Rosas Fall als erledigt galt, ohne nach der Ursache ihrer immer wiederkehrenden, sie belastenden Beschwerden zu forschen. Einfach zu den Akten gelegt, abserviert und unter »ferner liefen« abgeschoben.

Äußerst interessant? Doch eher Desinteresse!

Der Patient sollte doch selbst seine Diagnose stellen?

Auch noch Selbstheiler und Selbsthelfer sein?