Blumen für Dr. Hanna Martens - Britta Frey - E-Book

Blumen für Dr. Hanna Martens E-Book

Britta Frey

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Beschreibung

Die Kinderärztin Dr. Martens ist eine großartige Ärztin aus Berufung, sie hat ein Herz für ihre kleinen Patienten, und mit ihrem besonderen psychologischen Feingefühl geht sie auf deren Sorgen und Wünsche ein. Die Kinderklinik, die sie leitet, hat sie zu einem ausgezeichneten Ansehen verholfen. Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme. Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert! Im morgendlichen Dämmerlicht betrachtete Philip Hornbach das sanfte Profil seiner schlafenden Frau Monika neben sich. Sie sah viel jünger als sechs­undzwanzig aus. Er war immerhin schon zweiunddreißig. Fünf Jahre waren sie nun verheiratet und glücklich wie am ersten Tag. Auf den Ellbogen gestützt, verlor er sich in dem Anblick ihrer schönen Züge. Selbst im Schlaf schien ihr Gesicht von innen heraus zu strahlen, und eine Welle der Zuneigung und Liebe überflutete ihn. Monika schlug die Augen auf, die saphirfarben waren, zärtlich lächelte sie ihn an. »Ist es schon Zeit aufzustehen?« fragte sie und gähnte herzhaft. Als er verneinte, kuschelte sie sich an ihn. Ihr halblanges blondes Haar umschmeichelte sein Kinn. Und während die ersten Sonnenstrahlen durch die cremefarbigen Spitzenvorhänge schienen, umarmten sie einander – mit jener Mischung aus Leidenschaft und Zärtlichkeit, die beide jedesmal überwältigte. Dann klingelte der Wecker. Der Tag begann. Ein Tag, der schicksalhaft für Philip und Monika und ihren vierjährigen Sohn Florian werden würde. Während Monika in der Küche das Frühstück bereitete, machte sich Philip im Bad fertig. Er war gerade bei der Rasur, da öffne sich die Tür, und Florian kam herein. »Darf ich dir zusehen, Papi?« »Natürlich, mein Kleiner. Soll ich dich auch einseifen?«

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Seitenzahl: 150

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Kinderärztin Dr. Martens Classic – 18 –Blumen für Dr. Hanna Martens

Sie gab einer kleinen Familie das verlorene Glück

Britta Frey

Im morgendlichen Dämmerlicht betrachtete Philip Hornbach das sanfte Profil seiner schlafenden Frau Monika neben sich. Sie sah viel jünger als sechs­undzwanzig aus. Er war immerhin schon zweiunddreißig. Fünf Jahre waren sie nun verheiratet und glücklich wie am ersten Tag.

Auf den Ellbogen gestützt, verlor er sich in dem Anblick ihrer schönen Züge. Selbst im Schlaf schien ihr Gesicht von innen heraus zu strahlen, und eine Welle der Zuneigung und Liebe überflutete ihn.

Monika schlug die Augen auf, die saphirfarben waren, zärtlich lächelte sie ihn an. »Ist es schon Zeit aufzustehen?« fragte sie und gähnte herzhaft.

Als er verneinte, kuschelte sie sich an ihn. Ihr halblanges blondes Haar umschmeichelte sein Kinn.

Und während die ersten Sonnenstrahlen durch die cremefarbigen Spitzenvorhänge schienen, umarmten sie einander – mit jener Mischung aus Leidenschaft und Zärtlichkeit, die beide jedesmal überwältigte.

Dann klingelte der Wecker. Der Tag begann. Ein Tag, der schicksalhaft für Philip und Monika und ihren vierjährigen Sohn Florian werden würde.

Während Monika in der Küche das Frühstück bereitete, machte sich Philip im Bad fertig. Er war gerade bei der Rasur, da öffne sich die Tür, und Florian kam herein.

»Darf ich dir zusehen, Papi?«

»Natürlich, mein Kleiner. Soll ich dich auch einseifen?«

»Nein, danke. Dazu muß ich ein wenig älter sein. Du weißt doch, daß ich erst vier Jahre bin. – Aber wir haben uns noch nicht guten Morgen gesagt, Papi.«

Philip hob den Jungen hoch und drückte den blonden Wuschelkopf an sich. »Guten Morgen, mein lieber Florian! Hast du gut geschlafen?«

»Danke ja, sehr gut. Nun hast du mein Gesicht aber doch mit Seifenschaum beschmiert«, sagte er ein wenig vorwurfsvoll. »Muß der nun mit dem scharfen Messer weggemacht werden?«

Die großen blauen Augen, die die gleiche Farbe wie die der Mutter hatten, blickten ein wenig ängstlich.

Philip lachte und sagte dann beruhigend: »Hier, nimm das Handtuch und wisch den Schaum einfach weg.«

Florian rieb seine Wange, als hätte er Schuhcreme dran. Erleichtert atmete er auf, als kein bißchen Schaum mehr zu sehen war.

»So, mein Sohn, nun wasch dir deine Hände und putze die Zähne, dann kannst du gleich mit Mami und mir frühstücken.«

Das Kind holte sich den kleinen Schemel, der immer in der Ecke des Bades stand, und der ihn größer machte, damit er den Wasserhahn über dem Becken aufdrehen konnte. Als er fertig war, versuchte er mit seiner Haarbürste die Locken glatt zu bekommen. Dies gelang ihm aber nicht, denn sie kräuselten sich immer wieder. Zu gern hätte er Mamis glattes Haar gehabt, er fand dieses viel schöner als seine mädchenhaften Locken.

Als er die Küchentür aufmachte, kam seine Mami auf ihn zu, bückte sich und drückte ihn an sich. »Guten Morgen, mein Liebling. Du bist aber heute schon sehr früh auf.«

»Ich hatte so Hunger, deshalb konnte ich nicht wieder einschlafen.«

»Na, dann setz dich zu uns, ich habe alles schon fertig.«

Florian, auf dessen Stuhl ein Kissen lag, damit er größer war, wartete, bis seine Mutter auch Platz genommen hatte, dann erst setzte er sich.

Mein Sohn ist ja schon ein kleiner, Kavalier, dachte Philip und grinste mit einem Augenzwinkern seine Frau an. Diese blinzelte zurück.

»Tun dir deine Augen weh, Mami?« wollte Florian gleich wissen.

»Nein, kein bißchen«, antwortete sie und vermied es, Philip anzusehen, sonst hätte sie losgelacht. So schmunzelte sie nur insgeheim, aber sie nahm sich vor, mit Philip zu reden, denn Florian war ein aufgeweckter Junge, der alle ihre Regungen beobachtete, auch die seines Vaters.

Obwohl Philip Hornbach erst zweiunddreißig war, hatte er schon eine leitende Stellung als Diplom-Ingenieur in einem bundesweiten Elektro-Konzern. Er war in der Firma wegen seiner hervorragenden Kenntnisse und seines Geschäftsinteresses sehr geschätzt. Zur Zeit arbeitete er in Hannover.

Er sah sehr gut aus, war mittelgroß und seine hellgrauen Augen kontrastierten gut mit seinem schwarzen, kurzgeschnittenen Haar.

Zu gern hätte er für seine Familie außerhalb Hannovers ein Haus mit einem Garten gekauft, doch er wußte, daß er eines Tages in eine andere Stadt versetzt werden würde. Deshalb hatte er eine Etagenwohnung in einem dreistöckigen Haus gemietet, mit einer großen Terrasse, als er Monika vor fünf Jahren geheiratet hatte.

Als er Monika das erste Mal sah, war sie mit einer Bekannten in den Maschsee-Gaststätten am See. Beide hatten einen großen Eisbecher vor sich. Er saß am Nebentisch und hörte ihr silberhelles Lachen. Nun sah er sich das Mädchen genauer an, das so melodisch lachen konnte.

Es war, als hätte neben ihm der Blitz eingeschlagen, so betäubt fühlte er sich, dann fing sein Herz rasend zu klopfen an. Die oder keine, wußte er im gleichen Augenblick.

Und der sonst so wortgewandte Philip wußte nicht, wie er mit diesem Mädchen bekannt werden könnte. Er sah sie nur an, denn sie war wunderschön. Die blonden, halblangen Haare fielen glatt auf die Schultern. Das ovale, leicht gebräunte Gesicht wurde von einem Augenpaar beherrscht, das die Farbe dunkelblauer Saphire hatte.

Panik ergriff ihn, als er sah, daß sie aufstand, ein paar Worte zu ihrer Begleiterin sagte und in die Gaststätte ging. Er sprang auf, warf dabei einen Stuhl um und wollte ihr nach. Sie drehte sich um, sah ihn nur stirnrunzelnd an wegen dieser Ungeschicklichkeit und ging dann weiter.

Sein Mädchen, wie er sie schon nannte, hatte in dem hellblauen Seidenkleid auch eine traumhafte Figur.

Mechanisch stellte er den Stuhl wieder auf und ging an den Tisch, an dem »ihre« Bekannte oder Freundin saß.

»Bitte, entschuldigen Sie meine Aufdringlichkeit…«

»Was wollen Sie?« fragte die Angesprochene unwirsch.

»Es ist lebenswichtig. Sie müssen mir helfen«, bat er.

»Und wie soll ich Ihnen helfen?« Philip merkte sofort, daß sie neugierig geworden war.

»Bitte, geben Sie mir die Adresse Ihrer Bekannten. Ich habe mich soeben unsterblich in sie verliebt.«

Wie habe ich mich nur benommen, dachte er, als sie die Hand vor den Mund nahm und zu lachen begann und nicht damit aufhören wollte.

Plötzlich setzte sein Herz für ein, zwei Schläge aus, denn die Schöne war zurückgekommen. Tief atmete er durch, als er sie fragen hörte: »Helmi, belästigt dich dieser Herr?«

»Nein, Monika. Stell dir vor, er hat sich in dich unsterblich verliebt. Ist das nicht zum Lachen?«

Nun wußte Philip ihren Namen. Er paßt zu ihr, dachte er. »Was ist daran so lächerlich?« fragte er erstaunt. Er hatte seine Fassung wiedergefunden, denn er konnte ja nicht als Tölpel vor ihr ste­hen und sie um ein Wiedersehen bitten.

Monika hatte kein Wort mehr gesagt, ganz ernst musterten ihn ihre wunderschönen Augen. Und was sie sah, gefiel ihr wohl, denn ein kleines Lächeln zuckte um ihren Mund.

»Entschuldigung! Natürlich muß ich mich erst vorstellen. Ich heiße Philip Hornbach, bin siebenundzwanzig Jahre – und bin Angestellter eines großen Elektro-Konzerns in Hannover.«

Monika gab ihm die Hand und sagte: »Ich bin Monika Maier – mit ai – ein­undzwanzig und bin technische Zeichnerin in einem Architekturbüro. – Genügt das?«

»Ja, danke! Fürs erste genügt das.«

Sein strahlendes Lächeln drang in Monikas Herz, und auch sie wußte, daß dieser Mann ihr Schicksal war.

Helmi, ihre Bekannte, ging, ohne daß Philip und Monika es merkten. Sie redeten miteinander, als ob sie sich schon ewig kennen würden. Schon am nächsten Abend, als sie sich wieder trafen, fragte er: »Möchtest du die Frau meines Lebens sein?«

»Kommt diese Frage nicht ein bißchen zu früh?«

»Nein! Ich habe nicht gewußt, was Schönheit ist, bevor ich dir begegnet bin. Wir zwei gehören zusammen.«

»Ich fühle es auch, dennoch bitte ich dich um etwas Zeit.«

Sie sahen sich jeden Tag, und nach einer Weile sagte er sehr ernst: »Zum Überlegen hast du nun Zeit genug gehabt. Die Zeit ist um.«

Monika fiel ihm um den Hals und sagte leise: »Ja, ja… Ohne dich könnte ich nicht mehr leben.«

Vorsorglich hatte er einen Ring mit einem blauen Saphir gekauft, die gleiche Farbe wie ihre Augen. Er steckte ihr den Ring an den Finger und sagte zärtlich: »Ich liebe dich!«

Das nächste Wochenende verbrachten sie bei Monikas Eltern in Ögela. Sie nahmen ihn mit offenen Armen auf. Nach sechs Wochen heirateten sie in kleinem Kreis. Und nach einem Jahr war ihr Glück vollkommen, als Florian zur Welt kam.

Warum muß ich ausgerechnet heute so intensiv an die Vergangenheit denken? fragte sich Philip. Wie ein Film lief diese herrliche Zeit mit Monika vor seinem geistigen Auge ab.

Irgendein ungutes Gefühl stieg in ihm hoch, er konnte sich aber nicht erklären, warum. Was bedrohte ihre heile Welt? Woher kam Gefahr?

Philip war ein Mann, der mit beiden Beinen im Leben stand. Seine Arbeit machte ihm Spaß. Erst gestern wurde er von dem Konzernchef Dr. Reimers angerufen, der ihm gratulierte, weil er für die Firma einen Millionenauftrag abgeschlossen hatte.

Er schrak aus seinen Gedanken hoch, als der Busfahrer die Haltestelle ausrief, wo er aussteigen mußte. Philip hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, mit dem Bus zu fahren, weil die Parkplätze in Hannover, wie überall, rar waren. Und Monika konnte das Auto für ihre Besorgungen und Einkäufe verwenden. Außerdem ging er gern die paar hundert Meter zur Firma zu Fuß.

Heute war ein besonders schöner Maientag, und Philip verscheuchte die trüben Gedanken. Bei gutem Wetter ging er immer durch den Maschpark, und heute freute er sich, daß die Anlagen wie immer so gut gepflegt waren. Die vielen Tulpen leuchteten in allen Farben, auch standen vereinzelt noch Osterglocken und Narzissen. Sogar der Magnolienbaum war noch in voller Blüte, weil der April kühl und regnerisch gewesen war. Das frische Blattgrün der Birken und Ahornbäume wetteiferte mit dem saftigen Rasen.

Philip war ein Naturschwärmer, und nur Monika wußte, daß er auch manchmal Gedichte schrieb. Sie fand sie wundervoll. Er ahnte nicht, daß sie vorhatte, diese einem Verlag anzubieten, um ihn mit einem Lyrikband zu überraschen.

Wie immer begrüßte Philip den Portier des großen Firmengebäudes sehr freundlich. Er wechselte mit Herrn Meger ein paar Worte über das schöne Wetter, und sie wünschten sich beide einen schönen Tag.

Um zehn Uhr hatte Herr Sauer, der hiesige Direktor, eine Sitzung einberufen, an die ihn seine Sekretärin, Frau Meisner, erinnerte, als er mit einem fröhlichen »Guten Morgen« das Vorzimmer betrat.

»Ich habe es nicht vergessen. Es wird sicher sehr interessant, was die Herren für Neuerungen vorschlagen.«

Philip sah auf die Uhr, er hatte noch Zeit, Monika anzurufen. Er tat das nur selten, doch heute drängte es ihn, ihre Stimme zu hören, und er wollte sie bitten, den ganzen Tag besonders auf sich und Florian achtzugeben.

Er ließ sich in seinen Schreibtischstuhl fallen und wählte die Nummer. Erleichtert hörte er ihre Stimme.

»Ist was Besonderes, Liebling?« fragte sie gleich.

»Nein, mein Herz. Ich wollte mich nur versichern, daß es euch zwei gutgeht.«

»Natürlich geht es uns gut. Und, ich fahre vorsichtig mit dem Wagen, ich passe auf unseren Sohn gut auf…«

Philip hörte Florians helle Stimme, und Monika gab dem Kind den Hörer. »Hallo, Papi, kommst du bald nach Hause?«

»Du weißt doch, mein Kind, daß ich erst gegen fünf Uhr daheim sein werde.«

»Bringst du mir auch was mit? Vielleicht ein kleines Flugzeug?«

»Hast du vielleicht Geburtstag, oder ist sonst ein Feiertag?« fragte Philip verwundert.

»Nein… Aber du weißt doch, daß ich, wenn ich groß bin, einmal Flugkapitän werden will. Da muß ich doch jetzt schon alle Typen kennen.«

»Ja, wenn das so ist, bringe ich dir gleich einen Flugkapitän vom Langenhagener Flughafen mit. Er kann dir dann alles Wissenswertes beibringen.«

»Doch, Papi, du nimmst mich nicht ernst. Aber so ein ganz kleines Flugzeug ist doch nicht teuer.«

»Mal sehen… Gib mir bitte noch einmal die Mami.«

»Philip, unser Junge wird unbescheiden. Du kannst ihm nicht jede Woche einen Flieger mitbringen.«

»Sicher hast du recht, Liebes, aber ihr zwei bedeutet mir so viel, daß ich alle eure Wünsche erfüllen möchte.«

»Philip, dieser Satz kann dir teuer zu stehen kommen. Ich warne dich! Wenn du meinen Urlaubswunsch für dieses Jahr erfährst, legst du mich übers Knie.«

»Das würde mir ein besonderes Vergnügen sein, mein Schatz.«

»Kann ich mir vorstellen«, sagte sie lachend. Sie wünschte ihm noch einen schönen Tag und legte den Hörer auf.

Monika machte nachdenklich ihre morgendliche Hausarbeit, während Florian mit seiner Freundin Stefanie, die mit ihren Eltern in der ersten Etage wohnte, im Garten Ball spielten. Sie hatte es schon am Frühstückstisch bemerkt, daß Philip etwas bedrückte. Sie fragte sich, um was er sich Sorgen machte. Die Frage, ob es ihr und Florian gutginge, stellte er nur, wenn mal einer von ihnen unpäßlich war.

Sie wollte es sich nicht eingestehen, daß auch sie seit einigen Tagen ein ungutes Gefühl hatte. Vielleicht hatte Philip in der Firma irgendwelchen Ärger? Sie wollte ihn heute abend gezielt danach fragen.

*

Während der Sitzung, die Direktor Sauer einberufen hatte, wurde über Personalumstellungen gesprochen und Verbesserungen vorgeschlagen, die die Fertigungsabteilung betrafen. Es wurde lebhaft über diese Themen diskutiert, und Philip Hornbach machte Vorschläge, die allgemeinen Beifall fanden.

Als das Telefon klingelte, winkte Direktor Sauer unwirsch ab. Er sagte zu seiner Sekretärin: »Ich habe doch angeordnet, daß wir nicht gestört werden sollen.«

»Es tut mir leid, aber Herr Dr. Reimers möchte Sie sofort sprechen.«

»Na gut, verbinden Sie mich mit dem Konzernchef.«

Alle lauschten gespannt, was wohl der erste Mann der Firma, die ihren Sitz in Berlin hatte, für Anweisungen geben würde. Doch außer einem einzigen Satz, den Direktor Sauer sagte, und zwar: »Ich werde es ihm sofort bestellen«, bekamen sie nichts mit.

Direktor Sauer löste die Sitzung auf, mit den Worten: »Das Wesentliche haben wir geklärt. Arbeiten Sie bitte Ihre Vorschläge aus, dann werden wir in den nächsten Tagen noch einmal ausführlich alles besprechen. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.«

Jeder der Abteilungsleiter, auch die zwei Sekretärinnen, die mit anwesend waren, hätten zu gern gewußt, wem Direktor Sauer etwas und was er dem betreffenden Herrn ausrichten sollte.

Nur Philip Hornbach hatte die Blicke des hiesigen Direktors auf sich ruhen sehen, während er mit Berlin sprach. Irgend etwas geht vor, das mich betrifft, wußte er sofort. Ob er versetzt werden würde? Die Beklemmung, die er schon seit Stunden hatte, war sofort wieder da – und als ihm seine Sekretärin, Frau Meisner, telefonisch durchsagte, er möchte sofort zu Direktor Sauer kommen, atmete er durch.

Nun wirst du ja gleich wissen, was auf dich zukommt, sagte er sich und ging in das Vorzimmer des hiesigen Chefs. Er wurde sofort vorgelassen.

»Sie wünschen mich zu sprechen?«

»Ja. Wie Sie eben mitbekommen haben, hat Dr. Reimers mich angerufen.« Als Philip nickte, sprach er weiter: »Der Konzernchef hat mich beauftragt, Sie zu fragen. Das heißt, er wünscht es eigentlich schon, daß Sie in Johannesburg den jetzigen Direktor ablösen.«

Philip, der schon lange damit gerechnet hatte, in eine andere Stadt versetzt zu werden, war nun doch sprachlos. Seine Gedanken jagten: Nach Afrika? – Unser ganzes Leben wird sich verändern. Wie wird es Monika aufnehmen? – Ich wußte, daß heute etwas Entscheidendes geschehen würde! Was soll ich nur antworten?

»Muß ich mich jetzt gleich entscheiden?« wollte er wissen. »Ich möchte doch erst mit meiner Frau darüber sprechen, wie sie darüber denkt.«

»Aber ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß Sie sich gehaltlich enorm verbessern werden? Nicht nur ein Haus mit Personal wird Ihnen zur Verfügung gestellt, Sie haben auch drei Monate im Jahr Urlaub und sonst noch einige Vergünstigungen.«

»Sicher ist das alles sehr verlockend, besonders die Aussicht, selbständig zu sein, doch ich muß das alles mit meiner Frau bereden – und eine Nacht darüber schlafen. Sie verstehen das sicher, Herr Sauer!«

»Na klar. Am besten, Sie fahren gleich nach Hause, sprechen mit Ihrer Frau, und wenn Sie sich für den Direktorposten entscheiden, rufen Sie mich morgen früh, meinetwegen schon um sieben Uhr an, dann können Sie anschließend nach Berlin fliegen, Dr. Reimers wird Ihnen einen sehr guten Vertrag anbieten, denn er schätzt Sie sehr.«

Als Philip Hornbach nachdenklich schwieg, fügte Direktor Sauer noch hinzu: »Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß Sie von vielen unserer Herren um diese Bevorzugung beneidet werden. Und ehrlich gesagt, ich lasse Sie ungern von hier fort.«

»Natürlich ehrt mich das Vertrauen Dr. Reimers. Aber im Moment bin ich doch etwas durcheinander, denn mit Johannesburg hatte ich nie gerechnet.« Er fragte noch: »Der Chef weiß doch, daß ich erst zweiunddreißig bin?«

Direktor Sauer lachte hellauf. »Das weiß er natürlich, aber er sagte einmal zu mir, Sie hätten einen brillanten Intellekt.«

»Danke! Ich hoffe, das stärkt mein Selbstbewußtsein.«

»Um Ihre hiesige Arbeit brauchen Sie sich nicht zu sorgen, denn Sie wissen, Ihr Stellvertreter, Robert Baumann, den Sie sehr gut eingearbeitet haben, wird in Ihrem und unserem Sinn so weitermachen.«

Philip nickte nur nachdenklich. Seine Sekretärin sah ihn verwundert an, als er ihr sagte, daß er den restlichen Tag frei nehme.

Auf der Fahrt im Bus nach Hause fragte sich Philip, wie es Monika aufnehmen würde. Für ihn war es eine Herausforderung, das Angebot anzunehmen, doch er wußte auch, es mußte gründlich überlegt sein. – Und würden seine Frau und sein Sohn sich in Johannesburg einleben können?

Philip vergaß nicht, in das kleine Spielwarengeschäft zu gehen, das auf seinem Heimweg lag. Er kaufte ein kleines Flugzeug, das Florian selbst zusammenbasteln mußte.

Monika, die gerade dabei war, den Kühlschrank auszuräumen und sauber zu machen, blickte überrascht auf, als ihr Mann zu solch ungewohnter Stunde zur Tür hereinkam.

»Philip, was ist geschehen, daß du schon heimkommst?« wollte sie gleich wissen. »Geht es dir nicht gut?«

»Doch, ich bin topfit.« Er umarmte sie und küßte sie, und ihre plötzliche Angst verschwand sofort wieder.

»Es ist nun eingetroffen, was wir schon lange geahnt haben. Ich soll versetzt werden, und darüber müssen wir zwei uns einig werden, ob ich dieses Angebot annehmen soll oder nicht.«

»Ich denke, das kannst du doch allein entscheiden. Du weißt, daß ich überall mit dir hingehe.«

»Kannst du in der Küche später weitermachen? Ich denke, wir besprechen alles im Wohnzimmer bei einer Tasse Tee.«

»Natürlich, Schatz. Ich habe in ein paar Minuten alles wieder eingeräumt. Möchtest du inzwischen den Tee machen?«

Florian hatte im Garten mit seiner kleinen Freundin gespielt, als er Hunger verspürte. »Ich hole mir nur schnell eine Banane. Möchtest du auch eine, Stefanie?«