Brüderlichen und Schwesterchen - Britta Frey - E-Book

Brüderlichen und Schwesterchen E-Book

Britta Frey

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Beschreibung

Die Kinderärztin Dr. Martens ist eine großartige Ärztin aus Berufung, sie hat ein Herz für ihre kleinen Patienten, und mit ihrem besonderen psychologischen Feingefühl geht sie auf deren Sorgen und Wünsche ein. Die Kinderklinik, die sie leitet, hat sie zu einem ausgezeichneten Ansehen verholfen. Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme. Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert! »Papi, hilfst du uns eine Sandburg bauen?« fragte die kleine Julia ihren Vater, der faul und träge auf einem bunten Badetuch lag und die Sonne genoß. »Muß das sein, Schätzchen?« fragte er und öffnete nur ein Auge. »Ich habe doch Urlaub«, brummelte er noch. »Bitte, ja«, sagte auch Martin, der sich neben seine Zwillingsschwester gestellt hatte. »Als ich fünf Jahre alt war, konnte ich schon ganz alleine eine Sandburg bauen – und ihr seid doch zu zweit…« »Ich schenke dir auch zwei Küßchen, Papi«, schmeichelte Julia. Sie beugte sich über den Vater und gab ihm einen Kuß auf die Nase. »Das war aber erst eines«, pro­testierte er. Schnell gab sie ihm das zweite. Und mit einem Ruck zog er Julia zu sich herunter. Darauf hatte Martin nur gewartet. Mit einem Juchzer ließ er sich auf den Vater fallen, und eine lustige Balgerei begann. Amelie Weißmann, die Mutter der Zwillinge, saß in einem Strandkorb. Sie legte ihr Buch zur Seite und sah lächelnd ihren drei Lieben zu, denn ihr Lachen und Gekicher war so herz­erfrischend.

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Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Kinderärztin Dr. Martens Classic – 44 –Brüderlichen und Schwesterchen

Zum ersten Mal mussten sie sich trennen

Britta Frey

»Papi, hilfst du uns eine Sandburg bauen?« fragte die kleine Julia ihren Vater, der faul und träge auf einem bunten Badetuch lag und die Sonne genoß.

»Muß das sein, Schätzchen?« fragte er und öffnete nur ein Auge. »Ich habe doch Urlaub«, brummelte er noch.

»Bitte, ja«, sagte auch Martin, der sich neben seine Zwillingsschwester gestellt hatte.

»Als ich fünf Jahre alt war, konnte ich schon ganz alleine eine Sandburg bauen – und ihr seid doch zu zweit…«

»Ich schenke dir auch zwei Küßchen, Papi«, schmeichelte Julia. Sie beugte sich über den Vater und gab ihm einen Kuß auf die Nase.

»Das war aber erst eines«, pro­testierte er.

Schnell gab sie ihm das zweite. Und mit einem Ruck zog er Julia zu sich herunter.

Darauf hatte Martin nur gewartet. Mit einem Juchzer ließ er sich auf den Vater fallen, und eine lustige Balgerei begann.

Amelie Weißmann, die Mutter der Zwillinge, saß in einem Strandkorb. Sie legte ihr Buch zur Seite und sah lächelnd ihren drei Lieben zu, denn ihr Lachen und Gekicher war so herz­erfrischend.

Eine Woche waren sie schon auf der Nordseeinsel Langeoog – und allen gefiel es so gut, daß Amelie und ihr Mann Jürgen Weißmann beschlossen haben, noch eine Woche zu bleiben. Die fünfjährigen Zwillinge hatten sich schon gut erholt. Die Seeluft, das Wasser und besonders der lange weiße Sandstrand mit den vielen kleinen Muscheln begeisterten nicht nur die Kinder, sondern auch Amelie und Jürgen.

Alle hatten sie eine natürliche Bräune, denn Amelie sorgte schon dafür, daß die Kinder vor zuviel Sonne geschützt waren. Julia hatte ein weißes Leinenhütchen auf dem Kopf, und sie sah süß aus, denn ein paar blonde Locken ringelten sich über ihre Stirn.

Martin lehnte diese Kopfbedeckung ab mit den Worten: »Ich bin doch ein Junge.«

T-Shirts und kurze Höschen trugen sie auch jetzt, während sie mit ihrem Vater herumalberten. Ein paar Jungs, im Alter zwischen sieben und zehn, sahen diesem Gerangel zu. Sie lachten, als der Mann auf dem Badetuch um Gnade flehte, weil er über und über voller Sand war.

»Meine Augen und mein Mund sind voller Sand. So hilf mir doch, Amelie, rufe die zwei Sandgeister zurück.«

»Ja, nun ist es genug, Julia und Martin. Euer Vater baut euch bestimmt sonst keine Burg. Und schaut euch an, ihr zwei seht auch aus, als könntet ihr eine Dusche brauchen.«

»Aber das war so schön, Mami«, riefen die Zwillinge wie aus einem Mund. Und sie klopften sich gegenseitig den Sand ab. Doch von Gesicht, Armen und Beinen ging der feine Sand nicht ohne Wasser weg.

»Wer ist als erster im Meer?« rief der Vater und spurtete los, Julia und Martin hinter ihm her.

Und Amelie fragte sich, ob es Zufall oder Absicht war, daß Jürgen auf einmal stehenblieb und von seinem Fuß etwas entfernte.

»Ich bin auf eine Muschel getreten«, rief er Amelie zu, als diese ihm zurief: »Erst fünfunddreißig Jahre und durchtrainiert, und die Kinder sind schneller als du.«

»Na warte, wenn ich zurückkomme«, sagte er drohend und lief wieder los.

Julia und Martin jubelten, weil sie vor dem Vater im Wasser waren. Schnell liefen sie in tieferes Wasser, damit auch Arme, Gesicht und Hals vom Sand befreit wurden.

Amelie hatte die Augen geschlossen, sie wußte ihre beiden Lieblinge gut behütet. Sie dachte über ihr bisheriges Leben nach. Vor sechs Jahren hatte sie Jürgen geheiratet – sie war damals erst neunzehn und Jürgen neunundzwanzig. Jeder Tag mit ihm war schön gewesen, und als vor fünf Jahren ihre Zwillinge Julia und Martin zur Welt kamen, war ihr beider Glück vollkommen. Die beiden waren Achtmonatskinder gewesen, und die ersten Jahre waren nicht immer leicht. Fast alle Kinderkrankheiten mußten sie durchmachen, obwohl alle Liebe den Zwillingen gehörte.

Amelie lächelte nun, denn vor ein paar Jahren hatte das Geschwisterpaar – Dr. Kay Martens und seine Schwester Dr. Hanna Martens – die Kinderklinik Birkenhain eröffnet. Und seit dieser Zeit hatte Amelie die Zwillinge alle Vierteljahre untersuchen lassen. Und Dr. Hanna Martens war mit dem Gesundheitszustand von Julia und Martin sehr zufrieden.

Es war ein Glück, daß Jürgen damals in Ögela das schöne Haus kaufen konnte, das in einem gepflegten Garten lag. Die gute Luft und die Heide ganz nahe, das ließ die Kinder und sie richtig aufleben. Sie hatten bisher in der Großstadt Hannover gewohnt und noch dazu in einer Durchgangsstraße, in der viele Autos und auch Laster fuhren.

Jürgen war freiberuflich Grafiker, und in der nahen Stadt Celle fand er glücklicherweise ein paar große Firmen, die ihm laufend Aufträge für ihre Werbung erteilten. Und nun konnten sie sich das erste Mal einen Urlaub auf der zauberhaften Insel Langeoog ­erlauben. Die Autos waren von der Insel verbannt. Es gab nur Fahrräder und Pferdekutschen. Und besonders schön war der kilometerlange Strand.

Amelie wußte in Ögela das Haus und den Garten in guten Händen, denn Herr und Frau Bauer, die nur ein paar Minuten entfernt wohnten, hatten versprochen, sich um alles zu kümmern.

»Mami, Mami«, hörte sie die Zwillinge rufen, »hast du trockene Sachen für uns?«

Sie blickte auf und wollte gleich ›ja‹ rufen, doch als sie ihren Jürgen sah, lachte sie hellauf. Er hatte Julia unter seinem rechten Arm und Martin unter seinem linken. Wie einen Bund nasser Flicken trug er seine kleinen Lieblinge.

Ein Mann und eine Frau blieben stehen und sahen schmunzelnd auf den großen gutaussehenden Mann. Spontan fragte die Frau: »Darf ich ein Bild von Ihnen und den Kindern machen?«

Jürgen Weißmann blieb stehen und meinte gutmütig: »Bitte, wenn es Ihnen Spaß macht.«

»Danke, Sie sind sehr liebenswürdig.« Während die Frau ein paarmal auf den Auslöser drückte, zappelten Julia und Martin ungeduldig. Doch als sie hörten, daß die Frau eine richtige Fotografin sei, streckten sie ihre Köpfe hoch und sahen sie neugierig an.

Dann setzte ihr Vater beide ab, und sie liefen zu ihrer Mami, die schon mit zwei Handtüchern auf sie wartete. Und während Amelie den beiden half, in trockene Sachen zu schlüpfen, unterhielt sich ihr Mann noch mit dem Ehepaar. Als sie auseinandergingen, gaben sie sich die Hand.

»Stell dir vor, Amelie, unsere Zwillinge – und ich natürlich auch, wurden von einer Fotoreporterin geknipst.«

»Soll das ein Witz sein, Jürgen?« fragte sie und reichte ihm auch ein Handtuch.

Während er sich trockenrubbelte, berichtete er, was er mit der Fotografin besprochen hatte. »Sie hat mich um unsere Adresse gebeten, damit sie uns auch Abzüge schicken kann…«

»Jürgen, bitte, verkohl mich nicht. So schön seid ihr drei wirklich nicht gewesen«, unterbrach Amelie seinen Satz.

»Liebe Frau, wenn ich dir nun sage, daß wir demnächst auf der Titelseite einer bekannten Illustrierten zu betrachten sind und wir auch noch Geld dafür bekommen, sagst du sicher, daß ich spinne.«

»Ich fürchte, Jürgen, daß erst die Sonne und dann das Wasser deine Gehirnzellen etwas beschädigt haben…« Weiter kam Amelie nicht, denn Jürgen hob sie aus dem Strandkorb und trug sie ans Wasser. Julia und Martin liefen lachend hinter ihnen her, denn so liebten sie ihre Eltern ganz besonders, wenn sie miteinander alberten.

»So, Liebste, nun sage sofort, daß du jedes Wort glaubst, das ich dir von der Reporterin berichtet habe, andernfalls wirst du mit deinem schönen Strandkleid im Meer versinken und eines Tages als Meerjungfrau wieder auftauchen.«

»Ich glaube dir alles, lieber Mann, denn du kannst wunderbare Lügen erfinden.«

»Bitte, werfe Mami nicht ins Wasser«, bat nun Julia, und auch Martin sagte: »Wenn du das machst, hab ich dich nicht mehr lieb.«

»Alles, alles ist nur ein großer Spaß, meine Lieben«, sagte Jürgen und machte ein zerknirschtes Gesicht. Insgeheim wußte er, daß die Fotografin echt war, denn er sah ihr Bild einmal in der Zeitschrift.

»Und, Papi, wann fängst du endlich an, die Burg zu bauen?« wollte nun Julia wissen.

»Jetzt noch? Ich denke, wir fangen morgen früh damit an«, erwiderte der Vater und zog seine Nase kraus. Das hieß, daß er dazu keine Lust hatte.

Martin verzog keine Miene, er kannte seine Schwester, wenn sie etwas wollte, bekam sie es auch. Stillschweigend ging er hinter den Strandkorb, holte die lange Schaufel und das Sandeimerchen. Dem Vater reichte er die Schaufel, die dieser mit einem Seitenblick auf seine Frau in die Hand nahm.

»Amelie, ist noch nicht Zeit zum Abendessen?« fragte er. Vergeblich erwartete er von ihr Hilfe, doch sie schüttelte nur den Kopf.

»Alle sind gegen mich«, seufzte er und fing gleich vor dem Strandkorb zu graben an.

Doch nun protestierte Amelie. »Du kannst doch nicht vor meinen Augen zu graben beginnen, den ganzen Sand würde mir der Wind in die Augen wehen.«

»Ich wünschte, ich säße an meinem Schreibtisch und würde nicht von drei Tyrannen geknechtet…«

»Was ist ein Tyrann?« fragte Martin.

»Ja, Papi, erkläre es uns«, bat Julia auch.

»Fragt eure Mutter, sie kann es euch ganz genau sagen.« Dabei drehte er sich um, ging ein paar Meter weiter und fing zu graben an. Eine Schaufel Sand nach der anderen türmte er auf, und Julia stand nur da und gab an, wie die Burg gebaut werden sollte. Martin machte den Wasserträger. Als er zwei Eimerchen vom Meer geholt hatte, meinte er: »Reicht das Wasser für den Burggraben?«

»Wohl kaum, denn es wird ein breiter Graben werden«, bestimmte Julia.

»Und was machst du?« fragte ihre Mutter.

Julia überlegte kurz, dann sagte sie: »Mami, wir zwei könnten viele Muscheln sammeln, damit Papi die Burg recht schön verzieren kann.«

Lächelnd stimmte Amelie zu. Sie stand auf, streckte sich ein wenig, und zog weiße Shorts über ihren bunten Badeanzug. Dann leerte sie das kleine Körbchen aus, in dem die Kuchen­förmchen lagen, nahm Julia an die Hand und sagte: »Tschüß, Jürgen und Martin. Arbeitet fleißig…«

Jürgen stieß die Schaufel in den Sand und sah seiner Frau und seiner kleinen Tochter nach. Er fand, Amelie wurde von Tag zu Tag schöner. Sie hatte eine gute Figur, und der Liebreiz ihres Gesichtes wurde durch die strahlenden tiefblauen Augen noch hervorgehoben. Ihre dunkelblonden lockigen Haare hatte sie hochgesteckt, damit der Wind sie nicht zerzausen konnte. Er war so stolz auf sie und seine Zwillinge, und von ganzem Herzen wünschte er, daß ihr Glück ewig währen würde.

Die vorwurfsvolle Stimme Martins riß ihn aus seiner Verzauberung: »Wie wollen wir weiterkommen, wenn du nur guckst?«

»Du hast recht, Junge. Hol dir noch die andere Schaufel, damit wir wenigstens mit der Burg fertig sind, wenn die beiden mit den Muscheln zurückkommen. – Auch fürchte ich, daß das Wasser in dem Graben versickern wird, denn der Sand ist sehr porös. Vielleicht finden wir morgen etwas, damit es nicht so schnell im Boden verschwindet.«

Nachdenklich sah Martin vor sich hin, dann meinte er: »Wenn wir einen Müllbeutel hätten, könnten wir ihn zerschneiden und den Graben damit belegen.«

»Junge, natürlich. Das ist die Idee… Ich staune, wie gescheit du bist.«

Martin strahlte über dieses Lob, doch dann gestand er sofort seinem Vater, daß er vor ein paar Wochen zugesehen hatte, wie der Nachbarsjunge Michel mit seinem älteren Bruder im Garten einen Fischteich angelegt hatte. »Weißt du, Papi, sie hatten so was ähnliches wie Gummi, dann legten sie Steine darauf und Erde.«

»Ich finde es gut, daß du dich für alles interessierst. Und schwimmen in dem Teich schon Fische?«

»Ja, vier Goldfische und schöne Pflanzen. Auch Seerosen kommen noch rein. – Es wäre ganz toll, wenn wir auch so einen Teich hätten.«

»Mal sehen… Ich werde ihn mir einmal ansehen, und wenn Mami damit einverstanden ist, können uns die Nachbarskinder vielleicht helfen…«

»Papi, darf ich das gleich Julia erzählen?«

»Lieber noch nicht, Martin. Erst will ich mir den Teich ansehen.«

Nun schaufelten die beiden um die Wette, und vor lauter Eifer sahen sie Amelie und Julia gar nicht kommen, die viele Muscheln mitgebracht hatten.

Ein wenig vorwurfsvoll sagte Julia: »Ich dachte, die Burg ist fertig, wenn wir zurück sind.«

»Du siehst doch, wie sie gearbeitet haben, denn es wird die größte Burg werden und auch die schönste. Schau dich doch um, alle sind viel kleiner.«

»Hmmm, du hast recht, Mami. Und wenn erst alle Muscheln gesteckt sind, sieht sie bestimmt großartig aus«, erwiderte Julia und rief: »Papi, wir sind zurück.«

»Ja, ich hab’s gehört, aber wir sind noch nicht ganz fertig. Laßt eure Muscheln da und geht noch fünf Minuten spazieren.«

»Au fein, Mami, dann können wir uns noch ein großes Eis holen«, schlug Julia gleich vor. Und schon liefen Mutter und Tochter den Holzsteg nach oben, denn hier gab es Eisdielen und kleine Restaurants.

»Ob sie uns auch ein Eis mitbringen?« fragte Martin.

»Ich hoffe doch sehr«, erwiderte sein Vater und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Und Martin tat es ihm nach.

Das Gebilde, das eine Burg sein sollte, wurde nun mit Wasser bespritzt, damit es fester wurde. Zwei große Männerhände und zwei kleine patschten nun fest auf den Sand, damit der Wind, der immer vom Wasser herwehte, ihn nicht forttragen konnte. Vater und Sohn betrachteten ihr Werk.

»Die Muscheln, Papi, die müssen noch auf die Burg.«

»Ja, aber obenauf stecken wir die Schaufel rein, daß nur der Stiel rausschaut…« Er überlegte kurz, dann fragte er: »Sohn, was meinst du, was könnten wir als Fahne nehmen?«

Martin überlegte kurz, dann rannte er zum Strandkorb, holte aus Mutters Badetasche einen kleinen weißen Schal, der rote und blaue Tupfen hatte. »Mami hat bestimmt nichts dagegen, wenn wir ihn als Fahne nehmen.«

»Gut, Martin«, lobte der Vater und befestigte mit zwei Knoten das Tuch, das bald lustig im Wind flatterte.

»Kann ich auch die Muscheln reinstecken?«

»Natürlich, mein Junge. Du machst die eine Seite und ich die andere. Wir müssen uns beeilen, damit wir endlich fertig sind, wenn die beiden zurück sind.«

Ein paar Minuten sah Martin dem Vater zu, der mit den größeren Muscheln ein Schiff steckte, die Masten und Segel mit kleineren Muscheln ausstattete. Dann entstand ein Fisch und ein paar kleinere daneben.

»So schön kann ich das nicht«, sagte Martin.

»Vielleicht machst du auf deine Seite ein Tor, ein paar Fenster, oder ein paar Kreise und Dreiecke«, riet ihm sein Vater. Und Martin gab sein Bestes.

Als Julia und Amelie zurückkamen, sie hatten einen großen Eisbecher mit zwei Löffeln mitgebracht, blieben sie staunend vor dem Prachtbau mit den schönen Verzierungen stehen.

»Das ist ja eine ganz tolle Burg geworden«, sagte Amelie staunend, während Julia eine Runde um diesen Bau machte.

»Hmm… ich bin auch zufrieden«, meinte sie, »doch wo ist der Wassergraben?«

»Gnädiges Fräulein, der Wassergraben wird morgen vormittag fertig gemacht. Jetzt ist Feierabend, die Handwerker haben Hunger und Durst.«

»Au fein, ihr habt das Eis nicht vergessen«, rief Martin und machte sich gleich darüber her. »Papi, für dich ist auch ein Löffel dabei.«

Als Vater und Sohn damit fertig waren, war es Zeit, alles zusammenzupacken, denn die Sonne stand schon tief, und es wurde kühler.

*

Seit ein paar Wochen war die kleine Familie wieder daheim. Und sie fanden es alle schön, wieder im eigenen Bett zu schlafen, zusammen in der Heide zu wandern und ab und zu die Bilder von ihrem Urlaub zu betrachten. Besonders die Burg, die Vati und Martin zusammen gebaut hatten, war von allen Vorbeigehenden bestaunt worden, denn das Wasser im Graben hielt sich durch Martins Idee mit der Folie tagelang.

Jürgen arbeitete wieder fleißig an seinem Zeichentisch. Er hatte einen großen Auftrag von einer Spielzeugfirma bekommen, für Weihnachten ein großes Plakat zu entwerfen, das schon vor der Adventszeit an vielen Reklamewänden Kinderwünsche wecken sollte. Ein-, zweimal fuhr er jede Woche nach Celle, um mit der Werbeleitung die ansprechendsten Entwürfe auszusuchen.

Er sprach mit Amelie nicht über seine Enttäuschung, daß die Fotoreporterin gar nichts von sich hören ließ. Er hatte ihr wirklich geglaubt, als sie auf Langeoog von ihm und den Zwillingen Fotos gemacht hatte, daß eines Tages ihr Bild auf der Titelseite der Illustrierten prangen würde.

Und Amelie, die ahnte, daß er sich ärgerte, so leichtgläubig gewesen zu sein, vermied dieses Thema.

Doch eines Tages brachte der Postbote ein großes braunes Kuvert, das er persönlich abgab, weil es in den Briefkasten nicht reinpaßte. Neugierig machte sie es auf und traute ihren Augen kaum, denn auf dem Titelblatt dieser Zeitschrift lachten ihr Jürgen und die beiden Kinder entgegen. Im Hintergrund war das graugrüne Meer, ein paar Strandkörbe, und auch ein paar Möwen segelten über das Wasser.

Doch plötzlich traten ihr Tränen des Glücks in die Augen, denn Jürgen sah phantastisch aus. Die schwarzen Haare waren ein wenig durcheinander, doch die grauen Augen in dem braungebrannten Gesicht leuchteten vor Lebensfreude. Sein durchtrainierter Körper hatte kein Gramm zuviel…

Nun betrachtete sie auch genau ihre zwei Kleinen. Julias rundes Gesicht unter den hellblonden Locken war einfach süß. Und Martin hatte ein Auge zugekniffen, es war ein richtiges Lausbubenlachen.