Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Überraschendes Griechenland, Land voller Wunder! Griechenland entzückt, irritiert, verwundert, erschreckt, begeistert, ärgert und fasziniert. Liebe macht nicht blind, sondern sehend. Die griechische Lebensart und die Besonderheiten Griechenlands werden vorgestellt - subjektiv erlebt, aber dennoch sicher typisch.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 368
Veröffentlichungsjahr: 2018
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Blue Note
Blaues Wunder
Griechenland
Blau in Blau
Blau in Blau
Blauer Planet
Griechisches Blau
Blau angelaufen
I feel blue
Ach Griechenland, ich liebe dich!
Für alle Freunde Griechenlands
und unsere griechischen Freunde
GRIECHENLAND - WUNDERTÜTE IN BLAU
I OREA ELLAS - SCHÖNES HELLAS
Großherzige Gastlichkeit
Service im Reisebüro
Geht nicht!? Gibt's nicht!
Kafenion und Café
Oinokafepantopoleion
Schatten-Genuss: Drossia
Griechisch, die schwerste Sprache der Welt!
Dolce far niente auf Griechisch
Straßentheater
Zauberhaft!
Platzkonzert in Olymbos
Der Inselmaler
Griechische Mütter
Wie soll das Kind denn heißen?
Bei Nonnen und Mönchen zu Besuch
DRAMA, FIASKO, KATASTROPHE
Ti na kanoume!
Liebe für das ganze Leben?
Winzige Insel
Mein Dorf, meine Insel, mein Leben
Trügerische Inselidylle
Wir sind doch Flüchtlinge!
Europa liegt ganz woanders
Greek Statistics
"Apodixi"= Quittung. Eine neue Vokabel
Alters Armut -Insel-Elend
Wohin mit dem Müll?
Nationalfeiertag im Doppelpack
Schwere Arbeit auf der Post
Streiks und Demos
Beim Arzt
Griechen in Görlitz
Deutsche Schuld und griechische Schulden
Flüchtlingselend
Christina Retsina
The Times They Are a-Changin'
"KRISENGESPRÄCHE"
Erzählungen eines griechisch - deutschen Ausgewanderten
Ein leidender Arzt
Mentalitätsfragen
Die Krise ist in der Mittelschicht angekommen
Anarchistische Kriseninterpretation
Tapfer in der Mea Culpa-Phase
FESTE UND FEIERN
Keine Könige am 6. Januar... aber viel, viel Wasser
Kretisches Fest in Athen
Kathara Deftera, Rosenmontag in Athen
Kali Sarakosti! Gute Fastenzeit!
Ostervorbereitungen
Osternacht in Athen
Ostern, Feier des Lebens
Big Fat Greek Wedding
Eine griechisch-orthodoxe Taufe
Ungewöhnliche Taufe
Setzt euch zu uns!
ESSEN, TRINKEN, GENIESSEN
Wasser des Lebens
Fai! Iss!
Unser Olivenöl, das beste der Welt!
Ouzo? Passt immer!
Dioskouri: Zwei, die zusammengehören wie Ouzo mit Mezedes
Genuss für Auge und Gaumen im Akropolismuseum
I Oraia Ellas
ManiMani
"To Steki tou Ilia", ein Platz zum Essen und zum Sein
"To Afthereto", "Der Illegale" kocht ganz legal
KLEINE INSELN
Ägäis-Kreuzfahrt mit Fähren
Gavdos, Insel zwischen Europa und Afrika
Kea im Winter
Anafi, das Original
Das Original übertrifft alles! Eine perfekte Bilderbuch-Kykladeninsel!
Chalki, Rhodos' kleine Schwester
Iraklia - Eine Aufgabe für Heraklis
Schinoussa - Hartnäckige Insel(sehn)sucht
Serifos - Bröckelnde Schönheit
Sikinos - Ereignisreiche Ereignislosigkeit
NACHWORT
Griechenland überrascht. Selbst wenn man glaubt, es einigermaßen zu kennen, stellt man verwundert fest, dass es anders ist als gedacht.
Die Klischees stimmen - so wie alle immer irgendwie zutreffen: Immer gibt es einen wahren Kern. Und wie alle Schablonen erfassen sie nur die Oberfläche.
Die griechische Wundertüte ist prall gefüllt mit Geschenken für den Gast. Immer ein
Hauptgewinn, nie eine Niete. Immer ist ein liebenswertes Präsent enthalten für diejenigen, die es zu würdigen wissen.
Ein "Blaues Wunder", das ist das Meer! So blau! Tiefblau. Dieses typisch griechische Blau der Ägäis und des Ionischen Meeres spiegelt sich in der blau-weiß gestreiften Flagge, in Fenster- und Türrahmen, Kirchenkuppeln, Tischen und Stühlen - unzweifelhaft auf Kalenderblättern und in der Werbung. Weiß und Blau, ein Klischee. Doch es trifft zu. Blau ist die typisch griechische Farbe. Es gibt auch Gegenden mit roten Dächern und grünen Türen. Es gibt nicht nur weiß gekalkte Würfelhäuser, sondern auch solche aus grauen Bruchsteinen oder aus Beton, mit Sattel- oder Tonnendach. Die Städte wirken grau-weiß bleich, auch typisch.
Griechenland ist so wenig mit den Kykladen identisch wie Deutschland mit Bayern, auch wenn Ausländer sich das so vorstellen.
Griechenland bedeutet Vielfalt!
Wunderbar: Die Landschaft, das Meer, die Inseln, das flirrende Grün der Oliven, die Musik, das Bergland, die Gegenwart der Antike, die Klöster und Kirchen, der blaue Himmel, das blaue, blaue Meer, vor allem aber die warmherzigen, Menschen. Ihre Lust am Leben, an Gemeinsamkeit, Freude am lustvollen Streiten, am Improvisieren beeindrucken. Ihre Hilfsbereitschaft und Offenheit für die Fremden berühren mich und allem voran ihre Lebenskunst, der Mut, trotz bedrückender äußerer Umstände nicht zu verzweifeln.
Ein Land voller Wunder! Tiefe, lebendige Gläubigkeit erlebt der Gast in Kirchen und Klöstern, bei religiösen Festen wie weltlichen Feiern, die ohne Segen eines Popen nicht auskommen. Die Heiligenlegenden sind für die Gläubigen geglaubte Realität. Mit Wundern zu rechnen ist in Griechenland nicht absonderlich. Wunder geschehen im Alltag. Man kann sie selbst herbeirufen, durch Rituale, auch durch Gebete. Mythen trösten. Sie erklären seit jeher die Welt, mitunter auch die Politik. Man möchte daran glauben, dass sich die Probleme wunderbarer Weise auflösen.
Wenn alle rationalen Erklärungen versagen, hilft ihnen die Formel, dass Griechen eben anders sind als der Rest der Europäer. Sie haben tatsächlich viele ihrer Eigenarten bewahrt. Sie sind zweifelsfrei konstitutiver Teil von Europa, möchten es manchmal aber doch lieber nicht sein.
Wunderlich sind manche tief eingewurzelten Gewohnheiten und Einstellungen, auch das Selbstbild vieler Griechen. Verwunderlich sind ihre gängigen Theorien zur Erklärung der Situation und "der Krise", die ihr Leben so verändert hat.
Unbeschwert fühlen sich die Menschen nicht, schon nicht vor, erst recht nicht während der Krise.
"I feel blue" - dafür gibt es keine direkte Entsprechung im Griechischen, sehr wohl aber das melancholische Gefühl. Die Lieder sind nicht immer fröhlich. Der Rembetiko wird auch "Griechischer Blues" genannt. Aber, o Wunder, die trüben Momente halten nicht lange an. Immer wieder blitzen Witz und Optimismus auf. "Eτσι Είναι Η Ζωή", "Etsi Einai I Zoi", so ist das Leben! Eine bunte Wundertüte. Man weiß nie, was man bekommt. Aber alle wissen: Ganz schlecht kann es nicht kommen. Es ist ja keine Niete im Spiel.
Griechenland, meine Liebe fürs Leben.
Kein Wunder!
Griechische Gastlichkeit, die Orientierung auf den Fremden, das Zurückstellen eigener Bedürfnisse und Befindlichkeiten zugunsten des Gastes, erleben wir immer und überall.
1.
Gerade im kleinen Hotel angekommen, plagt uns großer Durst. Mein Mann fragt an der Rezeption, ob man hier in der Nähe ein kaltes Bier kaufen kann. Da bekommt er eine große Dose gereicht. "Ein Geschenk!" betont die Wirtin. Und weil man unbedingt was dazu essen muss, gibt es dazu noch ein Tellerchen sehr leckeren Käse von der Insel, aromatisch und würzig, ohne Schärfe.
2.
Die Kombination von Kaffee und Kuchen in einem Café, die bei uns üblich ist, hat in Griechenland Seltenheitswert. Es ist aber überhaupt kein Problem, sich in der Konditorei ein süßes Stück zu kaufen und in die Café-Bar mitzunehmen. Der Kellner bringt von sich aus sofort Teller, kleine Gabeln und Servierten. "Kali orexi!", guten Appetit.
3.
Ich flitze eilig los, um etwas zum Frühstück einzukaufen. Der Bäcker kommt mit bemehlter Schürze und Teig an den Händen aus der Backstube. Das Brot ist noch nicht fertig, auch sonst noch nichts Frisches.
Im Supermarkt nebenan suche ich Bananen aus und Joghurt mit Honig. Als ich zahlen will, finde ich in meinem Portemonnaie nur kleine Münzen. Wie blöd, ich habe vorher nicht rein geguckt, habe also nicht genügend Geld dabei, jedenfalls reicht es nicht! Wie peinlich! Die Frau an der Kasse zählt meine Barschaft aus meiner Hand zusammen, es fehlen 60 ct. Ich will die Bananen zurück legen, so wie es bei uns üblich wäre. "Ah, lassen Sie, behalten Sie das Obst. Das Geld reicht, endaxi!"
Als ich später das Restgeld mit Dank vorbei bringe, drückt mir die Frau an der Kasse noch schnell einen Schokoriegel in die Hand. Keine Widerrede, ein Geschenk!
4.
Im Hotel haben wir gerade eingecheckt, da lädt der Chef uns zu einem Glas Orangensaft ein. Der Wirt nimmt unsern Kreta-Reiseführer in die Hand und schlägt das Kapitel über die kretische Küche auf. Das Foto ist in seiner Hotelküche aufgenommen. Dies ist seine Frau, der dort er selbst, zeigt er stolz.
Ob ich mal in die Küche gehen will? Das wäre doch bestimmt interessant für mich. Er begleitet mich wie auf einer Museumsrundtour. Er zeigt auf ein Glas mit Kirschen in Sirup. Oh, ich erkenne auf Anhieb "To Gliko tou Koutaliou" und kann es störungsfrei aussprechen. Das müssen wir dann aber auch probieren! Er holt kleine Joghurtschälchen aus dem Kühlschrank und kleckert reichlich Sirup darüber. Seine Tochter füllt gerade Käsefladen nach dem Rezept seiner Mutter. Die müssen wir probieren, unbedingt. Er bringt uns einen Teller davon an den Tisch. Wir wollten eigentlich noch los zum Mittagessen, aber das hat sich nun erledigt.
5.
Viele Treppen abwärts zur Bucht. Gleich am ersten Tag auf der Insel laufen wir früh morgens runter zum Strand. Weicher Sand, sauberes, warmes Wasser. Wir schwimmen lange im ruhigen Meer. Herrlich! Auch der Blick auf die Berge, die Palmen, einfach schön. Frühstück? Das wäre jetzt das Richtige. Da ist ja eine Strandtaverne! Schade, wir haben kein Geld mit an den Strand genommen. Kein Problem auf einer kleinen Insel. "Kein Geld dabei? Macht nichts! Ihr kommt doch abends wieder", sagt Margarita. Vertrauen und unser Wort gelten was, auch wenn uns hier keiner kennt. Sie bereitet schon das Essen für den Tag in der Taverne vor, sie hat eigentlich noch nicht geöffnet. Aber sie kocht für uns Kaffee, bringt "Omeletta me Feta" und "Jaourti me Meli", das ideale griechische Frühstück. Dazu genießen wir den Meerblick von der Terrasse mit den Blechpötten voller Geranien.
Selbstverständlich kommen wir abends wieder. Gibt es denn einen besseren Ort für den Sonnenuntergang?
6.
Mein Mann sucht einen besonders hübschen Ort, den er auf seiner letzten Fahrt entdeckt hat. Wo war der? Wie hieß der nur? Er vermutet Pikris. Den Ort finden wir, es ist aber ein anderer als der erwartete. Egal, dieses Dorf ist auch sehr schön. Wir haben Mühe, nach Pikris rein zu fahren, so eng sind die Straßen, einfach nicht für Autos geschaffen. Enge Torbögen, Stadttore, burgenartige Gemäuer. Man kann es nicht fassen, dass es so was Urtümliches nur wenige Kilometer oberhalb der Strandzone gibt.
Wir laufen ein paar Treppenstufen zum Kafenion runter und plaudern mit dem Wirt, der mittags gerade seine Stühle ins Lokal zurück stellen will, weil ja doch keiner mehr vorbei kommt, wie er aus Erfahrung weiß. "Wieso sprechen Sie denn Griechisch?" fragt der Alte. Die richtige Antwort lautet: "Weil wir Griechenland und die Griechen lieben!" Er stellt uns zum Kaffee seine Keksdose hin. Als ich die Schönheit seines Orangenbaums bewundere, bringt er uns eine Apfelsine auf einem Tellerchen und ein scharfes Messer dazu.
Kostas, der Besitzer des kleinen Lokals, bewirtet uns herzlich. Er hat Zeit. Wir erfahren viel über die Situation auf dem Land. Nun leben nur noch 50 Einwohner im Dorf, vor wenigen Jahren waren es 200 bis 300. Die jungen Leute zieht es runter an die Küste, so wie seine Tochter, die einen Touristenladen betreibt, oder sie wandern aus in die großen Städte wie Athen oder gehen gleich ins Ausland wie sein Sohn, der in England lebt. Er selbst hat 18 Jahre in Holland und Deutschland gearbeitet.
Er holt drei Gläschen und eine Flasche Raki und stößt mit uns an.
Wenn wir in 10 Jahren wiederkämen, denken wir, ist das Dorf völlig verlassen, es hat in der Enge keine Zukunft. Kostas kann in seiner Taverne kein Geld verdienen. Er arbeitet zusätzlich als Wanderführer auf der Strecke zwischen dem Kloster Arkadi und der Küste.
Die Landschaft mit den Olivenhainen, dem gelb blühenden Ginster und den weiten Blicken auf die Küste ist wunderschön, aber bei diesen schmalen und schlechten Straßen wie Feldwegen braucht man einfach zu lange bis zur Arbeit im Strandort. Das Dorf liegt entzückend an einer tiefen grünen Schlucht. Aber wer kann hier schon leben?
Wir kaufen unserm Wirt eine Flasche Raki ab, damit er heute noch wenigstens etwas verdient. Die kleine Plastikwasserflasche füllt Kostas frisch ab. Stolz überreicht er uns sein Produkt. Wir trinken normalerweise keinen Schnaps, aber wir kriegen die Flasche schon irgendwann leer. Wir erwarten in den nächsten Tagen ja griechische Freunde.
7.
Nach einer längeren Wanderung kehren wir in einem Kafenion in einem kretischen Dorf ein. Ein alter Herr legt dem Wirt, mit einer Kopfbewegung auf uns, das Geld für unseren Kaffee auf das Tablett. Wir sind erschrocken. Der Alte sieht nicht gerade danach aus, als ob er etwas zu verschenken hätte. Er kennt uns nicht, hat uns noch nie gesehen. "Ihr seid Fremde, also Gäste", meint er, als wir uns bedanken und ihn unsererseits einladen möchten. Das kommt ja gar nicht infrage. Da hat er seinen Stolz.
Wir kommen ins Gespräch. Sein Dorf hat unter der deutschen Besatzung sehr gelitten. Die brutalen Aktionen gegen die Zivilbevölkerung sind nicht vergessen. Wir sind peinlich berührt, welche Verheerung in deutschem Namen angerichtet wurde. Wir schämen uns auch, dass Deutschland sich mit juristischen Spitzfindigkeiten aus der Verantwortung für deutsche Untaten winden möchte. "Es war Krieg!" versucht der Alte die Gräuel zu relativieren. Das mindert nicht die deutsche Schuld. Wir fühlen uns erneut beschämt, dass dieser Mann, der mit seiner Familie und dem ganzen Dorf unter der deutschen Besatzung leiden musste, uns deutschen Touristen so großherzig begegnet.
In einem Reisebüro in Rhodos wollen wir uns nach den Fähren zu den nächsten kleinen Inseln erkundigen, die im Internet nicht zu ermitteln waren. Ehe wir umständlich im Hafen recherchieren, fragen wir doch einfach mal bei "Gregory" nach. Der wurde uns von unserer Wirtin als kompetenter, versierter Berater empfohlen.
Die Stunde, die wir dort verbringen, ist eine Kostbarkeit. Die Begegnung mit Gregory, dem Besitzer des kleinen Reisebüros, dem Typ des quicken, liebenswürdigen und dennoch geschäftstüchtigen Griechen, ist in jeder Hinsicht typisch.
Ehe wir zum Geschäftlichen kommen, hat Gregory schon viel über uns erfahren. Er fragt nach unseren Vorstellungen und Erfahrungen, damit er uns etwas Passendes empfehlen kann. Er sucht für uns alle möglichen Fährverbindungen heraus, sucht Alternativen, berät über Details und kennt sich bestens aus. Zwischendurch bedient er, ohne den Faden zu verlieren, eine Reihe anderer Kunden, die nur mal eben kurze Auskünfte haben wollen.
Ja, brauchen wir nicht auch Unterkünfte? Wir lassen es normalerweise darauf ankommen und suchen vor Ort spontan, was in Griechenland meist gut klappt. Gregory empfiehlt dieses oder jenes Haus. Er kennt sie alle, vor allem die Vermieter. Er ruft für uns überall an, in der Mehrheit Frauen (agapi mou, koukla mou, asteraki mou...), hält dabei ein eigentlich unverbindliches, aber zugewandtes Schwätzchen. Er vergisst nicht zu erwähnen, was für Freunde des Griechentums und der Griechen wir seien, dass wir in Athen wohnen und etwas Griechisch sprechen.
Er verhandelt für uns ums Frühstück, verdreht die Augen, wie gut das Frühstück dort jeweils sei, zuckt mit Augen und Schultern, wenn es nicht inbegriffen ist, und handelt für uns passable Preise aus. Bei jeder Unterkunft ruft er begeistert: "Das ist da so schön, da wollen Sie nie wieder weg!" Da sind wir aber gespannt! Der kennt unser Nomadenblut ja nicht... Mehrere Unterkünfte sind bereits ausgebucht. Es gibt halt keine größeren Kapazitäten auf den kleinen Inseln. Natürlich könnten wir auch selbst überall anrufen, aber wozu? Soll Gregory doch profitieren von unserer Bequemlichkeit. Er macht einen guten Job.
Zwischendurch kommt eine Nachbarin mit einer Schachtel süßer Kuchen vorbei. Sie gibt eine Runde aus. Sie ist gerade Oma geworden, das vierte Enkelkind, endlich ein kleines Mädchen. Wie soll es denn heißen? Sie schmilzt dahin: "Anastasia, so wie ich selbst! Endlich!"
Eine Kundin mit sehr tiefem Ausschnitt braucht eine Auskunft. Gregory, mein Mann, der Pope - die Blicke der Männer heften sich auf die gleiche Stelle. Als der Pope sieht, dass ich schmunzele, meint er trocken: "Wir sind halt Männer!" Immer wieder kommen Freunde von Gregory auf ein Schwätzchen vorbei und wundern sich, dass wir immer noch hier sind. Na, und wie gern! Hier sind wir aufgenommen in die griechische Gastfreundlichkeit und Lebenskunst.
Schwierigkeiten sind dazu da, gelöst zu werden, oft nur anders, als wir Deutsche das erwarten Wenn es so nicht geht, dann eben anders. Auf jeden Fall wird einem geholfen. Griechen lassen uns nie im Stich. Sie verwenden alle Kreativität darauf, für den Fremden das Unmögliche möglich zu machen. Was offiziell nicht funktioniert, wird durch persönliche Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit ausgeglichen. In Griechenland sind wir immer auf der sicheren Seite, sicher wie in Abrahams Schoß.
Wir können bei unserm Einzug in die Athener Wohnung tagelang keinen Strom bekommen, da wir noch keine Steuernummer haben. Aber da wird ein Kabel aus dem Erdgeschoss außen an der Hauswand entlang über drei Balkons hoch bis in den dritten Stock verlegt. Über ein weit verzweigtes Netz von Verlängerungsschnüren werden wir in die Lage versetzt, Kaffee zu kochen, die Akkus aufzuladen oder die Waschmaschine in Gang zu bringen. Na bitte!
Unser neuer Ventilator macht Probleme. Er gibt bei jeder Runde ein hörbares "Klack" von sich. Dabei kriegen wir nachts kein Auge zu. Wir sind drauf und dran, das Ding wieder abzuschrauben und im Laden zu reklamieren. Unser Handwerker, der uns bei den elektrischen Anschlüssen hilft, schüttelt weise sein Haupt. Nein, das bringt nichts, jeder andere Ventilator wird auch Laut geben. Der nächste Fan wird vielleicht klackklackklackklack klack machen, da sei man nie sicher.
Er will es mal auf seine Weise probieren. Erstmal gucken und horchen. Wir stehen zu dritt unter dem Gerät und lauschen gespannt. "Ja, da ist eine Unwucht drin, so wie bei Autorädern. Am besten beschwert man eine Stelle mit einem kleinen Magneten, dann hören wir ja, ob es nützt". Ich opfere einen Magneten von unserer neuen Zettelwand. Der wird an verschiedenen Stellen ausprobiert. Der Ventilator schnurrt und klackt. "Haben Sie eine Wäscheklammer?" Gerade frisch erworben, noch unbenutzt. Eine davon wird nacheinander an die verschiedenen Flügel geklammert. Maschine an, lauschen. Na? Immer noch! Beim vierten Versuch klappt es. Ja, es ist still. Nur der Wind säuselt sanft und kräuselig. Ahhh, angenehm.
Nun fährt die Wäscheklammer bei großer Hitze nachts Karussell. Eine Klammer am Luftquirl. Wen stört es?
Ein 48-stündiger Streik der Fähren ist seit Tagen angekündigt worden. Bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne? Weniger das, eher überhaupt eine andere Politik. Also überwiegend diffuse Streikziele. Ok. Damit müssen wir in Griechenland immer rechnen. Weder Donnerstag noch Freitag geht es weiter. Denken wir. Im Büro erkundigen wir uns, wann wir wohl zur nächsten Insel kommen können. Eigentlich nicht, jedenfalls nicht auf dem üblichen Wege. Macht nichts! Donnerstag und Freitag fährt die kleine Skopelitis! Die gehört einer privaten Gesellschaft. Die fährt!
Taxistreik in Athen. U-Bahn und S-Bahn streiken ebenfalls. Ach so, Generalstreik, schon wieder! Generalstreik, das bedeutet aber nicht, dass gar nichts geht! Der Flughafen wird z.B. heute nicht bestreikt. Wie kommt man zum Flughafen? Macht nichts! Frag einen Taxifahrer, der fährt dich mit dem Privatauto hin. Dann sind ihm die Kollegen nicht böse, das Gesicht bleibt gewahrt, er verdient wenigstens etwas Geld und du kommst pünktlich und bequem zum Ziel. So ist jedem geholfen.
Das Hotel schließt pünktlich zum 1.Oktober zur Winterpause. Schade, drei Tage länger wären wir gern noch geblieben. Unsere Fähre geht erst am Sonntag. Sollen wir umziehen? "Bleibt ruhig noch, wir müssen sowieso noch alles winterfest machen. Kein Problem!".
Wir wollen von Naxos nach Serifos mit der Fähre fahren. An einem Tag ist das, wie wir den Plänen entnehmen können, nicht zu schaffen. Die Fährpläne sind eindeutig gegen uns. Die Anschluss-Fähre ab Paros ist schon weg, wenn wir dort ankommen.
Damit haben wir nicht gerechnet. Was tun? Wir grübeln und überlegen. Da gibt es wirklich keine Chance, eigentlich.
"Ist es euch wirklich wichtig? Hm, hm", der Herr im Reisebüro denkt und denkt. "Kein Problem", meint der pfiffige Angestellte. "Dann nehmt eben den Ausflugsdampfer nach Paros. Der fährt sehr früh los, nach Naoussa. Das könnt ihr schaffen". "Ja, und wie kommen wir in der halben Stunde von da auf die andere Seite der Insel, zum Hafen von Parikia? Von dort fährt doch die Fähre nach Serifos ab". "Kein Problem. Ich bestelle euch einen Wagen". "Und wenn der Ausflugsdampfer Verspätung hat?" "Das passiert nicht. Ich habe die schon angerufen, die wissen Bescheid! Keine Sorge! Wenn nicht, kommt her, dann gebe ich euch das Geld zurück!"
Alles klappt! Nachmittags sind wir auf Serifos.
Das Leihauto sollen wir zu einer Zeit abgeben, zu der das Büro schon geschlossen hat. "Ja, wirklich, ihr könnt bis abends den Wagen behalten. Den brauche ich vor morgen nicht". "Wem sollen wir die Schlüssel geben?" "Stellt das Auto da hinten hin, legt die Schlüssel unter die Fußmatte. Macht nichts".
Kein Joghurt mit Honig zu haben? Die Bedienung im Café bedauert. Honig hat sie, aber keinen Joghurt. Bestellen wir halt etwas anderes, auch gut. Hier sitzen wir gemütlich, ein schöner Platz.
Nach einer Viertelstunde kommt sie im Triumphmarsch die Straße hoch, in der Hand zwei Töpfchen Joghurt! Sie musste warten, bis der Dorfladen öffnet! "Oriste! Bitte! Joghurt mit Honig!"
Das traditionelle Kafenion ist eine Männergesellschaft. Ein Wohnzimmer für ältere Herren. Ein kahler weiß gestrichener Raum, manchmal leicht schmuddelig, Neonröhren, einfache Holztische, Stühle mit geflochtenem Strohsitz, vielleicht eine Bierwerbung oder ein Fotokalender als Raumdekoration. Ein eiserner Ofen sorgt im Winter mit weit durch den Raum gezogenem Ofenrohr für ein wenig Wärme. Ein Fernsehschirm ist wichtig, nicht nur zur Übertragung von Fußballspielen oder für Nachrichten. Oft läuft der Apparat ohne Unterlass.
Kaffee oder Bier, Raki, Tsipouro oder Ouzo, man trinkt etwas, kann sich aber auch ganz trocken einfach zu den anderen setzen. Die Kneipe als Wohnzimmer des Dorfes oder Stadtteils, Nachrichten- und Ideenbörse, Spielsalon und Wärmestube.
Kleine Gruppen spielen Karten, sicher geht es um Geld. Würfel klackern gegen die Mitte des zusammenklappbaren Spielkastens mit den aufgemalten Zacken, wenn Freunde zusammen Tavli spielen, das Spiel, das bei uns Backgammon heißt. Hier fehlt es in keinem ordentlichen Kafenion. Die meiste Zeit des Jahres sitzen die Männer aber draußen vor der Tür. Da kann man rauchen. Man schweigt, guckt, wer vorbei kommt, was die anderen im Dorf treiben und freut sich, wenn Gäste was zu erzählen haben. Manchmal kommen auch erhitzte Debatten auf.
Auf einer größeren Insel haben wir erlebt, dass die Kafenia nach Parteirichtungen besucht werden. Auf der einen Seite der Platia sitzen die "Linken", auf der anderen die "Rechten" in ihren Stammlokalen. Einer stand auf, näherte sich dem anderen Lager, warf eine provokante These in den Raum und zog eilig erhobenen Hauptes ab. Na, das kann man doch nicht auf sich sitzen lassen! Nach kurzem Gemurmel und einem Vorschlag, was zu erwidern sei, ging einer der Herren rüber und schoss der Gegenseite aber mal gewaltig seine Replik an den Kopf. Hin und her, hin und her, immer lauter, immer heftiger. Ehe es zu einem größeren Streit ausartete und vielleicht in Gewalt mündete, haben wir uns abgesetzt.
Touristinnen werden im Kafenion geduldet, ganz klar. Gastfreundschaft ist heilig. Einheimische Frauen haben wir sehr, sehr selten dort angetroffen. Frauen gehen nicht ins Kafenion. Was sollten sie da auch? Sie treffen sich lieber in den modernen Café-Bars. Da sitzen Junge und Alte, Frauen und Männer, Männer mit Männern, Frauen mit Frauen in chicer, gepflegter Umgebung auf bequemen Stühlen und Sesseln. Man trinkt nicht nur griechischen Kaffee, sondern auch Filterkaffee, Cappuccino, eben alle international beliebten Getränke, vor allem aber den Frappé. Mit dieser Kaffeespezialität hat Griechenland die Kaffeekultur der Welt bereichert. Allerdings hat sich dieser kalte Nescafé mit gecrushten Eiswürfeln, Milch und Zucker noch nicht wirklich über die Landesgrenzen ausgebreitet. Das absolute Trend-Getränk vom ersten Frühlingsstrahl bis zur Winterkälte.
Das Kafenion alter Art stirbt aus. In den Dörfern sind viele geschlossen worden. Die Zeit der reinen Männergesellschaft ist auch in Griechenland absolut vorbei.
Unterschiedliche Lokale für unterschiedliche Gruppen und Gelegenheiten! Ein Beispiel: Chaniá auf Kreta. Die ganze Stadt scheint ein einziges Lokal zu sein und strotzt vor Cafés und Tavernen, viele sehr hübsch gelegen. Am Platz vor der Kirche, wo an der großen Platane der Bischof von den osmanischen Machthabern vorsichtshalber aufgeknüpft wurde, um die Attraktivität der griechischen Freiheitsbewegung auf die Kreter zu dämpfen, konkurrieren fünf Lokale um die Gunst der Gäste. Aber man merkt schnell, dass sie jeweils anderes Publikum anziehen. Im ersten Kafenion sitzen die alten Männer, im zweiten scheint die Bar der jüngeren Leute zu sein. Laute Musik. Viele Jugendliche hocken dort und jedes zweite Wort ist "Malaka!" Das dritte Lokal sieht aus wie ein Café, aber es gibt nicht nur Kaffee oder Alkoholisches, sondern auch etwas Kräftiges, kleine Gerichte zu essen; es ist schon eher ein Mezedopolion. Dort machen es sich kleine Freundschaftsgruppen gemütlich. Die vierte Lokalität ist ein "Zacharoplastion", eine Art Konditorei, wo hier ausnahmsweise auch Kaffee zum Süßen ausgeschenkt wird. Das scheinen viele zu mögen, nicht nur Frauen jeden Alters. Ein weiteres, etwas eleganteres Café ist der Treffpunkt für geschäftliche Besprechungen. Aktenmappe, Laptop, Papier und Infopapiere werden ausgebreitet, die Köpfe darüber zusammengesteckt. Ganz leise Musik im Hintergrund.
Alle diese Lokale haben etwas gemeinsam:
Es gibt W-Lan (Wifi) und damit einen Zugang zur Welt. Die Benutzung eines Handys scheint keinen zu stören. Wenn jemand allein im Lokal sitzt, daddelt er auf seinem Laptop oder Pad herum. Vielleicht arbeitet er auch.
Die Leute bestellen wenig und sitzen lange dort. Kein Kellner drängt, keiner fragt, ob man noch etwas nachbestellen möchte. Man kann viel, viel Wasser trinken. Das traditionelle Glas Wasser ist inzwischen meist ersetzt durch eine Flasche oder eine Karaffe kühles Leitungswasser.
Krise hin oder her, das Geld für einen Kaffee oder ein Häppchen haben die Leute doch noch und halten sich stundenlang daran fest. Das Café ist der Wohn- und Lebensraum für alle!
Weiße Würfelhäuser ziehen sich am Hang hinunter. Enge Gassen, gepflastert mit weiß umrandeten Steinplatten. Aus allen Blumentöpfen und bunten Blechkanistern wuchert üppige Blumenpracht in Rot, Lila, Rosa, Gelb mit viel Grün. Idyllische Ecken, Treppenwege, Fotomotive überall. Die Platia im Dorfmittelpunkt beim byzantinischen Kirchlein aus dem 10. Jahrhundert mit dem roten Ziegeldach, ein knorriger alter Olivenbaum in der Mitte; umlaufende Steinbänke vor den Häusern lassen ahnen, wie man hier Dorffeste feiert. Wenn man genauer hinschaut, sieht man, dass ein Haus bewohnt, eins daneben schon verlassen ist.
Panagiá ist ein typisches Dorf auf einer kleinen Kykladeninsel, wo der Tourismus bisher nur an einem einzigen Strandort Fuß gefasst hat. Dieses Dorf in den Bergen profitiert jedenfalls sichtlich nicht von dieser Einkommensquelle. Kälte und Feuchtigkeit, blanke Armut und Verfall. Im Winter sieht man den Niedergang und die Traurigkeit deutlicher und ungeschminkt, nicht überstrahlt durch die Sommersonne.
Ein Schild „Oinokafepantopolion“, „Weincaféallesverkauf“ kündigt den einzigen Laden des Dorfes an. Aus der blauen, quer geteilten „Schnack-Tür“ schaut eine freundliche Dame aus dem oberen Teil heraus und lädt uns ein hereinzukommen, es sei geöffnet. Ob wir einen Kaffee trinken wollen? „Nein, gerade nicht, aber vielleicht gibt es hier den berühmten Inselwein zu kaufen?“ „Ja, selbstverständlich, weißen und rosé Wein. Welchen wollen Sie?“ Sie reicht ein Gläschen zum Probieren und stellt uns auch einen Teller mit Zimt bepuderten Apfelschnitzen auf einem Teller dazu. „Lassen Sie es sich schmecken!“ Der Wein ist gut. „Bitte zwei Liter davon“. Sie geht in das hintere Zimmer zum Abfüllen. Die Weinstöcke wachsen unten am Strand, nicht hier in den Bergen. Auch die Apfelsinen wachsen dort. Wir müssen eine probieren und bekommen dazu noch eine eingepackt, zusammen mit den beiden Plastikflaschen mit den Schraubverschlüssen, gefüllt mit dem leuchtenden Rosé von der Insel.
Wir hatten Zeit, uns umzuschauen. Vorne in der Gaststube stehen acht kleine Tische mit himmelblauen Wachstuchdecken, die bei Bedarf schnell zu langen Tafeln zusammen geschoben werden können. Im Sommer bietet die Wirtin auch traditionelles, „normales" Essen, wie sie sagt, an, Gekochtes, Salate, was sie eben gerade hat. Sie kocht Kaffee und schenkt Wein aus. In ihrer privaten Wohnküche nebenan bereitet sie alles vor.
Im hinteren Zimmer ist das Pantopolion, ein Dorfladen, in dem es vieles, aber nicht „alles“ gibt. Auf den wenigen Regalen, mit hellblauer Plastikgirlande geschmückt, die als Spitzenbordüre festgetackert ist, sind Dosen zu kleinen Pyramiden aufgestapelt, Tomatenmark, Sardinen, Gaskartuschen zum Kaffeekochen, Schachteln mit Keksen aller Art, Brühwürfel, alles, was im Dorf gebraucht und nicht selbst hergestellt wird. Eine altmodische Zungenwaage, eine moderne Kasse, die auch Quittungen ausdrucken kann, alles Notwendige ist da. Im Gastraum nimmt der Pepsi Cola-Kühlschrank großen Raum ein. Eine Reklame für Botsaris-Retsina, eine alte Inselkarte, einige Ikonen, Fotos von Großvater, Vater und Ehemann schmücken den Raum.
Was mal aus dem Geschäft wird, nach ihr, weiß sie nicht. Noch schafft sie alles, Gott sei Dank! Die Kinder übernehmen den Laden sicher nicht. Die Tochter ist in Athen verheiratet. Die Enkel sollen eine exzellente Ausbildung erhalten, gute Schulen besuchen können. Der Sohn lebt und arbeitet in Belgien. „Etsi einai i zoi", so ist das Leben!
Wie so viele Inseln ist auch diese durch Abwanderung bedroht in ihrer sozialen und wirtschaftlichen Existenz. Sie schätzt, dass noch 50-60 Menschen im Dorf leben, Tendenz abnehmend. Wenig junge Leute, kaum noch Kinder. Keine Partei, kein Politiker in Athen macht etwas zugunsten der Inseln, keiner hält den Trend auf. Touristen kommen nur in zwei Monaten im Sommer hierher, zu wenige. Zu wenig Geld bleibt hier im Dorf.
Die jungen Leute verlassen die Insel. Keine Arbeit! Unser Einwurf, es arbeiteten hier doch viele, viele junge Frauen aus Albanien, Bulgarien und Russland im Gastgewerbe, lässt sie traurig aufblicken. Dabei könne man nicht genug verdienen für das ganze Jahr und das Leben ist so teuer. Nein, keine Perspektive.
Noch ist sie gesund, Gott sei Dank, noch kann sie selbst arbeiten. Sie macht weiter, bis es nicht mehr geht. Sie hat gehört, dass „Die Merkel“ möchte, dass alle Europäer bis 70 arbeiten. Das hält sie für übertrieben, genau so wie die Tatsache, dass hier viele schon mit 50 aufhören. 60 Jahre, das sei doch ein guter Kompromiss. Hier sind die Menschen durch die schwere Arbeit oft krank und früh verbraucht, da seien 65 Jahre wie derzeit in Deutschland auch keine realistische Option.
Kyria Irini verabschiedet uns, in dem sie ihren Namen nennt und nach unseren fragt. Sie wundert sich über unsere unaussprechlichen „deutschen“ Vornamen. „Wie heißt das denn auf Griechisch?“ Leider gibt es keine Entsprechung, keine Heiligen standen Pate, auch keine antiken Gottheiten. Wie kann es das geben? Sie muss sich wirklich wundern. Sie übt mehrfach und lacht. Wie wir heißen, darauf kommt es nicht an. Sie wünscht uns zum Abschied viel Glück, gute Gesundheit und Gottes Segen.
Darauf kommt es an!
Wenn wir Nordeuropäer einen schönen Platz beschreiben, ist er "sonnig". "Auf der Sonnenseite des Lebens" zu leben ist für uns eine Qualitätsaussage.
Wenn ein Grieche einen angenehmen Ort charakterisiert, ist er "schattig". "Drossia" ist ein hohes Lob für einen Ort. Das ist es, wonach man sich sehnt.
Schatten spenden Weinranken, die über einen Draht oder gar ein Gestell gezogen werden, eine Tamariske am Strand, eine Pinie, ein Maulbeerbaum, eine Platane in der Dorfmitte, auch mal eine Rohrmatte, ein paar Holzlatten, ein Segeltuch oder ein modernes Stoffgeflecht über einer Pergola - Hauptsache Schatten. Das Beste ist, wenn er nicht ganz so tief ist, wenn noch ein paar Sonnenflecken durchscheinen. Nur die scharfen Sonnenstrahlen sollen abgemildert werden. Das erreicht auch mal ein Tarnnetz mit aufgenähten Stofffetzen. Die größte Hitze lässt sich da gut überstehen, vor allem wenn ein Lüftchen weht, und das ist in Griechenland fast immer der Fall. Daher haben normale Sonnenschirme im griechischen Sommerwind auch geringe Überlebenschancen.
Lawrence Durell nennt ihn den "Baum des Müßiggangs", den Baum im Dorf, unter dem sich das Leben abspielt. Jedenfalls für diejenigen, die sich die Zeit nehmen können, sich darunter auszuruhen. Jedenfalls für diejenigen, die die Ereignislosigkeit eines heißen Sommertages schätzen. Hitze macht schläfrig, sediert die unruhigsten Geister, macht gelassen. Kontemplation, Zeit zum Dösen, zum Nachdenken, die Welt an sich vorbei ziehen lassen.
Auf der Platia unterm Baum, in der engen Gasse mit Schlagschatten, unter der Weinpergola sitzen die älteren Herren des Dorfes auf wackligen Stühlen vor dem Kafenion und schauen. Und schauen. Und sitzen. Man muss nicht unbedingt etwas bestellen, das hat Zeit. Man kann hier einfach nur sitzen. Für Diskussionen, Auseinandersetzungen, Erledigungen ist es zu heiß, das hat Zeit. Später! Erstmal nur Schatten, und abwarten. Ein Grieche braucht drei Stühle zum Sitzen: Einen für das Hinterteil, einen für den einen Arm zum Aufstützen, einen, um einen Fuß lässig darauf zu platzieren. So sitzen die Herren weit voneinander entfernt und doch nebeneinander. Viel zu anstrengend, sich auf diese Distanz zu unterhalten. Allein und doch zusammen. Wenn die Hitze nachlässt, ändert sich das Bild. Aber dann braucht man auch keinen Schatten mehr!
Wo verbringen denn die Frauen eigentlich die Zeit, in der sie Schatten brauchen? Im Haus, am Haus und ums Haus herum. Selten müßig, immer geschäftig, erledigen sie alles im Schatten des Hauses, unter dem Blätterdach, dem Schatten der Schilfmatte, einer modernen Markise oder der Veranda.
Wir denken oft, Chinesisch oder Thai seien schwere Sprachen. Griechen sind überzeugt, dass ihre Sprache die schwerste der Welt ist!
Englisch ist die Sprache der Touristen. Das versucht die älteste Oma auf abgelegenen Dörfern winziger Inseln noch zusammenzuraffen, wenn sie mit Fremden sprechen will. Selbst wenn man auf Griechisch fragt, bekommt man oft eine englische Antwort.
Dass ein Ausländer etwas Griechisch spricht, finden sie staunenswert. Da muss schon eine plausible Erklärung her. Ob ich mit einem Griechen verheiratet bin? Nicht? Nein. Mein Mann ist Lehrer für Altgriechisch! Aha, das ist glaubhaft! Sofort folgen die Anfangsverse der Ilias des Homer in neugriechischer Aussprache. Die kann wirklich jeder. Abgesehen davon, dass mein Mann und nicht ich im Altgriechischen bewandert ist und es mit meinem Sprachtalent wirklich nicht weit her ist, scheint sich das Gerücht hartnäckig zu halten, die Kenntnis des Altgriechischen sei hilfreich für das Erlernen der neugriechischen Volkssprache.
Teils - teils.
Die Statistik sagt, dass ein hoher Prozentsatz des antiken Wortmaterials bis heute erhalten geblieben ist. Viele zentrale Ausdrücke haben sich überhaupt nicht verändert, manche aber schon. Selbstverständlich muss man mit einem Bedeutungswandel oder einer leichten Bedeutungsverschiebung rechnen. Was in der Antike "heiraten" hieß, bezeichnet heute einen vulgären Ausdruck für Sex. Was früher "erziehen" bedeutete, ist heute "quälen". Ganz verschwunden sind viele altgriechische Vokabeln nicht aus dem modernen täglichen Leben. "Artos" sagten die antiken Griechen zum Brot. Heute isst man in Griechenland "Psomi", was eigentlich nur ein "Stückchen" Brot bedeutet. Die Bäckerei heißt nach dem antiken Wort "Arto-poieio" (αρτοποιείο), wörtlich "Brotmacherei". Manchmal findet man auf der Speisekarte "Artos" im Sinne des italienischen "Pane e Coperto". Man nimmt also einen kleinen Betrag für Brot und Gedeck. Offenbar wird das als ein feinerer Ausdruck angesehen. An einem Dorfladen haben wir auch "Artos" auf der Wand außen als Werbeaufschrift gefunden, neben dem Angebot an Zigaretten und Zeitungen. "Ichthys" (ιχθύς) hieß der Fisch in der Antike, heute nennt man ihn "Psari". Die Fischhandlung ist aber immer noch die "Ichthyopolio".
"Liturgia" würden wir nur als "Liturgie", als Gottesdienst in der Kirche, vermuten, es ist aber in Griechenland ein Dienst jeder Art, einfach "Service". Dass "Eu-charistie" und das schlichte "Danke", "ef-charistó" verwandt sind, merken manche Touristen nur nicht sofort, weil wir Altgriechisch in der Tradition von Erasmus von Rotterdam anders aussprechen als Griechen.
Griechisch ist eine indogermanische Sprache, aber die einzige ihrer Sprachfamilie und somit sozusagen einmalig. Die griechische Schrift, auf der das lateinische und das russische Alphabet gleichermaßen zurückgehen, hat sich tatsächlich nicht geändert. Ist es nicht faszinierend, dass eine Schrift ungebrochen über 3 400 Jahre tradiert worden ist?
Jede Reise ist ein neuer Anfang
Man kann von einer ungebrochenen Tradition der Sprache von der Antike bis heute ausgehen. Altgriechisch und Neugriechisch sind verschiedene Entwicklungsstufen der griechischen Sprache, also verwandt, nicht identisch. Was heute in den Schulen als "Altgriechisch" gelehrt wird, orientiert sich am Attischen des 5. Jh. v. Chr., der Sprache Athens, das damals die Vormacht in Griechenland war, der Sprache der großen Dichter, Philosophen und Wissenschaftler des klassischen Griechenlands, deren Denken Europa bis heute geprägt hat. Griechisch ist die Sprache der Bibel. Es war im östlichen Teil des Römischen Reich noch lange Amtssprache. Byzanz war ein griechischer Staat.
Wenn auch die Aussprache sich im Laufe der Zeit sehr verändert hat, so ist die Rechtschreibung erstaunlich konstant geblieben. Mich haben die fünf verschiedenen Schreibweisen für den identischen Lautwert "i" anfangs sehr verwirrt (η, υ, ει, οι, ι), die nur durch die Sprachgeschichte erklärbar sind. Gleich drei verschieden geschriebene i-Laute enthält der Hauptort von Lesbos, Mitilini (Μυτιλήνη). Es gibt zwei verschiedene Schreibweisen für das "o" (ο und ω) und zwei für "e" (αι und ε). Gut, dass ich Griechisch nur lesen muss und kein Diktat in der Schule mehr schreibe.
Die in hellenistischer Zeit, als Griechisch Weltsprache wurde, eingeführten Akzente und Hauchzeichen wurden offiziell erst 1982 abgeschafft! Die Tendenz zur Vereinfachung der grammatischen Strukturen und der schwierigen Rechtschreibung setzt sich natürlich weiter fort. Geblieben sind die Betonungszeichen, sehr wichtig für das Verständnis, oft wichtiger als die Aussprache. Iráklio heißt die Hauptstadt Kretas, Irakliá die kleine Kykladeninsel. Nómos ist das Gesetz, nomós der Bezirk, póte heißt wann, poté nie. Leider wechselt die Betonung bei zusammengesetzten Worten: Páros und Antíparos. Selbst Freunde der bildschönen Kykladeninsel Amorgós betonen nach jahrelangem Besuch den Namen falsch, auf der ersten oder zweiten Silbe, je nach Gewohnheit in ihrer Muttersprache, statt auf der dritten.
Auf jeden Fall ist Griechisch für mich eine besondere, reizvolle Sprache, auch wenn sie mir schwer fällt. Es reicht gerade für eine Alltagskommunikation. Es ist ein Gebot der Höflichkeit gegenüber den immer großzügigen, freundlichen Gastgebern und öffnet ihre Herzen. Schon der zaghafteste Versuch wird mit einem Lächeln belohnt. Für den Anfang reicht erst einmal der Begrüßungsdialog: "Ti kanete?" "Kala!" "Ke essis?" "Kala!" (Wie geht's? Gut, und Ihnen? Gut!) Eine ehrliche Antwort zum Befinden wird nicht erwartet, es ist nur die Eröffnung einer Kommunikation, also nicht viel mehr als ein "Hallo!" Immer geht ein freundliches "Ya sou" oder falls es mehrere sind: "Ya sas". Das ist sowohl Plural wie die höfliche Anrede. Mehr als "Hallo!" meint das auch nicht.
Wieder etwas, was das Deutsche mit dem Griechischen gemeinsam hat, die Unterscheidung von "Du" und "Sie". Allerdings wird mehr geduzt als bei uns. Ausländern sieht man Unhöflichkeit gern nach. Man freut sich schon, dass sie überhaupt versuchen, griechisch zu grüßen. Das ist ja wohl noch das Einfachste, das Grüßen gemäß der Tageszeit. Praktischerweise fängt das meiste mit "Kali" an, sofern das Wort weiblich ist: Morgens "Kali mera!", ab mittags "Kali spera!", bis weit in die Nacht richtig. "Kali nichta!" sagt man erst, wenn man wirklich eine gute Nacht wünscht, also abends beim Abschied. "Kali orexi" lernt man schon in Deutschland "Beim Griechen", wenn er einen guten Appetit wünscht. Kleine Variation: "Kalo vrasi", guten Abend, denn "der" Abend ist männlich. "Kala, kala", gut, gut!
Unsere Freundin Christa hatte das alles fleißig geübt. Als sie beim Frühstück im Hotel laut grüßte und alle erstaunt hoch schauten, wunderte sie sich. Kein Wunder, wenn man morgens mit "Kalamari!" grüßt! Tintenfische zum Frühstück?
Verwirrend finden viele Touristen, dass "Kostas" immer nur mit "Kosta" angesprochen wird, "Dimitris" als "Dimitri", "Apostolos" ist "Apostole" und "Iraklion" "Iraklio". Den Vokativ kennen wir im Deutschen nicht, die spezielle Anredeform. Dafür haben wir keine Mühe mit den drei Geschlechtern, männlich "o", weiblich "i", sächlich "to", was den englisch Sprechenden z.B. nicht so einleuchtet. Schade, dass die Nomen nicht immer das gleiche Geschlecht haben wie im Deutschen, allerdings doch ziemlich oft. Im Zweifelsfall versuche ich es einfach analog.
Ganz ähnlich wie im Deutschen funktionieren die Wortzusammensetzungen, die Zusammenballung langer Wortschlangen. Die Athener U-Bahnstation "Nomismatokopio" heißt "Münzprägeanstalt". Für Deutsche völlig nachvollziehbar, für Franzosen, Italiener oder Briten schwieriger.
Noch etwas fällt Deutschen leichter als anderen: Wir haben normalerweise kein Problem mit der Aussprache von "ch", was englisch Sprechenden unendlich schwer fällt. Die haben es leichter mit dem "th" des Griechischen.
Eine erstaunliche Besonderheit ist die "Diglossie", die Koexistenz zweier griechischer Sprachformen, oder eher Sprachebenen, schon seit der Antike, einer Hochsprache, die sich an antiken, reinen Formen orientierte und einer abgeschliffenen, vereinfachten Volkssprache. Mir fällt kein anderes Beispiel einer Sprache ein, das diese Trennung kennt, die so lange anhielt und so umkämpft wurde. Nach Gründung des modernen griechischen Staates arbeitete Adamantis Korais an der "Katharévousa", der "reinen" Sprache. Damit sollte das Nebeneinander beider Sprachen durch Angleichung beseitigt werden. Das ist nie gelungen. Das Volk sprach weiter "Dimotiki", die in den oberen Schichten als vulgär geltende Volkssprache. Die wurde erst 1976 offizielle Landessprache! Ich erinnere mich genau, wie erbittert die Kämpfe darum geführt wurden, selbst unter den Exilgriechen während der Militärdiktatur. Die orthodoxe Kirche und einige Traditionsbewusste halten heute noch an der Katharévousa fest.
In manchen Klöstern werden uns "Heimliche Schulen" gezeigt als Beleg für die angebliche Unterdrückung der griechischen Sprache während der osmanischen Herrschaft und die heroische Rolle der Kirche für den Erhalt des Griechentums. Diese Geschichtsklitterung ist bis heute sehr verbreitet. Selbst wenn man keine Ahnung hätte von Herrschaft und Verwaltung der Osmanen, die den religiösen Führern ihres Vielvölkerstaates die Verantwortung für ihre jeweilige Volksgruppe übertrugen, so müsste einen die Logik überzeugen. Wenn man die Jahrhunderte lange ununterbrochene Kontinuität der griechischen Sprache bedenkt, ist nicht glaubhaft, dass sie unterdrückt wurde.
Beim Vokabellernen hilft sehr, dass wir viele wissenschaftliche Fachbegriffe aus Medizin, Philosophie, Religion, Kunst und Politik aus dem Griechischen kennen. Viele davon wurden erst durch die Philhellenen, den begeisterten europäischen Unterstützern des griechischen Volkes im Freiheitskampf, im Rückgriff auf altgriechische Bestandteile neu gebildet. Bis heute wird in der Wissenschaft Neues mit Bestandteilen aus dem Griechischen (und Lateinischen) gebildet. Ein Grieche versteht unmittelbar, worum es geht: Dermatologe (Derma, die Haut;), Gynäkologie (Gynaika, die Frau), Philologe (Philos, der Freund, Logos, das Wort, die Lehre), Pädagoge (Pädia, die Kinder), Pädiatrie, Pädophilie usw. Logisch! (Logos)
"Kinetisch" nennen wir vieles, was beweglich ist. "Kinetische" Kunst, "Kinesiologie", "Kino", d.h. ursprünglich "Kinematographie". Das Handy ist neugriechisch heute das "kineto", das Bewegliche. "Akineto" ist das Unbewegliche, die Immobilie (das gleiche, nur in Latein). Im Griechischen ist "avtokineto" das "sich selbst Bewegende", das Auto. "Auto", "selbst", kennen wir aus "Auto-mat", "Auto-krat", "Auto-bio-graphie" und vielen anderen Zusammensetzungen.
International sind in sehr vielen Sprachen weit verbreitete Begriffe allerdings meist aus dem Lateinischen abgeleitet. Statt Hospital heißt es in Griechenland "Nosokomío". Die Post ist "Tachidromío", die Universität "Panepistímio", international heißt "diéthnis". Republik und Parlament sind lateinischer Herkunft. So etwas kannten die alten Griechen eben nicht. Politik wurde auf der Volksversammlung betrieben. Diskutiert wurde auf dem Markt, der Agorá.
Griechisch, eine faszinierende Sprache. Ich möchte sie gern wirklich gut sprechen lernen. Da man eine Sprache am besten direkt im Kontakt mit Muttersprachlern lernt, habe ich immer einen sehr triftigen Grund, oft nach Griechenland fahren!
Ein typisches Bild in Griechenland ist eine Gruppe älterer Herren, die gemeinsam einsam vor einem Kafenion sitzen. Es ist nahezu ein Klischee vom griechischen Leben. Als Rentner haben sie Zeit für ihre Lieblingsbeschäftigung, das Schauen und das beschauliche Sitzen, ja, auch das Dösen.
Jüngere üben das noch. Manche haben es aber darin auch schon weit gebracht. Die Arbeit hält sie von der Kunst des süßen Nichtstuns ab, aber ab und an sitzen auch sie allein im Café und lassen die Gedanken schweifen. Frauen müssen schon sehr, sehr alt werden, ehe sie diese kontemplative Stufe des Sitzens und Schauens auf einem Stuhl vor der Haustür erreichen.
Einfach nur dasitzen. Schauen, wer vorbei kommt, einen Baum betrachten, einen Vogel singen hören, den Schatten genießen oder die Sonne auf der Haut spüren. Sitzen und betrachten. Nichts tun, nichts leisten, auf nichts warten, einfach nur sein. Da sein, hier sein.
Ich weiß kein griechisches Wort für das, was die Italiener "Dolce far niente" nennen, den Zustand, wo man mit Genuss lustvoll die Zeit verstreichen lässt, ohne irgendeine Tätigkeit.
Wir nennen es bei uns "Müßiggang". Der ist aber bei uns übel beleumdet. Sprichwörtlich ist er "aller Laster Anfang". Davon muss man sich bei uns unbedingt fern halten.
"Flow" ist etwas ganz anderes. Das Erleben von Glück, das man empfindet, wenn man sich völlig in eine Tätigkeit vertieft, setzt voraus, dass man ganz in seiner Beschäftigung oder Arbeit aufgeht. Nein, eben keinerlei Anstrengung außer dem Schauen. Ich meine das schöne, das kontemplative Vor-sich-hin-Gucken.
Bisher hatte keiner der griechischen Freunde eine Idee für einen speziellen Ausdruck. Sie meinen, die Sache an sich sei durchaus typisch. Aber ein Wort dafür fällt ihnen nicht ein. Nun gut. Gibt es denn ein griechisches Wort, das dem spanischen "Siesta" entspricht? Auch nicht. Vielleicht "mesimeria ipno", den Mittagsschlaf? Das trifft es nicht. Die lange Mittagspause und das Dolce far niente sind so selbstverständlich, dass man nicht mal ein eigenes Wort dafür kennt. Glückliches Land!
Im Hier und Jetzt leben und die Welt rundum vergessen, das ist hohe Kunst. Beneidenswert!